Umgangskosten


 

 

 

 

Verordnung zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Wohnaufwendungenverordnung WAV)

vom 03. April 2012 (GVBl. S. 99)

§ 1 - Anwendungsbereich

§ 2 - Begriffsbestimmungen

§ 3 - Datengrundlagen

§ 4 - Gesamtangemessenheitsgrenze

§ 5 - Quadratmeterhöchstmiete

§ 6 - Besondere Bedarfe für Unterkunft und Heizung zur Bestimmung der individuellen Angemessenheit

§ 7 - Überprüfung nach Neufestsetzung

§ 8 - Inkrafttreten

Anlage 1 (zu § 3 Absatz 4)

Anlage 2 (zu § 4)

Konzept zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (Begründung gemäß § 22b Absatz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch)

 

....

 

 

 

§ 6 Besondere Bedarfe für Unterkunft und Heizung zur Bestimmung der individuellen Angemessenheit

 

(1) Sofern die tatsächlichen Aufwendungen der Leistungsberechtigten den Richtwert gemäß § 4 überschreiten, gelten wegen besonderer Bedarfe für Unterkunft und Heizung im Sinne von § 22b Absatz 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch(Externer Link) zur individuellen Bestimmung der Angemessenheit abweichend von den Richtwerten nach § 4 die in den Absätzen 2 bis 9 getroffenen Sonderregelungen.

...

(9) Sofern sich Kinder des Leistungsempfängers regelmäßig bei dem getrennt lebenden anderen Elternteil aufhalten, ist der zur Wahrnehmung des Umgangsrechts des Leistungsempfängers notwendige zusätzliche Raumbedarf in der Regel durch Berücksichtigung des Richtwerts nach § 4 mit der entsprechenden Bedarfsgemeinschaftsgröße zuzuerkennen.

http://www.berlin.de/sen/soziales/berliner-sozialrecht/land/rv/wav.html

 

 

 


 

 

 

Sozialrecht

Gerichtstyp

 

LSG

Gerichtsort

 

Mainz

Datum

 

20.06.2012

Aktenzeichen

 

L 3 AS 210/12 B ER

Titel

 

Grundsicherung für Arbeitsuchende, Kosten der Wahrnehmung des Umgangsrechtes mit dem getrennt lebenden Kind im Ausland, Mehrbedarf wegen unabweisbaren laufenden besonderen Bedarfs, Kosten für einen Besuch im Jahr

1. Bei der Frage, ob die zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit einem getrennt lebenden Kind aufzuwendenden Kosten außergewöhnlich hoch sind, ist jedenfalls im vorläufigen Rechtsschutzverfahren auf einen Durchschnittsverdiener abzustellen.

2. Die Kosten für die Wahrnehmung des Umgangsrechts mit einem getrennt lebenden Kind sind nicht vom Träger der Grundsicherung zu übernehmen, wenn sie in dieser Höhe von einem Durchschnittsverdiener nicht aufgebracht werden könnten.

Text

 

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Koblenz vom 10.04.2012 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für eine Reise in die U zu übernehmen.

Der 1965 geborene Antragsteller ist der Vater des am 2004 geborenen C C . Die Ehe des Antragstellers mit der Mutter D C wurde 2005 geschieden. Das Sorgerecht für den Sohn wurde zunächst der Mutter zugesprochen; durch Beschluss vom 09.09.2011 übertrug das Amtsgericht P den Eltern die Sorge wieder gemeinsam (26 F 7351/09). Die Mutter zog 2007 mit dem Kind nach B und im Jahr 2009 in die U , wo sie zunächst in L in K lebte. Nunmehr hält sie sich mit ihrem Sohn in T , A , auf.

Durch Beschluss vom 09.09.2011 billigte das Amtsgericht P gemäß § 156 Abs. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) die Einigung der Eltern über den Umgang des Antragstellers mit dem Kind in der Zeit dessen U -Aufenthaltes (26 F 5845/09). Darin wurde ua. vereinbart, dass der Antragsteller anlässlich von Besuchsreisen in jedem Quartal des Jahres an sieben Tagen (unter bestimmten näher geregelten Bedingungen) unbegleiteten Umgang mit dem Kind haben darf. Ferner ist der Antragsteller danach berechtigt und verpflichtet, den Sohn jeden Mittwoch über den Bildtelefondienst Skype anzurufen, wobei er mindestens 10 Minuten mit diesem allein kommunizieren kann.

Der Antragsteller ist seit 2007 mit der 1982 geborenen Z M verheiratet. Er lebt mit ihr und drei aus der Ehe hervorgegangenen Kindern zusammen; die älteren Kinder sind 2007 und 2009 und das jüngste am 25.11.2011 geboren. Der Antragsteller war in der Vergangenheit als Handelsvertreter selbstständig tätig, wobei die Gewinne zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht ausreichten. Seit Februar 2012 nimmt er Elternzeit in Anspruch und erhält Elterngeld von vorläufig 501,24 € im Monat. Z M geht zur Zeit keiner Tätigkeit nach. Der Antragsgegner gewährt der Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Nachdem die Kreisverwaltung M als Sozialhilfeträger es mehrfach abgelehnt hatte, dem Antragsteller die Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts mit seinem Sohn in K zu erstatten, wurde der Antragsgegner durch Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz (LSG) vom 24.11.2010, L 1 SO 133/10 B ER, verpflichtet, für die Zeit bis zum 24.05.2011 vorläufig zweimal die notwendigen Kosten zur Ausübung des Umgangsrechts für einen jeweils fünftägigen Aufenthalt in L zu übernehmen. Es handele sich um einen unabweisbaren, laufenden Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 6 SGB II. Für einen Hin- und Rückflug nach L A seien etwa 590,00 Euro aufzubringen; die Kosten für die Unterbringung würden sich pro Übernachtung in einem Bereich von 38,00 bis 50,00 Euro bewegen. Solche Kosten würde ein verständiger Umgangsberechtigter ohne Bezug von Grundsicherungsleistungen allenfalls viermal im Jahr aufwenden, solange keine besonderen Anhaltspunkte bestünden, dass eine für das betroffene Kind nachteilige Entwicklung vorliege. Angesichts der regelmäßigen telefonischen Kontakte des Antragstellers mit dem Kind seien die Termine ausreichend.

Für eine U -Reise im Januar 2012 wurden dem Antragsteller vom Antragsgegner Leistungen von insgesamt 1.044,42 € gewährt (970,79 € laut Bescheid vom 29.12.2011 und auf Grund des im vorläufigen Rechtsschutzverfahrens S 6 AS 1566/11 ER vor dem Sozialgericht Koblenz -SG-geschlossenen Vergleiches vom 01.02.2012 zusätzlich 9,93 € sowie weitere 12,74 € pro Nacht für fünf Übernachtungen).

Am 05.03.2012 beantragte der Antragsteller die Übernahme von Kosten zur Wahrnehmung seines Umgangsrechts mit seinem Sohn in T / U für den Zeitraum vom 08.04.2012 bis 16.04.2012. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 20.03.2012 mit der Begründung ab, im inzwischen ergangenen Beschluss des SG im Verfahren S 6 AS 725/11 ER sei festgelegt worden, dass der Aufenthalt in den U zur Wahrung des Umgangsrechtes nur noch einmal pro Jahr gestattet werde.

Mit am 26.03.2012 beim Antragsgegner eingegangenen Schreiben änderte der Antragsteller seinen Antrag dahingehend ab, dass nunmehr Hin- und Rückflug nach und von T / A gewährt werden sollten. Zugleich erhob er Widerspruch gegen den Bescheid. Ergänzend bat er mit Schreiben vom 27.03.2012 noch um die Übernahme der Kosten für einen Mietwagen.

Am 28.03.2012 hat er den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim SG Koblenz gestellt mit dem Ziel, den Antragsgegner zur Bewilligung der vollständigen Reisekosten für die Wahrnehmung des Umgangrechts mit seinem Sohn in der Zeit vom 26.04.2012 bis zum 08.05.2012 zu verpflichten und ihm dafür bis zum 30.03.2012 einen Betrag von 1.200,00 € als Vorschuss auszuzahlen. Das LSG habe im Beschluss vom 24.11.2010 einen viermaligen Besuch im Jahr für angemessen gehalten. Der Umgang mit dem Kind sei für den genannten Zeitraum mit der Mutter in T vereinbart, die Finanzierung der Reise müsse rechtzeitig vorher sichergestellt werden.

Durch Beschluss vom 10.04.2012 hat das SG Koblenz den Antrag abgelehnt. Es fehle bereits an einem Anordnungsanspruch im Sinne von § 86b Abs 2 S 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Als Rechtsgrundlage für die Übernahme der Kosten komme allein § 21 Abs 6 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der ab dem 03.06.2010 geltenden Fassung in Betracht. Danach erhielten erwerbsfähige Hilfebedürftige einen Mehrbedarf, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf bestehe. Die Gesetzesbegründung nenne als Anwendung der Härtefallklausel beispielhaft ua die Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts bei getrennt lebenden Eltern. Es könne dahinstehen, ob es sich bei den vom Antragsteller geltend gemachten Reisekosten um einen laufenden Bedarf handeln könne. Ein Anspruch sei deshalb nicht gegeben, weil sich die geltend gemachten Kosten in einem unangemessen hohen Bereich bewegten und insofern nicht als erstattungsfähig angesehen werden könnten. Nach Überzeugung des Gerichts sei eine Rechtfertigungskontrolle anhand des Maßstabes der Sozialüblichkeit angezeigt. Es sei zu prüfen, wie oft ein im Arbeitsleben stehender umgangsberechtigter Elternteil bei vollschichtiger Ausübung einer Tätigkeit bei einer solchen Entfernung unter Berücksichtigung seiner finanziellen Möglichkeiten sein Umgangsrecht ausüben würde. In Kenntnis der vom Antragsgegner dem Antragsteller für die im Januar 2012 durchgeführte U -Reise erstatteten Kosten sei das Gericht überzeugt, dass ein im Arbeitsleben stehender umgangsberechtigter Elternteil diese nicht ein zweites Mal im selben Kalenderjahr wahrnehmen würde, da er sich eine solche Reise nicht leisten könnte. Der Antragsgegner sei mithin nicht verpflichtet, die im April 2012 vorgesehene Reise zu finanzieren.

Am 23.04.2012 hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt.

Auf Anfrage des Senats hat er zunächst mitgeteilt, er begehre nunmehr die Kosten für eine vom 25.05.2012 bis 02.06.2012 geplante Reise, deren Gesamtkosten er auf ca 1.200,00 € beziffert hat (für An- und Abreise von seinem Wohnort A nach F Flugkosten von F nach T / A , alternativ nach P und Mietwagen, Kosten für öffentliche Verkehrsmittel, Hotelkosten sowie "Bespaßungskosten").

Die Reise hat inzwischen in der Zeit vom 23.05.2012 bis zum 04.06.2012 stattgefunden. Nach den vorgelegten Belegen werden dafür Kosten von insgesamt 1.035,29 € beansprucht. Der Antragsteller hat dazu angegeben, die finanziellen Mittel als Kredit erhalten zu haben, den er nicht zurückzahlen könne. Er benötige die beantragten Sondermittel zur Wahrnehmung seines Umgangsrechtes mit seinem Kind in T . Die Mutter forciere die Entfremdung zwischen Vater und Sohn. Er halte es für seine Pflicht und sein aus Art 6 Abs 2 Grundgesetz (GG) abzuleitendes Recht, den Umgang mit dem Kind auszuüben. Die geltend gemachten Fahrtkosten seien gerade nicht außergewöhnlich hoch, sondern vergleichsweise günstig. Es sei zu beachten, dass der deutsche Staat ihm die relativ hohen Fahrt- und Unterkunftskosten mittelbar dadurch auferlegt habe, dass er es zugelassen habe, dass das Kind dauerhaft an einen so entfernt von seinem Wohnort liegenden Ort verbracht werde. Hätte der Staat durch seine Familiengerichtsbarkeit und unter Einschaltung insbesondere der Bundespolizei in Form der Überwachung von Ausreisen Minderjähriger dafür gesorgt, dass das Kind weiterhin im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland verblieben wäre, wären die Kosten wesentlich geringer. Ihm könne auch nicht entgegengehalten werden, dass er nach der Erreichbarkeitsanordnung (EAO) nicht mehr als 21 Tage im Jahr abwesend sein dürfe. Die Vorschrift des § 3 EAO sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass ihm im Rahmen des notwendigen Umgangs mit seinem Kind eine längere Abwesenheit gestattet werde.

Der Antragsteller beantragt,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm die Reisekosten von insgesamt 1.035,29 € für die Reise vom 23.05.2012 bis 04.06.2012 zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.11.2006 (B 7b AS 14/06 R) sei zu entnehmen, dass Fahrt- und Umgangskosten im Rahmen der Sozialhilfe zu übernehmen seien, sofern es sich nicht um außergewöhnlich hohe Kosten handele. Es komme nicht darauf an, ob das vergleichsweise günstigste Verkehrsmittel gewählt worden sei, sondern auf die absolute Summe. Im vorliegenden Fall würde die Reise so hohe Kosten verursachen, dass die Übernahme aus Steuergeldern nicht gerechtfertigt sei.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte des Antragsgegners sowie der vorliegenden Prozessakte und der beigezogenen Prozessakten des SG Koblenz (S 6 AS 1164/11 ER, S 6 AS 1566/11 ER und S 6 AS 722/11= L 3 AS 580/11) verwiesen, der Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen ist.

 

II.

Die Beschwerde ist gemäß den §§ 172 ff SGG zulässig. Zwar richtet sich das Begehren des Antragstellers nicht mehr, wie noch beim SG, darauf, ihm die Kosten für eine Reise in die U für die Zeit vom 26.04.2012 bis zum 08.05.2012 zu gewähren. Diese Reise hat er, nachdem der Zeitraum während des Beschwerdeverfahrens abgelaufen ist, nicht angetreten. Nunmehr begehrt er die Kosten für den vom 23.05.2012 bis zum 04.06.2012 durchgeführten Besuch. Insoweit liegt nach Auffassung des Senats eine zulässige Antragsänderung im Sinne von § 99 SGG vor.

Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat zunächst gemäß § 142 Abs 2 Satz 3 SGG bzgl. der Rechtsgrundsätze für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs 2 S 2 SGG auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung.

Der Antrag hat schon deshalb keinen Erfolg, weil ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht ist. Der Antragsteller hat die Reise inzwischen durchgeführt, wobei er die Mittel dafür nach seinem eigenem Vorbringen durch einen Kredit aufgebracht hat. Er macht insoweit geltend, dass ihm die Rückzahlung aus eigenen Mitteln nicht möglich sei. Allein das Bestehen von Schulden stellt aber keinen den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigenden und glaubhaft gemachten Anordnungsgrund dar. Der Antragsteller hat nicht dargetan und glaubhaft gemacht, dass ihm wegen der Rückzahlungsverpflichtung darüber hinaus wesentliche Nachteile entstehen, die ausnahmsweise die sofortige Zahlung von Leistungen nach dem SGB II zur Schuldentilgung erforderlich machen.

Im Übrigen fehlt es auch an einem Anordnungsanspruch für die begehrte einstweilige Anordnung. Zu den Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs nach § 21 Abs 6 SGB II verweist der Senat wiederum auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses und ergänzt diese wie folgt:

Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung des 1. Senats des LSG in seinem Beschluss vom 24.11.2010 an, dass die Kosten des Umgangsrechts einen laufenden Bedarf darstellen, der über den in den Regelleistungen enthaltenen Bedarf hinausgeht und damit § 21 Abs 6 SGB II unterfällt. Die Kosten des Umgangsrechts sind bereits unter Geltung des BSHG zu den persönlichen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gerechnet worden, für die über die Regelsätze für laufende Leistungen hinaus einmalige oder laufende Leistungen zu erbringen gewesen sind. Die Grundsätze für die Gewährung der Leistungen können dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 25.10.1994 (1 BvR 1197/93 in NJW 1995, S 1342) entnommen werden, die sinngemäß auf die Regelungen des SGB II übertragen werden können.

In dem zitierten Beschluss hat das BVerfG einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben, die die Frage betroffen hat, in welchem Umfang die Sozialhilfebehörde Leistungen an einen sozialhilfeberechtigten Vater zu erbringen hat, um dessen Wahrnehmung des Umgangsrechts mit seinen Kindern aus einer geschiedenen Ehe zu ermöglichen. Das BVerfG hat dazu ausgeführt, das Umgangsrecht des nicht sorgeberechtigten Elternteils stehe ebenso wie die elterliche Sorge des anderen unter dem Schutz des Art 6 Abs 2 S 1 GG. Diese Bestimmung schütze die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer natürlichen Elternverantwortung gerecht werden. Das Umgangsrecht ermögliche dem nicht sorgeberechtigten Elternteil, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige Absprache fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrecht zu erhalten und einer Entfremdung vorzubeugen sowie dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen. Zu dem in der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) hat es dargelegt, dass dieses zwar der Bedeutung des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG Rechnung getragen habe, soweit es annehme, dass die Ausübung des Umgangsrechts durch den nichtsorgeberechtigten Elternteil im Falle seiner Sozialhilfebedürftigkeit dem Grunde nach mit Mitteln der Sozialhilfe ermöglicht werden müsse. Die verfassungsrechtliche Bedeutung der Bestimmung sei jedoch verkannt, soweit das BVerwG hinsichtlich des Umfangs der Sozialhilfeleistungen zur Ermöglichung des Umgangsrechts durch den nichtsorgeberechtigten Elternteil auf die familiengerichtliche Rechtsprechung Bezug nehme und damit letztlich sozialhilferechtlich nur das Maß an Umgang ermögliche, das auch im Streitfall zwangsweise durchgesetzt werden könnte. Vielmehr sei das erforderliche Maß des Umgangs nach allen das Eltern-Kind-Verhältnis bestimmenden Umständen zu beurteilen.

Im vorliegenden Fall haben sich der Antragsteller und seine geschiedene Frau laut Beschluss des Amtsgerichts P vom 09.09.2011 dahingehend geeinigt, dass der Antragsteller mit seinem Sohn anlässlich von Besuchsreisen in jedem Quartal des Jahres an sieben Tagen unbegleiteten Umgang haben kann. Allein daraus ergibt sich aber kein Anspruch des Antragstellers auf die Gewährung von Geldmitteln nach dem SGB II zur Durchführung von Reisen mit dieser Häufigkeit und Dauer. Das BVerfG hat in dem zitierten Kammerbeschluss zwar entschieden, dass nicht nur das Maß an Umgang aus Sozialhilfemitteln zu tragen ist, das in der Praxis zur Regelung des Umgangsrechtes gemäß § 1634 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) a.F. familiengerichtlich festgesetzt würde, weil diese Vorschrift im Fall einer erforderlichen Konfliktentscheidung Anwendung findet und damit eine andere Konstellation betrifft als den Fall einer einverständlichen Regelung der Eltern. Daraus kann aber andererseits auch nicht abgeleitet werden, dass in jedem Fall das aus Mitteln der Sozialhilfe zu gewähren ist, was für die von den Eltern vereinbarten Umgangsregelungen erforderlich ist. Das BVerfG hat insoweit betont, dass alle das Eltern-Kind-Verhältnis bestimmenden Umstände in Betracht gezogen werden müssen, um das erforderliche Maß des Umgangs festzustellen, so neben der einverständlichen Regelung z.B. auch das Alter und die Zahl der Kinder. Die Beurteilung ist von dem zur Entscheidung berufenen Gericht vorzunehmen.

Unter Berücksichtigung sämtlicher und das konkrete Eltern-Kindverhältnis prägender Umstände ergibt sich kein Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine weitere Reise im Jahr 2012. Insoweit sind das Alter und die Entwicklung des Kindes, die Intensität der bisherigen Beziehungen zum Umgangsberechtigten, sonstige Interessenbindungen von Kindern und Eltern, aber auch die Entfernung des Wohnortes der Eltern in den Blick zu nehmen.

Nach den Erkenntnismöglichkeiten, die dem Senat im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zur Verfügung stehen und im Hinblick darauf, dass besondere Umstände nicht vorgetragen sind, geht der Senat davon aus, dass die Bindung zwischen dem Antragsteller und seinem Sohn einer üblichen Vater-Sohn-Beziehung entspricht. Im Hinblick auf die vorliegenden bekannten Gesamtumstände hält der Senat daher einen einmaligen Besuch des Antragstellers im Jahr bei seinem Sohn für ausreichend, auch wenn die Eltern eine höhere Besuchsfrequenz vereinbart haben. Vorliegend kann nicht außer Betracht bleiben, dass über mehrere Jahre eine erhebliche Entfernung zwischen den Wohnorten des Antragstellers und seines Sohnes liegt. Eine große Entfernung kann auch einer der maßgeblichen Umstände sein, der die Eltern-Kind-Beziehung wesentlich prägt und ist daher für die Frage, welches Maß an Umgang erforderlich ist, mit einzubeziehen. Aufgrund des hohen finanziellen, zeitlichen und persönlichen Aufwandes, den ein Besuch bei dem Sohn in den U mit sich bringt, erscheint dieser einmal im Jahr angemessen.

Der Senat würdigt bei dem erforderlichen Maß des Umgangs auch den Umstand, dass vielfältige moderne Kommunikationsmittel wie E-Mail, Skype, Internetblogs etc existieren. Diese eröffnen jedenfalls mit Kindern im Schulalter (wie dem Sohn des Antragstellers) Kommunikationsmöglichkeiten, die zwar keinen körperlichen Kontakt zulassen, aber einen geistigen Austausch und teilweise auch einen über die Medien vermittelten Sichtkontakt. Diese Mittel erlauben einen zeitnahen Austausch und damit eine Teilnahme am Leben des Elternteils bzw des Kindes und bieten damit jedenfalls teilweise Ersatz für die fehlende tatsächliche Nähe. Entsprechend haben die Eltern hier vereinbart, dass der Antragsteller berechtigt und sogar verpflichtet ist, einmal wöchentlich für mindestens 10 Minuten über den Bildtelefondienst Skype mit seinem Sohn zu kommunizieren.

Nicht außer Acht zu lassen ist auch die Tatsache, dass der Antragsteller in Deutschland drei Kinder im Kleinkindalter hat, die ebenfalls väterlicher Zuwendung und Erziehung bedürfen. Der Antragsteller nimmt für das jüngste Kind Elternzeit in Anspruch. Die Betreuung dieses Kindes und der übrigen Kinder könnte bei der vom Antragsteller gewünschten viermal 7-tägigen Abwesenheit durch Aufenthalt bei seinem Sohn C -D (bei dem nun absolvierten Besuch ist der Antragsteller sogar 13 Tage unterwegs gewesen) zumindest beeinträchtigt sein. Die Wahrnehmung des Rechts auf den Umgang mit einem Kind darf sich aber nicht zu Lasten der Rechte der anderen Kinder auswirken.

Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass sich aus Art 6 Abs 2 GG kein Anspruch auf Übernahme von Kosten für die Wahrnehmung des Umgangsrechts in beliebiger Höhe ergibt. Das BSG hat in seinem Urteil vom 07.11.2006 (BSGE 97, 242) -zum vor Inkrafttreten des § 21 Abs. 6 SGB II anzuwendenden § 73 SGB XII- ausgeführt, die vom Sozialleistungsträger zu übernehmenden Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechtes müssten sich in einem Bereich bewegen, der den Einsatz öffentlicher Mittel noch rechtfertige. Auch hinsichtlich des Umgangsrechts mit den Kindern sei über § 73 SGB XII keine unbeschränkte Sozialisierung von Scheidungsfolgekosten möglich.

Der erkennende Senat folgt der Auffassung des SG im angefochtenen Beschluss, dass die vom Antragsteller geltend gemachten Reisekosten für eine zweite Reise in die U auch unter diesem Aspekt nicht zu übernehmen sind. Die Kosten sind so außergewöhnlich hoch, dass kein Anspruch auf deren Übernahme besteht.

Unstreitig sind dem Antragsteller bereits für eine im Januar 2012 durchgeführte U -Reise Leistungen gewährt worden (laut Bescheid vom 29.12.2011 970,79 € und auf Grund des im vorläufigen Rechtsschutzverfahrens S 6 AS 1566/11 ER geschlossenen Vergleiches vom 01.02.2012 weitere 73,63 €, insgesamt also 1.044,42 €). Die Übernahme von Kosten für weitere Reisen würde das Maß dessen übersteigen, was von der Allgemeinheit noch mit Steuermitteln zu finanzieren ist.

Welcher Vergleichsmaßstab insoweit anzuwenden ist, ist eine schwierige Rechtsfrage, deren Klärung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss, wobei möglicherweise auch noch Ermittlungen in tatsächlicher Hinsicht, zB durch Beiziehung und Auswertung statistischer Daten, erforderlich sind. In Anlehnung an die vom ersten Senat des LSG vertretene Auffassung hält es der Senat jedenfalls für die Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu Gunsten des Antragstellers für angezeigt, einen Vergleich mit den Kosten vorzunehmen, die ein berufstätiger Betroffener mit einem durchschnittlichen Einkommen höchstens aufwenden würde. Zurückgegriffen werden kann insoweit auf das durchschnittliche Bruttoarbeitsentgelt, das durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates jährlich unter Berücksichtigung vom statistischen Bundesamt erhobener Daten festgestellt wird und Grundlage für die Berechnung der gesetzlichen Rente ist, siehe §§ 68, 69 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Dieses wird nach § 68 Abs. 2 Satz 1 SGB VI unter Berechnung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer ohne Personen in Arbeitsgelegenheiten mit Entschädigungen für Mehraufwendungen (sog. "Ein-Euro-Jobs") ermittelt und stellt damit die durchschnittliche Bruttoentlohnung der in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherten dar. Der Betrag bildet somit ab, über welches Einkommen ein Großteil der in Deutschland lebenden Berufstätigen durchschnittlich verfügt.

Der für 2012 aufgrund der Einkommensentwicklung der letzten Jahre ( § 68 Abs. 2 SGB VI) ermittelte (vorläufige) Wert beträgt nach Anlage 1 zum SGB VI 32.446 €, also monatlich 2.703,83 €. Bereits der Vergleich dieses Betrages mit den vom Antragsteller geltend gemachten Reisekosten von über 1.000,00 € pro Reise zeigt die Unangemessenheit der vom Antragsteller beanspruchten vier Reisen im Jahr. Die dafür anfallenden Kosten von ca. 4.000 € sind ca. eineinhalb mal so hoch wie das Bruttogehalt. Der Senat geht nicht davon aus, dass ein Arbeitnehmer diesen erheblichen Betrag neben seinen sonstigen Aufwendungen und Lebenshaltungskosten ohne weiteres für die Realisierung des Umgangsrechts aufwenden könnte und würde.

