Väternotruf
Juli 2005
Festsetzung von Zwangshaft gegen umgangsvereitelnde Mutter
Amtsgericht Bremen, Beschluss vom 02.07.2004 – 61 F 1760/02
“Kind-Prax“, 04/2005, S. 150-151
Das Urteil wurde vom Oberlandesgericht bestätigt
Mitgeteilt an "Kind-Prax" von Sabine Heinke, Richterin am Amtsgericht Bremen
Juli-Ausgabe des Vätermagazins „paps“
Vaterschaftstests sind das Schwerpunktthema der Juli-Ausgabe 2005 des Vätermagazins „paps“. Männer und Frauen berichten, warum sie den Test machen ließen und welche Folgen er hatte. Aus der Sicht der Kinder votiert die ehemalige EMMA-Redaktuerin Astrid von Friesen für den Test. Mehr Infos finden Sie auf www.paps.de
Probeexemplare und Abonnement unter Tel. 0180/5007724
Testen oder nicht?
Vaterschaftstests – wie Männer, Frauen und Kinder sie sehen Kinder brauchen ein klares Wissen um ihre Herkunft. „Zum Wissen um die Identität gehört nicht nur das männliche Sperma, sondern die Verbindung zu einer Sippe, einer Herkunftsfamilie, einer Traditionslinie.“ So argumentiert Astrid von Friesen, Diplom-Pädagogin und Erziehungsberaterin in der neuen Ausgabe der Zeitschrift „paps – Die Welt der Väter“. Wird ihnen dieses Wissen vorenthalten, lastet das Gebilde aus Lügen und unehrlichen Antworten als Familiengeheimnis auf den Kindern – mit allseits bekannten schädlichen Folgen. Deshalb plädiert sie dafür, dass Männer ihre Vaterschaft ohne viel Geld und gerichtliche Komplikationen feststellen lassen können müssen.
Außerdem im Heft:
- Babys erstes Date – PEKiP für Väter
- Schritt für Schritt – Wandern mit Kindern
- Warum hast du dich denn nicht gewehrt? – Sexueller Missbrauch an Jungen
- Interview mit Jean Pütz über späte Vaterschaft
Mit freundlichem Gruß
Ralf Ruhl
Redaktion "spielen und lernen"
Kaiser-Joseph-Str. 263
79098 Freiburg
Tel. 0761/70578535
Fax 0761/70578539
E-Mail: ralf.ruhl@familymedia.de
"Gemeinsame elterliche Sorge nach der Scheidung"
Dipl. Psych. Ilona Lorenzen-Linke und Dipl-Psych. Dr. Rainer Balloff, Berlin
in "FamRZ" 1993, Heft 9, S. 1032
Replik auf einen Aufsatz von Anita Heiliger in FamRZ 1992, 1006 ff
"Zur Problematik einer Konzeption nachehelicher gemeinsamer elterlicher Sorge als Regelfall im Kontext einer geplanten Reform des Kindschaftsrechts"
Anita Heiliger
in: "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", FamRZ, 1992, Heft 9, S. 1006-1011
"... Die Verabsolutierung und Idealisierung der Vater-Kind-Beziehung als an sich wertvoll, positiv und dem Kindeswohl förderlich setzt sich völlig über die ausreichend bekannte Realität hinweg, daß die meisten Väter sich bereits während der Ehe äußerst unzureichend den Kindern zuwenden und für diese im Regelfall eher abwesende Väter sind. ..." (S. 1007
Kommentar Väternotruf
Der Aufsatz von Frau Heiliger wurde in einer Zeit publiziert, in der es als gerade zu schick galt, Männer zu kriminalisieren und zu diffamieren. Eine hysterische Missbrauchswelle überschwappte das Land, überall Männer die Kinder missbrauchen und gute Frauen wie Anita Heiliger, die dagegen ankämpfen. In dieser vergifteten gesellschaftlichen Atmosphäre musste es nicht wundern, wenn die FamRZ auch noch Frau Heiliger eine exklusive Gelegenheit gab, ihre Weltsicht vor einem großen Fachpublikum auszustreuen.
Das obige Zitat sagt wahrscheinlich mehr über die Weltsicht von Frau Heiliger aus, als über die von ihr vereinnahmte "Realität". Es war wohl einer der größten Missgriffe in der Geschichte der wichtigsten deutschen Familienrechtszeitschrift, diesen Aufsatz von Frau Heiliger überhaupt zu publizieren. Ähnliches kann man wohl nur noch von der Publizierung des Aufsatzes von Ludwig Salgo: Zur gemeinsamen elterlichen Sorge nach Scheidung als Regelfall - ein Zwischenruf, FamRZ 1996, 449, sagen.
Der notwendigen Reform des deutschen Kindschaftsrechtes dürfte jedenfalls durch diese beiden Publikationen von Anita Heilger und Ludwig Salgo keine Wohltat erwiesen worden sein. Im Gegenteil, man kann sicher davon ausgehen dass es deren Vorträge einen erheblichen Rückschritt hervorgerufen haben, in dessen Folge Zehntausende Väter und ihre Kinder eine erhebliche Belastung ihrer Beziehungen, bis hin zum Kontaktabbruch hinnehmen mussten.
So ganz nebenbei zeigt Frau Heiliger auch noch, dass ihr logisches Denken schwer zu fallen scheint und bestätigt damit wohl auch noch ungewollt bestehende Vorurteile über Frauen. Unter dem Hinweis darauf, dass es Fälle gibt, in denen Väter ihre Kinder sexuell missbrauchen (missbrauchende Mütter scheint es in der eingeschränkten Sicht von Frau Heiliger nicht zu geben), schließt Freu Heiliger messerscharf:
"Bevor in diesen wohl unstrittig grundlegenden Fragen dem Kindeswohl - der Wahrung der körperlichen und psychischen Integrität des Kindes - nicht in vollem Umfang Rechnung getragen wird, muß die Ausweitung von Väterrechten gegen den Wunsch von Müttern als äußerst problematisch gewertet werden." (S. 1010)
Frau Heiliger betreibt hier Sippenhaftung, ein totalitär geprägtes Verfahren, was im nationalsozialistischen Deutschland zu trauriger Blüte gelangte. Weil es Väter gibt, die ihre Kinder sexuell missbrauchen, so Heiliger, sollen auch die anderen Väter keine weiteren Rechte eingeräumt werden, die geeignet wären, eine tatsächliche rechtliche Gleichstellung mit den Müttern ihrer Kinder zu erreichen. Und die FamRZ druckte solche Aufrufe auch noch ab, man fragt sich welcher Nebel an dem Tag geherrscht haben muss, als sich die Redaktion zu solchem Unglück entschloss.
16.07.05
"Der Mythos von den neuen Vätern. Zur geplanten Ausweitung des Umgangsrechts für Väter nichtehelicher Kinder."
Anita Heiliger
in: "Sozialmagazin", 1989, Heft 1
Erstaunlich wozu manche, sich als Fachzeitschriften präsentierende Blätter wie das "Sozialmagazin" hergegeben haben.
"Soll die gesetzliche Amtspflegschaft abgeschafft werden?"
Dr. Gerhard Richter
in: "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", FamRZ, 1994, Heft 1, S. 5.-9
Kommentar Väternotruf:
Richter spricht sich in dem Aufsatz gegen das damalige Vorhaben der Bundesregierung aus, die im Westen Deutschlands bestehende Amtspflegschaft für Kinder nichtverheirateter Mütter, man könnte auch sagen staatliche Zwangsbefürsorgung für nichtverheiratete Mütter, abzuschaffen. Er begründet das unter anderem mit der angeblich niedrigen Vaterschaftsfeststellungsrate in der DDR begründet, die nur ca. 70 Prozent betragen haben soll. Ob die Zahlen so stimmen, sei mal dahin gestellt.
Angeblich würde jedenfalls der Wegfall der Amtspflegschaft das Recht des Kindes auf einen Vater untergraben und damit "die Zahl vaterloser Kinder in erheblichen Umfang vermehren".
Nun hat sich jedoch schon das Bundesverfassungsgericht zum Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung geäußert (BVerfG, FamRZ 1989, 255), was läge da also näher, als dass der Gesetzgeber dieses Recht des Kindes im Bürgerlichen Gesetzbuch fixiert und dieses Recht gegebenenfalls auch durch Sanktionsandrohungen gegenüber der Mutter entsprechende Beachtung verschafft. Von alledem bis heute (17.07.2005) nichts zu sehen. Die noch amtierende Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) übt sich lieber in Väterkriminalisierung, in dem sie zweifelnde Väter, die sich ohne Zustimmung der Mutter über einen Abstammungstest Gewissheit über ihre Vaterschaft verschaffen wollen, mit 1 Jahr Gefängnis bestrafen will (diese absurden Pläne sind mittlerweile jedoch vom vom Tisch, so viel Polizeistaatsgedanken einer SPD-Ministerin waren dann doch zuviel.
