Anna Achmatowa


 

 

 

Anna Andrejewna Achmatowa

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Anna Andrejewna AchmatowaAnna Andrejewna Achmatowa (gebürtige Gorenko; russisch Анна Андреевна Ахматова, wiss. Transliteration Anna Andreevna Achmatova, bzw. Горенко; * 11. Juni/23. Juni 1889 in Bolschoi Fontan bei Odessa, Ukraine; † 5. März 1966 in Domodedowo bei Moskau) war eine russische Dichterin und Schriftstellerin. Sie gilt als die Seele des Silbernen Zeitalters in der russischen Literatur und als die bedeutendste russische Dichterin. Ihr späteres Schaffen ist vor allem von dem Schrecken der stalinistischen Herrschaft geprägt, während der sie selber Schreibverbot hatte, ihr Sohn und ihr Mann inhaftiert waren und viele ihrer Freunde ums Leben kamen.

Inhaltsverzeichnis [Verbergen]

1 Leben

1.1 Kindheit und Jugend

1.2 Vor der Revolution

1.3 Repressalien in der jungen Sowjetunion

1.4 1930 bis zum Ausbruch des Krieges

1.5 Kriegs- und Nachkriegszeit

1.6 Rehabilitation

2 Werke

3 Übersetzungen

4 Literatur

5 Quellen

6 Weblinks

 

 

Leben

Kindheit und Jugend

Anna Gorenko wurde am 23. Juni 1889 in dem Dorf Bolschoi Fontan bei Odessa als drittes von sechs Kindern in die Familie eines Marine-Ingenieurs geboren; die Familie übersiedelte aber bereits 1890 nach Zarskoje Selo bei Sankt Petersburg, wo Anna bis zu ihrem 16. Lebensjahr in sozial privilegierter Umgebung aufwuchs. Sie beschrieb später ihre Kindheitserinnerungen an die Parks, die Pferderennbahn und den alten Bahnhof des Ortes. Die Sommermonate verbrachte die Familie meist bei Sewastopol am Schwarzen Meer. Früh lernte sie in der Schule auch Französisch. Ihre ersten Gedichte schrieb sie im Alter von elf Jahren nicht unter dem Namen Gorenko, da ihr Vater um seinen guten Ruf fürchtete – sie wählte den Namen ihrer tatarischen Großmutter als Pseudonym.

Wie Puschkin 90 Jahre vor ihr erhielt Achmatowa ihre Schulausbildung im exklusiven Lyzeum von Zarskoje Selo. Ihr Verhältnis zu dem wichtigsten russischen Dichter zieht sich von Beginn an wie ein roter Faden durch ihre Arbeiten: Im September 1911, zum 100-jährigen Jubiläum des Lyzeums, verfasste sie ein kurzes Gedicht mit dem Titel Der dunkelhäutige Knabe schlenderte durch die Alleen, in dem es Anspielungen auf den jungen Puschkin gibt. Bereits in diesem Gedicht wird die typische Metonymietechnik der Achmatowa deutlich: Ohne Lyzeum und Puschkin beim Namen zu nennen, wird durch typische Eigenschaften und Gegenstände (hier: dunkelhäutig, der Lyzeums-Dreispitz usw.) klar, wer und was gemeint ist.

 

Modigliani-Zeichnung Anna Achmatowas (1911)

Nachdem ihre Eltern sich 1905 trennten, lebte sie mit ihrer Mutter und den Geschwistern ein Jahr lang in Jewpatorija auf der Krim. Das letzte Schuljahr verbrachte sie schließlich am Kiewer Funduklejew-Gymnasium. Von 1907 bis 1910 studierte Achmatowa in Kiew in „Höheren Frauenkursen“ Jura, wobei sie sich vor allem für die Grundkurse in Rechtsgeschichte und Latein interessierte und den rein juristischen Fachthemen gleichgültig gegenüberstand.

Im Jahr 1910 heiratete sie den Dichter Nikolai Gumiljow, den sie schon seit ihrer Schulzeit kannte und der ihr lange und verzweifelt den Hof gemacht hatte. Es folgten gemeinsame Reisen nach Paris und Italien, wo sie u.a. den Künstler Modigliani traf – seine Zeichnungen der Achmatowa sind später berühmt geworden – und Zeugin der ersten triumphalen Erfolge der russischen Balletttänzer in Westeuropa wurde. Malerei und Architektur Italiens beeindruckten sie tief.

 

Vor der Revolution

Achmatowa, Gumiljow und Ossip Mandelstam wurden zu den zentralen Vertretern der Literaturbewegung des Akmeismus (von griech. akme, Gipfel, Höhepunkt, Blütezeit). Die so genannte „Zeche“ um diese Dichter bildete eine Gegenströmung zum Symbolismus, dessen Metaphorik des Jenseitigen, Metaphysischen die Akmeisten eine eigene Poesie jedes „irdischen Dings“ und eine entschiedene Diesseitigkeit entgegensetzten. Achmatowas Gedichte zeichnen sich daher durch eine einfache und prägnante Sprache aus. Anders als bei den „esoterisch“ angehauchten Treffen der Symbolisten waren die Zusammenkünfte der Akmeisten eher „Workshops“, in denen u. a. neue Schreibtechniken erarbeitet wurden.