Dies wird umso deutlicher, wenn man die konkrete Lebenssituation des Antragstellers in die Betrachtung einbezieht und ausgehend von dem unterstellten Durchschnittsverdienst das verfügbare Einkommen ermittelt. Ausgehend davon würden dem Antragsteller von dem Bruttogehalt unter Berücksichtigung von drei Kinderfreibeträgen, Lohnsteuerklasse 3 und anfallenden gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträgen ca 2000,00 € netto verbleiben (errechnet nach Brutto-Netto-Rechner von Focus Online, vergleichbar unter sueddeutsche.de). Zusätzlich zu berücksichtigen wäre noch das für drei Kinder zu beanspruchende Kindergeld von 558,00 € (2 X 184,00 € + 1 X 190,00 €), woraus sich ein monatliches Einkommen von insgesamt 2.558,00 € ergäbe. Ob bei einer derartigen Familien- und Einkommensituation grundsätzlich noch eine Berufstätigkeit des zweiten Elternteils, also weiteres Einkommen zu unterstellen wäre, kann hier dahinstehen. Das dritte Kind der Eheleute M ist am 25.11.2011 geboren; vom Antragsteller wird Elternzeit in Anspruch genommen. Entsprechend kann auch für die für den Vergleich herangezogene Einkommenssituation des Durchschnittsverdieners unterstellt werden, dass ein Elternteil so kurz nach der Geburt eines Kindes jedenfalls vorübergehend keiner Berufstätigkeit nachgeht. Mangels anderer Anhaltspunkte kann als weiteres Einkommen in einem solchen Fall das mindestens zu zahlende Elterngeld von 300,00 € im Monat zugrunde gelegt werden. Das vergleichbare Familieneinkommen betrüge dann monatlich insgesamt 2.858,00 €. Zieht man davon -insoweit zugunsten des Antragstellers- als notwendige Kosten des Lebensunterhaltes nur den nach dem SGB II berechneten Bedarf der Familie ab (1.331,00 € Regelleistungen - 2 X 337,00 € + 3 X 219,00 €- und die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung von 595,25 €, siehe Anlage zum Bescheid vom 24.01.2012 in L 3 AS 580/11), was einen Gesamtbedarf von 1.926,25 € ergäbe, verbliebe ein zur freien Verfügung stehendes Familieneinkommen von monatlich ca 932,00. Um die errechneten Gesamtkosten von mindestens 1.000,00 € für vier Reisen aufzubringen, müsste die Familie davon ca. 335,00 € im Monat zurücklegen, also über 35 % des "freien" Einkommens. Dass ein derart hoher Anteil des Verdienstes allein für die Wahrnehmung des Umgangsrechtes mit einem Kind ausgegeben werden könnte und auch würde, ist nicht nachvollziehbar, zumal es sich um Ausgaben handelt, die unabhängig von sonstigen, über das lebensnotwendige hinausgehenden Ausgaben, ua. auch für eigene Urlaubsreisen (ggf. mit neuem Partner und Familie), aufgewandt werden müssten. Dabei ist auch zu sehen, dass sich ein derart hoher Kosteneinsatz für den Besuch bei dem entfernt lebenden Kindes letztlich zu Lasten der weiteren mit dem Antragsteller zusammenlebenden Kinder auswirken würde.

Schon von daher kann ein Anspruch auf eine zweite Reise im 1. Kalenderhalbjahr 2012 nicht bejaht werden, sodass es an einem Anordnungsanspruch für die begehrte einstweilige Anordnung fehlt. Ob sich ein Durchschnittsverdiener zudem den erheblichen zeitlichen Einsatz leisten könnte, den ein viermaliger mehrtägiger Aufenthalt im weit entfernten Ausland erfordert, ist fraglich, da der Urlaub eines Arbeitnehmers nach § 3 des Mindesturlaubsgesetzes 24 Werktage beträgt. Nach dem Obengesagten braucht dies hier aber nicht entschieden zu werden.

Diese Auslegung steht nicht im Widerspruch zum GG. Laut der Entscheidung des BVerfG zum Kindergeld im Beschluss vom 29.05.1990 (1 BVL 26/84, 1 BVL 4/86, 1 BVL 20/84 in juris) folgt aus Art 6 Abs 1 GG, wonach der Staat die Pflicht hat, Ehe und Familie durch geeignete Maßnahmen zu fördern, nicht, dass dies ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange zu geschehen hat. Die staatliche Familienförderung durch finanzielle Leistungen steht unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann. Der Gesetzgeber hat im Interesse des Gemeinwohles neben der Familienförderung auch andere Gemeinschaftsbelange bei seiner Haushaltswirtschaft zu berücksichtigen und dabei vor allem auf die Funktionsfähigkeit und das Gleichgewicht des Ganzen zu achten.

Dieser Gesichtspunkt ist auch im Rahmen der Anwendung des Art 6 Abs 2 Satz 1 GG zu beachten. Soweit der Antragsteller hier Grundsicherungsleistungen begehrt, macht er einen Anspruch auf staatliche finanzielle Mittel geltend, die er zur Ausübung seines Umgangsrechtes benötigt. Auch dieser Anspruch muss sich an den Grenzen der Leistungsfähigkeit des Staates orientieren. Aus Art 6 Abs 2 GG folgt nicht das Recht, Mittel in unbegrenzter Höhe zu beanspruchen, um aus Familienbindungen folgende persönliche Rechte wahrzunehmen. Es ist nicht Sache des Staates, für jede besondere Lebenssituation einen Ausgleich zu schaffen und damit jegliche aufgrund eigener Lebensentscheidungen oder auch schicksalhafte entstandene Entwicklungen abzufedern. Dies kann sich entgegen der Auffassung des Antragstellers auch nicht aus dem Gesichtspunkt ergeben, dass der Staat den Wegzug der früheren Ehefrau und des Kindes in die U nicht verhindert hat. Ob und wie weit dies durch staatliche Maßnahmen hätte verhindert werden können, kann hier dahinstehen. Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass die familienrechtlichen gesetzlichen Regelungen in Deutschland die Familie grundsätzlich nicht ausreichend schützen. Selbst wenn dies aber der Fall wäre, kann dies nicht dadurch ausgeglichen werden, dass dem Antragsteller zum Ausgleich unbegrenzte finanzielle Mittel zur Wahrnehmung des Umgangs mit seinem Kind zur Verfügung gestellt werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

http://www3.mjv.rlp.de/rechtspr/DisplayUrteil_neu.asp?rowguid={BD72F6AB-A333-4D87-8629-0BE62DA655A2}

 

 


 

Umgangskosten

Väter und Mütter deren Einkommen nicht ausreicht, um die Kosten des Umganges mit den von ihnen getrenntlebenden Kindern zu bezahlen, haben einen Anspruch auf staatliche Unterstützung.

1. Die angemessen größere Wohnung ist ein persönlicher Anspruch der Hilfebedürftigen (aus seinem Elternrecht Art 6, 2 GG) und bei der ARGE in eigenem Namen zu beanspruchen. (Günstig ist vorher Wohngeld zu beantragen!)

2. Die Fahrtkosten sind beim Sozialamt / Grundsicherungsamt aus § 73 SGB XII zu beantragen.

3. Evtl. anteilige Regelleistung für die Kinder sind _namens _der Kinder (sic!) bei der ARGe / Jobcenter zu beanspruchen. Es findet dann aber eine Prüfung der Bedürftigkeit der Kinder (= im Kinderbesitzerhaushalt) statt.

Andernfalls geht die ARGE / Jobcenter einfach davon aus, dass die Mutter den Kindern Geld mitgibt (obwohl es dafür keinerlei familienrechtliche Handhabe gibt).

Wird seitens des Amtes eine Unterstützung abgelehnt, dagegen in Widerspruch gehen. Wird der Widerspruch abgelehnt, dagegen vor dem Sozialgericht klagen.

 

05.07.2008

 

Sozialgesetzbuch XII

SGB XII

 

§ 73 Hilfe in sonstigen Lebenslagen

1Leistungen können auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. 2Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden.

 

 

 


 

 

 

Umgangskosten als Leistung nach SGB VIII

Ab 01.04.2011 gilt neue Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarf (§ 38 Abs. 2 SGB II): „Für Leistungen an Kinder im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts hat die umgangsberechtigte Person die Befugnis, Leistungen nach diesem Buch zu beantragen und entgegenzunehmen, soweit das Kind dem Haushalt angehört“ (Quelle - http://dejure.org/gesetze/SGB_II/38.html).

 

 

§ 38

Vertretung der Bedarfsgemeinschaft

(1) Soweit Anhaltspunkte dem nicht entgegenstehen, wird vermutet, dass die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte bevollmächtigt ist, Leistungen nach diesem Buch auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzunehmen. Leben mehrere erwerbsfähige Leistungsberechtigte in einer Bedarfsgemeinschaft, gilt diese Vermutung zugunsten der Antrag stellenden Person.

(2) Für Leistungen an Kinder im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts hat die umgangsberechtigte Person die Befugnis, Leistungen nach diesem Buch zu beantragen und entgegenzunehmen, soweit das Kind dem Haushalt angehört.

 

http://dejure.org/gesetze/SGB_II/38.html

 

 

 


 

 

FamRZ 2011, 1098 = NJW 2011, 1837

10. Sozialrecht

Nr. 830 LSG Rheinland-Pfalz – SGBII §§ 21 VI, 9; SGG 86b

(1. Senat, rkr. Beschluss v. 24.11.2010 – L 1 SO 133/10 B ER.)

1. Ein hilfebedürftiger umgangspflichtiger Elternteil hat Anspruch auf Übernahme der Reisekosten nach Übersee gegen den zuständigen Sozialleistungsträger, um den Umgang mit seinem Kinde wahrnehmen zu können.

2. Nach der gesetzlichen Neuregelung ist gemäß § 21 IV SGBII für Bedürftige gemäß § 9 SGB II auch für einen laufenden Mehrbedarf wie die unabweisbaren Umgangskosten der Leistungsträger für SGB II-Leistungen, die ARGE, zuständig.

 

 


 

 

 

 

Zur Frage Umgang und Gewährung von Leistungen nach SGB II

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen

Urteil vom 20.01.2011 - L 7 AS 119/08

FamRZ 16/2011, 1338

 

 

 


 

 

Anteiliges Hartz IV für Besuchstage der Kinder

BSG: Keine Verrechnung mit an Partner gezahltem Kindergeld

Arbeitslose und getrennt lebende Mütter und Väter, die nur an einzelnen Tagen Besuch von ihren Kindern bekommen, haben Anspruch auf entsprechend anteilige Hartz-IV-Leistungen. Wie am Donnerstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied, darf die zuständige Arbeitsgemeinschaft (Arge) dies nicht mit dem Kindergeld aufrechnen, wenn dies an das andere Elternteil ausgezahlt wird. (Az: B 14 AS 75/08 R)

Im Streitfall lag das alleinige Sorgerecht beim Vater, der keine Sozialleistungen bezog, wohl aber das gesamte Kindergeld. Die drei Kinder besuchten ihre arbeitslose Mutter in Freiburg aber regelmäßig alle zwei Wochen und für einen Teil der Schulferien. Das Landessozialgericht Stuttgart sprach den Kindern daher sogenanntes Sozialgeld von jeweils 6,90 Euro je Tag zu, den sie bei ihrer Mutter verbringen. Die Arge meinte dagegen, die Mutter müsse diese Kosten von ihrem Anteil am Kindergeld bezahlen.

Das BSG bestätigte nun das Stuttgarter Urteil: Die Mutter habe keinen Zugriff auf das Kindergeld und könne daher die während der Besuche anfallenden Kosten ohne zusätzliche Unterstützung nicht aufbringen. Ob die Arge gegebenenfalls einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Vater haben könne, sei hier nicht zu entscheiden.

2. Juli 2009

www.123recht.net/article.asp?a=44979&ccheck=1

 

 


 

 

 

 

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 7.11.2006, B 7b AS 14/06 R

Arbeitslosengeld II - Wahrnehmung des Umgangsrechtes mit dem minderjährigen getrennt lebenden Kind - keine Erhöhung der Regelleistungen - ergänzende Leistungen nach § 73 SGB 12 -zeitweise Bedarfsgemeinschaft mit den Kindern - verfassungskonforme Auslegung - sozialgerichtliches Verfahren

Leitsätze

1. Die Regelungen des SGB 2 lassen eine Erhöhung der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts über die gesetzliche Pauschale hinaus nur in den dort ausdrücklich geregelten Fällen zu.

2. Zur Frage, welche Leistungen bei Bedürftigkeit zu gewähren sind, um einem geschiedenen Elternteil den Umgang mit seinen minderjährigen Kindern zu ermöglichen.

Tatbestand:

...

 

 

 


 

 

Rechtstipp: Häufiger Kinderbesuch rechtfertigt größere Wohnung

Alleinstehende Hartz-IV-Empfänger haben Anspruch auf eine Wohnung für zwei Personen, wenn sie regelmäßig und häufig Kinder betreuen. Das entschied das Sozialgericht Aachen in Anlehnung an ein Urteil des Bundessozialgerichts. Demnach bildet ein Hilfebedürftiger, der regelmäßig Besuch von seinen beim Partner lebenden Kindern bekommt, zumindest zeitweise eine Bedarfsgemeinschaft und hat entsprechend Anspruch auf einen höheren Regelsatz. Wenn eine Bedarfsgemeinschaft bestehe, seien aber auch die angemessenen Wohnkosten höher als bei einem Single-Haushalt, folgerten die Aachener Richter.

Aktuelle Nachrichten - Aachen (ddp.djn). Alleinstehende Hartz-IV-Empfänger haben Anspruch auf eine Wohnung für zwei Personen, wenn sie regelmäßig und häufig Kinder betreuen. Das entschied das Sozialgericht Aachen in Anlehnung an ein Urteil des Bundessozialgerichts

Demnach bildet ein Hilfebedürftiger, der regelmäßig Besuch von seinen beim Partner lebenden Kindern bekommt, zumindest zeitweise eine Bedarfsgemeinschaft und hat entsprechend Anspruch auf einen höheren Regelsatz. Wenn eine Bedarfsgemeinschaft bestehe, seien aber auch die angemessenen Wohnkosten höher als bei einem Single-Haushalt, folgerten die Aachener Richter.

Im konkreten Fall lebte der Kläger von seiner früheren Partnerin getrennt, bekam aber regelmäßig von Freitag bis Sonntag Besuch von den drei gemeinsamen Kindern. Die jüngste Tochter übernachtete zudem an zwei weiteren Wochentagen beim Kläger. Unter diesen Umständen müsse sich der Hilfebedürftige nicht mit einer Wohnung zufrieden geben, die für eine Person angemessen sei (höchstens 45 Quadratmeter Wohnfläche), entschieden die Richter. Wegen der häufigen Übernachtungsbesuche seiner Kinder sprachen sie dem Kläger eine Wohnungsgröße von 60 Quadratmetern zu.

