Reichskriegsgericht


 

 

 

 

 

Reichskriegsgericht

 

1. Senat:

Dr. Krsell - Senatspräsident des 1. Senat des Reichskriegsgericht (ab , ..., 1942) http://de.wikipedia.org/wiki/Libertas_Schulze-Boysen

 

General Maßhoff - 1. Senat des Reichskriegsgericht (ab , ..., 1942) http://de.wikipedia.org/wiki/Libertas_Schulze-Boysen

Vizeadmiral Arpe - 1. Senat des Reichskriegsgericht (ab , ..., 1942) http://de.wikipedia.org/wiki/Libertas_Schulze-Boysen

Generalmajor Stutzer - 1. Senat des Reichskriegsgericht (ab , ..., 1942) http://de.wikipedia.org/wiki/Libertas_Schulze-Boysen

Reichskriegsgerichtrat Dr. Schmitt - 1. Senat des Reichskriegsgericht (ab , ..., 1942) http://de.wikipedia.org/wiki/Libertas_Schulze-Boysen

 

als Vertreter der Anklage: Oberkriegsgerichtsrat Dr. Roeder - 1. Senat des Reichskriegsgericht (ab , ..., 1942) http://de.wikipedia.org/wiki/Libertas_Schulze-Boysen

 

 

2. Senat:

 

 

 

Richter am Reichskriegsgericht

Georg von Küchler (* 30. Mai 1881 auf Schloss Philippsruhe bei Hanau; † 25. Mai 1968 in Garmisch-Partenkirchen) war ein deutscher Generalfeldmarschall und während des Zweiten Weltkrieges Oberbefehlshaber von Armeen und Heeresgruppen sowie Ehrenritter des Johanniterordens.

Er wurde im April 1949 in Nürnberg im OKW-Prozess wegen Kriegsverbrechen zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt und 1953 vorzeitig entlassen.

Nach der Beförderung zum Generalmajor am 1. April 1935 wurde er im Jahr darauf zum Inspekteur der Kriegsschulen ernannt. Am 1. Dezember 1935 (inzwischen war aus der Reichswehr die Wehrmacht geworden) wurde er zum Generalleutnant befördert. Bevor er am 1. April 1937 als General der Artillerie zum Kommandierenden General des I. Armeekorps ernannt wurde, war Küchler ein halbes Jahr lang stellvertretender Präsident des Reichskriegsgerichts. Das I. Armeekorps hatte seinen Sitz in Königsberg. ... https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_von_K%C3%BCchler

 

 

 

 

 


 

 

Reichskriegsgericht

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Das Reichskriegsgericht war in der Zeit des Nationalsozialismus das höchste deutsche Militärgericht.

Geschichte

Bereits in der Zeit der deutschen Monarchie (bis 1919) gab es eine eigene Gerichtsbarkeit für Militärangehörige. Oberste Instanz war das Reichsmilitärgericht. Im Dritten Reich wurde die Militärgerichtsbarkeit - die während der Weimarer Republik nicht existierte - wieder eingeführt. Dies geschah durch einen besonderen Erlass vom 12. Mai 1933. Die Institution des Reichskriegsgerichts wurde durch einen weiteren Erlass vom 5. September 1936 am 1. Oktober 1936 gegründet. Im Zweiten Weltkrieg war es nicht nur für Offiziere der Wehrmacht zuständig, sondern auch Zivilisten wurden hier verfolgt. Dabei fungierte das Reichskriegsgericht als erste und letzte Instanz unter anderem bei folgenden Anklagen:

* Hochverrat,

* Landesverrat,

* Kriegsverrat,

* Wehrkraftzersetzung und

* Kriegsdienstverweigerung.

Dem Reichskriegsgericht werden für die Zeit von 1939 bis 1945 über 1.400 Todesurteile zugeschrieben. Unter anderem wurden hier Angehörige der Roten Kapelle zum Tode verurteilt.

Der Dienstsitz des Reichskriegsgerichts lag bis 1943 in der Witzlebenstraße 4-10 im Berliner Bezirk Charlottenburg, wo von 1946 bis zum Abzug der Alliierten das Kammergericht untergebracht war. Wegen der zunehmenden Bombenabwürfe auf Berlin wurde das Reichskriegsgericht 1943 zuerst nach Potsdam und dann nach Torgau verlegt.

 

Gedenktafel für Kriegsdienstverweigerer und Widerstandskämpfer am ehemaligen Reichskriegsgericht in Berlin

Gedenktafel für Franz Jägerstätter am ehemaligen Reichskriegsgericht in Berlin

Gedenktafel für Karl Sack am ehemaligen Reichskriegsgericht in Berlin

 

http://de.wikipedia.org/wiki/Reichskriegsgericht

12.12.2009

 

 


 

 

 

Libertas Schulze-Boysen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Libertas Schulze Boysen (US-CIC-Akte)

Libertas Schulze-Boysen, geborene Libertas Viktoria Haas-Heye (* 20. November 1913 in Paris; † 22. Dezember 1942 in Berlin-Plötzensee) gehörte im Dritten Reich zur Widerstandsgruppe Rote Kapelle.

Leben 

„Feldurteil“ des Reichskriegsgerichts vom 19. Dezember 1942

Libertas Schulze-Boysen war das jüngste von drei Kindern des aus Heidelberg stammenden Modeschöpfers Prof. Otto Ludwig Haas-Heye (1879–1959) und dessen Frau Viktoria Ada Astrid Agnes, Fürstin zu Eulenburg und Hertefeld, Gräfin Sandels (1886–1967). Die Eltern hatten am 12. Mai 1909 in Liebenberg geheiratet und danach zeitweise in London und Paris gelebt. Libertas’ Geschwister waren Ottora Maria (* 13. Februar 1910 in Garmisch-Partenkirchen) und Johannes Haas-Heye (* 16. März 1912 in London).

Die Mutter, genannt „Thora“, entstammte einer alten preußischen Adelsfamilie. Sie war das jüngste von acht Kindern des preußischen Diplomaten Philipp zu Eulenburg (1847–1921) und dessen schwedischer Ehefrau, Augusta Gräfin Sandels (1853–1941). Als Libertas acht Jahre alt war, ließen sich die Eltern scheiden. Libertas verbrachte einen Teil ihrer Kindheit auf dem bei Berlin gelegenen Landgut der Eulenburgs[1] Schloss Liebenberg (heute Löwenberger Land).

