Väternotruf
März 2010
Männerdiskriminierung am Landesarbeitsgericht Niedersachsen und am Bundesarbeitsgericht
Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 8. Senats vom 18.3.2010 - 8 AZR 77/09 -
Pressemitteilung Nr. 24/10
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts
Eine Gemeinde darf bei der Besetzung der Stelle der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten die Bewerberauswahl auf Frauen beschränken, wenn ein Schwerpunkt der Tätigkeiten in Projekt- und Beratungsangeboten liegt, deren Erfolg bei Besetzung der Stelle mit einem Mann gefährdet wäre. Ein solcher Fall liegt vor, wenn sich die Angebote an Frauen in Problemlagen richten, in denen die Betroffene typischerweise zu einer weiblichen Gleichstellungsbeauftragten leichter Kontakt aufnehmen kann und sich ihr besser offenbaren kann oder ausreichende Lösungskompetenzen nur einer Frau zutraut.
Die beklagte Stadt hatte in ihrer Stellenanzeige eine kommunale Gleichstellungsbeauftragte gesucht. Der Anzeige zufolge sollten Schwerpunkte der Tätigkeit ua. in der Integrationsarbeit mit zugewanderten Frauen und deren Beratung liegen. Die Gleichstellungsbeauftragte sollte Maßnahmen zu frauen- und mädchenspezifischen Themen initiieren, mit allen relevanten Organisationen zusammenarbeiten und Opfer von Frauendiskriminierung unterstützen. Die Bewerberin sollte über ein abgeschlossenes Fachhochschulstudium oder eine vergleichbare Ausbildung in einer pädagogischen bzw. geisteswissenschaftlichen Fachrichtung verfügen. Der Kläger, Diplomkaufmann und Diplomsvolkswirt, der zuvor über 2 Jahre im Rahmen einer Betriebsratstätigkeit als stellvertretender Gleichstellungsbeauftragter tätig war, bewarb sich auf die Stelle. Er wurde mit Hinweis darauf abgelehnt, dass nach § 5a der Niedersächsischen Gemeindeordnung die Stelle mit einer Frau zu besetzen sei und er im Übrigen die Anforderungen der Stellenanzeige nicht erfülle.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger eine Entschädigungszahlung nach § 15 Abs. 2 AGG. Die Klage blieb in allen drei Instanzen ohne Erfolg. Der Achte Senat des Bundesarbeitsgericht hat entschieden, es stehe der objektiven Eignung des Klägers nicht entgegen, dass dieser als Diplomvolkswirt uU nicht über eine geisteswissenschaftliche Ausbildung verfüge. Das weibliche Geschlecht der Stelleninhaberin stelle aber wegen der konkreten Ausgestaltung der Stelle eine wesentliche und entscheidende Anforderung iSd. § 8 Abs. 1 AGG für die Zulässigkeit einer unterschiedlichen Behandlung dar.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 5. Dezember 2008 - 16 Sa 236/08 -
Kommentar Väternotruf:
Pfui, Pfui schäm Dich, alle Leute sehen dich. Statt die Niedersächsische Gemeindeordnung, die es Männern verbietet, Gleichstellungsbeauftragter (wohlgemerkt nicht Frauenbeauftragter) zu werden, aufzuheben, da diese Gemeindeordnung gegen das Diskriminierungsverbot des Artikel 3 Grundgesetz
Artikel 3 (Gleichheit vor dem Gesetz)
Artikel 3 Satz 2 Männer und Frauen sind gleichberechtigt.
Artikel 3 Satz 3: Niemand darf wegen seines Geschlechts, ... benachteiligt oder bevorzugt werden.
verstößt, wird dem klagenden Mann vom Gericht auch noch die Verfahrenskosten aufgebrummt. Da kann man nur hoffen, dass der Mann eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (das allerdings hinsichtlich offensichtlicher Männerdiskriminierungen auch so seine Sehbeschwerden hat) einreicht und wenn auch dieses Gericht keine Abhilfe schafft, sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wendet.
BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 18.3.2010, 8 AZR 77/09
Geschlechtsbezogene Benachteiligung - Gleichstellungsbeauftragte - männlicher Bewerber
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 5. Dezember 2008 - 16 Sa 236/08 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch darüber, ob dem Kläger ein Entschädigungsanspruch wegen geschlechtsbezogener Benachteiligung bei der Bewerberauswahl zusteht.
2
Die Beklagte ist eine Stadt mit ca. 53.000 Einwohnern. Mit Inserat vom 3. März 2007 schrieb sie in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung die Stelle einer kommunalen Gleichstellungsbeauftragten aus. Die Anzeige lautet auszugsweise wie folgt:
„Die Stadt N sucht Sie frühestmöglich als
GLEICHSTELLUNGSBEAUFTRAGTE
Ihre Aufgaben
- Mitwirkung an der Umsetzung des Verfassungsauftrages der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Stadt N und innerhalb der Stadtverwaltung. Zu diesem Zweck bietet die Gleichstellungsbeauftragte kompetente und engagierte Hilfe und Unterstützung bei sämtlichen frauen- und gleichstellungsrelevanten Fragestellungen an.
- Die Gleichstellungsbeauftragte hat einen Schwerpunkt ihrer Arbeit in der Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Dazu gehört die Analyse, Entwicklung von Lösungsansätzen, Beratung und Initiierung von Maßnahmen.
- Die Gleichstellungsbeauftragte unterstützt die Verwaltung und die Politik bei frauen- und gleichstellungsrelevanten Entscheidungen.
- Sie entwickelt und initiiert Maßnahmen mit dem Ziel des Abbaus von Benachteiligungen, insbesondere zu frauen- und mädchenrelevanten Themen.
- Die Gleichstellungsbeauftragte arbeitet im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages mit sämtlichen frauenrelevanten Organisationen, Initiativen und Institutionen zusammen und stellt Öffentlichkeit für die entsprechenden Fragen her. Einer der Schwerpunkte liegt in der Integrationsarbeit mit zugewanderten Frauen, sowohl in der Initiierung von Projekten und Beratung/Betreuung von Gruppen als auch in der Einzelberatung.
- Die Gleichstellungsbeauftragte berät Bürgerinnen und Bürger in Gleichstellungsfragen und bietet Unterstützung in Fällen von Frauendiskriminierung.
Wir erwarten
- ein abgeschlossenes Fachhochschulstudium oder eine vergleichbare Ausbildung in einer pädagogischen bzw. geisteswissenschaftlichen Fachrichtung,
- nachweisbare Erfahrung in der aktiven Frauenarbeit,
- Beratungserfahrung und Methodenkompetenz,
- ein hohes Maß an Engagement, Kooperations- und Konfliktfähigkeit,
- rhetorische Stärken.
…“
3
Wegen des hohen Anteils ausländischer, vor allem muslimischer Frauen an der Wohnbevölkerung sollte sowohl finanziell als auch zeitlich ein Schwerpunkt der Tätigkeit in der Integrationsarbeit mit zugewanderten Frauen liegen und zwar in der Initiierung von Projekten, der Beratung und Betreuung von Gruppen und in der Einzelberatung. Diese spezielle Ausrichtung der Stelle war im Rahmen der hausinternen Diskussion bei der Beklagten in den politischen Ausschüssen bereits vor der Ausschreibung deutlich geworden und Gegenstand struktureller politischer Entscheidungen. Eine Gelegenheit, bei der die Gleichstellungsbeauftragte Kontakt zu muslimischen Frauen herstellen und die sie zur Integrationsarbeit nutzen soll, ist das jährlich stattfindende Fest „türkischer Frauen“, bei dem Männer nicht zugelassen sind. Eines der von der Gleichstellungsbeauftragten zu betreuenden Projekte ist das „Frauenschwimmen“ für Musliminnen, bei dem diese in einem abgeschotteten Raum des Hallenbades unter sich bleiben und in Abwesenheit von Männern schwimmen können.
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Mit Schreiben vom 5. März 2007 bewarb sich der Kläger auf die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle. Er verfügt über ein mit dem Titel Diplomkaufmann abgeschlossenes Betriebswirtschaftsstudium und ein Fernstudium der Volkswirtschaftslehre mit dem Abschluss als Diplomvolkswirt. Vom 1. August 2001 bis zum 31. Mai 2007 war er bei der R AG tätig und dort seit 13. Januar 2004 ordentliches Betriebsratsmitglied. In diesem Rahmen erfüllte der Kläger ua. die Aufgaben eines stellvertretenden Gleichstellungsbeauftragten.
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Mit Schreiben vom 20. März 2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, seine Bewerbung habe nicht berücksichtigt werden können und begründete dies ua. wie folgt:
„... Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass Ihre Bewerbung nicht berücksichtigt werden kann.
Die Niedersächsische Gemeindeordnung gibt vor, dass das Amt der Gleichstellungsbeauftragten nur durch eine Frau besetzt werden darf. Entsprechend der Gesetzesbegründung erfordern die tatsächlichen gesellschaftlichen Gegebenheiten es derzeit noch, dass die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten sich überwiegend um die Belange der weiblichen Bevölkerung kümmern werden, denn sie ist es, die aufgrund der strukturellen Rahmenbedingungen nicht immer eine gleichberechtigte Stellung erlangen kann. Der in der Niedersächsischen Verfassung enthaltene Auftrag zur Verwirklichung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen erfordert unter den gegenwärtigen Gegebenheiten Maßnahmen, die überwiegend durch frauenfördernde Elemente gekennzeichnet sind.
Wie ich des weiteren Ihren Bewerbungsunterlagen entnehme, erfüllen Sie außerdem nicht die in der Stellenausschreibung geforderten Anforderungen.“
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§ 5a der Niedersächsischen Gemeindeordnung (NGO) idF vom 28. Oktober 2006 lautet auszugsweise:
„(1)
Gemeinden, die nicht Mitgliedsgemeinden von Samtgemeinden sind, haben eine Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. Die Gleichstellungsbeauftragten der kreisfreien Städte, der großen selbständigen Städte, der Landeshauptstadt Hannover und der Stadt Göttingen sind hauptberuflich zu beschäftigen.
…
(4)
Die Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten hat das Ziel, zur Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern beizutragen. Sie wirkt nach Maßgabe der Absätze 6 und 7 an allen Vorhaben, Entscheidungen, Programmen und Maßnahmen mit, die Auswirkungen auf die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Anerkennung der gleichwertigen Stellung von Frauen und Männern in der Gesellschaft haben. Zur Verwirklichung der in Satz 1 genannten Zielsetzung, insbesondere zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, kann sie Vorhaben und Maßnahmen anregen, die
1.
die Arbeitsbedingungen innerhalb der Verwaltung,
2.
personelle, wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten des öffentlichen Dienstes der Gemeinde oder
3.
Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft
betreffen. Der Rat kann der Gleichstellungsbeauftragten weitere Aufgaben zur Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern übertragen. …
(5)
Die Gleichstellungsbeauftragte ist unmittelbar der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister unterstellt. …“
7
Mit anwaltlichem Schreiben vom 10. April 2007 ließ der Kläger einen Entschädigungsanspruch iHv. 8.500,00 Euro gegenüber der Beklagten wegen geschlechtsbezogener Benachteiligung geltend machen.