(Sozialgericht Aachen, Urteil vom 19. November 2007, AZ: S 14 AS 80/07, nicht rechtskräftig)

ddp.djn/rog/rab

 

 

http://www.ad-hoc-news.de/Marktberichte/de/14984977/Rechtstipp+H&aumlueufiger+Kinderbesuch+rechtfertigt

 

 

 


 

 

 

Mehrbedarf wegen Alleinerziehung bei Ausübung des Umgangsrechts

 

Gericht und Gesetze

 

Der Mehrbedarf wird den Personen eingeräumt, die mit minderjährigen Kindern zusammenleben und “allein für deren Erziehung und Pflege sorgen”. So heißt es im zweiten Sozialgesetzbuch. Nach der Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen (Az.: L 8 AS 491/05) muss der Zuschlag auch dann gezahlt werden, wenn ein Elternteil “zur Ausübung des Umgangsrecht nur zeitweise” mit seinem Kind zusammenlebt. “Umfasst die zeitliche Betreuung mindestens ein Drittel des Jahres, ist der Mehrbedarf in vollem Umfang zu gewähren”, urteilten die LSG-Richter. Nur so könnten Eltern das “verfassungsrechtlich garantierte Umgangsrecht ausüben”.

 

Quelle: Biallo.de

www.biallo.de/finanzen/Soziales/alg_ii_alleinstehende.php?rub=star

 

 

Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 21. Juni 2007 (L 8 AS 491/05)

 

Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II müssen die Ausübung des verfassungsrechtlich garantierten Umgangsrechts ermöglichen. Hierzu ist dem Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf wegen Alleinerziehung nach § 21 Abs 3 SGB II auch für die Kinder zuzubilligen, mit denen er bei Ausübung des Umgangsrechts nur zeitweise zusammenleben.

Umfasst die zeitliche Betreuung mindestens ein Drittel des Jahres, ist der Mehrbedarf in vollem Umfang zu gewähren.

Die Gewährung eines Darlehens ist bei ständig wiederkehrenden zusätzlichen Bedarfen nicht zulässig (Aufgabe der im Beschluss vom 28. April 2005, Breithaupt 2005, 960, vertretenen Auffassung; Anschluss an BSG vom 7. November 2006 , NZS 2007, 383).

 

Ein Sozialhilfeträger ist nicht bereits dann notwendig beizuladen, wenn für den gegen einen anderen Sozialleistungsträger geltend gemachten Anspruch auch § 73 SGB XII (Hilfe in sonstigen Lebenslagen) als Anspruchsgrundlage in Betracht kommen könnte.

 

*Hinweise:*

Gegen das Urteil wurde Revision beim Bundessozialgericht eingelegt ( B 14 AS 51/07 R).

 

 


 

 

 

 

 

 

 

LSG Baden-Württemberg: Wahrnehmung des Umgangsrechts als untypische Bedarfslage 

NJW 2007 Heft 29 2143

 

 

Verweise

Wahrnehmung des Umgangsrechts als untypische Bedarfslage

GG Art. 6 II; SGG § 86b II; SGB II §§ 5 II, 20, 23 I; SGB XII §§ 21 S. 1, 28, 73

 

Verpflegungsaufwendungen, die im Zusammenhang mit der Verpflegung eines getrennt lebenden Kindes entstehen, sind auch aus Sicht eines Leistungsempfängers nach SGB II ein untypischer Bedarf und deshalb von den ihm gewährten Leistungen zum Lebensunterhalt nicht umfasst. Es spricht viel dafür, dass auch in diesen Fällen Kosten nach § 73 SGB XII vom Träger der Sozialhilfe getragen werden können. § 5 II SGB II und § 21 S. 1 SGB XII schließen das nicht aus.

LSG Baden-Württemberg, Beschluß vom 27. 10. 2006 - L 7 AS 4806/06 ER-B

 

Anm. d. Schriftltg.:

Die Entscheidung ist mit Sachverhalt und Gründen veröffentlicht in BeckRS 2007, 44530.

 

 


 

 

 

BUNDESFINANZHOF

 

Aufwendungen eines Elternteils für Besuche seiner bei dem anderen Elternteil lebenden Kinder sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar (Fortführung des Senatsurteils vom 28. März 1996 III R 208/94, BFHE 180, 551, BStBl II 1997, 54).

 

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1

EStG § 32 Abs. 6, § 33

 

Urteil vom 27. September 2007 III R 28/05

 

Vorinstanz: FG München vom 22. März 2005 12 K 826/04 (EFG 2005, 1201)

 

 

Gründe

 

A.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist geschieden. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen, die im Streitjahr 1999 minderjährig waren und bei ihrer Mutter in den USA lebten.

 

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1999 machte der Kläger Aufwendungen für die Besuche seiner Kinder in Höhe von 32 140,13 DM (Flugkosten: 12 735,39 DM, Hotel: 15 057,72 DM, Mietwagen: 3 457,02 DM, Agentur: 890 DM) als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Schulgeld für seine drei Kinder (56 016 DM) beantragte er, in Höhe von 30 % als Sonderausgaben und im Übrigen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ließ die Aufwendungen im Einkommensteuerbescheid für 1999 nicht zum Abzug zu. Für die Kinder wurden lediglich die doppelten Kinderfreibeträge in Höhe von 6 912 DM je Kind angesetzt.

 

Mit dem Einspruch brachte der Kläger vor, die Besuchskosten seien sowohl zwangsläufig als auch außergewöhnlich, da sich die Kinder gegen seinen Willen in den USA befänden. Er habe anwaltlich und auch gerichtlich versucht, die mit ihm nicht abgestimmte "Entführung" der Kinder auf einen anderen Kontinent rückgängig zu machen. Die Gerichtsverhandlungen in Deutschland und in den USA hätten aber keinen Erfolg gehabt. Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück.

 

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2005, 1201 veröffentlicht.

 

Das FG führte im Wesentlichen aus, das Schulgeld sei nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Auch eine teilweise Berücksichtigung als Sonderausgaben komme nicht in Betracht, da § 10 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 1999 geltenden Fassung (EStG) nicht für Schulen im Ausland gelte. Die Besuchskosten könnten ebenfalls nicht als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden, da Aufwendungen zur Ausübung des Besuchsrechts des nicht sorgeberechtigten Elternteils nicht außergewöhnlich i.S. des § 33 Abs. 1 EStG seien. Diese Aufwendungen seien grundsätzlich mit dem Kinderfreibetrag abgegolten, wenn auch typisiert und in Fällen wie dem Streitfall nicht annähernd angemessen.

 

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 33 EStG.

 

Er trägt vor, die Besuchskosten seien außergewöhnlich, da ihm für den "normalen" Umgang und Besuch seiner Kinder deutlich größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen entstünden, die mit ihren Familien in einem gemeinsamen Haushalt oder auch in Deutschland von ihren Familien getrennt lebten. Diesen Aufwendungen habe er sich nicht entziehen können, da er den Entschluss seiner geschiedenen Frau, mit den gemeinsamen Kindern in die USA auszuwandern, nicht habe beeinflussen können. Er habe die Lasten der Trennung im Interesse der Entwicklung und Gesundheit seiner Kinder auf sich genommen. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in zahlreichen Entscheidungen Besuchskosten in "Krankheitsfällen" als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Die Aufwendungen seien nicht durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs abgegolten. Außerdem habe der BFH im Urteil vom 4. Dezember 2001 III R 31/00 (BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382) ausgeführt, dass Streitigkeiten über das Umgangsrecht der Eltern den Kernbereich menschlichen Lebens beträfen und die damit zusammenhängenden Kosten nicht durch die allgemeinen Freibeträge abgegolten seien. Hiermit seien die Besuchskosten vergleichbar.

 

Die Schulgeldzahlungen seien angesichts der desolaten Situation an öffentlichen Schulen in den USA --hohe Kriminalitätsrate, Drogenkonsum-- ebenfalls zwangsläufig entstanden. Normale im Inland möglicherweise anfallende Schulkosten seien zwar grundsätzlich durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs (Kinderfreibetrag, Ausbildungsfreibetrag usw.) abgegolten. Jedoch habe der BFH Schulkosten in Krankheitsfällen als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Die Privatschule stelle durch kleine Klassenverbände eine individuelle Betreuung sicher. Dies gewährleiste einen Halt der Kinder in der neuen Umgebung und trage damit zur physischen sowie insbesondere zur psychischen Schadensbegrenzung bei Trennungskindern bei. Durch die bessere Integration habe das gesundheitliche Befinden der Kinder gestärkt werden sollen.

 

Während des Revisionsverfahrens am 15. Juni 2005 hat das FA den angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 1999 geändert. Die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs sind hiervon nicht berührt worden.

 

Der Kläger beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und unter Änderung des Bescheids vom 15. Juni 2005 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung in Höhe von 88 156,13 DM festzusetzen.

 

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen vertritt die Auffassung, die Kosten für den Umgang des getrennt lebenden Elternteils mit seinem Kind seien durch den Grundfreibetrag und die Regelungen des Familienleistungsausgleichs abgegolten.

 

B.

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

 

I. Das FG-Urteil ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil ihm ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde liegt.

 

Das FG hat über den Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 29. Oktober 2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 3. Februar 2004 entschieden. An die Stelle dieses Bescheids ist während des Revisionsverfahrens der geänderte Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 15. Juni 2005 getreten, der nach § 121 i.V.m. § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Das FG-Urteil ist daher gegenstandslos (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 14. Februar 2006 VIII R 40/03, BFHE 212, 270, BFH/NV 2006, 1198, m.w.N.). Da sich durch den Änderungsbescheid die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs nicht geändert haben, kann der Senat nach § 121, § 100 FGO über die streitigen Rechtsfragen entscheiden und braucht die Sache nicht nach § 127 FGO an das FG zurückzuverweisen (BFH-Urteil in BFHE 212, 270, BFH/NV 2006, 1198, m.w.N.).

 

II. Die Klage ist unbegründet.

 

1. Die Aufwendungen des Klägers für die Besuche seiner Kinder in den USA sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar.

 

a) Nach § 33 Abs. 1 EStG wird auf Antrag die Einkommensteuer ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung) erwachsen.

 

Die Aufwendungen entstehen gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Zwangsläufigkeit dem Grunde nach) und soweit sie den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (Zwangsläufigkeit der Höhe nach).

 

b) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die typischen Aufwendungen der Lebensführung sind dagegen ungeachtet ihrer Höhe im Einzelfall aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen. Sie werden durch den Grundfreibetrag (§ 32a EStG) berücksichtigt (z.B. Senatsurteil vom 10. Mai 2007 III R 39/05, BStBl II 2007, 764, BFH/NV 2007, 1768). Familienbedingte Aufwendungen sind bis 1995 durch die Regelungen des Kinderlastenausgleichs (Kinderfreibetrag und Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz --BKGG--) und ab 1996 durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs (im Streitjahr 1999 Kinderfreibetrag oder Kindergeld --§ 32 Abs. 6, § 31 EStG--) abgegolten (z.B. Senatsurteile vom 28. März 1996 III R 208/94, BFHE 180, 551, BStBl II 1997, 54, und vom 18. Juni 1997 III R 60/96, BFH/NV 1997, 755).

 

c) Zu den nicht außergewöhnlichen, bei typisierender Betrachtungsweise abgegoltenen Aufwendungen gehören in der Regel die Kosten für Fahrten, um nahe Angehörige zu besuchen (z.B. Senatsurteile vom 23. Mai 1990 III R 63/85, BFHE 161, 69, BStBl II 1990, 894, und III R 145/85, BFHE 161, 73, BStBl II 1990, 895 --Besuch des Ehegatten bzw. des Kindes in der Haftanstalt--; vom 24. Mai 1991 III R 28/89, BFH/NV 1992, 96, m.w.N. --Besuch des kranken Vaters--), es sei denn, die Fahrten werden ausschließlich zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit unternommen (Senatsurteil vom 6. April 1990 III R 60/88, BFHE 161, 432, BStBl II 1990, 958).

 

Durch die Regelungen des Kinderlastenausgleichs bzw. ab 1996 des Familienleistungsausgleichs sind nach der Rechtsprechung auch die Kosten eines alleinstehenden Elternteils für Wochenendfahrten zu einem von ihm getrennt lebenden Kind in Erfüllung der elterlichen Pflicht zur Personensorge abgegolten (Senatsurteile vom 29. August 1986 III R 209/82, BFHE 148, 22, BStBl II 1987, 167, und vom 12. Juli 1991 III R 23/88, BFH/NV 1992, 172, unter 1. b). Die Aufwendungen eines geschiedenen, nicht sorgeberechtigten Vaters für Fahrten zu seinem Kind aufgrund seines Besuchsrechts nach § 1634 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) a.F. hat der Senat --in einem den Veranlagungszeitraum 1990 betreffenden Fall-- ebenfalls als typische --nicht nach § 33 EStG steuermindernd zu berücksichtigende-- Kosten der Lebensführung behandelt (Senatsurteil in BFHE 180, 551, BStBl II 1997, 54). An den Grundsätzen dieser Entscheidung hält der Senat auch für das Streitjahr 1999 fest.

 

d) Der Gesetzgeber hat die Aufwendungen des nicht sorgeberechtigten Elternteils für den Umgang mit seinem Kind --unabhängig von der Höhe der im Einzelfall entstehenden Aufwendungen-- den typischen Aufwendungen der Lebensführung zugeordnet, die durch den Kinderlastenausgleich bzw. ab 1996 durch den Familienleistungsausgleich berücksichtigt werden.

