Väternotruf

Juli 2010


 

 

 

Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -

Pressemitteilung Nr. 57/2010 vom 3. August 2010

Beschluss vom 21. Juli 2010 – 1 BvR 420/09 –

Ausschluss des Vaters eines nichtehelichen Kindes von der elterlichen

Sorge bei Zustimmungsverweigerung der Mutter verfassungswidrig

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts am

1. Juli 1998 wurde nicht miteinander verheirateten Eltern erstmals

unabhängig davon, ob sie zusammenleben, durch § 1626a BGB die

Möglichkeit eröffnet, die elterliche Sorge für ihr Kind gemeinsam zu

tragen. Voraussetzung hierfür ist, dass dies ihrem Willen entspricht und

beide Elternteile entsprechende Sorgeerklärungen abgeben (§ 1626a Abs. 1

Nr. 1 BGB); anderenfalls bleibt die Mutter alleinige

Sorgerechtsinhaberin für das nichteheliche Kind. Auch eine Übertragung

der alleinigen elterlichen Sorge von der Mutter auf den Vater kann nach

§ 1672 Abs. 1 BGB bei dauerhaftem Getrenntleben der Eltern nur mit

Zustimmung der Mutter erfolgen. Gegen ihren Willen kann der Vater eines

nichtehelichen Kindes nur dann das Sorgerecht erhalten, wenn der Mutter

wegen Gefährdung des Kindeswohls die elterliche Sorge entzogen wird,

ihre elterliche Sorge dauerhaft ruht oder wenn sie stirbt.

Bereits im Jahr 2003 wies das Bundesverfassungsgericht darauf hin, dass

§ 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB sich dann als unvereinbar mit dem Elternrecht

des Vaters aus Art. 6 Abs. 2 GG erweisen würde, wenn sich herausstellen

sollte, dass es - entgegen der Annahme des Gesetzgebers - in größerer

Anzahl aus Gründen, die nicht vom Kindeswohl getragen sind, nicht zur

gemeinsamen Sorgetragung von Eltern nichtehelicher Kinder kommt (BVerfGE

107, 150 ff.). Dem Gesetzgeber wurde ein entsprechender Prüfungsauftrag

erteilt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erklärte

in seinem Urteil vom 3. Dezember 2009, dass der grundsätzliche

Ausschluss einer gerichtlichen Überprüfung der ursprünglichen Zuweisung

der Alleinsorge an die Mutter im Hinblick auf den verfolgten Zweck,

nämlich den Schutz des Wohls eines nichtehelichen Kindes, nicht

verhältnismäßig sei (vgl. EGMR, Nr. 22028/04).

Der Beschwerdeführer ist Vater eines 1998 nichtehelich geborenen Sohnes.

Die Eltern trennten sich noch während der Schwangerschaft der Mutter.

Der gemeinsame Sohn lebt seit seiner Geburt im Haushalt der Mutter, hat

aber regelmäßig Umgang mit seinem Vater. Der Beschwerdeführer erkannte

die Vaterschaft an. Eine Erklärung zur Ausübung der gemeinsamen

elterlichen Sorge wurde von der Mutter verweigert. Als diese einen Umzug

mit dem Kind beabsichtigte, beantragte der Beschwer-deführer beim

Familiengericht die teilweise Entziehung des Sorgerechts der Mutter und

die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf ihn selbst;

hilfsweise stellte er den Antrag, ihm das alleinige Sorgerecht zu

übertragen oder die Zustimmung der Mutter zu einer gemeinsamen Sorge zu

ersetzen. Das Familiengericht wies die Anträge in Anwendung der

geltenden Rechtslage mit der Begründung zurück, dass es zur Übertragung

des Sorgerechts oder Teilen davon an der erforderlichen Zustimmung der

Mutter fehle. Gründe für eine Entziehung des Sorgerechts der Mutter

lägen nicht vor. Die hiergegen beim Oberlandesgericht eingelegte

Beschwerde blieb ohne Erfolg.

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat auf die

Verfassungsbeschwerde nun entschieden, dass die §§ 1626a Abs. 1 Nr. 1

und 1672 Abs. 1 BGB mit Art. 6 Abs. 2 GG unvereinbar sind. Der Beschluss

des Familiengerichts ist aufgehoben und zur erneuten Entscheidung

zurückverwiesen worden. Bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen

Neuregelung hat das Bundesverfassungsgericht in Ergänzung der §§ 1626a

Abs. 1 Nr. 1, 1672 Abs. 1 BGB vorläufig angeordnet, dass das

Familiengericht den Eltern auf Antrag eines Elternteils die elterliche

Sorge oder einen Teil davon gemeinsam überträgt, soweit zu erwarten ist,

dass dies dem Kindeswohl entspricht; dem Vater ist auf Antrag eines

Elternteils die elterliche Sorge oder ein Teil davon allein zu

übertragen, soweit eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht

kommt und zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl am besten

entspricht.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:

Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber

das elterliche Sorgerecht für ein nichteheliches Kind zunächst allein

seiner Mutter übertragen hat. Ebenfalls steht mit der Verfassung in

Einklang, dass dem Vater eines nichtehelichen Kindes nicht zugleich mit

der wirksamen Anerkennung seiner Vaterschaft gemeinsam mit der Mutter

das Sorgerecht eingeräumt ist. Eine solche Regelung wäre allerdings mit

der Verfassung vereinbar, sofern sie mit der Möglichkeit verbunden wird,

gerichtlich überprüfen zu lassen, ob die gesetzlich begründete

gemeinsame Sorge der Eltern dem Kindeswohl im Einzelfall tatsächlich

entspricht.

Der Gesetzgeber greift jedoch dadurch unverhältnismäßig in das

Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes ein, dass er ihn

generell von der Sorgetragung für sein Kind ausschließt, wenn die Mutter

des Kindes ihre Zustimmung zur gemeinsamen Sorge mit dem Vater oder zu

dessen Alleinsorge für das Kind verweigert, ohne dass ihm die

Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung am Maßstab des Kindeswohls

eingeräumt ist.

Die Regelung des § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB, der die Teilhabe an der

gemeinsamen Sorge von der Zustimmung der Mutter abhängig macht, stellt

ohne die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung einen

tiefgreifenden Eingriff in das Elternrecht des Vaters aus Art. 6 Abs. 2

GG dar. Der Gesetzgeber setzt das Elternrecht des Vaters in

unverhältnismäßiger Weise generell hinter das der Mutter zurück, ohne

dass dies durch die Wahrung des Kindeswohls geboten ist.

Denn die dem geltenden Recht zugrunde liegende Annahme des Gesetzgebers

hat sich nicht als zutreffend erwiesen. Neuere empirische Erkenntnisse

bestätigen nicht, dass Eltern die Möglichkeit gemeinsamer Sorgetragung

in der Regel nutzen und die Zustimmungsverweigerung von Müttern in aller

Regel auf einem sich nachteilig auf das Kind auswirkenden elterlichen

Konflikt basiert sowie von Gründen getragen ist, die nicht

Eigeninteressen der Mutter verfolgen, sondern der Wahrung des

Kindeswohls dienen. Vielmehr verständigen sich lediglich knapp über die

Hälfte der Eltern nichtehelicher Kinder darauf, Erklärungen zur Ausübung

der gemeinsamen elterlichen Sorge abzugeben. Zum anderen ist nach

durchgeführten Befragungen von Institutionen und Experten davon

auszugehen, dass in nicht unbeträchtlicher Zahl Mütter allein deshalb

die Zustimmung zur gemeinsamen Sorge verweigern, weil sie ihr

angestammtes Sorgerecht nicht mit dem Vater ihres Kindes teilen wollen.

Auch die Regelung in § 1672 Abs. 1 BGB, der die Übertragung der

Alleinsorge für ein nichteheliches Kind von der Zustimmung der Mutter

abhängig macht, stellt einen schwerwiegenden und nicht gerechtfertigten

Eingriff in das Elternrecht des Vaters aus Art. 6 Abs. 2 GG dar.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Eröffnung einer

gerichtlichen Übertragung der Alleinsorge auf den Vater andererseits

schwerwiegend in das Elternrecht der Mutter eingreift, wenn dem

väterlichen Antrag im Einzelfall stattgegeben wird. Denn der Mutter wird

die bisher von ihr ausgeübte Sorge gänzlich entzogen, und zwar nicht,

weil sie bei ihrer Erziehungsaufgabe versagt hat und dadurch das

Kindeswohl gefährdet ist, sondern weil in Konkurrenz zu ihr der Vater

sein Recht reklamiert, an ihrer Stelle für das Kind zu sorgen. Zudem ist

mit einem Sorgerechtswechsel regelmäßig auch ein Wechsel des Kindes vom

Haushalt der Mutter in den des Vaters verbunden, wodurch insbesondere

das Bedürfnis des Kindes nach Stabilität und Kontinuität berührt wird.

Unter Berücksichtigung dessen und in Abwägung der grundrechtlich

geschützten Interessen beider Eltern ist es zwar mit Art. 6 Abs. 2 GG

nicht vereinbar, dem Vater mangels Möglichkeit einer gerichtlichen

Einzelfallprüfung den Zugang auch zur alleinigen Sorge zu verwehren.

Eine Übertragung der Alleinsorge von der Mutter auf den Vater des

nichtehelichen Kindes ist jedoch nur gerechtfertigt, wenn es zur Wahrung

des väterlichen Elternrechts keine andere Möglichkeit gibt, die weniger

in das mütterliche Elternrecht eingreift, und wenn gewichtige

Kindeswohlgründe vorliegen, die den Sorgerechtsentzug nahelegen. Deshalb

ist zunächst zu prüfen, ob eine gemeinsame Sorgetragung beider Eltern

als weniger einschneidende Regelung in Betracht kommt. Sofern dies der

Fall ist, hat eine Übertragung der Alleinsorge zu unterbleiben.

Ansonsten ist dem Vater die Alleinsorge zu übertragen, wenn zu erwarten

ist, dass dies dem Kindeswohl am besten entspricht.

http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg10-057.html

 

 

 

 


 

 

 

Zitierung: BVerfG, 1 BvR 420/09 vom 21.7.2010, Absatz-Nr. (1 - 78), http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20100721_1bvr042009.html

Frei für den nicht gewerblichen Gebrauch. Kommerzielle Nutzung nur mit Zustimmung des Gerichts.

 

Leitsatz

zum Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juli 2010

- 1 BvR 420/09 -

Es verletzt das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes aus Art. 6 Abs. 2 GG, dass er ohne Zustimmung der Mutter generell von der Sorgetragung für sein Kind ausgeschlossen ist und nicht gerichtlich überprüfen lassen kann, ob es aus Gründen des Kindeswohls angezeigt ist, ihm zusammen mit der Mutter die Sorge für sein Kind einzuräumen oder ihm anstelle der Mutter die Alleinsorge für das Kind zu übertragen.

 

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 420/09 -

Bundesadler

Im Namen des Volkes

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

 

des Herrn F...,

 

- Bevollmächtigter:

Rechtsanwalt Georg Rixe

in Sozietät Rechtsanwälte Dr. Joachim Baltes, Georg Rixe,

Hauptstraße 60, 33647 Bielefeld -

 

1. unmittelbar gegen

a) den Beschluss des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 8. Januar 2009 - 43 F 3/09 -,

b) den Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. November 2008 - 1 UF 180/08 -,

c) den Beschluss des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 30. Juni 2008 - 23 F 109/08 -,

2. mittelbar gegen

§ 1626a, § 1672 Abs. 1, § 1680 Abs. 3 BGB

 

hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat - unter Mitwirkung der Richterin und Richter

Vizepräsident Kirchhof,

Hohmann-Dennhardt,

Bryde,

Gaier,

Eichberger,

Schluckebier,

Masing

 

am 21. Juli 2010 beschlossen:

 

1. § 1626a Absatz 1 Nummer 1 und § 1672 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz) vom 16. Dezember 1997 (Bundesgesetzblatt I Seite 2942) sind mit Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes unvereinbar.

2. Bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung ist § 1626a des Bürgerlichen Gesetzbuches mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Familiengericht den Eltern auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge gemeinsam überträgt, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht.

3. Bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung ist § 1672 des Bürgerlichen Gesetzbuches mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Familiengericht dem Vater auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge überträgt, soweit eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl am besten entspricht.

4. Der Beschluss des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 30. Juni 2008 - 23 F 109/08 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Damit werden der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. November 2008 - 1 UF 180/08 - und der Beschluss des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 8. Januar 2009 - 43 F 3/09 - gegenstandslos. Die Sache wird an das Amtsgericht Bad Oeynhausen zurückverwiesen.

5. Die Bundesrepublik Deutschland und das Land Nordrhein-Westfalen haben dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen je zur Hälfte zu erstatten.

 

Gründe:

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass gegen den Willen der Mutter eine Übertragung der elterlichen Sorge für nichteheliche Kinder auch oder allein auf den Vater unterhalb der Schwelle des Sorgerechtsentzugs gemäß § 1666 BGB nach den einschlägigen familienrechtlichen Vorschriften nicht möglich ist.

I.

2

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz - KindRG) vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2942) am 1. Juli 1998 wurde nicht miteinander verheirateten Eltern erstmals unabhängig davon, ob sie zusammenleben, durch § 1626a BGB die Möglichkeit eröffnet, die elterliche Sorge für ihr Kind gemeinsam zu tragen, wenn sie dies wollen und entsprechende Sorgeerklärungen abgeben, was schon vor der Geburt des Kindes geschehen kann (§ 1626b Abs. 2 BGB). Erfolgen diese Sorgeerklärungen nicht, ist grundsätzlich die Mutter alleinige Sorgerechtsinhaberin für das nichteheliche Kind.

3

§ 1626a BGB lautet:

4

(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge dann gemeinsam zu, wenn sie

5

1. erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen), oder

6

2. einander heiraten.

7

(2) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.

8

Auch eine Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge von der Mutter auf den Vater eines nichtehelichen Kindes bei Getrenntleben der Eltern ist mit dem Kindschaftsrechtsreformgesetz geregelt worden. Sie kann ebenfalls nur mit Zustimmung der Mutter erfolgen.

9

§ 1672 Abs. 1 BGB, der dies bestimmt, lautet:

10

(1) Leben die Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Abs. 2 der Mutter zu, so kann der Vater mit Zustimmung der Mutter beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, wenn die Übertragung dem Wohl des Kindes dient.

11

Gegen den Willen der Mutter kann der Vater eines nichtehelichen Kindes nur dann das Sorgerecht für das Kind erhalten, wenn der Mutter wegen Gefährdung des Kindeswohls die elterliche Sorge entzogen wird (§ 1680 Abs. 3, Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 1666 BGB), ihre elterliche Sorge dauerhaft ruht (§ 1678 Abs. 2 BGB) oder wenn sie stirbt (§ 1680 Abs. 2 Satz 2, § 1681 BGB).

II.

12

1. Bereits im Jahr 2003 hat sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Regelungskonzepts von § 1626a BGB zur gemeinsamen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern befasst und damals § 1626a BGB nur insoweit für nicht vereinbar mit Art. 6 Abs. 2 und 5 GG erklärt, als eine Übergangsregelung für Eltern fehlte, die sich noch vor Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 getrennt hatten (BVerfGE 107, 150 ff.).

13

Zur Begründung hat es ausgeführt, es verstoße nicht gegen das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes aus Art. 6 Abs. 2 GG, dass ein Kind nach § 1626a Abs. 2 BGB zunächst rechtlich allein der Mutter zugeordnet und grundsätzlich ihr die Personensorge übertragen ist (vgl. BVerfGE 107, 150 <169>). Anders als bei Eltern ehelicher Kinder, die sich mit dem Eheschluss rechtlich dazu verpflichtet hätten, füreinander und für ein gemeinsames Kind Verantwortung zu tragen, könne der Gesetzgeber bei nicht miteinander verheirateten Eltern auch heutzutage nicht generell davon ausgehen, dass diese in häuslicher Gemeinschaft lebten und gemeinsam für das Kind Verantwortung übernehmen wollten und könnten. Das Kindeswohl verlange, dass das Kind ab seiner Geburt eine Person habe, die für das Kind rechtsverbindlich handeln könne. Angesichts der Unterschiedlichkeit der Lebensverhältnisse, in die nichteheliche Kinder hineingeboren würden, sei es gerechtfertigt, das Kind bei der Geburt sorgerechtlich grundsätzlich der Mutter und nicht dem Vater oder beiden Elternteilen gemeinsam zuzuordnen (vgl. BVerfGE 107, 150 <169 f.>).

