Väternotruf
Oktober 2001
Querulant
Gebe mir Gott die Gelassenheit, das,
was ich nicht ändern kann,
so zu akzeptieren, wie es ist,
den Mut,
das zu ändern, was ich ändern kann,
und die Weisheit, den Unterschied zwischen beidem zu erkennen.
Querulant (lateinisch) - Mensch mit übermäßig stark ausgeprägtem Rechtsempfinden. Gegen tatsächliche oder vermeintliche öffentlich-rechtlich, politisch, religiöse u.a. Ungerechtigkeiten setzt er sich starrsinnig und selbstaufopfernd ein, wobei Anlaß und Verhalten in keinem vernünftigen Verhältnis stehen. Querulanten werden z.T. den Psychopathen zugerechnet. Häufig findet sich beim Querulanten eine mitunter weit zurückliegende tatsächlich erlittene Ungerechtigkeit.
Soweit Meyer Grosses Taschenlexikon 1981
Der deutsche Dramatiker und Erzähler Heinrich von Kleist, hat mit seiner Erzählung "Michael Kohlhaas" dem Querulanten ein literarisches Denkmal gesetzt.
Der Querulant ist ein Mensch, der tatsächlich einmal Ungerechtigkeit erlitten hat. Und wie in der Novelle von Kleist, eskaliert der Konflikt im Laufe der Zeit. Am Anfang hätte noch eine Entschuldigung von Seiten des rechtsverletzenden Person oder Behörde ausgereicht hätte, den Konflikt zu klären. Durch deren Weigerung und Sturrheit kommt es dazu, dass der sich in seinem Recht verletzte Mensch in einem Kampf begibt, von dem er annimmt, er würde ihm zu seinem Recht verhelfen.
Der Querulant hat ein berechtigtes Interesse. Durch die im Laufe der Zeit erlittenen Frustrationen kommt es bei ihm aber immer mehr zu einer Verhärtung und Verbitterung, so dass Aussenstehende nach einiger Zeit nicht mehr das Anliegen des Querulanten wahrnehmen, sondern nur noch seine Wut und Verbitterung. Auch der Querulant weiss möglicherweise bald nicht mehr, was ursprünglich seinem Interesse galt. Der Querulant ist ein verzweifelter Mensch, er hat schon viele Schlachten verloren. Sein größtes Handicap ist seine Unfähigkeit zur Trauer. Und weil er nicht trauern kann, kann er Dinge nicht loslassen, die vergangen und meist nicht mehr zu ändern sind. Der Vater, der sei drei Jahren erfolglos vor dem Familiengericht klagt, in der Hoffnung "Recht zu bekommen". Er hat schon viel verloren, was ihm auch kein Recht mehr wiederbringen kann.
Im Nationalsozialismus endete der Weg des Querulanten üblicherweise als Häftling im Konzentrationslager, während die passiven Mitläufer des Systems, Blockwart oder Denunziantin wurden und so am Tod von Millionen Menschen, z.B. den Juden mitschuldig wurden.
Zu DDR-Zeiten "kümmerte" sich das Ministerium für Staatssicherheit um Querulanten. Heute nach der Wende, nennt man nicht wenige dieser Querulanten anerkennend "Bürgerrechtler" und jede Partei, von links bis rechts, die etwas auf sich hält, hat wenigstens einen Vorzeigebürgerrechtler in ihren Reihen.
Bedauerlicherweise trägt auch im Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland auch die heutige Rechtswirklichkeit und Behördenmentalität zur Entwicklung von Querulanten bei. Vielleicht kann man so den Spruch von Bärbel Bohley verstehen "Wir wollten Recht, und bekamen den Rechtsstaat."
Nun ist ein Rechtsstaat natürlich besser als ein Unrechtsstaat. Und doch kann man auch heute sagen, der Querulant ist (auch) ein Kind der Behörde. Hätte an der entscheidenden Stelle ein Beamter, Jugendamtsmitarbeiter oder Richter gesessen, der sich die Kommunikation mit schwierigen Klienten beherrscht, so wäre eine gute Chance entstanden, der Teufelskreis von Frustration, Wut, Angriff, Frustration aufzulösen. Doch in der Praxis geschieht oft das Gegenteil. Der Klient kommt mit einer bestimmten Missstimmung in die Behörde, die Behörde ist sein tatsächlicher oder imaginierter (z.B. infolge einer Übertragung) Feind. Der Beamte bekommt Angst und geht in die Konfrontation (Gegenübertragung), der Klient wird frustriert, wieder einmal hat ihn niemand verstanden.
Leider sind auch Psychologen und Sozialarbeiter oft nicht in der Lage die Situation von schwierig erscheinenden Klienten, angemessen zu erfassen, geschweige denn angemessen, deeskalierend zu reagieren. Dies kann an deren fehlender Souveränität, Stolz, Dünkel und Überheblichkeit liegen.
Eine moderne Behörde sollte sich dem Thema der Arbeit mit schwierigen Klienten offen und ehrlich stellen. In jeder Behörde muss es mindestens einen Mitarbeiter geben, der in der Arbeit mit schwierigen Klienten kompetent ist. Mitunter kann ein solcher Mitarbeiter Wunder bewirken und einen langandauernden Fall, an dem sich schon fünf Sozialarbeiterinnen verschlissen haben, zur Lösung bringen. Worte des Bedauern, des Verständnis, reichen da oft schon aus. Manchmal auch eine Entschuldigung. Und möglicherweise entpuppt sich der Querulant als ein angenehmer und sympathischer Mensch.
Ein empfehlenswerter Aufsatz zu dem Thema.
"Der richtige Umgang mit Dienstaufsichtsbeschwerden"
Dirk Matzick, Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern
in: "Kommunalpraxis MO", 10/2001, S. 270-273
Familienversicherung
In der Bundesrepublik gibt es die gesetzliche Rentenversicherung, die Arbeitslosenversicherung, die Krankenversicherung und seit einiger Zeit nun auch die Pflegeversicherung.
Nur wenn Männer und Frauen Eltern werden, stehen sie plötzlich so gut wie ohne eine Unterstützung da. Der Staat speist beide zusammen mit 300 DM Kindergeld und 600 DM Erziehungsgeld ab. Den Rest müssen die Eltern dazuverdienen. Ganz klar, dass da der Papa sofort wieder malochen muss und Mama daheim das Kind hütet. Auf der anderen Seite werden Milliardenbeträge an das völlig überholte Ehegattensplitting verschwendet und rutschen die Beschäftigen im öffentlichen Dienst um so älter sie werden, was meist gleichbedeutend damit ist, dass die Kinder aus dem Haus sind (so überhaupt vorhanden) aller zwei Jahre in eine höhere Verdienstgruppe. Bei einem Ost-Beschäftigen BAT V a (Erzieherin) sind das bei einer 21 und einer 45 jährigen immerhin 1100 DM Bruttolohnunterschied. In der BAT III (Lehrer) schon 1800 DM. Und das nur dafür, dass man älter geworden ist. Leistungskriterien gibt es nicht.
Bei nur 1000 Lehrern ist das eine Summe pro Jahr von 21.600.000 DM (in Worten 21 Millionen DM) die fürs älter werden ausgegeben werden.
Hinzukommen Millionenbeträge die verheirateten Männern und Frauen beim sogenannten Ortszuschlag hinterhergeworfen werden. Der Witz bei der Sache, da sich der öffentliche Dienst weitestgehend aus Steuermitteln finanziert, bezahlen alle Steuerzahler/innen diese Ehesubventionen.
Auf alle öffentlich Beschäftigten hochgerechnet, dürfte die Zahl im Milliardenbereich liegen.
Um der Misere Kinder = Armutsrisiko, bzw. Maloche für den Vater entgegenzuwirken, wäre eine Familienversicherung eine geeignete Methode. wie in den anderen Versicherungen, wird hier ein bestimmter Prozentsatz von allen Arbeitnehmern, bzw. Selbstständigen einbehalten.
Mit den Einnahmen sollte insbesondere im ersten Lebensjahr des Kindes für alle Väter und Mütter ein angemessenes Familiengeld finanziert werden. Bei Nichtinanspruchnahme, z.B. durch einen desinteressierten Vater entfällt dessen Anteil ersatzlos.
Philipp, 30.10.01
Ehegattensplitting
Das Ehegattensplitting ist eine völlig antiquierte Steuersubvention für Ehepaare, in der der eine (meist der Mann) sehr viel verdient und der andere (meist die Frau) nichts oder sehr wenig.
Der Staat subventioniert dies jährlich mit Milliardengeschenken. Gleichzeitig fehlt ihm das Geld, für die Förderung von Vätern und Müttern, die für ihre Kinder sorgen. Mit lächerlichen 300 DM werden da die Eltern abgespeist. Getrenntlebende Väter sehen trotz ihrer Aufwendungen die sie für ihre Kinder erbringen meist nicht einmal davon etwas.
