Bundeskanzleramt


 

 

Ehefrau des Bundeskanzlers

Schirmherrin versch. Kinder- und Jugend-Projekte

Engagierte im Kinderhilfswerk UNICEF

Bundeskanzleramt

Doris Schröder-Köpf

Willy-Brandt-Strasse 110557 Berlin

 

 

 

10.10.04

Oliver Böhm

Am Remsufer 10

71686 Remseck

 

Offener Brief zum Thema: Familienpolitik

 

 

Sehr geehrter Frau Schröder-Köpf,

ihr Engagement für die Rechte von Kindern und die positive Beeinflussung der Politik durch Ihr Zutun sind mir bereits seit längerem aufgefallen. Ich begrüße Ihren Einsatz, wobei Sie Ihre Erfahrungen als Frau, Mutter und Ehefrau des Bundeskanzlers miteinander sinnvoll zu verbinden wissen.

Mit diesem Schreiben möchte ich auf eine Problematik aufmerksam machen, die bereits seit Jahren als schwarze Wolke nicht nur über den Köpfen einiger Väter schwebt, sondern leider auch über dem Rechtsstaat Deutschland.

Wir schimpfen über viele „Dritte Welt Länder“ und den Umgang mit den Menschenrechten dort.

Wir schimpfen über den Islam und die Wertlosigkeit der Frau in dieser Religion.

Wir loben das sozialgerechte Deutschland, in dem Mann und Frau gleich sind und die Menschenrechte geachtet werden.

Doch die Wahrheit sieht leider anders aus. In Deutschland geschieht es noch wesentlich hinterhältiger, denn die allgemeine Öffentlichkeit bekommt hiervon kaum etwas mit. Kein Medienrummel, kein Amnesty International, denn die Bösen sitzen woanders auf der Welt. Auch mir war bis zum heutigen Tage nicht bewusst, dass es derartige Ungerechtigkeiten auch in einem Erste-Welt-Staat wie der Bundesrepublik Deutschland geben kann.

In Bezug auf die Gleichstellung von Mann und Frau wurde in den letzten Jahrzehnten einiges getan. Frauen haben genauso das Recht der freien Berufswahl und verlassen endlich den heimischen Herd. Sie haben das Recht das selbe zu verdienen, denn Sie machen die selbe Arbeit und sind ein gleich wertvoller Mensch. Sie sind in „Männerberufe“ vorgedrungen, sogar bis in die Armee und die Männer akzeptieren es. Es ist eine Gesellschaft die sich weiter entwickelt hat.

Immer mehr Männer folgen diesem Trend und zeigen auch mehr Einsatzbereitschaft in der Familie. Ja, es gibt sogar Männer die das Kind hüten, während die Frau arbeiten geht. So sei es, wir haben es für Gut befunden. Doch nicht nur die zunehmende Berufstätigkeit der Frau und der damit verbundene, spät oder gar nicht einsetzende Wunsch nach Kindern führt zum Rückgang der Geburtenraten. Manch einer überlegt sich, ob die Freude über ein Kind, den Pflichten und fehlenden Rechte nicht irgendwann einmal weichen werden. Viele Väter sehen bei einer Trennung in der Zukunft nur noch die Pflicht einer Unterhaltsforderung und das Fehlen aller väterlichen Rechte. Besonders natürlich bei denen, die nach der Geburt eines Kindes nicht sofort eine Heirat anstreben.

Früher heiratete man oft, weil man die Diskriminierung der eigenen Kinder im Kindergarten oder Schule vermeiden wollte, wenn die Eltern unterschiedliche Namen besitzen.

Kinder sind ja soo grausam!

Doch Kinder sind lernfähig, heutzutage ist es völlig normal einen anderen Namen zu haben. Der deutsche Staat dagegen ist nicht lernfähig, denn hier findet Diskriminierung noch grausamer und mit wesentlich weiter reichenden Konsequenzen statt – man könnte hier von Kindern lernen.

Väter, die eine Heirat nur aus den oben genannten Gründen ablehnen, schaufeln sich selbst das Grab für Ihre Familie. Kommt es zur Trennung, haben Sie vor den Gerichten jeglichen Wert für Ihre leiblichen Kinder verloren (behauptet zumindest der Staat) und werden vom Staat als nutzloser Samenspender in die Ecke gestellt. Lediglich als pünktlicher, braver Unterhaltszahler mag er noch dienen –der Mann.

Es ist heute auch völlig normal einen Stiefvater zu haben. Bei vielen Kindern scheint es sogar „schick“ und „in“ zu sein – wie bedauerlich. Das Wort „Stiefmutter“ jedoch wird in Deutschland meist nur dann in den Mund genommen, wenn eine Mutter Ihrem Kinde ein Märchen vorliest.

Der Begriff wird daher etwas „stiefmütterlich“ behandelt - endlich verstehe ich denn Sinn dieses Ausdrucks! Doch Sie wundert sich nicht – die Frau.