14

Auch § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB verstoße nicht gegen Art. 6 Abs. 2 GG. Es lägen derzeit keine Anhaltspunkte dafür vor, dass durch die Vorschrift, die unter Kindeswohlgesichtspunkten den Konsens der Eltern zur Voraussetzung einer gemeinsamen Sorge mache, dem Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes nicht ausreichend Rechnung getragen werde (vgl. BVerfGE 107, 150 <172>).

15

Die gemeinsame Sorge setze im Kindeswohlinteresse bei beiden Elternteilen die Bereitschaft voraus, Verantwortung für das Kind zu tragen. Die Ausübung dieser gemeinsamen Verantwortung erfordere den Aufbau einer persönlichen Beziehung zum Kind durch jeden Elternteil und bedürfe eines Mindestmaßes an Übereinstimmung zwischen den Eltern. Fehle es hieran und seien die Eltern zur Kooperation weder bereit noch in der Lage, könne die gemeinsame Sorge für das Kind dem Kindeswohl zuwiderlaufen (vgl. BVerfGE 107, 150 <173>).

16

Der Gesetzgeber habe bei verheirateten Eltern aufgrund der rechtlichen Verbindung, die diese mit der Ehe eingegangen seien, unterstellt, dass es zwischen ihnen als Voraussetzung für eine dem Kindeswohl dienliche gemeinsame Sorgerechtsausübung eine Übereinstimmung sowie die Bereitschaft gebe, zusammen Sorge für das gemeinsame Kind zu tragen. Bei nicht miteinander verheirateten Eltern fehle es an diesem Anknüpfungspunkt für eine solche Annahme. Um dafür ein Äquivalent zu schaffen, das die gesetzliche Vermutung einer gemeinsamen Sorgerechtsausübung im Kindeswohlinteresse auch bei nicht miteinander verheirateten Eltern trage, habe der Gesetzgeber ihnen mit § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB die Möglichkeit eingeräumt, durch übereinstimmende Erklärungen zum Ausdruck zu bringen, dass sie willig und bereit seien, gemeinsam für ihr Kind zu sorgen (vgl. BVerfGE 107, 150 <174>).

17

Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass die Eltern bei bestehender Kooperationsbereitschaft die Möglichkeit einer gemeinsamen Sorgetragung in der Regel nutzen und ihre tatsächliche Sorge durch Sorgeerklärungen auch rechtlich absichern würden. Dass es dennoch Fälle geben könne, in denen die Mutter sogar trotz Zusammenlebens mit dem Vater und dem Kind keine Sorgeerklärung abgeben wolle, habe der Gesetzgeber gesehen. Seine Einschätzung, in solchen Fällen sei die Weigerung der Mutter Ausdruck eines Konflikts zwischen den Eltern, der sich bei einem Streit auch über die gemeinsame Sorge nachteilig für das Kind auswirke, sei vertretbar. Der Gesetzgeber habe davon ausgehen dürfen, dass eine Mutter, gerade wenn sie mit dem Vater und dem Kind zusammenlebe, sich nur ausnahmsweise und nur dann dem Wunsch des Vaters nach einer gemeinsamen Sorge verweigere, wenn sie dafür schwerwiegende Gründe habe, die von der Wahrung des Kindeswohls getragen würden, und dass sie die Möglichkeit der Verweigerung einer Sorgeerklärung nicht etwa als Machtposition gegenüber dem Vater missbrauche (vgl. BVerfGE 107, 150 <176 f.>).

18

§ 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB würde sich aber mit Art. 6 Abs. 2 GG als unvereinbar erweisen, falls diese Annahme des Gesetzgebers nicht zuträfe und sich insbesondere herausstellen sollte, dass es selbst bei einem Zusammenleben der Eltern mit dem Kind in größerer Zahl nicht zur Abgabe gemeinsamer Sorgeerklärungen aus Gründen komme, die nicht vom Kindeswohl getragen würden. Da der Gesetzgeber Regelungen getroffen habe, die nur bei Richtigkeit seiner prognostischen Annahme das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes aus Art. 6 Abs. 2 GG wahren, sei er verpflichtet, die tatsächliche Entwicklung zu beobachten und zu prüfen, ob seine Annahme auch vor der Wirklichkeit Bestand habe. Stelle sich heraus, dass dies regelmäßig nicht der Fall sei, werde er dafür sorgen müssen, dass Vätern nichtehelicher Kinder, die mit der Mutter und dem Kind als Familie zusammenleben, ein Zugang zur gemeinsamen Sorge eröffnet werde, der ihren Elternrechten aus Art. 6 Abs. 2 GG unter Berücksichtigung des Kindeswohls ausreichend Rechnung trage (vgl. BVerfGE 107, 150 <178 ff.>).

19

2. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat sich im Jahr 2009 in dem Fall Zaunegger gegen Deutschland mit der Vorschrift des § 1626a BGB befasst (vgl. EGMR, Zaunegger gegen Deutschland, Nr. 22028/04, Urteil vom 3. Dezember 2009). In dem Urteil erklärte eine Kammer der Fünften Sektion des EGMR, dass der grundsätzliche Ausschluss einer gerichtlichen Überprüfung der ursprünglichen Zuweisung der Alleinsorge an die Mutter im Hinblick auf den verfolgten Zweck, nämlich den Schutz des Wohls eines nichtehelichen Kindes, nicht verhältnismäßig sei. Folglich liege eine Verletzung von Art. 14 in Verbindung mit Art. 8 EMRK vor.

20

Indem der deutsche Gesetzgeber Eltern eines nichtehelichen Kindes gestatte, sich auf das gemeinsame Sorgerecht zu einigen, versuche er, die nicht miteinander verheirateten Eltern in gewissem Umfang verheirateten Eltern gleichzustellen, die sich mit dem Eheschluss dazu verpflichtet hätten, füreinander und für ein gemeinsames Kind Verantwortung zu tragen. Angesichts der unterschiedlichen Lebenssituationen nichtehelicher Kinder und in Ermangelung einer gemeinsamen Sorgeerklärung sei es auch gerechtfertigt, zum Schutz des Kindeswohls die elterliche Sorge zunächst der Mutter zuzuweisen, um sicherzustellen, dass es ab der Geburt eine Person gebe, die für das Kind rechtsverbindlich handeln könne (vgl. EGMR, Zaunegger gegen Deutschland, a.a.O., Ziffer 53, 55).

21

Es könne auch triftige Gründe dafür geben, einem nicht verheirateten Vater die Teilhabe an der elterlichen Sorge zu versagen. Dies könne der Fall sein, wenn Streitigkeiten oder mangelnde Kommunikation zwischen den Eltern das Kindeswohl gefährden würden. Es sei jedoch keineswegs erwiesen, dass die Beziehungen zwischen nicht verheirateten Vätern und ihren Kindern generell durch eine solche Haltung gekennzeichnet seien. Für den Fall, dass keine triftigen Gründe vorlägen, bleibe es nach § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB dem Vater eines nichtehelichen Kindes dennoch von vornherein kraft Gesetzes verwehrt, eine gerichtliche Überprüfung zu beantragen, ob die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl dienen würde, und durch eine gerichtliche Entscheidung eine möglicherweise willkürliche Weigerung der Mutter, dem gemeinsamen Sorgerecht zuzustimmen, ersetzen zu lassen. Das Argument des Gesetzgebers, dass, wenn die Eltern zusammenlebten, die Mutter sich aber weigere, eine gemeinsame Sorgeerklärung abzugeben, dies eine Ausnahme sei und die Mutter dafür schwerwiegende Gründe habe, die vom Kindeswohl getragen seien, sei nicht überzeugend (vgl. EGMR, Zaunegger gegen Deutschland, a.a.O., Ziffer 56 ff.).

22

Ebenso wenig sei der Gerichtshof von dem Argument überzeugt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die gerichtliche Anordnung der gemeinsamen Sorge zu Konflikten zwischen beiden Elternteilen führe und dem Kindeswohl daher abträglich sei. Gerichtsverfahren zur Regelung der elterlichen Sorge könnten zwar immer potentiell zur Verunsicherung eines Kindes führen, allerdings sehe das deutsche Recht eine umfassende gerichtliche Überprüfung der Sorgerechtsregelung immer dann vor, wenn der Vater ehemals sorgeberechtigt gewesen sei, entweder weil die Eltern zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet gewesen seien, oder danach geheiratet oder die gemeinsame elterliche Sorge vereinbart hätten. Es seien keine hinreichenden Gründe ersichtlich, warum der Vater eines nichtehelichen Kindes einen geringeren Rechtsschutz habe und bei Anerkennung der Vaterschaft und Übernahme der Vaterrolle anders behandelt werden solle als ein Vater, der ursprünglich die elterliche Sorge inne gehabt und sich später von der Mutter getrennt habe oder sich habe scheiden lassen (vgl. EGMR, Zaunegger gegen Deutschland, a.a.O., Ziffer 61 f.).

III.

23

In allen 27 Ländern der Europäischen Union besteht die Möglichkeit zur gemeinsamen elterlichen Sorge für nichtehelich geborene Kinder unter der Voraussetzung, dass die Vaterschaft des nichtverheirateten Vaters rechtsverbindlich feststeht. Im Rahmen der konkreten Ausgestaltung der Regelung elterlicher Sorge belassen sieben EU-Mitgliedstaaten, anders als das deutsche Recht, der Mutter zwar von Gesetzes wegen die Alleinsorge, ermöglichen aber dem Vater sowohl bei Konsens der Eltern als auch aufgrund gerichtlicher Entscheidung ein Sorgerecht (Finnland: §§ 9, 10 finn. SorgRG; Irland: Sec. 6A para 1 Guardianship of Infants Act 1964 i.d.F. der Sec. 6 Children Act 1997, Sec. 9 Guardianship of Infants Act 1964; Luxemburg: Art. 380 lux. CC; Niederlande: Art. 1:253c nl. BW; Schweden: 6:5 schwed. FB; Vereinigtes Königreich: Sec. 4 para. 1c Children Act 1989; Zypern: Sec. 6 Illegitimate Children Law CAP 278). In 18 EU-Mitgliedstaaten sind unverheiratete Eltern verheirateten Eltern weitgehend oder vollständig gleichgestellt und erlangen kraft Gesetzes das gemeinsame Sorgerecht (Belgien: Art. 373, Art. 374 § 1 belg. CC; Bulgarien: Art. 68 Abs. 1, Art. 72 bulg. FamGB; Dänemark: Kap. 2 § 7 des dän. Gesetzes über elterliche Verantwortung; Estland: §§ 49, 50 estn. FamG; Frankreich: Art. 372 franz. Cciv; Griechenland: Art. 1515 griech. ZGB; Italien: Art. 317bis ital. Cciv; Lettland: Art. 178, 181 lett. ZGB; Litauen: Art. 3.165 litau. ZGB; Malta: Art. 90 Abs. 1, Art. 86 malt. ZGB; Polen: Art. 93 § 1 poln. FVGB; Portugal: Art. 1911 i.V.m. Art. 1901 port. CC; Rumänien: Art. 97 rumän. FGB; Slowakei: § 28 Abs. 2 slowak. FamG; Slowenien: Art. 102, Art. 105 Abs. 1 slowen. EheFamG; Spanien: Art. 156 span. CC; Tschechische Republik: § 34 Abs. 1, § 52 Abs. 1 tschech. FamG; Ungarn: § 72 Abs. 1 ungar. FamG).

24

Aufgrund des vom Bundesverfassungsgericht formulierten Prüfungsauftrags werden nach Maßgabe des Gesetzes zur Umsetzung familienrechtlicher Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Dezember 2003 (BGBl I S. 2547) seit 2004 die jährlich rechtswirksam abgegebenen gemeinsamen Sorgeerklärungen statistisch erfasst. Setzt man die Zahl der im jeweiligen Berichtsjahr abgegebenen gemeinsamen Sorgeerklärungen ins Verhältnis zu den nichtehelichen lebend geborenen Kindern in dem betreffenden Jahr, ergibt dies im Jahr 2004 eine Quote von 44,3 %, im Jahr 2005 eine Quote von 45,2 %, im Jahr 2006 eine Quote von 46,6 %, im Jahr 2007 eine Quote von 49,1 % und im Jahr 2008 eine Quote von 50,7 % (vgl. Statistisches Bundesamt 2009, Statistisches Jahrbuch 2009, Tab. 2.23; Statistisches Bundesamt 2008, Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe 2004, Tab. 3; Statistisches Bundesamt 2006, Bevölkerung 2005; Statistisches Bundesamt 2008, Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe 2005, Tab. 3; Statistisches Bundesamt 2007, Bevölkerung 2006; Statistisches Bundesamt 2008, Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe 2006, Tab. 3; Statistisches Bundesamt 2008, Bevölkerung 2007; Statistisches Bundesamt 2008, Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe 2007, Tab. 3; Statistisches Bundesamt 2009, Bevölkerung 2008; Statistisches Bundesamt 2010, Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe 2008, Tab. 3). Allerdings ist dabei zu beachten, dass damit nicht exakt wiedergegeben ist, wie viele Eltern nichtehelicher Kinder tatsächlich gemeinsame Sorgeerklärungen zu einem bestimmten Erhebungszeitpunkt abgegeben haben. Zum einen bleibt unberücksichtigt, dass Sorgeerklärungen auch für ältere Kinder abgegeben werden können und dass die Erklärung eines gemeinsamen Sorgerechts bereits vor der Geburt des Kindes vorgenommen werden kann (§ 1626b Abs. 2 BGB). Zum anderen kann von den amtlichen Zahlen der nichtehelichen Geburten nicht direkt auf die Anzahl nichtehelicher Kinder zu einem bestimmten Erhebungszeitpunkt geschlossen werden, da der Status des Kindes, beispielsweise durch Heirat der Eltern oder Adoption, veränderbar ist.

25

3. Eine im Jahr 2006 durchgeführte Umfrage des Bundesministeriums der Justiz zur gemeinsamen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern, an der sich 440 Jugendämter und 109 Rechtsanwälte beteiligten, hat das Ergebnis erbracht, dass nach Schätzung der befragten Jugendämter und Rechtsanwälte etwa 25 % bis 75 % aller Eltern nichtehelicher Kinder zusammenleben oder zumindest längere Zeit (mindestens ein Jahr) zusammengelebt haben, ohne eine gemeinsame Sorge begründet zu haben (vgl. BTDrucks 16/10047, S. 9, 12). Die Teilnehmer der Umfrage wurden ferner befragt, welche Motive von den Müttern für die Ablehnung der gemeinsamen Sorge angegeben würden. Dazu wurden acht mögliche Motive zur Auswahl gestellt, die zum Teil kindeswohlorientiert und zum Teil kindeswohlfern waren; eine Mehrfachnennung war möglich. Am häufigsten nannten die Teilnehmer die Motive „Die Mutter möchte die Alleinsorge behalten, um allein entscheiden zu können“, und „Die Mutter möchte nichts mehr mit dem Vater zu tun haben und lehnt daher jeden Kontakt auch in Angelegenheiten des Kindes ab“. Diese beiden Motive wurden von etwa 80 % aller Jugendämter genannt. Mit etwa 70 % nannten die Jugendämter die Motive „Es kommt häufig zu Konflikten der Eltern, eine friedliche Verständigung ist nicht möglich“, und „Eine Beziehung zwischen den Eltern hat nie bestanden, war lose oder ist beendet“; bei Rechtsanwälten wurden die beiden letzteren Motive nur von etwa 50 % der Teilnehmer genannt (vgl. BTDrucks 16/10047, S. 12). Einige Befragte wiesen darüber hinaus darauf hin, dass Eltern häufig über die rechtlichen Folgen der Begründung oder Ablehnung der gemeinsamen Sorge wenig informiert seien. Dementsprechend würden bei ihren Entscheidungen emotionale Gründe - wie Verunsicherung, Kontrollbedürfnis und eigene Verletztheit - sowie die Einflussnahme Dritter eine große Rolle spielen. Darüber hinaus würden in einer intakten Beziehung die das Kind betreffenden Entscheidungen ohnehin gemeinsam getroffen, so dass viele Eltern nicht das Bedürfnis sehen würden, die gemeinsame Sorge zu begründen. Dieses Bedürfnis trete oftmals erst hervor, wenn sich die Eltern bereits getrennt hätten (vgl. BTDrucks 16/10047, S. 14). Nach der Auswertung dieser Umfrage hat das Bundesministerium der Justiz ein Forschungsvorhaben in Auftrag gegeben. Dessen bisherige Ergebnisse weisen die gleiche Tendenz auf.