Wollen wir hoffen, dass die Regierungskoalition aus SPD und Grüne bald über ihren Schatten und die Interessen so manch eines Bundestagsabgeordneten aus ihren Reihen springen können und nicht erst dann, wenn 90 Prozent der Bevölkerung Rentner sind, die durch die restlichen 10 Prozent versorgt werden müssen.
Philipp 30.10.01
"Die Geburt anthropologisch betrachtet"
Sheila Kitzinger spannt einen großen Bogen von den Anfängen der Geburtshilfe bis in unsere heutige Zeit. Dabei wird deutlich, dass die Geburt immer ein gesellschaftlicher und kein medizinischer Prozess war.
in: "Deutsche Hebammenzeitschrift",
3/2001, S. 17-19
"Deutsche Hebammen Zeitschrift"
Elwin Staude Verlag, PF 510660, 30636 Hannover
Telefon 0511-651003
E-Mail: info@staudeverlag.de
ISSN 0012-026 X
Prozesskostenhilfe
Nach einer Schätzung wurden in Deutschland im Jahr 2000 ca. 525 Millionen DM Prozesskostenhilfe und ca. 48 Millionen DM Beratungshilfe gewährt. Die Rückzahlungsquote lag bei ca. 15%. Genaue statistische Daten sollen nicht existieren.
zitiert nach "Die Zukunft des Rechtsberatungsgesetzes", Prof. Dr. Martin Henssler
in: "Anwaltsblatt", 10/2001, S. 526
Rechtsberatungsgesetz
Inzwischen setzt sich anscheinend auch in Anwaltskreisen die Erkenntnis durch, das das Rechtsberatungsgesetz völlig antiquiert ist und in dieser Form über kurz oder lang nicht mehr aufrechtzuerhalten sein wird. Prof. Dr. Martin Henssler beschäftigt sich in "Die Zukunft des Rechtsberatungsgesetzes", "Anwaltsblatt", 10/2001, S. 525-533 mit dem Thema und macht Vorschläge, wie ein reformiertes Rechtsberatungsgesetz aussehen könnte.
Kindesunterhalt und väterlicher Betreuungsaufwand
"Junge komm bald wieder..." Über Mütter und Söhne!
Deutschlandfunk DLF 26.10.01 Beginn 23.05 - 02.00
Mit Frau Vinken, Herr Koschorke, Prof. Dr. Gerhard Amendt
Wiederholung am 27. 10. 01 DRB
siehe auch unter www.dradio.de
Lange Nacht, Vorschau
Erfahrungsorientiertes Filmseminar mit Francesco Dragotto
Das väterliche Prinzip
In unserer Gesellschaft ist der Vater seit Generationen während der Schwangerschaft, der Geburt und der weiteren Entwicklung des Kindes wenig präsent.
Die Folgen dieser für alle Beteiligten unglücklichen Situation manifestieren sich nach Ansicht Francesco Dragottos in spezifischer Weise in allen Bereichen unseres Lebens.
Nach seiner Meinung sind übertriebener Individualismus, Gewalttätigkeit, passive Erwartungshaltung oder Identitätsprobleme Auswirkungen des fehlenden väterlichen Prinzips, die sich auch in Problemen des Einzelnen in seiner Partnerschaft manifestieren.
Partnerschaftliche Gefühle, wie: „ohne den anderen nicht leben zu können“, „ich brauche dich“, oder auch „ich brauche nichts und niemanden", sind Teil dieser problematischen Entwicklung.
Als Mann und Frau geboren werden: Utopie einer Partnerschaft?
In der Seminarreihe werden die Auswirkungen des fehlenden väterlichen Prinzips auf Beziehungs-Strukturen und die Entwicklungs-möglichkeiten in einer Partnerschaft in den Mittelpunkt gestellt.
Es werden ausgewählte Spielfilme gezeigt, die sinnlich erfahrbar und emotional berührend die Problematik in partnerschaftlichen Strukturen verdeutlichen.
Im Anschluß an die Filmvorführung findet unter Leitung von Francesco Dragotto eine Gruppe statt, in der die durch den Film angesprochenen Themen vertiefend bearbeitet werden.
Die Arbeit in der Gruppe soll dazu anregen, die eigenen Beziehungs- und Lebensmuster zu sehen aus einem anderen Blickwinkel und vielleicht notwendige Veränderungen zu wagen.
Der italienische Psychologe
Dr. Francesco Dragotto ist Leiter der Europäischen Schule für Orgonomie (SEOR) in Rom. Er gehört zu den erfahrendsten Körperthe-rapeuten Europas. In seiner langjährigen therapeutischen Tätigkeit entwickelte er eine eigene Therapierichtung: den Energetischen Funktionalismus (eine Weiterentwicklung der Vegetotherapie nach Reich).
In Italien arbeitet er zudem an Gesetzesvorlagen mit, die vor allem der Verbesserung der frühkindlichen Situation dienen (z.B. Einrichtung von Geburtshäusern, Urlaubsanspruch für Väter nach der Geburt eines Kindes etc.).
Im Mai 2000 wurde das Berliner Institut für Energetischen Funktionalismus gegründet, in dem er seither regelmäßig Seminare leitet.
Ein erfahrungsorientiertes
Filmseminar mit
Francesco Dragotto
Termine 2001
26. Oktober
07. Dezember
Termine 2002
Die Termine werden noch bekannt gegeben
Ort
Institut für Energetischen
Funktionalismus
Körpertherapiezentrum Lichterfelde
Dürerstraße 5
12203 Berlin
Zeit
Beginn 19 h, Ende voraussichtlich 23.00h
Kosten
Filmabend mit Diskussion: DM 30/Abend
Bei Teilnahme an der
anschließenden Gruppe: DM 40/Abend
Telefonische Information
Susanne Stinshoff 030-84419824
Institut für
Energetischen Funktionalismus
Körpertherapiezentrum Lichterfelde
Dürerstraße 5
12203 Berlin
Sie erreichen uns:
von S-Botanischer Garten
(ca. 10 min Fußweg)
von S/U-Rathaus Steglitz
mit dem Bus 185
Deutschen Väter zu Unrecht Umgang verboten= Straßburg (dpa) -
Deutsche Gerichte haben drei Vätern zu Unrecht den Umgang mit ihren unehelichen Kinder verweigert. Das entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg am Donnerstag. Die Richter sahen in dem Entzug des Besuchsrechts einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot der Europäischen Menschenrechtskonvention. Die Kläger hatten argumentiert, sie dürften als unverheiratete Väter nicht schlechter gestellt werden als geschiedene Väter. Die Bundesrepublik Deutschland muss den Beschwerdeführern nun eine Entschädigung von insgesamt 143 000 Mark zahlen.
Der Gerichtshof wies in seinem Urteil darauf hin, dass den Klägern das Besuchsrecht vor der Reform des Familienrechts im Juli 1998 verweigert worden war. Seitdem wird auch unverheirateten Eltern ein Besuchsrecht für die gemeinsamen Kinder zugestanden. Nach Auffassung der Richter hätten aber die deutschen Gerichte schon vor dieser Reform auf Grund der bestehenden Gesetze anders entscheiden müssen. Außerdem bemängelten die Richter, dass bei den drei Fällen die Kinder nicht direkt gehört oder nur oberflächliche Beobachtungen eines Psychologen bei der Verhandlung vorgelegt wurden.
dpa jl xx hi 111556 Okt 01
vaeternotruf.de:
In Deutschland ist der EGMR in Familienrechtssachen die letzte Instanz. Binnen nur 15 Monaten hat dieser mit Entscheidungen vom 13.07.2000 und vom 11.10.2001 jetzt in vier Fällen in deutsche Familienrechtsverfahren zum Schutz der Menschenrechte korrigierend eingreifen müssen und vorausgegangene innerdeutsche Gerichtsentscheidungen zu Fall gebracht. - Eine schallende Ohrfeige für die Deutsche Justiz und den deutschen Gesetzgeber. DM 190.584 hat die Bundesrepublik Deutschland an Schadensersatz und Kostenerstattungen an die Beschwerdeführer zu bezahlen. Die Zeche zahlt allerdings der deutsche Steuerzahler.
http://www.echr.coe.int/Eng/Press/PressReleases.htm
http://www.echr.coe.int/Eng/Press/2001/Oct/Sahin+Sommerfeld+Hoffmannjud.htm
http://www.echr.coe.int/Eng/Press/2000/Jul_Aug/Elsholz%20jud%20epress.htm
http://www.vafk.de/news/bvgvb.htm
Double-Bind
Unter Double-Bind versteht man ein Interaktionsmuster bei dem eine Person (z.B. die Mutter) der anderen Person (z.B. dem Kind) gleichzeitig zwei Botschaften übermittelt. So z.B. die verbale Äußerung an das Kind "Du darfst deinen Vater jederzeit besuchen" und eine nonverbale (z.B. körperlich wahrnehmbare oder durch den Tonfall der Stimme) zweite Botschaft "Ich bin aber ganz unglücklich / böse etc. wenn du deinen Vater sehen willst".