Neben Puschkin fand Achmatowa ihre dichterischen Wurzeln bei Innokenti Annenski (1856-1909), einem Vorläufer der Akmeisten, außerdem bei dem französischen Symbolisten Verlaine und dem jungen Majakowski.

Nach ihrer Rückkehr nach Petersburg studierte Achmatowa Literaturgeschichte und schrieb die Gedichte, die in ihren ersten Gedichtband Abend (Вечер, 1912) eingingen. Es waren vor allem Liebesgedichte, in denen sie Trennung, Kummer und Liebesleid beschrieb wie beispielsweise in der letzten Strophe ihres Gedichtes „Lied von der letzten Begegnung“:

 

„Hör das Lied der letzten Begegnung.

Völlig dunkel das Haus vor mir stand

Nur im Schlafgemach, gelb, ohne Regung,

haben gleichgültig Kerzen gebrannt.[1]“

 

Sie verwendete in ihren lakonischen, knappen Gedichten Alltagssprache, in denen Gefühle gestisch angedeutet werden. Ein linker Handschuh, der aus Versehen auf die rechte Hand gestreift wird, wird zum Ausdruck der Verzweiflung und Verwirrtheit der Beschriebenen, die äußerlich ruhig bleibt:

 

„Wie vereist meine Brust, wie beklommen,

Meine Schritte jedoch hielten stand,

Und den Handschuh, von links abgenommen,

Den zog ich rechts auf die Hand.[2]“

 

Im Oktober 1912 wurde Achmatowas einziger Sohn Lew geboren. Schon 1914 erschien ihr zweites Buch, Rosenkranz (Четки), das trotz der Ereignisse des beginnenden Weltkrieges, wie schon der erste Band, ein großer Erfolg wurde. Diese Sammlung enthielt auch das im Januar 1914 entstandene Gedicht Für Alexander Blok (Александру Блоку), ein Indiz für ihre enge Beziehung zu dem Dichter des Symbolismus, die sie immer wieder als platonisch, „ausschließlich poetisch“ bezeichnete. Auch von Alexander Blok gibt es eine Reihe von Gedichten, die der Achmatowa gewidmet sind (z. B. An Anna Achmatowa, Анне Ахматовой). Ihre erste Begegnung hatte 1913 stattgefunden. Während der Symbolist in seinen Gedichten über Weiblichkeit und Schönheit sinnierte, wählte Achmatowa ihren gewohnt sparsamen, nüchternen Stil: „Ich habe den Dichter besucht. Gerade Mittag. Sonntag. Das Zimmer geräumig. Vor den Fenstern Frost.“ Allerdings schildert das unmittelbar vor diesem im Rosenkranz gedruckte Gedicht (Der Gast, Гость, Januar 1914) eine zärtliche Begegnung mit einem Mann, dessen Schilderung auf Blok zutraf. Diese Übereinstimmungen führten gelegentlich zu der Vermutung, dass die Beziehung der beiden Dichter intimer war als offiziell bekannt.

...

http://de.wikipedia.org/wiki/Anna_Andrejewna_Achmatowa

 

20.01.2008

 

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

 

Im Jahr 1905 im 16. Lebensjahr von Anna Achmatova trennten sich ihre Eltern. Zu der Zeit waren Trennungen eher ungewöhnlich. Ihre Mutter zog mit ihr und den Geschwistern auf die Krim. Da es zur damaligen Zeit noch kein Sozialamt oder Jobcenter gab, was so wie heute den Unterhalt von Mutter und mitgenommenen Kindern finanzierte, muss der Vater von Anna die Finanzierung sichergestellt haben. Es sei denn die Mutter von Anna hätte über eigenes Einkommen und Vermögen verfügt oder sich ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit verdient haben, das soll es ja bei Müttern auch schon im Jahr 1905 vereinzelt gegeben haben.

Das Thema Trennung sollte Anna weiter begleiten, erst in "Liebesgedichten", in denen sie Trennung, Kummer und Liebesleid beschrieb wie beispielsweise in der letzten Strophe ihres Gedichtes „Lied von der letzten Begegnung“ und später die unfreiwillige Trennung von ihrem Mann und ihrem Sohn.

So richtig glücklich scheint Anna Achmatova später nicht geworden zu sein, daran änderte auch ihre relativ große Bekanntheit nichts. Dies allein dem Terroristen Stalin zuzuschreiben, wäre verkürzt, denn die depressiv-melancholische Stimmung scheint bei Anna Achmatova schon weit davor anzutreffen gewesen zu sein.

 

Ob ihr „Lied von der letzten Begegnung“ auch eine Hommage an ihren früh verlorenen Vater gewesen ist, wissen wir nicht. Denkbar erscheint es allemal

 

„Hör das Lied der letzten Begegnung.

Völlig dunkel das Haus vor mir stand

Nur im Schlafgemach, gelb, ohne Regung,

haben gleichgültig Kerzen gebrannt.[1]“

 

 

 


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