Ab 1922 besuchte sie eine Schule in Berlin und lebte beim Vater, der die Modeabteilung des Kunstgewerbemuseums in der Prinz-Albrecht-Straße 8 leitete. Auf den weiten Fluren dieses Gebäudes, das 1933 zur Gestapozentrale wurde, spielte Libertas mit ihren Geschwistern und anderen Kindern. Sie wurde dabei betreut von der Zeichenlehrerin Valerie Wolffenstein, mit der Libertas den Sommer 1924 in der Schweiz verbrachte. Von 1926 bis 1932 besuchte sie das Mädchen-Lyzeum in Zürich. Nach dem Abitur und einem Aufenthalt in Großbritannien wurde sie 1933 in der Berliner Niederlassung der Filmgesellschaft Metro-Goldwyn-Mayer als Pressereferentin eingestellt. 1933 wurde Libertas auch Mitglied der NSDAP.[2]

1935 engagierte sich Libertas für den „Freiwilligen Arbeitsdienst für die weibliche Jugend“ in Glindow bei Potsdam. 1934 machte sie die Bekanntschaft von Harro Schulze-Boysen, den sie am 16. Juli 1936 in Liebenberg heiratete. Anfang 1937 verließ sie die NSDAP, der sie seit März 1933 als Mitglied angehört hatte. In der Folgezeit verfasste sie unter anderem Filmkritiken. Gleichzeitig sammelte sie im Reichspropagandaministerium Bildmaterial über deutsche Kriegsverbrechen. Ihren Mann unterstützte sie auf der Suche nach gleichgesinnten Gegnern des NS-Regimes. Ende Oktober 1941 traf sie einen Offizier des sowjetischen Geheimdienstes GPU und vermittelte ihm einen Kontakt zu ihrem Mann.

Libertas Schulze-Boysen begann im Sommer 1942 gemeinsam mit Alexander Spoerl in der Kulturfilmzentrale Bildmaterial über Gewaltverbrechen an der Ostfront zu sammeln. Diese Informationen wurden zum Ausgangspunkt für ein Flugblatt. Nach Entdeckung der Verbindungen zur Sowjetunion wurden Libertas und ihr Mann verhaftet und vor dem Reichskriegsgericht angeklagt. Das Verfahren endete am 19. Dezember 1942 mit Todesurteilen. Libertas Schulze-Boysen wurde im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee hingerichtet.[3]

Ehrungen

Berliner Gedenktafel für die Schulze-Boysens am Haus Altenburger Allee 19 in Berlin-Westend

* Alexander Spoerl hat Libertas Schulze-Boysen seinen 1950 erschienenen Roman Memoiren eines mittelmäßigen Schülers gewidmet.

* Im Berliner Stadtteil Lichtenberg wurde 1972 eine Straße nach dem Ehepaar Schulze-Boysen benannt.

* Die Libertas-Kapelle[4] im Schloß Liebenberg ist ihr gewidmet.

* An ihrem letzten Wohnhaus in der Altenburger Allee 18 in Berlin-Westend gibt es eine Berliner Gedenktafel.

Literatur 

* Elsa Boysen: Harro Schulze-Boysen - Das Bild eines Freiheitskämpfers (Erstauflage 1947), Fölbach Verlag, Koblenz 1992, ISBN 3-923532-17-2

* Rolf Aurich und Wolfgang Jacobsen (Hrsg.): Libertas Schulze-Boysen. Filmpublizistin (Konzeption und Redaktion: Rolf Aurich, Wolfgang Jacobsen, Wenke Wegner, hrsg. in Zusammenarbeit mit der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen), edition text + kritik, München 2008, 170 S., ISBN 978-3-88377-925-6 (Band 7 der Buchreihe Film & Schrift)

* Hans Coppi junior: Harro Schulze-Boysen - Wege in den Widerstand, Fölbach Verlag, Koblenz 1995, ISBN 3-923532-28-8

* Silke Kettelhake: Erzähl allen, allen von mir! Droemer Knaur, 2008. 432 Seiten. ISBN 342627437X

* Gert Rosiejka: Die Rote Kapelle. „Landesverrat“ als antifaschistischer Widerstand. - Mit einer Einführung von Heinrich Scheel. ergebnisse-Verlag: Hamburg 1986, ISBN 3-925622-16-0

* Hans Coppi / Johannes Tuchel: Libertas Schulze-Boysen und die Rote Kapelle. Berlin 2004

Einzelnachweise 

1. ↑ Liebenberg unter den Eulenburgs von 1867 bis jetzt

2. ↑ http://www.berlin-hidden-places.de/WerbeLinkseiten/Zeitgeschichte_Berlin_Link.htm

3. ↑ Peter Steinbach und Johannes Tuchel: Lexikon des Widerstandes 1933 - 1945. C.H. Beck; 2. überarb. u. erw. Auflage 1998; ISBN 340643861X; S. 178f.

4. ↑ http://deutschland-im-internet.de/brb/loewenberg/museum.html

Weblinks

* Literatur von und über Libertas Schulze-Boysen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek (Datensatz zu Libertas Schulze-Boysen • PICA-Datensatz)

* Dauerausstellung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand

* Schulze-Boysen-Straße

* Libertas Schulze-Boysen und die Rote Kapelle (Begleitheft zu einer Ausstellung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand) (PDF-Datei; 1,09 MB)

 

http://de.wikipedia.org/wiki/Libertas_Schulze-Boysen

12.12.2009

 

 


 

 

 

Wehrmachtserschießungsstätte Berlin Ruhleben

 

Denkzeichen zur Erinnerung an die Ermordeten der NS-Militärjustiz am Murellenberg

Zugang von der Glockenturmstraße, 23.4.2010, Foto: KHMM

Zugang von der Glockenturmstraße, 23.4.2010, Foto: KHMM

Die Gedenkstätte wurde am 8.5.2002 vom Senator für Stadtentwicklung, Peter Strieder und von Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen eingeweiht.

Am Murellenberg existierten militärische Anlagen mit Kasernen und Schießständen seit der Zeit um 1840. Sie wurden unter anderem nach dem 2. Weltkrieg von den Alliierten und nach 1989 von der Polizei genutzt.