Das Kind kommt dadurch in die Situation seiner eigenen Wahrnehmung nicht mehr zu trauen, da es sich normalerweise nicht wie ein Erwachsener in der Lage befindet, bei der Mutter nachzufragen, wie sie ihre Äußerung denn nun gemeint habe.
Bei Umgangsvereitelungen finden sich sehr häufig Double-Bind Interaktionsmuster zwischen vereitelnden Elternteil und Kind.
Anhaltenden Double-Bind-Botschaften können beim Adressaten zu Schizophrenie führen.
Vergleiche "Abenteuer Kommunikation. Bateson, Perls, Satir, Erickson und die Anfänge des Neurolinguistischen Programmierens (NLP)", Wolfgang Walker, Klett-Cotta
Familienrichter - je höher, desto dünner die Luft?
Familienrichter kann jeder/jede werden, der/die eine abgeschlossene juristische Ausbildung besitzt und seit einem Jahr als Richter/in tätig ist. Spezielle psychologische/familiendynamische Kenntnisse und Kommunikationskompetenzen werden nicht verlangt. Die Wahrnehmung von Supervision für Richter/innen ist nicht vorgesehen. Fachliches Standards, wie in anderen Berufsgruppen, die mit Kindern zu tun haben, z.B. bei Verfahrenspflegern, gibt es nicht. Begründet wird dies mit der Unabhängigkeit der Richterschaft. So verwundert es nicht, dass es bei einigen Richtern/Richterinnen zu eklatanten Fehlentscheidungen kommt. Vielleicht haben auch einige Familienrichter/innen sich etwas anderes unter ihrem Beruf vorgestellt, die einen wollten damit vielleicht ihr eigenes als Kind erlittenes Trennungstrauma aufarbeiten, die anderen wollten Spezialisten für Ehegattenunterhalt werden, weil ihnen das Rechnen in der Schule immer so viel Spaß gemacht hat. Und nun haben sie es auf einmal mit soviel Emotion und praktischer Psychologie zu tun. Da hilft auf Dauer nur eins, entweder sich mit dem bisher so ungeliebten Thema anzufreunden oder den Beruf zu wechseln und z.B. Fachanwalt für Familienrecht werden, denn der ist ja schließlich nicht für das Kindeswohl verantwortlich.
Die Richter, die sich mit Familienrecht / Kindschaftsrecht an den Oberlandesgerichten oder gar im Bundesgerichtshof oder dem Bundesverfassungsgericht geschäftigen, sind, so sollte man meinen, besonders kompetente Richter, sonst wären sie ja nicht dort. So weit die Theorie, der Gedanke hat was. Nun ist es aber so, dass man eine gehörige Anzahl von Dienstjahren auf dem Buckel haben muss und außerdem wohl auch eine gewisse Fähigkeit, mit dem Zeitgeist konform zu gehen, um in diese Position berufen zu werden. Da liegt es nahe, dass ein solcherart qualifizierter Richter wohl eher traditionell-konservativ eingestellt ist. In etwas verschärfterer Form hat man das in der DDR erlebt, wo überwiegend alte Männer in den Entscheidungspositionen saßen und darüber befanden, was Recht und was Unrecht ist. Der Unterschied der BRD zur DDR besteht allerdings gottlob darin, das man sich heutzutage über solche Eigentümlichkeiten öffentlich äußern kann. Oder um es mit einem Witz aus DDR-Zeiten zu sagen:
Was ist der Unterschied zwischen Adenauer und Ulbricht?
Adenauer sammelt Witze, die die Leute über ihn machen.
Ulbricht sammelt die Leute, die Witze über ihn machen.
Wenn es zutrifft, dass die Richterschaft im allgemeinen von unten nach oben immer konservativer wird, dürfte es auch nicht verwundern, wenn die Richter der unteren Ebene im vorauseilenden Gehorsam, bzw. vermutend, dass die von ihnen, den veränderten gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung tragenden Entscheidungen ohnehin vom Obergericht aufgehoben werden, sie gleich eine solche Entscheidung "vorausschauend" vermeiden.
So kann es zu dem Paradox kommen, dass die obergerichtliche Rechtssprechung der gesellschaftlichen Entwicklung um 15 Jahre hinterherhinkt (siehe das letzte BGH-Urteil zum §1626a BGB) und dabei auch noch ungeniert vom "Kindeswohl" spricht", und die Fachöffentlichkeit oder gar die Öffentlichkeit weitestgehend sprachlos zuschaut. Da auch der Bundestag als Gesetzgeber in vielen Dingen der gesellschaftlichen Entwicklung hinterherhinkt gibt es wohl nur einen Weg, um überfällige Entscheidungen, wie z.B. die zur Verfassungswidrigkeit des §1626a BGB (Diskriminierung nichtehelicher Kinder und ihrer Väter) voranzubringen, der politische Druck auf die politisch Verantwortlichen und die Herstellung von Öffentlichkeit über die Medien, Internet, Verbände, etc.
Philipp, 24.10.01
"Die neueste Entwicklung von Gesetzgebung und Rechtssprechung auf dem Gebiet von Sorgerecht und Umgangsrecht"
Vorsitzender Richter am OLG Dr. Stefan Motzer, Stuttgart
in: "FamRZ", Heft 16, 2001, S. 1034-1044
In dem ansonsten informativen Aufsatz über die aktuellen Entwicklungen im Kindschaftsrecht, präsentiert OLG Richter Stefan Motzer seine folgende Rechtsauffassung. Dass diese nicht mit der Verfassung übereinstimmt und schon gar nicht mit der Meinung von www.vaeternoruf.de liegt auf der Hand.
"...
4. Gemeinsame Sorge von Eltern,
die nicht miteinander verheiratet sind
a) Rechtslage seit dem KindRG
...
b) Die Entscheidung des BGH v. 4. 4. 2001
Der BGH hat sich in seinem Beschluß v. 4. 4. 2001) grundsätzlich mit der Verfassungsmäßigkeit von §1626a BGB auseinandergesetzt und die Anwendung der Vorschrift uneingeschränkt gebilligt.
...
c) Stellungnahme
Der Entscheidung des BGH v. 4. 4. 2001 ist in ihrem Ergebnis und auch in den wesentlichen Teilen der Gründe zuzustimmen. Ihre Überzeugungskraft gewinnt sie daraus, daß sie das Wohl des Kindes in den Vordergrund der Argumentation rückt und klarstellt, daß unter diesem Aspekt ein Mindestmaß an Übereinstimmung der Eltern zur Übernahme und Ausübung der gemeinsamen Sorge erforderlich ist. Eher kontraproduktiv dürfte jedoch der Rückgriff auf die biologischen Aspekte der Mutterschaft als Begründungselement sein. Just hierdurch wer den die Verfechter einer Gleichstellung von Männern und Frauen wohl erst recht auf den Plan gerufen. Sie können sieh dabei auf die Rechtsprechung des BVerfG berufen, gemäß der die Festschreibung einer Rollenverteilung, nach welcher Erziehung und Pflege der Kinder in erster Linie Sache der Mutter sei, mit Art. 3 II GG nicht vereinbar ist. Außerdem hat der BGH mit seinem Beschluß ein neues Gleichbehandlungsproblem geschaffen. Die mit den Vätern ihrer Kinder verheirateten oder verheiratet gewesenen Frauen werden nun die Frage stellen, weshalb ihre durch Schwangerschaft und Geburt vermittelte besondere Beziehung zum Kind als Argument im Streit um die elterliche Sorge (etwa nach §1671 II Nr. 2 BGB) weniger zu berücksichtigen sein soll als diejenige ihrer unverheirateten Geschlechtsgenossinnen.
..."
Schön dass Dr. Motzer wenigstens noch ein bisher unbekanntes Argument präsentiert, dass die Absurdität von 1626a BGB zeigt. Man kann daraus aber auch Schlußfolgerungen ziehen wie Christina Schenk, familienpolitische Sprecherin der PDS-Bundestagsfraktion, die auch verheirateten Vätern nur das Sorgerecht mit Zustimmung der Mutter geben will.