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Mit seiner am 23. Mai 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Zahlung von 8.500,00 Euro verlangt. Er meint, die Beklagte habe ihn mit der geschlechtsbezogenen Ausschreibung der Stelle und der entsprechend begründeten Ablehnung seiner Bewerbung unzulässig wegen seines Geschlechts benachteiligt. Er sei für die Stelle objektiv geeignet und entspreche dem Anforderungsprofil. Insbesondere habe er mit seinen wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen die geforderte geisteswissenschaftliche Ausbildung absolviert. Soweit § 5a NGO vorsehe, das Amt der Gleichstellungsbeauftragten mit einer Frau zu besetzen, sei dies europarechtswidrig. Die Höhe der ihm zu zahlenden Entschädigung habe sich an drei Monatsgehältern entsprechend einem Mittelwert der Entgeltstufe der Entgeltgruppe 11 des TVöD/VKA Anlage A zu orientieren.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.500,00 Euro nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26. April 2007 zu zahlen, hilfsweise ab Klageerhebung.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
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Sie vertritt die Ansicht, die Ausschreibung der Stelle ausschließlich für eine Frau sei gerechtfertigt, weil das weibliche Geschlecht eine unverzichtbare Voraussetzung für die Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte sei. Zudem sei der Kläger für die Stelle auch deshalb objektiv nicht geeignet, weil er die in der Stellenanzeige weiter geforderten Voraussetzungen nicht erfülle. Weder könne er Erfahrungen in der aktiven Frauenarbeit vorweisen noch seien seine wirtschaftswissenschaftlichen Studienabschlüsse als geisteswissenschaftliche zu qualifizieren. Darüber hinaus verlange § 5a NGO die Bestellung einer weiblichen Gleichstellungsbeauftragten.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Ihm steht der geltend gemachte Entschädigungsanspruch nicht zu.
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I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die Zahlung einer Entschädigung gem. § 15 Abs. 2 AGG, weil er durch die Ablehnung seiner Bewerbung nicht unzulässig wegen seines Geschlechts benachteiligt worden sei. Es fehle allerdings nicht offensichtlich an seiner fachlichen Eignung für die ausgeschriebene Stelle; auch sei sein Geschlecht mitursächlich für die unterbliebene Berücksichtigung seiner Bewerbung gewesen. Die Beschränkung der Bewerberauswahl für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten auf Frauen sei nicht nach § 8 Abs. 1 AGG gerechtfertigt, weil das weibliche Geschlecht hierfür keine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstelle. Die Beschränkung des Amtes auf Frauen und damit § 5a NGO seien als positive Maßnahme nach § 5 AGG zulässig.
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II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Der Kläger hat keinen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG gegen die Beklagte.
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1. Der Kläger gilt als Beschäftigter, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Satz 2 AGG, ohne dass es hierfür darauf ankäme, ob er für die Position des Gleichstellungsbeauftragten objektiv geeignet ist. Die objektive Eignung eines Bewerbers ist keine Tatbestandsvoraussetzung für einen Anspruch nach § 15 Abs. 1 oder 2 iVm. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG (offengelassen BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1). Der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG bietet keinen Anhaltspunkt für das Erfordernis eines solchen Tatbestandsmerkmals. Für eine Auslegung über den Wortlaut hinaus besteht auch angesichts des § 3 Abs. 1 AGG kein Bedürfnis (vgl. unter II 3 a bb (1), anders noch zu § 611a BGB: BAG 12. November 1998 - 8 AZR 365/97 - BAGE 90, 170 = AP BGB § 611a Nr. 16 = EzA BGB § 611a Nr. 14; 27. April 2000 - 8 AZR 295/99 - BGleiG E.II.2.1 BGB § 611a Nr. 2). Ob die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung Voraussetzung der Aktivlegitimation ist (BAG 27. April 2000 - 8 AZR 295/99 - aaO), kann hier offenbleiben. Anhaltspunkte dafür, dass die Bewerbung des Klägers nicht ernsthaft war, bestehen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht.
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2. Die Beklagte ist Arbeitgeberin iSd. § 15 AGG, weil sie als Gebietskörperschaft eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist und Arbeitnehmer beschäftigt, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 AGG.
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3. Ein Anspruch nach § 15 Abs. 1 oder 2 AGG setzt voraus, dass der Arbeitgeber gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG iVm. § 1 AGG verstoßen hat(BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - mwN, AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn ihm eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG zuzurechnen ist, die nicht aufgrund der §§ 8 bis 10 AGG oder nach § 5 AGG zulässig ist.
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a) Eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde, wobei die sich nachteilig auswirkende Maßnahme direkt an das verbotene Merkmal anknüpfen muss(BAG 14. August 2007 - 9 AZR 943/06 - BAGE 123, 358 = AP AGG § 33 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 5).
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aa) Der Kläger wurde ungünstiger behandelt als tatsächliche oder potentielle Bewerberinnen, denn seine Bewerbung wurde abgelehnt, ohne dass er zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Die hierin liegende Versagung der Chance auf Einstellung stellt eine ungünstige Behandlung dar unabhängig davon, ob eine Einstellung andernfalls erfolgt wäre(BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1; zur Benachteiligung im Verfahren auch: BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - BVerfGE 89, 276).
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bb) Die ungünstigere Behandlung des Klägers erfolgte in einer vergleichbaren Situation iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG.
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(1) Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass der Kläger objektiv für die Position des Gleichstellungsbeauftragten geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich!) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen. Hinsichtlich der genauen Verortung der Frage der objektiven Eignung sind Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich. Teilweise wird sie als Voraussetzung der Aktivlegitimation des Bewerbers angesehen (LAG Rheinland-Pfalz 11. Januar 2008 - 6 Sa 522/07 - LAGE AGG § 15 Nr. 3; ErfK/Schlachter 10. Aufl. § 6 AGG Rn. 3) oder dies jedenfalls erwogen (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1), teilweise im Rahmen des Begriffs der Benachteiligung bei § 3 Abs. 1 AGG geprüft (Bauer/Göpfert/Krieger AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 15, 18, vgl. aber auch § 6 Rn. 10; Adomeit/Mohr NZA 2007, 179, 182; wohl auch Däubler/Bertzbach-Däubler AGG 2. Aufl. § 7 Rn. 9; für einen Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Verbindung mit der RL 2000/78/EG: BAG 11. April 2006 - 9 AZR 528/05 - NZA 2006, 1217). Jedenfalls aber wird überwiegend zu Recht für das Vorliegen einer Benachteiligung verlangt, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen wird (so ausdrücklich BAG 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - BAGE 109, 265 = AP BGB § 611a Nr. 23 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 3; Däubler/Bertzbach-Däubler aaO; Adomeit/Mohr AGG § 22 Rn. 27; ErfK/Schlachter aaO; aA: vgl. Schiek/Kocher AGG § 22 Rn. 25, § 3 Rn. 7; LAG Berlin-Brandenburg 26. November 2008 - 15 Sa 517/08 - LAGE AGG § 22 Nr. 1, das die mangelnde Eignung im Ergebnis als Einwendung des Anspruchsgegners begreift). Könnte nämlich ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, wenn für den Arbeitgeber auch das verbotene Merkmal ein Motiv der unterbliebenen Einstellung war, stünde dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG, der nicht darin besteht, eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers zu sanktionieren, sondern vor ungerechtfertigter Benachteiligung zu schützen. Dabei ist es naheliegender, nach dem Inkrafttreten des AGG an die Legaldefinition des § 3 Abs. 1 AGG anzuknüpfen, der ausdrücklich von dem Erfordernis einer vergleichbaren Situation spricht, als die objektive Eignung als ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft zu begreifen. Maßgeblich für die objektive Eignung ist dabei nicht das formelle Anforderungsprofil welches der Arbeitgeber erstellt hat, sondern die Anforderungen, welche an die jeweilige Tätigkeit nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung gestellt werden (vgl. Bauer/Göpfert/Krieger § 3 Rn. 15, anders aber § 6 Rn. 10; vgl. Däubler/Bertzbach-Däubler aaO). Die objektive Eignung ist zu trennen von der individuellen fachlichen und persönlichen Qualifikation des Bewerbers (ebenso Bauer/Göpfert/Krieger § 3 Rn. 15, 18; ähnlich Däubler/Bertzbach-Däubler aaO), die nur als Kriterium der Auswahlentscheidung auf der Ebene der Kausalität zwischen Benachteiligung und verbotenem Merkmal eine Rolle spielt (ebenso mit anderem Ausgangspunkt: Schiek/Kocher § 22 Rn. 24, 25). Damit ist gewährleistet, dass der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich frei zu entscheiden hat, wie Art. 12 Abs. 1 GG es gebietet (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - mwN, aaO), aber nicht durch das Stellen hierfür nicht erforderlicher Anforderungen an Bewerber die Vergleichbarkeit der Situation selbst gestalten und den Schutz des AGG de facto beseitigen kann (vgl. Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 36; Däubler/Bertzbach-Däubler aaO, die deshalb ein erhebliches bzw. offenkundiges Eignungsdefizit verlangen). Bewerber, welche die auf der zu besetzenden Stelle auszuübenden Tätigkeiten grundsätzlich verrichten können, ohne aber jede Voraussetzung des Anforderungsprofils zu erfüllen, bedürfen des Schutzes vor Diskriminierung, weil gerade Anforderungsprofile in Stellenanzeigen häufig Qualifikationen benennen, deren Vorhandensein der Arbeitgeber sich für den Idealfall zwar wünscht, die aber keinesfalls zwingende Voraussetzung einer erfolgreichen Bewerbung sind. Ebenfalls keinen Einfluss auf die Beurteilung der Vergleichbarkeit der Situation kann aus gesetzessystematischen Erwägungen das Vorliegen des verbotenen Merkmals selbst haben. Ob an dessen Fehlen bzw. Vorliegen ausnahmsweise angeknüpft werden darf, ist nicht für den Tatbestand der Benachteiligung, sondern allein für deren mögliche Rechtfertigung nach den §§ 8 bis 10 AGG und § 5 AGG relevant.
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(2) Soweit das Landesarbeitsgericht die objektive Eignung des Klägers bejaht, hält dies unter Beachtung der dargelegten Maßstäbe einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Zu Recht lässt das Landesarbeitsgericht dahinstehen, ob die vom Kläger abgeschlossenen wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge als geisteswissenschaftlich zu qualifizieren sind. Für die Frage, ob ein Bewerber geeignet ist, die Aufgaben einer Gleichstellungsbeauftragten wahrzunehmen, mag es eine Rolle spielen, ob er überhaupt eine Ausbildung abgeschlossen und im Rahmen einer solchen gelernt hat, Probleme zu analysieren und systematische Lösungen zu erarbeiten. Auf bestimmte, im Rahmen eines wirtschaftswissenschaftlichen Studiums nicht vermittelte Inhalte dagegen kam es auch der Beklagten nicht an, denn sie hat mit der allgemein gehaltenen Formulierung „... in einer pädagogischen bzw. geisteswissenschaftlichen Fachrichtung“ gerade nicht konkret vorhandenes Fachwissen zur Voraussetzung gemacht, sondern höchstens rein technische Ausbildungsgänge ausgeschlossen. Der objektiven Eignung des Klägers steht auch nicht entgegen, dass er nicht über Erfahrungen in der „aktiven Frauenarbeit“ verfügte. So war er unstreitig über einen Zeitraum von über drei Jahren im Rahmen seiner Betriebsratstätigkeit mit Gleichstellungsfragen betraut. Dies impliziert „aktive Frauenarbeit“, weil er sich dabei zwangsläufig auch mit geschlechtsspezifischen Problemen von Frauen im Zusammenhang mit deren Erwerbstätigkeit zu befassen hatte. Im Übrigen ist die nach Ansicht der Beklagten hiermit angesprochene Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Frauengruppen für die Position der Gleichstellungsbeauftragten zwar sicher hilfreich und von ihr erwünscht. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass derartige Vorerfahrungen für die zu erbringenden Tätigkeiten so zwingend sind, dass die Beklagte die Einstellung einer nicht über sie verfügenden Bewerberin gar nicht in Betracht gezogen hätte.