 

Durch das Steuerreformgesetz (StRG) 1990 vom 25. Juli 1988 (BGBl I 1988, 1093, BStBl I 1988, 224) hat der Gesetzgeber den in § 33a Abs. 1 a EStG a.F. geregelten Freibetrag zur Pflege des Eltern-Kind-Verhältnisses aufgehoben. Dieser Freibetrag sollte insbesondere Aufwendungen abgelten, die einem geschiedenen Elternteil (dem das Kind nicht zugeordnet war) z.B. durch Besuche des Kindes entstanden. In der Begründung zum Entwurf des StRG 1990 wird ausgeführt, der Freibetrag sei zu einer Zeit eingeführt worden, zu der der barunterhaltspflichtige Elternteil grundsätzlich keine Steuerermäßigung für seine Kinder erhalten habe. Der ab 1983 wieder eingeführte Kinderfreibetrag stehe aber grundsätzlich beiden Elternteilen zur Hälfte zu. Nach der mehrmaligen Anhebung des Kinderfreibetrags sei "es berechtigt, Aufwendungen zur Pflege des Eltern-Kind-Verhältnisses als durch Kinderfreibetrag und Kindergeld mit abgegolten zu betrachten" (BTDrucks 11/2157, 150).

 

e) Der seit 1996 eingeführte Familienleistungsausgleich (steuerliche Entlastung durch Kinderfreibetrag oder Kindergeld, § 32 Abs. 6, § 31 EStG) lässt die vom Gesetzgeber vorgesehene Abgeltungswirkung unberührt. Der im Veranlagungszeitraum 1999 auch dem nicht sorgeberechtigten Elternteil zustehende Kinderfreibetrag oder das Kindergeld (falls der nichtsorgeberechtigte Elternteil Anspruch auf Kindergeld hat) gelten --ebenso wie im Veranlagungszeitraum 1990 der Kinderfreibetrag und das Kindergeld nach dem BKGG-- die zur typischen Lebensführung rechnenden Kosten für den Umgang mit dem Kind ab.

 

f) Die zivilrechtlichen Änderungen zum Umgangsrecht durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts (KindRG) vom 16. Dezember 1997 (BGBl I 1997, 2942), das am 1. Juli 1998 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 17 § 1 KindRG), geben keinen Anlass, die bisherige Rechtsprechung zu ändern. Nach § 1684 Abs. 1 BGB i.d.F. des KindRG ist jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind berechtigt und auch das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil. Dem Recht des Kindes entspricht eine Verpflichtung der Eltern zum Umgang mit dem Kind. Aufgrund dieser ausdrücklich geregelten Rechtspflicht jedes Elternteils sind die Aufwendungen zwar als zwangsläufig anzusehen. Dadurch, dass jeder Elternteil nunmehr nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht hat, Kontakt zu seinem Kind zu halten, werden aber die zu den typischen Kosten der Lebensführung gehörenden Aufwendungen nicht außergewöhnlich i.S. des § 33 EStG.

 

Das Recht und die Pflicht zum Umgang mit den eigenen Kindern bestehen auch bei intakten Ehen und ergeben sich hier aus dem gemeinsamen Sorgerecht für die Kinder. Bei getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern, insbesondere wenn nur ein Elternteil das Sorgerecht hat, bedarf es jedoch zur Vermeidung von Streit einer besonderen gesetzlichen Regelung. Steuerrechtliche Folgerungen hinsichtlich der durch den Umgang mit den Kindern entstehenden Kosten ergeben sich hieraus aber nicht.

 

Weder ist es als außergewöhnlich anzusehen, dass ein Elternteil von seinen Kindern getrennt lebt, weil zwischen den Eltern keine eheliche oder eheähnliche Lebensgemeinschaft (mehr) besteht, noch sind die aufgrund der Trennung der Eltern entstehenden Kosten für den Umgang mit den Kindern außergewöhnlich. Denn eine räumliche Trennung zwischen Eltern und Kindern ist auch bei zusammenlebenden Eltern nicht unüblich, etwa wenn Kinder eine Schule im Ausland besuchen, auswärtig für einen Beruf ausgebildet werden, in einem Heim, einem Krankenhaus oder einer Rehabilitationseinrichtung untergebracht sind, oder im Rahmen eines Schüleraustauschs längere Zeit im Ausland leben.

 

g) Auch aus dem vom Kläger angeführten Urteil des Senats in BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382 folgt nicht, dass die Umgangskosten nicht den typischen Kosten der Lebensführung zuzuordnen sind.

 

Das Urteil betraf Aufwendungen für einen Familienrechtsstreit über das Umgangsrecht eines Vaters mit seinen bei der Mutter lebenden nichtehelichen Kindern unter Geltung des § 1711 BGB a.F., nach dem allein der Sorgeberechtigte den Umgang des anderen Elternteils mit den nichtehelichen Kindern bestimmen konnte. Prozesskosten sind nach der Rechtsprechung in der Regel nicht zwangsläufig, es sei denn, der Rechtsstreit berührt einen existentiell wichtigen Bereich des Steuerpflichtigen. Das Recht auf Umgang mit den eigenen Kindern hat der Senat als einen solchen Bereich angesehen und deshalb bei einer grundlosen --nach altem Recht möglichen-- Verweigerung des Umgangsrechts durch die sorgeberechtigte Mutter angenommen, dass die Kosten des Vaters für einen Prozess zur Durchsetzung des Umgangs mit seinen Kindern aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig seien. Der Senat hat die Aufwendungen auch als außergewöhnlich beurteilt, weil das die Aufwendungen auslösende Ereignis --die Verweigerung des Umgangs mit den Kindern-- nur wenige Steuerpflichtige betreffe und somit nicht durch die allgemeinen Freibeträge abgegolten sei. Aus der Zuordnung des Umgangsrechts zum "Kernbereich menschlichen Lebens" kann aber nicht geschlossen werden, dass die für den Umgang mit den Kindern entstehenden Aufwendungen --anders als die Kosten für Durchsetzung des Umgangsrechts-- außergewöhnlich sind.

 

h) Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Aufwendungen auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Krankheitskosten nach § 33 EStG abziehbar.

 

Nach der Rechtsprechung des BFH werden Aufwendungen für Besuchsfahrten zu nahen Angehörigen zwar als außergewöhnliche Belastung anerkannt, wenn diese ausschließlich zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit oder eines Leidens unternommen werden oder den Zweck verfolgen, die Krankheit oder das Leiden erträglicher zu machen (vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 161, 432, BStBl II 1990, 958, m.w.N.). Dass der Kläger seine Kinder in den USA besucht, um --wie er vorträgt-- bei diesen krankhafte Anpassungsstörungen zu vermeiden, erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

 

i) Nach der Rechtslage im Streitjahr 1999 stand dem Kläger gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG für jedes Kind ein Kinderfreibetrag in Höhe von 3 456 DM zu. Da die geschiedene Ehefrau nicht unbeschränkt steuerpflichtig war, wurde dem Kläger nach § 32 Abs. 6 Satz 3 Nr. 1 EStG je Kind der doppelte Kinderfreibetrag gewährt. Mit diesem --das sächliche Existenzminimum des Kindes von der Einkommensteuer freistellenden Kinderfreibetrag (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 10. November 1998 2 BvR 1057/91 u.a., BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182, unter C. I.) sind ungeachtet ihrer Höhe alle typischen Lebensführungskosten --wie die im Streitfall durch den Besuch der Kinder entstandenen Aufwendungen für Flüge, Übernachtungen, Mietwagen usw.-- abgegolten.

 

2. Die Entscheidung des Gesetzgebers, dass Kosten des getrennt lebenden Elternteils für Besuche des Kindes durch den Kinderlastenausgleich bzw. ab 1996 durch den Familienleistungsausgleich abgegolten sind, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger ist in seinen Grundrechten nicht dadurch verletzt, dass diese Kosten nicht nach § 33 EStG steuerlich berücksichtigt werden.

 

a) Nach der Rechtsprechung des BVerfG ergibt sich im Einkommensteuerrecht für den Gesetzgeber aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) das Gebot, die Steuerlast an der finanziellen Leistungsfähigkeit auszurichten, die nach dem objektiven und subjektiven Nettoprinzip zu bemessen ist. Für den Bereich des subjektiven Nettoprinzips gebieten Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 1 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG, das Existenzminimum des Steuerpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Familie von der Einkommensteuer zu verschonen. Auf Mittel, die für den Unterhalt von Kindern unerlässlich sind, darf der Staat bei der Besteuerung nicht in gleicher Weise zugreifen wie auf Mittel, die der Bürger zur Befriedigung beliebiger anderer Bedürfnisse einsetzen kann (z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 4. Dezember 2002 2 BvR 400/98 u.a., BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534, und vom 16. März 2005 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268, BFH/NV 2005, Beilage 4, 356, jeweils m.w.N.).

 

In seinen Entscheidungen in BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534, und in BVerfGE 112, 268, BFH/NV 2005, Beilage 4, 356 hat das BVerfG erstmals ausgeführt, für die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen komme es nicht nur auf deren berufliche oder private Veranlassung an, sondern auch auf die Unterscheidung zwischen freier/beliebiger Einkommensverwendung und "zwangsläufigem, pflichtbestimmten Aufwand". Auch wenn Aufwendungen ganz oder teilweise der Sphäre der allgemeinen (privaten) Lebensführung zuzuordnen seien, müsse der Gesetzgeber die unterschiedlichen Gründe für den Aufwand "im Lichte betroffener Grundrechte differenzierend würdigen". Beide Entscheidungen betrafen Aufwendungen der privaten Lebensführung, die auch durch den Beruf veranlasst waren (Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung bei Kettenabordnung und bei Ehegatten, die an verschiedenen Orten beruflich tätig waren, sowie Betreuungsaufwendungen berufstätiger Eltern).

 

Nicht nur im Bereich des objektiven, sondern auch im Bereich des subjektiven Nettoprinzips darf der Gesetzgeber aber generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534, und in BVerfGE 112, 268, BFH/NV 2005, Beilage 4, 356).

 

Aufgrund dieser Befugnis des Gesetzgebers werden das von der Einkommensteuer freizustellende sächliche Existenzminimum des Steuerpflichtigen durch den Grundfreibetrag und das sächliche Existenzminimum eines Kindes durch den Kinderfreibetrag oder das Kindergeld berücksichtigt (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182, unter C. I.).

 

Maßgröße für das von der Einkommensteuer freizustellende sächliche Existenzminimum ist nach der Entscheidung des BVerfG vom 25. September 1992 2 BvL 5/91 u.a. (BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413, unter C. I. 3.) der im Sozialhilferecht jeweils anerkannte Mindestbedarf. Dieser umfasste im Streitjahr 1999 den von der zuständigen Landesbehörde oder dem örtlichen Sozialhilfeträger festgesetzten Regelsatz (vgl. § 22 Abs. 3 des Bundessozialhilfegesetzes --BSHG--), Leistungen für Unterkunft und Heizung (§ 3 Abs. 1 und 2 Regelsatzverordnung) sowie einmalige Hilfen, die einen zusätzlichen, durch die laufenden Leistungen nicht gedeckten Grundbedarf berücksichtigen.

 

Einmalleistungen werden in der Regel gewährt für die Instandsetzung sowie Beschaffung von Hausrat und Bekleidung sowie die "Wahrnehmung besonderer Anlässe" (vgl. Dritter Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien für das Jahr 2001, BTDrucks 14/1926, 2). Einmalleistungen wurden aufgrund von Sondererhebungen des Statistischen Bundesamtes bei den örtlichen Sozialhilfeträgern im Streitjahr 1999 für Alleinstehende mit 16 %, für erwachsene Haushaltsangehörige mit 17 % und für Kinder mit 20 % der Summe der Regelsätze angesetzt (Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien für das Jahr 1999, BTDrucks 13/9561, 2, 3).

 

Da die sozialhilferechtlichen Regelsätze für Kinder altersabhängig und regional verschieden sind, sind nach der Entscheidung des BVerfG vom 14. Juni 1994 1 BvR 1022/88 (BVerfGE 91, 93, BStBl II 1994, 909, unter C. II. 1. c) Durchschnittssätze zu bilden. Dementsprechend wurde das Existenzminimum eines Kindes mit 6 696 DM (Regelsatz 4 284 DM + einmalige Leistungen 852 DM + Kaltmiete 1 296 DM + Heizkosten 264 DM) ermittelt (Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien für das Jahr 1999, BTDrucks 13/9561, 4) und im Jahr 1999 mit einem Betrag von 6 912 DM von der Einkommensteuer freigestellt.

 

b) Die Entscheidung des Gesetzgebers, dass Aufwendungen eines getrennt lebenden Elternteils für den Umgang mit den Kindern durch den Familienleistungsausgleich abgegolten sind, liegt im Rahmen seines Regelungsspielraums.

 

In welchem Umfang für den Umgang mit dem Kind Aufwendungen erbracht werden müssen und ob sie überhaupt in einem ins Gewicht fallenden Umfang entstehen, ist von Fall zu Fall verschieden und weitgehend von der persönlichen, vielfach auf rein privaten Motiven beruhenden Lebensgestaltung des nicht sorgeberechtigten Elternteils abhängig. Vielfach entstehen durch die Ausübung des Rechts und der Pflicht zum persönlichen Umgang nach § 1684 Abs. 1 BGB keine oder nur geringe zusätzliche, über die in jeder Familie üblichen Aufwendungen hinausgehende Kosten, weil die Kinder z.B. in der Nähe des nicht sorgeberechtigten Elternteils wohnen bleiben oder dieser den Kindern an einen neuen Wohnort nachfolgt. Individueller Sonderbedarf ist grundsätzlich nicht bei der Ermittlung des von der Steuer freizustellenden Existenzminimums zu berücksichtigen, da bei allen Steuerpflichtigen gleichermaßen die existenznotwendigen Mindestaufwendungen typisierend anzusetzen sind. Daher muss bei der Ermittlung des steuerrechtlichen Existenzminimums auch nicht jede sozialrechtliche Zusatzleistung mitberücksichtigt werden (vgl. Senatsurteil vom 21. Juni 2007 III R 48/04, BFH/NV 2007, 2176). Aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. August 1995 5 C 15/94 (Neue Juristische Wochenschrift 1996, 1838), das Kosten für den Umgang mit dem Kind dem Grunde nach als sozialhilferechtlichen, nicht durch die Regelsätze abgedeckten Bedarf angesehen hat, für den einmalige Leistungen nach § 21 Abs. 1 BSHG oder besondere Leistungen nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG in Betracht kommen können, lassen sich für die steuerrechtliche Behandlung keine Schlüsse ziehen.