Es bleibt die Frage, was die Bundesregierung unternimmt, um allen Kindern das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung und damit auch auf Kenntnis über ihren leiblichen Vater zu ermöglichen und dies möglichst nicht erst, wenn sie volljährig sind und die Mutter dann möglicherweise schon demenz oder gestorben ist und damit die oft einzige Person entfällt, die dem Kind Aufklärung geben könnte.
Umgangsrecht für nichtverheirateten Vater und sein Kind
Als an anderen deutschen Amtsgerichten noch finsteres umgangsrechtliches Mittelalter und richterliche Willkür bezüglich des Umgangsrechts zwischen Vater und nichtehelichen Kind bestand, war man am Amtsgericht Leutkirch schon in der Neuzeit angekommen und räumte einem nichtverheirateten Vater ausdrücklich ein Umgangsrecht ein.
"... Die Verweigerung des persönlichen Umgangs durch die Mutter ist nicht nur unbegründet, sondern läuft auch dem Wohl des Kindes zuwider. ... Den Antragsteller als lediglich biologischen Erzeuger des Kindes auf seine Pflichten als Zahlvater zu reduzieren - wie es jahrzehntelang auch in der Rechtssprechung üblich war - entspricht nicht mehr den heutigen Anschauungen und im übrigen auch nicht dem richtig verstandenen Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. ..."
Amtsgericht Leutkirch, Vormundschaftsgericht, Beschluss vom 02.03.1993 - GR 1003/92, veröffentlicht in "FamRZ", 1994, Heft &, S. 401-402
"Die wichtigsten Änderungen im französischen Familienrecht durch das Gesetz vom 8. Januar 1993"
Françoise Furkei
in. "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", 1994, Heft 17, Seite 1084-1088
Kommentar Väternotruf:
In einer Zeit, 1993 als in Deutschland für nichtverheiratete Väter und ihre Kinder noch tiefstes Mittelalter herrschte, Vater und Kind hatten nach deutschen Recht noch nicht ein mal ein Umgangsrecht, wurde in Frankreich, den nichtverheirateten Vätern automatisch ein obligatorisches Sorgerecht zugewiesen, so bald beide Eltern das Kind anerkannt hatten, bevor es ein Jahr alt war oder - bei gesonderter späterer Anerkennung durch den Elternteil - zum Zeitpunkt dieser zweiten Anerkennung zusammengelebt haben. Die Reform wäre nach dem Willen der Nationalversammlung noch wesentlich weiter gegangen, wenn der französische Sénat sich nicht dagegen gestellt hätte, so dass vorerst nur das oben genannte Ergebnis herauskam. Die Abgabe einer gemeinsamen Sorgeerklärung durch beide Eltern war bereits seit 1987 möglich. in Deutschland erst 1998 eingeführt.
Rechtsanwälte - am Busen der Natur
"... Bei den abgeschlossenen Projekten war mit die Änderung der Anwaltsvergütung besonders wichtig. Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ist seit vergangenem Jahr in Kraft, damit haben wir die Gebühren das erste Mal seit 10 Jahren erhöht. ... Ich habe relativ viel Energie darauf verwandt, dieses Projekt erfolgreich zu Ende zu führen. Denn es ist in meinen Augen ist es ein berechtigtes Interesse dieses Berufsstandes, eine Gebühren- und damit auch eine Einkommenserhöhung zu bekommen und nicht schlechter als andere gestellt zu werden. ..."
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries in: ""justament.Die Referendarzeitschrift", Juni 2005, S. 9
Kommentar Väternotruf:
Schön für die Anwälte, dass es in der Bundesregierung jemanden gibt, der sich für deren Interessen einsetzt. Allerdings sollte die Justizministerin nicht so tun, als ob es überall Lohnzuwächse gegeben hätte, und nur die armen Anwälte davon ausgenommen gewesen wären. Das Gegenteil ist der Fall, überall gibt es in den letzten Jahren überwiegende Reallohnverluste, der Staat manövriert vor dem finanziellen Offenbarungseid, Millionen Arbeitsloser werden in das Arbeitslosengeld II gekürzt und zur selben Zeit kümmert sich Frau Zypries um die offenbar notleidende Anwaltschaft. Man sollte ihr dafür das Bundesverdienstkreuz verleihen. Aber möglichst schnell, denn keiner weiß, ob Frau Zypries im November noch im Amt ist.
10.07.05
Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2004 Teil I Nr. 21, ausgegeben zu Bonn am 12. Mai 2004
S. 788 ff
"Kindesentführung: Ins Ausland verboten - im Inland erlaubt?"
Werner Gutdeutsch, Richter am OLG München und Rechtsanwalt Jürgen Rieck, München
in: "FamRZ" H 23 / 1998, S. 1488-1491
Melderechtsrahmengesetz (MRRG)
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2002 Teil I Nr. 26, ausgegeben zu Bonne am 26. April 2002
S. 1343 ff
§ 12 Mehrere Wohnungen
(1) ...
(2) ... Hauptwohnung eines minderjährigen Einwohners ist die Wohnung der Personensorgeberechtigten; leben diese getrennt, ist Hauptwohnung die Wohnung des Personberechtigten, die von dem Minderjährigen vorwiegend benutzt wird. ...
Landesgesetze:
Gesetz über das Meldewesen in Berlin (Meldegesetz)
Vom 26. Februar 1985 (GVBl. 1985, S. 507), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.07.2001 (GVBl. S. 260)
§11 Allgemeine Meldepflicht
(1) Wer eine Wohnung bezieht, hat sich bei der Meldebehörde innerhalb einer Woche anzumelden. ...
(2) Wer aus einer Wohnung auszieht, hat sich bei der Meldebehörde innerhalb einer Woche unter Angabe seiner neuen Wohnung oder, wenn er noch keine neue Wohnung besitzt, unter Angabe seines Verbleibs abzumelden. ...
(3) Die Pflicht zur an- und Abmeldung obliegt demjenigen, der eine Wohnung bezieht oder aus einer Wohnung auszieht. Für Personen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr obliegt diese Pflicht demjenigen, dessen Wohnung die Personen beziehen oder aus dessen Wohnung sie ausziehen. ...
Kommentar Väternotruf:
Die deutschen Meldegesetze laden gerade zu ein zur Realisierung inländischer Kindesentführungen. Jeder Elternteil, der Mitinhaber der Gemeinsamen Sorge ist, kann jederzeit ohne Zustimmung des anderen Elternteils das Kind ummelden.
Mit der gesetzlichen Regelung des § 1687 BGB, der vorsieht, dass bei Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung Einvernehmen der Eltern vonnöten ist, ist dies nicht zu vereinbaren. Aber wen interessiert es.
Im zuständigen Bundesjustizministerium vermutlich keinen, denn sonst wäre im Bundesmelderechtsrahmengesetz, dieser illegalen Praxis schon längst ein Riegel vorgeschoben worden.
Zum Glück gibt es angesichts dieser Wildwestgesetzgebung noch einen Trick. Hat ein Elternteil ohne Zustimmung des anderen Elternteils das Kind umgemeldet, kann der andere Elternteil das Kind einfach wieder bei sich zurückmelden. Das kann man beliebig oft machen. Also im Jahr vielleicht 365 mal. Auf diese Weise werden die Beamten in den Meldeämtern wenigstens nicht arbeitslos. Das gilt aber nur so lange, bis man im Bundesjustizministerium endlich seine längst überfälligen Hausaufgaben macht und sich an der Schließung dieser gesetzlichen Lücke macht.
08.07.2005
08. Juli 2005
Antwort des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages
bezüglich des Offenen Briefes des Väteraufbruch für Kinder e.V. an die Bundesregierung vom 17.01.05 zum Fall "Görgülü"
Brief an den Deutschen Bundestag vom 17.01.05
Antwort des Petitionsausschusses vom 03.07.05:
"... Der Prüfauftrag des Bundesverfassungsgericht verpflichtet den Gesetzgeber, sich weiterhin mit dem Sorgerrecht nicht miteinander verheirateter Eltern zu befassen, Zudem nimmt das Bundesministerium der Justiz die Kritik sehr ernst, wonach die geltende gesetzliche Regelung dazu führen kann, dass der Mutter die Alleinsorge zugeordnet wird, obwohl im konkreten Einzelfall die gemeinsame Sorge oder die Alleinsorge des Vaters die für das Kind beste Lösung wäre. Es wird daher gegenwärtig geprüft, ob und ggf. was hier sinnvoll geändert werden könnte. ..."
http://www.vafk.de/themen/Tagebuch/50703_Petitionsausschuss.pdf
Kommentar Väternotruf:
Schön, dass man im Bundesjustizministerium jetzt schon so weit ist, dass dort geprüft wird. Nur weiß leider keiner so recht, wie lange so eine Prüfung dauert. In der DDR hat die Prüfung, ob der real existierende Sozialismus das passende Gesellschaftsmodell ist, bekanntlich 40 Jahre gedauert mit der Folge, dass es dann innerhalb weniger Monate verworfen wurde. Wollen wir hoffen, das die Verantwortlichen im Bundesjustizministerium schneller sind. Im übrigen hätten die Damen und Herren gar nicht auf den Prüfauftrag des Bundesverfassungsgerichts warten brauchen, denn im Grundgesetz findet sich schon längst ein solcher Gestaltungsauftrag:
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland
Artikel 1 Satz 1 Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Artikel 3 Satz 2: "Männer und Frauen sind gleichberechtigt."
