Bundesverfassungsgericht

Unterhalt


 

 

 

 

Unterschiedliche Dauer der Unterhaltsansprüche für die Betreuung ehelicher und nichtehelicher Kinder verfassungswidrig

 

 

Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -

Pressemitteilung Nr. 56/2007 vom 23. Mai 2007

Zum Beschluss vom 28. Februar 2007 – 1 BvL 9/04 –

 

Unterschiedliche Dauer der Unterhaltsansprüche für die Betreuung ehelicher und nichtehelicher Kinder verfassungswidrig

Nach § 1570 BGB kann ein geschiedener Elternteil von dem früheren Ehegatten Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Übereinstimmend geht die Rechtsprechung davon aus, dass bis zum Alter eines Kindes von acht Jahren beziehungsweise bis zum Ende seiner Grundschulzeit für den betreuenden Elternteil keine Erwerbsobliegenheit besteht. Demgegenüber ist der in § 1615 l BGB normierte Anspruch eines Elternteils, der ein nichteheliches Kind betreut und deshalb einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, deutlich schwächer ausgestaltet. Die Verpflichtung des anderen Elternteils zur Gewährung von Unterhalt an den betreuenden Elternteil endet gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB im Regelfall spätestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes.

Diese unterschiedliche Regelung der Dauer des Unterhaltsanspruchs eines kinderbetreuenden Elternteils ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.

Sie verstößt gegen das in Art. 6 Abs. 5 GG an den Gesetzgeber gerichtete Gebot, nichtehelichen Kindern gleiche Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung zu schaffen wie ehelichen Kindern. Dies entschied der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts auf eine Vorlage des Oberlandesgerichts Hamm. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2008 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen. Bis zum Inkrafttreten der Neuregelung kommen die bestehenden Regelungen weiter zu Anwendung.

 

Die Entscheidung ist mit 7 : 1 Stimmen ergangen.

 

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

I. Der Gesetzgeber hat dem in Art. 6 Abs. 5 GG enthaltenen Verbot einer Schlechterstellung nichtehelicher Kinder gegenüber ehelichen Kindern zuwidergehandelt. Art. 6 Abs. 5 verbietet, mit zweierlei Maß zu messen und bei ehelichen Kindern eine erheblich längere persönliche Betreuung für angezeigt zu halten als bei nichtehelichen Kindern. Denn wie viel ein Kind an persönlicher elterlicher Betreuung und Zuwendung bedarf, richtet sich nicht danach, ob es ehelich oder nichtehelich geboren ist. Durch die ungleiche Dauer der Unterhaltsansprüche wegen der Betreuung von Kindern wird das nichteheliche Kind gegenüber dem ehelichen Kind zurückgesetzt, weil ihm die Möglichkeit genommen wird, ebenso lang wie ein eheliches Kind im Mittelpunkt elterlicher Sorge zu stehen.

Diese unterschiedliche Behandlung ist nicht gerechtfertigt.

1. Sie rechtfertigt sich nicht durch unterschiedliche soziale Situationen, in denen sich die Kinder befinden. Die tatsächlichen Lebensbedingungen von ehelichen Kindern geschiedener Eltern und nichtehelichen Kindern unterscheiden sich prinzipiell nur unwesentlich. In beiden Fällen ist der betreuende Elternteil auf die Sicherstellung seines Unterhalts angewiesen, wenn er das Kind persönlich betreuen und deshalb keiner Erwerbsarbeit nachgehen will.

2. Auch die im Gesetzgebungsverfahren angeführte große Bandbreite unterschiedlicher Lebensgestaltungen, die im Gegensatz zu verheirateten Eltern bei nichtverheirateten Eltern anzutreffen sei, vermag die ungleiche Dauer der Unterhaltsansprüche kinderbetreuender Elternteile nicht zu rechtfertigen. Art. 6 Abs. 5 GG bezweckt gerade die Gleichstellung von Kindern, deren Eltern keine Verantwortung füreinander übernommen haben, mit solchen Kindern, deren Eltern in ehelicher Verbundenheit füreinander und für ihr Kind Sorge tragen. Auf die Art der elterlichen Beziehung kommt es hinsichtlich eines Unterhaltsanspruchs, der wegen der Pflege oder Erziehung eines Kindes gewährt wird, nicht an. Der Unterhaltspflichtige wird vom Gesetz nicht um des anderen Elternteils willen, sondern wegen des Kindes in Anspruch genommen, damit dieses persönlich von einem Elternteil betreut werden kann. Auch führt die Vielgestaltigkeit nichtehelicher Beziehungen nicht zu unterschiedlicher Elternverantwortung gegenüber dem Kind.