IV.

26

1. Der Beschwerdeführer ist Vater eines 1998 nichtehelich geborenen Sohnes. Die Eltern lebten lediglich einige Wochen zusammen und trennten sich noch während der Schwangerschaft der Mutter. Der gemeinsame Sohn lebt seit seiner Geburt im Haushalt der Mutter. Nachdem der Beschwerdeführer die Vaterschaft angezweifelt hatte, wurde diese in einem Verfahren vor dem Familiengericht durch Sachverständigengutachten festgestellt. Daraufhin erkannte der Beschwerdeführer im Dezember 1998 die Vaterschaft vor dem Jugendamt an. Die Mutter stimmte dem Anerkenntnis zu. Im Januar 2001 ließ der Beschwerdeführer eine notarielle Sorgeerklärung erstellen, in welcher er erklärte, die elterliche Sorge gemeinsam mit der Mutter übernehmen zu wollen. Die Mutter verweigerte eine entsprechende Sorgeerklärung. Im November 2002 vereinbarten die Eltern vor dem Familiengericht ein Umgangsrecht, das dem Beschwerdeführer unter anderem ermöglicht, jedes zweite Wochenende unter Einschluss von Übernachtungen mit dem gemeinsamen Sohn zu verbringen. Außerdem wurden Ferien-, Feiertags- und Geburtstagsregelungen getroffen. Beide Elternteile haben sich in den darauf folgenden Jahren an die getroffene Vereinbarung gehalten. Allerdings ist das Verhältnis der Eltern seit der Geburt des Kindes von Auseinandersetzungen und gegenseitigem Misstrauen geprägt.

27

2. Nachdem der Beschwerdeführer Anfang 2008 erfahren hatte, dass die Mutter beabsichtige, in den Sommerferien 2008 mit dem Kind innerhalb Deutschlands umzuziehen, beantragte er beim Familiengericht die teilweise Entziehung des Sorgerechts der Mutter und die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf ihn selbst; darüber hinaus stellte er hilfsweise den Antrag, ihm das alleinige Sorgerecht für seinen Sohn zu übertragen oder zur Begründung einer gemeinsamen Sorge die Zustimmung der Mutter zu seiner Sorgeerklärung zu ersetzen.

28

Nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten wies das Familiengericht die Anträge des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 30. Juni 2008 zurück. Gegen den Willen der sorgeberechtigten Mutter könne der Beschwerdeführer wegen § 1626a Abs. 1 BGB das alleinige Sorgerecht oder Teile davon nicht erlangen. Eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder des hilfsweise beantragten Sorgerechts auf den Beschwerdeführer komme auch nicht nach § 1672 Abs. 1 BGB in Betracht. § 1672 Abs. 1 BGB setze zwingend die Zustimmung der Mutter zur Begründung der alleinigen elterlichen Sorge voraus. Gründe für eine Entziehung der Sorge der Mutter nach § 1666 BGB lägen nicht vor. Allein der seit Beginn des Verfahrens bestehende und mit einer teilweisen Ablehnung der Mutter verbundene ausdrückliche Wunsch des Sohnes, beim Vater leben zu wollen, könne einen Eingriff nach § 1666 BGB nicht rechtfertigen. Die dagegen eingelegte Beschwerde verwarf das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 20. November 2008 als unzulässig, da der Beschwerdeführer nicht beschwerdebefugt sei. Eine unmittelbare Betroffenheit des nicht sorgeberechtigten Beschwerdeführers in seinen Rechten könne erst bejaht werden, wenn die elterliche Sorge der Mutter gemäß den §§ 1666, 1666a, 1680 BGB entzogen worden sei, da sich erst dann die Frage stelle, ob die Sorge auf den Beschwerdeführer zu übertragen sei. Die gegen die amtsgerichtliche Entscheidung erhobene Anhörungsrüge wies das Familiengericht mit Beschluss vom 8. Januar 2009 zurück, da dem Beschwerdeführer umfänglich rechtliches Gehör gewährt worden sei.

29

3. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdeführer erhobene Verfassungsbeschwerde, mit der er eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und 2, Art. 6 Abs. 2, Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 6 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 1, Art. 6, Art. 8 und Art. 14 EMRK geltend macht. Er hält die den Entscheidungen zugrunde liegenden Normen für verfassungswidrig, soweit diese die Begründung der gemeinsamen oder alleinigen Sorge für den Vater eines nichtehelich geborenen Kindes von der Zustimmung der Mutter oder einem Sorgerechtsentzug der Mutter abhängig machen. Verfassungsrechtlich geboten sei vielmehr der automatische Eintritt der gemeinsamen elterlichen Sorge ab Feststehen der Vaterschaft. Zumindest müsse eine gerichtliche Überprüfung der von der Mutter verweigerten Zustimmungserklärung im Einzelfall und die Anordnung einer gemeinsamen elterlichen Sorge oder die Übertragung der alleinigen Sorge auf den Vater unterhalb der Schwelle des § 1666 BGB möglich sein. In seinem Fall sei aufgrund der hohen Schwelle des § 1666 BGB der Kindeswille unbeachtet geblieben; eine Überprüfung, ob der Beschwerdeführer zur Ausübung der elterlichen Sorge geeignet sei und die Übertragung der elterlichen Sorge oder von Teilen der elterlichen Sorge auf ihn dem Kindeswohl diene, habe nicht stattgefunden. Wäre das Kind ehelich, hätte dem Beschwerdeführer das alleinige Sorgerecht bei bestehender Alleinsorge der Mutter gemäß § 1696 BGB und nach § 1671 Abs. 2 BGB bei bestehendem gemeinsamen Sorgerecht übertragen werden können. Zu Unrecht habe das Oberlandesgericht seine Beschwerdebefugnis verneint.

V.

30

Von der eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme haben namens der Bundesregierung das Bundesministerium der Justiz und der Deutsche Familiengerichtstag e.V. Gebrauch gemacht.

31

1. Das Bundesministerium der Justiz geht in seiner Stellungnahme davon aus, dass nach dem derzeitigen Stand der Untersuchungen der Hauptantrieb der Mütter, einem gemeinsamen Sorgerecht mit dem Vater nicht zuzustimmen, wohl in einer größeren Zahl von Fällen nicht primär in schwerwiegenden Kindeswohlerwägungen liege. Angesichts dessen und im Lichte des jüngsten Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte würden Vorüberlegungen für einen Gesetzesentwurf zur Änderung der sorgerechtlichen Rechtslage angestellt. Die Vorschriften zur Beschwerdebefugnis in sorgerechtlichen Verfahren seien einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich.

32

2. Der Deutsche Familiengerichtstag e.V. ist der Auffassung, dass § 1672 Abs. 1 BGB und damit auch § 1626a BGB und § 1680 Abs. 3, Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 1666 BGB gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 und Art. 3 GG verstoßen, soweit die Normen bei einer Zustimmungsverweigerung der Mutter keine gerichtliche Prüfung im Einzelfall vorsehen. Dem Vater allein über den Weg des § 1666 BGB die Zugangsmöglichkeit zur elterlichen Sorge zu eröffnen, sei ungeeignet, einen angemessenen, insbesondere auch dem Kindeswohl gerecht werdenden Ausgleich zwischen den Grundrechten der Eltern eines nichtehelichen Kindes zu schaffen. § 1666 BGB biete keinen Maßstab für die sorgerechtliche Entscheidung in Konfliktsituationen zwischen den Eltern, sondern sei auf den durch das Kindesinteresse legitimierten staatlichen Eingriff in das Elternrecht zugeschnitten. Eine Absenkung der in § 1666 Abs. 1 BGB definierten Eingriffsschwelle würde die Abgrenzung zwischen Elternverantwortung und staatlichem Wächteramt relativieren.

B.

33

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet.

34

§ 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB und § 1672 Abs. 1 BGB sind mit Art. 6 Abs. 2 GG unvereinbar.

35

Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber das elterliche Sorgerecht für ein nichteheliches Kind zunächst allein seiner Mutter übertragen hat (vgl. BVerfGE 107, 150 <169>). Ebenfalls steht mit der Verfassung in Einklang, dass dem Vater eines nichtehelichen Kindes nicht zugleich mit der wirksamen Anerkennung seiner Vaterschaft gemeinsam mit der Mutter das Sorgerecht eingeräumt ist. Eine solche Regelung wäre zwar möglich, sie ist aber verfassungsrechtlich nicht geboten.

36

Der Gesetzgeber greift jedoch dadurch unverhältnismäßig in das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes ein, dass er den Vater generell von der Sorgetragung für sein Kind ausschließt, wenn die Mutter des Kindes ihre Zustimmung zur gemeinsamen Sorge mit dem Vater oder zu dessen Alleinsorge für das Kind verweigert, ohne dass ihm die Möglichkeit eingeräumt ist, gerichtlich überprüfen zu lassen, ob er aus Gründen des Kindeswohls an der elterlichen Sorge zu beteiligen oder ihm, auch in Abwägung seines Elternrechts mit dem der Mutter, die alleinige Sorge für das Kind zu übertragen ist. Die dem geltenden Recht zugrunde liegende Annahme des Gesetzgebers, dass die Zustimmungsverweigerung von Müttern in aller Regel auf einem sich nachteilig auf das Kind auswirkenden elterlichen Konflikt basiert und von Gründen getragen ist, die nicht Eigeninteressen der Mutter verfolgen, sondern der Wahrung des Kindeswohls dienen, hat sich nicht bestätigt.

I.

37

Das Elternrecht, das Art. 6 Abs. 2 GG Müttern wie Vätern gewährleistet, bedarf der gesetzlichen Ausgestaltung. So sind Regeln und rechtsförmige Verfahren erforderlich, die auch für nichtehelich geborene Kinder klären, wer rechtlich als Vater des Kindes anzuerkennen und damit Rechtsträger des Elternrechts nach Art. 6 Abs. 2 GG ist (vgl. BVerfGE 92, 158 <177 f.>; 108, 82 <101>). Weil das Elternrecht beiden Elternteilen zusteht, sind zudem Regeln zu schaffen, die ihnen für den Fall, dass sie sich über die Ausübung ihrer Elternverantwortung nicht einigen können, jeweils Rechte und Pflichten gegenüber dem Kind zuordnen. Dabei hat der Staat aufgrund seines ihm durch Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG auferlegten Wächteramtes sicherzustellen, dass sich die Wahrnehmung des Elternrechts am Kindeswohl ausrichtet und bei der Ausübung der Elternverantwortung die Rechte des Kindes Beachtung finden (vgl. BVerfGE 121, 69 <94>). Fehlt es hieran mangels eines erforderlichen Mindestmaßes an Übereinstimmung zwischen den Eltern, darf der Gesetzgeber einem Elternteil die Hauptverantwortung für das Kind zuordnen (vgl. BVerfGE 92, 158 <178 f.>; 107, 150 <169>).

38

1. Das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes aus Art. 6 Abs. 2 GG wird nicht dadurch verletzt, dass das Kind nach § 1626a Abs. 2 BGB zunächst rechtlich allein seiner Mutter zugeordnet wird und sie die Personensorge für das Kind erhält. Wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 29. Januar 2003 ausgeführt hat, werden nichteheliche Kinder in eine Vielzahl familiärer Konstellationen hineingeboren (vgl. BVerfGE 107, 150 <170>). Das Spektrum reicht von Fällen, in denen der Vater nicht feststellbar ist oder nicht feststeht, über solche, in denen er zwar Unterhalt zahlen, aber keine Sorge für das Kind tragen will und teilweise sogar den Umgang mit dem Kind ablehnt (vgl. BVerfGE 121, 69 ff.), bis hin zu solchen, in denen der Vater zusammen mit der Mutter oder alleine für das Kind sorgen möchte. Im Zeitpunkt der Geburt eines nichtehelichen Kindes kann deshalb nicht generell davon ausgegangen werden, dass das Kind einen Vater hat, dem es rechtlich zugeordnet werden kann und der bereit ist, Verantwortung für das Kind zu tragen.

39

Hieran hat sich seit dieser Entscheidung nichts Wesentliches geändert. Zwar ist inzwischen der Anteil der Kinder, die nichtehelich geboren werden, an der Gesamtzahl der Geburten in Deutschland auf 32,1 % angestiegen (vgl. Statistisches Bundesamt 2009, Bevölkerung 2008). Auch hat sich der Anteil der minderjährigen Kinder, die in nichtehelichen elterlichen Lebensgemeinschaften aufwachsen, seit dem Jahr 2001 von 5,4 % auf mindestens 7,1 % im Jahr 2008 erhöht. Jedoch wachsen zugleich mindestens 16,1 % der Kinder lediglich mit einem Elternteil auf, wobei hierunter auch Scheidungskinder fallen (vgl. Statistisches Bundesamt 2009, Statistisches Jahrbuch 2009, Tab. 2.17). Setzt man wiederum die jährlich abgegebenen gemeinsamen Sorgeerklärungen von Eltern nichtehelicher Kinder ins Verhältnis zu den nichtehelich geborenen Kindern des jeweiligen Jahres, dann trägt dies die Einschätzung, dass mittlerweile für ungefähr die Hälfte der nichtehelich geborenen Kinder eine gemeinsame Sorgetragung der Eltern besteht (vgl. Statistisches Bundesamt 2009, Bevölkerung 2008; Statistisches Bundesamt 2010, Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe 2008, Tab. 3). Allerdings ist nicht feststellbar, wann die Sorgeerklärungen, die die Anerkennung der Vaterschaft voraussetzen, abgegeben werden. So bleibt eine Studie bisher unwiderlegt, die bei den untersuchten Fällen zu dem Ergebnis kam, dass zwar 80 % der Väter ihre Vaterschaft freiwillig anerkannten, dies jedoch in zwei Dritteln der Fälle erst nach der Geburt des Kindes taten (vgl. Vascovics u.a., Lebenslage nichtehelicher Kinder, 1997, S. 160 f.). Aufgrund der statistischen Zahlen ist insofern zwar ein Entwicklungstrend hin zu Familiengründungen erkennbar, in denen nicht miteinander verheiratete Eltern gemeinsam für ihr Kind Sorge tragen. Allerdings ist auch heutzutage zum Zeitpunkt der Geburt eines nichtehelichen Kindes vielfach rechtlich noch nicht geklärt, wer dessen Vater ist und ob dieser gegebenenfalls auch Sorge für das Kind tragen will.

40

Das Kindeswohl verlangt aber, dass das Kind ab seiner Geburt eine Person hat, die für das Kind rechtsverbindlich handeln kann. Der Gesetzgeber verfolgt deshalb ein legitimes Ziel, wenn er das nichteheliche Kind bei seiner Geburt sorgerechtlich grundsätzlich der Mutter und nicht dem Vater oder beiden gemeinsam zuweist (vgl. auch EGMR, Zaunegger gegen Deutschland, a.a.O., Ziffer 53, 55). Denn die Mutter ist die einzige sichere Bezugsperson, die das Kind bei seiner Geburt vorfindet und die aufgrund von § 1591 BGB als Elternteil feststeht. Um sicherzustellen, dass für das Kind vom ersten Lebenstag an tatsächlich und rechtlich Verantwortung getragen werden kann, ist es gerechtfertigt, den Vater zunächst einmal an der Sorge für das Kind nicht teilhaben zu lassen (vgl. BVerfGE 107, 150 <170 f.>).

41

2. Das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG gebietet es auch nicht, Vätern nichtehelicher Kinder generell mit wirksamer Anerkennung ihrer Vaterschaft gemäß §§ 1594 ff. BGB kraft Gesetzes das Sorgerecht für ihr Kind gemeinsam mit der Mutter zuzuerkennen.

42

Eine gesetzliche Regelung, die eine solche Rechtsfolge des Vaterschaftsanerkenntnisses vorsieht, wäre zwar mit der Verfassung vereinbar, sofern sie mit der Möglichkeit verbunden wird, gerichtlich überprüfen zu lassen, ob die gesetzlich begründete gemeinsame Sorge der Eltern dem Kindeswohl im Einzelfall tatsächlich entspricht. Der Gesetzgeber hat aber tragfähige Gründe, von dieser Lösung abzusehen.

