Väternotruf

1998


 

 

 


"Kindesentführung: Ins Ausland verboten - im Inland erlaubt?"

 

Werner Gutdeutsch, Richter am OLG München und Rechtsanwalt Jürgen Rieck, München

in: "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht" Heft 23 / 1998, S. 1488-1491

 

Zitat: "Wenn ein Sorgeberechtigter unter Beeinträchtigung des Sorgerechts des Partners das Kind mitnimmt, fehlt es am Strafrechtstatbestand. Der Frau wird deshalb meist geraten, im Fall eines Auszugs aus der Ehewohnung die Kinder mitzunehmen. ..."

Die Autoren schlagen eine Neuregelung vor: "Das Kindesentführungsabkommen ist über §1532 I  BGB auch auf entsprechende Sorgerechtsverletzungen im Inland anzuwenden, insbesondere in dem Fall, daß ein Elternteil ohne Zustimmung des anderen bei der Trennung die Kinder mitnimmt, obgleich die Betreuung der Kinder auch in der Wohnung möglich ist, und wenn ein Mitsorgeberechtigter sein Kind nach Ablauf des vereinbarten Umgangsrechts nicht zurückgibt."

 

 


 

 

"Schadensersatz für Kindesunterhalt. Zur familien- und schadensrechtlichen Verantwortlichkeit der Mutter in ehe und nichtehelicher Lebensgemeinschaft"

Benedikt Wanke, Schriften zum bürgerlichen Recht, Bd. 215, Verlag Duncker & Humblot, Berlin 1998, 326 S., 98 DM

 

Behandelt werden in der Dissertation zum einen die Fälle  der sogenannten "Kindesunterschiebung", d.h. die Mutter verschweigt ihrem Partner, das das von ihm unterhaltene Kind von einem anderen Mann gezeugt ist und zum anderen die Fälle, bei denen die Mutter die gemeinsam mit dem Mann vereinbarte Familienplanung unterläuft, indem sie heimlich von den absprachegemäß übernommenen Verhütungsmaßnahmen Abstand nimmt.

 

gefunden 2011: Uni-Bibliothek Bochum

 

 

 

 

 


 

 

OLG Hamm - BGB §§ 1779 II, 1791b I, 1887; FGG §§ 12, 50

(15. ZS, Beschluß v. 01.12.1998 - 15 W 339/98)

 

1. Zu den Voraussetzungen der Entlassung des Amtsvormundes gemäß § 1887 BGB, wenn Großeltern die Vormundschaft für ihr bei Pflegeeltern lebendes Enkelkind anstreben.

2. Der nach der Neufassung des § 1779 II BGB durch das KindRG bei der Auswahl des Vormundes zu berücksichtigende mutmaßliche Elternwille ist jedenfalls dann nicht bindend, wenn das Kindeswohl mit der Bestellung gefährdet würde. Sind Großeltern i. S. von § 1779 II BGB geeignet, haben sie einen verfassungsrechtlich begründeten Vorrang vor Dritten, selbst wenn diese das Kindeswohl besser fördern könnten.

3. Für das bei einem Aufenthaltswechsel des Kindes von Pflegeeltern zu seinen Großeltern hinzunehmende Risiko ist der Maßstab anzulegen, den das BVerfG (FamRZ 1989, 31 ff.) bei einem Wechsel aus der Pflegefamilie zu seinen Eltern oder Adoptiveltern anlegt, da Großeltern jedenfalls dann zur Familie zählen, wenn die leiblichen Eltern nicht in der Lage sind, ihre Elternverantwortung auszuüben.

4. Die Frage, ob durch die beabsichtigte Herausnahme des Kindes aus dem Haushalt der Pflegeeltern die Gefahr schwerwiegender Entwicklungsstörungen zu besorgen ist, ist durch Sachverständigengutachten zu klären (§ 12 FGG). Der persönliche Eindruck des Berichterstatters bei der Anhörung des Kindes und eines Pflegeelternteils reicht nicht aus.

5. Dem Kind ist gemäß § 50 FGG ein Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn Gegenstand des Verfahrens auch die Wegnahme des Kindes von der Pflegeperson ist und eine Interessenvertretung durch das Jugendamt im Hinblick auf dessen Bestellung zum Vormund nicht gewährleistet ist.

6. Ein im Rahmen einer weiteren Beschwerde gestellter Antrag auf Feststellung einer unangemessen langen Verfahrensdauer der Vorinstanz ist unzulässig, weil das Verfahrensrecht die Feststellung einer zögerlichen Bearbeitung durch das Gericht nicht kennt.

(Leitsätze des Einsenders)

 

 

Aus den Gründen:

I.

Die jetzt fünf Jahre alte I. ging aus der 1992 geschlossenen Ehe der Beteiligten [Bet.] zu 1 und 2 hervor. Die Bet. zu 3 sind ihre Großeltern väterlicherseits.

FamRZ 1999 - Seite 679

Die Bet. zu 1 und 2 sind heroinabhängig. I. und ihr vier Jahre alter Bruder D. wurden in den ersten Monaten und Jahren ihres Lebens mal von den Großeltern mütterlicherseits, mal von den Bet. zu 3 und zwischenzeitlich immer wieder von den Bet. zu 1 und 2 versorgt. Im Juni 1995 trat der Bet. zu 2 eine Therapie an. Er nahm zunächst nur den damals acht Monate alten D. mit in die Therapie; nachdem sich aber herausstellte, daß die Bet. zu 1 aufgrund ihrer Drogenabhängigkeit die Versorgung und Betreuung von I. nicht gewährleisten konnte, wurde auch dieses damals zwei Jahre alte Kind zum Vater in die Therapie gebracht. Im September 1995 brach der Bet. zu 2 die Therapie jedoch wieder ab. Daraufhin brachte das zu 4 bet. Jugendamt [JA] beide Kinder bei der Familie X. in Obhut.