3. Die ungleiche Dauer der Unterhaltsansprüche rechtfertigt sich auch nicht dadurch, dass bei geschiedenen Ehegatten im Gegensatz zu nicht miteinander verheirateten Eltern die eheliche Solidarität nachwirkt und Ansprüche begründen kann, die Nichtverheirateten nicht zustehen. Zwar ist es wegen des Schutzes, den die eheliche Verbindung durch Art. 6 Abs. 1 GG erfährt, nicht ausgeschlossen, einen geschiedenen Elternteil unterhaltsrechtlich besser zustellen als einen unverheirateten Elternteil, was sich mittelbar auch auf die Lebenssituation der mit diesen Elternteilen zusammenlebenden Kinder auswirken kann. So etwa hat ein geschiedener Elternteil ungeachtet des Alters des von ihm betreuten Kindes einen Unterhaltsanspruch gegen den anderen Elternteil, wenn er eine angemessene Erwerbsarbeit nicht findet. Räumt der Gesetzgeber aber dem geschiedenen Ehegatten einen Unterhaltsanspruch allein wegen der persönlichen Betreuung des gemeinsamen Kindes ein, dann verbietet es ihm Art. 6 Abs. 5 GG, die Dauer der für notwendig erachteten persönlichen Betreuung beim ehelichen Kind anders zu bemessen als bei einem nichtehelichen Kind.

Weder dem Wortlaut des § 1570 BGB noch seiner Entstehungsgeschichte ist eine über die Kinderbetreuung hinausgehende Ausrichtung des Unterhaltsanspruchs zu entnehmen. Für den vom Gesetzgeber erst später nachgeschobenen Hinweis, dass der Betreuungsunterhalt auch durch den zusätzlichen Schutzzweck der nachehelichen Solidarität begründet sei, finden sich keine Anhaltspunkte. Die ausschließlich nach dem Kindesalter bemessene Dauer des Unterhaltsanspruchs aus § 1570 BGB spricht vielmehr gegen die Annahme und Berücksichtigung eines solchen weiteren, die Dauer des Anspruchs bestimmenden Grundes. Auch die Rechtsprechung richtet die Unterhaltsdauer ausschließlich am Alter der Kinder aus. Das Alter eines Kindes ist sicherlich ein geeigneter Anknüpfungspunkt, um den Bedarf eines Kindes an persönlicher Betreuung durch einen Elternteil zu bestimmen. Das Alter ist aber kein tauglicher Maßstab dafür, zeitlich zu bestimmen, wie lange einem Elternteil nicht wegen der Kinderbetreuung, sondern wegen seines Vertrauens auf die während der Ehe eingenommene Rolle als Betreuer des Kindes Unterhalt gewährt werden sollte. Aufgrund der Anknüpfung ausschließlich an das Alter des Kindes beruht die unterschiedliche Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt allein auf einer unterschiedlichen Einschätzung des Betreuungsbedarfs von nichtehelichen und ehelichen Kindern. Dies aber verbietet Art. 6 Abs. 5 GG.

 

II. § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB verletzt dagegen nicht das von Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Elternrecht. Die zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs auf in der Regel drei Jahre ist im Lichte des Art. 6 Abs. 2 GG nicht zu beanstanden. Zum einen liegt es in der Einschätzungskompetenz des Gesetzgebers, für wie lange er es aus Kindeswohlgesichtspunkten für erforderlich und dem unterhaltspflichtigen Elternteil zumutbar erachtet, die persönliche Betreuung des Kindes durch einen Elternteil durch Gewährung eines Unterhaltsanspruchs an diesen zu ermöglichen. Zum anderen hat er jedem Kind ab dem dritten Lebensjahr einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz eingeräumt. Damit hat er sichergestellt, dass ein Kind ab diesem Alter in der Regel eine außerhäusliche Betreuung erfahren kann. Es ist eine vertretbare Einschätzung des Gesetzgebers, wenn er es deshalb nicht für notwendig erachtet hat, den betreuenden Elternteil länger von seiner Erwerbsobliegenheit zu entbinden, vielmehr unter Auswertung wissenschaftlicher Studien davon ausgegangen ist, eine Betreuung des Kindes im Kindergarten sei diesem nicht abträglich, sondern fördere wichtige Kompetenzen des Kindes.

