Internationales Familienrecht


 

 

 

Gerhard Schomburg (2004).

Das Übereinkommen des Europarats über den Umgang mit Kindern.

KindPrax Spezial, Internationales Familienrecht und seine Auswirkungen auf die Praxis. S. 7-14.

 

 


 

 

 

Kinder im Niemandsland

EU soll Sorgerecht grenzüberschreitend durchsetzen

 

 

Wenn private Konflikte in Europa Grenzen überschreiten, können sie fast zu Staatsaffären werden. Vor wenigen Monaten protestierten französische Väter in Berlin mit einem Hungerstreik, weil sie nach der Scheidung von ihren deutschen Ehefrauen keinen Kontakt mehr zu ihren Kindern bekamen. Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac sah in deutschen Gerichten schon „das Gesetz des Dschungels“ regieren.

Immer wieder geraten gescheiterte „binationale Ehen“ in die Schlagzeilen, wenn aus den gemeinsamen Kindern Streitobjekte werden und die Familien auch noch zwischen die Mühlsteine der unterschiedlichen Rechtssysteme in Europa geraten.

Beim Treffen der europäischen Justizminister in Santiago de Compostela steht derzeit erneut der Versuch auf der Tagesordnung, juristische Lösungen für diese privaten Tragödien zu finden. Das weltberühmte Pilger-Ziel in Spanien ist symbolhaft genau der richtige Ort für den Fortgang einer mühseligen Arbeit. Die spanische Ratspräsidentschaft macht jetzt Druck:

„Die Bürger erwarten, dass wir hier endlich zu Lösungen kommen.“

Einen Meilenstein haben die Politiker sogar schon hinter sich gelassen. Seit 1. März 2001 gilt in der Europäischen Union eine Verordnung, die zum ersten Mal festlegt, welches Gericht zuständig ist, wenn ein „binationales“ Paar sich scheiden lässt. Hat das Paar zuletzt etwa in Deutschland zusammengelebt, ist ein deutsches Gericht zuständig für die Scheidung und die Sorgerecht-Vergabe für die Kinder. Zuvor war es immer wieder vorgekommen, dass jede der streitenden Parteien unterschiedliche Urteile in den jeweiligen Heimatländern erwirken konnte.

Für die deutsche Europaparlamentarierin Evelyn Gebhardt ist das längst nicht genug. Denn immer wieder kommt es vor, dass nach einer Scheidung der nicht sorgeberechtigte Elternteil keine Chance mehr hat, seine Kinder zu sehen. Das bringt verzweifelte Väter oder Mütter immer wieder dazu, ihre Kinder zu entführen. Will dann aber etwa ein französischer Vater sein Sorgerecht geltend machen und von seiner Ex-Ehefrau in Deutschland die Herausgabe der widerrechtlich festgehaltenen Kinder verlangen, muss er sich auf einen langen Rechtsstreit gefasst machen.

Denn ein französischer Vollstreckungstitel wird nicht ohne weiteres von deutschen Behörden ausgeführt. „Die Besuchs- und Umgangsrechte sind in Europa noch nicht ausreichend geregelt“, sagt Gebhardt. Fernziel der Justizminister ist es daher, im Familienrecht zu einem Vollstreckungsverfahren zu kommen, das in allen EU-Staaten unmittelbar umgesetzt wird.

Da es lange dauern kann, bis die Juristen Lösungen finden, hat sich Europaparlamentarierin Gebhardt mit fünf Kollegen zu einer bemerkenswerten deutsch-französischen Initiative zusammengefunden:

Abgeordnete des Europaparlaments, des Deutschen Bundestages und der französischen Nationalversammlung betreuen und beraten geschiedene deutsch-französische Paare. Immer wieder kommt es vor, dass es eine der Parteien nur wegen der unterschiedlichen nationalen Rechtssysteme nicht wagt, dem anderen die Kinder besuchsweise zu überlassen. „Tiefe Ängste“ konstatiert Gebhardt. Die „binationalen“ Abgeordneten versuchen diesen Familien in Europa nun zu vermitteln, was wichtiger sein kann als ein Gesetz: Vertrauen.

Cornelia Bolesch

http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/artikel122940.php

 

"Washington Post" 31/1/2002:

Traduction française:

http://www.inf.ethz.ch/~gut/soscag/020131_washingtonpost_f.txt

 

Traduction allemande:

http://www.inf.ethz.ch/~gut/soscag/020131_washingtonpost_d.txt

 

Texte anglais:

http://www.inf.ethz.ch/~gut/soscag/020131_washingtonpost.txt

 

Original:

http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A64991-2002Jan30.html

 

 


 

 

Fachzeitschrift: 

 

IPRax - Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrecht

ISSN 072-06585

iprax@uni-koeln.de

 

 

 

 

 


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