"Positive" Diskriminierung
Frau muss sein - Mann nicht
im Landesrichtergesetz von Schleswig-Holstein findet sich ein Passus, der besagt, dass bei Vorschlägen zur Wahl eines Präsidenten / einer Präsidentin für das Landgericht durchaus drei Frauen und kein Mann auf der Vorschlagsliste stehen können, aber nicht umgekehrt nur drei Männer und keine Frau. Wollen wir nicht hoffen, dass diese Vorschrift Schule macht.
vaeternotruf.de, 24.10.01
Umgangsvereitelung und Schadenersatz
Ein Elternteil, der den Umgang des anderen rechtswidrig und schuldhaft vereitelt, soll verpflichtet sein, diesem Schadenersatz in Höhe der nutzlos aufgewendeten Fahrkosten zu leisten
Amtsgericht Essen
veröffentlicht in: "FamRZ", 2000, S. 1110
"Verfahrenspflegschaft - ein Positionspapier des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV)"
in: "Kind-Prax", 3/2001, S. 86-88
Da sich der VAMV im Gegensatz zu seinem Pendant, dem Väteraufbruch für Kinder e.V. erheblicher finanzieller Zuwendungen seitens des Bundesfamilienministerium erfreuen kann, verwundert es nicht, dass das Positionspapier offensichtlich von einem Profi und Verfahrenspfleger(in)? ausgearbeitet ist. Dem Väteraufbruch wären auch solche finanziellen Zuwendungen zu wünschen, damit er in die Lage versetzt wird, aus der Sicht der getrenntlebenden Väter fachlich fundierte Stellungnahmen erarbeiten zu lassen.
"Adolf Hitler, die deutsche Mutter und ihr erstes Kind
über zwei NS-Erziehungsbücher"
Sigrid Chamberlain
Psychosozial-Verlag, 1997, 225 Seiten, 38 DM
ISBN 3-930096-58-7
Vater kann auch ohne Sorgerecht Umbenennung verhindern
Mannheim. Eine geschiedene Mutter darf den Nachnamen ihres Kindes gegen den Willen des Vaters nur mit triftigem Grund ändern. Dies gilt nach einem gestern veröffentlichten Urteil des baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshofs selbst dann, wenn sie das alleinige Sorgerecht hat. Die Mannheimer Richter gaben damit auch in zweiter Instanz der Klage eines Karlsruhers statt.
Seine Frau hatte nach der Scheidung ihren Geburtsnamen wieder angenommen. Den sollte auch ihr fünfjähriger Sohn bekommen. Zur Begründung verwies die Mutter auf eine jüngere Halbschwester, die sie mittlerweile mit ihrem neuen Lebensgefährten gezeugt habe und die so wie dieser heiße. Drei unterschiedliche Nachnamen in der Familie seien verwirrend, ihr Sohn werde deswegen im Kindergarten gehänselt.
Das könne Kindern heutzutage zugemutet werden, befand der Gerichtshof. Eine Namensänderung sei dem Wohl des Sohnes zwar förderlich, aber nicht erforderlich. Schwerer wiege der Wunsch des Vaters, trotz des Verzichts auf sein Sorgerecht das "Namensband" mit dem Sohn zu erhalten. Daran würde selbst eine Heirat zwischen Mutter und neuem Lebensgefährten nichts ändern. sma
Urteil des VGH vom 22.2.2001, Az.: 1 S 929/00. Revision zugelassen.
18.10.2001
http://www.mamo.de/aktuell/politik/20011018_kind.html
"Alles o.k. mit dem Kindeswohl?
ein Plädoyer für eine Reform der Reform des Kindschaftsrechts"
Günther Rexilius
in: "Kind-Prax", 4/2001, S. 112-117
Im Gegensatz zu den Roll-back-Argumentationen a-la Anita Heiliger, Christina Schenk und Anhang, die gerne die Mütterprivilegien und deren Alleinvertretungsansprüche von vor der Kindschaftsrechtsreform von 1998 restaurieren wollen, kritisiert Rexilius das derzeitige Familienrecht und die dazugehörige Fachpraxis, die elterliche Sorge als ein Recht versteht, das je nach Bedarf einem Elternteil abgesprochen werden kann, nicht aber dass elterliche Sorge bedeutet für das Kind vom Zeitpunkt der Zeugung an Sorge zu tragen. Konsequent zu Ende gedacht heißt dass, dass es die Aufgabe der Professionellen ist, dafür in Krisensituationen und bei Beeinträchtigung der Eltern dafür zu sorgen, dass diese ihre Verantwortungskompetenz wiedererlangen. Wir meinen, dass diese Sichtweise konsequenterweise erfordert, diejenigen Paragrafen im Kindschafts- und Familienrecht zu streichen, bei denen Eltern das "Sorgerecht entzogen werden kann, sei es beim "normalen" Elternkonflikt oder bei "Gefährdung des Kindeswohls". Von dem grundgesetzwidrigen Skandal, dass nichteheliche Kinder nach 1626a BGB nach wie vor kein Anrecht auf elterliche Sorge durch ihren Vater haben, mal ganz abgesehen.
Statt dessen muß zukünftig bei einer Beinträchtigung der elterlichen Verantwortungsbefähigung auf die Möglichkeit des Ruhens der elterlichen Sorge nach 1674 BGB zurückgegriffen werden. Parallel dazu hätte die öffentliche Jugendhilfe geeignete Hilfen anzubieten, um die Eltern nach Möglichkeit bei der Wiedererlangung der elterlichen Verantwortungsbefähigung zu unterstützen.
Rexilius zeigt weiter auf, welche wichtige Rolle psychologischen Sachverständigen zukommen sollte und welche Anforderungen diese genügen sollten, nämlich ein systemisches, dialektisches und historisches Selbstverständnis zu besitzen und über psychotherapeutische und familientherapeutische Kompetenzen zu verfügen. Ein Diplom in Psychologie zu besitzen oder Nervenarzt oder Neurologe zu sein befähigt noch lange nicht, als Gutachter in familienrechtlichen Verfahren aufzutreten, in dem es um psycho-soziale Konfliktmuster geht.
vaeternotruf.de 16.10.01
Wolfgang Rexilius ist Diplom-Psychologe, Privatdozent an der Universität Wuppertal, praktisch tätig als Psychotherapeut, Familientherapeut und Sachverständiger
Studie der Universität des Saarlandes zum Thema:
"Emotionale Entwicklung von Kindern alleinerziehender Väter"
http://www.uni-saarland.de/fak5/ezw/personal/paulus/vaeter_start.htm
Info vom 16.10.01
Abenteuer Kommunikation - Familientherapie
Familientherapeutische Arbeit im engeren Sinne wurde erst seit den 50er Jahren betrieben. Als Geburtsstunde der Familientherapie gilt die Veröffentlichung des Aufsatzes "Family Diagnosis: An Approach to the Pres-School Child"“, den der New Yorker Kinderpsychiater und Psychoanalytiker NATHAN W. ACKERMANN im Jahr 1950 publizierte. Er vertrat den Standpunkt, daß das Erfassen familiärer Prozesse für ein Verständnis emotional gestörter Kinder unabdingbar sei. Folglich suchte er nach Wegen, die Familien in den therapeutischen Prozeß einzubeziehen. Im Vordergrund seines Therapieansatzes stand der Einfluß der Vergangenheit auf das komplexe Gewebe der gegenwärtigen Beziehungen der Familienmitglieder.
Unabhängig davon hatte sich MURRAY BOWEN, ebenfalls Psychiater und Psychoanalytiker, in den Jahren 1949 bis 1954 an einer fünfjährigen Studie der Menninger Clinic in Topeka/Kansas beteiligt. Hier wurden einzelne Familienmitglieder in die Therapie sog. schizophrener Patienten miteinbezogen. Dabei fiel insbesondere die häufig symbiotisch anmutende Mutter-Kind-Beziehung auf. BOWEN setzte diese Studie zwischen 1954 und 1959 am Medical Institute for Mental Health in Bethesda/Maryland fort. Unter der Schirmherrschaft des National Institute of Mental Health nahm er erstmals ganze Familien schizophrener Patienten in einer psychiatrischen Station auf. Aufgrund der Erfahrungen in Topeka stand die Mutter-Kind-Beziehung zunächst im Vordergrund der Beobachtungen. Bald wurde jedoch deutlich, daß die ganze Familie ihren Anteil an der Aufrechterhaltung der schizophrenen Symptomatik hatte. Oft drängte sich der Eindruck auf, daß die Patienten mit ihrem abweichenden Verhalten brüchige Partnerbeziehungen stabilisierten, indem sie die Konflikte der Eltern auf sich verlagerten. Normale Individualisierungsprozesse waren unter diesen Bedingungen nahezu unmöglich. Ziel der therapeutischen Arbeit BOWENS war es daher, die Entwicklung der Individualität zu fördern und die starren Interaktions- und Koalitionsmuster der Familien zu durchbrechen.