Artikel 3 Satz 3: "Niemand darf wegen seines Geschlechts, ... benachtei-ligt oder bevorzugt werden."
Artikel 6 Satz 2: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuförderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“
Artikel 6 Satz 5: "Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
Deutsches Familienrecht: Oh, my God!
Die Welt der Diplomaten: Bundesjustizministerin Brigitte Zypries stellt sich im Ritz-Carlton den Fragen von Botschaftern
Von Silvia Meixner
Leichte Lunchthemen waren das nicht - interessant waren sie allemal: Polygamie, Kuckuckskinder, Frauenquote, Homo-Ehe - wie erklärt man das Diplomaten aus aller Welt? Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) stellte sich im Rahmen der allmonatlichen Veranstaltung "Lunch with..." des "Ambassadors Club" den Fragen von 20 Botschaftern von Afghanistan bis Usbekistan. Dabei gab es im "Ritz-Carlton" staunende, komische und verständnislose Momente. Und die Erkenntnis, daß deutsches Recht Menschen aus anderen Ländern nicht unbedingt auf den ersten Blick einleuchten muß.
Gesellschafts- und Lebensformen, religiöse Umstände prägen Menschen auf unterschiedlichste Weise. So sind beispielsweise "Patchworkfamilie", "Kuckuckskinder" oder "Homo-Ehe" Begriffe, an die man sich hierzulande in der gesellschaftlichen Diskussion längst gewöhnt hat, die in anderen Ländern hingegen gar nicht existieren oder Tabuthemen sind. Was viele Botschafter erstaunte: Deutsche Kinder, die ehelich geboren sind, bei denen jedoch der biologische Vater ein anderer als der Ehegatte ist, gelten rechtlich automatisch als Kinder des Ehemannes. "Oh my God!", entfuhr es Fatoumata Sire Diakite, Botschafterin Malis, "sehr verwirrend!" Auch viele andere Diplomaten schüttelten verwundert den Kopf. Und das in Deutschland, das weltweit für seinen Ordnungssinn berühmt ist!
Von den Bewohnern des afrikanischen Staates Mali beispielsweise (Analphabetenrate 61 Prozent), einem der ärmsten Länder der Welt, sind 80 Prozent dem Islam zugehörig, 18 Prozent glauben an Naturreligionen, rund zwei Prozent sind Christen. Kuckuckskinder gibt es dort nicht - die Menschen haben andere Sorgen.
Geduldig und zuweilen mit Humor beantwortete die Bundesinnenministerin die Fragen der Diplomaten. So wollte beispielsweise der marokkanische Botschafter Mohammed Rachad Bouhlal, wissen, wie die Stellung der Großeltern in Deutschland sei. In seinem Land, so der Diplomat, wäre der Zusammenhalt der Familie enger als in Deutschland, betagte Eltern werden oft bis zu ihrem Tod von den Verwandten gepflegt. Altersheime sind in seinem Land eine gänzlich unbekannte Einrichtung.
Brigitte Zypries erklärte: "Durch das Auseinanderfallen der Familienstrukturen ist das in Deutschland kaum zu realisieren, aber die Einrichtung des Pflegegeldes ermöglicht es Kindern, ihre Eltern zu pflegen und finanzielle Unterstützung vom Staat zu bekommen." Auch die Themen Zwangsheirat und Blutrache kamen zur Sprache. Die Bundesministerin sagte mit Nachdruck: "Wer in Deutschland lebt, lebt auch unter deutschem Recht."
http://morgenpost.berlin1.de/content/2005/07/09/berlin/765362.html
Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Fortsetzung von OLG Frankfurt 3.9.02 und AG Frankfurt 18.2.03 und OLG Frankfurt - Zwischenentscheidung (Herausnahme der Kinder) - 19.3.04
1 UF 94/03 vom 11.5.05
402 F 2373/01 - AG Frankfurt/Main
BESCHLUSS
in der Familiensache betreffend die elterliche Sorge für die Kinder G. und Sh. G., beide geboren am 30.9.1992
hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die befristeten Beschwerden der Eltern gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main, Abt. Höchst, vom 18.2.2003
am 11. Mai 2005 beschlossen:
Die befristete Beschwerde der Mutter wird zurückgewiesen.
Auf die befristete Beschwerde des Vaters wird der angefochtene Beschluss abgeändert. Dem Vater wird die elterliche Sorge für die Kinder G. und Sh. übertragen mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Dieses wird auf einen Pfleger übertragen.
Zum Pfleger wird bestimmt Diplom-Sozialarbeiter V, R.
Eine Aufenthaltsänderung der Kinder, die mit dem Verlassen des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland verbunden ist, bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Vaters.
Im Übrigen wird die befristete Beschwerde des Vaters zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Durch die angefochtene Entscheidung hat das Amtsgericht der Mutter das Personensorgerecht für die Zwillinge G. und Sh., Kinder aus der geschiedenen Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin, entzogen und auf das Jugendamt als Pfleger übertragen. Wegen des problematische Verhaltens der Mutter, zu dem gehörte, dass sie über Jahre Gerichtsentscheidungen nicht beachtete und dem Vater Kontakte zu seinen Kindern verwehrte, hatte das Jugendamt die Eignung für die elterliche Sorge bei der Mutter in Frage gestellt. Sowohl dem Jugendamt wie auch der Verfahrenpflegerin der Kinder verweigerte die Mutter den Kontakt zu diesen. Ein vom Amtsgericht in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten zur Klärung der Frage, ob das Wohl der Kinder bei einem Verbleib im mütterlichen Haushalt gefährdet wäre, konnte nicht erstattet werden, weil sich die Mutter bei der Sachverständigen auf keine Termine einließ. Auch die Verfahrenspflegerin hatte sich angesichts aller Umstände für einen Entzug der Personensorge ausgesprochen.
Gegen diese Entscheidung haben sowohl die Mutter als auch der Vater befristete Beschwerde eingelegt. Beide erstreben mit ihrem Rechtsmittel die uneingeschränkte Übertragung der elterlichen Sorge auf sich.
Im Beschwerdeverfahren hat sich die Mutter damit einverstanden erklärt, nunmehr an einer Begutachtung mitzuwirken, sofern der Sachverständige ein Psychiater sei. Der Senat beauftragte daraufhin einen Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -Psychotherapie mit der Begutachtung. Der Sachverständige Dr. W. führte außer Telefongesprächen mit der Mutter zwei Explorationstermine durch. Beide Termine fanden in der Wohnung der Mutter statt, weil diese sich weigerte, die Praxis des Sachverständigen aufzusuchen. Nach dem zweiten Zusammentreffen sagten die Kinder, sie wollten keine weiteren Termine mehr, und die Mutter veranlasste sie auch nicht, an der Begutachtung mitzuwirken. Auf Grund der bis dahin getroffenen Feststellungen erstattete der Sachverständige ein Gutachten vom 25.1.2004, in dem er im Hinblick auf die Mutter zu dem Ergebnis kam, diese wolle alle Dinge kontrollieren, habe ein Omnipotenzgefühl und glaube allein zu wissen, was gut für Ihre Kinder sei. Sie lasse ihre Kinder nicht aus den Augen, und das nicht nur im Rahmen des Verfahrens. Sie habe Angst vor Kontrollverlust, verhalte sich impulsiv, ihre Stimmung wechsele plötzlich, ihre Reaktionen seien manchmal nicht nachvollziehbar, und es sei mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass sie sich auch in Alltagsangelegenheiten so verhalte. Er zitierte aus einem Vorgutachten, dass die Gefahr nicht voraussagbarer Handlungen der Mutter bestehe. Für die Kinder machte er am Beispiel der Beziehung zum Vater deutlich, dass diese gegenüber der Mutter keine Gelegenheit zu eigener Meinungs- und Willensbildung hätten. Es sei wichtig, für die Kinder eine Situation zu schaffen, in der dies möglich wäre. Hierzu hielt es der Sachverständige für erforderlich, die Kinder aus der mütterlichen Wohnung herauszunehmen. Erst dann könne auch abgeklärt werden, welche weiteren psychischen Folgen eingetreten seien.