Bei ihrer richterlichen Anhörung v. 5. 10. 1995 sprachen sich die Eltern dafür aus, daß beide Kinder bei den Bet. zu 3 aufwachsen sollen. Das AmtsG holte ein schriftliches Gutachten ein, u. a. zu der Frage, ob eine Erziehung und Versorgung der Kinder durch die Großeltern dem Wohl der Kinder entspreche. Mit Beschluß v. 24. 1. 1996 entzog das AmtsG den Bet. zu 1 und 2 die elterliche Sorge für ihre Kinder und übertrug sie dem JA als Vormund.

Gegen diesen Beschluß legten die Bet. zu 3 Beschwerde ein mit dem Antrag, zu Vormündern ihrer Enkelkinder bestellt zu werden, hilfsweise vorrangig den Großvater zum Vormund zu bestellen.

Eine im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens versuchte einvernehmliche Regelung über die Unterbringung der Kinder scheiterte, nachdem sich eine Unterbringung bei den Pflegeeltern K. nicht realisieren ließ.

Seit dem 1. 5. 1996 ist D. im Haushalt der Bet. zu 3, die vom JA betreut werden, untergebracht. I. befindet sich seit dem 23. 5. 1996 bei der Pflegefamilie W.

Das LG hörte durch die Berichterstatterin als beauftragte Richterin I., die Bet. zu 1 und die Bet. zu 3 persönlich an.

Mit Beschluß v. 20. 7. 1998 änderte es die Entscheidung des AmtsG unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde ab. Es entließ das JA als Vormund für D. und übertrug die elterl. Sorge für D. dem Großvater väterlicherseits als Vormund.

Gegen die Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde richtet sich die weitere Beschwerde der Bet. zu 3.

II.

1. Die weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit sie die Auswahlentscheidung hinsichtlich des Kindes I. betrifft und zur Zurückverweisung der Sache an das LG, weil die Beschwerdeentscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 I FGG) und für eine abschließende Entscheidung noch weitere tatsächliche Ermittlungen erforderlich sind.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der zu 3 bet. Großeltern väterlicherseits ausgegangen. Sie waren nach § 57 I Nr. 9 FGG zur Einlegung der Erstbeschwerde befugt. Es handelt sich um eine die Person des Kindes betreffende Angelegenheit, zu deren Wahrnehmung die Bet. zu 3 als Großeltern ein berechtigtes Interesse haben (vgl. Keidel/Kuntze, FG, Teil A, 13. Aufl., § 57 FGG Rz. 38; Staudinger/Engler, BGB, 12. Aufl., § 1779 Rz. 43, jeweils m.w.N.). Zutreffend hat das LG ausgeführt, daß die sich gegen die Auswahl des Vormunds richtende Beschwerde nach dessen Bestellung mit dem Ziel seiner Entlassung zulässig sei. Die Entlassung des JA als Vormund richtet sich nach § 1887 BGB. Danach hat das VormG das JA zu entlassen und einen anderen Vormund zu bestellen, wenn dies dem Wohl des Mündels dient und eine andere als Vormund geeignete Person vorhanden ist. Darüber hinaus ist anerkannt, daß ein Grund für die Abberufung vorliegt, wenn bei Bestellung des Vormunds gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen worden ist (Senat, FamRZ 1996, 1356, m.w.N.).

In der Sache hält die angegriffene Entscheidung der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil das LG ohne ausreichende Sachaufklärung (§ 12 FGG) entschieden hat.

Ist - wie hier - eine Vormundschaft angeordnet und greifen die gesetzlichen Vorschriften über die Berufung bestimmter Personen als Vormund (§ 1776 BGB) nicht ein, so hat das VormG den Vormund nach § 1779 BGB auszuwählen.

Mit zutreffender Begründung hat das LG angenommen, die Bet. zu 3 seien nicht nach § 1776 BGB zum Vormund berufen, denn eine Berufung i. S. dieser Vorschrift setzt nach § 1777 III BGB eine Benennung durch letztwillige Verfügung voraus. § 1777 BGB läßt also nur eine postmortale Bestimmung der Eltern zu.

Nach § 1779 II BGB soll das VormG eine Person auswählen, die nach ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie den sonstigen Umständen zur Führung der Vormundschaft geeignet ist. Nach der Neufassung der Vorschrift aufgrund des KindRG v. 16. 12. 1997 (BGBl I 2942) sind bei der Auswahl unter mehreren geeigneten Personen der mutmaßliche Wille der Eltern, die Verwandtschaft oder Schwägerschaft mit dem Kind sowie dessen religiöses Bekenntnis zu berücksichtigen. Vorschläge und Wünsche der Eltern sind demnach - jedenfalls dann - nicht bindend, wenn das Kindeswohl mit der Bestellung gefährdet wäre (so zur alten Rechtslage Staudinger/Engler, a.a.O., Rz. 11). Die vorzugsweise Berücksichtigung von Verwandten und Verschwägerten des Kindes ist nach der Rspr. des BVerfG verfassungsrechtlich geboten, sofern keine Interessenkollision besteht oder der Zweck der Fürsorgemaßnahme aus anderen Gründen die Bestellung eines Dritten verlangt (BVerfGE 33, 326). Es gilt auch weithin als Selbstverständlichkeit, daß bei intakten Familien- und Verwandtschaftsbeziehungen Kinder dann, wenn ihre Eltern aus welchen Gründen auch immer als Sorgeberechtigte ausscheiden, von Großeltern oder anderen nahen Verwandten aufgenommen und großgezogen werden, sofern deren Verhältnisse dies ermöglichen. Darin dokumentieren sich gewachsene Familienbeziehungen, Verbundenheit und Verantwortungsbewußtsein. Sind diese Verwandten zur Führung der Vormundschaft geeignet i. S. von § 1779 II BGB, so dürfen sie nicht etwa deswegen übergangen werden, weil ein außenstehender Dritter noch besser dazu geeignet wäre, beispielsweise im Hinblick auf eine optimale geistige Förderung des Kindes.