Am 28.11.2007 wurde der größte Teil des ehemaligen Sperrgebiets als rund 38 ha große neue Erholungsfläche der Öffentlichkeit übergeben. Damit ist dieses Gebiet nach rund 150 Jahren militärischer Nutzung wieder öffentlich zugänglich.

Textspiegel, 23.4.2010, Foto: KHMM

Textspiegel, 23.4.2010, Foto: KHMM

Unter den Nationalsozialisten wurde hier eine Wehrmachtshinrichtungsstätte errichtet: In der Murellenschlucht, am Hang des Murellenberges wurden zwischen dem 12. August 1944 und dem 14. April 1945 Deserteure, Wehrdienstverweigerer und Befehlsverweigerer unterschiedlicher Dienstgrade, mehrheitlich nach Urteilen des Reichskriegsgerichtes, standrechtlich erschossen.

Die genaue Zahl ist nicht bekannt, ca. 230 sind bisher namentlich ermittelt; viele der Exekutierten wurden im Spandauer Fort Hahneberg beerdigt. Erst 1998 hob der Deutsche Bundestag per Gesetz die rechtsstaatswidrigen Entscheidungen der "NS-Terrorjustiz" auf und sprach den Opfern "Achtung und Mitgefühl" aus.

Die Erschießungsstätte, 23.4.2010, Foto: KHMM

Die Erschießungsstätte, 23.4.2010, Foto: KHMM

Eine Initiative der evangelischen Kreissynode und einzelner Bürger bemühte sich seit 1994, später unterstützt von der Bezirksverordnetenversammlung, um die Errichtung einer Erinnerungsstätte. Im Herbst 2000 lobte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung einen Wettbewerb für ein Mahnmal aus. Im März 2001 entschied sich die Jury einstimmig für den Entwurf der Berliner Künstlerin Patricia Pisani: 106 Verkehrsspiegel wurden entlang des Waldweges von der Glockenturmstraße am Olympiastadion bis in die Nähe des Erschießungsortes hinter der Waldbühne aufgestellt. Der genaue Ort ist nicht bekannt.

Zugang vom Murellenweg, 23.4.2010, Foto: KHMM

Zugang vom Murellenweg, 23.4.2010, Foto: KHMM

Auf 16 Spiegeln informieren eingravierte Texte über das Geschehen in der Murellenschlucht. Die übrigen 90 Spiegel sind ohne Text. Die Künstlerin erklärt ihre Installation folgendermaßen: "Wie Verkehrsspiegel auf Gefahrenstellen im Straßenverkehr hinweisen, sollen sie auch hier eine spezifische Situation vor Augen führen, die außerhalb des Gesichtsfeldes liegt und auf diese Weise virtuell auf die verdrängten Verbrechen der NS-Justiz verweisen."

vgl. auch

www.denkzeichen-am-murellenberg.de(Externer Link)

Die 16 Texte

1.

Im Zweiten Weltkrieg wurden von Wehrmachtgerichten etwa 30.000 Todesurteile verhängt und etwa 20.000 Todesurteile vollstreckt, zunehmend wegen Fahnenflucht oder Zersetzung der Wehrkraft

Bundessozialgericht 1991

2.

Die Wehrmacht und ihre Gerichte sollten dazu beitragen, den volkerrechtswidrigen Krieg zu führen.

Bundessozialgericht 1991

3.

Die Anwendung der Höchststrafe, auch der Todesstrafe, wurde nicht mehr individuell durch Gerichte, sondern durch Führererlass generell als angemessen festgelegt.

Bundessozialgericht 1991

4.

Die massenhafte Verhängung von Todesurteilen zielte auf allgemeine Abschreckung und sollte um jeden Preis von allen Soldaten auch gegenüber sinnlosen Befehlen unbedingten Gehorsam erzwingen und jegliche Abweichung und Verweigerung mit dem Tode bestrafen.

Bundessozialgericht 1991

5.

Keiner der am Volksgerichtshof tätigen Berufsrichter und Staatsanwalte wurde wegen Rechtsbeugung verurteilt; ebensowenig Richter der Sondergerichte und der Kriegsgerichte.

Bundesgerichtshof 1995

6.

Die von der Wehrmachtjustiz wahrend des Zweiten Weltkriegs wegen Kriegsdienstverweigerung, Desertion/Fahnenflucht und Wehrkraftzersetzung verhängten Urteile waren unter Anlegung rechtsstaatlicher Wertmaßstäbe Unrecht.

Deutscher Bundestag 1997

7.

Durch dieses Gesetz werden verurteilende strafgerichtliche Entscheidungen, die unter Verstoß gegen elementare Gedanken der Gerechtigkeit nach dem 30. Januar 1933 zur Durchsetzung oder Aufrechterhaltung des nationalsozialistischen Unrechtsregimes aus politischen, militärischen, rassischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen ergangen sind, aufgehoben.

Gesetz zur Aufhebung der NS-Unrechtsurteile 1998

8.

Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden.

Artikel 4 (3) Grundgesetz 1949

9.

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern.

Artikel 5 (1) Grundgesetz 1949

10.

Hier, auf dem Gelände der ehemaligen Wehrmachterschießungsstatte Ruhleben am Murellenberg, wurden zwischen August 1944 und April 1945 mehr als 230 Menschen, überwiegend Wehrmachtsangehörig, zumeist wegen Fahnenflucht oder Wehrkraftzersetzung erschossen.

11.

Der Erschießungsplatz lässt sich heute nicht mehr exakt lokalisieren.

12.

Wir sind immer dran vorbeimarschiert, wenn wir zum Schießplatz gelaufen sind. Da war so eine Art Kiesgrube. Ich glaube nicht, daß die heute noch existiert.

Zeitzeuge, 1992

13.

Einmal mussten wir antreten. Auf einem Exekutionsplatz wurde dann einer hingerichtet. Wahrscheinlich ein Fahnenfluchtiger.

Zeitzeuge, 1992

14.

Da war ein Pfahl mit 70-80 cm Durchmesser, übermannshohe und vollkommen zerfleddert, also da sind, Tausende sind da gestorben. Es hat täglich mehrmals geknallt. Ich habe es gezielt einmal gesehen.

Zeitzeuge, 1992

15.

Ein Urteil wurde verlesen und drang in Bruchstücken zu mir hinüber Der Obergefreite ... Jahre alt ... wegen Fahnenflucht ... zum Tode ..., der Maat ... Jahre alt... gerichtet ... wegen Feigheit vor dem Feinde ... zum Tode durch Erschießen...