 

In welchem Umfang durch eine zusätzliche steuerliche Entlastung der Umgang mit dem Kind erleichtert und gefördert werden soll, liegt im Regelungsermessen des Gesetzgebers (Senatsurteil in BFHE 180, 551, BStBl II 1997, 54).

 

3. Die Schulgeldzahlungen sind weder als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG noch teilweise als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG abziehbar.

 

a) Nach § 33a Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 EStG sind Aufwendungen für die --auch die Schulausbildung umfassende-- Berufsausbildung von Kindern nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG zu berücksichtigen.

 

Nach der Rechtsprechung des Senats schließt § 33a Abs. 5 EStG den Abzug von Aufwendungen für die Ausbildung des Kindes grundsätzlich nur dann nicht aus, wenn durch außergewöhnliche Umstände --wie die Krankheit des Kindes-- zusätzliche durch den Ausbildungsfreibetrag und den Familienleistungsausgleich nicht abgegoltene besondere Aufwendungen entstehen (z.B. Senatsbeschluss vom 17. April 1997 III B 216/96, BFHE 183, 139, BStBl II 1997, 752, m.w.N., und BFH-Urteil vom 23. November 2000 VI R 38/97, BFHE 193, 553, BStBl II 2001, 132).

 

Eine Berücksichtigung dieser Kosten ist nur dann möglich, wenn es sich um unmittelbare Krankheitskosten handelt, d.h. sie müssen ausschließlich zum Zwecke der Heilung einer Krankheit getätigt werden oder den Zweck verfolgen, die Krankheit erträglich zu machen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall aber nicht erfüllt. Es genügt nicht, dass --wie der Kläger vorträgt-- die Privatschule durch kleine Klassenverbände eine individuelle Betreuung sicherstelle und auf diese Weise Anpassungsstörungen seiner Kinder vermeide. § 33 EStG ist nicht anwendbar, wenn ein Kind aus sozialen, psychologischen oder pädagogischen Gründen in einer Privatschule untergebracht wird; es handelt sich in derartigen Fällen um Kosten der Berufsausbildung und nicht um Krankheitskosten (Senatsbeschluss in BFHE 183, 139, BStBl II 1997, 752, und Senatsurteil vom 18. April 1990 III R 160/86, BFHE 161, 447, BStBl II 1990, 962).

 

b) Die Kosten für die Schule sind auch nicht mit einem Teilbetrag als Sonderausgaben zu berücksichtigen.

 

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG sind 30 % des Entgelts als Sonderausgaben abziehbar, das der Steuerpflichtige für ein Kind (für das er einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld erhält) für den Besuch einer gemäß Art. 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschule sowie einer nach Landesrecht anerkannten allgemeinbildenden Ergänzungsschule entrichtet. Die von den Kindern besuchte "... Country Day School" in den USA erfüllt diese Voraussetzungen nicht; es handelt sich nicht um eine von der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder anerkannte deutsche Schule im Ausland (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 14. Dezember 2004 XI R 32/03, BFHE 209, 40, BStBl II 2005, 518).

 

Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 11. September 2007 C-76/05 (Deutsches Steuerrecht 2007, 1670) berührt den Streitfall nicht, da das aus dem EG-Vertrag abgeleitete Verbot, Schulgeldzahlungen nur für den Besuch inländischer Schulen steuerlich zu berücksichtigen, lediglich Schulgeldzahlungen an Schulen in Mitgliedstaaten betrifft, nicht aber Zahlungen an Schulen in Drittländern wie in den USA.

 

 

 

Hallo, ihr alle,

 

gerade hab ich mir das BFH-Urteil mal durchgelesen. Bezeichnend finde ich eine Passage der Gründe. Da schreibt der BFH

 

„Prozesskosten sind nach der Rechtsprechung in der Regel nicht zwangsläufig, es sei denn, der Rechtsstreit berührt einen existentiell wichtigen Bereich des Steuerpflichtigen. Das Recht auf Umgang mit den eigenen Kindern hat der Senat als einen solchen Bereich angesehen und deshalb bei einer grundlosen --nach altem Recht möglichen-- Verweigerung des Umgangsrechts durch die sorgeberechtigte Mutter angenommen, dass die Kosten des Vaters für einen Prozess zur Durchsetzung des Umgangs mit seinen Kindern aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig seien. ... Aus der Zuordnung des Umgangsrechts zum "Kernbereich menschlichen Lebens" kann aber nicht geschlossen werden, dass die für den Umgang mit den Kindern entstehenden Aufwendungen --anders als die Kosten für Durchsetzung des Umgangsrechts-- außergewöhnlich sind. Der Senat hat die Aufwendungen auch als außergewöhnlich beurteilt, weil das die Aufwendungen auslösende Ereignis --die Verweigerung des Umgangs mit den Kindern-- nur wenige Steuerpflichtige betreffe und somit nicht durch die allgemeinen Freibeträge abgegolten sei“

 

Solche Geistesakrobatik ist mit Logik, auch mit juristischer Logik schlicht nicht nachvollziehbar. Aber gerade der letzte Satz des BFH ist verräterisch. Denn da spricht der BFH aus, warum er die steuerliche Anerkennung von Umgangskosten ablehnt. Es kommt Papa Staat schlicht zu teuer zustehen, weil mittlerweile ca. 30% der Kinder Trennungskinder sind, und davon ein erheblicher, stetig wachsender Teil auf mehrere hundert Kilometer vom anderen Elternteil getrennt wurde (mit billigender Unterstützung, ja Förderung gerade der staatlichen Institutionen wie Jugendamt und Familiengericht!!!). Verschärfend kommt auch hinzu, daß eine ebenfalls wachsender Teil sogar erleben muß, daß Papa Staat es fördert, daß sogar Staatsgrenzen und auch Ozeane zwischen umgangpflichtigen Elternteil und Kind gebracht werden. Da hat wohl der Gute alte Peer Steinbrück hinter den Kulissen massiv Einfluß auf die ach so unabhängigen Richter des BFH ausgeübt. Das ist die Logik deutscher Rechtssprechung: Papa Staat baut Scheiße, und der doofe Bürger und Steuerzahler darf die Zeche doppelt zahlen.

 

Was können wir daraus lernen? Na doch wohl nur eins! Mann muß Papa Staat auch mal die rote Karte zeigen und ihm keine (Steuer- und Beitrags-) Einnahmen mehr geben. Wenn’s genug machen, haben all die Steinbrücks und Co plötzlich keine Kohle mehr für den Sprit ihrer noblen Dienst-Mercedes, und die Jets der Bundeswehr-Flugbereitschaft usw. Da könnten wir dann ‚ne karitative Bürgerinitiative gründen, die beispielsweise unserem Außenminister Steinmeier (der muß ja zweifellos dienstlich reisen) ein Dreigang-Hollandrad mit Hänger und dort eingelagerten Schlauchboot (für notwendige Überseereisen) sponsort. DA würden die Jungs und Mädels, die den ganzen Sch... immer wieder auf’s Neue verbocken, mal richtig fitt.

 

Gruß

 

Manfred Herrmann

Eltern für Kinder im Revier e.V.

09.12.2007

 

 


 

 

 

Bundessozialgericht 

Grundsatzentscheidung vom 7.11.2006: 

Wer ALG II bekommt, muß vom zuständigen Sozialamt (nicht ARGE oder JobCenter) die Umgangskosten bekommen, wie es vorher auch schon war.

 

 


 

 

 

Umgangsrecht: Arbeitslosengeld II lässt für zusätzliche Fahrkosten nichts übrig

/12.11.2007/

 

Holt ein nichtehelicher arbeitsloser Vater sein Kind zu bestimmten

Zeiten vom Bahnhof ab, muss er dann aber wegziehen und aus finanziellen

Gründen auch noch seinen Pkw verkaufen, so dass er die Fahrkosten nicht

mehr aus seinem Arbeitslosengeld II bestreiten kann, so hat das

Familiengericht, um ihm das Umgangsrecht mit seinem Kind weiterhin zu

ermöglichen, eine andere "Übergaberegelung" zu beschließen. Hier reichte

sein S-Bahn-Sozialticket nur bis zu einem bestimmten Bahnhof, von wo er

sein Kind - solange er noch nicht wieder arbeiten und Geld verdienen

könne - abholen und wieder hinbringen wolle. Das Brandenburgische

Oberlandesgericht sah für das entsprechende Verfahren eine "hinreichende

Erfolgsaussicht", so dass dem Mann dafür Prozesskostenhilfe bewilligt

wurde. (AZ: 10 WF 49/07)

 

 

 

Kommentar:

 

Hallo, ihr alle,

ich frage mich, warum diese Zeitungsmeldung so unkommentiert veröffentlicht

wird, und dies nun schon wiederholt. Liegt es daran, daß hier wieder über

die ach so ungerechte deutsche Welt (und sie ist es ja tatsächlich) geklagt

werden soll? Oder ist es nur die der individuellen Lästigkeit - sich

ansonsten mit der tatsächlichen Rechtslage auseinander setzen zu müssen -

geschuldete Unkenntnis?

Letztendlich ist es jedoch egal. Jede/r muß die Folgen dafür tragen, was er

tut oder unterlässt. Und wer es in diesem Gemeinwesen Deutschland es

unterlässt, sich selber schlau zu machen, der wird halt von diesem

Gemeinwesen dafür dergestalt betraft, daß man ihn nach Strich und Faden

verarscht.

Ich kenne die zitierte Entscheidung schon eine Weile (sie wurde in

juristischen Zeitschriften veröffentlicht), aber ich kann für den

betroffenen Vater (obwohl er ja einen Teilerfolg erzielt hat) auch kein

bedauerndes Mitgefühl empfinden. Denn er hat den Kardinalfehler gemacht

(s.o., den übrigens viel zu viele machen): ER hat es unterlassen, sich

selbst schlau zu machen!

Hätte jener Vater sich schlau gemacht (und die Info ging ja nicht nur durch

diese Liste, sondern auch über die allgemeinen Medien), dann wüsste er, daß

(nach der Entscheidung des BSG vom 6.11.2006) das Sozialamt gem. SGB XII ihm

die vollen Fahrtkosten für die Ermöglichung des Umgangs (neben weiteren

Leistungen wie zeitanteilige Bedarfssätze des Kindes für Lebensmittel etc.,

Kosten für eine Wohnung für die Bedarfsgemeinschaft inklusive Kind)

finanzieren muß. So aber reiben sich die (noch nicht betroffenen) Bürokraten

bei Papa Staat lustvoll die Hände, weil sie wieder jemand nach Strich und

Faden verarscht haben.

Also, Aufgabe wäre es doch für alle Schreiber dieser Liste,

Aufklärungsarbeit zu leisten, und dazu ermuntern, sich nicht ständig

verarschen zu lassen, statt über das ach große Unrecht zu jammern.

 

Gruß

Manfred Herrmann

Eltern für Kinder im Revier e.V.

 

 

 


 

 

 

Hartz IV: Ende der Klagewelle nicht absehbar

Oft geht es im Sozialgericht um Untätigkeit der Jobcenter

 

Marlies Emmerich

 

Von Monat zu Monat klettert beim Sozialgericht die Zahl der Erwerbslosen, die gegen die Jobcenter klagen, weiter nach oben. Mit 1.405 neu eingereichten Klagen ist im Juni 2007 ein neuer Negativrekord erreicht worden - es sind fast doppelt so viel Klagen wie vor eineinhalb Jahren Anfang Januar 2006. Kein anderes Sozialgericht in der Bundesrepublik muss sich mit so vielen Fällen auseinandersetzen wie das Gericht in Berlin und das benachbarte Sozialgericht in Potsdam. "Ein trauriger Umstand. Darin zeigt sich auch die große Rechtsunsicherheit", sagte gestern Sozialrichter Michael Kanert. Alle Fragen rund um Hartz IV seien so kompliziert wie das Steuerrecht.

 

Gestern beispielsweise ging es um einen Erwerbslosen, dessen sechsjährige Tochter mit ihrer Mutter in Köln lebt. Das Jobcenter hatte zunächst nur ein einziges Mal eine Besuchsfahrt des Vaters kurzfristig bewilligt, später einen regelmäßigen Zuschuss für solche Reisen verweigert. Mitarbeiter des Jobcenters argumentierten, dass alle Auslagen mit der monatlichen Pauschale von 347 Euro abgegolten seien.

Doch der Richter verwies auf ein Grundsatzurteil des Bundessozialgerichtes von Ende vergangenen Jahres. Demnach muss das Umgangsrecht eines Erziehungsberechtigten berücksichtigt werden und in diesem Falle das zuständige Bezirksamt Pankow mit eingeschaltet werden.

 

Auch ohne Urteil konnten sich die Parteien einigen: Das Bezirksamt zahlt. Über die Höhe des Zuschusses wollen sich die Beteiligten außergerichtlich einigen - 83 Prozent aller Streitigkeiten enden mit ähnlichen Vergleichen. Oft geht es um Untätigkeit oder lange Bearbeitungszeit in den Jobcentern. In vielen anderen Fällen gibt es Streit um die von den Jobcentern zugebilligten Mietzuschüsse bei Arbeitslosengeld-II-Empfängern. Unter 25-Jährige ohne Job dürfen normalerweise nicht aus der Wohnung ihrer Eltern ausziehen und sich eine eigene Wohnung mieten. Ein 20-Jähriger aber konnte sich vor Gericht durchsetzen, weil sein Vater Alkoholiker ist.

