Abmahnung
Eine beliebte Einnahmequelle von Rechtsanwälten sind sogenannte Abmahnungen. Besonders in Zeiten stagnierender oder zurückgehender Einnahmen von Rechtsanwälten wird darauf gerne zurückgegriffen, um die eigene finanzielle Situation zu verbessern. Der Anwalt schaut sich daher erst einmal um, in welcher Sache er so Abmahnen könnte. Findet er etwas, dass ihm erfolgversprechend und lukrativ erscheint, macht er sich an sein Werk.
Er sendet ein Abmahnschreiben. So z.B. wenn er meint, im Internet irgend etwas rechtlich unzulässiges erspäht zu haben. Diejenigen, die dann das Abmahnschreiben erhalten, haben oft keine Ahnung von der Rechtsmaterie und zahlen daher oft, in der Hoffnung, damit höhere Kosten zu vermeiden, die bei einer eventuell folgenden Klage zu erwarten wären.
Sind die Abgemahnten allerdings widerborstig und verweigern eine Bezahlung, dann wird der Abmahnanwalt sauer. Er reicht beim Gericht eine Klage ein, in der Hoffnung von dort Geld zu bekommen und auch gleich noch an der selbst eingereichten Klage weiter zu verdienen.
Es gibt auch die Variante, dass jemand einen Anwalt beauftragt, eine Abmahnung gegen einen Dritten vorzunehmen. Der Anwalt hat dann einen finanziellen Anspruch gegen den Auftraggeber. Zahlt dann der Abgemahnte nicht, so klagt der Abmahnanwalt im Auftrag des Auftragsgebers, dass dieser nach § 257 BGB Befreiungsanspruch von der eingegangenen Verbindlichkeit befreit wird und statt dessen der Abgemahnte die vom Anwalt vorgetragenen Abmahnkosten tragen soll.
Interessante Links:
http://www.dr-bahr.com/promotion.html
Verbraucherschutz light
CDU blockiert Gesetz gegen Abmahnunwesen
Das FDP-geführte Bundesjustizministerium hat einen zweiten Gesetzentwurf „gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ abgeliefert. Doch selbst dieser abgemilderte Kompromiss droht am Veto der CDU zu scheitern. Die Abmahnindustrie reibt sich die Hände, und die Verbraucher bleiben erst einmal so wehrlos wie bisher.
Schlagwörter: Recht, Politik, Abmahnungen, Verbraucher, Leutheusser-Schnarrenberger, Neumann
c't 6/2013
http://www.heise.de/ct/inhalt/2013/06/170/
NRW stellt im Bundesrat Entschließungsantrag gegen die Abmahnabzocke
13.02.2013
Nordrhein-Westfalen hat einen Entschließungsantrag im Bundesrat eingebracht, um die Bundesregierung zum Handeln gegen die sog. "Abmahnabzocke" zu zwingen.
Die Bundesjustizministerin hat in dieser Legislaturperiode bereits fünf Mal öffentlich angekündigt, das Problem der "Abmahnabzocke" kurzfristig zu lösen. Zuletzt kündigte sie sogar einen Gesetzentwurf an, der am 6. Februar im Kabinett hätte beschlossen werden sollte. Auch die fünfte Ankündigung blieb ohne Ergebnis. Das Bundeskabinett hat sich am 6. Februar überhaupt nicht mit dem Thema befasst. Eine Begründung für die erneute Verschiebung nannte die Bundesjustizministerin nicht.
Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat daher auf Vorschlag von Justizminister Thomas Kutschaty beschlossen, in der nächsten Sitzung des Bundesrates am 1. März einen Entschließungsantrag einzubringen, um den unstreitig bestehenden Abmahnmissbrauch einzudämmen. Kutschaty erklärt hierzu: "Leider müssen wir die Bundesregierung zum Handeln treiben. Denn die Bundesregierung schafft durch ihre Untätigkeit regelrecht „ein Biotop für Abmahnwahnsinn in Deutschland"! Der wichtige Schutz des geistigen Eigentums gerät durch völlig überzogene Abmahnkosten in den Hintergrund." Der Bundesverband der Verbraucherzentrale geht aufgrund von Erhebungen von rund 220.000 Abmahnungen allein für das Jahr 2011 aus. Die geltend gemachten Gesamtforderungen sollen sich in diesem Zeitraum nach Angaben der Verbraucherzentrale auf insgesamt rund 165 Millionen Euro belaufen haben. Die Verbraucherzentrale geht weiter davon aus, dass jeder Verbraucher durchschnittlich 800 Euro für eine Abmahnung zahlen musste.