Zeitzeuge, 1994

16.

Wir wurden dazu gezwungen, uns im Dreieck aufzustellen, und dann mussten wir zusehen, wie der arme Kerl da erschossen wurde.

Zeitzeuge, 1992

© Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin

 

http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/bezirk/kultur/denkzeichen_murellenberg.html

 

 

 

 

Denkzeichen zur Erinnerung

an die Ermordeten der NS-Militärjustiz

am Murellenberg, Berlin-Charlottenburg

Wehrmacht-Erschießungsstätte Ruhleben ("Murellenschlucht")

Gutachten von Dr. Norbert Haase (1995)

Die Wehrmachtjustiz in der Endphase des Zweiten Weltkrieges

Die kritische wissenschaftliche Erforschung der Wehrmachtjustiz hat das von den Kriegsrichtern gezeichnete Bild einer "rechtsstaatlichen" Justiz der Wehrmacht zerstört. Das Bild der neueren Forschung konfrontiert die Version der Täter, stets um Distanz zum NS-Regime bemüht gewesen zu sein, mit den Fakten einer Kriegsgerichtsbarkeit, die wie der Volksgerichtshof und die Sondergerichte in der NS-Zeit an der "inneren Front" zur Sicherung der äußeren das Recht sträflich missbrauchte, um das System zu stützen. Einzelfallgerechtigkeit oder die Würdigung der Motive von Beschuldigten blieben zugunsten einer generalpräventiven Abschreckungsdoktrin auf der Strecke, die die Kriegsbereitschaft der deutschen Soldaten bis zuletzt aufrechterhalten sollte.

Die Spruchpraxis war stark geprägt von Richtlinien der Führung, eine unabhängige Rechtsfindung war unter diesen Umständen ebenso unmöglich wie die Rechtssicherheit des Angeklagten. Einer exzessiven Todesurteilspraxis von schätzungsweise 30.000 Todesurteilen gegen Wehrmachtsangehörige steht ein barbarischer Strafvollzug in den verschiedenen Strafeinrichtungen von Wehrmacht und Reichsjustizverwaltung zur Seite, Das Bundessozialgericht hat durch sein Urteil vom 11. September 1991 (BSGE 69, 211, 218) die Ergebnisse der Forschung für eine rechtliche Bewertung der Wehrmachtjustiz in Betracht gezogen und sie als Instrument des politischen Terrorsystems der NS-Herrschaft bezeichnet. Die Richter des BSG-Senats, die erstmals in der bundesdeutschen Rechtsgeschichte der Witwe eines kriegsgerichtlich zum Tode verurteilten Deserteurs einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente zubilligten, haben aber vor allem den Gesetzgeber aufgefordert, die Todesurteile der NS-Militärjustiz förmlich aufzuheben. Sie bewegten sich damit auf dem Boden neuerer Forschungsergebnisse und konnten folglich zu keiner anderen Einschätzung kommen, als die Kriegsgerichte der Wehrmachtjustiz als "Terrorjustiz" zu qualifizieren. Deren Ziel habe darin bestanden, rücksichtslos die Kampfkraft aufrechtzuerhalten", die Todesurteile seien "offensichtlich unrechtmäßig" gewesen, von einer "rechtsstaatswidrigen Entartung der Todesurteilspraxis" ist die Rede.

Diese Qualifizierung trifft insbesondere auf die Verfolgungspraxis nach dem 20. Juli 1944 zu. In der Endphase des Krieges, als die Standgerichte ihre Tätigkeit aufnahmen, entfachten Wehrmacht und Nationalsozialismus noch zuletzt einen beispiellosen Terror gegen das eigene Volk. Es ging Befehlshabern wie Justizorganen um eine Lebensverlängerung des NS-Staates um jeden Preis. Mit militärischen Ehrbegriffen und der Volksgemeinschaftsideologie wurde der bedingungslose Gehorsam der Soldaten verbrämt. Das Regime war unfähig und auch nicht willens, in den letzten Kriegswochen das vom Bombenkrieg zermürbte und geschlagene Volk von der Geißel einer widersinnigen Kriegführung bis zum letzten Blutstropfen zu befreien.

In der Endphase des Krieges wirkten im Wehrkreis III in Berlin vor allem drei Kriegsgerichte: das Gericht der Wehrmachtkommandantur Berlin, das Zentralgericht des Heeres sowie das Fliegende Standgericht des Befehlshabers im Wehrkreis III.

Das Gericht der Wehrmachtkommandantur Berlin hatte bereits vor dem Krieg bestanden. Seine Zuständigkeit erstreckte sich auf alle Militärbehörden und Truppenteile im Wehrkreis III Berlin, die über keine eigenen Kriegsgerichte verfügten. Es war seit dem 20. August 1942 zuständig für alle politischen Straftaten beim Ersatzheer, hatte darüber hinaus gerichtliche Befugnisse für Angehörige des Ersatzheeres und gegen Deserteure, deren Verfahren nach dreimonatiger ergebnisloser Fahndung von anderen Kriegsgerichten an das Gericht der Wehrmachtkommandantur abgegeben wurden. Generalfeldmarschall Keitel hatte das Gericht bereits 1943 Hitler gegenüber als ein "besonders schlagkräftiges und schnell arbeitendes Gericht" lobend hervorgehoben. In der Zeit seines Bestehens verhängte das Gericht Hunderte von Todesurteilen, die bis zum 20. Juli 1944 im Zuchthaus Brandenburg-Görden, erst danach in Ruhleben, vollstreckt wurden.