Andere Personen kommen als Vormund nur in Betracht, wenn ein nach den aufgezeigten Grundsätzen geeigneter Verwandter oder Verschwägerter nicht vorhanden ist. Auch eine Bestellung des JA gemäß § 1791b I BGB ist nur zulässig, wenn eine als Einzelvormund geeignete Person nicht vorhanden ist.

Bei dem Merkmal der "Eignung" i. S. des § 1779 II BGB handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff (vgl. Staudinger/Engler, a.a.O., Rz. 47, m.w.N.). Das bedeutet, daß das Rechtsbeschwerdegericht an die vom Tatrichter rechtlich einwandfrei festgestellten Einzeltatsachen gebunden ist, daß es aber die Subsumtion dieser Tatsachen unter den unbestimmten Rechtsbegriff voll nachzuprüfen hat (Keidel/Kuntze, a.a.O., § 27 FGG Rz. 30).

Im vorliegenden Fall beruht die Annahme des LG, den Bet. zu 3 fehle es an der erforderlichen Eignung zum Vormund, auf der Erwägung, sie seien bestrebt, auch das Enkelkind I. in ihrer Familie aufzunehmen, und es sei nicht auszuschließen, sondern zu erwarten, daß hierdurch das Kindeswohl gefährdet werde. Nicht zu beanstanden sind insoweit die Feststellungen des LG, I. habe in den ersten drei Lebensjahren nicht die erforderlichen haltgebenden und stabilisierenden Bindungen entwickeln können, weil sie von ständig wechselnden Bezugspersonen betreut worden sei . . . [wird ausgeführt] . . . Dies habe, wie das LG weiter überzeugend ausführt, bei dem Kind zu erheblichen Verhaltensstörungen in Form von Distanzlosigkeit, Bindungsschwäche und fehlender Einordnung, aber auch zur Orientierungslosigkeit geführt; diese Defizite hätten auch noch bei der Aufnahme des Kindes in die Familie W. im Mai 1996 fortbestanden.

FamRZ 1999 - Seite 680

Ohne ausreichende tatsächliche Grundlage ist aber die Annahme des LG, die Herausnahme des Kindes I. aus dem Haushalt der Eheleute W. und der damit verbundene Eingriff in die bereits entstandenen Bindungen zu ihren sozialen Eltern würde die begonnene positive Entwicklung des Kindes unterbrechen und damit das Wohl des Kindes erheblich gefährden, auch wenn die Herausnahme nicht unvorbereitet, sondern gleitend erfolgen solle. Die Bet. zu 3 haben sich zum Beweis des Gegenteils auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens berufen. Diesem Beweisangebot ist das LG ohne Begründung nicht nachgegangen, obwohl die Bindungen des Kindes zu den Pflegeeltern bislang nicht untersucht worden sind. Das LG stützt sich insoweit nur auf den Eindruck der Berichterstatterin bei deren Anhörung des Kindes und der Pflegemutter. Dies reicht aber nach Auffassung des Senats nicht aus, um die Qualität der Bindungen des Kindes zu den Pflegeeltern zutreffend zu beurteilen, zumal auch nicht dargelegt ist, von welchem Bindungsbegriff das LG ausgeht. Grundlage der Beurteilung der Bindung des Kindes an die Pflegeeltern kann nach Auffassung des Senats nur eine fachpsychologische Untersuchung sein, die die Frage einschließt, welche Entwicklungsstörungen drohen, wenn das Kind von den Pflegeeltern getrennt wird. Eine eingehende Untersuchung der Frage, ob die Gefahr schwerer Entwicklungsstörungen zu besorgen ist, wenn das Kind von den Pflegeeltern getrennt und in den Haushalt der Großeltern verbracht wird, war insbesondere auch deshalb angezeigt, weil es hier nicht um einen abrupten Wechsel der Bezugspersonen und der Umgebung geht. Die Bet. zu 3 sind nämlich für das Kind ein vertrauter Umgang. Denn I. kennt sie aufgrund von Besuchskontakten, die nie abgerissen sind, gut.

Hinsichtlich des Risikos, das bei einem Wechsel des Aufenthalts des Kindes von den Pflegeeltern W. zu den Bet. zu 3 zu besorgen wäre, ist der Maßstab anzulegen, den das BVerfG bei einem Wechsel des Kindes aus der Pflegefamilie zu seinen Eltern oder Adoptiveltern anlegt (FamRZ 1989, 31 = NJW 1989, 519). Denn zur Familie zählen nicht nur die leiblichen Eltern, sondern auch die Großeltern jedenfalls dann, wenn die leiblichen Eltern nicht in der Lage sind, ihre Elternverantwortung selbst wahrzunehmen (OLG Celle, Beschluß v. 25. 8. 1995 - 19 W 14/95 -; vgl. auch EuGHMR, FamRZ 1979, 903 = NJW 1979, 2449, Nr. 45, zu Art. 8 EMRK). Diese Betrachtungsweise entspricht auch der Bedeutung, die das Gesetz gewachsenen Familienbeziehungen für das seelische Wohl eines Kindes beimißt; dies zeigt sich an dem in § 1779 II BGB normierten Vorrang Verwandter und Verschwägerter bei der Auswahl des Vormunds und an dem nunmehr in § 1685 I BGB ausdrücklich geregelten Umgangsrecht der Großeltern mit dem Enkelkind. Somit könnte I. aus der Pflegefamilie herausgenommen und in die Familie der Großeltern übergeführt werden, auch wenn psychische Beeinträchtigungen des Kindes als Folge der Trennung nicht schlechthin ausgeschlossen werden können (BVerfG, a.a.O.).