Der Amtsvormund des Jugendamtes der Stadt Frankfurt am Main hat in einem Bericht vom 15.3.2004 unter anderem darauf hingewiesen, die Mutter fahre ihre Kinder täglich zur Schule und hole sie wieder ab. Bei allen Außenkontakten sei sie anwesend. Dieses Verhalten sei weder altersangemessen noch in irgendeiner Weise sinnvoll. Die Mutter sei nach dortigen Beobachtungen nicht in der Lage, eine altersangemessene Individuation ihrer Kinder zuzulassen.Das von ihr vermittelte Weltbild sei grundsätzlich polarisiert in gut oder böse, nützlich oder schädlich, Freund oder Feind.Sie binde ihre Kinder in einer symbiotischen Beziehung, welche diese in ihrer Entwicklung bremse und behindere und langfristig psychische Schäden durch Dämonisierung der „feindlichen Außenwelt, respektive des Vaters" verursache. Bei Interaktionspartnern, mit denen sie nicht im Konflikt sei (die ihr nicht widersprechen, ihre Aktivitäten loben), erscheine sie als fürsorgliche und behütende Mutter, weil sie den Eindruck vermittele, dass ihr keine Mühe zu viel sei, ihre Kinder zu fördern. Würden allerdings ihre Aktivitäten in Frage gestellt, würden altersentsprechende Freiräume für ihre Kinder thematisiert oder gar ein Umgang mit dem Vater auch nur andeutungsweise angesprochen, reagiere die Mutter mit Verlassenheits-, Vernichtungs- und Trennungsängsten und hoch aggressiv. Alle Möglichkeiten, sie zu einer Zusammenarbeit zu bewegen, seien gescheitert. Sämtliche Kompromiss- und Schlichtungsversuche sowie erteilte Auflagen seien unterlaufen worden. Man gehe von einer Kindeswohlgefährdung im höchsten Maße aus.
Auf Antrag des Armsvormundes erging deshalb am 19.3.2004 ein Senatsbeschluss, dass die Kinder an diesen herauszugeben seien, und der Amtsvormund verbrachte die Kinder daraufhin in eine therapeutische Einrichtung. Durch Beschluss vom 8.4.2004 ordnete der Senat ihre stationäre Begutachtung an. Angesichts der Bedenken gegen die Erziehungsgeeignetheit der Mutter sollte der Aufenthalt auch dazu dienen, zu klären, ob sich losgelöst von der Mutter in Kontakten zwischen den Kindern und ihrem Vater - auch im Hinblick auf eine Änderung des Sorgerechts - eine Beziehung zu diesem anbahnen lässt.
Nach den Berichten aus der therapeutischen Einrichtung lebten sich beide Kinder dort überraschend gut ein. Dies galt sowohl für die Wohngruppe des Heimes als auch die neue schulische Umgebung. Sie gingen davon aus, der Aufenthalt dauere nicht allzu lange und erlebten ihn miteinander als Geschwister offenbar trotz der Schwierigkeiten der Situation zunächst auch wie ein Stück Abenteuer. Allerdings ist es auch der Einrichtung nicht gelungen, die Mutter wie eigentlich vorgesehen auf Distanz zu den Kindern zu halten. Die Mutter nahm sich nach kurzer Zeit im selben Ort ein Zimmer, traf sich mit den Kindern unabhängig von den vorgesehenen Umgangszeiten heimlich außerhalb der Einrichtung, versuchte immer wieder, in Telefonaten mit Mitarbeitern der Einrichtung Einfluss auf die dortige Arbeit zu nehmen und gab den Kindern Verhaltensanweisungen. Die Kontakte zum Vater, die nach anfänglich großer Ablehnung sehr viel lockerer geworden waren, wurden unter dem erkennbaren Einfluss der Mutter erneut schwieriger, und die Kinder verweigerten sich dann wieder weitgehend. Das Verhalten der Mutter führte auch hier dazu, dass der Gutachtensauftrag erschwert wurde. Die Dauer des Aufenthaltes der Kinder in der therapeutischen Einrichtung verlängerte sich dadurch.
Die Besuchskontakte mit dem Vater fanden zweimal auch in Anwesenheit der Berichterstatterin des Senats statt. Obwohl die Situationen für ihn sehr schwierig war, zeigte sich der Vater in seinem Verhalten einfühlsam auf die Kinder bezogen. In den vorausgegangenen Verhandlungsterminen, auch in dem vorausgegangenen Beschwerdeverfahren zum Umgangsrecht, war der Vater jeweils um eine gütliche Regelung und eine Verständigung mit der Mutter bemüht. Es war deutlich, dass es ihm nicht um eine streitige Auseinandersetzung mit der Mutter geht, sondern dass er aus Sorge um seine Kinder handelt. Sie liegen ihm offenbar am Herzen, und er ist überzeugt davon, dass eine Verbindung zu ihm als Vater für seine Kinder wichtig wäre.
Auf Drängen zweier Frankfurter Familienrechtslehrer beabsichtigte das Jugendamt Anfang Dezember 2004, die Kinder zur Mutter zurückzuführen. Es teilte dies der Heimleitung mit und forderte diese auf, den Senat hierüber nicht zu informieren. Der Senat, dem dies zur Kenntnis gebracht wurde, verfügte daraufhin durch einstweilige Anordnung vom 8.12.2004, dass der Aufenthalt der Kinder bis zur Vorlage des gerichtlich angeordneten Sachverständigengutachtens nicht verändert werden darf. Am 19.12. brachte die Mutter die Kinder nach einem vereinbarten Umgangskontakt nicht in das Heim zurück und tauchte mit ihnen unter. Um der Mutter einer Brücke zu bauen setzte der Senat durch Beschluss vom 22.12.2004 die Vollziehung seines Beschlusses vom 8.12.2004 bis zum 27.12.2004 aus, nachdem die Mutter über ihre Anwältin zugesichert hatte, sie werde die Kinder am 27.12. freiwillig wieder in das Heim zurück bringen, wenn sie zuvor mit ihnen die Weihnachtsfeiertage verbringen dürfe. Diese Zusage hielt die Mutter nicht ein und blieb mit den Kindern untergetaucht. Durch Beschluss vom 28.12.2004 bestimmte der Senat an Stelle des Jugendamtes der Stadt Frankfurt am Main einen anderen Pfleger für die Kinder mit dem Aufgabenkreis der Personensorge. Zusammen mit den Kindern ließ sich die Mutter in der Folgezeit von Fernsehsendern interviewen. Die Schule besuchten die Kinder erst wieder nach Vorlage des Gutachtens ab Februar 2005. Die Staatsanwaltschaft leitete gegen die Mutter unter Bejahung des öffentlichen Interesses ein Strafverfahren wegen Kindesentführung ein.
Die Sachverständige Dipl.-Psych. Wo. legte ein schriftliches Gutachten vom 28.1.2005 vor, auf dessen Inhalt im Einzelnen verwiesen wird, ebenso wie auf die mündlichen Erläuterungen hierzu im Termin vom 24.2.2005.
Die befristeten Beschwerden der Eltern sind gemäß §§ 621e, 517, 520 ZPO zulässig, insbesondere jeweils form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel der Mutter ist unbegründet, das des Vaters ist teilweise begründet. Gemäß § 1696 BGB i. V. m. den Grundsätzen der §§ 1671, 1666 BGB ist die elterliche Sorge mit der aus dem Tenor ersichtlichen Einschränkung dem Vater zu übertragen.
Unter Berücksichtigung der Abänderungsvoraussetzungen des § 1696 BGB kann die alleinige Sorgerechtsübertragung auf die Mutter nicht mehr aufrechterhalten bleiben. Hierfür liegen triftige, das Wohl der Kinder nachhaltig berührende Gründe vor.
Diese Gründe ergeben sich einmal aus dem geschilderten grenzenlosen Omnipotenzverhalten, durch das die Kinder im Verhältnis zur Mutter keine ausreichenden Chancen zu einer eigenständigen Entwicklung haben, und das sie den Kindern auch als Verhaltensmuster nach außen anbietet, was für die Kinder ebenfalls als sehr schädlich anzusehen ist. Wie sehr die Kinder dieses Verhaltensmuster bereits übernehmen, konnte der Senat im Termin am 24.2.2005 erleben. Nach der Eröffnung der Sitzung erläuterte der Vorsitzende den Ablauf und erklärte den Kindern, er werde zunächst ihre beiden Eltern bitten, nacheinander etwas dazu zu sagen, wie sie sich den Fortgang des Verfahrens vorstellen würden. Dabei könnten auch sie zuhören. Die folgende Verhandlung sei dann nicht mehr für sie bestimmt, und sie sollten sich anschließend in das Kinderzimmer begeben, wo sie später auch angehört würden. Als der Vorsitzende die Kinder nach den Erklärungen der Eltern aufforderte, nun in das Kinderzimmer zu gehen, weigerten sich beide nachhaltig. Auch wiederholte, sehr entschiedene Aufforderungen änderten daran nichts. Die Mutter saß daneben und sah keinerlei Anläse, auf ihre Kinder einzuwirken. Die Situation veränderte sich erst, als der Ergänzungspfleger einschritt. Bei der späteren Anhörung im Kinderzimmer war es für den Senat bedrückend, zu erleben, wie sehr die Kinder bereits die Spaltung der Mutter in Schwarz und Weiss übernommen haben und immer nur die eigene Wahrheit gelten lassen können.