43

a) Die Anerkennung der Vaterschaft enthält die Erklärung, Vater eines nichtehelichen Kindes zu sein und für das Kind die Rechtsposition als Vater einnehmen zu wollen. Stimmt die Mutter des Kindes dem zu, dann wird gesetzlich vermutet, dass dies den Tatsachen entspricht, und der Erklärende rückt in die rechtliche Vaterschaft ein. Aus dieser Bereitschaft des Vaters eines nichtehelichen Kindes, rechtlich dem Kind als Vater zugeordnet zu werden, kann jedoch nicht generell darauf geschlossen werden, dass dieser auch gewillt ist, zusammen mit der Mutter Sorge für das Kind zu tragen. Ebenso lässt die elterliche Übereinstimmung über die Anerkennung der Vaterschaft nicht unbedingt darauf schließen, dass die Eltern bereit und in der Lage sind, die Sorge für das Kind unter hinreichender Berücksichtigung des Kindeswohls gemeinsam auszuüben. Zum einen sind die Beziehungskonstellationen zwischen den Eltern, in die nichteheliche Kinder hineingeboren werden, zu unterschiedlich, um eine solch weitgehende Vermutung zu tragen. Denn es kann vorkommen, dass beide Elternteile trotz rechtlicher Anerkennung der Vaterschaft einander ablehnen, was einer gedeihlichen gemeinsamen Sorge im Interesse des Kindes unzuträglich sein kann. Auch ist nicht auszuschließen, dass ein Vater zwar die Vaterschaft anerkennt, sich aber weigert, Kontakt mit seinem Kind aufzunehmen oder Umgang zu pflegen (vgl. BVerfGE 121, 69 ff.). Zum anderen spricht auch der Umstand, dass es nach rechtlicher Vaterschaftsanerkennung nur bei ungefähr der Hälfte der nichtehelichen Kinder zu einer freiwilligen Begründung einer gemeinsamen Sorge durch die Eltern nach § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB kommt, gegen die Annahme, in der Übereinstimmung der Eltern hinsichtlich der Vaterschaft komme stets konkludent auch ein übereinstimmender Wille der Eltern zur gemeinsamen Sorgetragung zum Ausdruck. Ein genereller Wille des Vaters zur Sorgetragung für sein Kind lässt sich hieraus jedenfalls nicht ableiten. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Nichtbegründung einer gemeinsamen Sorge bei ungefähr der Hälfte der nichtehelich geborenen Kinder vor allem oder gar ausschließlich an der mangelnden Bereitschaft der Mutter dazu scheitert.

44

b) Dies hindert den Gesetzgeber allerdings nicht daran, angesichts des Umstandes, dass immerhin für die Hälfte der nichtehelichen Kinder eine gemeinsame Sorgetragung der Eltern begründet wird, den Vater eines nichtehelichen Kindes mit der rechtlichen Anerkennung der Vaterschaft zugleich kraft Gesetzes in die Sorgetragung für das Kind einzubeziehen und ihm die gemeinsame Sorge mit der Mutter zu übertragen, zumal eine große Anzahl von Eltern nur mangels ausreichender Information oder weil sie meinen, ihre faktische gemeinsame Sorge für das Kind bedürfe keiner rechtlichen Absicherung, von der Abgabe einer gemeinsamen Sorgeerklärung absehen (vgl. BTDrucks 16/10047, S. 14). Hierdurch würde nicht nur dem väterlichen Elternrecht Rechnung getragen, sondern der Vater eines nichtehelichen Kindes würde auch mehr in die Pflicht zur Pflege und Erziehung seines Kindes genommen, die mit dem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG verbunden ist (vgl. BVerfGE 108, 82 <102>; 121, 69 <92>). Jedoch ist bei einer solchen generellen Rechtszuweisung der gemeinsamen elterlichen Sorge an die Mutter wie den Vater eines nichtehelichen Kindes zu berücksichtigen, dass keineswegs immer von einer tragfähigen Beziehung zwischen den Eltern eines nichtehelichen Kindes ausgegangen werden kann, die gewährleistet, dass die Ausübung gemeinsamer elterlicher Sorge hinreichend konfliktfrei verläuft und das Kindeswohl nicht beeinträchtigt. Zur Wahrung des Kindeswohls wäre der Gesetzgeber deshalb verfassungsrechtlich gehalten, in Ausübung seines Wächteramtes jedem Elternteil die Möglichkeit einzuräumen, gerichtlich überprüfen zu lassen, ob eine gemeinsame Sorgetragung der Eltern im Einzelfall wirklich mit dem Kindeswohl in Einklang steht oder aus Kindeswohlgründen entweder wieder der Mutter oder nunmehr dem Vater die Alleinsorge für das Kind zu übertragen ist. Für den Fall einer durch Ehe oder übereinstimmende Sorgeerklärung begründeten gemeinsamen Sorge getrennt lebender Eltern hat der Gesetzgeber dies bereits in § 1671 BGB vorgesehen.

45

c) Andererseits aber ist es dem Gesetzgeber auch nicht verwehrt, bei der Zuordnung der elterlichen Sorge für ein nichteheliches Kind zu berücksichtigen, dass nicht davon ausgegangen werden kann, Väter nichtehelicher Kinder seien stets willens, gemeinsam mit der Mutter Sorge für ihr Kind zu tragen. Denn ein mangelnder Wille des Vaters zur gemeinsamen Sorgetragung könnte bei Koppelung der Sorgetragung an die Anerkennung der Vaterschaft die Gefahr in sich bergen, dass Väter sich weniger dazu bereit erklären, die Vaterschaft freiwillig anzuerkennen. Dies könnte die Zahl der notwendig werdenden Verfahren einer gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft gemäß § 1600d BGB erhöhen und das Verhältnis zwischen den Eltern in einer dem Kindeswohl unzuträglichen Weise beeinträchtigen. Darüber hinaus darf der Gesetzgeber in seine Erwägungen einbeziehen, dass eine generelle gesetzliche Anordnung der gemeinsamen elterlichen Sorgetragung auch Fälle umfassen kann, in denen aufgrund massiver Konflikte zwischen den Eltern das Kindeswohl zumindest so lange in Mitleidenschaft gezogen würde, bis die gemeinsame Sorge der Eltern durch gerichtliche Entscheidung wieder aufgehoben und in eine Alleinsorge überführt würde (vgl. BTDrucks 13/8511, S. 66). Um dies zu verhindern, ist es in Abwägung des Kindeswohls mit dem Elternrecht beider Elternteile ebenfalls verfassungsrechtlich gerechtfertigt und nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, dem Vater eines nichtehelichen Kindes mit wirksamer Vaterschaftsanerkennung zugleich kraft Gesetzes die gemeinsame Sorge mit der Mutter zu übertragen, womit es auch bei erfolgter Anerkennung der Vaterschaft zunächst bei der alleinigen Sorgetragung für das Kind durch die Mutter verbleibt.

II.

46

Das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes aus Art. 6 Abs. 2 GG ist jedoch dadurch verletzt, dass ihm der Zugang zur Sorgetragung für sein Kind bei Weigerung der Mutter, hierzu die Zustimmung zu erteilen, generell verwehrt ist, weil ihm durch § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB und § 1672 Abs. 1 BGB keine Möglichkeit eingeräumt ist, gegen den Willen der Mutter gerichtlich überprüfen zu lassen, ob es aus Gründen des Wohls seines Kindes angezeigt ist, ihm zusammen mit der Mutter die Sorge für sein Kind einzuräumen oder ihm anstelle der Mutter die Alleinsorge für das Kind zu übertragen.

47

1. Es ist nicht nur eine notwendige gesetzgeberische Ausgestaltung des Elternrechts, sondern stellt einen Eingriff in das von Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes dar, dass der Gesetzgeber in § 1626a Abs. 1 Nr. 1 und § 1672 Abs. 1 BGB die Möglichkeit der Realisierung des väterlichen Sorgerechts vom Willen der Mutter abhängig macht und dem Vater bei Zustimmungsverweigerung durch die Mutter den Zugang zur elterlichen Sorge verschließt, indem er für diesen Fall keine gerichtliche Einzelfallprüfung vorsieht. Die elterliche Sorge ist essentieller Bestandteil des von Art. 6 Abs. 2 GG geschützten Rechts der Eltern auf Pflege und Erziehung des eigenen Kindes (vgl. BVerfGE 56, 363 <382>). Wird sie einem Elternteil generell vorenthalten, liegt darin ein Eingriff.

48

2. Ein Eingriff in das Elternrecht durch generellen Ausschluss des Vaters von der elterlichen Sorge bei mangelnder Zustimmung der Mutter ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil § 1680 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 1666 BGB es zulässt, bei einer Gefährdung des Kindeswohls durch Versagen der Mutter dieser unter bestimmten Voraussetzungen das Sorgerecht für das Kind zu entziehen und es auf den Vater zu übertragen, wenn dies dem Wohl des Kindes dient. Damit wird dem Vater eines nichtehelichen Kindes der Zugang zur elterlichen Sorge nicht grundsätzlich eröffnet. § 1666 BGB ist keine Norm, die den Eltern im Verhältnis zueinander prinzipiell Rechte zuordnet oder auf einen Ausgleich der elterlichen Rechte abzielt. Mit dieser Norm werden vielmehr Eingriffen des Staates in das Recht der Eltern Grenzen gesetzt und bestimmt, unter welchen Voraussetzungen der Staat seinem Wächteramt aus Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG nachkommen muss (vgl. BVerfGE 107, 150 <182 f.>). Deshalb verbietet es sich auch, durch interpretatorische Öffnung von § 1666 BGB dem Vater eines nichtehelichen Kindes einen erleichterten Zugang zum Sorgerecht zu verschaffen. Denn dies senkte zugleich die Hürde der staatlichen Eingriffsbefugnis in das Elternrecht, womit es zu einer unverhältnismäßigen und damit ungerechtfertigten Einschränkung der durch Art. 6 Abs. 2 GG geschützten Eigenverantwortung von Eltern für ihre Kinder kommen könnte. § 1680 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 1666 BGB ist damit als generelle Zugangsregel zum elterlichen Sorgerecht für Väter weder gesetzlich vorgesehen noch geeignet.

49

3. Mit dem Erfordernis der mütterlichen Zustimmung als Voraussetzung für den Zugang des Vaters eines nichtehelichen Kindes zur elterlichen Sorge verfolgt der Gesetzgeber ein legitimes Ziel. Er will eine Kindeswohlgefährdung vermeiden, die bei Begründung einer gemeinsamen Sorge aufgrund fehlenden Konsenses der Eltern über die Sorgetragung für ihr Kind oder bei Übertragung der Alleinsorge auf den Vater gegen den Willen der Mutter durch Beeinträchtigung der Mutter-Kind-Beziehung eintreten könnte (vgl. BTDrucks 13/4899, S. 58, 60).

50

a) Die Ausübung der gemeinsamen Verantwortung für ein Kind erfordert ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Eltern. Fehlt es daran und sind die Eltern zur Kooperation weder bereit noch in der Lage, kann die gemeinsame Sorge für das Kind dem Kindeswohl zuwiderlaufen. Tragen die Eltern ihren Konflikt auf dem Rücken des Kindes aus, kann das Kind in seiner Beziehungsfähigkeit beeinträchtigt und in seiner Entwicklung gefährdet werden (vgl. BVerfGE 107, 150 <173>).

51

Besteht zwischen den Eltern Einigkeit über die Sorgetragung für das Kind und kommt dies in einer gemeinsamen und übereinstimmenden Erklärung zum Ausdruck, kann davon ausgegangen werden, dass beide Eltern auch den Willen zur Kooperation bei der Pflege und Erziehung ihres Kindes besitzen. Fehlt es jedoch an einer solchen Einigung, kann dies auf einen Konflikt zwischen den Eltern hinweisen, der sich folgenschwer auf das Kind auswirken kann (vgl. BVerfGE 107, 150 <174 ff.>). Denn Uneinigkeit über die Begründung einer gemeinsamen Sorge lässt darauf schließen, dass es auch zu Auseinandersetzungen über deren Ausübung kommen kann, die womöglich auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden. Nach Auffassung des Gesetzgebers ist zu vermuten, dass eine gegen den Willen eines Elternteils erzwungene gemeinsame Sorge regelmäßig mit mehr Nachteilen als Vorteilen für das Kind verbunden ist (vgl. BTDrucks 13/4899, S. 58 ff.; BTDrucks 13/8511, S. 66). Um solche Nachteile auszuschließen und dem Kindeswohl Rechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber die Begründung einer gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB nur bei übereinstimmendem elterlichen Willen dazu vorgesehen und sie bei mangelndem Konsens der Eltern ausgeschlossen.

52

b) Auch die Bindung der Sorgeübertragung allein auf den Vater an die Zustimmung der Mutter soll dem Kindeswohl dienen. Der Gesetzgeber will damit vermeiden, dass die Unsicherheit der Mutter, ihr könne gegen ihren Willen die Sorge für das Kind entzogen und auf den Vater übertragen werden, das bestehende enge Verhältnis zwischen Mutter und Kind belastet und dies dem Kind zum Nachteil gereicht. Zudem soll verhindert werden, dass die Befürchtung der Mutter, der Vater könne sich als der „bessere“ Elternteil erweisen, sich schon auf deren Bereitschaft, die Vaterschaftsfeststellung zu betreiben, auswirken und auch den Umgang des Vaters mit dem Kind zu dessen Nachteil tangieren könnte (vgl. BTDrucks 13/4899, S. 59 f.).

53

4. Die Regelungen der § 1626a Abs. 1 Nr. 1 und § 1672 Abs. 1 BGB, die den Zugang des Vaters eines nichtehelichen Kindes zur elterlichen Sorge an die Zustimmung der Mutter binden, sind zur Wahrung des Kindeswohls und zur Verhinderung einer Kindeswohlgefährdung grundsätzlich auch geeignet. Sie können Konflikte zwischen den Eltern über die Sorgetragung für ihr Kind im Faktischen zwar nicht verhindern. Dadurch, dass diese Konflikte nicht gerichtlich ausgetragen werden können, haben sie jedoch auf die Ausübung der elterlichen Sorge keinen maßgeblichen Einfluss, die insofern widerspruchsfrei erfolgen und dem Kind Orientierung bieten kann. Zudem wird das Kind nicht noch zusätzlich durch eine gerichtliche Auseinandersetzung belastet (vgl. BVerfGE 107, 150 <177>).

54

5. Es bestehen allerdings Zweifel, ob der generelle, gerichtlich nicht überprüfbare Ausschluss des Vaters eines nichtehelichen Kindes von der elterlichen Sorge bei Zustimmungsverweigerung durch die Mutter erforderlich ist, um eine Kindeswohlgefährdung durch eine gemeinsame Sorgetragung der Eltern oder durch eine Übertragung der Alleinsorge auf den Vater gegen den Willen der Mutter zu verhindern. Jedenfalls ist der darin liegende Eingriff in das Elternrecht des Vaters aus Art. 6 Abs. 2 GG unverhältnismäßig im engeren Sinne und verletzt das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes, weil dieser den Ausschluss des Sorgerechts nicht einer gerichtlichen Einzelfallprüfung am Maßstab des Kindeswohls unterziehen kann.

55

a) § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB eröffnet dem Vater eines nichtehelichen Kindes lediglich dann die Teilhabe an der gemeinsamen Sorge mit der Mutter, wenn diese ihre Zustimmung dazu gibt. Wird diese von der Mutter verweigert, ist der Vater dauerhaft von der gemeinsamen Sorge für sein Kind ausgeschlossen. Er wird zwar gemäß §§ 1601 ff. BGB zur Zahlung von Kindesunterhalt herangezogen und hat auch der Mutter nach Maßgabe von § 1615l BGB wegen der Betreuung des Kindes Unterhalt zu zahlen, soweit er leistungsfähig ist, darf aber über die Geschicke seines Kindes und dessen Erziehung nicht mitentscheiden. Ihm verbleibt lediglich das Recht auf Umgang mit dem Kind (§ 1684 BGB), sofern und soweit der Umgang mit dem Kindeswohl in Einklang steht. Diese Versagung der Einflussnahmemöglichkeit auf die Pflege und Erziehung des Kindes ohne die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung stellt einen tiefgreifenden Eingriff in das Elternrecht des Vaters dar.