Da im Rechtsbeschwerdeverfahren keine Ermittlungen zur Sache stattfinden, mußte der angefochtene Beschluß aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden. Das LG wird sich nunmehr durch Einholung eines psychologischen Gutachtens Gewißheit verschaffen müssen über die Fragen, ob die Großeltern in der Lage sind, auch I. zu erziehen, ob das seelische Wohl des Kindes gefährdet ist, wenn es neben D. bei seinen Großeltern aufwächst, welche Beziehungen zwischen dem Kind und den Pflegeeltern bestehen und ob und inwieweit die psychische Entwicklung des Kindes beeinträchtigt wird, wenn es aus der jetzigen Pflegefamilie herausgenommen und in die Familie der Großeltern verbracht wird.

Sollten die weiteren Ermittlungen ergeben, daß bei einer Übersiedlung des Kindes in den Haushalt der Bet. zu 3 außer vorübergehenden Umstellungsschwierigkeiten keine ernsthaften, nachhaltigen Entwicklungsstörungen zu erwarten sind, so wird dem Wunsch der Bet. zu 1 bis 3 zu entsprechen sein, die Bet. zu 3 zum Vormund für I. zu bestellen. § 1775 BGB i.d.F. des KindRG sieht vor, daß die Vormundschaft ab dem 1. 1. 1999 auch von Eheleuten und nicht mehr nur von einer Einzelperson geführt werden kann.

Das LG wird für das weitere Verfahren dem Kind nach § 50 FGG i.d.F. des KindRG einen Verfahrenspfleger bestellen müssen im Hinblick darauf, daß Gegenstand des Verfahrens auch die Wegnahme des Kindes von der Pflegeperson ist und eine Interessenvertretung durch das JA im Hinblick auf dessen Bestellung zum Vormund nicht gewährleistet ist. Weiter werden die Pflegeeltern nach § 50c FGG anzuhören sein. Sollte die Kammer erneut der Auffassung sein, daß eine Anhörung durch den beauftragten Richter ausreichend ist (vgl. hierzu Keidel/Kuntze, a.a.O., § 50a FGG Rz. 15), so wird sie in den Entscheidungsgründen angeben müssen, warum eine Anhörung vor der vollbesetzten Kammer nicht für erforderlich erachtet wurde (vgl. BayObLGZ 1986, 524, 528 = FamRZ 1987, 412).

(Mitgeteilt von RA und Fachanwalt für Familienrecht

G. Rixe, Bielefeld)

Anmerkung:

Der EuGHMR war in einer neueren Entscheidung v. 9. 6. 1998 in Sachen Bronda ./. Italien (40/1997/824/1030) mit der Frage befaßt, ob die Versagung der von den Großeltern angestrebten Rückführung ihres bei Pflegeeltern lebenden Enkelkindes in seine Herkunftsfamilie gegen ihren Anspruch auf Achtung des Familienlebens gemäß Art. 8 I EMRK verstieß.

Das Enkelkind, das seit Geburt mehrere Jahre mit seiner Mutter und zeitweilig mit dem Vater im Haushalt der Großeltern gelebt hatte, wurde auf Grund einer gerichtlich angeordneten Adoptionsfreigabe bei Pflegeeltern untergebracht. Nach Aufhebung dieser Entscheidung durch das Berufungsgericht ordnete das mit der Durchführung der Rückgabe des Kindes beauftragte Jugendgericht auf Grund weiterer Ermittlungen sein Verbleiben in der Pflegefamilie an, schloß im weiteren Verlauf den Umgang mit seinen Eltern aus und gewährte schließlich dem Großvater einen Umgang dreimal im Jahr.

Der Gerichtshof bejahte zunächst im Einklang mit der Kommission und der bekl. Regierung das Bestehen eines Familienlebens i. S. von Art. 8 I EMRK zwischen Großeltern und Enkelkind im Hinblick auf die auch nach Trennung aufrechterhaltenen familiären Beziehungen. Er hatte daraufhin zu prüfen, ob die Versagung der Rückführung des Enkelkindes einen Eingriff in das Familienleben der Großeltern darstellte. Dies bejahte er unter Anwendung der für die Eltern-Kind-Beziehung aufgestellten Maßstäbe und führte dazu aus:

51. Der Gerichtshof weist darauf hin, daß das gegenseitige Erleben der Gegenwart von Eltern und Kind ein grundlegender Bestandteil des Familienlebens ist und daß innerstaatliche Maßnahmen, die einen solchen Genuß verbieten, eine Beeinträchtigung des durch Art. 8 geschützten Rechts darstellen. Dieses Prinzip ist ebenfalls in Fällen wie dem vorliegenden anwendbar, in dem der Gerichtshof mit Beziehungen zwischen Kind und seinen Großeltern befaßt ist, mit denen es für einige Zeit zusammengelebt hatte. Es wurde nicht bestritten, daß die Versagung der Rückführung des Kindes in sein ursprüngliches Zuhause ganz offenkundig eine Beeinträchtigung des durch Art. 8 I garantierten Rechts der Beschwerdeführer auf Achtung ihres Familienlebens darstellt.

Der Gerichtshof sah den Eingriff in das Familienleben der Großeltern unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums der innerstaatlichen Gerichte jedoch durch überwiegende Gründe des Kindeswohls, insbesondere auch den von dem nunmehr 14 Jahre alten Kind geäußerten Willen, als gemäß Art. 8 II EMRK gerechtfertigt an.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht

Georg Rixe, Bielefeld

 

 

Fundstelle:

FamRZ 1999, 678

 

 


 

 

Auskunftsanspruch des Kindes gegen die Mutter

1. Ein auf Auskunft über die Identität des Vaters klagendes Kind ist dafür beweispflichtig, daß die beklagte Mutter den Namen des Kindesvaters kennt.