Die Zuständigkeit in politischen und einigen anderen Strafsachen ging auf das am 11. April 1944 ins Leben gerufene Zentralgericht des Heeres über. Auch das Zentralgericht des Heeres dürfte mehrere hundert Todesurteile verhängt haben, wenngleich sich diese heute nur zu einem Bruchteil nachweisen lassen. Das Fliegende Standgericht des Befehlshabers im Wehrkreis III, das nicht mit dem »Fliegenden Standgericht des Führers« verwechselt werden darf, wurde durch eine Anordnung des Befehlshabers im Wehrkreis III am 13. Februar 1945 aufgestellt. Es nahm unmittelbar darauf seine Arbeit auf. Am 15. Februar 1945 erließ der Reichsminister der Justiz, Thierack, darüber hinaus eine Verordnung über die Errichtung von Standgerichten im zivilen Bereich. Die Befugnisse des Gerichts waren mit denen anderer Standgerichte weitgehend identisch. Sie sehen nur das Todesurteil oder Freispruch vor. Eine Leitung durch einen Richter wurde zwingend vorgeschrieben. Rechtsmittel gegen das Urteil gab es nicht, eine Bestätigung durch den Gerichtsherrn war ebenso wenig erforderlich. Die Exekution erfolgte umgehend. Im Gegensatz zu anderen Standgerichten, die von Fall zu Fall aufgestellt wurden, wirkte das Fliegende Standgericht des Befehlshabers im Wehrkreis III für einen längeren Zeitraum. Nur in wenigen Einzelfällen sind Urteile anderer Kriegsgerichte, etwa von Dienststellen und Verbänden der Luftwaffe oder des Reichskriegsgerichts in Ruhleben vollstreckt worden.

Die Exekutionen wurden von Erschießungskommandos der Wehrmacht vorgenommen, die der Wehrmachtkommandant von Berlin in der Regel beim in Spandau stationierten Ersatz- und Ausbildungsregiment 523 anforderte. Es sind aber auch andere Einheiten quellenmäßig überliefert. Die Arbeit der Erschießungskommandos lief in der Endphase des Krieges offensichtlich auf vollen Touren. In der Zeit zwischen dem 3. Januar und dem 14. April 1945 wurden 139 zum Tode Verurteilte hingerichtet, an elf Tagen waren es mehr als fünf. Am 9. Februar starben 18 Soldaten, am 27. Februar 1945 12 und am 9. März 15 Verurteilte unter den Mündungsfeuern des Wehrmachtkommandos.

Verweis zum Denkzeichen am Murellenberg am ehemaligen Reichkriegsgerichtgebäude, Witzlebenstraße 4 - 10, Berlin-Charlottenburg

 

Die Opfer der Erschießungen in Ruhleben

Nach Auswertung der heute verfügbaren archivalischen Unterlagen konnte eine Zahl von 232 Personen ermittelt werden, die in Berlin-Spandau auf dem Erschießungsgelände Ruhleben in der Zeit zwischen dem 12. August 1944 und dem 14. April 1945 erschossen wurden. Diese Zahl kann jedoch nicht als vollständig bezeichnet werden. Anhaltspunkte für die Größenordnung einer unbestreitbar vorhandenen Dunkelziffer sind allerdings ebenso wenig vorhanden wie quellenmäßige Belege für Exekutionen vor dem 12. August 1944. Bei den Opfern handelt es sich bis auf einzelne Ausnahmen um Wehrmachtangehörige vorwiegend aus Mannschaftsdienstgraden. In Einzelfällen sind auch Offiziere, darunter zwei Generäle, unter den Opfern. Hinsichtlich der Alterstruktur der Opfer lässt sich sagen, dass der überwiegende Teil (40,4 %) der Altersklasse der 25-35jährigen entstammt, 22,4 % zwischen zwanzig und 25 Jahren alt sind, 7,8 % jünger als zwanzig, während 27,6 % die Gruppe der 35-45jährigen einnehmen.

Sofern es sich bestimmen ließ, kamen sie aus allen Teilen des damaligen deutschen Reiches, in Einzelfällen waren auch in die deutsche Wehrmacht zwangsrekrutierte Elsässer französischer Staatsangehörigkeit auszumachen. Man wird davon ausgehen können, dass sämtlichen nachweisbaren Erschießungen ein kriegs- bzw. standgerichtliches Urteil zugrunde lag. Für 30 Fälle liegen keine Angaben zum erkennenden Gericht vor. Das Gros der Verfahren – 85 Todesurteile – war jedoch vom Zentralgericht des Heeres durchgeführt worden, das Gericht der Wehrmachtkommandantur Berlin hatte 46 Todesurteile in Spandau vollstrecken lassen, während 54 Erschießungen auf das Konto des Fliegenden Standgerichts des Befehlshabers im Wehrkreis III zurückgingen. 17 Todesurteile entfallen auf andere Gerichte des Heeres und der Luftwaffe. Nur in Ausnahmefällen konnte ermittelt werden, wegen welcher Delikte die Soldaten erschossen worden waren. Doch gilt als sehr wahrscheinlich, dass die überwiegende Zahl der Todesurteile wegen Fahnenflucht und »Wehrkraftzersetzung« ergangen ist.

Es steht daher außer Zweifel, dass die in Spandau-Ruhleben erschossenen Soldaten, wie es insbesondere die aktenmäßig belegbaren Einzelfälle unterstreichen, Opfer einer politischen Terrorjustiz wurden.

Eine exemplarische Auswahl zeigt, dass sich unter den Opfern auch solche Menschen befunden haben, die in politischer Gegnerschaft zum NS-Regime standen. Nachfolgend sind einige Beispiele skizziert.

Raymund Biedenbach (1910-1944)

Der Sparkasseninspektor Raymund Biedenbach aus Fulda, Vater zweier Kinder und gläubiger Katholik, hatte 1943 an der Ostfront als Unteroffizier Hitlers Krieg als verloren bezeichnet und die nationalsozialistische Propaganda heftig kritisiert. Außerdem hatte er heimlich Auslandssender gehört. Er war aus dem Kreise seiner Kameraden denunziert und später am 21. Juli 1944 vom Zentralgericht des Heeres wegen "Zersetzung der Wehrkraft" zum Tode verurteilt worden. Biedenbach wurde bereits am 20. September 1944 in Ruhleben erschossen. In der Diözese Fulda wurde sein Andenken in der Nachkriegszeit wach gehalten.

Walter Brückmann (1917-1944)

Der Siegener Luftwaffenobergefreite Walter Brückmann geriet seit Anbeginn seines Militärdienstes mit Vorgesetzten in Konflikt, weshalb er wiederholt die schmerzliche Erfahrung des Wehrmachtstrafvollzuges über sich ergehen lassen musste. Im Sommer 1942 kam er vom Wehrmachtgefängnis Torgau zum "Bewährungsbataillon" 500. Da er nach einem Lazarettaufenthalt seinen Heimaturlaub im Juni 1944 wegen seines Geburtstages bei der Familie um einen Tag überzogen hatte und eine Bestrafung fürchtete, tauchte er in Berlin unter. Brückmann wurde Ende Juli 1944 in Berlin gestellt und am 6. Oktober 1944 wegen Fahnenflucht vom Gericht der Wehrmachtkommandantur Berlin zum Tode verurteilt. Er starb am 14. Dezember des Jahres unter dem Mündungsfeuer eines Erschießungspelotons in Ruhleben.