Nur der Vater allein sei schuld an diesem Verfahren, sie wollten ihn nicht sehen. Er solle wegbleiben, denn er sei böse. Gründe aus eigener Erinnerung können sie hierfür nicht nennen, sie konnten dies im Gespräch aber auch nicht ansatzweise in Frage stellen. [Anm. 1] Die genannten Äußerungen sind in besonderer Weise dafür typisch, dass den Kindern die zugrunde liegende Einstellung von einer dritten Person - hier der Mutter - vermittelt und von ihr übernommen wurde (vgl. Harry Dettenborn und Eginhard Walter, Familienrechtspsychologie, München 2002, S, 83 ff., 91). Im übrigen erklärten sie ganz entschieden, dass sie bei ihrer Mutter bleiben wollten, denn die habe sie lieb, bei ihr gehe es ihnen gut, und den Vater wollten sie nicht sehen.
Bedenkt man, dass für die beiden jetzt zwölfjährigen Kinder als Reifungsschritt die Entwicklung zu selbstständigen Persönlichkeiten ansteht, so hält der Senat die Mutter insgesamt gesehen nicht für erziehungsgeeignet. Insoweit werden die von dem Sachverständigen Dr. W. festgestellten Defizite der Mutter von der Sachverständigen Wo. bestätigt. Daran ändert es nichts, dass die Mutter die Kinder in anderen wichtigen Bereichen in der Vergangenheit gut gefördert hat. Durch ihren ausgeprägten Zwang, alles kontrollieren zu müssen und die für sie außer Frage stehende Überzeugung, allein zu wissen, was für die Kinder richtig ist, verhinderte es Mutter, dass sich die Kinder im Verhältnis zu ihr als Hauptbezugsperson selbstständig entwickeln können.
Für den Senat hat im Übrigen großes Gewicht, dass es der Mutter in ihrem Konfliktverhalten in erheblichem Maß an Verantwortungsgefühl gegenüber ihren Kindern fehlt. In besonderer Welse anschaulich wird das an ihrer Aktion, die Kinder vor Weihnachten aus dem Heim zu entführen und ihnen zuzumuten, mehrere Wochen mit ihr unter Furcht vor Entdeckung unterzutauchen und nach Ferienende der Schule fernzubleiben. Nach einem Bericht des Heimes vom 15.12.2004 zeigten sich die Kinder am dortigen Ablauf der Weihnachtsfeiertage sehr interessiert und hatten es von sich aus übernommen, sich am Heiligen Abend in der Kapelle des Hauses an einem Krippenspiel zu beteiligen. Sie hatten nicht den Wunsch geäußert, über Weihnachten beurlaubt zu werden. Es ist daher auch nicht anzunehmen, dass die Idee zu der Entführung von den Kindern ausgegangen ist.
Die positive Seite der Förderung der Kinder durch die Mutter wiegt all dies nicht auf. Diese positive Seite besteht im übrigen bei Sh. sehr viel ausgeprägter als bei G.. Wie die Sachverständige Wo. aufzeigt, erfüllt die Schwester einen Auftrag ihrer Mutter, indem sie sich in allen Angelegenheiten um ihren Bruder kümmert und ihn kontrolliert. Dem entspreche, dass G. erwarte, dass Mutter und Schwester alles für Ihn regeln, und er oft kleinkindhaft und unbeholfen wirke. Dies sei auf seine Rolle als verwöhnter Junge in der Herkunftsfamilie zurückzuführen. G. ist mit seiner Mutter, seiner Schwester und zwei weiteren inzwischen erwachsenen Stiefschwestern, die jetzt nicht mehr im Haushalt der Mutter leben, aufgewachsen. [Anm. 2]
Für die Entwicklung seiner männlichen Identität, und seines Selbstbewusstseins werde diese Rolle hinderlich sein. Um sich zu einer eigenständigen Persönlichkeit entwickeln zu können, benötige er eine stabile erwachsene, möglichst männliche Bezugsperson. Der Senat teilt diese Einschätzung. Als männliche Bezugsperson für G., aber auch für Sh., bietet sich der Vater an. Dem steht derzeit im Wege, dass die Mutter, wie die Sachverständige Wo. detailliert aufzeigt, aus nicht nachvollziehbaren Gründen zu immer massiveren Mitteln greift, um eine Beziehung zwischen den Zwillingen und ihrem Vater zu verhindern. Offen oder subtil vermittle sie den Kindern immer wieder, ihr Vater sei kein "guter Mensch" und mache "nur böse Sachen mit Kindern". Mit einer solchen Verteufelung seines Vaters, von dem er ja abstammt, macht es die Mutter ihrem Sohn nach der Überzeugung des Senats schwer, eine männliche Identität zu entwickeln.
G. und Sh. haben Mutter und Vater. Der Senat hält den Vater für uneingeschränkt erziehungsgeeignet. Er hat eine differenzierte Sicht von der Problematik der Kinder. Er wäre gewiss auch in der Lage, sie in seinem Haushalt gut zu betreuen. Trotz jahrelanger Weigerung [Anm. 3] der Mutter, ihm Kontakte zu ermöglichen, hat er das Interesse an seinen Kindern nicht verloren. Wie bereits ausgeführt hat er sich in den früheren Verfahren gegenüber der Mutter kompromissbereit und um Einigung bemüht gezeigt. Es ging ihm erkennbar nicht darum, einen Konflikt mit der Mutter auszutragen, sondern nur darum, eine Verbindung zu seinen Kindern herzustellen. Unter den gegebenen Umständen liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, ihm nunmehr die elterliche Sorge für die beiden Kinder zu übertragen.
Allerdings ist dies nicht uneingeschränkt möglich. Einem Wechsel der Kinder in den Haushalt des Vaters in Kalifornien steht entgegen, dass die Kinder dies derzeit nachdrücklichst ablehnen. Zwar hat der Senat keinen Zweifel, dass dieser Wille der Kinder - insbesondere was die Person des Vaters geht - auf der Beeinflussung durch die Mutter beruht, dennoch wird er von den Kindern als ihr bestehender eigener Wille erlebt. Der Senat hat diesen Willen bei G. und Sh. als gegenwärtig äußerst entschieden wahrgenommen. Es wäre nach seiner Überzeugung mit dem Kindeswohl nicht vereinbar, diesen Willen bei zwei zwölfjährigen Kindern „zu brechen", indem man trotzdem eine solche äußere Veränderung herbeiführt (vgl. zu dieser Problematik Harry Dettenborn, Kindeswohl und Kindeswille, München und Basel 2001, Seite 114 ff.; Dettenborn/Walter, a. a. O., S. 83 f.). Wie Dettenborn/Walter deutlich machen, bedeutet die hier feststellbare Verinnerlichung der von der Mutter induzierten Inhalte, „dass Bewertungen, also auch Abwertungen, Ängste und Zielintentionen der beeinflussenden Person in die eigenen Einstellungen, Gefühle und Willensbestandteile des Kindes integriert worden sind. Sie sind in das individuelle Selbstkonzept übernommen worden. Ablehnungen und Ängste werden gefühlt, Ziele werden vertreten und angestrebt im Sinne eigener Intentionen." Sie gehören jedenfalls derzeit zur eigenen Identität der beiden Kinder. Bedenkt man, dass es seitens der Kinder bisher keine emotionale Beziehung zum Vater gibt, auf die sie aufbauen könnten, so würde ein unter diesen Umstanden gegen ihren Widerstand herbeigeführter - voraussichtlich nur gewaltsam möglicher - Wechsel aus einer vertrauten Umgebung zum Vater in die USA nach der Überzeugung des Senats schwerlich dazu führen, dass sie ihn dort als Vater akzeptieren könnten. Viel eher zu erwarten wäre, dass sich beide Geschwister miteinander im Widerstand gegen den Vater verbünden würden, dass sie die Mutter idealisierten und in dem Geschehen nur eine Bestätigung des von der Mutter gezeichneten Bildes vom bösen Vater sehen würden. Eine solche Entwicklung einzuleiten entspräche weder dem Wohl der Kinder noch den Interessen des Vaters.
Der Senat hält es deshalb für angezeigt, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf einen Ergänzungspfleger zu übertragen.