2. Eine Mutter, die nicht sicher weiß, wer der Vater ihres Kindes ist, muß zumindest Auskunft über die Namen und Anschriften der Männer erteilen, die ihr in der gesetzlichen Empfängniszeit geschlechtlich beigewohnt haben.

Landgericht Münster, Urteil vom 26.8.1998 - 1 S411/89

in "Neue Juristische Wochenschrift", NJW, 1999, S. 726

 

 


 

 

 

"Gutachten schreiben und beurteilen"

Karl-Westhoff, Marie-Luise Kluck, 

3. überarbeitete Auflage, Berlin, Springer, 1998, 266 S.

ISBN 3-540-64372-9 , DM 89,-

Ein Standardbuch, auch für die Ausbildung von Studenten.

 

 

Rezension von Bernd Volckart, Burgwedel

in: "Recht und Psychiatrie", 4/1999, S. 188-189

Auszug: 

"... Der Sachverständige muss dem Richter seinen logischen Denkvorgang Schritt für Schritt vermitteln. In dieser Hinsicht bleiben die Autoren in Übereinstimmung mit den meisten Psychosachverständigen auf halben Wege stehen, und die Gerichte haben das immer so hingenommen. Richtig ist es nicht. Es genügt nicht, beschwörend die Logik anzurufen, wie die Autoren es wiederholt tun. Enthält ein Gutachten eine Diagnose oder eine Prognose, so muss die Logik des diagnostischen oder prognostischen Schlusses, also der Vergleich des Einzelfalls mit Tatsachen des Erfahrungswissens, ausdrücklich dargelegt werden. Was die Verhaltensprognosen anlangt, so sind den Autoren deren methodologische Implikationen anscheinend selbst nicht recht klar (sie sind ja auch nicht von der Psychologie, sondern von der Soziologie aufgedeckt worden). Sie hätten sonst wohl nicht so apodiktisch die Möglichkeit solcher Prognosen behauptet, ohne von vornherein zu verdeutlichen (S. 8, 21f, 111), dass es sich immer nur um Wahrscheinlichkeitsprognosen handeln kann und das mit einem Rückkopplungseffekt gerechnet werden muss.

..."

 


 

 

 

"Gutachten in gerichtlichen Sorge- und Umgangsrechtsverfahren - Erwartungen an psychologische Sachverständige"

Dr. Peter Finger, Rechtsanwalt, Frankfurt/Main

in: "Familie, Partnerschaft, Recht", FPR 5/1998, S. 224-229

 

Unsere Einschätzung: Für den erfahrenen Leser bringt die Lektüre des Aufsatzes wenig neue Erkenntnisse. Insgesamt ist der Aufsatz etwas schlecht strukturiert. Zu oft wird auf die Darstellungen anderer (Salzgeber) verwiesen, anstatt die eigene Sichtweise eines Rechtsanwaltes nachvollziehbar und überzeugend  darzulegen. 

 

 


 

 

 

"Die Zufriedenheit umgangssuchender Väter nach Trennung/Scheidung

- Eine Befragungsstudie"

 

Diplomarbeit von Angele Wietzke, Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin,  Oranienburgerstr. 18, 10178 Berlin

November 1998

 

 


 

 

Diskriminierung nichtehelicher Väter bei Wehrdienstausnahmen beenden

Zur Ungleichbehandlung von Vätern ehelicher und Vätern nichtehelicher Kinder bei der Zurückstellung vom Wehrdienst erklärt die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Edith Niehuis, Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

Am 1. Juli tritt das Kindschaftsreformgesetz in Kraft. Eines der Hauptziele ist es, die rechtliche Diskriminierung von nichtehelichen Kindern zu beenden. Ab dem 1. Juli können darum auch unverheiratete Eltern das Sorgerecht gemeinsam ausüben, was bisher nur verheirateten Eltern rechtlich möglich war. 

Dieses neue Kindschaftsrecht nimmt die Bundesregierung in die Pflicht, auch selbst für eine Gleichbehandlung der Kinder, unabhängig vom Ehestand ihrer Eltern, zu sorgen. 
Bisher werden nur verheiratete Väter beziehungsweise Väter mit alleinigem Sorgerecht vom Wehr-oder Zivildienst zurückgestellt.  
Es ist nur folgerichtig, daß ab Inkrafttreten der Kindschaftsrechtsreform auch nichteheliche Väter, die das gemeinsame Sorgerecht ausüben, nicht zum Wehr-/Zivildienst herangezogen werden. 
Bis heute ist die entsprechende Erlaßregelung des Bundesministeriums für Verteidigung jedoch noch nicht verändert worden, was zur erheblichen Verunsicherung der Betroffenen führt. 
Ich fordere die Bundesregierung dringend auf, zum 1. Juli für eine Anpassung von administrativen Regelungen an die dann geltende Rechtslage zu sorgen, damit auch die Kinder, deren Eltern ohne Trauschein gemeinsam die Verantwortung für sie tragen wollen, nicht wegen des Wehr-/Zivildienstes auf ihre Väter verzichten müssen.