56

Demgegenüber ist der Mutter gesetzlich nicht nur vorbehaltlos das alleinige Sorgerecht eingeräumt, das ihr nur bei Gefährdung des Kindeswohls entzogen werden kann. Ihr ist auch die Kompetenz übertragen, darüber zu entscheiden, ob der Vater Zugang zur elterlichen Sorge für sein Kind erhält. Unmaßgeblich ist bei dieser Regelung, ob die Sorgetragung, die die Mutter wünscht oder ablehnt, dem Kindeswohl zuträglich ist. Mit dieser Abhängigkeit der Beteiligung des Vaters an der gemeinsamen Sorge vom Willen der Mutter setzt der Gesetzgeber das Elternrecht des Vaters in unverhältnismäßiger Weise generell hinter das der Mutter zurück, ohne dass dies durch die Wahrung des Kindeswohls geboten ist. Zwar können Gerichtsverfahren temporär eine zusätzliche Belastung für das Kind mit sich bringen (vgl. EGMR, Zaunegger gegen Deutschland, a.a.O., Ziffer 61). Doch die grundsätzliche Klärung der Sorgerechtsfrage dient gerade dem Kindeswohl. Nur dieses vermag zu rechtfertigen, einen Elternteil von der Sorge für sein Kind auszuschließen (vgl. BVerfGE 121, 69 <94>).

57

(1) Dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist beizupflichten, dass der Gesetzgeber selbst seine die Regelung des § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB rechtfertigende Prämisse, eine mangelnde Übereinstimmung der Eltern über die Sorgetragung lasse einen elterlichen Konflikt erkennen, der stets zu einer dem Wohl des Kindes abträglichen Ausübung gemeinsamer Sorge führe, nicht konsequent seinem Gesamtkonzept der Sorgetragung von Eltern nichtehelicher Kinder zugrunde gelegt hat (vgl. EGMR, Zaunegger gegen Deutschland, a.a.O., Ziffer 61 f.). Denn leben nicht miteinander verheiratete Eltern, die einmal eine gemeinsame Sorge begründet haben, getrennt und möchte ein Elternteil gegen den Willen des anderen die Alleinsorge für das Kind erhalten, ist ihm gemäß § 1671 BGB das Recht eingeräumt, einen entsprechenden Antrag auf Übertragung der Alleinsorge zu stellen. Dabei schließt der Gesetzgeber nicht schon aus dieser Antragstellung und der mangelnden Zustimmung des anderen Elternteils hierzu auf eine mangelnde Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit der Eltern mit schädlichen Auswirkungen für das Kind. Vielmehr hat das Gericht dann zu prüfen, ob zu erwarten ist, dass die Übertragung der Alleinsorge auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes tatsächlich am besten entspricht. Maßgeblich für die Sorgerechtszuweisung ist in diesem Fall also das Kindeswohl, nicht dagegen die fehlende Willensübereinstimmung der Eltern, die erst im Rahmen der Würdigung des Einzelfalls Berücksichtigung findet, wenn zu klären ist, ob sie auf einer Unfähigkeit der Eltern zur Kooperation beruht, die negative Auswirkungen auf das Kind befürchten lässt (so z.B. auch OLG Köln, FamRZ 2009, S. 62 <62 f.>; OLG Hamm, FamRZ 2006, S. 1058 <1059>).

58

Insofern ist kein Grund ersichtlich, weshalb der Gesetzgeber nicht auch bei der Begründung einer gemeinsamen elterlichen Sorge vorrangig darauf abgestellt hat, ob diese trotz darüber bestehender Meinungsverschiedenheiten zwischen den Eltern im konkreten Einzelfall dem Kindeswohl entspricht, sondern hier den entgegenstehenden Willen der Mutter hat ausreichen lassen, um daran generell die Vermutung der Kindeswohlbeeinträchtigung anzuknüpfen, und aufgrund dessen eine gerichtliche Einzelfallprüfung am Maßstab des Wohles des betroffenen Kindes ausgeschlossen hat. Dass es, anders als bei einer Neubegründung der gemeinsamen elterlichen Sorge, bei deren Beendigung zumindest in der Vergangenheit zwischen den Eltern einmal ein gewisses Maß an Kooperationsbereitschaft gegeben hat, ist kein tragfähiger Grund für die unterschiedliche rechtliche Behandlung der Fallkonstellationen. Denn in beiden Fällen besteht ein Dissens der Eltern über die Sorgetragung für ihr gemeinsames Kind, der jeweils ein Indiz dafür sein kann, dass eine neu begründete oder weiterhin bestehende gemeinsame elterliche Sorgetragung wegen der elterlichen Konflikte dem Kindeswohl in Zukunft eher abträglich ist. Ob diese Annahme wirklich trägt, kann aber gleichermaßen erst durch gerichtliche Prüfung im Einzelfall geklärt werden.

59

(2) Vor allem aber bestätigen neuere empirische Erkenntnisse die Annahme des Gesetzgebers nicht, dass die Zustimmungsverweigerung von Müttern in aller Regel auf einem sich nachteilig auf das Kind auswirkenden elterlichen Konflikt basiert und von Gründen getragen ist, die nicht Eigeninteressen der Mutter folgen, sondern der Wahrung des Kindeswohls dienen.

60

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber in seiner Entscheidung vom 29. Januar 2003 zugestanden, dass er bei seiner Regelung der gemeinsamen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern davon ausgehen konnte, Eltern würden die eingeführte Möglichkeit gemeinsamer Sorgetragung in Zukunft in der Regel nutzen und Mütter sich nur dann dem Wunsch des Vaters nach einer Beteiligung an der Sorge verweigern, wenn sie dafür schwerwiegende Gründe haben, die von der Wahrung des Kindeswohls getragen werden, Mütter also die Möglichkeit, die Sorgeerklärung zu verweigern, nicht als Machtposition gegenüber dem Vater missbrauchen würden (vgl. BVerfGE 107, 150 <177>). Das Bundesverfassungsgericht hat aber darauf hingewiesen, dass sich § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB als unvereinbar mit dem Elternrecht des Vaters aus Art. 6 Abs. 2 GG erweisen würde, wenn sich die Annahmen des Gesetzgebers nicht bestätigten, sich vielmehr herausstellen sollte, dass es in größerer Zahl aus Gründen, die nicht vom Kindeswohl getragen sind, nicht zur gemeinsamen Sorgetragung von Eltern nichtehelicher Kinder kommt (vgl. BVerfGE 107, 150 <178 f.>). Deshalb hat es den Gesetzgeber verpflichtet, die tatsächliche Entwicklung zu beobachten und zu prüfen, ob seine Annahmen vor der Wirklichkeit Bestand haben. Denn sollte dies nicht der Fall sein, müsse der Gesetzgeber Vätern nichtehelicher Kinder einen Zugang zur gemeinsamen Sorge eröffnen, der ihrem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG unter Berücksichtigung des Kindeswohls ausreichend Rechnung trägt (vgl. BVerfGE 107, 150 <180 f.>).

61

Inzwischen liegt hinreichendes Datenmaterial vor, aus dem sich ergibt, dass sich die damaligen Annahmen des Gesetzgebers nicht als zutreffend erwiesen haben. Dies betrifft zum einen die Anzahl der von Eltern nichtehelicher Kinder begründeten gemeinsamen Sorgetragungen. Den statistischen Erhebungen ist zu entnehmen, dass sich lediglich knapp über die Hälfte der Eltern darauf verständigen, entsprechende Sorgeerklärungen abzugeben (vgl. Statistisches Bundesamt 2009, Statistisches Jahrbuch 2009, Tab. 2.23). Eine gemeinsame Sorge wird in relevantem Umfang auch dann nicht begründet, wenn die Eltern zusammenleben (vgl. BTDrucks 16/10047, S. 11 f.). Zum anderen hat sich die Vermutung des Gesetzgebers - wie auch die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme ausführt - nicht bestätigt, dass die Ablehnung einer gemeinsamen Sorgetragung seitens der Mütter in aller Regel von Gründen getragen wird, die sich am Kindeswohl orientieren. Die hierzu durchgeführten Befragungen von Institutionen und Experten, die aufgrund ständiger Befassung mit der Sorgetragung von Eltern nichtehelicher Kinder über Erfahrungen zur Motivation von Müttern verfügen, die einer gemeinsamen Sorge nicht zustimmen, aber auch die bisher vorliegenden Ergebnisse der Befragungen von Müttern lassen erkennen, dass neben Kindeswohlerwägungen häufig auch persönliche Wünsche der Mütter zu deren Ablehnung einer gemeinsamen Sorge mit dem Vater des Kindes führen. So wurde oftmals als Begründung angegeben, man wolle die Alleinsorge behalten, um allein über die Angelegenheiten des Kindes entscheiden zu können, wolle sich also nicht mit dem Vater darauf verständigen müssen oder nichts mit dem Vater zu tun haben (vgl. BTDrucks 16/10047, S. 12 ff.).

62

Wenn sich aber damit die Annahme des Gesetzgebers nicht bestätigt, vielmehr davon auszugehen ist, dass in nicht unbeträchtlicher Zahl Mütter allein deshalb die Zustimmung zur gemeinsamen Sorge verweigern, weil sie ihr angestammtes Sorgerecht nicht mit dem Vater ihres Kindes teilen wollen, hängt der Zugang zur Sorgetragung von Vätern nichtehelicher Kinder in nicht zu vernachlässigender Zahl vom dominierenden Willen der Mutter ab und bleibt verschlossen, wenn sie hierzu nicht bereit ist, ohne dass damit feststeht, ob eine gemeinsame Sorge der Eltern dem Kindeswohl zu- oder abträglich ist. Dass Vätern bei Weigerung der Mutter, einer gemeinsamen Sorge zuzustimmen, gesetzlich nicht die Möglichkeit eingeräumt ist, gerichtlich überprüfen zu lassen, ob eine gemeinsame Sorgetragung in ihrem Einzelfall nicht doch aus Kindeswohlgründen angezeigt sein könnte, beeinträchtigt deshalb das Elternrecht des Vaters gegenüber dem der Mutter in unverhältnismäßiger und damit nicht gerechtfertigter Weise.

63

b) § 1672 Abs. 1 BGB macht auch die Übertragung der Alleinsorge für ein nichteheliches Kind, die die Mutter gemäß § 1626a Abs. 2 BGB inne hat, auf den Vater eines nichtehelichen Kindes von der Zustimmung der Mutter dazu abhängig. Liegt sie nicht vor, hat der Vater keine Möglichkeit, gerichtlich überprüfen zu lassen, ob eine Sorgetragung durch ihn dem Kindeswohl zuträglicher sein könnte als die Sorgetragung der Mutter. Dieser generelle Ausschluss des Zugangs zur elterlichen Sorge bei mangelnder Zustimmung der Mutter stellt ebenfalls einen schwerwiegenden Eingriff in das Elternrecht des Vaters aus Art. 6 Abs. 2 GG dar, der unverhältnismäßig und nicht gerechtfertigt ist.

64

(1) Eine mangelnde Fähigkeit der Eltern zur Zusammenarbeit bei der Sorge für ihr Kind, das in der Zustimmungsverweigerung der Mutter zum Ausdruck kommen kann, vermag den Ausschluss des Vaters von der Alleinsorge nicht zu rechtfertigen. Denn auch nach Auffassung des Gesetzgebers ist eine fehlende Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit der Eltern gerade ein gewichtiger Grund, eine gemeinsame elterliche Sorge nicht zu eröffnen oder aufrechtzuerhalten, sondern einem Elternteil die Sorge für das Kind allein zu übertragen, damit dieses durch Uneinigkeit und Zwist der Eltern keinen Schaden nimmt. Diese Einschätzung liegt jedenfalls § 1671 BGB zugrunde, der einen Wechsel von der gemeinsamen Sorge getrennt lebender Eltern zur Alleinsorge eines Elternteils aus Kindeswohlgründen ermöglicht.

65

(2) Soweit der Gesetzgeber mit der Regelung eine Belastung des bestehenden Mutter-Kind-Verhältnisses durch die ständige Befürchtung der Mutter vermeiden möchte, ihr könne bei entsprechender Beantragung durch den Vater das Sorgerecht für ihr Kind entzogen und auf den Vater übertragen werden (vgl. BTDrucks 13/4899, S. 60), liegt darin ebenfalls kein hinreichender Grund, den Vater bei Zustimmungsverweigerung der Mutter generell vom Sorgerecht auszuschließen und ihm keine Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung einzuräumen, ob es aus Gründen des Kindeswohls angezeigt ist, ihm die Alleinsorge für das Kind zu übertragen.

66

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Eröffnung einer gerichtlichen Übertragung der Alleinsorge auf den Vater zwar einerseits dem Elternrecht des Vaters Rechnung trägt, aber andererseits schwerwiegend in das Elternrecht der Mutter eingreift, wenn dem väterlichen Antrag im Einzelfall stattgegeben wird. Denn anders als beim Zugang des Vaters zur gemeinsamen Sorge mit der Mutter muss diese die Sorge für das gemeinsame Kind nicht lediglich mit dem Vater teilen, was Art. 6 Abs. 2 GG als Regelfall schützt, der die Pflege und Erziehung der Kinder nicht einem Elternteil, sondern den Eltern als natürliches Recht zuweist. Der Mutter wird vielmehr die bisher von ihr ausgeübte Sorge gänzlich entzogen, und zwar nicht, weil sie bei ihrer Erziehungsaufgabe versagt hat und dadurch das Kindeswohl gefährdet ist, wie dies § 1666 BGB voraussetzt, sondern weil in Konkurrenz zu ihr der Vater sein Recht reklamiert, an ihrer Stelle für das Kind zu sorgen. Dabei ist auch von Gewicht, dass der Gesetzgeber zunächst einmal den Müttern nichtehelicher Kinder die Sorge für diese ab deren Geburt zuweist. Damit erhalten sie nicht nur das Recht zur elterlichen Sorge, sondern sind auch gesetzlich dazu verpflichtet, für ihr Kind zu sorgen. Anders als Väter nichtehelicher Kinder haben sie nicht die Wahl, sich für oder gegen ein Sorgetragen für ihr Kind zu entscheiden. Ein Entzug der ihnen auferlegten Elternverantwortung trotz nicht zu beanstandender Ausübung der elterlichen Sorge wiegt deshalb schwer und stellt einen tiefen Eingriff in ihr Elternrecht dar.

67

(3) Zudem ist mit einem Sorgerechtswechsel von der Mutter auf den Vater, anders als bei der Begründung einer gemeinsamen elterlichen Sorge, regelmäßig auch ein Wechsel des Kindes vom Haushalt der Mutter in den des Vaters verbunden. Dies wirkt sich nicht nur auf die bestehende Mutter-Kind-Beziehung aus, sondern berührt auch das Bedürfnis des Kindes nach Stabilität und Kontinuität hinsichtlich seiner gewachsenen persönlichen Bindungen und seines sozialen Umfeldes.

68

(4) Unter Berücksichtigung dessen und in Abwägung der grundrechtlich geschützten Interessen beider Eltern und des Kindes ist es zwar unverhältnismäßig und deshalb mit Art. 6 Abs. 2 GG nicht vereinbar, dass der Gesetzgeber den Vater eines nichtehelichen Kindes allein schon bei fehlender Zustimmung der Mutter vom Sorgerecht für sein Kind ausgeschlossen und ihm mangels Möglichkeit einer gerichtlichen Einzelfallprüfung den Zugang auch zur alleinigen Sorge verwehrt hat. Bei Eröffnung einer gerichtlichen Einzelfallprüfung ist aber dem Elternrecht der Mutter des nichtehelichen Kindes ebenfalls hinreichend Rechnung zu tragen. Ihr die Sorge zu entziehen, ist nur gerechtfertigt, wenn es zur Wahrung des väterlichen Elternrechts keine andere Möglichkeit gibt, die weniger in das mütterliche Elternrecht eingreift, und wenn gewichtige Kindeswohlgründe vorliegen, die den Sorgerechtsentzug nahelegen. Weniger einschneidend in das Elternrecht der Mutter als der Entzug der elterlichen Sorge wäre eine gemeinsame Sorgetragung der Eltern. Deshalb ist auch in einem Verfahren auf Übertragung der Alleinsorge von der Mutter auf den Vater eines nichtehelichen Kindes zunächst zu prüfen, ob nicht eine gemeinsame Sorgetragung der Eltern angezeigt sein könnte, die dem Kindeswohl nicht abträglich ist. Sofern dies der Fall ist, hat zur Wahrung des mütterlichen Elternrechts eine Übertragung der Alleinsorge auf den Vater zu unterbleiben. Ansonsten können gewichtige Belange des Kindes und sein Wohl den Wechsel der Alleinsorge auf den Vater rechtfertigen.