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cc) Die Benachteiligung des Klägers erfolgte ausweislich der Begründung der Beklagten im Ablehnungsschreiben und nach ihren schriftsätzlichen Darlegungen wegen seines Geschlechts. Es reicht für die Kausalität des verbotenen Merkmals iSd. § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 1 AGG aus, wenn in einem Motivbündel, das die Entscheidung beeinflusst hat, das Merkmal als Kriterium enthalten gewesen ist(BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - BVerfGE 89, 276). Dies ist hier der Fall, obwohl die Beklagte davon ausging, durch § 5a NGO schon formell an der Einstellung eines Mannes gehindert zu sein. Sie hat nämlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die ihrer Ansicht nach dem § 5a NGO zugrunde liegende gesetzgeberische Wertung teilt, wonach die gesellschaftlichen Bedingungen die Besetzung des Amtes mit einer Frau erfordern. Außerdem hält sie eine solche wegen der auf der ausgeschriebenen Stelle zu leistenden Integrationsarbeit für zwingend nötig. Dass sie zudem der Auffassung ist, der Kläger entspreche auch nicht den Anforderungen des Stellenprofils, ändert an der geschlechtsbezogenen Benachteiligung des Klägers nichts, weil das verbotene Merkmal für die Auswahlentscheidung lediglich mitursächlich gewesen sein muss.
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b) Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht die Zulässigkeit der unterschiedlichen Behandlung des Klägers wegen seines Geschlechts nach § 8 Abs. 1 AGG. Das weibliche Geschlecht ist für die zu besetzende Stelle wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung, deren Zweck rechtmäßig und die angemessen ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Senats vom 12. November 1998(- 8 AZR 365/97 - BAGE 90, 170 = AP BGB § 611a Nr. 16 = EzA BGB § 611a Nr. 14).
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aa) § 8 Abs. 1 AGG stellt mit dem Erfordernis, das Merkmal nach § 1 AGG müsse eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für die Tätigkeit darstellen, nach der Rechtsprechung des Senats(BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1) inhaltlich keine geringeren Anforderungen an die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung als § 611a BGB in der bis 17. August 2006 geltenden Fassung. Dieser hat für die Zulässigkeit der Differenzierung nach dem Geschlecht verlangt, dass dieses unverzichtbare Voraussetzung für die Erbringung der Tätigkeit ist. Dementsprechend kann das Geschlecht nur dann iSd. § 8 Abs. 1 AGG eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung bilden, wenn die Tätigkeit ohne das Merkmal jedenfalls nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden kann. Abzustellen ist auf die konkret vom Arbeitnehmer auszuübende Tätigkeit, die sich nach dem vom Arbeitgeber festgelegten Unternehmenskonzept richtet (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - aaO). Das vom Arbeitgeber geforderte Merkmal muss um wesentlich sein zu können, für die vom Arbeitgeber vorgegebene berufliche Anforderung eine prägende Bedeutung haben, wobei es nicht darauf ankommt, welcher zeitliche Anteil der Tätigkeit betroffen ist, sondern darauf, ob das Merkmal für die Erreichung des unternehmerischen Zwecks erforderlich ist. Das Differenzierungsmerkmal darf nicht nur für unbedeutende, für den Arbeitsplatz nicht charakteristische Tätigkeiten notwendig sein (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - aaO).
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bb) Zutreffend nimmt das Landesarbeitsgericht an, dass die Ablehnung der Bewerbung des Klägers auch aufgrund seines Geschlechts nicht schon deshalb nach § 8 AGG zulässig ist, weil § 5a NGO die Besetzung des Amtes der Gleichstellungsbeauftragten mit einer Frau gebietet. § 5a NGO verwendet durchgehend die weibliche Form „Gleichstellungsbeauftragte“ und „Vertreterin“, während im Übrigen beide grammatikalische Formen Verwendung finden - etwa „der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister“ in § 5a Abs. 5 NGO. Diese gesetzliche Beschränkung auf ein bestimmtes Geschlecht des Stelleninhabers führt jedoch nicht zwingend zur Rechtfertigung einer auf sie gestützten Maßnahme. Diese ist ihrerseits nur wirksam, wenn bezüglich des geregelten Sachverhalts die europarechtlichen Vorgaben des Art. 14 Abs. 2 RL 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen(Neufassung) - und damit auch des § 8 AGG - inhaltlich erfüllt sind und die Beschränkung im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 3 Abs. 2 und 3 GG verfassungsgemäß ist (v. Roetteken AGG Stand Januar 2010 § 8 Rn. 43; Wendeling-Schröder/Stein AGG § 8 Rn. 6).
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cc) Ob § 5a NGO mit Europarecht(insbesondere der RL 2006/54/EG), Art. 33 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 2 und 3 GG vereinbar ist, kann aber offenbleiben. Es kommt nämlich nicht darauf an, ob das weibliche Geschlecht generell für das Amt der nach § 5a NGO zu bestellenden kommunalen Gleichstellungsbeauftragten iSd. § 8 Abs. 1 AGG eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt (verneinend für die nach der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalens zu bestellende Gleichstellungsbeauftragte mit dem dort festgelegten Aufgabenbereich: BAG 12. November 1998 - 8 AZR 365/97 - BAGE 90, 170 = AP BGB § 611a Nr. 16 = EzA BGB § 611a Nr. 14), sondern, ob dies im Hinblick auf die konkret von der Beklagten gesuchte Gleichstellungsbeauftragte der Fall ist. Dies ist nach dem Stellenzuschnitt zu bejahen.
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(1) Die von der Beklagten gesuchte Gleichstellungsbeauftragte soll an der Umsetzung des Verfassungsauftrages der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Stadt und in der Stadtverwaltung mitwirken. Schwerpunkte ihrer Tätigkeit sollen in der Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und in der Integrationsarbeit mit zugewanderten Frauen liegen. Diese Integrationsarbeit, die unstreitig insbesondere Musliminnen betrifft, soll im Rahmen der Initiierung von Projekten und der Beratung von Gruppen sowie der Einzelberatung erfolgen. Außerdem soll die Gleichstellungsbeauftragte zum Abbau von Benachteiligungen Maßnahmen insbesondere zu frauen- und mädchenrelevanten Themen entwickeln. Sie soll mit allen frauenrelevanten Organisationen, Initiativen und Institutionen zusammenarbeiten und Unterstützung bei Frauendiskriminierung bieten.
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(2) Zur Erbringung eines Teils dieser Tätigkeiten ist das weibliche Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung, weil sie von einem Mann nicht ausgeübt werden könnten, ohne den verfolgten Zweck zu gefährden. Zwar kann ein Mann grundsätzlich in gleicher Weise wie eine Frau an der Gleichberechtigung von Männern und Frauen mitwirken(so auch BAG 12. November 1998 - 8 AZR 365/97 - BAGE 90, 170 = AP BGB § 611a Nr. 16 = EzA BGB § 611a Nr. 14) und Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie entwickeln. Etwas anderes gilt aber für die Projekte und Beratungsangebote zur Integration zugewanderter Frauen. Zwar haben viele Musliminnen keine Schwierigkeiten, mit Männern zu kommunizieren. Diese Frauen bedürfen in der Regel aber auch keiner integrativen Angebote. Musliminnen dagegen, deren Alltagsleben von traditionellen Mustern und Rollenverteilungen geprägt ist und die gerade deshalb mit integrativen Angeboten erreicht werden sollen, haben zum einen aufgrund kultureller Vorverständnisse Schwierigkeiten, sich an einen Mann zu wenden und werden zum anderen häufig unter einem erhöhten Rechtfertigungsdruck seitens ihres familiären und gesellschaftlichen Umfeldes stehen, wenn sie an einem von einem Mann geleiteten Projekt teilnehmen möchten. Auch wenn die Gleichstellungsbeauftragte nicht selbst das Projekt leitet, wird sie doch häufig die erste Ansprechpartnerin für Interessentinnen sein. So wäre etwa der Erfolg des Frauenschwimmens deshalb nicht nur gefährdet, wenn der Kläger als Gleichstellungsbeauftragter es selbst betreuen würde, sondern bereits wenn er als dessen Initiator in Erscheinung träte, etwa indem er telefonisch Auskunft zu Schwimmzeiten oder Kosten erteilte. Noch deutlicher zeigt sich die Notwendigkeit des weiblichen Geschlechts der Gleichstellungsbeauftragten im Bereich der vorgesehenen Beratung. Voraussetzung für die Wahrnehmung von Beratungsangeboten ist die Kenntnis von diesen. Nach dem unstreitigen und damit dem Revisionsurteil zugrunde zu legenden Vortrag der Beklagten leistet die Gleichstellungsbeauftragte intensive Integrationsarbeit im Rahmen von Veranstaltungen türkischer Frauen, zu denen Männer keinen Zutritt haben. Schon die Kontaktaufnahme wäre also für einen männlichen Gleichstellungsbeauftragten deutlich erschwert. Zugewanderte Frauen und Mädchen, die tatsächlich der Beratung bedürfen, wird es zudem in aller Regel sehr schwer fallen, sich einem Mann zu offenbaren, zumal ihre Probleme häufig gerade mit der Vormachtstellung männlicher Familienmitglieder in traditionell ausgerichteten muslimischen Familien zusammenhängen - etwa im Hinblick auf Fragen der Selbstbestimmung bei der Wahl von Schul- und Ausbildungsplatz, des allgemeinen Lebensstils, der Eheschließung oder der Geburtenkontrolle.
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Auch im Bereich der vorgesehenen Zusammenarbeit mit frauenrelevanten Organisationen, Initiativen und Institutionen wäre der verfolgte Zweck bei Besetzung der Stelle mit einem Mann gefährdet. „Frauenrelevante Organisationen“ sind ganz überwiegend solche, deren Arbeit sich auf negative Erfahrungen von Frauen und Mädchen mit Männern gründet, etwa Frauenhäuser, Anlaufstellen für sexuell missbrauchte Mädchen, Frauennotrufe oder berufliche Frauennetzwerke. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung muss davon ausgegangen werden, dass diese Organisationen die Kooperation mit einer weiblichen Gleichstellungsbeauftragten nicht nur bevorzugen, sondern mit einem männlichen Gleichstellungsbeauftragten gar nicht zusammenarbeiten möchten oder können. Soweit die Gleichstellungsbeauftragte nach dem Stellenprofil konkrete Unterstützung in Fällen von Frauendiskriminierung leisten soll, ist zwar nicht für jede Fallgestaltung zwingend, dass sich eine potentiell diskriminierte Frau nicht auch an einen männlichen Gleichstellungsbeauftragten wenden würde. Solche Fallgestaltungen sind aber - etwa im Bereich sexueller Belästigungen oder aufgrund geschlechtsbezogener persönlicher Herabsetzungen - möglich und bilden einen Teil des Aufgabenbereichs.
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(3) Das weibliche Geschlecht ist für die von der Beklagten vorgegebene berufliche Anforderung prägend und betrifft nicht nur unbedeutende, für den Arbeitsplatz nicht charakteristische Arbeiten. Auf der Integrationsarbeit liegt nach dem von der Beklagten erstellten Stellenprofil ein Schwerpunkt der Tätigkeit und der Zusammenarbeit mit frauenrelevanten Organisationen und der Unterstützung in Fällen von Frauendiskriminierung kommt jedenfalls keine nur untergeordnete Bedeutung zu.