Johann Hammes (1915-1944)

Der Troisdorfer Metallarbeiter Johann Hammes, der aus einem linkspolitisch geprägten Arbeitermilieu stammte, war seit August 1941 Soldat an der Ostfront. Wegen "Wehrkraftzersetzung" war er bereits 1942 in eines der besonders harten und unmenschlichen so genannten Feldstraflager strafversetzt worden. Als er im September 1944 abermals an der Ostfront in der Hauptkampflinie Kameraden zur Selbstverletzung anstiftete, um sich dadurch dem Kriegsdienst zu entziehen, wurde er verhaftet und am 14. Dezember 1944 vom Gericht der Wehrmachtkommandantur Berlin wegen "Zersetzung der Wehrkraft" zum Tode verurteilt. Am 13. Februar 1945 wurde Hammes durch ein Erschießungskommando der Wehrmacht in Ruhleben exekutiert.

Gustav Heisterman von Ziehlberg (1898-1945)

Der aus einer Offiziersfamilie stammende Generalleutnant Gustav Heisterman von Ziehlberg hatte seit Mai 1944 die Führung der an der Ostfront eingesetzten 28. Jäger-Division. Ziehlbergs Verurteilung zum Tode und seine Erschießung in Ruhleben am 2. Februar 1945 hatten folgenden Hintergrund: Entgegen eines ausdrücklichen Befehls hatte er nach dem 20. Juli den ihm untergebenen Major im Generalstab, Joachim Kuhn, der an der Beschaffung des Sprengstoffs für das Attentat für das Hitler beteiligt war, nicht festnehmen lassen. Er gab Kuhn vielmehr Gelegenheit, sich der Verhaftung durch Erschießen zu entziehen und ermöglichte mittelbar das Überlaufen Kuhns zur Roten Armee. Ziehlberg wurde vom Reichskriegsgericht in Torgau zunächst zu einer Gefängnisstrafe, später wegen Hitlers Intervention zum Tode verurteilt und in Ruhleben erschossen.

Topographischer Befund

Nach Auswertung und Vergleich zeitgenössischer Stadtpläne und Luftbildaufnahmen sowie einer Ortsbegehung mit Zeitzeugen am 01.04.1995 kommen für die Lokalisierung der historischen Erschießungsstätte aller Wahrscheinlichkeit nach zwei Orte in Betracht.

Während zwei Zeitzeugen anlässlich einer Ortsbegehung am 01.04.1995 unabhängig voneinander eine Lokalisierung im Bereich des heutigen Munitionsdepots des Landeskriminalamtes zwischen den Lagerschuppen Nr. 9, 10 und 11 (beim Fire Point No. 6) nahe legen (Anlage 1, Punkt 1; Anlage 2, Punkt 21, lässt die Interpretation der Luftbildaufnahmen vom Februar 1945 außerdem die Lokalisierung einer Sandgrube zu, deren Oberflächenstruktur auf eine Erschießungsstätte schließen lässt. Nach Aktenlage kann es nicht ausgeschlossen werden, dass nicht sogar an zwei verschiedenen Orten in Ruhleben Erschießungen durch die Wehrmacht vorgenommen wurden. In den Dokumenten ist sowohl von einem "Schießplatz Kaserne Ruhleben", als auch vom Schießausbildungsgelände in Spandau im "Neuen Stand" die Rede. In der Murellenschlucht selbst, wie in der Literatur immer wieder missverständlicher Weise behauptet, haben offenbar keine Hinrichtungen stattgefunden.

http://www.denkzeichen-am-murellenberg.de/murellenberg_geschichte.html

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

"Die Exekutionen wurden von Erschießungskommandos der Wehrmacht vorgenommen, die der Wehrmachtkommandant von Berlin in der Regel beim in Spandau stationierten Ersatz- und Ausbildungsregiment 523 anforderte."

Angehörige des in Spandau stationierten Ersatz- und Ausbildungsregiment 523 lassen sich über die Deutsche Dienststelle recherchieren.

 

 

 

 

Desertion - Wehrkraftzersetzung - Widerstand

Oder: vom 20. Juli des einfachen Soldaten, von Peter Steinbach

Rede vom 8.Mai 2002 am Murellenberg

Heute ist unbestritten, dass die Nationalsozialisten einen Rassen- und Weltanschauungskrieg führten. Sein Ziel war die Errichtung eines nationalsozialistischen Herrschaftsbereichs, der sich als Ostimperium weit in den europäischen Osten erstrecken sollte. Unbestritten ist auch: Der Zweite Weltkrieg begann als deutscher Angriffskrieg auf Polen. Zu keiner Zeit handelte es sich deshalb um einen deutschen Verteidigungskrieg und wer heute noch davon spricht, Hitler sei mit dem Angriff auf die Sowjetunion einem Angriff Stalins zuvorgekommen oder gar davon, das, ich zitiere, "Weltjudentum" hätte dem Deutschen Reich den Krieg erklärt, Konzentrationslager seien deshalb eher Gefangenenlager, der steht weiterhin im Bann nationalsozialistischer Kriegspropaganda. Er ist nicht in der Lage, den Weltkrieg zu deuten, der etwa 55 Millionen Menschen das Leben kostete.

Der 2. Weltkrieg als Rassen- und Weltanschauungskrieg: Diese Feststellung - zugleich alle Versuche, die militärischen Aktionen der deutschen Wehrmacht soldatisch zu rechtfertigen, obsolet werden. Diese Einsicht hat noch weitergehende Konsequenzen, über die wir ungern reden.

Denn eigentlich ist jeder deutsche Soldat, jeder Deutsche ein Mittel zum Zweck gewesen, dem sich die Nationalsozialisten verschrieben haben. Nur wenige haben das erkannt, die Zahl derjenigen, die sich verweigerten, ist noch geringer. Sie gingen ein denkbar großes Risiko ein, als sie versuchten, sich aufzuklären, andere nachdenklich zu machen, ihre Enttäuschung und ihrem Entsetzen eine Bahn zu brechen, gar ihr Leben zu retten. Wehrkraftzersetzer, Feiglinge, Verräter seien sie. Dies verkündeten Richter der Militärgerichtsbarkeit, die zum Teil eines Systems der Terrorisierung und Disziplinierung wurden, für das wir nach langer Zeit einen Begriff fanden: mit den Mitteln angeblicher Rechtsprechung betriebener Massenmord aus politischen Gründen. Die Konsequenz dieser Einsicht müsste eigentlich bedeuten, jeden zu respektieren, der sich diesem nationalsozialistischen Krieg entzog, jeden als Opfer anzuerkennen, der in die Räder der Mahlwerke der Kriegsgerichte geraten war.