69

6. Da die angegriffenen Vorschriften schon Art. 6 Abs. 2 GG verletzen und sich als verfassungswidrig erweisen, ist nicht weiter zu prüfen, ob sie auch gegen Art. 3 Abs. 1 oder 2 GG und Art. 6 Abs. 5 GG verstoßen. Der Gesetzgeber hat allerdings bei einer Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge für nichteheliche Kinder darauf zu achten, dass auch diese Grundrechte gewahrt werden. Dies gilt insbesondere auch für die Frage, ob für den Fall, dass Vätern nichtehelicher Kinder bei Zustimmungsverweigerung der Mutter ein Antragsrecht auf Begründung einer gemeinsamen Sorge oder Übertragung der Alleinsorge für ihr Kind zuerkannt wird, auch Müttern ein solches Recht einzuräumen ist, wenn der Vater ihres Kindes nicht zur gemeinsamen Sorgetragung oder zur Übernahme der Alleinsorge bereit ist.

III.

70

Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Entscheidung des Amtsgerichts vom 30. Juni 2008 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG, da sie auf den § 1626a Abs. 1 Nr. 1, § 1672 Abs. 1 BGB beruht, die gegen diese Grundrechtsnorm verstoßen. Die Entscheidung ist deshalb aufzuheben. Die lediglich aus prozessualen Gründen ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 20. November 2008 sowie der die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers betreffende Beschluss des Amtsgerichts vom 8. Januar 2009 werden damit gegenstandslos. Die Sache wird an das Amtsgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

C.

I.

71

Steht eine Norm mit dem Grundgesetz nicht in Einklang, so ist sie grundsätzlich für nichtig zu erklären (§ 95 Abs. 3 Satz 1 und 2 BVerfGG). Dies gilt allerdings nicht, wenn durch die Nichtigkeit ein Zustand geschaffen würde, der von der verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt wäre als der bisherige (vgl. BVerfGE 119, 331 <382 f.>). Danach scheidet eine Nichtigerklärung der § 1626a Abs. 1 Nr. 1, § 1672 Abs. 1 BGB hier aus, weil sie zur Folge hätte, dass die Begründung einer gemeinsamen elterlichen Sorge oder die Übertragung der Alleinsorge auf den Vater selbst dann nicht mehr möglich wäre, wenn die Eltern eines nichtehelichen Kindes dies übereinstimmend wollten. Zudem steht einer Nichtigerklärung entgegen, dass dem Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten offen stehen, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen (vgl. BVerfGE 109, 256 <273>).

II.

72

Auch eine Unanwendbarkeit (vgl. BVerfGE 84, 9 <21>) der Normen in Folge ihrer Unvereinbarkeit mit Art. 6 Abs. 2 GG kommt nicht in Betracht, da dies ebenfalls den verfassungswidrigen Zustand nur weiter vertiefen würde.

73

Allerdings ist auch davon abzusehen, lediglich die verfassungswidrigen Normen bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber für weiter anwendbar zu erklären. Dies führte zu einer Perpetuierung der Grundrechtsbeeinträchtigung von Vätern nichtehelicher Kinder, die möglicherweise bei Inkrafttreten einer verfassungsgemäßen Regelung nicht mehr behoben werden könnte, weil in kindschaftsrechtlichen Verfahren der Zeitfaktor eine wesentliche Rolle spielt (vgl. Heilmann, Kindliches Zeitempfinden und Verfahrensrecht, 1998, S. 26). Mit zunehmendem Zeitablauf können sich die persönlichen Bindungen eines Kindes verändern, so dass sich hierdurch möglicherweise im Faktischen Weichen neu stellen, die sich auf spätere Entscheidungen nach neuem Recht auswirken können.

74

Vor allem aber hätten die Fachgerichte weiterhin Normen anzuwenden, die nicht nur unvereinbar mit dem Grundgesetz sind, sondern mit § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB auch eine Norm, die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte für unvereinbar mit der Europäischen Menschenrechtskonvention erklärt worden ist, weil sie Art. 14 in Verbindung mit Art. 8 EMRK verletzt (vgl. EGMR, Zaunegger gegen Deutschland, a.a.O., Ziffer 64). Da die Fachgerichte gehalten sind, im Rahmen der Rechtsanwendung die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ausreichend zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 111, 307 <323 f.>), und eine Aussetzung einschlägiger Sorgerechtsverfahren dem verfahrensrechtlichen Beschleunigungsgebot in Kindschaftssachen zuwiderlaufen könnte, ist es zur vorübergehenden Sicherstellung eines verfassungs- und konventionsgemäßen Zustandes angezeigt, eine Übergangsregelung zu treffen. Dabei ist eine Lösung zu wählen, die der gesetzlichen Regelung nicht vorgreift und sie nicht erschwert (vgl. BVerfGE 84, 9 <23>).

III.

75

Insofern bietet es sich an, vom bisherigen Regelungskonzept des Gesetzgebers auszugehen, das die Begründung der gemeinsamen Sorge von Eltern nichtehelicher Kinder von der Abgabe gemeinsamer Sorgeerklärungen abhängig macht. Ergänzend zu dieser Regelung des § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB wird deshalb bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung vorläufig angeordnet, dass das Familiengericht den Eltern auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge gemeinsam überträgt, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht. Der gewählte Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Kindeswohls soll sicherstellen, dass die Belange des Kindes maßgeblich Berücksichtigung finden, jedoch die Zugangsvoraussetzungen zur gemeinsamen Sorge nicht zu hoch angesetzt werden.

76

Bei der Übertragung der Alleinsorge auf den Vater erscheint für die Übergangszeit bis zur Neuregelung eine Anlehnung an die Regelung des § 1671 BGB sinnvoll. Da auch nach dieser Norm die Übertragung der Alleinsorge nur dann vorzunehmen ist, wenn die Voraussetzungen für eine gemeinsame Sorge der Eltern nicht mehr bestehen, und zugleich, wie unter B.II.5.b) (4) ausgeführt, die Begründung einer gemeinsamen Sorge bei bisher bestehender Alleinsorge der Mutter deren Elternrecht weniger beeinträchtigt als der vollständige Wechsel des Sorgerechts von ihr auf den Vater, wird in Ergänzung von § 1672 Abs. 1 BGB bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung vorläufig angeordnet, dass das Familiengericht dem Vater auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge überträgt, soweit eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl am besten entspricht.

77

Wegen der getroffenen Übergangsregelung wird davon abgesehen, dem Gesetzgeber eine Frist für die vorzunehmende Neuregelung zu setzen, zumal die Bundesregierung im Verfahren erklärt hat, dass es schon Vorüberlegungen für eine gesetzliche Neuregelung gibt.

IV.

78

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

 

Kirchhof Hohmann-Dennhardt Bryde

Gaier Eichberger Schluckebier

Masing

 

http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20100721_1bvr042009.html

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

So viel Papier wird beim Bundesverfassungsgericht auf Kosten der Steuerzahler beschrieben, für eine Selbstverständlichkeit die schon seit 1949 im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland steht, aber seit 60 Jahren von der Regierung, dem Bundestag, dem Bundesgerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht permanent mit den Füßen getreten wurde.

 

 

Artikel 1 Satz 1 Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

 

Artikel 3 (Gleichheit vor dem Gesetz)

Artikel 3 Satz 2 Männer und Frauen sind gleichberechtigt.

Artikel 3 Satz 3: Niemand darf wegen seines Geschlechts, ... benachteiligt oder bevorzugt werden.

 

Artikel 6 (Ehe und Familie, nichteheliche Kinder)

Artikel 6 Satz 2 Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuförderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

 

 

 


 

 

 

Döring gegen Deutschland

Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 08.07.2010

 

 

CINQUIÈME SECTION

AFFAIRE DÖRING c. ALLEMAGNE

(Requête no 40014/05)

ARRÊT

STRASBOURG

8 juillet 2010

Cet arrêt deviendra définitif dans les conditions définies à l’article 44 § 2 de la Convention. Il peut subir des retouches de forme.

 

En l’affaire Döring c. Allemagne,

La Cour européenne des droits de l’homme (cinquième section), siégeant en une chambre composée de :

Peer Lorenzen, président, 

 Renate Jaeger, 

 Karel Jungwiert, 

 Rait Maruste, 

 Isabelle Berro-Lefèvre, 

 Mirjana Lazarova Trajkovska, 

 Zdravka Kalaydjieva, juges, 

et de Claudia Westerdiek, greffière de section,

Après en avoir délibéré en chambre du conseil le 8 juin 2010,

Rend l’arrêt que voici, adopté à cette date :

PROCÉDURE

1.  A l’origine de l’affaire se trouve une requête (no 40014/05) dirigée contre la République fédérale d’Allemagne et dont un ressortissant de cet Etat, M. Peter Döring (« le requérant »), a saisi la Cour le 14 septembre 2005 en vertu de l’article 34 de la Convention de sauvegarde des droits de l’homme et des libertés fondamentales (« la Convention »).

2.  Le requérant est représenté par Me Rixe, avocat à Bielefeld. Le gouvernement allemand (« le Gouvernement ») a été représenté par son agent, Mme Wittling-Vogel, Ministerialdirigentin au ministère fédéral de la Justice.

3.  Le 3 février 2009, la Cour a décidé de communiquer les griefs tirés du respect de la vie familiale et de la durée de la procédure au Gouvernement. Comme le permet l’article 29 § 3 de la Convention, il a en outre été décidé que la chambre se prononcerait en même temps sur la recevabilité et le fond.

EN FAIT

I.  LES CIRCONSTANCES DE L’ESPÈCE

4.  Le requérant est né en 1956 et réside à Berlin.

5.  Le requérant est le père biologique d’un enfant né (hors mariage) en 1995, dont il a reconnu la paternité. En 1997, les parents se séparèrent. La mère fut investie de l’autorité parentale en l’absence d’une déclaration commune des parents à cet égard. Néanmoins, ceux-ci s’occupèrent de l’enfant en alternance hebdomadaire jusqu’en janvier 2002.

6.  Entre le 8 et le 14 janvier 2002, sans prévenir le requérant, la mère emménagea avec l’enfant chez sa sœur à Spire (Speyer), à environ 650 km de Berlin, au motif que le comportement du requérant aurait été préjudiciable au bien-être de l’enfant.

7.  Les 29 janvier et 1er février 2002, le requérant saisit le tribunal d’instance de Berlin-Pankow-Weißensee d’une demande tendant au retrait de l’autorité parentale à la mère et à l’obtention d’un droit de visite une semaine sur deux et d’un droit de visite provisoire. Le 6 février 2002, le tribunal renvoya l’affaire devant le tribunal d’instance de Spire, qui ouvrit deux procédures, l’une portant sur le retrait de l’autorité parentale à la mère (no 41 F 36/02), l’autre sur le droit de visite (no 41 F 37/02).

...

 

 

 

Döring gegen Deutschland

Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 08.07.2010

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Mit Kind - ohne Trauschein

Mehr Rechte für ledige Väter

Unverheiratete Paare sollen automatisch das gemeinsame Sorgerecht erhalten. Die FDP will, dass dabei auch gegen den Willen der Mutter entschieden werden kann 

VON S. SCHMOLLACK

Geht es nach der FDP, sollen unverheiratete Eltern künftig von Anfang an das gemeinsame Sorgerecht ausüben. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) lässt derzeit Eckpunkte für eine Neuregelung des Sorgerechts prüfen. Bislang haben nur verheiratete Paare automatisch das gemeinsame Sorgerecht. Unverheiratete Paare können es aber beantragen, also gemeinsam erklären. Die Mutter muss dem aber ausdrücklich zustimmen.

Genau das hatte der Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Dezember 2009 kritisiert. Damals hatte in Straßburg ein nichtverheirateter Vater geklagt, weil er jahrelang vergeblich um das Sorgerecht für seine Tochter gekämpft hatte.

Nach dem Urteil des EGMR ist der Gesetzgeber in Deutschland aufgefordert, das bestehende Recht zu reformieren, in Richtung gemeinsames Sorgerecht.

"Dreh- und Angelpunkt aller Überlegungen ist das Wohl der betroffenen Kinder", sagte Leutheusser-Schnarrenberger in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Notwendig sei ein Sorgerecht, bei dem die "Interessen aller Beteiligten angemessen berücksichtigt werden und auch die Väter die Chance haben, das Sorgerecht auszuüben", erklärte die Justizministerin.

Eingebaut werden soll dem Vernehmen nach eine Widerspruchslösung: Sofern die Mutter dem gemeinsamen Sorgerecht nicht widerspricht, soll es beiden Eltern automatisch nach der Geburt des Kindes zugesprochen werden. Hat die Mutter jedoch Einwände, soll ein Familiengericht entscheiden, im Notfall auch gegen den Willen der Mutter.

Ute Granold, CDU-Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte im Bundestag, plädierte dafür, die Hürden nicht zu hoch aufzubauen. "Die häusliche Gemeinschaft sollte keine Vorbedingung für das gemeinsame Sorgerecht sein", sagte sie.

Die familienpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Katja Dörner, sieht in dem FDP-Vorstoß einen Fortschritt. Es müssten jedoch genaue Details des Papiers abgewartet werden, sagte sie zur taz: "Das Vetorecht der Mutter, so wie es jetzt existiert, ist nicht mehr haltbar. Das Kind hat das Recht auf beide Eltern. Daher gibt es keinen Grund, warum verheiratete und unverheiratete Paare beim Sorgerecht unterschiedlich behandelt werden sollten."

Der Verein Väteraufbruch für Kinder begrüßte das Vorhaben. "Die Idee ist richtig, es wird die Elternschaft in den Blick gerückt und nicht die Mutterschaft", sagte Sprecher Rainer Sonnenberger gegenüber der taz. Der Verein plädiert unter anderem dafür, dass Mütter und Väter gemeinsam Eltern bleiben, auch wenn sie sich als Paar trennen.

Was aber passiert, wenn sich Väter nach einer Trennung aus ihrer Verantwortung stehlen? Wenn sie keinen oder zu wenig Unterhalt zahlen? Wenn sie das Umgangsrecht nicht so ausfüllen, wie sie es sollten? Und wenn sie über das gemeinsame Sorgerecht Druck auf die Mutter ausüben? Rainer Sonnenberger: "Wir hoffen, dass mit dem gemeinsamen Sorgerecht Väter nicht nur mehr Rechte bekommen, sondern auch stärker in die Pflicht genommen werden."

25.07.2010

http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/mehr-rechte-fuer-ledige-vaeter/

 

 

 


 

 

 

Sorgerecht

Schwarz-Gelb will Rechte lediger Väter stärken

Unverheiratete Eltern sollen von Anfang an das Sorgerecht gemeinsam ausüben – außer die Mutter ist dagegen.

Mehr Rechte für Väter? Nach der Sommerpause soll eine Lösung im Sinne des Kindeswohls gefunden werden

Die schwarz-gelbe Koalition will laut einem Zeitungsbericht mit einer Reform des Sorgerechts die Rechte lediger Väter stärken. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) lasse derzeit entsprechende Eckpunkte erarbeiten, berichtete die „Passauer Neue Presse“. Die FDP-Bundestagsfraktion plädiere für die sogenannte Widerspruchslösung, sagte ihr Familienrechtsexperte Stephan Thomae der Zeitung. Danach würden unverheiratete Eltern von Anfang an das Sorgerecht gemeinsam ausüben, „es sei denn, die Mutter legt Widerspruch ein und erhält beim Familiengericht Recht“. Im Herbst solle ein entsprechender Gesetzentwurf auf den Weg gebracht werden.

Koalition stehe "zu ihrem Wort"

„Kinder haben einen Anspruch darauf, dass Väter Verantwortung übernehmen und über wichtige Dinge in ihrem Leben mitentscheiden“, sagte der FDP-Politiker Thomae. Die Koalition stehe „zu ihrem Wort, die Situation lediger Väter verbessern zu wollen“.

Die zuständige Berichterstatterin der Union im Bundestag, Ute Granold (CDU), signalisierte Zustimmung für das Vorhaben. „Grundsätzlich spricht nichts gegen eine Widerspruchslösung“, sagte sie der „PNP“. Allerdings müsse der Gesetzgeber „ein genaues Verfahren und Fristen für den Fall festlegen, dass die Mutter zum Antrag des Mannes auf gemeinsames Sorgerecht nicht Stellung nimmt“. Es gehe darum, nicht zu hohe Hürden für das gemeinsame Sorgerecht aufzubauen. „Die häusliche Gemeinschaft sollte keine Vorbedingung für das gemeinsame Sorgerecht sein“, fügte Granold hinzu. Nach der Sommerpause soll demnach eine Lösung im „Sinne des Kindeswohls“ gefunden werden.