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(4) Der von der Beklagten vorgenommene, das weibliche Geschlecht bedingende Stellenzuschnitt begegnet keinen Bedenken. Die Bestimmung des spezifischen beruflichen Tätigkeitsbereichs und der daraus abzuleitenden beruflichen Anforderungen ist Teil der nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Unternehmerfreiheit(BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1). Auch im Bereich des öffentlichen Dienstes obliegt es dem Dienstherrn, die Dienstposten nach organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten auszugestalten (BVerfG 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 ua. - mwN, NVwZ 2008, 69; BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - mwN, aaO). Um die Anforderungen von Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG, § 1 AGG sicherzustellen, muss der verfolgte unternehmerische Zweck zudem rechtmäßig sein, darf also nicht gegen eine Verbotsnorm verstoßen, und die gestellte Anforderung muss angemessen sein. Dies bedingt eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zwischen dem verfolgten unternehmerischen Zweck einerseits und dem Nachteil für den Beschäftigten oder Bewerber andererseits (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 35; BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - aaO).
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Aufgabe der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten ist es, im Rahmen der gemeindlichen Tätigkeit das verfassungsrechtliche Gleichberechtigungsgebot umzusetzen. Zielgruppe dieser Tätigkeit sind deshalb vor allem die Einwohner der Gemeinde. Dementsprechend hat nach § 5a NGO die Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten die Verwirklichung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen zum Ziel. Insoweit kann diese Maßnahmen anregen, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft betreffen. Außerdem wirkt sie an allen Vorhaben, Entscheidungen und Maßnahmen mit, die Auswirkungen auf die Anerkennung der gleichwertigen Stellung von Männern und Frauen in der Gesellschaft haben. Die konkrete Gleichstellungspolitik obliegt dabei den Gemeinden. Wegen der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG können sie die Funktion der Gleichstellungsbeauftragten im Einzelnen ausgestalten und Prioritäten in deren Tätigkeit setzen, um so auf örtliche Besonderheiten zu reagieren(BVerfG 26. Oktober 1994 - 2 BvR 445/91 - BVerfGE 91, 228; VGH Nordrhein-Westfalen 15. Januar 2002 - 40/00 - NVwZ 2002, 1502). Es begegnet insofern keinen Bedenken, wenn die Beklagte aufgrund ihres hohen Anteils zugewanderter Frauen an der Bevölkerung einen Schwerpunkt in der Integrationsarbeit mit ausländischen Frauen setzt, denn diese betrifft Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft (vgl. hierzu LAG Niedersachsen 3. November 2003 - 5 Sa 70/03 E - ZTR 2004, 308) und dient der Anerkennung der gleichwertigen Stellung von Männern und Frauen in der Gesellschaft. Ebenso kann die Gemeinde die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten mit der Übertragung einer Sachbearbeitung für besondere Frauenfragen verbinden (Galette in: KVR SH-GO Stand November 2009 § 2 Rn. 43). Insofern konnte die Beklagte auch das Stellenprofil dahingehend zuschneiden, dass die Gleichstellungsbeauftragte insbesondere Maßnahmen zu frauen- und mädchenrelevanten Themen entwickeln und besonders mit frauenrelevanten Organisationen, Initiativen und Institutionen zusammenarbeiten soll.
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Der verfolgte Zweck, die Integration zugewanderter Frauen zu fördern und diese im Rahmen von Gruppen- und Einzelberatung zu unterstützen sowie gezielt der Diskriminierung von Frauen entgegenzuwirken, ist rechtmäßig, denn er verstößt nicht gegen eine Verbotsnorm.
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Zur Erreichung dieses Zwecks ist es angemessen, den Bewerberkreis für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten auf Frauen zu beschränken. Die Abwägung der getroffenen Grundrechte und des europäischen Primärrechts(vgl. BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1) ergibt, dass der männlichen Bewerbern damit zugefügte Nachteil im Hinblick auf den verfolgten Zweck verhältnismäßig ist. Wegen der nach Art. 12 GG geschützten Unternehmerfreiheit kann der Arbeitgeber grundsätzlich bestimmen, welchen unternehmerischen Zweck er verfolgt (BAG 26. September 2002 - 2 AZR 636/01 - BAGE 103, 31 = AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 124 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 124). Um den Schutz der Rechte des Bewerbers nach Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG zu gewährleisten, hat jedoch eine Missbrauchskontrolle stattzufinden. Deshalb kann der Arbeitgeber das Vorhandensein eines in § 1 AGG genannten Merkmals nicht verlangen, wenn er in willkürlicher Weise einen Arbeitsplatz eingerichtet hat, für dessen Besetzung gerade ein in § 1 AGG genanntes Merkmal unverzichtbar ist (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - mwN, aaO). Liegt dem Unternehmenskonzept eine bestimmte Erwartung Dritter zugrunde, darf diese nicht ihrerseits diskriminierend sein (Däubler/Bertzbach-Brors § 8 Rn. 13). Insoweit ist davon auszugehen, dass Erwartungen Dritter, die auf deren Schamgefühl beruhen, ebenso wie die Notwendigkeit einer bestimmten Geschlechtszugehörigkeit zur Authentizität der Aufgabenwahrnehmung legitim sind und ihnen kein diskriminierender Charakter innewohnt (Bauer/Göpfert/Krieger § 8 Rn. 29, 30; v. Roetteken § 8 Rn. 56; Adomeit/Mohr § 8 Rn. 32, 34). Gleiches gilt, wenn ein Vertrauensverhältnis zu einer bestimmten Gruppe erforderlich ist und dieses erfordert, dass der fragliche Arbeitnehmer selbst dieser Gruppe angehört (ebenso Däubler/Bertzbach-Brors aaO; Adomeit/Mohr § 8 Rn. 35, 37), wie dies der Fall ist, wenn Opfer von Diskriminierung beraten und betreut werden (v. Roetteken § 8 Rn. 65).
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Der Schutz der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Frauen, Art. 1, 2 GG und - bezüglich zugewanderter Frauen - der Zweck diese und damit auch deren Kinder gesellschaftlich zu integrieren, überwiegen nach diesen Grundsätzen das Interesse männlicher Bewerber, die Stelle zu erhalten. Die Motivation ausländischer Frauen, die der Beratung und Integration bedürfen, von Opfern von Frauendiskriminierung und von frauenspezifischen Organisationen, eine Frau als Ansprechpartner zu wünschen, ist nicht ihrerseits diskriminierend. Sie beruht zum Teil auf Schamgefühl oder darauf, dass es den Betroffenen leichter fällt, einer Frau zu vertrauen bzw., dass sie einer Frau aufgrund deren Geschlechts ein besseres Verständnis für ihre geschlechtsspezifischen Probleme zutrauen. Diese Wertung deckt sich mit der des Senats in der Entscheidung vom 12. November 1998(- 8 AZR 365/97 - BAGE 90, 170 = AP BGB § 611a Nr. 16 = EzA BGB § 611a Nr. 14), wonach es einer Gemeinde überlassen bleibt, über die jeweilige Gemeindeordnung hinausgehende geschlechtsspezifische Voraussetzungen für die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten zu schaffen und diese insbesondere vorliegen können, wenn Betreuungssituationen im Verhältnis zu Bürgerinnen auftreten, die ausschließlich von Frauen wahrgenommen werden können.
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Auch im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG bestehen keine Bedenken gegen die von der Beklagten getroffene Auswahlentscheidung. Ein dem Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG unterfallendes Merkmal kann als Eignungsmerkmal iSd. Art. 33 Abs. 2 GG nämlich ausnahmsweise herangezogen werden, wenn aufgrund der Anforderungen des Amtes Bewerber ohne die fragliche Eigenschaft ungeeignet sind und besondere verfassungsrechtliche Gründe für die Schaffung eines solchen Amts sprechen (Dreier/Masing Grundgesetz-Kommentar 2. Aufl. Bd. 2 Art. 33 Rn. 46). Diese Voraussetzungen sind - wie oben dargelegt - erfüllt (ebenso generell für das Amt der kommunalen Frauenbeauftragten Dreier/Masing aaO).
39
dd) Der Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung nach § 8 AGG wegen der konkret zu leistenden Tätigkeit steht nicht entgegen, dass die Beklagte die Ablehnung des Klägers im Schreiben vom 20. März 2007 schwerpunktmäßig nicht hiermit, sondern formal mit § 5a NGO begründet hat. Dies gölte auch dann, wenn diese Norm unwirksam sein sollte. Anders als im verwaltungsrechtlichen Verfahren ist die Verkennung eines Ermessensspielraums für die Rechtfertigung nach § 8 Abs. 1 AGG unschädlich, wenn dessen Voraussetzungen objektiv vorliegen und der öffentliche Arbeitgeber sich bei seiner Auswahlentscheidung jedenfalls auch auf den unter § 8 AGG zu subsumierenden Sachverhalt beruft. Auf die teilweise unzutreffende Begründung einer tatsächlich gerechtfertigten unterschiedlichen Behandlung kann ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG nicht gestützt werden.
40
III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Hauck Böck Breinlinger R. Koglin Mallmann
Ministerium der Justiz - Pressemitteilung Nr.: 025/10
Magdeburg, den 12. März 2010
Familienrecht - Kolb: Ledige Väter müssen vor Gericht für Sorgerecht streiten können
Magdeburg/Mainz (MJ). „Der Vater eines nichtehelichen Kindes muss auch in Deutschland die Möglichkeit erhalten, vor Gericht das Sorgerecht für seine Tochter oder seinen Sohn erstreiten zu können.“ Das sagte am heutigen Freitag, dem 12. März 2010, Justizministerin Prof. Dr. Angela Kolb am Rande des XII. Treffens der Deutsch-Französischen Freundschaftsgruppe des Bundesrates. In Mainz und Saarbrücken steht unter anderem der Erfahrungsaustausch zu familienrechtlichen Themen auf dem Programm.
„Es kann nicht sein, dass Deutschland in einem vereinten Europa als einziges Land bei nichtehelichen Kindern das väterliche Sorgerecht von der Zustimmung der Mutter abhängig macht“, so Justizministerin Kolb weiter. „Wir brauchen ein modernes Familienrecht, das sich an der gesellschaftlichen Realität orientiert. Ich fordere die Bundesjustizministerin auf, eine Neuregelung nicht auf die lange Bank zu schieben. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom Dezember muss zügig umgesetzt und das deutsche Familienrecht entsprechend angepasst werden.“
Hintergrund
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte am 3. Dezember 2009 in Straßburg der Klage eines Vaters aus Köln zugestimmt, der viele Jahre vergeblich um das Sorgerecht für seine Tochter gekämpft hatte. Die Richter bezeichneten in ihrem Urteil die deutsche Rechtsprechung, nach der ledige Väter nur mit Zustimmung der Mutter das Sorgerecht erhalten können, als Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot.
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Kommentar Väternotruf:
So weit so gut, hat seit der Einführung des Grundgesetzes 1949 ja auch 60 Jahre gedauert - Deutschland schäm Dich. Kein Deut besser als die DDR, dort wurde wenigstens nicht behauptet, sie wäre eine Demokratie in der bürgerliche Rechte gelten würden.