Für Fragen, Kommentare und Anregungen steht Ihnen zur Verfügung: pressestelle@jm.nrw.de
http://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/PresseJM/13_02_13_Abmahnabzocke/index.php
Erstes Schadensersatzurteil gegen RA Sandhage in Sachen Abmahnung Rapid Maler - 05.10.2012
Das Amtsgericht Schöneberg hat mit Urteil vom 01.10.2012, Az. 6 C 136/12 in einem ersten von uns geführten Pilotverfahren den Kollegen Sandhage aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung nun auch verurteilt, Schadensersatz wegen rechtsmissbräuchlicher Abmahnungen für die Rapid Maler GmbH zu leisten. Für die Rapid Maler GmbH hatte der Kollege in der ersten Jahreshälfte 2011 eine Vielzahl von Abmahnungen wegen Verstoßes gegen die sogenannte 40-Euro-Klausel ausgesprochen.
Zum einen konnte das in den Abmahnungen behauptete Wettbewerbsverhältnis widerlegt werden, zum anderen konnte dargelegt werden, dass die Abmahntätigkeit außer Verhältnis zur wirtschaftlichen Betätigung der Rapid Maler GmbH stand, und zwar jeweils für RA Sandhage erkennbar.
Wir werden daher nun weitere Verfahren in Sachen Rapid Maler folgen lassen.
Das Urteil erreicht den für eine Berufung notwendigen Gegenstandswert nicht und ist daher rechtskräftig.
gefunden am 30.11.2012
Von Cay Dobberke
17.9.2008 22:05 Uhr
"taz"-Rechtsstreit
Abmahnanwalt muss in den Knast
Er gilt als einer der berühmt-berüchtigten Internet-"Abmahnanwälte": Günter Freiherr von Gravenreuth. Dafür, dass er die Internet-Domain der "taz" versteigern lassen wollte, wurde er jetzt verurteilt.
Berühmt-berüchtigt. Rechtsanwalt von Gravenreuth, hier auf seiner Internetseite. - Screenshot: Tsp
Er ließ die Internetdomain der Zeitung „taz“ pfänden und wollte die Netzadresse sogar versteigern lassen. Doch weil er bei seinem Übernahmeversuch zu betrügerischen Tricks gegriffen haben soll, muss der für Abmahnungen berühmt-berüchtigte Münchner Rechtsanwalt Günter Freiherr von Gravenreuth nun um seine Anwaltszulassung fürchten und womöglich für 14 Monate in Haft.
Das Landgericht Berlin bestätigte am Mittwoch ein Urteil des Amtsgerichts Tiergarten, das ihn wegen versuchten Betruges zu sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt hatte. Da Gravenreuth außerdem schon wegen Veruntreuung von Mandantengeldern zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden ist, bildete das Gericht die Gesamtstrafe von einem Jahr und zwei Monaten. Auch eine ältere Vorstrafe wegen 60-facher Urkundenfälschung trug dazu bei, dass die Haft nicht mehr auf Bewährung ausgesetzt wurde (Az.: 571-165/07). Gravenreuth kündigte Revision an.
Durch seine Abmahnungen hat sich der 60-Jährige in der Computer- und Internetszene unbeliebt gemacht wie kaum ein anderer. Als 2007 das erstinstanzliche Urteil bekannt wurde, gab es allein im Internetforum des Hannoveraner Computerverlags Heise rund 14 000 zumeist schadenfrohe Kommentare.