AFP/jm

 

http://www.welt.de/politik/deutschland/article8614607/Schwarz-Gelb-will-Rechte-lediger-Vaeter-staerken.html

 

 

 

 

 

Liberale wollen ledige Väter stärken

FDP erarbeitet Eckpunkte für Reform des Sorgerechts

Von Rasmus Buchsteiner

Berlin. Die schwarz-gelbe Koalition will mit einer Reform des Sorgerechts die Rechte lediger Väter stärken. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) lässt nach PNP-Informationen derzeit entsprechende Eckpunkte erarbeiten.

„Kinder haben einen Anspruch darauf, dass Väter Verantwortung übernehmen und über wichtige Dinge in ihrem Leben mitentscheiden. Die Koalition steht zu ihrem Wort, die Situation lediger Väter verbessern zu wollen“, erklärte Stephan Thomae, Familienrechtsexperte der FDP-Bundestagsfraktion, der PNP. Die FDP-Bundestagsfraktion plädiere für die sogenannte Widerspruchslösung. Danach würden unverheiratete Eltern von Anfang an das Sorgerecht gemeinsam ausüben, „es sei denn, die Mutter legt Widerspruch ein und erhält beim Familiengericht Recht“. Im Herbst solle ein entsprechender Gesetzentwurf auf den Weg gebracht werden.

Die zuständige Berichterstatterin der Union im Bundestag, Ute Granold (CDU), signalisierte Zustimmung. „Grundsätzlich spricht nichts gegen eine Widerspruchslösung. Aber wir müssen auch ein genaues Verfahren und Fristen für den Fall festlegen, dass die Mutter zum Antrag des Mannes auf gemeinsames Sorgerecht nicht Stellung nimmt“, erklärte Granold der PNP. Es gehe darum, nicht zu hohe Hürden für das gemeinsame Sorgerecht aufzubauen. „Die häusliche Gemeinschaft sollte keine Vorbedingung für das gemeinsame Sorgerecht sein“, sagte Granold. Nach der Sommerpause solle eine Lösung gefunden werden.

Der rechtspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Christian Ahrendt, erklärte, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe im vergangenen Jahr klare Vorgaben für eine Neuregelung des gemeinsamen Sorgerechts bei nichtverheirateten Paaren gemacht. „Was wir nun brauchen, ist eine einfache und der modernen Beziehungsform angepasste Regelung“, sagte Ahrendt. Wenn der Vater die Vaterschaft anerkenne, solle er auch die gemeinsame Sorge für das Kind erhalten, wenn die Mutter nicht widerspreche. In Streitfällen müsse das Gericht „im Sinne des Kindeswohls entscheiden“.

vom 24.07.2010

http://www.pnp.de/nachrichten/artikel.php?cid=29-28910613&Ressort=pol&Ausgabe=a&RessLang=&BNR=0

 

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

Dass was die FDP hier endlich auf den Weg zu bringen scheint, die Beendigung der sorgerechtlichen Diskriminierung nichtverheirateter Väter und ihrer Kinder haben die rotgrünlackierten Familienfaschisten (SPD, PDS - Die Linke, Grüne), die von sich gebetsmühlenartig und pharisäerhaft behaupten, sie wären für die Gleichberechtigung der Geschlechter, jahrzehntelang hintertrieben. Pfui Deibel.

 

 

 

 


 

 

Netzpolitik Piratenpartei fordert Autonomie fürs Internet

Das Netz braucht andere Regeln meint die Piratenpartei und stellt eigene Thesen auf. Die 14 Thesen des Bundesinnenministers zur Netzpolitik würden eine politische Klasse vertreten, die sich in der Informationsgesellschaft nicht wohl fühle.

Die Piratenpartei will das Internet als einen autonomen Bereich der Gesellschaft verankern. Die Partei, die bei der Bundestagswahl 2009 einen Stimmenanteil von 2,0 Prozent erzielte, stellte am Dienstag in Berlin zehn Thesen zur Netzpolitik vor. Diese beschreiben das Netz als eine eigenständige Welt, die „andere Regeln“ brauche.

Die „Piraten“ kritisierten die im Juni vorgestellten 14 Thesen des Bundesinnenministeriums zur Netzpolitik. Bundesinnenminister Thomas de Maizière vertrete eine politische Klasse, die „sich in der Komplexität einer Informationsgesellschaft nicht wohl fühlt und das Rad am liebsten zurückdrehen würde“, sagte der Geschäftsführer der Piratenpartei Deutschland, Christopher Lauer.

„Das Netz spiegelt die reale Welt, doch es ist von anderer Natur“, lautet die vierte These der „Piraten“. „Gesetze der realen Welt dürfen nicht einfach auf das Netz angewendet werden.“ Der Staat dürfe nicht zerstörerisch einwirken, sagte Lauer. Zwar müsse Kriminalität im Internet bekämpft werden. Es gebe aber keinen Grund für neue Straf- und Sicherheitsgesetze. „Netzpolitik gehört in die Hand der Netzbürger“, heißt es zur dritten These. Nur wer im Netz lebe, könne die passenden Regeln dafür machen.

Allerdings verlangt die Partei, das Internet müsse „oberste politische Priorität“ haben. Dazu gehöre es auch, ein „Recht auf Netzzugang“ als Menschenrecht zu verankern und in die Verfassung aufzunehmen. Lauer forderte, dass es endlich eine flächendeckende Versorgung mit schnellen Breitband-Zugängen geben müsse. Auch Hartz-IV-Empfänger sollen nach dem Willen der Partei Anspruch auf einen PC mit Internet-Zugang haben.

Das Internet und die Zukunft der digitalen Gesellschaft sind auch Gegenstand von Beratungen einer Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags. Die jeweils 17 Abgeordneten und Sachverständigen der Kommission sollen bis Sommer 2012 Ergebnisse und Handlungsempfehlungen vorlegen. Dpa

21.07.2010 13:49 Uhr

http://www.tagesspiegel.de/medien/digitale-welt/piratenpartei-fordert-autonomie-fuers-internet/1888014.html;jsessionid=F51E8F82BCF37CCC15AF1CA01720C0F1

 

 


 

 

1. Bayerischer Familienrechtstag am 8.07./9.07.2010 in Wildbad Kreuth

Am 8.07./ 9.07.2010 findet in Wildbad Kreuth der 1. Bayerische Familienrechtstag statt. Es handelt sich um eine interdisziplinäre Expertentagung, die künftig alle 2 Jahre stattfinden wird.

Kongressthema ist dieses Mal „9 Monate FamFG im Spannungsfeld zwischen Familiengericht, Anwaltschaft und Jugendhilfe“. Der 1. Bayerische Familienrechtstag wird von der Hanns-Seidl-Stiftung in Kooperation u.a. mit dem Münchner Runden Tisch Trennung und Scheidung und dem Deutschen Familiengerichtstag veranstaltet.

 

Es wird u.a. Vorträge von Prof. Dr. Walper (LMU München), Dr. Götz (OLG München), Dr.

Fichtner (GWG) und Dr. Meysen (DIJuF) und eine Anwaltspodiumsdiskussion zum Thema

„Familienrecht light ?- Auswirkungen des FamFG auf die Tätigkeit des Familienrechtsanwalts“

geben. Außerdem stehen mehrere Workshops zur Wahl, u.a. zur Vermögensauseinandersetzung außerhalb des Güterrechts, zu den Grenzen des Umgangs und zur Stellung des Kindes im familiengerichtlichen Verfahren.

Die Anmeldungen sind direkt an die Hanns-Seidl-Stiftung zu faxen. Die Teilnehmerzahl ist für die Anwälte auf 25 aus ganz Bayern begrenzt. Die Reihenfolge der Anmeldung entscheidet, wer einen Platz erhält.

 

http://www.rak-muenchen.de/fileadmin/downloads/06-Mitgliederservice/04-Mitteilungsblatt%20Newsletter/02-Newsletter/2010/04-10.pdf?PHPSESSID=2lr7n88hhac2umo2236e7rq596

 

 


 

 

 

 

 

TV-Tipp 19.07.2010 SAT1 "Der fremde Papa"

 

http://www.wer-kennt-wen.de/event/show/3v518rc5

 

Für alle Leute > Sonstiges

Event: FOCUS TV Reportage "Der fremde Papa"

19.07.10, 23:00 Uhr

Ende: 19.07.10, 23:30 Uhr

FOCUS TV Reportage „Der fremde Papa - wie ledige Väter um ihre Kinder kämpfen“ am Montag, den 19. Juli 2010, um 23.00 Uhr in SAT.1

Einer der gezeigten 3 Väter ist MIKE HEESE, dessen Kampf gegen Windmühlen bei wkw in seiner Gruppe "Die Deadline!" seit Jahren mitverfolgt werden kann.

Auszug aus dem Pressetext von SAT1:

Sie fühlen sich wie Väter 2. Klasse: entsorgt, abgeschoben und machtlos. Denn wenn die Mutter nicht will, haben Väter ohne Trauschein in Deutschland keine Chance auf das gemeinsame Sorgerecht. Selbst regelmäßige Treffen mit dem eigenen Nachwuchs sind für

ledige Väter keine Selbstverständlichkeit.

Ihr Engagement erscheint ihnen wie ein Einsatz auf verlorenem Posten: Von den Behörden und der Rechtsprechung diskriminiert, von den Jugendämtern abgeschrieben.

Die FOCUS TV Reportage begleitet drei Väter, die um ein Leben mit ihren Kindern kämpfen.

Homepage: http://www.wer-kennt-wen.de/...

 

 


 

 

 

Kurzinfo über eine neues Buch

Otto Zsok

Eine stolze Religionslehrerin

Eine romanhafte Erzählung

mit Bildern und Illustrationen

Thalhofen, Bauer-Verlag: Juli 2010, 120 Seiten, Euro 13,50 (mit Porto 15,00 Euro)

ISBN 978-3-941013-42-1

Gloria Echt-Weise ist Religionslehrerin. Evangelisch. Eine starke Frau. Und eine allein erziehende Mutter. Seit zehn Jahren genießt sie voll ihre mütterlichen Rechte über „ihren“ Sohn und den Triumph über den ausgeschlossenen Vater.

Am 3. Dezember 2009 hört sie in den Abendnachrichten: „Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat das Sorgerecht lediger Väter in Deutschland gestärkt“. Diese Nachricht beunruhigt sie. Gloria realisiert, dass die von ihr als abgeschlossen geglaubte Vergangenheit auferstehen könnte.

Den Vater „ihres“ Sohnes toleriert sie neben sich nicht. Sie hat ihre Gründe dafür. Wie ihr ambivalentes Verhalten entsteht, schildert die romanhafte Erzählung in gedrängter Form. Innen- und Außenperspektiven wechseln sich ab. Die Geschichte wirkt phasenweise wie eine skizzenhafte, aber sehr subtile Charakterstudie. Vor den Augen des Lesers entfaltet sich die eigenartige Seelen- und Gefühlslandschaft einer Persönlichkeit, die stets nach Authentizität strebt.

 

Otto Zsok, Jahrgang 1957, Vater eines Sohnes, lebt in Fürstenfeldbruck. Doktor der Philosophie. Dozent für Logotherapie und Existenzanalyse und Autor von 20 Büchern. Siehe: www.logotherapie.de

Er veröffentlichte zum Thema »Eltern-Kind-Entfremdung« noch folgende Bücher:

Das Rätsel, das aus Kinderaugen fragt. Die Lehre vom Geistes-Menschen nach Texten von Viktor Frankl und Bô Yin Râ, hrsg. v. Otto Zsok und Rita Briese, München: Profil Verlag 2000, 90 Seiten, Euro 17

Ich bin es, Dein Vater! Briefe an meinen 15-jährigen Sohn. Tagebuchaufzeichnungen, EOS-Druck, St. Ottilien, September 2008, 188 Seiten (mit 71 Fotos), Euro 18,50

Weil die Mutter es nicht wollte ... Wie ein Kind zum „Halbwaisen“ gemacht wurde. Dokumentation einer Entfremdung zwischen Vater und Sohn. Thalhofen: Bauer-Verlag, Juni 2009, 193 Seiten, Euro 18,50

Weil der Vater es nicht wollte ... Wie Alexander auf seine Mutter und die Mutter auf ihren Sohn verzichten musste. Dokumentation einer Entfremdung zwischen Mutter und Sohn. Thalhofen: Bauer-Verlag, November 2009, 129 Seiten, Euro 18,50

Eltern-Kind-Entfremdung – und was danach? Psychogramm des entfremdenden Elternteils, Thalhofen: Bauer-Verlag, Februar 2010, 209 Seiten, Euro 18,50

Zu bestellen bei: otto@zsok.de

 

 


 

 

Initiative vermittelt Übernachtungsmöglichkeiten für getrennt lebende Eltern

Seit über einem Jahr gibt es die Aktion „Mein Papa kommt“. Sie vermittelt Gastgeber in ganz Deutschland, die kostenlose Übernachtungsmöglichkeiten für Väter, und natürlich auch für Mütter, anbieten, die von ihren Kindern getrennt in einem anderen Ort wohnen und diese besuchen wollen. Initiiert wurde die Aktion von der Beauftragten für Alleinerziehende im Dekanat München und Kirchenkreis Oberbayern, der Religionspädagogin Annette Habert.

Ursprünglich für Väter geplant, die ihre Kinder in München besuchen wollen, wird das Angebot mittlerweile von Alleinerziehenden aus 56 Städten in ganz Deutschland, aber auch Zürich, Wien, Strassburg oder Madrid angenommen. Die Hauptzielgruppe sind Väter, aber auch Mütter und sogar Großeltern, die den Kontakt zum Enkelkind nach der Scheidung halten wollen, wurden bereits vermittelt.

Gastgeber gibt es derzeit in 42 Orten ganz Deutschlands, in München beteiligt sich sogar ein Hotel, das pro Monat zwei Übernachtungen für das Projekt „mein Papa kommt“ anbietet. Derzeit fehlen vor allem noch in den Großstädten wie in Berlin Gastgeber.

Für Elternteile, die den Vermittlungsservice in Anspruch nehmen möchten, ist eine einmalige Registrierung nötig. Diese erfolgt über die Homepage. Zudem muss aus Sicherheitsgründen eine aktuelle Meldebestätigung und eine amtlich beglaubigte Kopie des Personalausweises oder Reisepasses eingesandt werden. Nach der Bestätigung ist alles ganz einfach. Sobald ein Besuchstermin geplant ist, kann der besuchende Vater oder die Mutter auf der Homepage eine Terminanfrage starten und „mein Papa kommt“ sucht einen Gastgeber, der möglichst in der Nähe des Kindes wohnt. Die Übernachtung ist kostenlos.

Zukünftige Gastgeber registrieren sich ebenfalls über die Homepage. Per E-Mail erhalten sie dann nach der Bestätigung mögliche Anfragen nach Übernachtungen. Damit die Gastfreundschaft nicht über strapaziert wird, gibt es klare Regeln: Pro Termin sind es maximal zwei Übernachtungen, Ankunft am Abend und Abreise gegen 9.00 Uhr morgens. Der Besucher verpflichtet sich, auf Alkohol- und Tabakkonsum während seines Aufenthalts zu verzichten. Das Wichtigste aber ist: Die Begegnung mit den Kindern findet nicht bei den Gastgebern statt. „Wir wollten mit diesen Regeln einen äußeren Rahmen der Gastfreundschaft schaffen, durch den beide Parteien wissen, worauf sie sich einlassen. Gerade dem Gastgeber soll er eine gewisse Sicherheit vermitteln, daher auch die Meldebescheinigung und der Ausweis für die Besucher“, sagt Annette Habert, Beauftragte für die Arbeit mit Alleinerziehenden im Dekanat München. Rückmeldungen von beiden Beteiligten über die Zufriedenheit können an die Koordinationsstelle gegeben werden.

In Deutschland wird mittlerweile jede zweite Ehe geschieden und etwa die Hälfte der Paare hat minderjährige Kinder. Die überwiegende Zahl der Kinder bleibt bei der Mutter. Doch es gibt auch alleinerziehende Väter. „Kinder lassen sich nicht scheiden“, so Annette Habert. „Sie brauchen auch nach der Trennung Mutter und Vater.“ Doch wenn der Unterhalt für die Kinder gezahlt ist, bleibt oft für Reisen zu den Kindern nicht mehr viel Geld übrig, auch wenn die Sehnsucht noch so groß ist. Gerade in Großstädten wie München oder Berlin ist es besonders schwer, eine günstige Unterkunft zu finden.