Neben ACKERMAN und BOWEN gelten IVAN BOSZORMENYI-NAGY, JAMES FRAMO und THEODORE LIDZ als weitere Pioniere psychoanalytisch orientierter Familientherapie. Trotz vieler Unterschiede im Detail bestand jedoch die grundlegende Gemeinsamkeit all dieser Ansätze letztlich darin, daß - ganz in der Tradition der Psychoanalyse - vor allem auf die problematischen Inhalte familiärer Interaktionsprozesse fokussiert wurde.
Ein weiterer Ausgangspunkt der Familientherapie war die Arbeit von CARL WHITAKER. Er begann Mitte der 50er Jahre in Atlanta, Schizophrene innerhalb ihrer Familien zu behandeln. Dabei arbeitete er als erster mit KoTherapeuten Im Zentrum seines Ansatzes standen die Betonung emotiona1er Erfahrungen und ein weitgehend intuitives Einbringen der eigenen Person in die Behandlung. Humanistische Konzepte wie Wachstum, Spontanität, Ganzheit usw. spielten in seinem Selbstverständnis eine tragende Rolle.
Der einflußreichste Ansatz innerhalb der familientherapeutischen Bewegung ist aber zweifellos die bereits skizzierte Arbeit der Palo-Alto-Gruppe um BATESON,JACKSON, HALEY, WEAKLAND WATZLAWIK und SATIR. Sie wurde am umfassendsten von therapeutischen Praktikern rezipiert. Die besondere Bedeutung der Schule von Palo Alto liegt dabei - so KRIZ - darin,
daß hier über eine empirisch-phänomenologische Beschreibung hinaus der Schritt zum Entwurf einer Theorie gemacht wurde. Damit war eine wesentliche theoretische Gegenkonzeption zur somatisch/medizinischen bzw. psychoanalytischen Erklärung formuliert: Schizophrenie als Kommunikationsstörung, nämlich als "die einzig mögliche Reaktion auf einen absurden und unhaltbaren zwischenmenschlichen Kontext" die der weiteren Entwicklung familientherapeutischer Ansätze sicher starken Auftrieb gab.
aus:
"Abenteuer Kommunikation
Bateson, Perls, Satir, Erickson und die Anfänge des Neurolinguistischen Programmierens"
Wolfgang Walker
Klett-Cotta,2000
ISBN 3-608-91976-7
Ausgewählte Richter und Richterinnen
Richter am bayerischen Oberlandesgericht - Dr. Werner Vitzthum
Vorsitzender Richter am Kammergericht Berlin - W. Becker
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Augsburg - Dr. Hans-Ulrich Graba
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Brandenburg - W. Schael
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf - H. Scholz
Richter am Oberlandesgericht Frankfurt/Main - J. Junckers
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Hamburg - P. Schutz
Richterin am Oberlandesgericht Hamburg - R. Rüter-Czekay
Richter am Oberlandesgericht Hamm - J. Rogner
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Naumburg - Dr. P. Friederici
Richter am Oberlandesgericht Nürnberg - K. Riegner
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Saarbrücken - Dr. F.J. Kockler
"Die belastete Mutter-Kind-Beziehung"
Diagnostik der belasteten Mutter-Kind-Beziehung, Wie wird die subjektive Wahrnehmung der Beziehung "gemessen", Therapie der belasteten Mutter-Kind-Beziehung, Wo ist der Vater bei der belasteten Mutter-Kind-Beziehung
Marguerite Dunitz-Scheer
in: "Kinderkrankenschwester", 1/2001; S. 3-7
Deskriptoren: Familie, Mutter-Kind,
"Kinderkrankenschwester"
Organ des Fachausschusses Kinderkrankenpflege der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin e.V.
Redaktion: Lutherstraße 53-55, 47805 Krefeld
Tel 02151-500081
e-mail: kinderkrankenschwester@t-online.de
ISSN 0723-2276
Passengers
Regie: Francine Zuckermann & Paula Fleck, Canada 2000, 15 min, 35 mm, engl. Originalfassung
Leidenschaftlich und poetisch durch Rückblenden erzählt, zeig Passengers die Verarbeitung einer Tochter-Vater-Beziehung. am Tag seines Begräbnisses erinnert sie sich seiner Liebe, seines Verständnisses und findet Klarheit bezüglich ihrer sexuellen Identität.
Passengers - Jeff Crawford, Canadian Filmmaker Distribution Centre, Suite 220, 37 Hanna Ave. , Toronto, ON, Canada, M6K1W8, fon: 4165880725, Fax: 4165887956, cfmdc@cfmdc.org
Lesbenfilmfestival mit Film zum Thema Tochter-Vater
Auf den ersten Blick kann es schon verwundern, wenn auf dem diesjährigen Berliner Lesbenfilmfestival ein "positiver" Film zum Thema Vater gezeigt wird. "Passengers" von Francine Zuckermann ist eine wehmütige und intensive Liebeserklärung einer Tochter an ihren Vater.
Wenn man dem Thema Homosexualität jedoch unkonventionell gegenüber steht und es nicht nur als sexuelle Anziehung zwischen gleichgeschlechtlichen Menschen versteht, sondern auch eine sexuelle Grenzziehung zum jeweils anderen Geschlecht, wird man sich nicht wundern über die Wichtigkeit des Themas Vater für Lesben.
Gezeigt wurde der Film am Freitag, den 12.10.01 um 16 Uhr im Arsenal im Filmhaus am Potsdamer Platz
Focus vom 8.10.01
mit einem dreiseitigen Aufsatz "Die Ohnmacht der Väter. Männer machen mobil - noch können Ex-Frauen ihnen nach der Trennung ihre Kinder ungestraft vorenthalten.
"Die schwarzweiße Welt der Borderline-Persönlichkeit"
zitiert nach Kreismann/Straus:
"Der Name verführt zur Annahme, bei diesem Syndrom handle es sich um eine harmlose psychische Erkrankung, gewissermaßen an der "Grenzlinie" zu den ernsteren Geisteskrankheiten wie Paranoia, Schizophrenie usw.. - Diese Annahme ist unrichtig.
Borderline bezeichnet eine schwere, destruktiv verlaufende Persönlichkeitsspaltung mit vielfältigen Erscheinungsbildern, die ein Arzt nur sehr unzureichend erkennt, dem betroffenen Patienten zumeist noch unzureichender erklären kann.
Wohl wurde erkannt, daß diese Krankheit, die sich nur schwer behandeln läßt, sehr bösartig ist. Oftmals als "Psychopathie", als Phänomen der "Paranoia" oder "Neurose" beschrieben, wurde jedoch beobachtet, daß diese Patienten viel kränker waren als die Neurotiker.
Erst 1980, nochmals verbessert 1987 wurde der American Psychiatric Association ein Kriterienkatalog erstellt, das sog. DSM III-R, anhand dessen sich die Borderline-Persönlichkeit heute ziemlich eindeutig diagnostizieren läßt.
Acht Kriterien wurden aufgestellt und ausführlich beschrieben, von denen fünf vorhanden sein müssen um eine eindeutige Diagnose zu treffen.
1. ist ein fehlendes Selbstwertgefühl ein primäres Charakteristikum der Borderline-Symptomatik (damit verwandt ist auch die narzistische Persönlichkeitsstörung): u.a. affektive Instabilität, mangelnde Impulskontrolle, intensive emotionale Beziehungen, die erhebliche Auswirkungen auf die Fähigkeit eines Betroffenen haben, interpersonale Kontakte aufzunehmen und aufrechtzuerhalten.
2. unerwartet auftretende Stimmungsschwankungen, unkontrollierte Zornausbrüche, unbeständige und unangemessen intensive zwischenmenschliche Beziehungen, häufiger Wechsel des sozialen Umfeldes.
3. das fehlen einer grundlegenden Selbstidentität: (längere Zeiten von Zufriedenheit und Harmonie sind dem Betroffenen fremd; er wird von einer chronischen Leere zerfressen.)
Wenn die Borderline-Persönlichkeit ein Stimmungstief im Griff hat, ist sie mitunter äußerst destruktiv gegen andere, sieht sich selbst dabei aber stets als ein Opfer.
Er empfindet und erzeugt Selbstmitleid, aber zeigt kein Mitleid für andere.
4. ist der Borderleiner emotional gesehen wie ein Kind, er kann menschliche Widersprüche und Ambivalenzen nicht wahrnehmen oder tolerieren. seine Welt ist wie die eines Kindes in Helden und Bösewichte eingeteilt (Wir, die Guten und die anderen, die bösen Feinde.)