Klassenfahrten werden bezahlt Eine 20-Jährige, die ebenfalls eine eigene Wohnung bezahlt haben wollte, verlor dagegen. Dem Argument, in der elterlichen kleinen Drei-Zimmer-Wohnung würde sie sich dauernd mit ihrer Schwester streiten, mochte das Gericht nicht folgen. Dank einem Urteil des Sozialgerichtes ist inzwischen aber klar, dass Behörden bei Kindern von Hartz-IV-Empfängern die Kosten von Klassenfahrten übernehmen müssen.

Beim Sozialgericht rechnet keiner der 83 Richter damit, dass die Klagen nachlassen. Im Gegenteil: Bis Jahresende werden vermutlich mehr als 2 000 Verfahren mehr auflaufen als im Vorjahr. Allein 60 Richter beschäftigen sich mit Hartz IV. Die Arbeitsmarktsituation, so Kanert, habe sich bei Langzeitarbeitslosen nicht gebessert. Und die vielen Billigjobs würden geradezu zwangsläufig zu neuen Rechtsstreitigkeiten führen. Eher selten geht es um Beschwerden der Jobcenter - etwa Rückzahlungsforderungen: Kanert: "Es gibt keinen Generalverdacht gegen sozial Schwache."

 

Berliner Zeitung, 18.07.2007

 

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/berlin/670726.html

 

 

 

 


 

 

 

 

Sozialgericht - Hartz-IV-Verfahren nehmen weiter zu

 

Im Berliner Sozialgericht ist in den ersten sechs Monaten dieses Jahres die Zahl der neuen Hartz-IV-Verfahren weiter gestiegen. Wir wollen inzwischen nicht mehr von einer Flut sprechen, denn da käme irgendwann auch einmal eine Ebbe. Die ist aber nicht in Sicht;, sagte gestern Sozialrichter und Gerichtssprecher Michael Kanert. Wir befürchten, dass die Zahlen weiter so hoch bleiben. Allein im vergangenen Monat seien 1405 Fälle eingegangen. Inzwischen machen die Hartz-IV-Verfahren mehr als 50 Prozent aller Streitfälle aus. Auch die sinkenden Arbeitslosenzahlen aufgrund der derzeitigen guten Konjunktur führten nicht dazu, dass weniger Menschen das Sozialgericht anriefen, sagte Kanert. Langzeitarbeitslose kämen oft im Niedriglohnsektor unter und bezögen weiterhin aufstockendes Arbeitslosengeld II, das mache die Berechnungen oft noch schwerer und fehleranfälliger.

Das Sozialgericht beschäftigt sich zudem mit Rentenfragen oder Problemen mit den Krankenkassen. Nach der Wiedervereinigung waren wir praktisch ein Rentengericht, dieser Bereich macht aber inzwischen nur noch einen kleinen Teil aus&;, sagte Kanert. Während es vor zwei Jahren, also kurz nach Inkrafttreten der Arbeitsmarktreform, vor Gericht hauptsächlich darum ging, von den Jobcentern überhaupt eine Entscheidung zu erhalten, machen diese Versäumnisse der Ämter inzwischen nur noch weniger als 20 Prozent der Hartz-IV-Fälle aus. Seit das Bundessozialgericht den Regelsatz in Höhe von derzeit 347 Euro für einen Alleinstehenden als verfassungsgemäß bezeichnet hat, wird auch darum nicht mehr gestritten. Neu ist hingegen, dass gegen Bescheide zur Mietkostenübernahme und Rückforderungen der Jobcenter vorgegangen wird. Gerade bei den Rückforderungen hätten viele Bescheide Formfehler. Zudem hätten die Jobcenter oftmals aus eigenem Verschulden zu viel gezahlt, weil sie beispielsweise noch Monate Leistungen überwiesen haben, obwohl der Betroffene angegeben hatte, eine Arbeit gefunden zu haben.

Der Gang zum Gericht macht sich für viele Bezieher von Arbeitslosengeld II bezahlt. In gut 45 Prozent der Fälle sind sie erfolgreich. Die allermeisten Hauptverfahren werden aber ohne ein richterliches Urteil abgeschlossen; in mehr als 83 Prozent der Fälle einigen sich die Prozessbeteiligten mithilfe des Richters. Weitere Probleme für die Zukunft befürchtet Kanert, wenn in nächster Zeit die Befristungen der Arbeitsverträge von etlichen Jobcenter-Mitarbeitern auslaufen und wieder neue Beschäftigte in die Materie eingearbeitet werden müssten. Hartz IV ist fast so komplex und kompliziert wie unser Steuerrecht, sagt Kanert. Laut Angaben der Regionaldirektion für Arbeit laufen in diesem Jahr rund 2000 Teilzeitverträge aus; lediglich 645 dieser Stellen können im Laufe des Jahres in unbefristete Stellen umgewandelt werden sowie 100 weitere zu Beginn des kommenden Jahres. Dass sich die Jobcenter-Sachbearbeiter immer wieder mit neuen Sachverhalten beschäftigen müssen, wurde gestern bei einer Verhandlung deutlich (siehe auch Kasten). Als Zeugin berichtete eine Arbeitsvermittlerin des Job-Centers Pankow, dass sie erst im Internet googeln musste, um bestimmte Begriffe zu klären. Der Sachverhalt sei ihr unbekannt gewesen. In diesem Fall ging es um das Umgangsrecht; eines Vaters, seinen Sohn regelmäßig zu sehen, und die Übernahme von Fahrtkosten zum Wohnort des Kindes.

In Berlin erhalten rund 325 000 Haushalte Leistungen nach Hartz IV. Der Gang zum Sozialgericht ist kostenfrei, wenn man gegen eine Entscheidung des Jobcenters vorgehen will. Allerdings muss man zuerst einen Widerspruchsbescheid erhalten haben.

 

Sigrid Kneist

 

Tagesspiegel vom 17.7.07

http://www.tagesspiegel.de/berlin/Hartz-IV-Sozialgericht;art270,2341380

 

 

 


 

 

Auch gestern wurden wieder Klagen gegen Jobcenter und Sozialämter vor dem Sozialgericht verhandelt. Zwei Beispiele:

*FAHRTKOSTEN*

Mit einer sogenannten „unstreitigen Erledigung“, also mit einer Einigung ohne Urteil, endete gestern ein Verfahren, in dem ein Mann das Jobcenter Pankow verklagt hatte. Dieses hatte die Übernahme der Fahrtkosten zu seinem in Köln lebenden fünfjährigen Sohn verweigert. Der Richter führte zunächst aus, dass laut einem Urteil des Bundessozialgerichts nicht das Jobcenter, sondern das Sozialamt, dessen Vertreter ebenfalls vor Gericht geladen war, für die Zahlung zuständig ist. Das Sozialamt erklärte sich dann zur Zahlung bereit; über die zunächst strittige Höhe der Zahlung wollten sich Sozialamt und Kläger selber einigen.

.......

 

 

 

17.07.2007 17:18 Uhr

www.tagesspiegel.de/berlin/;art270,2341273

 

 

 


 

 

Fahrkosten zur Ausübung des Umgangsrechts

 

Sozialgericht Wiesbaden

Beschluss vom 23.10.2006

Aktenzeichen: S 16 AS 376/06 ER

 

 

 

Kommentar:

Hallo, ihr alle,

 

die anhängende Entscheidung des SG Wiesbaden ist nicht nur eine - unmaßgebliche - eines untergeordneten Gerichts, sondern auch schon lange überholt. Am 6.11.2007 hat das BSG eine ganze Reihe von Entscheidungen zu Umgangskosten verkündet. Dabei hat das BSG klargestellt, daß

 

1. für Fahrtkosten bzgl. Umgang die Anspruchsgrundlage das SGB XII ist, und damit Leistungsträger nicht die ARGE, sondern das richtige Sozialamt;

2. Leistungen, die als Dauerleistungen zu gewähren sind, wie u.a. auch Fahrtkosten für die Realisierung des Umgangs, als Zuschuß, nicht als Darlehen zugewähren sind.

 

Leider findet man in der Liste immer wieder solche - für den jeweils Betroffenen, der sich dann ungeprüft auf diese Info verläßt, sehr nachteilig wirkenden falschen "Hinweise" oder "Ratschläge". Leider kommen diese falschen Hinweise auch von Rechtsanwälten und dann oft für teures Geld.

 

Was sollten Mann daraus lernen?

 

Der gute alte Vladimir Iljitsch Lenin hatte schon recht, als er sagte: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!

 

Gruß

 

Manfred Herrmann

Eltern für Kinder im Revier e.V.

 

14.07.2008

 

 


 

 

Umgangskosten und Selbstbehalt

 

Umgangskosten können zu einer Erhöhung des unterhaltsrechtlichen Selbstbehaltes führen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.02.2005 – XII ZR 56/02

veröffentlicht in: „Kind-Prax“, 4/2005, S. 144-146

 

 


 

 

 

"Umgangskosten und Hartz IV"

Christian Müller

in: "Kind-Prax", 1/2005, S. 3-4

 

 

über die Frage, wer die Umgangskosten übernimmt, wenn dies der Umgangsverpflichtete oder Berechtigte finanziell nicht leiste kann.

Sozialamt war bisher zuständig, Arbeitsamt (Jobcenter) fühlt sich nicht zuständig.

Bleibt da nur noch, ein Darlehen beim Jobcenter zu beantragen?

 

 

 


 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----

Von: 

Gesendet: Mittwoch, 23. März 2005 18:48

An: info@vaeternotruf.de

Betreff: Unterhaltspflicht

 

Sehr geehrte Damen und Herren

Laut Urteile des Familiengerichtes von ...wurde mir die Kinder jedes zweite Wochenende sowie Dienstags und Mittwochs laut Besuchsrecht zugesprochen. Ich zahle mit Titel einen Unterhalsbetrag in Höhe von 400,-Euro pro Monat für beide Kinder. Daher meine Frage: Ist die Kindesmutter gegenüber mir verpflichtet einen Ausgleich an Unterhalt zu erstatten, da ich die kinder in der Zeit wo sie speziell am Wochenende bei mir beköstigt werden und mir dadurch höhere Kosten entstehen. Sollte dazu eine Gesetzesgrundlage geben bitte ich Sie mir diese zu nennen.

Ich Danke ihnen im voraus.

 

Mit freundliche Grüßen

...

 

 

 

hallo herr ...,

im allgemeinen wird davon ausgegangen, dass sie bei so geringen betreuungszeiten keine abzüge vom kindesunterhalt geltend machen können.

gegebenenfalls wäre über einen höheren selbstbehalt nachzudenken, da ja der übliche selbstbehalt so bemessen sein dürfte, dass er nur auf dem unterhaltspflichtigen elternteil selbst angewandt wird.

 

gruß anton

 

 

 


 

 

Der umgangswahrnehmende Elternteil muss nach überwiegender Rechtsprechung das Holen und Bringen des Kindes vom betreuenden Elternteil in der Regel allein durchführen und die dabei entstehenden Kosten übernehmen. Ist ihm das nicht zumutbar oder hat der betreuende Elternteil durch einen Umzug eine erhebliche räumliche Distanz des Kindes zum anderen Elternteil geschaffen, kann der betreuende Elternteil verpflichtet werden, sich am Holen und Bringen des Kindes zu beteiligen (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 3.2.2006 – 13 UF 135/2005, In: FamRZ 2006, Heft 12, S. 881).

 


 

 

Erhöhung des Selbstbehaltes ist möglich, wenn andernfalls aus finanziellen Gründen der Umgang zwischen barunterhaltspflichtigen Elternteil und Kind gefährdet wäre.

 

Urteil des Bundesgerichtshofes

BGH, Urteil vom 23.02.2005 - XII ZR 56/02 (OLG Bamberg)

veröffentlicht in: "NJW", 21/2005, S. 1493-1495

 

Umgangskosten können zu einer Erhöhung des unterhaltsrechtlichen Selbstbehaltes führen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.02.2005 – XII ZR 56/02, veröffentlicht in: „Kind-Prax“, 4/2005, S. 144-146.

 

 

 


 

 

 

Umgangskosten als Spaßfaktor - mit freundlichem Gruß Ihr Bundesfinanzhof

 

 

Bundesfinanzhof

III R 141/95

19.4.2001

 

1. Abziehbarkeit von Kontaktpflegeaufwendungen nach Wegfall des § 33a Abs 1a EStG (Besucherfreibetrag)?

2. Verfassungsmäßigkeit des Kinderlastenausgleichs für Eltern mit zwei Kindern im Jahre 1990?

-- Zulassung durch BFH --

Verfahren ist erledigt durch: Urteil vom 24.06.2004, unbegründet.

EStG § 33a Abs 1a; EStG § 33; EStG § 32 Abs 6

Vorgehend: Finanzgericht Münster, Entscheidung vom 10.11.1992 (15 K 1327/92 E)

 

 

www.bundesfinanzhof.de

 

 

 

 

 


 

"Umgangskosten - Wem sind sie zuzuordnen? Wer trägt sie?"

 

Rechtsanwältin Dr. Andrea Theurer, Nördlingen

in: "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", 2004, Heft 20, S. 1619-1622

 

Frau Theuerer plädiert dafür die Umgangskosten als Mehrbedarf des Kindes anzusehen. Mehrbedarf des Kindes ist von beiden Eltern anteilig nach ihrer Leistungsfähigkeit zu bezahlen. Dem kann zugestimmt werden. Bisher ist es nämlich so, dass die obergerichtliche Rechtsprechung bis hin zum Bundesgerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht, dem sogenannten Umgangsberechtigten Elternteil, das ist in der Regel der Vater, die ganzen Umgangskosten aufbrummte. Man kann sich im nachhinein immer nur wundern, was hochbezahlte Leute an diesen Gerichten so alles unter Rechtssprechung verstehen und man fragt sich, von wem diese Leute eigentlich autorisiert sind, ihre eigene Meinung für andere Menschen als verbindlich zu erklären.