26. Juni 1998 - 0831

AG Familie, Senioren, Frauen & 
Jugend

 

 


 

 

 

Neue OZ, 7. März 1998

Unerreichbarer Daddy aus dem Disneyland

Die Ehe steckt in Deutschland nach wie vor in der Krise. Jede dritte Ehe wird geschieden. die Zahl der Scheidungskinder, die meistens bei der alleinerziehenden Mutter leben, nimmt immer mehr zu. Dass die Trennung der Eltern niemals ohne Wirkung auf die Kinder bleibt, ist nicht nur Wissenschaftlern, sondern auch den meisten Ehepartnern bekannt So weiß man, dass gerade ältere Kinder eine Scheidung selbst viele Jahre später noch als einen Akt der Zerstörung erleben und unter unbewältigten Trauergefühlen leiden. Andererseits legen sie bei ihren eigenen zwischenmenschlichen Beziehungen großen Wert auf Vertrauen und Stabilität. Bislang wenig bekannt ist jedoch darüber, wie sich ihr Verhältnis zu Vater und Mutter entwickelt.

Inge Seiffge-Krenke und Martina Tauber vom psychologischen Institut der Universität Bonn haben nun eine großangelegte Untersuchung zu diesem Thema durchgeführt. Sie befragten 243 Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren nach dem Erleben der Scheidung und ihrer Einstellung zu Vater und Mutter, wobei 22 von ihnen an einer psychiatrischen Klinik in Behandlung waren. Das Ergebnis der Studie: Martina Tauber:

"Während männliche Jugendliche aus Scheidungsfamilien bevorzugt psychische und psychosomatische Störungen entwickeln; neigen Mädchen verstärkt dazu, den abwesenden Vater zu idealisieren." Ein Ergebnis, das die Wissenschaftlerinnen zunächst überraschte, war man doch bislang davon ausgegangen, dass die Jungen bei ihrer Suche nach Vorbildern naturgemäß den Vater als männliche Idealfigur auswählen würden.

Bei näherem Hinsehen offenbart sich jedoch, warum Jungen krank werden und Mädchen den abwesenden Vater ins Unerreichbare hochloben. So werden männliche Kinder - unbeeindruckt von allen Emanzipationsbewegungen - hierzulande immer noch darauf erzogen, von ihren Gefühlen wenig oder gar nichts an ihre Mitmenschen durchdringen zu lassen. Wenn Gefühle jedoch zurückgehalten werden, führt dies nach Erkenntnissen der Mediziner fast zwangsläufig zu psychischen und psychosomatischen Erkrankungen wie Depressionen und Migräne.

Anders bei den Mädchen. Sie dürften zwar ihren Gefühlen mehr freien Lauf lassen, dafür treten sie während der Pubertät häufiger in offenen Konflikt mit der Mutter einem Vorgang, der in der Psychologie als Ablösungsphase bezeichnet wird. Und in diesem Konflikt kommt der abwesende Vater wie gerufen. Einerseits als Waffe, um die Mutter besonders hart zu treffen: "Ich gehe jetzt zu Papa, der versteht mich wenigstens!" Andererseits aber auch als Fluchtpunkt, bei dem man sich von ewigen Streitereien mit der Mutter ablenken und Zuspruch holen kann. Der Vater wird als positiver Gegenpart zur negativ erlebten Mutter aufgebaut, und wenn er sich dann noch rar macht und die wenigen Zusammentreffen mit der Tochter durch Geschenke, Schmeicheleien und tolle Ausflüge zum unvergesslichen Erlebnis gestaltet, wird er schließlich, wie die beiden Wissenschaftlerinnen herausgefunden haben, "zum Disneyland-Daddy, der keine Wünsche offen lässt".

Nicht wenige geschiedene Väter fühlen sich geschmeichelt, wenn sie von ihrer Tochter angehimmelt werden. Sie vergessen jedoch, dass dieses Verhalten eigentlich das Gegenteil von dem bedeutet, wie es nach außen hin erscheint So erkannte schon die Psychoanalytikerin Anna Freud, dass Idealisierungen nichts weiter sind als der Versuch, mit negativen Gefühlen fertig zu werden. Dies bedeutet konkret: wenn ein Mädchen ihren getrennt lebenden Vater idealisiert, bringt sie dadurch ihre Verachtung für seine wirkliche Persönlichkeit zum Ausdruck - sie idealisiert ihn hoch, weil sie Ihn nicht lieben kann, wie er tatsächlich ist. Ganz abgesehen davon, dass ein heranwachsender Mensch den Vater als kritisch-fördernde Kontaktperson braucht, und nicht als eine unerreichbare Ikone. Gründe genug also, sich mit den Kindern aus der geschiedenen Ehe so oft wie möglich zu treffen, und das unter möglichst normalen Umständen.

 

Studie:

Seiffge- Krenke, I./Tauber, M.:

Die Idealisierung des Vaters: eine notwendige Konsequenz in Scheidungsfamilien?

veröffentlicht in: Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 5/1997

 

 

 


 

 

 

Missing Link

 

Auf der Suche nach dem verschollenen Vater

 

Zeitgeschichtlicher Film, Niederlande, 1998

 

 

Nachfolgend eine Kurzfassung des Filmes, in dem wir die spannenden Stellen gestrichen haben und an diesen Stellen mit ... markiert haben. Wenn Sie sich den Film noch anschauen wollen, lesen sie nur unserer erste Textfassung durch. Wollen Sie dagegen gleich wissen, worum es in dem Film geht, lesen Sie unsere darunter stehende zweite ausführliche Textfassung.

 

 

1955 ist Rick elf Jahre alt. Zusammen mit seiner Mutter Lydia und seiner Tante Wally lebt er in einer niederländischen Kleinstadt. Sein Vater war im Zweiten Weltkrieg Pilot bei der britischen Royal Air Force, er wurde abgeschossen, und Rick hat ihn nicht mehr kennen gelernt.

Ricks Mutter hat einen festen Freund, Jef. Der ist Tabakwarenhändler, eigentlich sehr nett, aber auch ein ziemlicher Prahlhans. Rick findet, dass er es mit seinem Vater, der schließlich ein wahrer Held gewesen ist, nicht aufnehmen, geschweige denn ihn ersetzen kann.