5. muß die Borderline-Persönlichkeit ihr eindimensionales Denken drastisch umstrukturieren, wenn ein idealisierter Mensch zur Enttäuschung wird (was früher oder später immer geschieht). Aus dem Idol wird der gehaßte Feind.
Diese Art von Verhalten, die als "Spaltung" bezeichnet wird, ist der primäre Verteidigungsmechanismus, den die Borderline-Persönlichkeit anwendet
6. ist für die Borderline-Persönlichkeit charakteristisch, sich hin und her zu bewegen, wobei sie einen Gefühlszustand völlig vergißt, wenn sie sich in einem anderen befindet.
Hier hingegen besitzt der gesunde Mensch die Befähigung zur "Ambivalenz", er kann zwei sich widersprechende Gefühlszustände kausal zueinander bewerten und erfahren.
7. repräsentiert der Borderline-Kranke zwei parallel existierende Persönlichkeiten, kann von einer zur anderen und wieder zurück wechseln. Dies geschieht unvermutet, von einem Moment zum anderen. In einer Stunde vom Zorn erfüllt, in der nächsten von Ruhe, hat der Kranke meistens keine Ahnung, warum er zu solchem Zorn getrieben wurde.
8. kann die Unfähigkeit die Ursachen dafür zu erkennen zu immer größeren (Selbst)Haß führen. Diesen Haß projiziert der Kranke auf andere. Vergleichbar mit der paranoiden Projektion: i.S.v. Verfolgungs - und Beschuldigungswahn: was der andere tut oder nicht tut wird als gegen einen selbst interpretiert.
Zu den vielfältigen Symptomen, die auf eine Borderline-Erkrankung hinweisen, zählt neben narzistischem Verhalten auch die Magersucht, die Bulimie, und andere potentiell selbstschädigende Verhaltensweisen wie Drogen -, Alkoholmißbrauch, Ladendiebstahl, rücksichtsloses Fahren, übermäßiges Essen, wiederkehrende Selbstmorddrohung oder Suizidversuche, Selbstverstümmelung.
Die Borderline-Persönlichkeit wird durch die Eltern-Kind-Interaktion weitergegeben und nicht auf genetischem Weg. Die Faktoren, die zum Borderline Syndrom führen, erstrecken sich über Generationen. Patienten haben oft Mütter mit der selben Störung, deren Mütter wiederum unter demselben Syndrom gelitten haben.
Oft war die Borderline Kindheit ein wüstes Schlachtfeld, gekennzeichnet durch Trennung und Scheidung der Eltern, die Trümmer gleichgültiger, abweisender oder fehlender Eltern, durch emotionale Deprivation und chronische Ausbeutung.
Sachverständige für Entwicklungsfragen sind sich einig, daß Kinder, die mit familiärer Unruhe, Instabilität aufwachsen, ein viel größeres Risiko laufen, in der Jugend oder im Erwachsenenalter unter emotionalen oder psychischen Problemen zu leiden.
Zudem sind die Kinder unter derartigen Umständen in Gefahr Streß, Schuldgefühle oder ein niedriges Selbstwertgefühl zu entwickeln, alles Merkmale, die mit Borderline Persönlichkeitsstörungen in Verbindung stehen.
Diese instabilen Beziehungen werden in die Pubertät und das Erwachsenenalter übertragen, so daß Bindungen später meist ebenfalls nur von kurzer Dauer sind.
Es fällt dem Borderline-Kranken äußerst schwer, die optimale psychische Distanz zu anderen Menschen abzumessen. als Ausgleich wechselt das Verhalten von klammernder Abhängigkeit zu zorniger Manipulation, von Dankbarkeitsergüssen zu irrationalen Haß.
Die Borderline-Persönlichkeit sehnt sich nach Intimität und hat gleichzeitig schreckliche Angst vor ihr. Sie stößt jene ab, zu denen sie am meisten Verbindung sucht.
Die Borderline-Persönlichkeit ist im Kern bindungsunfähig, sie bemüht sich an einem Tag um einen Mann (Frau), um ihn am nächsten Tag abzuservieren. Längere Bindungen, - die meistens in Wochen oder Monaten gemessen werden statt in Jahren - sind meistens turbulent und von Zorn, Verwunderung und Erregung erfüllt.
Zwischen ihren Stimmungsschwankungen führen diese Menschen ein relativ normales, unauffälliges Leben.
Für den Borderline-Kranken ist jedoch ein großer Teil des Lebens eine unbarmherzige, emotionale Achterbahnfahrt ohne offensichtliches Ziel.
Für jene, die mit der Borderline-Persönlichkeit zusammenleben, einen von der Störung betroffenen Menschen lieben oder ihn als Arzt behandeln, kann diese Reise genauso hoffnungslos und frustrierend sein."
Ende des Zitats
Schuld
Verschuldensprinzip - Zerrüttungsprinzip
Bis 1977 galt im Scheidungsrecht das "Verschuldensprinzip". Das Verschuldensprinzip setzte sich zum Ziel herauszufinden, welche "Schuld" der eine oder der andere am Scheitern der Ehe hat. Je nach Maß der Schuld des einzelnen, welches der Richter meinte herausgefunden zu haben, wurde die Folgen der Scheidung ausgesprochen.
Das "Verschuldensprinzip" wurde in der Folge durch das Zerrüttungsprinzip abgelöst. Das bedeutete, eine Ehe kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist, eine Prüfung, wer welche Schuld hätte, war fortan nicht mehr Aufgabe des Richters.
Im heutigen Recht gibt es nur noch im Strafrecht ein "Verschuldensprinzip". Der Strafrichter hat herauszufinden, ob der Angeklagte "schuldig" ist oder nicht. Wird er schuldig gesprochen, wird er oder sie bestraft.
Obwohl das "Verschuldensprinzip" offiziell abgeschafft wurde, entspricht es einem mächtigen Bedürfnis der sich im Konflikt befindlichen Partner (Mann und Frau) einen Schuldigen für die Trennung zu finden. Der Schuldige ist natürlich immer der jeweils andere. Das Phänomen eine/n Schuldigen zu finden, kann nicht überraschen, wenn man weiß welches hohe Maß an Kränkungen sich beide Partner über einen längeren Zeitraum gegenseitig zugefügt haben, ehe der Konflikt offen ausbricht und eine Trennung ansteht (siehe dazu: "Kränkungen - verletzte Gefühle", Bärbel Wardetzki in: "Gestaltkritik, www.gestaltkritik.de). Hinter dem Bedürfnis eine/n Schuldige/n zu finden, steckt das Bedürfnis diese/n zu bestrafen, für die vielen (narzisstischen) Kränkungen die einem der andere real oder vermeintlich zugefügt hat..
Aus der Sicht der systemischen Familientherapie gibt es keinen Schuldigen. Auch in der Mediation ist es Prinzip, sich nicht die völlig sinnlose Aufgabe zu machen, einen Schuldigen herauszufinden. Dass es aber bei vielen professionell Tätigen wie SozialpädagogInnen, Familienrichter/innen, Verfahrenspfleger/innen und sogar bei Mitarbeiter/innen von Familienberatungsstellen ein ausgeprägtes Bedürfnis zu geben scheint, einen Schuldigen / eine Schuldige zu suchen und festzustellen, verwundert auf den ersten Blick schon.
Bei genaueren Hinsehen wird man aber feststellen können, dass Professionelle sich häufig mit einer der streitenden Parteien identifizieren und deren Sichtweise übernehmen. Dies passiert um so eher, wie Professionelle sich über ihre eigenen ihnen unbewußten Gefühle im Unklaren sind und aus eigenen persönlichen Verstrickungen heraus agieren. Um dieses Risiko weitestgehend zu minimieren, müssten professionell Tätige überhaupt erst einmal ein Problembewusstsein haben, statt wie man es nicht selten antrifft Arroganz, Überheblichkeit, Selbstüberschätzung und Selbstherrlichkeit. Zum anderen müssten sie ein Mindestmaß an therapeutische Selbsterfahrung genossen haben(dies geschieht zum Beispiel in jeder anspruchsvollen therapeutischen Ausbildung) und berufsbegleitend eine Form der fachlichen Reflexion und Selbstreflexion finden, die auch die Gefühlsebene mit einschließt.
Philipp, 9.10.01
Psychische Erkrankung
In der professionellen und psychiatrischen Praxis ist es üblich, wenn auch nicht immer hilfreich, Begriffe für bestimmte "psychische Erkrankungen" zu verwenden, so z.B. Depression, Schizophrenie, Borderline-Syndrom, Psychose, manisch-depressiv u.ä..
Die Neurosen werden nicht zu den "psychischen Erkrankungen" gerechnet. Neurotisch ist jeder Mensch mehr oder weniger, Psychoanalytiker, Familienrichter und Jugendamtsmitarbeiter/innen und Gutachter/innen eingeschlossen.