 

III. Für die Beseitigung des verfassungswidrigen Zustands stehen dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. So kann er eine Gleichbehandlung der Regelungssachverhalte durch eine Änderung des § 1615 l BGB, durch eine Änderung von § 1570 BGB oder durch eine Neuregelung beider Sachverhalte vornehmen. Dabei hat er nur in jedem Fall einen gleichen Maßstab hinsichtlich der Dauer des Betreuungsunterhalts bei nichtehelichen und ehelichen Kindern zugrunde zu legen.

 

aus: http://www.bverfg.de/pressemitteilungen/bvg07-056.html

 

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

Die Entscheidung und Begründung des Bundesverfassungsgerichtes zeigt, dass man dort das Grundgesetz so auslegt, wie man es gerade für richtig hält. Heute so und morgen so. Das gab es früher nur bei Diktatoren und Königen, heute kommt die Willkür aus der verschlafenen Residenzstadt Karlsruhe,

Einerseits argumentieren die Richter der 3. Kammer bezüglich des Betreuungsunterhaltes für nichteheliche und eheliche Kinder

 

"Diese unterschiedliche Behandlung ist nicht gerechtfertigt.

1. Sie rechtfertigt sich nicht durch unterschiedliche soziale Situationen, in denen sich die Kinder befinden. Die tatsächlichen Lebensbedingungen von ehelichen Kindern geschiedener Eltern und nichtehelichen Kindern unterscheiden sich prinzipiell nur unwesentlich. In beiden Fällen ist der betreuende Elternteil auf die Sicherstellung seines Unterhalts angewiesen, wenn er das Kind persönlich betreuen und deshalb keiner Erwerbsarbeit nachgehen will."

 

Andererseits meinen die gleichen Richter, dass eine Ungleichbehandlung ehelicher und nichtehelicher Kinder beim Sorgerecht (Ausgrenzung des nichtverheirateten Vaters aus der elterlichen Sorge auf Grund eines eingeräumten Müttervetos - §1626a BGB) stünde im Einklang mit dem Grundgesetz. Gott schütze uns vor solchen Verfassungsrichtern.

 

 

 


 

Karlsruhe: Im Unterhaltsrecht alle Kinder gleichstellen

Das Bundesverfassungsgericht hat die Benachteiligung unverheirateter Mütter bei Unterhaltszahlungen als verfassungswidrig verurteilt. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) ließ am 23. Mai 2007 offen, ob die Reform des Unterhaltsrechts damit wie geplant an diesem Freitag im Bundestag verabschiedet werden und am 1. Juli in Kraft treten kann: „Das kann ich noch nicht sagen.“ Der Rechtsausschuss des Bundestags wird in einer Sondersitzung an diesem Donnerstag über mögliche Konsequenzen aus dem Richterspruch beraten. Eigentlich wollte das Gremium den nach langem Streit ausgehandelten Koalitionskompromiss am Mittwoch beschließen. Frau Zypries sagte, sie sei zuversichtlich, dass mögliche Korrekturen an dem neuen Gesetz sehr schnell gemacht werden könnten. Zumindest die neue Unterhaltstabelle solle zum 1. Juli gelten. Die Ministerin äußerte sich erfreut darüber, dass das Verfassungsgericht die Position der SPD bestätigt habe, wonach es bei der Betreuung von Kindern nicht darauf ankomme, ob sie ehelich oder unehelich geboren seien.

Nach Ansicht der Richter ist die Benachteiligung unverheirateter Eltern bei Unterhaltszahlungen für die Betreuung ihrer Kinder verfassungswidrig. Die unterschiedliche Dauer des Unterhaltsanspruchs verstoße gegen das Grundgesetz. Geschiedene Mütter oder Väter, die für ihre Kinder sorgen, haben bisher mindestens bis zum achten Lebensjahr des Kindes Anspruch auf Unterhalt, ohne selbst arbeiten zu müssen. Bei Unverheirateten endet die Verpflichtung des anderen Elternteils zur Gewährung von Unterhalt schon nach drei Jahren. Das verstößt nach Ansicht des Ersten Senats gegen das verfassungsrechtliche Gebot, nichtehelichen Kindern die gleichen Bedingungen für ihre Entwicklung zu schaffen wie ehelichen Kindern. Der Gesetzgeber muss nun bis Ende 2008 eine Neuregelung treffen. Die Entscheidung fiel mit sieben zu einer Richterstimmen nach einer Vorlage durch das Oberlandesgericht Hamm.