Doch warum sollen nichtverheiratete Väter erst zum Familiengericht um sich mit zweifelhaften Erfolg das Sorgerecht zu erstreiten, dass ihnen laut Grundgesetz Artikel 6 ohnehin schon zusteht. Umgekehrt wird ein Schuh draus. Automatisches Sorgerecht des Vaters mit der Anerkennung der Vaterschaft. Mütter die den Vater nicht in der elterlichen Sorge sehen wollen, können dann nach §1666 BGB beantragen, dass dem Vater das Sorgerecht entzogen wird. Das Gericht hat dann zu prüfen, ob eine Kindeswohlgefährdung eintreten würde, wenn dem Vater die elterliche Sorge belassen würde.
Rund 1000 Unterhaltspflichtige zahlen nicht
Gießen (son). Das städtische Jugendamt macht mit einer Postkartenserie auf seine Arbeit aufmerksam. Zu der gehört auch das Eintreiben von Unterhaltsvorschüssen für Kinder. Eine von zwölf Postkarten, mit denen das Jugendamt derzeit auf sich aufmerksam macht. Aufmerksam und fragend sieht einen der blonde Junge an. »Wer zahlt meinen Unterhalt?«, fragt das Kind den Betrachter der Postkarte, die in diesem Monat neu vom Gießener Jugendamt herausgegeben wurde. Es ist die dritte von insgesamt zwölf Postkarten, mit denen das Jugendamt seine vielfältigen Aufgabenbereiche der interessierten Öffentlichkeit vorstellt. »Der Unterhaltsvorschuss ist eine recht wenig beachtete Sozialleistung«, sagte die in der Unterhaltsvorschusskasse tätige Anja Diefenbach, die gemeinsam mit dem stellvertretenden Jugendamtsleiter Holger Philipp und Bürgermeisterin Gerda Weigel-Greilich über ihr Arbeitsfeld berichtete.
»Der Unterhaltsvorschuss ist eine staatliche Unterstützung für allein- erziehende Elternteile, die vom anderen Elternteil keine oder nur unzureichende Unterhaltsleistungen erhalten«, erklärte Diefenbach.
Im Jugendamt kann der Unterhaltsvorschuss beantragt werden. Dort erhalten die Betroffenen auch kostenlose Beratung und Unterstützung bei der Durchsetzung der Unterhaltsansprüche ihrer Kinder. Die gesetzliche Grundlage dafür bildet das Unterhaltsvorschussgesetz (UVG).
Anspruch auf die Leistung haben Kinder, die noch keine zwölf Jahre alt sind und bei einem ihrer Elternteile leben, der ledig, verwitwet, geschieden oder dauernd getrennt lebend ist. Die Höhe des Unterhaltsvorschusses richtet sich nach dem Mindestunterhalt abzüglich des Kindergeldes für ein erstes Kind. Seit Januar 2010 werden für Kinder unter sechs Jahren 133 Euro und für ältere Kinder unter zwölf Jahren 180 Euro ausgezahlt.
Unterhaltsvorschuss kann längstens für sechs Jahre beansprucht werden. Die Zahlung endet aber auf jeden Fall, wenn das Kind zwölf Jahre alt ist. Ansprüche auf andere Sozialleistungen werden dadurch nicht ausgeschlossen, finden aber bei der Berechnung häufig Berücksichtigung.
Die Gründe, warum der unterhaltspflichtige Elternteil nicht immer zahle, seien vielfältig, berichtete Diefenbach. »Die meisten sind finanziell einfach nicht in der Lage ihrer Unterhaltspflicht nachzukommen«, sagte sie. Es gebe aber auch Fälle, in denen sich die Unterhaltspflichtigen der Zahlung entziehen. Hier spielten Gründe hinein wie Konflikte mit dem Ex-Partner, verletzte Gefühle oder eine neue Familienplanung. »Das senkt natürlich die Bereitschaft, für Kinder aus früheren Beziehungen zu zahlen«, sagte Diefenbach. In solchen Fällen werde auch gerne getrickst, um das eigene Einkommen zu drücken.
19.03.2010
Kommentar Väternotruf:
Mit dem steuerfinanzierten bedingungslosen Grundeinkommen könnte man sich diesen ganzen aufgeblähten Verwaltungsapparat namens Unterhaltsvorschusskasse zuzüglich, Gerichtsvollzieher und vor den Karren gespannter Polizei, Staatsanwaltschaft und Richterschaft sparen. Alle Kinder von 0 bis 18 Jahre bekämen das bedingungslosen Grundeinkommen, in einem ersten Schritt würde man dies für alles Kinder von 0 bis 6 Jahren einführen und dann später auch auf die anderen Kinder erweitern könnten. Der ganze widerliche Hickhack zwischen den Eltern, der den Kindern nur schadet, würde so wegfallen, weil es an dieser Stelle schlicht nichts mehr zu streiten gäbe. Dazu bräuchte es aber andere Parteien im Bundestag, die derzeit dort vertretenen Altparteien sind dazu leider nicht in der Lage, noch willens.
Pendelnde Scheidungskinder
Im Zug der Familien-Nomaden
Von Simone Utler
150.000 Kinder in Deutschland erleben jedes Jahr die Scheidung ihrer Eltern. Wenn Vater und Mutter nach der Trennung in verschiedenen Orten leben, müssen die Kleinen pendeln und von einer Familie zur anderen umschalten. Eine Herausforderung, die sie verändert - und vielen sogar gefällt.
Hamburg - Sonntag, 12.33 Uhr, Hamburger Hauptbahnhof, Gleis 13. Träge rollt der IC heran, die Bremsen quietschen. "Auf die Minute pünktlich - das ist selten", sagt Leandro M. Mit der Leichtigkeit eines geübten Reisenden zieht er seinen blauen Trolley durch die Beine der Wartenden. Souverän, ruhig, wie all die anderen Wochenendpendler. Er will möglichst dicht vor der Tür stehen, wenn der Zug hält. Leandro ist zwölf.
Alle vier bis sechs Wochen fährt der Junge mit dem Zug von Dortmund nach Hamburg und zurück: Er pendelt zwischen seinen Eltern hin und her. Leandro ist ein Scheidungskind. Das Wochenende hat er bei seinem Vater verbracht, nun ist er auf dem Weg nach Hause, zu seiner Mutter.
Leandro ist nicht allein unterwegs. Mit ihm reisen Sarah, 11, deren Eltern getrennt leben, Lukas, 9, auf dem Weg von seiner Patentante nach Hause, und Begleiterin Brigitte Gillmeister, ehrenamtliche Mitarbeiterin der Bahnhofsmission. Später steigt noch Pheline, 8, in den Zug - auch sie ist auf dem Weg von Papa zu Mama.
Die Bahn hat pendelnde Kinder als wachsende Kundengruppe erkannt und bietet seit Juni 2003 das Programm "Kids on Tour" an. Der Service, den es freitags und sonntags auf sieben Routen gibt, wird überwiegend von Kindern zwischen sechs und zehn Jahren genutzt, durchschnittlich alle zwei Wochen. Insgesamt waren seit 2003 mehr als 22.300 Jungen und Mädchen mit "Kids on Tour" unterwegs, allein 2009 waren es 6229 - Tendenz steigend.
Auch die Fluggesellschaften erkennen den Trend zum alleinreisenden Kind. Germanwings zum Beispiel hat im vergangenen Jahr 5400 unbegleitete Minderjährige als Passagiere registriert, jedoch nicht erhoben, wie viele von ihnen zwischen ihren Eltern hin- und herflogen.
Zahlen über pendelnde Kinder gibt es nicht. Von 1990 bis 2008 erlebten insgesamt rund 2,8 Millionen Minderjährige in Deutschland die Scheidung ihrer Eltern, für 2008 meldete das Statistische Bundesamt rund 150.000 betroffene Kinder.
Kinder werden Familien-Nomaden
Seit der Änderung des Kindschaftsrechts 1998 ist das gemeinsame Sorgerecht erwünscht und die Regel. Es herrscht Konsens, dass ein Kind beide Eltern braucht. Wie Familien dies umsetzen, variiert: Das "Nestmodell" geht von drei Haushalten aus - dem der Mutter, dem des Vaters und dem Zuhause, in dem das Kind dauerhaft lebt und abwechselnd von jeweils einem Elternteil betreut wird. Dieses Modell wird jedoch relativ selten genutzt. Wesentlich häufiger ist die Pendelsituation, bei dem das Kind bei einem Elternteil seinen hauptsächlichen Aufenthaltsort hat und den anderen regelmäßig besucht.
Leandro pendelt seit August 2008. Damals zog seine Mutter von Hamburg nach Recklinghausen, zu ihrem neuen Lebenspartner, und Leandro zog mit. Die Ehe der Eltern war schon länger zerrüttet. Leandro war sechs, als sein Vater auszog, acht, als sich die Eltern scheiden ließen, zehn, als die Mutter ihren neuen Partner kennenlernte.
Früher hieß Familie: zusammen leben. Heute teilt sich das Familienleben zunehmend auf verschiedene Orte auf. Sozialwissenschaftler sprechen vom Phänomen der "Multilokalität". Erwachsene werden Job-Nomaden, Kinder werden Familien-Nomaden.
Jungen und Mädchen, deren Eltern getrennt leben, befinden sich ohnehin oft in einer emotionalen Zwickmühle. Sie sind hin- und hergerissen zwischen Mama und Papa, können manchmal nur schwer ein Zugehörigkeitsgefühl entwickeln. Für pendelnde Kinder kommen weitere Herausforderungen hinzu: langfristige Terminabstimmungen, die aufregenden Reisen, die permanente Umstellung von einer Umgebung auf die andere.
Wie halten Kinder die Beziehung zu ihren Eltern aufrecht? Wie gehen sie mit dem Pendeln um? Wie nutzen sie die Reisezeit? Und wie gelingt das Umschalten zwischen zwei Familiensituationen?
In Deutschland liegen noch keine Untersuchungsergebnisse zu pendelnden Kindern vor. Die am Deutschen Jugendinstitut angesiedelte Schumpeter -Nachwuchsgruppe "Multilokalität von Familie" führt von diesem Jahr an eine qualitative Studie durch und sucht dafür derzeit Teilnehmer. "Wir wollen erfahren, wie funktioniert die Aufrechterhaltung von Nähe, Familie, Gefühlen?", sagt die Leiterin der Gruppe, Michaela Schier.
Vor allem interessiert die Wissenschaftlerinnen: Welche Konsequenzen hat die Mobilität und das Aufwachsen in zwei Familien für Kinder und Jugendliche? "Man muss davon ausgehen, dass sie mit der Zeit Anpassungsstrategien entwickeln", sagt Schier.
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* weiter
* 1. Teil: Im Zug der Familien-Nomaden
* 2. Teil: "Wir wissen sehr wenig über reisende Kinder"
15.03.2010
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,659858,00.html#ref=rss
Sie sind doch Schwestern, oder?
Birgit und Renate Scholz werden für Freundinnen gehalten, Kolleginnen, Erzieherinnen, aber nie für ein verheiratetes Paar mit Kindern. Eine Familiengeschichte mit Hindernissen
Silke Janovsky
Schon wieder einer dieser Momente, in denen Renate und Birgit Scholz* die Welt nicht verstehen. Und die Welt sie nicht. Vor ihnen sitzt eine Frau mit knielangem Strickpulli und engen Lederhosen und redet über das Stadtgut Blankenfelde. Das alternative Wohnprojekt im Norden Berlins sucht neue Mitbewohner, gerne Familien. In das kleine Büro drängen sich Paare, die nicht mehr in der Stadt leben möchten, genau wie Renate und Birgit Scholz.