Rassen- und Weltanschauungskrieg - das heißt: Der Krieg der Wehrmacht war die Voraussetzung für die Vernichtung des europäischen Judentums. Norbert Blüm brachte dies als Arbeitsminister auf die griffige Formel, die Wehrmacht hätte auch Auschwitz verteidigt. Vor diesem Hintergrund ist es schwer, jene ins Unrecht zu setzen, die sich, aus welchen Gründen auch immer, der Mitwirkung an der Fortsetzung des Krieges widersetzt und entzogen haben. Alfred Andersch hat dazu in seiner Veröffentlichung "Kirschen der Freiheit" Richtiges gesagt, als er die Desertion als "seinen 20. Juli l944" bezeichnete.

Lange Jahre hatte sich allerdings nicht der zu rechtfertigen, der bis zum letzten Tage zu der Fahne stand, die das Hakenkreuz trug, oder sich auf einen Eid berief, den bereits 1938 Generaloberst Ludwig Beck als moralisch höchst fragwürdig verworfen und in seiner Geltung bestritten hatte. Vielmehr wurde derjenige moralisch als verwerflich dargestellt, der sich der weiteren Mitwirkung am Krieg als Soldat durch seine Entfernung von der Truppe entzogen hatte.

Dabei wird man gewiss verschiedene Motive unterscheiden können. So sind bereits aus den ersten Kriegstagen Desertionen bekannt, die aus politischen Gründen erfolgten. Fest steht: Deserteure gingen stets ein hohes Risiko für sich und ihre Angehörigen ein und hatten auch keinerlei Sicherheit auf eine bevorzugte Behandlung in der Kriegsgefangenschaft. Manche, die sich als Regimegegner empfanden, ertrugen die Demütigung nicht, die Uniform der Wehrmacht zu tragen, weil sie diese klarsichtig als Werkzeug des NS-Staates und Instrument der Unterdrückung und Gefährdung europäischer Völker erkannt hatten.

In den letzten Kriegsmonaten nahmen Desertionen zu. Dies ist angesichts der desolaten Frontverläufe und der unverantwortlichen Kriegsführung auf deutscher Seite verständlich. Sinnlose Durchhaltebefehle nahmen keinerlei Rücksicht auf die militärische Lage. Befehle, eine "verbrannte Erde" zurückzulassen, machten aus Soldaten immer wieder Angehörige einer bewaffneten Macht, die erkannten, dass die militärische Führung ihnen Verbrechen zumutete und sie dadurch schuldig werden ließ.

Dies zu erkennen, ist die Voraussetzung einer grundsätzlichen Anerkennung des Unrechts, das Deserteuren durch die deutsche Nachkriegsgesellschaft angetan wurde. Ebenso brauchte es Zeit, bis anerkannt wurde, dass die strafrechtliche Verfolgung von Deserteuren unverhältnismäßig und keineswegs pauschal rechtsmäßig war. Vielfach ist überliefert, dass die Urteile gegen Deserteure einen demonstrativen Zweck hatten. Urteile sollten abschrecken, um die militärische Disziplin wiederherzustellen, eine Disziplin übrigens, die die politische und militärische Führung keineswegs immer praktizierte. Vielfach ist überliefert, dass Nationalsozialisten und auch hohe Truppenführer ihre Haut ohne Rücksicht auf die ihnen anvertrauten Zivilisten oder Soldaten zu retten suchten. Statt dessen wurden in Verfahren gegen Deserteure Handlungsspielräume, die der Richter hatte, sehr selten genutzt, weil der Abschreckungseffekt im Vordergrund stand. Auch dies muss berücksichtigt werden, wenn entschieden wird, die Urteile gegen Deserteure grundsätzlich aufzuheben.

Die Gegengründe dieser Argumentation sind häufig gehört worden und reichen von der angeblichen Gefährdung der Front und der Kameraden bis zur Infragestellung der Lauterkeit von Fluchtmotiven und Uberlebenswünschen. Empirisch sind diese Vorwürfe niemals belegt worden, sondern spiegeln bis heute das wichtigste Erklärungsmuster derjenigen, die bis zum Ende des NS-Staates folgebereit und gehorsam blieben. Es ist nicht bekannt, dass Deserteure die Zivilbevölkerung gefährdet hatten.

Denn die Lage der Flüchtlinge wurde durch verantwortungslos verspätete Aufforderungen durch die politische Führung bestimmt, die Flucht zu ergreifen. Soldaten, die sich Flüchtlingen anschlossen, gefährdeten diese nicht, sondern halfen sehr oft, wie die Berichte über Vertreibung und Flucht zeigten.

Angeführt wird auch, dass die Unterschiedlichkeit der Desertionsmotive und deren moralische Bewertung eine pauschale Aufhebung der Urteile erschwere oder gar unmöglich mache. Wer davon ausgeht, dass der NS-Staat ein Unrechtsstaat war, insbesondere dann, wenn er seine rassen- und machtpolitischen Ziele verwirklichte, wird dieses Argument nicht teilen können. Auch das Militärstrafrecht war im NS-Staat zu einem Instrument politischer Unterdrückung germacht worden, was sich nicht zuletzt in den Willkürakten der letzten Kriegsmonate zeigte. Der NS-Staat schlug gleichsam blind um sich und machte die Militärstrafrichter vielfach zu Bütteln. Von deren Verhalten kann man sich nur pauschal und prinzipiell distanzieren. Hinzu kommt, dass in einem durchpolitisierten System wie dem NS-Staat selbst private Gründe politisiert wurden, die Verteidigung menschlicher Handlungsmuster also ein politischer Akt war.