Nun, auch Richter scheinen manchmal, leider nicht immer, vor Erreichung des Ruhestandes Lernfortschritte zu machen und so kann man hoffen, dass der im Aufsatz eingebrachte Vorschlag auch bald bei den Gerichten in den Praxisumlauf gebracht wird.

Möglicherweise wird dies eine Flucht von Tausenden von Müttern in die Arbeitslosigkeit auslösen, sobald diese merken, dass sie sich an den Umgangskosten beteiligen sollen. Oder der Umgang wird unterbunden und reduziert, dann fallen ja auch weniger Kosten an. Den ohnehin schon Sozialhilfebeziehenden und umgangsvereitelnden Müttern kann die neue Ideenwelt aus der Fachzeitschrift ohnehin egal sein, denn sie wissen, dass Vater Staat sowieso allzeit für sie sorgen wird.

 

 

 

 


 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----

Von: 

Gesendet: Donnerstag, 18. März 2004 21:09

An: info@vaeternotruf.de

Betreff: Besuch bei der Tochter

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

Meine Ex-Frau wohnt mit meiner Tochter seid dem ...in Bayern. Ich selber wohne in Niedersachsen. Ich habe im ... 2003 meine Tochter in Bayern besucht.

Ein Arbeitskollege sagte mir, ich könne die Fahrt nach Bayern bei meiner Steuererklärung gelten machen. Leider konnte mir der Lohnsteuerhilfeverein bei der Klärung dieser Frage nicht, bzw. nur ungenau helfen. Meine Frage ist nun. Kann ich Besuche bei meiner Tochter bei meiner Steuererklärung gelten machen. Ein Kontakt mit meiner Tochter ist nur Telephonisch oder schriftlich möglich. Ich habe nicht die Mittel sie regelmäßig zu besuche, versuche es aber hin und wieder. Aber nur mal eben schnell nach Bayern zu fahren ist auch eine Kosten frage. Mir würden vielleicht auch Aktenzeichen von Gerichtsurteilen helfen, die dieses Thema zum Inhalt haben. Denn die Ausrede vom Finanzamt kann ich mir jetzt schon ausmalen.

 

 

Ich bedanke mich schon jetzt bei Ihnen und verbleibe

Mfg

...

 

 

 

Hallo Herr ...,

Sie können die Umgangskosten bei ihrem Finanzamt angeben, ob es was bringt, ist fraglich. Sinnvoller wird es sein, wegen der Umgangskosten eine Erhöhung des Selbstbehaltes einzufordern oder beim Sozialamt die Übernahme der Umgangskosten zu beantragen.

 

 

Gruß vom Väternotruf

 

 


 

 

Bundesgerichtshof mit Durchblick - Muttifraktionäre im Urlaub?

 

Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle

Nr. 62/2002

Bundesgerichthof entscheidet über Schadensersatz bei Verletzung des Umgangsrechts des nicht sorgeberechtigten Elternteils

Der für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in einem heute verkündeten Urteil entschieden, daß ein sorgeberechtigter Elternteil dem anderen Elternteil schadenersatzpflichtig werden kann, wenn er diesem die Wahrnehmung seines Umgangsrechts mit dem gemeinsamen Kind nicht in der vom Gericht vorgesehenen Weise ermöglicht und dem anderen Elternteil daraus Mehraufwendungen entstehen.

Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Das Familiengesicht hatte der Mutter die Sorge für das gemeinsame Kind übertragen und in einem gesonderten Verfahren das Umgangsrecht des Vaters geregelt. Danach sollte das Kind u. a. den Vater an bestimmten Wochenenden an dessen Wohnsitz in Berlin besuchen.

Zu diesem Zweck sollte die Mutter das Kind zum Flughafen bringen, von wo es - mit einem Begleitservice - nach Berlin fliegen sollte. Die Mutter hatte gegen diese Regelung Beschwerde eingelegt und es abgelehnt, das Kind nach Berlin fliegen zu lassen. Der Vater hat daraufhin das Kind jeweils mit dem Auto am Wohnsitz der Mutter abgeholt und ist mit ihm nach Berlin gefahren. Er verlangt von der Mutter Ersatz der Mehrkosten, die ihm aus dem nutzlosen Erwerb von Flugtickets sowie aus seinen zusätzlichen Autofahrten entstanden sind.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs besteht zwischen dem umgangsberechtigten und dem zur Gewährung des Umgangs verpflichteten Elternteil ein gesetzliches Rechtsverhältnis eigener Art. Da die mit der Ausübung des Umgangsrechts verbundenen Kosten grundsätzlich vom Umgangsberechtigten zu tragen sind, umfaßt dieses gesetzliche Rechtsverhältnis auch die - im wohlverstandenen Interesse des Kindes liegende - Pflicht, bei der Gewährung des Umgangs auf die Vermögensbelange des Umgangsberechtigten Rücksicht zu nehmen und diesem die Wahrnehmung seines Umgangsrechts nicht durch die Auferlegung unnötiger Vermögensopfer zu erschweren.

Diese Pflicht kann nach der Entscheidung verletzt sein, wenn das Umgangsrecht des eines Elternteils durch eine wirksame Entscheidung des Familiengerichts konkretisiert worden ist und der andere, zur Gewährung des Umgangs verpflichtete Elternteil sich der Wahrnehmung des so konkretisierten Umgangsrechts verweigert. Ob aus der Sicht des zur Umgangsgewährung verpflichteten Elternteils beachtliche Gründe des Kindeswohls gegen die familiengerichtliche Regelung sprechen, ist ohne Belang; denn die ordnende Wirkung dieser Regelung wäre obsolet, könnte jeder Elternteil seine eigene Bewertung des Kindswohls an die Stelle der gerichtlichen Würdigung setzen.

Soweit ein Elternteil die gerichtliche Einschätzung der Belange des Kindeswohls durch das Familiengericht nicht teilt, hat er die Möglichkeit, dem im Wege der Beschwerde Geltung zu verschaffen. Seine Beschwerde hindert indessen die fortgeltende Verbindlichkeit der familiengerichtlichen Entscheidung nicht; sie erlaubt insbesondere nicht, der familiengerichtlichen Regelung in der Hoffnung auf den Erfolg der Beschwerde nicht nachzukommen. Das gilt auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Beschwerdegericht später für die Zukunft eine abweichende Umgangsregelung trifft. Das Beschwerdegericht hat in solchen Fällen die Möglichkeit, durch einstweilige Anordnung die Vollziehung der familiengerichtlichen Entscheidung auszusetzen oder diese durch eine eigene vorläufige Regelung zu modifizieren. Auch kann der zur Gewährung des Umgangs verpflichtete Elternteil bei dem Familiengericht selbst eine Änderung der Umgangsregelung - in dringlichen Fällen im Wege der einstweiligen oder vorläufigen Anordnung - beantragen. Beide Möglichkeiten schließen zwar nicht generell die Befugnis aus, zwingenden Belangen des Kindeswohls auch ohne vorherige familiengerichtliche Gestattung durch einseitige Maßnahmen Rechnung zu tragen. Für eine solche Befugnis ist jedoch regelmäßig nur insoweit Raum, als eine rechtzeitige erneute Befassung des Familiengerichts nicht möglich ist und die für eine Abweichung von der gerichtlichen Reglung geltend gemachten Belange erst nach der familiengerichtlichen Regelung aufgetreten oder erkennbar geworden, jedenfalls aber vom Familiengericht bei seiner Würdigung des Kindeswohls ersichtlich nicht bedacht worden sind.

Urteil vom 19. Juni 2002 - XII ZR 173/00

Karlsruhe, den 19. Juni 2002

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-422

Telefax (0721) 159-831

 

 

Anmerkung vaeternotruf.de: Wieso ausschließlich der "umgangsberechtigte" Elternteil die vollen Kosten des Umgangs zu tragen hat, darüber schweigt sich der BGH aus. Wahrscheinlich deshalb, weil dies meist die Väter sind und die ohnehin Kohle ohne Ende haben. Zumindest dann, wenn man beim BGH in Karlsruhe beschäftigt ist.

 


 

 

Ein interessantes Urteil zur Finanzierung des Umgangs von Trennungsvätern mit ihren Kindern hat das Bundesverfassungsgericht am 5. Februar 2002 gefällt (1BvR 2029/00):

„Kann der Umgang aufgrund unterschiedlicher Wohnorte der Eltern nur unter einem erheblichen Zeit- und Kostenaufwand ausgeübt werden. so obliegt es dem Gericht zu prüfen , ob dem sorgeberechtigten Elternteil anteilig zur Übernahme des für das Holen und Bringen der Kinder zur Ausübung des Umgangsrechts erforderlichen zeitlichen und organisatorischen Aufwandes zu verpflichten ist, um hierdurch einer faktischen Vereitelung des Umgangsrechts vorzubeugen.“

 


 

Schadenersatz bei Umgangsvereitelung

 

OLG Karlsruhe, Urteil v. 21.12.2001 - 5 UF 78/01

1. Die Familiengerichte sind zur Entscheidung über Schadensersatzansprüche wegen der Vereitelung von Umgangskontakten sachlich zuständig.

2. Das Umgangsrecht eines Elternteils gemäß § 1684 I BGB stellt ein "absolutes Recht" i. S. des § 823 I BGB dar, dessen Verletzung Schadensersatzansprüche auslösen kann (hier: Stornierungskosten für eine Ferienwohnung sowie Fahrtkosten).

3. Der betreuende Elternteil darf den Umgangskontakt nicht passiv der Disposition des Kindes überlassen, sondern hat die aktive Verpflichtung, das Kind dem Umgangsberechtigten zu übergeben.

 

 

 


 

 

Leistungsfähigkeit des Barunterhaltspflichtigen:

Anrechnung von Umgangskosten bei großer Entfernung 

DIJuF-Rechtsgutachten 

in: "Das Jugendamt", 6/2001, S. 279-280

 

Fazit: 

Sind die Umgangskosten außergewöhnlich hoch, sind diese bezüglich des festzulegenden Kindesunterhalts einkommensmindernd zu berücksichtigen.

 

 


 

 

Zu steuerrechtlichen Fragen der Berücksichtigung von Umgangskosten.

Derzeit laufen verschiedene Verfahren, die noch nicht abgeschlossen sind. 

Die - momentan nicht belegbare - Vermutung drängt sich auf, daß die Finanzbehörden diese Verfahren bewußt hinziehen, um eine letztendliche Klärung zu vermeiden.

 

Daher hier folgende Empfehlung:

1) Setzen Sie die Umgangskosten in der Steuererklärung an und legen Sie ggf. Einspruch gegen die Bescheide ein. Soweit kostet das erst einmal nichts.

 

4.1.02

 


 

 

Absetzbarkeit von Umgangskosten

Falls tatsächlich eine Klage beim Bundesfinanzhof (BFH) liegt, die diese Sache betrifft, gibt es nur einen gangbaren Weg:

1. Wer Umgangskosten absetzen will, muß sie in seiner Steuererklärung geltend machen.

2. Das Finanzamt wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit der Mentalität eines rheinischen Verwaltungsbeamten (DAS HATS NOCH NIE GEGEBEN; DA KÖNNTE JA JEDER KOMMEN etc.) die Anerkennung versagen.

3. Dann muß innerhalb der Rechtsbehelfsfrist (1 Monat nach Zugang des Bescheides) EINSPRUCH eingelegt werden. Ich empfehle, anzuregen, das Verfahren bis zur Entscheidung des BFH ruhen zu lassen oder aber, zu beantragen, daß der Steuerbescheid hinsichtlich der abgelehnten Umgangskosten einen Vorläufigkeitsvermerk erhält.

Posteingang bei vaeternotruf.de am 1.6.01

 


 

 

"Umgangskosten als außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzbar?"

Das Verfahren wird zwischenzeitlich unter dem Aktenzeichen III R 141/95 geführt. Mit einer Entscheidung ist nicht vor Ende des Jahres 2001 zu rechnen.

Singer

Pressestelle des Bundesfinanzhof (BFH)

 

Eingang der Info bei vaeternotruf.de am 26.5.01

 


 

 

Urteil des Kammergerichtes Berlin zu Absetzbarkeit von Umgangskosten

 

Az: KG 13 UF 3890/97, vorangegangen 142 F 5882/94 AG Tempelhof-Kreuzberg:

"Diese waren weiter zu bereinigen um vom Familiengericht mit 300 DM angemessen berücksichtigte Zusatzkosten für die Ausübung der Umgangsrechte mit den Kindern, die mit der Klägerin aus Berlin weggezogen sind. Die Kosten des Umgangs hat zwar grundsätzlich der umgangsberechtigte Elternteil allein zu tragen. Auf Grund der vom Familiengericht hervorgehobenen Besonderheiten de Einzelfalls ist hier jedoch eine Absetzung vom Einkommen erforderlich, weil der Beklagte zur Aufrechterhaltung des Kontakts zu seinen Kindern hierauf dringend angewiesen ist. Daß er die Besuche bei den Kindern regelmäßig mit anderen dienstlichen oder privaten Belangen verbunden hätte, ist weder vorgetragen, noch ersichtlich. Die Berücksichtigung des Aufwands von 300 DM monatlich, die die tatsächlichen Fahrt- und Übernachtungskosten des Beklagten nicht abgelten dürften, erscheint angemessen vor dem Hintergrund, daß bei der Unterhaltsberechnung nur die durch die Entfernung entstandenen zusätzlichen Kosten des Umgangsrechts herabzusetzen waren.

Der dem - nicht erwerbstätigen - Beklagten gegenüber seinen minderjährigen

Kindern mit 1.300 DM zu belassende Selbstbehalt ist hier wegen des Mangelfalls gebotener Hinzurechnung des auf ihn entfallenden Kindergeldes im wesentlichen gewahrt. Soweit er geringfügig unterschritten wird ist der wegen dieses Mindestunterhalts seiner Kinder gesteigert erwerbspflichtige Beklagte gehalten und in der Lage, durch eine weitere teilweise Untervermietung des von ihm bewohnten Hauses hinzuzuverdienen."

 

 

 


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