Die Fenster laufen an, während die Frau vom Gutshof ihnen die Prinzipien des Projekts erklärt: Vielfalt, Gemeinschaft, Toleranz, all das. Auf sechzigtausend Quadratmetern hat vieles Platz. Die Frau hat die Beine übereinander geschlagen, ihre aufgeschürften, klobigen Stiefel sind mit Klebeband umwickelt. Wer will, kann sich in eine Liste eintragen.
"Sie sind also Schwestern?", fragt sie und blickt über den Rand ihrer Lesebrille zu den zwei Frauen mit den beiden Kindern auf dem Schoß. Renate Scholz schießt das Blut in den Kopf, aus Birgit Scholz' Gesicht weicht das Bewerberlächeln. "Wir sind ein Paar", antwortet sie knapp.
Die Frau vom Stadtgut versteht nicht. Warum sie denselben Nachnamen tragen, will sie wissen.
"Wir sind ver-hei-ra-tet. Das sind unsere Söhne Jukka und Arthur. Wir sind eine Familie."
Ach so. Ah ja. Na klar. Die Frau winkt ab, ist ja alles kein Problem, sagt sie, ihr Sohn sei ja auch schwul, der koche hier immer. Es macht die Situation nicht besser.
Die Frauen, beide Mitte dreißig, wollen mit ihren Kindern ins Grüne ziehen. "Vielleicht weil wa beede Landpomeranzen sind", sagt Birgit. Sie wuchs in Niemegk, einer Kleinstadt im Süden Brandenburgs, auf und arbeitet heute selbstständig als Homöopathin in Berlin. Renate stammt aus Ferdinandshof, einem Dorf nahe des Stettiner Haffs, sie ist Lebenskundelehrerin an einer Friedrichshainer Schule.
Birgit schnaubt, als sie in den kargen Innenhof des Stadtguts tritt. "Wenn ick der Mutter von 'nem Schwulen schon erklären muss, wat 'ne Regenbogenfamilie is', wie soll denn det das restliche Dorf kapieren?" Ein Mann, der gerade sein Pferd durch den Schnee in den Stall führt, schaut irritiert. Die beiden Jungen spielen Fangen. Jukka, fünf Jahre alt, rennt vorneweg, Arthur kommt mit seinen sechzehn Monaten kaum hinterher, gluckst aber, als gäbe es nichts Schöneres auf der Welt. Renate und Birgit haben die Runde früher verlassen, die Führung über das Gelände hat sich für sie erledigt. Ist sowieso alles zu unkuschelig, zu unschön, zu unfertig hier, sagt Birgit.
Sie ist das Dauerouting leid. Ständig muss sie ihre Familienkonstellation erklären, ob Kinderärzten, Sozialarbeitern oder den "Spießern aus dem Vorderhaus". Renate und Birgit wurden schon für vieles gehalten: Schwestern, Freundinnen, Arbeitskolleginnen, Erzieherinnen, nur nicht für ein Paar mit Kindern. Sie umarmen und küssen sich nicht weniger als andere Paare auch, werden als Lesben und als Mütter erkannt. Nur beides scheint in den Köpfen nicht zusammenkommen zu wollen.
Hätten Anne Will und ihre Lebensgefährtin ein gemeinsames Kind, vielleicht würde dann der Begriff Regenbogenfamilie in vielen Köpfen existieren. Das Wort wurde Mitte letzten Jahres in den Duden aufgenommen. Es leitet sich von der Fahne mit den bunten Streifen ab, die seit den Siebzigerjahren ein Symbol für schwul-lesbisches Selbstbewusstsein ist.
Regenbogenfamilie, das klingt luftig und farbig, wie es die Geschichten in Kinderbüchern sind. Wenn Renate und Birgit über ihre Familie sprechen, benutzen sie das Wort ganz selbstverständlich, als seien sie froh, einen so leichten Begriff für ein so schwieriges Vorhaben gefunden zu haben.
Nächstes Jahr soll Jukka eingeschult werden, die beiden Mütter machen sich Sor- (Fortsetzung auf Seite 2) (Fortsetzung von Seite 1) gen, dass der Junge wegen seiner Familie in der Kreuzberger Schule gehänselt wird. Aber wie wäre das hier draußen auf dem Land, allein unter Heteros? Vielleicht bleiben sie doch lieber in der Stadt. Gemeinsam stapfen die Vier zu ihrem Auto, einem metallicgrünen Renault Laguna, älteres Modell. Sie packen die Kinder hinein, Birgit schnallt sich auf den Beifahrersitz. Renate fährt.
Was die beiden Frauen heute ihre Familie nennen, begann vor sechs Jahren als eine Art Projekt in einer Friedrichshainer Kneipe. Birgit erinnert sich noch gut daran. An einem Winterabend treffen sie sich mit einem alten Freund auf ein Bier. Birgit kennt Micha noch aus Potsdam, früher haben sie dort gemeinsam Häuser besetzt. Die beiden Frauen sind seit fünf Jahren zusammen, sie wollen ein Kind und suchen einen Vater. Ob er denn jemanden wüsste. "Mach' ick selbst", sagt Micha.
Dreimal bringt er einen Becher mit seinem körperwarmen Samen vorbei. Immer dann, wenn Persona, ein Minicomputer, der eigentlich als Verhütungsmittel entwickelt wurde, Renate ihre fruchtbaren Tage anzeigt. Die Frauen zücken die Plastikspritze. Es muss schnell gehen. Je länger die Spermien an der Luft sind, desto mehr sterben ab. Mit einem Mann zu schlafen können sie sich beide nicht mehr vorstellen, auch wenn sie früher mit Männern zusammen waren.
Ein halbes Jahr nach jenem Abend ist Renate schwanger. Verglichen mit der Zeit, die sich andere lesbische Paare nehmen, um mit einem Mann ein Kind zu planen, kann man das halbe Jahr zwischen Kinderwunsch und Schwangerschaft fast schon als Schnellschuss bezeichnen.
Micha gefällt die Idee, Vater zu sein, ohne die klassische Rolle des Familienversorgers erfüllen zu müssen. Viele Frauen, die er kennt, wollen eine Familie. Er will seine Freiheit. Die Konstellation mit Renate und Birgit verspricht beides. Die Kosten für das Kind wollen sie dritteln, leben soll es bei den Frauen, Micha soll es sehen können, wann immer er will. Das ist der Plan. Ein guter Plan, finden alle drei, ein neues Familienmodell.
Es scheitert, kaum dass Jukka auf der Welt ist. Der Junge hat eine schwere Gelbsucht und muss auf die Intensivstation. Tagelang darf niemand zu ihm. Als der Säugling wieder bei den Müttern ist, wollen sie ihn nicht mehr von sich geben. Während der Schwangerschaft hat sich Micha kaum gemeldet und über die Kosten für das Kinderzimmer oder die Wickelkurse gemäkelt. Nun steht er jeden Tag auf der Matte und würde am liebsten bei ihnen einziehen. Renate und Birgit wird klar, dass jemand, mit dem man einmal im Monat ein Bier trinken geht, am Wochenbett nichts zu suchen hat.
Die beiden Frauen rücken enger zusammen, machen die Familie dicht. Es gibt Streit. Der Vater möchte den Jungen öfter sehen, als Mutter und Co-Mutter das wollen. Sie gehen gemeinsam zu einer Familienberatung, Micha droht mit Klage und bricht schließlich den Kontakt ab. Renate und Birgit nehmen sich vor, beim nächsten Kind alles anders zu machen.
Dass Birgit auch schwanger werden soll, war von Anfang an geplant. Diesmal bestellen sie bei einer dänischen Samenbank Gefriersperma, durch flüssigen Stickstoff haltbar gemacht. Bei deutschen Samenbanken wird nur Verheirateten oder Paaren in fester Bindung mit Samenspenden geholfen. Lesbische Paare oder auch alleinstehende Frauen haben kein Recht auf deutsches Sperma. Birgit probiert es ein Jahr lang mit dem dänischen Ejakulat, viertausend Euro kosten die Versuche insgesamt. Doch sie wird nicht schwanger.
Renate und Birgit wollen aber unbedingt ein zweites Kind. Sie fragen Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen, ob die einen Samenspender wüssten. "Als Lesbe muss man stur bleiben", sagt Birgit, "wie sollte man sonst zu einem Kind kommen?" Eine Kollegin von Renate kennt einen Studenten der Politik und Philosophie, der schon einmal bei einer Samenbank war.
Der junge Mann will bei dem ersten Treffen mit den Frauen wissen, warum sie noch ein Kind wollen. Weil es so schön ist. Weil wir glücklich sind. Die Antwort genügt ihm. Pünktlich zu Birgits nächstem Eisprung bringt Christopher ein kleines Senfgläschen mit seinem Sperma vorbei. Gleich der erste Versuch ist ein Treffer. Seither haben sie ihn nie wieder gesehen. Der Büchergutschein, den die Frauen ihrem Samenspender zum Dank gekauft haben, liegt immer noch irgendwo in ihrer Wohnung. Sie haben vereinbart, dass er keinen Kontakt zu dem Kind hat, wenn Arthur aber einmal seinen Erzeuger kennenlernen will, ist Christopher dazu bereit.
"Das Absurdeste an dieser Situation ist, dass ich mich wundere, warum Männer überhaupt ihren Samen spenden", sagt Birgit. Sie selbst würde das nie machen. "Weil ich das Bedürfnis hätte, mein Kind zu behüten", sagt sie, "ich könnte es nie loslassen."
Familie Scholz jubelt, als Birgit endlich schwanger ist, besonders ihr Bruder. Christian Scholz* ist Familientherapeut, er hat selbst zwei Söhne, fünf und zehn Jahre alt. Arthur ist ihm von Natur aus etwas näher als Jukka, sagt er, und dass Blut schon eine wichtige Sache ist.
An einem Samstag im Januar feiert Birgits Bruder seinen vierzigsten Geburtstag. Birgit umarmt ihn und drückt ihm ein Geschenk in die Hand. Die Tafel in der Villa Rossano, einem bürgerlichen Italiener in Neukölln, reicht quer durch den langen Gastraum. Einige Verwandte sitzen schon bei Bier und Rotwein, ein paar Kinder tollen in der Garderobe. Jukka rennt zu Birgits Mutter, Oma hat ihm einen kleinen Ball und Süßigkeiten mitgebracht. Eine Geste, die nicht immer so selbstverständlich war.
Birgits Eltern, die Mutter Psychologin, der Vater Physiker, haben den Jungen nicht von Anfang an selbstverständlich als ihren Enkel angesehen. Es komme darauf an, welche Beziehung man aufbaue und wie oft man sich sehe, haben sie damals gesagt. Über die Jahre hatten sich Eltern und Tochter voneinander entfernt. Nach ihrem Abitur ist Birgit nach Berlin gezogen, hat gejobbt und ist viel gereist. Mexiko, Indien, Kuba, manchmal blieb sie dort für ein halbes Jahr, dann wieder wohnte sie in Häusern ohne Telefon.
Dass ihre Tochter eine Frau liebt, war für Birgits Eltern nie ein großes Problem. Dass plötzlich das Baby einer anderen Frau ihr Enkel sein sollte, schon. Jukka, das Kuckucks-Enkelkind. Sie mussten erst lernen, den schüchternen Jungen in ihre Familie aufzunehmen. Er machte es ihnen leicht. Bei Sonntagsbesuchen, Familienfesten und gemeinsamen Urlauben eroberte er sich das Herz seiner Großeltern.