Das Grundgesetz verbietet es nach Ansicht der Karlsruher Richter, mit zweierlei Maß zu messen: „Wie viel ein Kind an persönlicher elterlicher Betreuung und Zuwendung bedarf, richtet sich nicht danach, ob es ehelich oder nichtehelich geboren ist.“ Durch die unterschiedliche Dauer der Unterhaltsansprüche wegen der Betreuung von Kindern werde das nichteheliche Kind gegenüber dem ehelichen zurückgesetzt. Denn es werde ihm die Möglichkeit genommen, „ebenso lang wie ein eheliches Kind im Mittelpunkt elterlicher Sorge zu stehen“. Die Lebensbedingungen von ehelichen Kindern geschiedener Eltern und von nichtehelichen Kindern unterschieden sich nur unwesentlich.

In beiden Fällen sei der betreuende Elternteil auf Unterhalt angewiesen, wenn er das Kind selbst betreuen und keiner Erwerbstätigkeit nachgehen wolle. Auf die Art der elterlichen Beziehung komme es nicht an. Mit der „nachehelichen Solidarität“ könne ein Unterschied beim Unterhaltsanspruch nicht begründet werden. Zwar sei es nicht ausgeschlossen, einen geschiedenen Ehegatten unterhaltsrechtlich besserzustellen. Gehe es jedoch um einen Unterhaltsanspruch allein wegen der persönlichen Betreuung des Kindes, dann sei ihm eine Differenzierung untersagt. Die zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs auf in der Regel drei Jahre für die Betreuung nichtehelicher Kinder verletze dagegen nicht das in der Verfassung verankerte Elternrecht. Es liege in der Einschätzungskompetenz des Gesetzgebers, zu entscheiden, wie lange ein betreuender Elternteil Unterhalt bekommen solle. Zudem habe er jedem Kind vom dritten Lebensjahr an einen Kindergartenplatz zugestanden und damit sichergestellt, dass es außerhalb des Hauses betreut werden könne.

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24.5.2007

 

 

 

 

Kommentar Väternotruf.

Wenn einer über seine eigene Beine stolpert, dann können das am besten die Richter beim 1. Senat des Bundesverfassungsgerichtes. So behaupten diese jetzt, das es ihnen darauf ankäme, keine rechtlichen Unterschiede zwischen ehelich geborenen und nichtehelich geborenen Kindern zuzulassen, dabei war es der selbe Senat des Bundesverfassungsgerichtes, der in seinem Urteil vom 29. Januar 2003 - 1 BvL 20/99 und 1 BvR 933/01 - für verfassungskonform hielt, dass nichteheliche Kinder nur dann die elterliche Sorge ihres Vaters erfahren dürfen, wenn dies die Mutter der Kinder will.

Nun ist der sogenannte Gesetzgeber gefragt. Die typisch sozialdemokratische Muttivariante dürfte lauten, nichtverheiratete Väter werden nun auch acht Jahre lang für den Unterhalt der nichtverheirateten arbeitsunwilligen Mütter herangezogen. Selbstverständlich bleiben nichtverheiratete Väter weiterhin ohne eigenes Sorgerecht. Wer so eine männerfeindliche Partei wie die SPD noch wählt, der muss sich nicht wundern, wenn der alte August Bebel aus seinem Grab aufsteigt und ihm oder ihr links (Die Linke) und rechts (CDU) eine kräftige Ohrfeige haut.