Auch wenn es wegen der Haltung der Kinder nicht realisierbar ist, dass sie beim Vater leben, ist es für deren Wohl wichtig, dass ihm künftig Elternverantwortung eingeräumt wird. Der insoweit entgegenstehende Wille der Kinder ist rechtlich unbeachtlich (vgl. BGH NJW 1985, 1702) [Anmerkung: Entscheidung vom 11.7.1984 - IVb ZB 73/83 - "Mit der Erziehung zum Haß gegen den anderen Elternteil oder auch nur zu seiner unberechtigten Ablehnung wird das dem Erziehungsberechtigten zustehende erzieherische Ermessen verlassen. Gleichwohl kann ihm das Gericht die elterliche Sorge übertragen, wenn dies unter Abwägung der im übrigen bei der Sorgerechtsregelung zu beachtenden Gesichtspunkte die immer noch "am wenigsten schädliche Alternative" ist."]. Der Senat hält es für geboten, die Übermacht der Mutter im Verhältnis zu den Kindern zu vermindern, indem dafür gesorgt wird, dass der Vater - für die Kinder sichtbar - Gewicht erhält und für sie spürbar Verantwortung übernehmen kann. Dabei ist er auf Kontakte zu dem vom Senat ausgewählten Ergänzungspfleger angewiesen.
Der Senat hat zunächst gezögert, den bisherigen Ergänzungspfleger weiterhin mit diesem Amt zu betrauen. Dies hat seinen Grund darin, dass er sich nach seiner Berufung im vergangenen Dezember trotz deren rechtswidrigen Verhaltens auf die Seite der Mutter gestellt hatte. [Anm. 4] Im Gespräch mit ihm hat sich der Senat jedoch davon überzeugt, dass auch er es für wichtig hält, Kontakte zwischen den Kindern und ihrem Vater anzubahnen, und dass er selbst zu regelmäßigen Gesprächen mit dem Vater bereit ist. Hinzu kommt, dass sich zwischen Herrn V. und den Kindern eine gute Beziehung aufgebaut hat. Es liegt im Interesse der Kinder, ihnen diese Beziehung zu erhalten und sie nicht mit immer neuen Ergänzungspflegern zu konfrontieren. Im übrigen vermag offenbar auch die Mutter Herrn V. in seiner Funktion zu akzeptieren, und es wäre zu hoffen, dass sich dies erhält, auch wenn es in Einzelfragen zu Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden kommt.
Herr V. wird, wie er deutlich gemacht hat, die Kinder derzeit bei der Mutter belassen. Sollte sich herausstellen, dass sich bei einem Verbleib bei der Mutter nichts an deren erdrückender Dominanz in der Beziehung zu ihren Kindern ändert, mit der sie in erster Linie eigene Kontrollbedürfnisse durchsetzt - bei aller Förderung, die sie ihnen sonst zukommen lässt -, insbesondere, wenn sie ihnen weiterhin ihren Vater verteufelt, ohne sehen zu können, was für die Kinder gut ist, so wird er prüfen müssen, ob es bei einem weiteren Aufenthalt der Kinder bei der Mutter bleiben kann, oder ob beispielsweise einer Internatslösung der Vorzug zu geben ist. Die Befugnisse des Ergänzungspflegers sind insoweit eingeschränkt, als es um die Veränderung des gewöhnlichen Aufenthalts der Kinder in ein Land außerhalb der Bundesrepublik Deutschland geht. Diese kann nur mit Zustimmung des Vaters erfolgen. Für Ferienaufenthalte im Bereich des Schengener Abkommens gilt dies nicht.
Über seine Kontakte zum Vater wird Herr V. den Kindern ein Bild von ihrem Vater vermitteln, und er macht es dadurch dem Vater auch möglich, verantwortliche Entscheidungen für die Kinder zu treffen, auch wenn er nicht mit ihnen zusammenlebt. Als Inhaber der elterlichen Sorge entscheidet der Vater künftig über die Kinder betreffende Angelegenheiten "von erheblicher Bedeutung" allein und ist grundsätzlich für ihre rechtliche Vertretung zuständig. In der Entscheidungsbefugnis des Vaters liegen danach beispielsweise die Schulwahl für die Kinder sowie gewichtige ärztliche Behandlungen und eine Psychotherapie. Der Vater kann von sich aus Kontakte zur Schule aufnehmen und sich dort informieren. Dies gilt auch für Kontakte zu behandelnden Ärzten der Kinder. Um seine Verantwortung wahrnehmen zu können, wird der Vater auf den Kontakt zu Herrn V. angewiesen sein. Von diesem wird erwartet, dass er dem Vater beratend zur Verfügung steht und den Kindern die Ergebnisse der Entscheidungen vermittelt. Welche Umgangskontakte des Vaters zu den Kindern aktuell möglich sind, muss der Vater jeweils mit Herrn V. klären. Hier gilt sicher, dass schnelle große Schritte nicht realistisch sind. Soweit sie sich auf Kontakte verständigen, muss Herr V. dafür sorgen, dass sie auch ermöglicht werden.
Solange der Ergänzungspfleger damit einverstanden ist, dass die Kinder bei der Mutter leben, ergeben sich deren Befugnisse aus § 1687a BGB. Danach entscheidet die Mutter in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung der Kinder (§ 1687 Abs. 2 Satz 4 BGB). Sie ist dann jedoch gesetzlich verpflichtet, alles zu unterlassen, was das Verhältnis der Kinder zum Vater beeinträchtigt (§ 1684 Abs. 2 BGB). Bei Gefahr im Verzug ist sie berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl der Kinder notwendig sind. Sie muss dann aber dafür sorgen, dass der Vater unverzüglich unterrichtet wird (§ 1629 Abs. 1 Satz 4 BGB).
Die Sorge für die Kinder erfordert es, dass der Vater und der Ergänzungspfleger regelmäßigen Kontakt halten. Bei diesen Kontakten werden gelegentliche Meinungsverschiedenheiten unausweichlich sein. Sie müssen ausgetragen werden. Der Ergänzungspfleger übernimmt insoweit ein schwieriges Amt, und seine Tätigkeit wird ihm nicht ohne Supervision möglich sein. Anlass, die Person des Pflegers in Frage zu stellen, können nicht sich im Alltag erfahrungsgemäß immer einmal ergebende Meinungsverschiedenheiten sein. Sollte Herr V. den mit dieser Entscheidung in ihn gesetzten Erwartungen allerdings in grundsätzlicher Weise nicht gerecht werden, müsste die Auswahl des Ergänzungspflegers überprüft werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 131 Abs. 3 KostO, 13a FGG.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BGH (§ 574 ZPO).
Dr. Eschweiler Michalik Diehl
Einladung zur Demo am 01.07.05 in Holzminden
Einladung des VAfK-Kreisvereins Holzminden:
Kundgebung „7 Jahre Kindschaftsrecht - Flop oder Top?"
Schirmherr der Kundgebung ist der Bürgermeister der Stadt Holzminden Dr. W. Bönig
Treffen um 16:00 Uhr auf dem Marktplatz in Holzminden.
Ab ca 16:15 Uhr bis ca 17:00 Uhr Marsch vom Marktplatz zum Amtsgericht Holzminden und zurück zum Marktplatz.
Karten zur Anreise und Orientierung unter www.vafk.de/aktion/KarteHolzminden.pdf
7 Jahre Reform des Kindschaftsrecht
Väteraufbruch sammelte bereits 22.394 Unterschriften
Sieben Jahre nach der Reform des Kindschaftsrechts bleiben in einigen Bereichen positive Veränderungen der bislang unbefriedigenden Situation aus. Es gab nur eine Verschiebung der Familienangelegenheit vom Sorge- zum Umgangsrecht. Der ungehinderte familienfähige Umgang der Kinder mit beiden Elternteilen ist ihr natürliches Recht und von der staatlichen Gemeinschaft besonders zu schützen. Leider geschieht das bislang nicht in ausreichendem Maße. Mütter und Väter sind gleich gut geeignet das Kindeswohl zu wahren, das Kind oder die Kinder zu versorgen und zu erziehen. Sicherlich hat es durch die Reform Verbesserungen gegeben, dies ändert jedoch nichts daran, dass bei wesentlichen Problemen noch immer eine Lösung aussteht.
Der Väteraufbruch stellt hierzu fest:
Die Reformen des Kindschaftrechtes und der neue Leitgedanke gemeinsamer Elternverantwortung sind wenig glaubwürdig, solange es zwar klare Umgangsreglungen zugunsten des Kinderkontaktes zu beiden getrennt lebenden Eltern ermöglichen soll, eine Einhaltung der Umgangsurteile aber häufig nicht gewährleistet.
Die Regelung des Umgangskontaktes zwischen den Kindern und dem getrennt lebenden Elternteil soll im Idealfall gemeinsam getroffen werden, ggf. unter Mithilfe des Jugendamtes, einer Beratungsstelle oder notfalls durch Gerichtsentscheid. Diesem Grundgedanken steht entgegen, dass der allein erziehende Elternteil häufig den Umgang eigenmächtig einschränkt oder aussetzt bis zu einer gerichtlichen Klärung. Obwohl gem.§ 1684 II BGB von den Eltern verlangt wird „Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweiligen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert“. Dies kann ein sich über mehrere Jahre hinziehendes und kostspieliges Verfahren sein. Es gibt da aber offensichtlich immer noch keinerlei konkrete Pläne, diesen bekannten Misstand zu ändern.