Renates Eltern ist es bis heute noch nicht wirklich gelungen, die Familie ihrer Tochter zu akzeptieren. Sie sehen zwar Jukka als ihr Enkelkind, doch Birgit und Arthur werden meist freundlich ignoriert. Renates Eltern sind Rentner, ihr Leben lang haben sie als Landwirte gearbeitet. Was zählte, war die Arbeit, sonst nichts. Das galt auch für ihre Töchter. Renate erinnert sich, wie sehr sie und ihre Schwestern sich als Kinder lange Haare gewünscht haben. Doch Schmuck und langes Haar waren verboten. Das sei unpraktisch und nutzlos, hat ihr Vater damals gesagt. Und was er sagte, das galt. Bis heute diskutiert er mit niemandem, der anderer Meinung ist als er, sagt Renate.
Als Jugendliche war sie in Jungs verliebt und hatte drei längere Beziehungen bis sie zwanzig war. Als sie Anfang der Neunzigerjahre nach Berlin kam, um Pädagogik zu studieren begann, veränderte sich ihr Leben. Sie interessierte sich plötzlich für Politik, Feminismus und Geschlechterrollen und fand sich in einer Frauen- und Lesben-Szene wieder, die sie faszinierte.
In einem Winterurlaub 1998 traf sie dann Birgit. Renates Mitbewohnerin und Birgits Mitbewohnerin waren ein Paar, und gemeinsam mit einigen Freunden hatten sie sich ein einsames Ferienhaus an der Oder gemietet. Morgens, während die anderen noch schliefen, machten die beiden Frauen stundenlange Spaziergänge entlang der Oder. Wolken jagten am Himmel, im Wasser trieben Eisschollen. Sie redeten über ihre Lebensgeschichten und lachten über die Ähnlichkeiten. Beide waren mit Männern zusammen gewesen, beiden hatten einige Affären mit Frauen gehabt. Sie hatten sich viel zu erzählen und merkten schnell, wie gut sie zusammenpassen.
Zwei Jahre später, die beiden Frauen waren zu Besuch auf dem Segelboot von Renates Eltern in Usedom, gaben sie sich nicht mehr die Mühe, ihre Beziehung zu vertuschen. Renates Vater ist fast durchgedreht. Das sei pervers und widernatürlich, hat er damals zu seiner Tochter gesagt. Ich war verzweifelt und habe total geheult, erinnert sich Renate, dann sind die beiden Frauen abgereist. Fünf Jahre lang hat sie ihre Eltern nicht wiedergesehen.
Als sie zur Hochzeit der beiden im Oktober 2006 eingeladen wurden, sagten ihre Eltern, sie würden nicht kommen, das könnten sie sich nicht angucken. Diesmal ist Renate am Telefon total ausgeflippt. Schließlich reisten sie doch an, standen immer etwas abseits und waren froh, wieder gehen zu können.
Dabei war es so ein schöner Tag. Mehr als hundert Gäste sind zur Trauung gekommen, Familie, Freunde, selbst die Kinder aus Jukkas Kita Lindenblüte haben einen Ausflug zum Standesamt nach Kreuzberg gemacht und Reis in die Luft geworfen. Jedes Kind brachte den beiden Bräuten eine Blume mit, erinnert sich die Kindergärtnerin. "Für die Kleinen war es spannend", sagt sie. Jukka war damals zwar erst anderthalb Jahre alt, aber für die älteren Kinder war es gut zu sehen, dass es auch andere Familien gibt. Manchmal spielen sie in der Kita nun auch Mutter-Mutter-Kind, wie bei Jukka zu Hause.
Es ist vier Uhr nachmittags, Abholzeit in der Lindenblüte in Kreuzberg. Dreizehn Kinder, zwischen anderthalb und sechs Jahren alt, rennen wild durcheinander, die Eltern mit den Jacken hinterher. Jukka springt noch in der Strumpfhose durchs Spielzimmer, seine Mutter Renate sucht seine Hose.
Jukkas Erzieherin steht an der Seite und erzählt, dass sie schon seit siebenunddreißig Jahren mit Kindern arbeite, Jukka sei das erste Regenbogenkind für sie. Und absolut nichts Besonderes, wie sie sagt. "Es gibt so viele Familienmodelle, inzwischen ist doch alles normal." Als der Junge in die Lindenblüte kam, schenkten seine Mütter der Kita ein Kinderbuch. "Zwei Papas für Tango" handelt von zwei Pinguinmännchen, die einen Stein bebrüten. Ein Pfleger schiebt ihnen ein echtes Ei unter und das geschlüpfte Pinguinkind Tango hat fortan zwei Väter.
Renate und Birgit hätten lieber eine Geschichte über zwei Mütter und ihre Kinder verschenkt, aber Bücher über lesbische Regenbogenfamilien gibt es kaum, auch wenn mehr als neunzig Prozent der Regenbogenkinder bei zwei Frauen aufwachsen.
Renate hat endlich die Hose gefunden. Sie hilft Jukka, sich anzuziehen, dann gehen Mutter und Sohn nach Hause. Die beiden Frauen leben seit 2003 zusammen. Als Renate hochschwanger war, sind sie in eine größere Wohnung ins Hinterhaus gezogen. Dort poltert Arthur jetzt mit Bauklötzen auf dem Holzboden der großen Wohnküche, Jukka blättert in einem Buch, Birgit kocht Hirse, Renate deckt den Tisch. Am Fenster keimen Mungosprossen in einem Glas, auf dem Sofa liegen zwei Katzen. Mehr Familienidylle geht eigentlich nicht.
Die Wohnung ist nicht klein, aber sehr verwinkelt, ein Kompromiss aus vielen Quadratmetern und wenig Platz. Eine größere können sie sich nicht leisten. "Wenn Renate ein Mann wäre, hätten wir vierhundert Euro mehr im Monat", sagt Birgit. Die sogenannte Homo-Ehe ist nicht auf Kinderkriegen ausgelegt, steuerlich sind die Frauen Singles, auch wenn beide das Kind der anderen adoptiert haben. Manche Mitarbeiter auf dem Bürgeramt wissen noch nicht einmal, dass es die Eingetragene Lebenspartnerschaft überhaupt gibt, sagt Birgit. Und erst die Formulare. Da steht immer Mutter und Vater drauf. "Wir streichen dann Vater durch und schreiben Mutter 2 drauf."
Als Arthur geboren wurde, waren die beiden Frauen schon zwei Jahre verheiratet. Bei heterosexuellen Paaren werden automatisch beide Eheleute als Eltern anerkannt. Bei gleichgeschlechtlichen Paaren nicht, Renate musste Arthur erst adoptieren. Ein entwürdigender Prozess, sagt Birgit. "Da kam eine Sozialarbeiterin vom Jugendamt zu uns nach Hause und hat geprüft, ob wir der Elternschaft überhaupt fähig sind."
Eine Studie des Bundesjustizministeriums hat Ende letzten Jahres gezeigt, dass Kinder in gleichgeschlechtlichen Beziehungen genauso gut aufwachsen wie andere Kinder. Die Untersuchung belegt, dass Regenbogenkinder ein höheres Selbstwertgefühl zeigen, überdurchschnittlich gut in der Schule sind und dass es in ihren Familien weniger Streit gibt. Renate und Birgit haben auch an der Studie teilgenommen. Man hat den Eindruck, sie tun so ziemlich alles, um eine normale Familie zu sein. Oder als solche gesehen zu werden. Das Abendessen ist fertig, Hirse mit Gemüsepfanne, alles Bio.
Nach dem Essen bringt Birgit Arthur ins Bett, Renate liest Jukka auf dem Sofa noch ein Märchen vor. Birgit ist Mami, Renate ist Mama. Der Junge kuschelt sich an seine Mutter, heute Abend hört er "Der Wolf und die sieben Geißlein". "Macht auf, ihr lieben Kinder, eure Mutter ist da und hat jedem von euch etwas mitgebracht! Aber die Geißlein hörten an der rauen Stimme, dass es der Wolf war. Wir machen nicht auf, riefen sie, du bist unsere Mutter nicht, die hat eine feine und liebliche Stimme; aber deine Stimme ist rau, du bist der Wolf!"
Eine ganz normale Familienszene, aber man neigt plötzlich dazu, alles mögliche hinein zu interpretieren. Die raue Stimme des Wolfes, die liebliche der Mutter. Man denkt an Micha, Jukkas Vater, und fragt sich, wie der Junge in zwanzig Jahren darüber denkt, bei zwei Frauen aufgewachsen zu sein.
Renate und Birgit wissen, dass ihre Jungen eine männliche Bezugsperson brauchen. Schon lange suchen sie nach Patenonkeln, doch die wenigen Männer, die sie überhaupt kennen, sind überhäuft von Anfragen lesbischer Paare und verlassener Frauen. Oder sie sind selbst Väter.
Es ist spät am Abend, die Kinder schlafen, auf dem Küchentisch steht eine Kanne Tee und die Frauen knacken Erdnüsse. Fragt man sie nach Jukkas Vater, reagieren sie gereizt. Immer stehe die Frage nach dem Vater im Vordergrund, sagt Birgit. "Micha ist eine wichtige Figur, aber er gehört nicht zur Familie. Die Familie ist voll, sag ick!"
Ob Micha als Vater vielleicht genauso elterliche Gefühle für Jukka hat wie sie, darüber wollen sie nicht nachdenken. Und Micha kann man danach nicht fragen, die Frauen möchten nicht, dass man ihn nach seiner Version der Geschichte fragt.
"Wir haben Fehler gemacht," sagt Renate, "aber wir haben es nicht absichtlich getan." Es war wie eine Trennung, mit Streit, Verletzungen, Wut und Schuldgefühlen. Man merkt, wie sehr sie die Sache noch aufwühlt, mal schaut sie wütend, mal traurig, mal verzweifelt. Am meisten Angst hat sie davor, dass Jukka irgendwann einmal bei seinem Vater leben will. Die beiden Frauen haben so viele Hürden genommen, im Kampf für ihre kleine Familie, aber diese ist vielleicht die größte.
Nach einem Jahr Funkstille war es Birgit, die den ersten Schritt gemacht hat. Wir haben wieder Kontakt zu Micha, sagt sie, es läuft gut, aber richtige Freunde werden wir wohl nicht wieder. Micha lebt mittlerweile in Hamburg, er hat eine Frau und einen Sohn. Einmal im Monat besucht er Jukka in Berlin und verbringt den Tag mit ihm.
* Nachname geändert
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Demnächst
Foto: Demnächst erzählen wir an dieser Stelle die Geschichte von zwei Männern, die fünf Kinder haben und die ersten schwulen Pflegeeltern Deutschlands sind.
Berliner Zeitung
27.03.2010 » Magazin
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/0327/magazin/0001/index.html
Kommentar Väternotruf:
Es gibt Männer, die sind ausgesprochene Trottel, so z.B. Micha, der Vater von Jukka. "Einmal im Monat besucht er Jukka in Berlin und verbringt den Tag mit ihm."
Dieser Trottel von einem Vater, ist noch nicht einmal rechtlicher Vater, geschweige denn, dass er das Sorgerecht für seinen Sohn hätte, denn er hat es zur Adoption freigegeben, bzw. noch schlimmer, die Mutter hat beim Standesamt den Namen des Vaters verschwiegen, so dass der Sohn offiziell vaterlos ist. Die Mutter muss jedoch aufpassen, dass sie vom biologischen Vater nicht beim Standesamt verpfiffen wird, denn die Nichtangabe des Vaters wider besseres Wissen kann als eine Personenstandsfälschung angesehen werden.