Eines Tages bekommt Rick in der Schule einen Film über eine Dschungel-Expedition durch den Kongo zu sehen. Von nun an lässt das "Herz der Finsternis" den Jungen nicht mehr los. Und weil ihn alles, was mit dem "Schwarzen Kontinent" zusammenhängt, brennend interessiert, schenkt ihm seine Mutter einen alten Atlas. In dem findet Rick einen genealogischen Stammbaum der Menschheit, in den der Vorbesitzer an der Stelle des Übergangs vom Affen zum Menschen mit einem Füller die Worte "Missing Link" eingetragen hat. Als Rick wenig später in der Zeitung liest, dass in Kürze eine Expedition aus Brüssel in den Kongo aufbrechen wird, um nach diesem "Missing Link" zu forschen, versucht er deren Leiter, Professor Oudeweetering, zu erreichen. Denn Rick, der inzwischen einen ganzen Stapel Bücher über Afrika gelesen hat, ist überzeugt, dass die Expedition am falschen Ort sucht. Und weil er den Professor nicht ans Telefon bekommt, macht er sich - nach einer heftigen Auseinandersetzung mit seiner Mutter über Jef - selbst auf den Weg nach Brüssel, um den Forscher über seinen Irrtum aufzuklären. Als "Reiselektüre" hat er sich ein altes Tagebuch seiner Mutter stibitzt, und als er nun darin blättert, bricht für ihn eine Welt zusammen: ...

 

Unterdessen hat Lydia bemerkt, dass sowohl ihr Sohn als auch das Tagebuch verschwunden sind. Natürlich kann sie zwei und zwei zusammenzählen -unverzüglich ruft sie Professor Oudeweetering an. Das fällt ihr nicht gerade leicht, denn sie muss dem Wissenschaftler nicht nur berichten, dass Rick auf dem Weg zu ihm ist, sondern auch ... .

 

 

Länge: 90 min

Regie: Ger Poppelaars

Drehbuch: Timo Veltkamp

Darsteller:

Lydia Veenema - Tamar van den Dop

Oudeweetering - Johan Leysen

Rick Veenema - Nick van Buiten

Jef - Thomas Acda

Stella Allofs - Lotte van der Laan

 

 

 

 

 

Die Ausführliche Textfassung

Bitte nicht lesen, wenn Sie sich noch vom Film überraschen lassen wollen.

 

 

Missing Link

 

Auf der Suche nach dem verschollenen Vater

 

Zeitgeschichtlicher Film, Niederlande, 1998

 

 

1955 ist Rick elf Jahre alt. Zusammen mit seiner Mutter Lydia und seiner Tante Wally lebt er in einer niederländischen Kleinstadt. Sein Vater war im Zweiten Weltkrieg Pilot bei der britischen Royal Air Force, er wurde abgeschossen, und Rick hat ihn nicht mehr kennen gelernt.

Ricks Mutter hat einen festen Freund, Jef. Der ist Tabakwarenhändler, eigentlich sehr nett, aber auch ein ziemlicher Prahlhans. Rick findet, dass er es mit seinem Vater, der schließlich ein wahrer Held gewesen ist, nicht aufnehmen, geschweige denn ihn ersetzen kann.

Eines Tages bekommt Rick in der Schule einen Film über eine Dschungel-Expedition durch den Kongo zu sehen. Von nun an lässt das "Herz der Finsternis" den Jungen nicht mehr los. Und weil ihn alles, was mit dem "Schwarzen Kontinent" zusammenhängt, brennend interessiert, schenkt ihm seine Mutter einen alten Atlas, der seinem Vater gehört hat. Das einzige, so die Mutter, was sie von ihm noch hat. In dem Atlas findet Rick einen genealogischen Stammbaum der Menschheit, in den der Vorbesitzer an der Stelle des Übergangs vom Affen zum Menschen mit einem Füller die Worte "Missing Link" eingetragen hat. Als Rick wenig später in der Zeitung liest, dass in Kürze eine Expedition aus Brüssel in den Kongo aufbrechen wird, um nach diesem "Missing Link" zu forschen, versucht er deren Leiter, Professor Oudeweetering, zu erreichen. Denn Rick, der inzwischen einen ganzen Stapel Bücher über Afrika gelesen hat, ist überzeugt, dass die Expedition am falschen Ort sucht. Und weil er den Professor nicht ans Telefon bekommt, macht er sich - nach einer heftigen Auseinandersetzung mit seiner Mutter über Jef - selbst auf den Weg nach Brüssel, um den Forscher über seinen Irrtum aufzuklären. Als "Reiselektüre" hat er sich ein altes Tagebuch seiner Mutter stibitzt, und als er nun darin blättert, bricht für ihn eine Welt zusammen: Sein Vater war gar kein Pilot, sondern ein verheirateter Mann!

Unterdessen hat Lydia bemerkt, dass sowohl ihr Sohn als auch das Tagebuch verschwunden sind. Natürlich kann sie zwei und zwei zusammenzählen -unverzüglich ruft sie Professor Oudeweetering an. Das fällt ihr nicht gerade leicht, denn sie muss dem Wissenschaftler nicht nur berichten, dass Rick auf dem Weg zu ihm ist, sondern auch offenbaren, dass er dessen Vater ist.