Die Verwendung von Begriffen geschieht aus dem Bedürfnis der Professionellen nach (schneller) Orientierung (Diagnostik) und im besten Fall mit dem Ziel der richtigen Intervention. Die Verwendung von Begriffen ist auf Grund ihres zuschreibenden Charakters nicht ganz unkritisch, andererseits scheint man zur Zeit wohl ohne sie nicht auszukommen.
Psychische " Erkrankungen" können zum einen "Ursache" von Partnerschafts-, Trennungs-, Umgangs- und Sorgerechtskonflikten sein. Zum anderen wirken die genannten Konflikte auf die psychische Stabilität, bzw. Instabilität der beteiligten Personen, bzw. den Familienmitgliedern und können bei entsprechender Intensität bzw. geringer Belastbarkeit der Beteiligten "Ursache" psychischer Erkrankungen sein. Im systemischen Denken gibt es keine "Ursachen". Trotzdem gibt es natürlich Entstehungsgeschichten psychischer Erkrankungen.
Langanhaltende Umgangsvereitelungen, bei denen kein realer und wichtiger Hintergrund für die Unterbindung des Umganges zu finden ist weisen nicht selten auf eine psychische Erkrankung des umgangsvereitelnden Elternteils hin. Bei den beteiligten Professionellen scheint dabei nicht selten die Neigung zu bestehen, sich in das Ausgrenzungsverhalten des vereitelnden Elternteils einbinden zu lassen. Vielleicht in der bewußten oder unbewußten Absicht, diesen Elternteil durch die Belassung des vollen Zugriffs auf das Kind psychisch stabilisieren zu wollen. Dahinter steckt bestenfalls die Absicht damit "den Kindern etwas gutes tun wollen".
Da die Langzeitwirkungen der Betreuung von Kindern durch psychisch kranke Mütter oder Väter erst nach Jahren oder gar nach Jahrzehnten deutlich werden (so sind Sexualstraftäter häufig bei psychisch instabilen übergriffigen Müttern groß geworden - und es wäre interessant, einmal die "Entwicklungskarrieren" zurückzuverfolgen, woran aber bei Forschung und Politik kein Interesse zu bestehen scheint, statt dessen wird populistisch und vulgärfeministisch nach mehr und härteren Strafen gerufen oder Männer im Block denunziert), kann es sein, dass aktuell kein Handlungsbedarf von Seiten der Professionellen gesehen wird.
Zitat einer Jugendamtsmitarbeiterin zum Hinweis eines Vaters auf eine mögliche psychische Erkrankung einer Muter: "Was meinen sie, was wäre, wenn wir jeder psychisch kranken Mutter das Kind wegnehmen würden?" Womit sie nicht ganz unrecht hat, nur darf das nicht dazuführen, dass psychisch kranke Mütter ungehindert durch staatliche Kindeswohlwächter/innen den Vater ausgrenzen dürfen und dem Kind somit die Möglichkeit nehmen, außerhalb der belasteten Mutter-Kind-Beziehung stabilisierende und zur Identitätsentwicklung beitragende Beziehungen zu haben.
Philipp, 8.10.01
"Eingriffe in die elterliche Sorge wegen psychischer Erkrankungen der Sorgeberechtigten"
Ines Uphoff
in: "Recht & Psychiatrie", 1/2001, S. 11-13
"Recht und Psychiatrie" (R & P)
Redaktion: Marinna Broll, Arneckestr. 31, 44139 Dortmund,
Tel 0231-128805
e-mail: marina.broll@freenet.de
Literatur:
Kreismann/Straus: "Ich hasse dich - verlaß mich nicht, Die schwarzweiße Welt der Borderlinepersönlichkeit", Kösel, München 1992
Gruen, A. : "Der Verrat am Selbst", dtv 1993
Wardetzki, B. : "Weiblicher Narzißmus", Kösel, München 1994
Strauss, K. : "Neue Konzepte zum Borderline-Syndrom, Stationäre Behandlung nach den Methoden der Transaktionsanalyse", Junferman, Paderborn 1994
Rohde-Dachser, Ch. : "Das Borderline-Syndrom", Verlag Hans Huber, Bern 1995
Demo gegen graue Herren (und Damen)
»Du immer mit deinen Wissenschaftlern!« rief Franco. »Denen kann man schon gleich nicht trauen! Nimm mal an, wir finden einen, der Bescheid weiß - woher willst du wissen, daß er nicht mit den Zeit-Dieben zusammenarbeitet? Dann sitzen wir schön in der Tinte!«
Das war ein berechtigter Einwand.
Jetzt erhob sich ein sichtlich wohlerzogenes Mädchen und sagte: »Ich finde, das beste wäre, wir melden das Ganze der Polizei.«
»Soweit kommt‘s noch!< protestierte Franco. »Die Polizei, was die schon machen kann! Das sind doch keine gewöhnlichen Räuber! Entweder weiß die Polizei schon längst Bescheid, dann ist sie offenbar machtlos. Oder sie hat noch nichts von dem ganzen Saustall gemerkt - dann ist es sowieso hoffnungslos. Das ist meine Meinung.« Eine Stille der Ratlosigkeit folgte.
»Aber irgendwas müssen wir doch tun<, meinte Paolo
schließlich. »Und zwar möglichst schnell, ehe die Zeit-Diebe etwas von unserer Verschwörung merken.«
Nun erhob sich Gigi Fremdenführer.
»Liebe Freunde«, begann er, »ich habe mir die ganze Angelegenheit gründlich überlegt. Ich habe Hunderte von Plänen entwickelt und wieder verworfen, bis ich schließlich einen gefunden habe, der mit Sicherheit zum Ziel führen wird. Wenn ihr alle mitmacht! Ich wollte nur zuerst hören, ob einer von euch vielleicht einen besseren Plan hat. Also, ich will euch nun sagen, was wir tun werden.«
Er machte eine Pause und blickte langsam im ganzen Rund umher. Mehr als fünfzig Kindergesichter waren ihm zugewandt. So viele Zuhörer hatte er schon lange nicht mehr gehabt.
»Die Macht dieser grauen Herren«, fuhr er fort, »liegt darin, wie ihr nun wißt, daß sie unerkannt und im geheimen arbeiten können. Also ist das einfachste und wirkungsvollste Mittel, um sie unschädlich zu machen, daß alle Leute die Wahrheit über sie erfahren. Und wie werden wir das machen? Wir werden eine große Kinder-Demonstration veranstalten! Wir werden Plakate und Transparente malen und damit durch alle Straßen ziehen. Wir werden die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf uns lenken. Und wir werden die ganze Stadt hierher zu uns ins alte Amphitheater einladen, um sie aufzuklären.
Es wird eine ungeheure Aufregung unter den Leuten geben!
Tausende und Abertausende werden herbeiströmen! Und wenn sich hier eine unübersehbare Menschenmenge versammelt hat, dann werden wir das schreckliche Geheimnis aufdecken! Und dann - dann wird sich die Welt mit einem Schlag ändern! Man wird niemand mehr die Zeit stehlen können. Jeder wird so viel davon haben, wie er nur haben will, denn von nun an ist ja wieder genug da. Und das, meine Freunde, können wir, wir alle gemeinsam schaffen, wenn wir nur wollen. Wollen wir?«
aus: "Momo" von Michael Ende
Der zuständige 12. Familiensenat des Bundesgerichtshofs machte in jüngster Zeit durch zwei rückwärtsweisende Urteile auf sich aufmerksam
- Gemeinsames Sorgerecht verheirateter Eltern (XII. ZS, Beschluß v. 29.9.1999 - XII ZB 3/99)
- Bestätigung der Diskriminierung nichtverheirateter Väter und ihrer Kinder beim Sorgerecht XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes, 4.April 2001).
Nach den Worten des XII. Zivilsenats ist die stärkere Stellung der Frau gerechtfertigt, "zumal die Mutter naturgegeben mit der Geburt die Hauptverantwortung für das Wohl des Kindes trägt". Was das mit einem achtjährigen Sohn zu tun hat, der mit Sicherheit nicht mehr die Brust der Mutter braucht, ja wo man sogar von Missbrauch sprechen muss, wenn ihm die Mutter diese noch geben würde, diese Antwort bleibt der BGH schuldig. Aber vielleicht sind die Herren und Damen, die dort "Recht sprechen" psychologisch gesehen noch immer an der Brust ihrer eigenen Mutter hängen geblieben. Wer sollte nicht Verständnis für ihre Urteilsfindung haben.
So ganz nebenbei stellen sich die Mitglieder des 12. Zivilsenates gegen eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (FamRZ 1996, 343-44) in der dieser eine Zuweisung der Erziehung und Pflege der Kinder in erster Linie an die Mütter als nicht vereinbar mit Art. 3 II GG erklärt.