Mit einer Abmahnung hatte auch der Kampf um die Internetseite www.taz.de begonnen. Im Mai 2006 erhielt Gravenreuth nach eigener Darstellung unaufgefordert eine E-Mail des Verlags. Zuvor hatte ihn jemand in die Versandliste für dessen elektronischen Rundbrief (Newsletter) eingetragen. Mit der folgenden automatischen E-Mail wollte sich die „taz“ bestätigen lassen, dass der Newsletterempfang wirklich gewünscht ist. Doch statt die Mail einfach zu ignorieren, zeigte sich Gravenreuth belästigt, forderte eine Unterlassungserklärung und stellte Kosten von rund 650 Euro in Rechnung.
Als der Verlag nicht reagierte, erwirkte der Anwalt eine einstweilige Verfügung, die später wieder aufgehoben wurde. Zunächst aber sah sich die „taz“ gezwungen, die vom Gericht auf rund 660 Euro taxierten Kosten zu zahlen.
Dann entwickelte sich die Sache offenbar zur Straftat: Gravenreuth verrechnete die Zahlung mit seiner eigenen ersten Forderung, die zu diesem Zeitpunkt schon erloschen gewesen sein soll, und tat so, als seien die Kosten der Verfügung unbeglichen. Er bestritt dann auch den Erhalt eines Faxes, in dem die „taz“ den Zahlungsgrund klarstellte. Doch genau dieses Fax wurde später bei einer Durchsuchung seiner Kanzlei gefunden. „Die Akte lag auf seinem Schreibtisch“, berichtete ein Polizeibeamter jetzt als Zeuge.
Niemand weiß, was aus der Internetpräsenz der „taz“ geworden wäre, wenn Gravenreuth mit seinen weiteren Schritten Erfolg gehabt hätte. Im September 2006 erwirkte er jedenfalls einen „Pfändungs- und Überweisungsbeschluss“, im Oktober folgte ein Antrag beim Amtsgericht auf eine Versteigerung – „hilfsweise bei Ebay“.
Doch die „taz“ schaltete den Medienanwalt Johannes Eisenberg ein. Und dieser erhob nicht nur eine Gegenklage, sondern stellte auch Strafanzeige. „Er hat einfach nicht aufgehört“, staunt Eisenberg über den Münchner Kollegen und mutmaßt, dass dieser sich selbst in die Liste für den „taz“-Newsletter eingetragen haben könnte. Denn auch Newsletter anderer Absender seien „stets in wundersamer Weise“ bei Gravenreuth gelandet. Im Fall der „taz“ habe dieser wohl nicht nur mehr kassieren, sondern auch dem Verlag schaden wollen. Eine ehemalige Kanzleimitarbeiterin sagte aus, während ihrer Tätigkeit seien „zwei bis drei Werbemails pro Woche“ eingegangen, auf die Gravenreuth stets sofort mit Abmahnungen reagiert habe.
Den Ärger und Hass einiger Computernutzer hatte sich der Anwalt schon Anfang der 90er Jahre zugezogen, als er für die Computerspiele-Industrie gegen Raubkopierer vorging und dabei „Testbesteller“ einsetzte. So erhielten Teenager, die über Kleinanzeigen in Computerzeitschriften illegal Spiele tauschen wollten, Briefe vermeintlicher Schülerinnen. Antworteten die Adressaten mit Tauschofferten, folgte prompt eine teure Abmahnung. Später fiel Gravenreuth dadurch auf, dass er gängige Begriffe aus der Computerwelt wie „Explorer“ und „Webspace“ für Mandanten beanspruchte.
Unter seinen Kritikern gilt der Jurist seitdem als Prototyp eines „Abmahnanwaltes“. Von seinen Tätigkeiten handeln ein Eintrag im Online-Lexikon Wikipedia sowie ein Internetblog, mit dessen Betreiber der Anwalt einen juristischen Kleinkrieg führt. Die „taz“ hat übrigens auch zivilrechtlich gegen Gravenreuth gewonnen: Die Bestätigungsmails für den Newsletterversand wurden bereits vor Monaten für zulässig erklärt.
(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 18.09.2008)
www.tagesspiegel.de/medien-news/;art15532,2616911