Kabinettsjustiz


 

 

Kabinettsjustiz und Königs Gerechtigkeit — Der Fall des Müllers Arnold

Der Müller Arnold war 1779 Erbpächter einer Wassermühle. Seine Arbeit wurde behindert, weil am Oberlauf des Bachs Karpfenteiche angelegt worden waren; seine Einnahmen gingen zurück, und der Grundherr ließ die Erbpacht versteigern. Erwerber war — über einen Strohmann — just der Grundbesitzer, der die Teiche angelegt hatte. Den Schadensersatzprozess gegen diesen Grundherrn verlor der Müller in allen Instanzen. Friedrich der Große verhaftete die beteiligten Richter und verlangte vom Kammergericht, sie wegen Rechtsbeugung zu bestrafen. Das Kammergericht weigerte sich, woraufhin der König das Verfahren an sich zog und die Richter zu einem Jahr Festungshaft und Zahlung von Schadensersatz verurteilte. Der Müller erhielt seine Mühle zurück.

Zu Recht wird die Standhaftigkeit des Kammergerichts als beispielhafte Abwehr von Kabinettsjustiz gefeiert. Und dennoch, der König hatte das richtige Gefühl. Der arme Müller konnte sich gegen die Mächtigen nicht durchsetzen, und nach heutigen Erkenntnissen wurden die Richter zu Recht verurteilt.

 

aus: "Gerechtigkeit und Fairness im familiengerichtlichen Verfahren - Versuch einer Bestandsaufnahme -"

Margarethe Fabricius-Brand, Rechtsanwältin und Diplompsychologin, Hannover

in: "Familie, Partnerschaft, Recht", FPR 3/2000, S. 144-151

 

 


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