Doch trotz BGH wird es nicht 100 Jahre dauern wie beim Fall der Mauer des Genossen Honecker, dass die Diskriminierung nichtverheirateter Väter und ihrer Kinder auch den Weg der Mauer geht - in den Abfalleimer der Geschichte.
Wie dichtete doch der listige Augsburger:
Sprach der Knabe: "Daß das weiche Wasser
in Bewegung
Mit der Zeit den mächtigen Stein besiegt.
aus:
"Legende von der Entstehung
des Buches Taoteking
auf dem Wege des Laotse
in die Emigration"
Bertolt Brecht
Philipp, 6.10.01
Neuer Höchststand bei den Ehescheidungen im Jahr 2000
Mitteilung für die Presse
6. September 2001
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Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, wurden im Jahr 2000 in Deutschland 194 410 Ehen rechtskräftig geschieden. Damit ist ein neuer Höchststand erreicht. Gegenüber dem Vorjahr stieg die Zahl der Ehescheidungen um 3 820 Fälle bzw. 2,0 % an. Auf 1 000 bestehende Ehen entfielen damit im Jahr 2000 zehn Ehescheidungen.
Auch die Zahl der von der Scheidung ihrer Eltern betroffenen minderjährigen Kinder hat zugenommen: Im Jahr 2000 waren es 148 190 minderjährige Kinder, 4 460 (+ 3,1 %) mehr als im Vorjahr. Uneinheitlich hat sich die Zahl der Ehescheidungen im Jahr 2000 in regionaler Hinsicht entwickelt: Während in elf Bundesländern die Scheidungsfälle im Vorjahresvergleich zunahmen, wiesen fünf Bundesländer Abnahmen auf. Rückläufig waren Ehescheidungen insbesondere in Bremen (- 4,8 %), Sachsen-Anhalt (- 4,2 %) und Berlin (- 3,8 %). Unter den Bundesländern mit steigenden Scheidungszahlen wiesen Mecklenburg-Vorpommern (+ 14,3 %), Brandenburg (+ 8,1 %) und Bayern (+ 7,1 %) deutliche Anstiege auf.
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Weitere Auskünfte erteilt: Dieter Emmerling,
Telefon: (0611) 75-2861,
E-Mail: dieter.emmerling@destatis.de
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Herausgeber: © Statistisches Bundesamt, Pressestelle, Gustav-Stresemann-Ring 11, 65189 Wiesbaden
Verbreitung mit Quellenangabe erwünscht. Telefon: (06 11) 75 - 34 44,
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- Internet: http://www.statistik-bund.de
Sie erreichen uns montags bis donnerstags von 8 bis 17 Uhr und freitags von 8 bis 15 Uhr.
Quelle: http://www.destatis.de/presse/deutsch/pm2001/p3090023.html
Vaterschaft heute. Klischees und soziale Wirklichkeit
Michael Matzner (1998)
Frankfurt (campus). DM 38,80
"Die Debatten in Wissenschaft und Öffentlichkeit um die Kompetenzen und die Verantwortlichkeiten von Vätern sind häufig von Vorurteilen geprägt. Unter Auswertung einer Vielzahl empirischer Daten setzt sich der Autor mit der Lebenslage von verheirateten, geschiedenen und alleinerziehenden Vätern auseinander. Gängige Behauptungen und Thesen über die elterliche Arbeitsteilung, die Situation und das Verhalten von Vätern werden auf ihre Richtigkeit hin überprüft" (Klappentext)
Herr (Frau) Richter - was spricht er (sie)?
"Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen", so heißt es in Artikel 97 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. So weit, so gut. In der Praxis wird diese schöne Erklärung nicht selten zur Absichtserklärung degradiert. So z.B. wenn ein Vater das Umgangsrecht einklagt und nach 6 Jahren noch immer keine Entscheidung in erster Instanz hat und der Eindruck aufkommt, als ob im zuständigen Gericht Schnecken auf den Richterstühlen sitzen.
Nicht selten entsteht auch der Eindruck, dass bestimmte Familienrichter/innen bei Fällen von Umgangsvereitelung vor der boykottierenden Mutter sitzen wie das berühmte Kaninchen vor der Schlange und man gar nicht mehr weiß, wer denn eigentlich der Richter / die Richterin ist, die Mutter oder der Herr / die Dame in der schwarzen Robe. Man kann sich das eigentlich nur so erklären, dass solche Richter/innen sich bezüglich der boykottierenden Mutter in der Rolle eines Kleinkindes fühlen und sie die Mutter mit ihrer eigenen Mutter, vor der sie eine frühkindlich geprägte Angst haben, verwechseln (projizieren). So kommt es zu dem Paradox, dass der /die Richter/in die Kraft ihres Amtes die Macht zur Entscheidung haben, die Macht an die boykottierende Mutter abgeben, die wiederum ein gutes Gespür für psychologisch begründete Machtverhältnisse hat.
Die richterliche Unabhängigkeit, die im Kern natürlich notwendig und begrüßenswert ist, birgt die Gefahr, dass psychisch instabile Richter/innen zum einen in Selbstherrlichkeit verbunden mit völliger unkritischer und unreflektierter Haltungen gegenüber ihrer eigenen Arbeitsweise verfallen und zum anderen Entscheidungen treffen (oder eben nicht treffen) die gar nicht vom vorliegenden Sachverhalt geprägt sind, sondern von ihren eigenen ungeklärten Beziehungsdynamik zu den beteiligten Parteien.
Helfen kann da Supervision für die Richter/innen auf der einen Seite und Öffentlichkeitsarbeit, so wie sie z.B. von vaeternotruf.de und anderen Väterinitiativen betrieben wird und eine gute Betroffenenlobby vor Ort auf der anderen. An beiden mangelt es leider häufig, da Richter/innen in ihrer Machtvollkommenheit sich nicht mit ihren eigenen Schwächen beschäftigen wollen und die betroffenen Väter sich häufig in Selbstmitleid üben, statt sich den Dingen zu widmen, die zu benennen und zu verändern sind.
Philipp, 2.10.01
"Grundgedanken zu einer eigenständigen Vertretung von Kindern und Jugendlichen im familiengerichtlichen Verfahren"
Christine Hohmann-Dennhardt, Richterin am Bundesverfassungsgericht Karlsruhe
in: "Zentralblatt für Jugendrecht", 3/2001, S. 77-83
"... Dabei meine ich nicht den Vorsitzenden Richter eines Oberlandesgerichtes (Weychardt - Anm. vaeternotruf.de), der sich veröffentlicht fragt, was er in den letzten 20 Jahren wohl alles übersehen haben mag und was nun ein Anwalt aufgrund welcher Erkenntnisse auch immer als Verfahrenspfleger beschaffen solle, scheint er sich doch mit dieser Frage eher in die Kategorie derjenigen einzureihen, die über den Brillenrand ihrer Profession nicht hinwegblicken wollen. Defizite solcher Art sind schon früher vom Bundesverfassungsgericht mit seiner Kritik an der Ausbildung von Familienrichtern aufgegriffen worden. ..."
Familienrichter - Qualifizierung überflüssig?
"Für Richterinnen und Richter der Familiengerichte sieht das Gesetz, trotz eindringlicher Forderungen auch des Bundesverfassungsgerichts, keinerlei (Sonder-)Qualifikation bzw. begleitende berufliche Fortbildung vor. Und selbst für die neu geschaffene Rechtsfigur des Verfahrenspflegers .. bleibt es leider bei der unzureichenden (bloßen) Institutionalisierung, ohne dass der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung getragen hat, dass innerhalb des kindschaftsrechtlichen Systems mangelhaft qualifizierte Personen in der Regel mehr Schaden anrichten, als sie Positives zu leisten vermögen."
Stefan Heilmann
in: "Hilfe oder Eingriff. Verfassungsrechtliche Überlegungen zum Verhältnis von staatlichen Wächteramt und Jugendhilfe", Zentralblatt für Jugendrecht", 2/2000, S. 41-50
"Beziehung und Erziehung in der frühen Kindheit"
Jahrestagung der Deutschen Liga für das Kind
2.-3.11.01 in Berlin
Infos unter: post@liga-kind.de
Fachtagung
"Die Verantwortung der Jugendhilfe zur Sicherung des Kindeswohls"
29.-30.11.01 in Berlin
Verein für Kommunalwissenschaften
Programme, Infos unter agfj@vfk.de
Mütterlichkeit und Väterlichkeit in West und Ost
Dokumentation einer Tagung in Zusammenarbeit mit Katrin Rohnstock
Heinrich-Böll-Stiftung 1999
114 Seiten
Deskriptoren: Familie Väter Mütter