Die Probleme bleiben, solange nicht ein Mindestmaß an erforderlichem Umgang der Kinder mit dem getrennt lebenden Elternteil festgeschrieben und durchgesetzt wird. Wenn die Kooperation zwischen den Eltern nicht stimmt, dann sehen manche Gerichte allzu schnell keinen Platz mehr für die gemeinsame Sorge. Typischer Fall. Die Mutter provoziert aus Rachsucht oder der Alimente wegen einen Streit und erhält als Belohnung das alleinige Sorgerecht. Die derzeitige Situation ist häufig eine Einladung zum Missbrauch.
Die Bedeutung des Vaters in der Entwicklung eines Kindes darf nicht unterschätzt werden. Kinder lernen schneller sprechen, sind anpassungsfähiger, kontaktfähiger und konfliktfähiger, wenn sie in einem „normalen“ Familienverband aufwachsen.
Es ist ein krasser Widerspruch, wenn auf der einen Seite viele Förderungen in Richtung „Frau und Beruf“ vorgenommen werden, andererseits im Falle einer Trennung aber die elterliche Kompetenz doch größtenteils der Mutter zugesprochen wird. Dabei ist es heute längst nicht mehr so, dass die Mütter pauschal die Hauptbezugspersonen für die Kinder sind. Häufig arbeiten beide Eltern, müssen sich also auch die Kinderbetreuung teilen.
Einige Zielvorstellungen sind deshalb wie folgt festgehalten
- Der Begriff „Sorgerecht" sollte durch den Begriff „elterliche Verantwortung" ersetzt werden
- Verstärkte und frühzeitige Hilfestellung für Trennungsfamilien zur Verringerung sozialer
Folgekosten.
- Ohne gerichtliche Entscheidung oder Vereinbarung ist Kindesmitnahme ein Straftatbestand.
- Konsequente Einhaltung von Elternvereinbarungen und gerichtlicher Umgangsurteile sind
zwingend einzuhalten und nötigenfalls auch durchzusetzen (Ordnungsgeld, soziale Arbeit,
Sorgerechtsentzug)
- Völlige Gleichstellung der ehelichen und nichtehelichen Eltern hinsichtlich des Sorgerechts.
- Erhebliche Steigerung der Mittel zur Schulung des Fachpersonals mit dem Ziel der konsequenten Umsetzung der Kindschaftsrechtsform.
Deshalb wurde die oben erwähnte Unterschriftenaktion ins Leben gerufen. Um unsere Zielvorstellungen der Öffentlichkeit noch deutlicher zu machen, haben wir auch eine Kundgebung/ Demonstration am 1. Juli 2005 ab 1600 Uhr auf dem Marktplatz in Holzminden geplant. Wir laden alle interessierten Bürger ein, an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Im Sinne unsere Kinder müssen wir dafür sorgen, damit wenigsten der Kontakt nach einer Trennung schnell und vernünftig geregelt und auch durchgesetzt wird.
Thema und Anlass der Kundgebung „7 Jahre Kindschaftsrecht"
Flop oder Top?
Schirmherr der Kundgebung ist der Bürgermeister der Stadt Holzminden Dr. W. Bönig
Treffen um 1600 Uhr auf dem Marktplatz in Holzminden. Ab ca 1615 Uhr bis ca 1700 Uhr Marsch vom Marktplatz zum Amtsgericht Holzminden und zurück zum Marktplatz. Die Kundgebung ist bereits beim Ordnungsamt Holzminden angemeldet und genehmigt. Die Demonstrationsgruppe wird begleitet durch (Zugmaschine und Anhänger), Bollerwagen/ Handwagen und Kinderwagen.
Teilnehmer aus Berlin, München, Braunschweig, Osnabrück, Nentershausen
Rostock ,Gütersloh,Oerlinghausen, Göttingen, Elmshorn, Aachen und Paderborn haben sich bereits angemeldet. Weitere Verbindungen u.a. zu Hildesheim, Halle, Hannover und Essen sind bereits geknüpft.
Im Anschluss an die Kundgebung wird ein gemütlicher Abend stattfinden. Grillen und Musik werden die Veranstaltung abrunden.
Zu weiteren Informationen und Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Bei zeitgerechter Anmeldung können wir auch Übernachtungsmöglichkeiten in Holzminden organisieren.
Weitere Informationen erhalten Sie bei Gerd Schläger Tel: 05531/ 61503
Frank Wetzel, Ernst-Reuter-Str. 21, 37627 Deensen, Tel. 05532/5910 oder
Monika Goers, Mühlenberg 30, 37603 Holzminden, Tel. 05531/5823
Heiner Bearwolf,Wittelweg 12,Bödexen, Tel. 05277/208
der im Internet unter: www.vafk.de/Holzminden
M.f.G.
Gerd Schläger
Der Streit ums Kind soll jetzt ein Ende haben
Sie stellen das Kindeswohl in den Vordergrund und streben das gemeinsame Sorgerecht bei Trennungen als Regelfall an: (von links) Wolfgang Koßmann vom Kreisjugendamt, Rainer Faupel vom Stadtjugendamt, Familienrichter Peter Ziehm und Rechtsanwältin Suse Singer.
Kreis Holzminden (23.06.05). „Es wird selten mit den Kindern, sondern viel zu oft über die Kinder verhandelt“. Familienrichter Peter Ziehm kennt das Gezerre ums Kind, wenn sich die Eltern trennen. Weiß, wie schnell die Kinder instrumentalisiert, wie oft schmutzige Wäsche gewaschen wird. Das soll sich jetzt ändern: Familienrichter, Anwälte und Jugendämter von Stadt und Kreis haben die Cochemer Praxis eingeführt. Jetzt wird im Gerichtssaal sehr schnell, aber wenn nötig auch stundenlang gesprochen über das Kindeswohl und die gemeinsame elterliche Verantwortung, die mit der Scheidung nicht aufhört. Mit dem Cochemer Modell soll in jedem fall eine Lösung gefunden werden, die darauf ausgerichtet ist zu vermeiden, dass ein Elternteil als Verlierer den Gerichtssaal verlässt.
„Es geht jetzt nicht mehr darum zu beweisen, wer der bessere Elternteil ist, sondern darum, die Elternautonomie wieder herzustellen“, erklärt Peter Ziehm, der gemeinsam mit Rechtsanwältin Suse Singer und den Jugendamtsvertretern Rainer Faupel (Stadt Holzminden) und Wolfgang Koßmann (Kreis) im Gespräch mit dem TAH die Vorteile des Cochemer Modells erläutert. Seit zwölf Jahren wird in Cochem nicht mehr Recht gesprochen, wenn es um das Kindeswohl geht, sondern gemeinsam versucht, einen gangbaren Weg für Eltern und Kinder in der Zeit der Trennung und darüber hinaus zu finden. Die so erfolgreiche Cochemer Praxis, die nach dem „Konsenzprinzip“ handelt - in den letzten fünf Jahren wurde kein alleiniges Sorgerecht mehr vergeben - wird bald auch Einzug in bundesdeutsche Gesetze finden.
„Angestoßen hat die Umsetzung des Cochemer Modells das Familiengericht in Hildesheim“, erklärt Suse Singer. Und nur zu gern haben es die mit dem Kindschaftsrecht befassten Fachleute und Juristen im Amtsgerichtsbereich Holzminden übernommen. „Die überwiegende Zahl der Amtsgerichte schließt sich an“, weiß Suse Singer zu berichten. Aus gutem Grund: Das „Kartell“, wie die Gemeinschaft aus Richtern, sachverständigen und Anwälte in Cochem genannt werden, spricht eine gemeinsame Sprache, hört zu. Ihr Codex lautet: Eltern müssen nach der Trennung die gemeinsame Verantwortung behalten, Entscheidungen und Einigungen dürfen sie nicht anderen überlassen, weder Richtern und Anwälten noch dem Jugendamt. Ihre Probleme sollen sie selber lösen. Ein alleiniges Sorgerecht ist da nicht das Ziel.
Was in Cochem funktioniert - selbst die strittigsten Paare haben sich als Elternteile zusammengefunden und tragen gemeinsam Verantwortung für ihre Kinder - soll auch in Holzminden verwirklicht werden.
Und das bedeutet: Lange Schriftsätze, die zwischen den Rechtsanwälten der strittigen Parteien hin- und herpendeln, wird es nicht mehr geben. Innerhalb von nur zwei Wochen nach der Antragstellung kommt es, nach einem ersten Kontakt mit dem Jugendamt, zum Gespräch, im Amtsgericht. Und dann geht es nicht um gut oder böse, sondern um das Beste für die Kinder. „So ein Gespräch kann zwei Stunden und länger dauern“, erklärt Suse Singer. In erster Linie ist zu klären, ob und auf welchem Wege Eltern in die Lage versetzt werden können, selbst eine Einigung kraft elterlicher Autonomie herbeizuführen.