Doch Moment, da war nicht noch wer? Ach ja, der Mann. Na dem geht’s doch sowieso gut, was sollte man da ändern?

Die steigende Anzahl von Ein-Eltern-Familien erkennt die Politik, aber auch die steigende Unmenschlichkeit und Problematik der deutschen Familienrechtspraxis und -mentalität?

Interessant ist auch der Blick in das Lexikon zum Begriff „Familie“:

Familie (Soziologie): In der Soziologie und im Alltag Bezeichnung für eine soziale Gruppierung, deren Verbindung auf Verwandtschaft oder Heirat beruht. Die Familie ist in allen Gesellschaften die bedeutendste soziale Lebensform. Familien werden durch einen dauerhaften inneren Zusammenhang, der auf Solidarität und persönlichen Bindungen der einzelnen Mitglieder untereinander beruht, gekennzeichnet.

(Quelle: Microsoft Encarta 2005)

Doch immer mehr Männer müssen schmerzlich erfahren, dass Sie gegenüber der Frau in deutschen Familiengerichten nichts Wert sind. Von der Familie als „in allen Gesellschaften die bedeutendste soziale Lebensform“ … „die auf Solidarität beruht“ haben Sie leider nichts erfahren können – zumindest nicht in der Bundesrepublik Deutschland.

Hoffnung keimte auf, als der europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Juli 2000 die Bundesrepublik Deutschland in zwei Fällen zu Schadenersatz und Schmerzensgeld verklagte. Laut deutschem Gesetz hat ein leiblicher Vater, der mit der Mutter nicht verheiratet war, kein Recht sein Kind zu sehen, wenn die Mutter diesem nicht zustimmt – ganz gleich ob Sie es sinnvoll begründet oder nicht. Dies verstoße eindeutig gegen die europäische Menschenrechtskonvention, der Gleichheit von Mann und Frau. Ein unverheirateter Vater kann und darf nicht weniger Wert sein, wie ein Verheirateter. „Besuchsrecht ist Menschenrecht“!

Wenn dem deutschen Staate schon die Väter egal sind, so sollte man doch wenigstens meinen, die UN-Kinderrechtskonvention würde hierzulande eingehalten werden, aber auch hier verweigert sich die Bundesrepublik Deutschland und hat Ihre Vorbehalte.

Ein Vater erkauft sich nicht einmal mit Unterhaltszahlungen für sein leibliches Kind das Recht, dieses auch regelmäßig sehen zu dürfen. Auch hier sind uns andere Länder weit voraus. In Frankreich gilt Umgangsvereitelung als strafbarer Delikt und führt zum Verlust des Unterhaltsanspruches. Auch unser deutschsprachiges Nachbarland Österreich macht es uns vor und hat schon seit 10 Jahren die Verweigerung des Besuchsrechts als Tatbestand für Verwirkung des Ehegattenunterhaltsanspruchs für Österreich bestätigt.

Während jährlich zig-tausend Strafanzeigen gegen Väter wegen Verletzung der Unterhaltspflicht erfolgen und ein riesiger staatlicher Apparat damit beschäftigt ist, die Strafanzeigen zu erfassen, aufzuklären und zu verurteilen, ist in Deutschland, soweit bekannt, bisher noch keine einzige Mutter wegen Umgangsvereitelung strafrechtlich verurteilt worden.

Einzig bekannt geworden ist ein Urteil des OLG Nürnberg von 1993, das den Unterhaltsanspruch der den Umgang verweigernden Mutter herabsetzte, zugleich aber hinzufügte, der volle Unterhaltsanspruch würde wieder aufleben, wenn die Mutter ihre Verweigerungshaltung aufgibt. In Österreich dagegen wiegt Umgangsverweigerung als so schwere Verfehlung, dass der Unterhaltsanspruch erlischt, und zwar ein für allemal. Sogar im israelischen Recht gilt, dass keinen Ehegattenunterhalt zu zahlen braucht wem der Umgang verweigert wird.

Während damit Österreich, ähnlich wie Frankreich, empfindliche Sanktionen gegen Umgangsvereitelung eingeführt hat soll auch nach dem deutschen Kindschaftsrechtsreformgesetz Umgangsvereitelung ein Kavaliersdelikt bleiben.

Vermutlich ist bisher auch noch keine Mutter nach §171 StGB wegen Umgangsvereitelung angezeigt worden, obwohl hier eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bei Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht vorgesehen ist.

Wenn, wie in meinem Falle, dann noch das gemeinsame Sorgerecht fehlt, da die Trennung sich schon vorher ankündigte und die Mutter es verweigerte, dann bleibt dem Vater nichts. Obwohl die Vaterschaft nicht bestritten ist, bleiben oft nur Bilder als Erinnerung und die Hoffnung auf ein Wohlwollen der Mutter, die das Kind vielleicht doch einmal aus Mitleid für ein paar Stunden „freigibt“.