 

 

 


 

 

 

 

 

 

Familienurteil aus Karlsruhe

 

Kinder sind Kinder

Gelegentlich muss man dankbar sein, dass es das Bundesverfassungsgericht gibt. Beseitigt doch das gestrige Urteil zum Betreuungsunterhalt eine derart offensichtliche Ungerechtigkeit, dass sich die Fachjuristen im Justizministerium schon fragen lassen müssen, wie es dazu je kommen konnte. Mit welchem Grund, fragte das Gericht, sollten Kinder nichtehelicher Eltern gegenüber Kindern verheirateter Paare benachteiligt werden – und statt acht Jahre lediglich drei Jahre Betreuungsunterhalt in Anspruch nehmen dürfen? Man muss sich den Begründungsversuch der Bundesregierung dazu ganz genau anschauen: Weil Eheleute auch im Falle des Scheiterns ihrer Ehe zu „nachehelicher Solidarität“ verpflichtet seien – bei nicht verheirateten Eltern, deren Lebensentwürfe „von der flüchtigen Affäre bis zur langdauernden Partnerschaft“ reichten, sei das dagegen anders. Wer so argumentiert, kann uneheliche Kinder eigentlich gleich zur Zwangsadoption freigeben.

Die Entscheidung aus Karlsruhe behandelt alle Kinder gleich – und kommt zum richtigen Zeitpunkt: In die anstehende Reform des Unterhaltsrechts gehört eine generelle Gleichbehandlung ehelicher und nichtehelicher Kinder. SB

http://www.tagesspiegel.de/meinung/archiv/24.05.2007/3285412.asp

 

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

Wer da glaubt, im Bundesjustizministerium würde geballter Sachverstand sitzen, der irrt ganz offensichtlich. Dort sitzen hoch bezahlte Beamte, die abwarten, was ihnen das träge Bundesverfassungsgericht oder die ebenso träge Bundesregierung, bzw. die mütterlastige und väterfeindliche Schwatzbude, genannt Bundestag  in Auftrag gibt. Ein Beamter im Bundesjustizministerium ist doch kein Reformer oder gar ein Revolutionär, sonst wäre er auch gar nicht in einen der vielen ausgepupten Sessel im Bundesjustizministerium gekommen. 

 

 

 

 


 

 

 

 

http://www.bundesverfassungsgericht.de/cgi-bin/link.pl?presse

 

Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -Pressemitteilung Nr. 42/2001

vom 24. April 2001

Dazu Beschluss vom 27. März 2001 - 1

BvR 356/01 -

Verfassungsbeschwerde gegen geänderte Kindergeldanrechnung nicht angenommen

Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat eine Verfassungsbeschwerde von insgesamt 22 Beschwerdeführern gegen die geänderten Vorschriften über die Anrechnung des Kindergelds auf die Unterhaltspflicht (§ 1612 b BGB) nicht zur Entscheidung angenommen.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerdeführer darauf verwiesen, zunächst vor den ordentlichen Gerichten die Auslegung und Anwendung der von ihnen für verfassungswidrig gehaltenen Vorschriften klären zulassen.

Beschluss vom 27. März 2001 - Az. 1 BvR 356/01 -

Karlsruhe, den 24. April 2001

http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20010327_1bvr0

 

35601

Zitierung: BVerfG, 1 BvR 356/01 vom 27.3.2001, Absatz-Nr. (1 - 8),

http://www.bverfg.de/

 

Frei für den privaten Gebrauch. Kommerzielle Nutzung nur mit Zustimmung des Gerichts.

 

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT- 1 BVR 356/01 -

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

1. des Herrn S...,

2. des Herrn L...,

3. des Herrn C...,

4. des Herrn S...,

5. des Herrn F...,

6. des Herrn F...,

7. des Herrn G...,

8. des Herrn K...,

9. des Herrn M...,

10. des Herrn P...,

11. K...,

12. des Herrn H...,

13. des Herrn L...,

14. des Herrn B...,

15. des Herrn L...,

16. des Herrn S...,

17. des Herrn K...,

18. der Frau W...,

19. der Frau K...,

20. des Herrn S...,

21. der Frau E...,

22. des Herrn S...

- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Oliver Grebe,Jägerstraße 70, 10117 Berlin -

gegen § 1612 b Abs. 5 BGB in der Fassung des Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2. November 2000 (BGBl I S. 1479) hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Papier und die Richterinnen Haas, Hohmann- Dennhardt gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 27. März 2001 einstimmig beschlossen:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen § 1612 b Abs. 5 BGB in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung. 1

I. § 1612 b Abs. 5 BGB wurde durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2. November 2000 (BGBl I S. 1479) dahin geändert, dass die gemäß § 1612 b Abs. 1 BGB angeordnete hälftige Anrechnung des auf das Kind entfallenden Kindergeldes auf die Unterhaltspflicht des Barunterhaltspflichtigen nicht wie bisher unterbleibt, soweit der Unterhaltspflichtige außerstande ist, Unterhalt in Höhe des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten, sondern bereits, soweit er zur Leistung von Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrages außerstande ist. 2

Die Beschwerdeführer machen geltend, durch den erweiterten Ausschluss der Kindergeldanrechnung in ihren Grundrechten aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG sowie Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG verletzt zu sein. Durch die Neuregelung entstünden den Beschwerdeführern finanzielle Nachteile, die es ihnen teilweise unmöglich machten, sowohl ihren eigenen Lebensunterhalt zu finanzieren als auch das ihnen zustehende Umgangsrecht mit ihren Kindern auszuüben und den damit verbundenen Erziehungsauftrag zu erfüllen. Außerdem würden die Beschwerdeführer gegenüber kinderlosen Einkommensbeziehern mit gleich hohem Einkommen, Eltern in intakten Familien sowie Barunterhaltspflichtigen mit höheren Einkommen ohne sachlichen Grund benachteiligt. 3

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor, weil die Verfassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat (BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen § 1612 b Abs. 5 BGB ist unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde unzulässig. 4

Der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde verpflichtet die Beschwerdeführer, vor einer Anrufung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich die Fachgerichte mit ihrem Anliegen zu befassen. Das gilt nicht nur dann, wenn das Gesetz einen Auslegungs- oder Entscheidungsspielraum offen lässt, sondern auch, wenn ein solcher Spielraum fehlt. Erreicht werden soll, dass das Bundesverfassungsgericht nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weitreichende Entscheidungen trifft. Bei der Rechtsanwendung durch die sachnäheren Fachgerichte können - aufgrund besonderen Sachverstandes - möglicherweise für die verfassungsrechtliche Prüfung erhebliche Tatsachen zutage gefördert werden. Die Pflicht zur Anrufung der Fachgerichte besteht ausnahmsweise dann nicht, wenn die angegriffene Regelung die Beschwerdeführer zu Dispositionen zwingt, die später nicht mehr korrigiert werden können, oder wenn die Anrufung der Fachgerichte den Beschwerdeführern nicht zuzumuten ist, etwa weil das offensichtlich sinn- und aussichtslos wäre. Kann der mit dem Subsidiaritätsgrundsatz insbesondere verfolgte Zweck, eine fachgerichtliche Klärung der verfassungsrechtlich relevanten Sach- und Rechtsfragen herbeizuführen, nicht erreicht werden, ist die vorherige Anrufung der Fachgerichte gleichfalls entbehrlich (BVerfGE 79, 1 <19 f.>; vgl. auch BVerfGE 74, 69 <74 f.>). In Anwendung dieser Grundsätze ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig. 5

Hinsichtlich der Anrechnung des Kindergeldes auf die Barunterhaltspflicht steht den Beschwerdeführern der Rechtsweg offen. Einwendungen gegen die Art und Höhe der Kindergeldanrechnung können sowohl im Rahmen einer Leistungs-, Abänderungs- oder Feststellungsklage als auch im vereinfachten Verfahren zur Unterhaltsfestsetzung oder zur Abänderung von Unterhaltstiteln gemäß §§ 645, 655 ZPO geltend gemacht werden (vgl. § 648 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe c, § 655 Abs. 3 ZPO). Auslegung und Tragweite von § 1612 b Abs. 5 BGB sind daher zunächst durch die Fachgerichte zu klären. 6

Dafür, dass die Beschwerdeführer durch die Gesetzesänderung zu später nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen gezwungen oder schon jetzt zu Dispositionen veranlasst würden, die sie später nicht mehr korrigieren können, oder dass eine fachgerichtliche Klärung der Sach- und Rechtsfrage nicht erreichbar wäre, ist nichts vorgetragen und auch nichts ersichtlich. 7

Diese Entscheidung ist unanfechtbar. 8

Papier Haas Hohmann-Dennhardt

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

Die Entscheidung bedeutet nicht, dass die Kindergeldkürzung verfassungskonform wäre, sondern, dass das Bundesverfassungsgericht hier der Ansicht war, dass die Beschwerdeführer auch auf einem andern Weg ihr Anliegen vortragen könnten, als den über die Verfassungsbeschwerde.

 

 


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