Vor diesem Hintergrund empfehle ich dringend, im Hinblick auf die weitere Aufhebung der Unrechtsurteile aus der NS-Zeit politische Entscheidungen zu fällen, die zu einer grundsätzlichen Rechtfertigung der Desertion im Dritten Reich führen. Einzelfallprüfungen stoßen an eine Grenze, weil es Deserteure aus ganz unterschiedlichen Gründen gab. Dazu gehören Angehörige des Attentatsversuchs vom 20. Juli wie Ludwig von Hammerstein, junge Soldaten wie Erich Loest oder der spätere Pressesprecher des Berliner Senats Winfried Fest. Sie alle sahen keine Schande darin, desertiert zu sein.

Denn es handelte sich um Desertion aus der bewaffneten Macht eines totalitären Staates. Dieser hatte einen umfassenden weltanschaulichen Führungsanspruch erhoben, bei der Verfolgung seiner wie auch immer definierten Gegner keinerlei Verhältnismäßigkeit gewahrt und bis in die letzten Kriegstage hinein seine verbrecherischen Ziele mit dem Kriegsgeschehen verbunden. Deutsche Soldaten wurden nicht durch Deserteure, sondern durch eine skrupellose Kriegsführung gefährdet, die am Ende sogar das deutsche Volk weitgehend abgeschrieben hatte, wie vielfach überlieferte Äußerungen Hitlers belegen. Deshalb ist es auch unangemessen, immer wieder zu betonen, dass Deserteure, die eine sich auflösende Front verlassen hatten, militärisch weiterhin eine wichtige Funktion gehabt hätten - eher im Gegenteil.

So ist es an der Zeit, durch ein klares Bekenntnis zu den Deserteuren, die sich der Mitwirkung an einem aus vielen Gründen verbrecherischen Krieg entzogen, ihrer riskanten und lebensgefährlichen Tat Respekt zu zollen. Dies kann durch die Gesetzgebung geschehen, die sich weiterhin sehr schwer tut und sich im Graben der Einzelfallforderung verschanzt hat, aber auch durch ein Denkmal, das vor allem dann bewegt und beeindruckt, wenn es schlichte Bewunderung vermeidet und uns verwehrt, in der Errichtung und Akzeptanz nur uns selbst zu erhöhen.

Desertion war kein Ausdruck von Feigheit, sondern die Folge von Einsicht. Verantwortungslosigkeit, gar Kameradenverrat oder Gefährdung der Zivilbevölkerung lässt sich dieser Tat nicht zuschreiben. Das Risiko des Deserteurs, von deutscher Hand getötet zu werden, war außerordentlich hoch. Desertion verlangte Konsequenz und Mut. Wer Konsequenz und Mut beweist, ist nicht mehr nur Opfer, sondern er wird zum Täter, zum Täter des Widerspruchs und der Auflehnung, des Widerstands. Das gilt für Regimegegner gleich welcher politischen Richtung, das gilt für Menschen, die sich in ihrem Alltag den Zumutungen des Systems widersetzten, auch für jene, die niemals die Chance hatten, aus dem Zentrum der Macht heraus den Sturz des Gesamtsystems zu betreiben, die aber großen Mut aufbringen mussten, um sich den Verstrickungen zu entziehen, die das Regime mit diabolischer Energie produzierte. Diktatoren wollen Menschen ebenso wie Diktaturen schuldig werden lassen und ziehen sie geradezu planvoll in Verbrechen hinein. Deshalb achten wir jene besonders, die standhielten, denn sie hörten auf ihr Gewissen und folgten ihm selbst dann, wenn es lebensgefährlich war.

Wir Nachlebenden hingegen wollen oftmals und allzu gern das Weltgericht spielen. Wir vergessen, dass wir oft nicht einmal im unserem Alltag, vor allem im Berufsleben, das Maß an Zivilcourage beweisen, welches wir oftmals nachträglich von Menschen fordern, die wussten, was sie riskierten, sie sich nicht beklagten und bis in ihre letzten Lebenssekunden hinein ihrem Widersacher zeigten, was Haltung, Konsequenz, Verantwortung und Courage war.

Wer sind wir, dass wir sagen könnten: "Eine heroische Tat"? Wer sind wir, dass wir die abqualifizieren können, die sich Hitlers Herrschaft entzogen oder andere über sie aufklärten? Wer sind wir, die wir in Zukunft an diesen Spiegeln vorbeigehen, die nicht nur den schweren Gang symbolisieren, den Aufrechte im Jahrhundert der Diktaturen antreten mussten, sondern die auch Prinzipien und Maximen von Menschen reflektierten, die immer wussten, dass jeder Befehl eine Grenze hat. Wir spiegeln uns in diesem Denkmal. Vielleicht dämmert uns dann, dass es Menschen wie wir waren, die hier vorbeigeschleppt wurden, um erschossen zu werden, und vielleicht ahnen wir dann, dass es unsere Aufgabe ist, die Erinnerung an Menschen zu hüten, dass es anständig und notwendig war, die Hakenkreuzfahne, das Symbol der NSDAP und Hitlers Herrschaft, zu verlassen.

http://www.denkzeichen-am-murellenberg.de/thema_desertion.html

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

Die (west) deutsche Justiz nach 1945 gefiel sich immer in der Rolle des Hüters der Rechtsstaatlichkeit. Die DDR wurde dagegen als Unrechtsstaat generiert. Dabei stand die Führungselite der Bundesrepublik noch bis in die neunziger Jahre in der Tradition der NS-Gerichtsbarkeit. Die nationalsozialistischen Täter/innen wurden nach 1945 mit neuen Beamtenstellen oder  mit Beamtenpensionen und Witwenrenten versorgt. Fortan galt es, nicht mehr Wehrmachtsdeserteure abzuurteilen, sondern Wehrdienstverweigerer, Homosexuelle und Väter, insbesondere nichtverheiratete, die bis 1998 weitestgehend rechtlos gehalten wurden und denen sogar noch im Jahr 2003, dreiundsechzig Jahre nach dem Zusammenbruch der NS-Diktatur durch Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgericht in Kooperation mit der Regierung der Bundesrepublik Deutschland der verfassungsrechtlich Anspruch auf die Wahrnehmung von Elternschaft verweigert wurde.

Es bedurfte erst eines Urteils des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 03.12.2009 um diese üble Rechtspraxis als Menschenrechtsverletzung. für die seit 1949 alle Bundesregierungen und insbesondere auch im Jahr 2002 das Bundesverfassungsgericht als verantwortlich zu benennen sind, zu kennzeichnen. 

 

 

 


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