Weitere Informationen unter www.mein-papa-kommt.de

Quelle: Presseinformation Beauftragte für die Arbeit mit Alleinerziehenden im Dekanat München und Kirchenkreis München-Oberbayern vom 21.7.2010

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

Eine gute Idee aus dem Dekanat München und Kirchenkreis München-Oberbayern wenn es um Eltern geht, die mehr oder weniger freiwillig weit entfernt voneinander liegende Wohnorte gewählt haben.

Doch leider finden in Deutschland jedes Jahr mit staatlicher Billigung und Unterstützung Tausende innerdeutscher Kindesentführungen statt, meist sind es die Mütter die die Kinder an weit entfernt liegende Orte entführen. Doch statt diese nun für dieses kriminelle Verhalten zu sanktionieren, belohnt der deutsche Staat die Entführung durch die Zuerkennung von Zuschlägen bei den Sozialleistungen und der Vater dem die Kinder entzogen wurden, wird von den Jugendämtern in die Mangel genommen, um aus ihm Kindesunterhalt herauszupressen, für eine Situation, die ihm aufgenötigt wurde. Das ist die hässliche Seite von Deutschland - Pfui Deibel.

 

 

 

 


 

 

 

Bad Honnef: Gefesselt und misshandelt von den eigenen Pflegeeltern

Bad Honnef Die neunjährige Anna ist nach Aussage ihres Pflegevaters über Monate immer wieder mit Klebeband gefesselt worden: Nach offensichtlichen Misshandlungen mit Todesfolge des Mädchens aus Bad Honnef haben die Ermittler am Samstag Haftbefehl gegen die Pflegeeltern (beide 51) beantragt. dpa

Martyrium in der Pflegefamilie: Nach dem Tod der neunjährigen Anna hat der Pflegevater (51) im Polizeiverhör grausame Misshandlungen gestanden. Das Mädchen sei in den vergangenen drei Monaten immer wieder mit Klebeband gefesselt worden. Es habe sich um eine „Erziehungsmaßnahme“ gehandelt, wenn das Kind beim Essen oder Baden „bockig“ und aggressiv war, sagte der Mann nach einer Mitteilung von Staatsanwaltschaft und Polizei Bonn vom Samstag. Das Amtsgericht Bonn erließ Haftbefehl gegen die Pflegeeltern aus Bad Honnef. Auch die Frau (51) hat die Fesselungen zumindest teilweise eingeräumt.

Das Mädchen, das seit zwei Jahren bei dem Paar lebte, war mit zahlreichen Hämatomen am Donnerstagabend bewusstlos in der Badewanne gefunden worden und später im Krankenhaus gestorben. Die Obduktion ergab Tod durch Ertrinken. Der Haftbefehl lautet auf Körperverletzung mit Todesfolge, mehrfachen Missbrauch von Schutzbefohlenen und Freiheitsberaubung.

In ersten Befragungen hatten die Pflegeeltern von Selbstverletzungen und Stürzen des Kindes gesprochen und damit versucht, die vielen blauen Flecken zu erklären. Bei der Vernehmung am Samstag gestand der Pflegevater dann die schrecklichen Taten: Mehrfach sei Anna vorübergehend für einige Minuten mit dem Klebeband gefesselt worden, räumte der 51-Jährige ein, nachdem ihn die Ermittler mit Klebeband-Funden in der Wohnung konfrontiert hatten.

Zu solchen Fesselungen kam es auch am vergangenen Donnerstag, dem Tattag: Erst zum Essen und später zum Baden wurden Hände und Füße des Mädchens zusammengeklebt, wie Polizei und Staatsanwaltschaft weiter mitteilten. Als die Neunjährige in der Badewanne aufbegehrt habe, sei das Kind unter Wasser gedrückt worden. Die Pflegemutter bestritt nach Polizeiangaben jegliche Gewalt gegen das Kind im Bad. Als das Mädchen bewusstlos wurde, hätten die Pflegeeltern den Notarzt verständigt und versucht, das Kind wiederzubeleben.

Die Stadt Königswinter hatte bereits am Freitag eine interne Untersuchung eingeleitet. Ergebnisse würden frühestens in den kommenden Tagen erwartet, sagte ein Stadtsprecher am Sonntag. Die Ermittlungen würden in enger Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft geführt. Noch am Freitag hatte der Bürgermeister von Königswinter, Peter Wirtz, gesagt, dass es in der Vergangenheit keinen Anlass gegeben habe, das Kind aus der Pflegefamilie herauszunehmen.

25.07.2010 15:40 Uhr

http://www.ruhrnachrichten.de/nachrichten/region/hierundheute/heute/art94547,977788

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

Da wurden wohl beide Augen doll zugedrückt in Königswinter. Kaum vorstellbar, dass die Lehrer an der Schule des Kindes nichts mitbekommen haben.

Da hätte man das Kind lieber in der Herkunftsfamilie lassen sollen. Aber das wollte man im Jugendamt Königswinter wohl nicht. Am Ende waschen wie gewohnt alle offiziellen Mitarbeiter ihre Hände in Unschuld, getreu dem Motto, wir sind die guten, die Bösen sitzen draussen.

 

 

 

 

 


 

 

 

Grundrechte-Report 2010

Zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland

hrsg. von T. Müller-Heidelberg, U. Finckh, E. Steven, K. Schubert, M. Pelzer, A. Würdinger, M. Kutscha, R. Gössner und U. Engelfried.

Redaktion: Ulrich Engelfried, Ulrich Finckh, Heiko Habbe, Pascal Hase, Martin Heiming, Till Müller-Heidelberg, Marei Pelzer, Karen Schubert, Eckart Spoo, Elke Steven

Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, Mai 2010, ISBN 978-3-596-18678-5, 280 Seiten, 9.95 €

Ein Projekt der Humanistischen Union, der Gustav Heinemann-Initiative, des Komitees für Grundrechte und Demokratie, des Bundesarbeitskreises Kritischer Juragruppen, von Pro Asyl, des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins, der Vereinigung demokratischer Juristinnen und Juristen, der Internationalen Liga für Menschenrechte und der Neuen Richtervereinigung

 

Inhaltsverzeichnis

 

Vorwort der Herausgeber

Matthias Mahlmann: Einführung: Recht und Gleichheitskultur

 

Die Würde des Menschen ist unantastbar (Art. 1 I)

Heike Kleffner: Kein humanitäres Bleiberecht für Opfer rassistischer Gewalt

 

Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit (Art. 2 I)

Thilo Weichert: ELENA - nicht schöne Göttin, sondern Einkommensdatenmonster

Max Stadler: Vertrauensverlust durch Internet-Zugangssperren

Thilo Weichert: SWIFT: Europa »befreit« Banktransaktionsdaten vom Grundrecht auf Datenschutz

Wilhelm Achelpöhler: Wenn sich der Rechtsstaat vermummt. Videoüberwachung von Demonstrationen

Carsten Gericke: Im Niemandsland zwischen Repression und Prävention. Polizeiliche Videoüberwachung in Hamburg

Till Müller-Heidelberg: Selbstbestimmung auch am Lebensende.

 

Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 II)

Ulrich Finckh: Zwei Bomben zu viel

Bernd Mesovic: Feuertod im Polizeigewahrsam. Bundesgerichtshof verhindert endgültige Kapitulation des Rechtsstaates

Constantin Hruschka: Freizügigkeitsrecht - zur Rechtmäßigkeit der Residenzpflicht und der Anordnung von Wohnsitzauflagen

Ulrich Engelfried: Macht der Gewohnheit, alltäglicher Skandal? Fixierungsmaßnahmen in Pflegeheimen

Rolf Gössner: Gefährliche Polizeiwaffe. Stählerner Teleskopschlagstock mit durchschlagender Wirkung

 

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich (Art. 3)

Annett Mängel: Ständische Schule. Fortwährende Ungleichheit durch das gegliederte Schulsystem

Ulrich Finckh: Toleranz auf Hessisch. Keine staatliche Neutralität in Glaubensfragen

Heiner Bielefeldt/Torsten Jäger: Islamfeindlichkeit und Diskriminierung von Muslimen

 

Die Freiheit des Glaubens und des Gewissens ist unverletzlich (Art. 4 I)

Till Müller-Heidelberg: Auch Arbeitslose dürfen den Glauben verlieren

 

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern (Art. 5 I, II)

Uli Röhm: Brutalstmögliche« parteipolitische Einflussnahme. Der Rauswurf des ZDF-Chefredakteur Brender

Alain Mundt: Journalistenüberprüfungen bei internationalen Gipfeltreffen

 

Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung (Art. 6 I)

Anna Lübbe: Kein Besuch zwecks Spracherwerbs Verhinderung des Ehegattennachzugs verfestigt

Ulrich Engelfried: »Eine Mischung aus medizinischer Wichtigtuerei, Sturheit und Hexenjagd«. Staatliche Kindeswohlgefährdung

Hendrik Cremer: Der deutsche »Ausländervorbehalt« zur Kinderrechtskonvention

 

Alle Deutschen haben das Recht, sich zu versammeln (Art. 8 I, II)

Peer Stolle: »Auf Abstand, Clowns«. Zum polizeilichen Umgang mit der Clowns-Army bei Versammlungen

Anna Luczak: Freizügigkeit nicht für Linke. Aus- und Einreiseverbote bei internationalen Protesten

Elke Steven: Wider staatliche Einschüchterungsstrategien. Bundesverfassungsgericht rügt bayerischen Versammlungsgesetzgeber

Elke Steven: Illegale Haft erfordert spürbare Konsequenzen

 

Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden (Art. 9 III)

Dieter Hummel: Scheingewerkschaften

 

Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich (Art. 10 I, II)

Hannes Honecker: Sagen Sie jetzt nichts! Über das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis und den Einsatz staatlicher Verdachtschöpfungsgehilfen

 

Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen (Art. 12)

Rolf Gössner: Kein Betriebsunfall. Schadensersatz für schuldhaft rechtswidriges Berufsverbot

 

Männer können zum Dienst in den Streitkräften verpflichtet werden (Art. 12a)

Ralf Siemens: Wehrpflicht-Willkür bleibt unangetastet. Bundesverfassungsgericht verweigert die Überprüfung

 

Die Wohnung ist unverletzlich (Art. 13 I-IV, VI, VII)

Anne Allex: Unerbetener Besuch vor der Wohnungstür. Schnüffelexzesse von »Hartz IV-Ermittlern«

 

Politisch Verfolgte genießen Asylrecht (Art. 16a)

Marei Pelzer: Abschiebungen von Asylsuchenden nach Griechenland

Sönke Hilbrans: Asyl unter »Terrorismusvorbehalt«. Vermehrter Entzug des Flüchtlingsschutzes

 

Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen (Art. 19 IV)

Hartwig Hohnsbein: Der Rechtsweg ist ein wenig sicherer geworden

Hans-Ulrich Weth: Weniger Rechtsschutz für Arme?

 

Die Bundesrepublik ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat (Art. 20 I)

Martin Singe: Schäbiger Arbeitgeber Sozialstaat. Keine Rentenversicherung für Gefangene

Hubert Heinhold: Der allmächtige Golem. Lagerunterbringung in Bayern verletzt sozialstaatliche Grundsätze

 

Die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 III)

Ralf Ritter: Die große Kronzeugenregelung

Eckart Spoo: Vertrauen statt Kontrolle. Geheimdienste erhalten Verfassungsrang

Moritz Assall: Spitzel wider Willen. In Hamburg arbeiten Ausländerbehörde und Verfassungsschutz offensichtlich Hand in Hand

Udo Kauß: Abschied vom einfachen Feindbild. Die Urteile in Sachen Ramelow gegen Bundesamt für Verfassungsschutz

Hartmuth H. Wrocklage: Sichert die Grundrechte: Schafft unabhängige Polizeibeauftragte in Bund und Ländern

 

Die Bundesrepublik wirkt bei der Entwicklung der Europäischen Union mit (Art. 23 I)

Matthias Lehnert: »Menschenrechte für Nichtdeutsche? Wenn möglich.«. Atomkritiker wird Einreise nach Deutschland verwehrt

Till Müller-Heidelberg: Blüten der europäischen Sicherheitspolitik. Tennisschläger verboten - aber geheim

 

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes (Art. 25)

Martin Kutscha: Völkerrecht, auf den Kopf gestellt. Das Bundesverwaltungsgericht billigt Studiengebühren

 

Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen (Art. 33 II, III)

Theodor Ebert: Konkordatslehrstühle - oder wie die bayerische Justiz mit einem Kirchenprivileg umgeht

 

Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen (Art. 97 I)

Mario Cebulla/Christine Nordmann: Endet der Rechtsstaat, wo die Wehrdisziplin beginnt? Zur Realität von Gewaltenteilung und richterlicher Unabhängigkeit in Deutschland

 

Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 I)

Thomas Schulte-Kellinghaus: Der NATO-Gipfel in Baden-Württemberg. Freiheitsentziehungen und Aufhebung der Gewaltenteilung

 

Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war (Art. 103 II, III)

Jens Puschke: Anti-Terrorcamp-Gesetzgebung Die endgültige Abkehr von einem rechtsstaatlichen Bürgerstrafrecht

Stephan Nagel: Die Stadt gehört allen. »Randgruppenparagraph« erfolgreich angefochten

 

Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes beschränkt werden (Art. 104 I, II)

Till Müller-Heidelberg: Kampf ums Recht - Kampf gegen die Umgehung des Richtervorbehalts

Helmut Pollähne: Nicht locker(n) lassen. Wider die lebenslange Freiheitsstrafe

Andreas Fischer-Lescano/Lena Kreck: »Guantánomo auf See«. Einsatz gegen Piraterie

 

Anhang

*

Bürger- und Menschenrechtsorganisationen in Deutschland (Auswahl)

*

Kurzporträts der herausgebenden Organisationen

*

Autorinnen, Autoren und Redaktion

*

Abkürzungen

*

Sachregister

 

 

http://www.grundrechte-report.de/2010/inhalt/

 

 


 

 

Das neue P-Konto (Pfändungsschutzkonto)

Sparschwein, das ein Schloss im Maul hält - ©iStockphoto.com/f_

Das Girokonto ist Voraussetzung für die Teilnahme am Wirtschaftsleben. Nach früherer Rechtslage führte die Pfändung eines Girokontos zur kompletten Blockade. Zahlungsgeschäfte des täglichen Lebens wie die Begleichung von Mieten, Energiekosten oder Versicherungen konnten nicht mehr über das Konto abgewickelt werden.

Beim neuen P-Konto bleibt den Schuldnerinnen und Schuldnern die Möglichkeit, während einer Kontopfändung über den unpfändbaren Teil ihrer Einkünfte zu verfügen und so weiter am Wirtschaftsleben teilzunehmen.

Die Reform ist am 1. Juli 2010 in Kraft getreten. Ab diesem Tage kann jeder Inhaber eines Girokontos von seiner Bank oder Sparkasse die Umwandlung in ein P-Konto verlangen. Das gilt auch für bereits gepfändete Konten.

Der Kontopfändungsschutz beim P-Konto dient der Sicherung einer angemessenen Lebensführung des Schuldners und seiner Unterhaltsberechtigten. Automatisch besteht auf dem P-Konto zunächst ein Pfändungsschutz für Guthaben in Höhe des Grundfreibetrages von derzeit 985,15 Euro je Kalendermonat. Dieser Basispfändungsschutz kann unter bestimmten Voraussetzungen erhöht werden, zum Beispiel wegen Unterhaltspflichten des Schuldners: Der Basispfändungsschutz erhöht sich um 370,76 Euro für die erste und um jeweils weitere 206,56 Euro für die zweite bis fünfte Person. Kindergeld oder bestimmte soziale Leistungen werden zusätzlich geschützt. In der Regel genügt ein Nachweis bei der Bank. In besonderen Fällen, z.B. wegen außerordentlicher Bedürfnisse des Schuldners aufgrund Krankheit, kann der pfandfreie Guthabenbetrag vom Vollstreckungsgericht oder bei der Vollstreckungsstelle des öffentlichen Gläubigers (Finanzamt, Stadtkasse) individuell angepasst werden.

Das P-Konto nützt nicht nur Schuldnerinnen und Schuldnern, sondern wirkt sich auch positiv auf die Belange der Gläubiger aus. Denn wer weiter arbeiten gehen und mit seinen pfandfreien Einkünften wirtschaften kann, wird am Ende auch seine Schulden tilgen können. Weil die Verwaltung von Kontopfändungen beim P-Konto weniger aufwändig und bürokratisch ist, profitieren überdies Banken und Sparkassen von der Neuregelung.

http://www.bmj.bund.de/enid/Verbraucherschutz/Reform_der_Kontopfaendung_1cg.html

 

 

 


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