Wenn nicht, empfiehlt das Gericht eine Trennungs- und Scheidungsberatung beim Jugendamt oder anderen Beratungsstellen, spricht Auflagen oder Anregungen aus - und lädt die Eltern anschießend erneut zum Gespräch. Gibt es immer noch keine Einigung, wird ein Sachverständigen-Gutachten eingeholt - die lösungsorientierte Arbeit aber weiter fortgesetzt. Denn der Sachverständige hat nicht die Aufgabe, zwischen Vater und Mutter zu entscheiden, sondern er soll ergründen, welche Maßnahmen nötig sind, die elterliche Kompetenz zur Regelung der strittigen Fragen wieder herzustellen. Das Ziel: eine einvernehmliche Lösung finden.
In Cochem gelingt‘s, in Holzminden soll es auch gelingen. „Beide Elternteile sind für die Kinder verantwortlich“, betont Rainer Faupel, „und das sollen sie in Zukunft bleiben“, fügt Wolfgang Koßmann hinzu.
bs
22.06.2005 18:42; aktualisiert: 22.06.2005 18:44
http://www.tah.de/lokales/lokalnachrichten/313890.html
Ohrfeige für Oberlandesgericht Naumburg
Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -
Pressemitteilung Nr. 55/2005 vom 23. Juni 2005
Zum Beschluss vom 10. Juni 2005 – 1 BvR 2790/04 –
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Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde
gegen Ausschluss des Umgangsrechts in Sachen Görgülü
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In einem zwischenzeitlich über 5 Jahre dauernden Umgangsstreit zwischen einem Vater und den Pflegeeltern seines nichtehelich geborenen Sohnes hat das Bundesverfassungsgericht erneut zugunsten des Vaters entschieden. Dessen Verfassungsbeschwerde (Vb) gegen die Entscheidung
des 14. Senats des Oberlandesgerichts (OLG) Naumburg, die ihn – in Abänderung der vom Amtsgericht (AG) Wittenberg vorläufig getroffenen Umgangsregelung – von seinem Umgangsrecht ausschließt, war überwiegend erfolgreich. Das Bundesverfassungsgericht hatte in dieser Sache bereits am 28. Dezember 2004 eine einstweilige Anordnung erlassen, die dem Beschwerdeführer bis zur Entscheidung über die Vb den Umgang mit seinem Kind ermöglicht (Pressemitteilung Nr. 117/2004 vom 29.12.2004). Die 1. Kammer des Ersten Senats stellte nun im Rahmen der Hauptsacheentscheidung fest, dass der Umgangsausschluss durch das OLG willkürlich das Recht des Bf auf den gesetzlichen Richter sowie sein Elternrecht verletzt, da das OLG zu einer Abänderung der amtsgerichtlichen Umgangsregelung nicht befugt war. Insoweit wurde der Beschluss des OLG aufgehoben. Es verbleibt damit bei der vorläufigen Umgangsregelung des AG Wittenberg.
Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer (Bf), der Vater eines 1999 nichtehelich geborenen, bei Pflegeeltern lebenden Kindes ist, bemüht sich seit Jahren in verschiedenen gerichtlichen Verfahren um die Übertragung des Sorgerechts und die Einräumung eines Umgangsrechts. Auf seine Individualbeschwerde stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im Februar 2004 fest, dass der Ausschluss des Umgangs eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention darstelle. Dennoch versagte der 14. Senat des OLG Naumburg dem Bf die Wahrnehmung des Umgangsrechts.
Nach weiteren rechtlichen Auseinandersetzungen räumte das Amtsgericht Wittenberg im Wege der einstweiligen Anordnung dem Bf ein Umgangsrecht mit seinem Sohn ein.
Der 14. Senat des OLG Naumburg änderte – im Rahmen einer zwischenzeitlich gegen das AG erhobenen Untätigkeitsbeschwerde - die einstweilige Anordnung des AG jedoch wieder ab und schloss den Umgang zwischen dem Bf und seinem Kind bis zur abschließenden Entscheidung des AG aus. Die gegen die Entscheidung des OLG erhobene Vb, der der Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht vorausging, hatte Erfolg.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
1. Das OLG hat die Umgangsregelung des AG zum Nachteil des Bf abgeändert, ohne nachvollziehbar zu begründen, warum es dazu im Verfahren der Untätigkeitsbeschwerde befugt ist. Das mit einer
Untätigkeitsbeschwerde angerufene Gericht darf ausschließlich die Untätigkeit des erstinstanzlichen Gerichts überprüfen. Bei Begründetheit der Untätigkeitsbeschwerde kann das erstinstanzliche Gericht nur angewiesen werden, dem Verfahren Fortgang zu geben. Zu einer Abänderung einer erstinstanzlichen Entscheidung, wie dies vorliegend geschehen ist, ist das Gericht dagegen nicht befugt. Außerdem hat das Gericht die Regelungen der Zivilprozessordnung umgangen, wonach eine vom AG erlassene einstweilige Anordnung zum Umgangsrecht unanfechtbar ist.
Damit hat sich das OLG willkürlich vom Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt.
2. Darüber hinaus hat das Gericht das Urteil des EGMR nicht hinreichend beachtet, wonach dem Bf ein Umgang mit seinem Kind einzuräumen ist.
Anstatt auf die Realisierung eines Umgangsrechts hinzuwirken, hat das OLG unter Verstoß gegen die Bindung an Gesetz und Recht ein bereits (vom AG) angeordnetes Umgangsrecht unterbunden und damit einen konventionsgemäßen Zustand aufgehoben. Zwar wäre das OLG bei der rechtlichen Würdigung nicht an die Entscheidung des EGMR gebunden gewesen. Dies kann jedoch nur bedeutsam werden, wenn das Gericht für eine Sachentscheidung zuständig war. Dies war hier aber nicht der Fall.
Anzumerken ist, dass der Vortrag der Pflegeeltern, wonach die zu erwartende Adoption dem Umgang entgegenstehe, eine Abweichung von der Entscheidung des EGMR nicht rechtfertigt. Das von den Pflegeeltern bislang gezeigte Verhalten lässt vielmehr Zweifel aufkommen, ob die von ihnen gewünschte Adoption aus Kindeswohlgesichtspunkten überhaupt angezeigt wäre.
Beschluss vom 10. Juni 2005 – 1 BvR 2790/04 –
Karlsruhe, den 23. Juni 2005
Anlage zur Pressemitteilung Nr. 55/2005 vom 23. Juni 2005
Überblick über die in Sachen „Görgülü“ bisher veröffentlichten
Pressemitteilungen:
- Pressemitteilung Nr. 92/2004 vom 19. Oktober 2004
- Pressemitteilung Nr. 117/2004 vom 29. Dezember 2004
- Pressemitteilung Nr. 13/2005 vom 10. Februar 2005
- Pressemitteilung Nr. 34/2005 vom 20. April 2005
http://www.bundesverfassungsgericht.de/bverfg_cgi/pressemitteilungen/frames/bvg05-055
Umgang nach Trennung und Scheidung: neue Ausgabe „frühe Kindheit“ erschienen
Zu dem Themenschwerpunkt „Umgang nach Trennung und Scheidung“ ist die neue Ausgabe der Zeitschrift „frühe Kindheit“ erschienen. Das Heft stellt den gerade erschienenen „Wegweiser für den Umgang nach Trennung und Scheidung. Wie Eltern den Umgang am Wohl des Kindes orientieren können“ vor und enthält Beiträge renommierter Autoren u.a. zu den Themen „Rechtliche und psychologische Grundlagen bei Umgang nach Trennung und Scheidung“, „Umgang mit Kindern in Familienpflege – Voraussetzungen und Grenzen“, „Erfahrungen aus der Gruppenarbeit mit Scheidungskindern“ sowie Erfahrungsberichte von betroffenen Kindern und Eltern.
Das Heft kann bei der Geschäftsstelle der Deutschen Liga für das Kind zum Preis von 4,50 Euro (zzgl. Versandkosten) bestellt werden (bei Abnahme ab zehn Heften 4,- Euro pro Stück, ab hundert Heften 3,- Euro pro Stück).
Deutsche Liga für das Kind, Chausseestr. 17, 10115 Berlin
Tel.: 030 – 28 59 99 70, Fax: 030 – 28 59 99 71, E-Mail: post@liga-kind.de
Die Kinderschutz-Zentren
Auf unserer Internetseite können Sie die Vorträge von Prof. Dr. Du Bois zum Thema „Das psychische Schicksal der Kinder im Ehekonflikt der Eltern“ und von Frau Kuehn-Velten zum Thema „Kindeswohlgefährdung“ nachlesen.
http://www.kinderschutz-zentren.org/pdf/vortrag_bois-stutt_04.pdf
Mail: die@kinderschutz-zentren.org