Wie sehr werden Mütter bedauert, wenn Sie Ihre Kinder nicht sehen dürfen. An den Vater denkt niemand, er ist ja schließlich ein gefühlsloser Samenspender, der verkraftet das schon, der soll sich nicht so anstellen.

Der deutsche Gesetzgeber formuliert in §1626 BGB "Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen." Im Umkehrschluss kann man daher folgern, dass die Umgangsvereitelung in der Regel dem Kindeswohl schadet.

Das Recht auf seinen Vater konnte sich bisher aber noch kein Kind erstreiten.

Dass dabei nicht nur gegen Menschenrechte sondern auch gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland selbst verstoßen wird, scheint keinem Politiker bisher aufgefallen zu sein.

§1626a BGB:

(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge dann gemeinsam zu, wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen), oder einander heiraten.

(2) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.

Widerspricht hierbei dem Grundgesetz:

Artikel 1 GG:

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Artikel 3 GG:

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechts, ... benachteiligt oder bevorzugt werden.

Artikel 6 GG:

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst Ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Artikel 19 GG:

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

„Deutschland ist im Familienrecht, Schlusslicht in Europa“, sagt Professor Jayme aus Heidelberg.

Fast genau 3 Jahre ist es her, als in Wilhelmshaven Menschen aus verschiedenen Nationen demonstrierten, um auf die Problematik der Väter und die Rechte der Kinder auf beide Eltern, aufmerksam zu machen. Denn auch ein Sorgerecht in einem anderen Land stellt für deutsche Gerichte ja keinen Grund dar, dieses auch in Deutschland anzuwenden. Weder ein Hungerstreik in Berlin, noch eine Demo auf der UN-Weltkonferenz durch die Children Rights International oder die regelmäßigen Demonstrationen Tausender Menschen an Vatertagen haben die deutsche Regierung zu irgendeiner Handlung bewegen können. Wegsehen war und ist hier stets die Devise, sei es im Sorgerecht oder beim Unterhalt – zumindest wenn es um die Rechte der Väter und Kinder geht.

Es ist die Ausgrenzung des zurückgebliebenen Elternteils unter Diskriminierung der Rechte des Kindes aus derer beiden Liebe und Leben. "Liebe" ist ein Begriff, der in der UN-Kinderrechtskonvention vorkommt. "Liebe" und "Vater" sind Begriffslücken im deutschen Grundgesetz.

Aus der Missachtung der Menschenrechtsdimension bei Familiensachen ergeben sich Völkerrechtsverletzungen bei internationalen Kindesentführungen, die Gerhard Schröder mit der Reaktion auf den Clinton-Besuch im Jahr 2000 eingestehen musste.

Wir schreiben bald das Jahr 2005 und die Bundesregierung scheint sich weiterhin blind und taub zu stellen und alles unter den sozialdemokratischen, rechtsstaatlichen Teppich zu kehren.

Wo wohnt der Geist Willy Brandts: „Zur Arbeit für die Menschenrechte gehört das Fegen vor der eigenen Tür.“? Scheinbar nicht in der Willy-Brandt-Strasse 1, dem Bundeskanzleramt.

Ich appelliere an Sie,

als engagierte, mutige Frau, die in den letzten Jahren vieles in Gang gebracht hat,

als Mutter und Adoptivmutter, die die Sorgen und Nöte von Kindern weltweit kennt und

als liebende Ehefrau, die ihrem Mann auch ohne Heirat den Umgang mit seinen Kindern sicher nicht verweigern würde,

als Journalistin, die aufzurütteln gelernt hat und zielstrebig eine Sache verfolgt,

helfen Sie mit, dass alle Kinder in Deutschland künftig auch nach der Trennung ihrer Eltern beide Elternteile, beide Großelternpaare und beide Hälften der Großfamilie lieb haben dürfen und ganz selbstverständlich mit ihnen zusammen sein können.

Stärken Sie die (Besuchs-)Rechte der unverheirateten Väter, auch derer ohne Sorgerecht.

Helfen Sie mit, dass internationales Recht nicht an deutschen Grenzen zu Fall gebracht wird, sondern Anstoß gibt, deutsches Recht zu überarbeiten. Daran denkend, dass besonders im Bezug auf Kinder die Zeit drängt – schon ein Jahr Besuchsverbot ist für ein Kleinkind und seinen Vater eine stark beziehungsschädigende, schmerzvolle Zeit. Ein Kind wird dem Vater kaum glauben, dass es nur die Gesetze waren, weshalb er sich nie hat bei ihm blicken lassen.

 

„Ich bin davon überzeugt, dass jeder an seinem Platz sich darum bemühen sollte, Menschen mit Problemen nicht alleine zu lassen.“

Zitat: Doris Schröder-Köpf

 

Mit freundlichen Grüssen,

 

Oliver Böhm

Mann und geduldeter Vater

 

 

 


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