Umgang des Kindes mit anderen Bezugspersonen


 

 

 

§ 1685 Umgang des Kindes mit anderen Bezugspersonen

(1) Großeltern und Geschwister haben ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient.

(2) Gleiches gilt für enge Bezugspersonen des Kindes, wenn diese für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben (sozial-familiäre Beziehung). Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Person mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(3) § 1684 Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend. Eine Umgangspflegschaft nach § 1684 Abs. 3 Satz 3 bis 5 kann das Familiengericht nur anordnen, wenn die Voraussetzungen des § 1666 Abs. 1 erfüllt sind.

http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1685.html

 

 

 


 

 

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht 1. Senat für Familiensachen

Entscheidungsdatum: 15.12.2010

Aktenzeichen: 9 UF 73/10

Dokumenttyp: Beschluss

 

Quelle: juris Logo

Norm: § 1685 Abs 2 BGB

Umgang des Kindes mit anderen Bezugspersonen: Voraussetzungen einer sozial-familiären Beziehung

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 11.06.2010 Az.: 32 F 55/10 wird zurückgewiesen.

Von der Erhebung der Gerichtskosten wird abgesehen; außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die gemäß §§ 58 Abs. 1; 59 Abs. 2; 63 Abs. 1, 3; 64 Abs. 1 FamFG zulässige Beschwerde ist aus den im Wesentlichen zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses unbegründet.

2

Die Antragstellerin hat als angebliche Bezugsperson des Kindes L… W… kein Umgangsrecht mit dem Kind gemäß § 1685 Abs. 2 BGB. Nicht mit dem Kind verwandte enge Bezugspersonen haben nur dann ein Umgangsrecht mit einem minderjährigen Kind, wenn ein besonderes Näheverhältnis begründet worden ist. Notwendige Voraussetzung ist zunächst, dass eine sozial-familiären Beziehung entstanden ist. Ohne Belang ist insoweit, ob diese Beziehung fortbesteht oder zwischenzeitlich abgerissen ist (BGH, FamRZ 2005, 114 mit näherer Begründung). Zusätzlich muss festgestellt werden, dass der Umgang dem Kindeswohl dient. In diesem Zusammenhang spielt auch eine Rolle, inwieweit die ursprünglich begründete Beziehung noch besteht (BGH, a.a.O.). Das ist hier nicht der Fall, wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat.

3

Eine sozial-familiäre Beziehung setzt voraus, dass der den Umgang Begehrende tatsächlich mindestens eine Zeit lang tatsächlich Verantwortung für das Kind getragen hat (BVerfG, FamRZ 2004, 1705; BGH, a.a.O.; OLG Koblenz, FamRZ 2009, 1229). Ein Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft, noch dazu über einen längeren Zeitraum, hat die Antragstellerin schon nicht behauptet. Sie will "als Haushaltshilfe, Kindermädchen und Freundin" fungiert haben und "jeden Tag" im Haushalt der Großmutter L…s gewesen sein. Eine häusliche Gemeinschaft setzt jedoch nicht nur häufige Anwesenheit am Tag (in welchem Umfang bleibt ohnehin bei den Angaben der Antragstellerin offen), sondern auch ein regelmäßiges oder jedenfalls über längere Zeiträume regelmäßiges Übernachten voraus (vgl.: OLG Koblenz, a.a.O.).

4

Ob durch einen regelmäßigen Kontakt über 9 Monate, zu dem das Abholen aus Kindergarten bzw. Vorschule, gemeinsames Spielen und "Unternehmungen" gehört haben sollen, eine tragfähige soziale Beziehung entstanden ist, kann nicht sicher festgestellt werden. Inwieweit die Antragstellerin neben der betreuenden Großmutter (der Großvater, der ebenfalls zum Haushalt gehörte findet bei der Antragstellerin keine Erwähnung) tatsächlich Verantwortung für L… übernommen hat, bleibt nach der kurzen Darstellung der Antragstellerin in ihrer Antragsschrift fraglich. Da § 1685 Abs. 2 BGB solche Verbindungen betrifft, wie sie in Art 6 GG als Familie grundrechtlich geschützt werden, ist ersichtlich, dass nicht jeder längere Sozialkontakt geschützt werden soll, sondern nur gewachsene Vertrauensbeziehungen, wie sie in einer Familie oder vergleichbaren Strukturen bestehen. In der Beschwerde vom 29.06.2010 und dem Schriftsatz vom 10.05.2010 macht die Antragstellerin keinerlei weitergehende tatsächliche Angaben zu Art und Intensität des behaupteten Kontakts zu L…. Sie beschränkt sich vielmehr auf zusammenhanglose rechtliche Ausführungen und Vorwürfe ohne Tatsachenkern. Soweit sie Mitarbeiter des Krisenzentrums W… und des Jugendamtes als Zeugen benannt hat, bleibt völlig offen, zu welchen Tatsachen diese Auskunft geben sollen. Schließlich hat die Befragung L…s ergeben, dass diese keine I… kenne.

5

Selbst wenn man aber davon ausgehen würde, dass eine sozial-familiäre Beziehung zwischen der Antragstellerin und L… im Jahr 2008 bestanden hat, so ist jedenfalls ein Umgang nicht dem Kindeswohl dienlich.

6

Zum einen ist hier zu berücksichtigen, dass es aus derzeitiger Sicht L…s eine Beziehung zur Antragstellerin nicht gibt. Sie hat sowohl auf Befragen der Richterin am Amtsgericht als auch durch den Verfahrensbeistand erklärt, sich nicht an ein Kindermädchen oder eine Person I… erinnern zu können. Auch Pflegepersonen haben angegeben, dass L… über eine I… nichts berichtet habe.

7

Schwerer wiegt allerdings die auch vom Amtsgericht in den Vordergrund gestellte Erwägung, dass die Antragstellerin im Verfahren deutlich zu erkennen gegeben hat, dass sie die derzeitige Betreuungssituation des Kindes, die auf gerichtlichen Entscheidungen sowie der Zustimmung der Kindesmutter beruht, nicht zu tolerieren bereit ist. Vielmehr unterstützt die Antragstellerin massiv die in anderem Zusammenhang vom Senat als kindeswohlschädlich festgestellten Anliegen der Großmutter des Kindes. Sowohl letztere als auch die Antragstellerin lehnen die Kindesmutter vehement ab (die Antragstellerin spricht ihr sogar das Recht ab, sich am vorliegenden Verfahren zu beteiligen) und wenden sich gegen jegliche Maßnahmen des aufgrund gerichtlicher Entscheidungen sorgeberechtigten Jugendamts. Ein Umgang der Antragstellerin mit L… würde das Kind daher in einen schwer wiegenden Loyalitätskonflikt stürzen und es erheblich verunsichern. Dem Kindeswohl ist dies nicht dienlich.

8

Der Senat hat von der Durchführung eines Termins und der erneuten persönlichen Anhörung des Kindes und der übrigen Beteiligten abgesehen, weil die Anhörungen vor dem Amtsgericht ordnungsgemäß erfolgt sind und von einer Wiederholung keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten waren (§ 68 Abs. 3 S. 2 FamFG. Die Beteiligten hatten ausreichend Gelegenheit, sich schriftlich zu äußern.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 FamFG, die Entscheidung über den Gegen-standswert auf § 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG.

10

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen.

 

 

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