 

 

Länge: 90 min

Regie: Ger Poppelaars

Drehbuch: Timo Veltkamp

Darsteller:

Lydia Veenema - Tamar van den Dop

Oudeweetering - Johan Leysen

Rick Veenema - Nick van Buiten

Jef - Thomas Acda

Stella Allofs - Lotte van der Laan

 

 


 

 

 

Schneller als der Tod

29.09.1998

Verleih: Columbia TriStar

Darsteller: Sharon Stone, Gene Hackman, Russell Crowe, Leonardo DiCaprio, Tobin Bell, Gary Sinise, Roberts Blossom, Kevin Conway, Keith David, Lance Henriksen, Pat Hingle

Regisseur: Sam Raimi

Genre: Western, Gangster & Revolverhelden

Bildformat: 16:9

Sprachen: Deutsch/Englisch DD 5.1

 

Ellen sinnt auf Rache: Als Kind wurde sie von dem Schurken Herod dazu gezwungen, ihren Vater zu erschießen. Jetzt ist Herod der unumschränkte Herrscher in dem kleinen Städtchen Redemption, wo er jährlich einen hochdotierten Schießwettbewerb veranstaltet. Ellen will Herod im direkten Duell töten, doch um Herod herauszufordern zu können, muß sie sich erst durch seinen "Wettkampf" schlagen. In dem ehemaligen Revolverhelden Cort findet sie jedoch einen erfahrenen Verbündeten.

Sam Raimi, bestens bekannt für technisch versierte Genre-Parodien wie die "Tanz der Teufel"- Trilogie mit dem krönenden Abschluß "Armee der Finsternis", spielt der Videospielgeneration das Lied vom Tod. Mit seinem Neo-Western "Die Schnellen und die Toten" wandelt der Regisseur überdeutlich auf den verwehten Spuren des großen Sergio Leone. Als originellste Neuerung wurde die Rolle des rächerischen Revolverhelden im Geiste Clint Eastwoods mit Superstar Sharon Stone besetzt, die zudem als Coproduzentin bei dem 34-Mio.-Dollar-Projekt fungierte. Dabei pflastern nicht nur Leichen, sondern auch Genreklischees die giftige Parodie, die zugleich eine im Detail hingebungsvolle Hommage an das Genre des Spaghetti-Westerns ist. Die Parallelen zu den legendären Vorbildern aus den 60er Jahren werden gleich bei der mit Morricone-artigen Panflötenklängen untermalten Anfangssequenz offenbar: Eine einsame Reiterin nähert sich in der staubigen Prärie langsam einer dubiosen Gestalt, die damit beschäftigt ist, einen Friedhof zu durchwühlen. Bei der folgenden Konfrontation liefert sie den ersten Beweis, daß sie Italowestern-Recken wie Giuliano Gemma oder Franco Nero trotz fehlender Bartstoppeln in punkto Abgebrühtheit nicht nachsteht. Anschließend galoppiert sie in das heruntergekommene Nest Redemption, gerade rechtzeitig für den alljährlich stattfindenden Schießwettbewerb. Ungeschlagener Champion ist der Schurke Herod (ein gewohnt grandioser Gene Hackman), der mit seinen Schergen die gesamte Stadt tyrannisiert. Zu dem kuriosen Sammelsurium an Teilnehmern gehören außerdem Australo-Star Russell Crowe als religiöser Ex-Ganove, Teenagerschwarm Leonardo DiCaprio als Herods aufmüpfiger Sohn Kid, Haudegen Lance Henriksen als gelackter Angeber und Keith David als gekaufter Killer. Raimi macht kein großes Geheimnis daraus, wer siegreich aus den jeweiligen Duellen hervorgehen wird. Und daß die Lady ohne Namen mit dem Bösewicht ein persönliches Hühnchen zu rupfen hat, läßt sich auch ohne sepiagefärbte Rückblenden leicht erahnen. So einfalls- und temporeich Raimi die Actionsequenzen gefilmt hat, so widersprüchlich legte Drehbuchautor Simon Moore die Rolle der Heldin an: Einmal zeigt er sie abgebrüht, whiskeytrinkend, zigarillopaffend und keiner handfesten Rauferei abgeneigt, dann wieder verschreckt schlotternd der Schießerei mit Herod entgegenblickend. Konsequente Coolness wäre zwar eindimensionaler, aber allemal effektiver gewesen. So bleiben Clint Eastwoods Stiefel Sharon Stone trotz zahlloser Großaufnahmen ihrer zusammengekniffenen Augen ein paar Nummern zu groß. Was "Die Schnellen und die Toten" von seinen mit vielen Zitaten gewürdigten Vorbildern unterscheidet, sind die rasenden Zoomaufnahmen, superschneller Schnitt, ein gotisch-okkultes Innendesign und abgefahrene Spezialeffekte. Wenn Hackman beispielsweise durch das klaffende Loch, das er seinem Gegner gerade in den Schädel geblasen hat, gefilmt wird, dann kommen Raimi-Fans voll auf ihre Kosten. Ob das breite Publikum ähnlich viel Spaß an diesem schwarzhumorigen Genrezwitter haben wird, hängt letztlich von der Zugkraft seiner Starbesetzung ab. ara.

 

 

http://www.video-online.net/dvd_film/western/gangster_und_revolverhelden/Schneller_als_der_Tod-16852.html

 

 

 

Anmerkung Väternotruf:

Der Film vereinigt drei Mal das Thema Väter. Zum einen als handlungstragenden Gedanken die Rache von Ellen an Herod, der sie als Mädchen dazu missbraucht hat, ihren eigenen Vater zu töten. Herod ist ein Sadist ersten Ranges. Sein Vater war Richter und ebenfalls Sadist. Er zwang seinen kleinen Sohn sich die Exekutionen anzusehen, die er anordnete. Der Vater starb vor den Augen des Sohnes, als er sich aus Versehen eine Kugel in den Kopf schoss.

Schließlich ist da noch Kid. Er meint, er wäre ein unehelicher Sohn von Herod, was dieser bestreitet. Die Bundesregierung in ihrer jetzigen traurigen und väterfeindlichen Verfasstheit würde heute Kid keine Chance geben wollen, zu klären, ob Herod Kids Vater ist.

 


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