Im übrigen muss bei einer Adoption die Zustimmung des Vaters erteilt werden, nur wenn dieser dazu dauerhaft außerstande ist oder sein Aufenthalt dauerhaft unbekannt ist, darf die Adoption auch ohne Erfüllung dieser Voraussetzung erfolgen.,
§ 1747 BGB Einwilligung der Eltern des Kindes
(1) Zur Annahme eines Kindes ist die Einwilligung der Eltern erforderlich. Sofern kein anderer Mann nach § 1592 als Vater anzusehen ist, gilt im Sinne des Satzes 1 und des § 1748 Abs. 4 als Vater, wer die Voraussetzung des § 1600d Abs. 2 Satz 1 glaubhaft macht.
(2) Die Einwilligung kann erst erteilt werden, wenn das Kind acht Wochen alt ist. Sie ist auch dann wirksam, wenn der Einwilligende die schon feststehenden Annehmenden nicht kennt.
(3) Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet und haben sie keine Sorgeerklärungen abgegeben,
1.
kann die Einwilligung des Vaters bereits vor der Geburt erteilt werden;
2.
darf, wenn der Vater die Übertragung der Sorge nach § 1672 Abs. 1 beantragt hat, eine Annahme erst ausgesprochen werden, nachdem über den Antrag des Vaters entschieden worden ist;
3.
kann der Vater darauf verzichten, die Übertragung der Sorge nach § 1672 Abs. 1 zu beantragen. Die Verzichtserklärung muss öffentlich beurkundet werden. § 1750 gilt sinngemäß mit Ausnahme von Absatz 4 Satz 1.
(4) Die Einwilligung eines Elternteils ist nicht erforderlich, wenn er zur Abgabe einer Erklärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1747.html
Die Mutter von der hier in dem Artikel der Berliner Zeitung berichtet wird, hat dies ganz sicher nicht eingehalten, sondern wider besseres Wissen bei der Behörde angegeben, der Aufenthalt des Vaters wäre dauerhaft unbekannt. Die Bundesregierung ficht eine solche Lügenpraxis zu lasten der Kinder und der Steuerzahler/innen aber nicht an. Hier wird lieber Jagd gemacht auf Väter, die mittels eines geheimen Abstammungstests für Klarheit sorgen wollen. Klarheit liebt die Bundesregierung aber überhaupt nicht. So sorgte Ex-Bundesjustizministerin Zypries (SPD) in ihrer Amtszeit dafür, Väter die einen heimlichen Vaterschaftstest in Auftrag geben, zu kriminalisieren. Was man seither von der SPD zu halten hat, nämlich nichts, hat sich inzwischen herumgesprochen. Eine Partei, die eine Kriminalisierungspolitik gegen Väter gutheißt und vor der kriminellen sogenannten "Samenspende" -Praxis in Deutschland die Augen verschließt, das ist keine Partei mehr, sondern ein Auslaufmodell.
Innsbruck
26.3.2010
Zwillingsmord, der für die Täterin keiner war
Es war ein grausamer Tod: Mit einem Polster wurden die siebenjährigen Zwillinge Celine und Mario im Bett erstickt. Die Mörderin: Eine Tirolerin.
Von Jan Hetfleisch
Innsbruck/Zürich – Was zunächst nach einem Einbruchsmord aussah, entpuppte sich schnell als ein kaltblütiger Mord der Mutter: Er passierte in der Nacht auf den 24. Dezember 2007 in einer 5-Zimmer-Wohnung in der Gemeinde Horgen in der Nähe von Zürich.
Bianca B. weckte gegen zwei Uhr Früh ihren Mann. Doch es war kein sanftes Wecken. Die gebürtige Tirolerin rüttelte Franz B. aus dem Schlaf. Sie stand beunruhigt vor ihm. Franz B. bemerkte, dass etwas nicht stimmte, denn die Schlafzimmertüre, die sonst immer weit offen stand, war geschlossen.
Franz B. stand auf, um nach dem Rechten zu sehen. Doch was er dann erlebte, war der blanke Albtraum.
„Ich habe meine Kinder nicht getötet“
Franz B. und Bianca B. sitzen beide im Gerichtsaal in Zürich. Doch nicht auf der gleichen Seite. Die 36-jährige Tirolerin nimmt auf der Anklagebank Platz. Franz B. befindet sich als Zeuge im Saal. Noch immer kann er die Tat nicht fassen. Noch immer kann er nicht glauben, dass seine langjährige Freundin und Frau seine beiden Kinder umgebracht haben soll. „Sie ist nicht mehr die Bianca, die ich kannte“, sagt der selbständige Baggerfahrer, der Bianca B. immer noch „meine Frau“ nennt, obwohl sie schon geschieden sind.
Die Staatsanwaltschaft warf der Tirolerin zweifachen Mord vor. In der besagten Nacht soll Bianca B. aufgestanden sein. Soll Geschenke für die Kinder unter den Tannenbaum gelegt haben. Dann ging sie in die Zimmer von Celine und Mario. „Dort erstickte die Angeklagte die beiden Kinder nacheinander in nicht mehr genau festzulegender Reihenfolge, indem sie einige Minuten lang mit massiver Gewalt auf den Oberkörper, den Hals und die Atemwege der Kinder drückte, indem sie ein Kissen oder einen anderen weichen Gegenstand wie eine Decke oder ein Tuch auf den Gesichtern der Kinder fixierte, wobei sie gleichzeitig die Kinder festhielt und sie so am Atmen hinderte“ – führte die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift aus.
„Ich habe meine Kinder nicht umgebracht, ich könnte so was nicht. Ich war eine fürsorgliche Mutter“, erklärte die 36-Jährige bei der Einvernahme. Vielmehr glaubte sie, dass ihr Ex-Mann der Täter sei, den sie im Gerichtsaal „Herr B.“ nennt.
Doch Franz B. der zu Beginn der Untersuchungen im Jahr 2007 auch zu den Hauptverdächtigen zählte, konnte nach 16 Einvernahmen, 200 befragten Personen und 16 Stunden psychiatrischer Untersuchung wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Ein Grund für diesen Schritt war auch, dass sich die Tatvorwürfe gegen Bianca B. erhärteten.
Eine lange Nacht
Franz B. ging in der besagten Nacht, nachdem er von seiner Frau geweckt worden war, sofort in das Zimmer von Mario. „Es war furchtbar. Er hatte ein Kissen auf dem Gesicht. Er war eiskalt“, schilderte der Mann im Zeugenstand und führte weiter aus, „In der ganzen Wohnung war es kalt. Ich ging in die Küche, wo das Fenster weit offen stand und schloss dieses.“ Dann ging Franz B. in das Zimmer von Celine. „Sie lag gleich da wie Mario – mit einem Kissen vor dem Gesicht. Auch sie war eiskalt.“ Er ging vollkommen geschockt aus der Wohnung und rief die Polizei. „Es war eine extreme Angst da, die totale Überforderung.“
Als Franz B. zurückging, saß Bianca im Stiegenhaus und weinte. Kurz darauf traf die erste Polizeistreife ein. Er führte einen Beamten in das Zimmer von Mario. „Der Bub lag in einem hellblauen Pyjama auf dem Bett, das Gesicht zur Wand gedreht. Im linken Arm ein Plüschtier“, war in der Niederschrift des Polizisten zu lesen. „Ein Puls war nicht mehr spürbar“. Das gleiche Bild bot sich dem Beamten auch in Celines Zimmer.
Eine Stunde später liefen die Ermittlungen in Richtung Einbruch und Mord an. Fußspuren und Fingerabdrücke wurden gesichert. Doch die Auswertung ergab: keine fremde Person hatte sich in der Wohnung befunden. Auch Einbruchsspuren fehlten. Somit fiel der Verdacht auf die beiden Eltern.
Noch in der Nacht wurde Bianca B. zum ersten Mal befragt. Der Verdacht erhärtete sich gegen die Mutter, denn sie verstrickte sich in den weiteren 18 Einvernahmen immer mehr in Widersprüchen. Während einer Befragung erzählte sie von einem Traum, in dem sie Geschenke unter den Tannenbaum legte und dann in die Kinderzimmer ging. „Ich kann nicht ausschließen, dass ich Kinder getötet habe, ich kann mich nicht erinnern.“
„Instabiler Realitätsbezug“
Diese Aussage passte zu dem psychiatrischen Gutachten. Der Psychiater Frank Urbaniok bezeichnete den Fall der 36-Jährigen als „sehr komplex. Eine Persönlichkeitsstörung, nicht näher bezeichnet“. In dem 250 Seiten langen Gutachten wird diese Störung, die einige zwanghafte Züge, sowie einen instabilen Realitätsbezug beinhaltet, genau beschrieben. Urbaniok kommt zum Schluss: „Ihre Wirklichkeiten sind beliebig austauschbar. Ideen, die andere nicht zulassen, sind für sie umsetzbar“. Dennoch attestierte der Psychiater der 36-Jährigen eine nur leicht verminderte Schuldfähigkeit.
Am Freitagvormittag ging der zweiwöchige Indizienprozess gegen die 36-jährige Tirolerin zu Ende. Das Geschworenengericht sah es als erwiesen, dass Bianca B. ihre beiden Kinder ermordet hat. Der Richter fällte das Urteil: lebenslange Haft mit einer Therapie. Zudem muss sie ihrem Ex-Mann eine Wiedergutmachung von 150.000 Franken (105.042 Euro) sowie einen Schadenersatz von rund 15.000 Franken bezahlen.
http://www.tt.com/csp/cms/sites/tt/Tirol/497639-2/zwillingsmord-der-f%C3%BCr-die-t%C3%A4terin-keiner-war.csp
Oberpfalz
Zweijährige stirbt wegen Vernachlässigung
Tirschenreuth. Die kleine Lea wurde nur zwei Jahre alt. Ihre Mutter ließ sie im oberpfälzischen Tirschenreuth verhungern und verdursten. Dafür sitzt die 21 Jahre alte Frau jetzt in Untersuchungshaft. Wie die Staatsanwaltschaft in Weiden am Dienstag mitteilte, erließ das Amtsgericht Regensburg Haftbefehl gegen sie. Der Vorwurf: Totschlag durch Unterlassung. Auch das zuständige Jugendamt geriet in die Kritik. Auf besorgte Hinweise von Nachbarn hatte die Behörde nicht reagiert.
Lea war am Samstag tot in ihrem Bett gefunden worden. Die Obduktion ergab: Das Mädchen starb an Vernachlässigung, war verhungert und verdurstet. Am Dienstag wurde bekannt, dass das zuständige Jugendamt bereits vor einem halben Jahr Informationen darüber hatte, dass es in der Familie möglicherweise massive Probleme gebe.
Nachbarn hatten bei der Behörde angerufen, weil die beiden Kinder der 21 Jahre alten Mutter - Lea hat einen älteren Bruder - nicht mehr im Garten spielten, sondern aus dem Fenster winkten. "Die zuständige Fachkraft des Jugendamtes fasste diese Schilderung nicht als eine Meldung einer akuten Gefährdung der Kinder auf", teilte der Landkreis Tirschenreuth mit. Schließlich habe sich der Großvater der Kinder, der in der Nähe wohnte, nach Angaben der Nachbarn oft um sie gekümmert.
"Heute nicht mehr nachvollziehbar - leider"
Warum nach dem besorgten Hinweis der Nachbarn kein Hausbesuch des Jugendamtes veranlasst und warum der Fall auch später nicht mehr aufgegriffen wurde, sei "heute nicht mehr nachvollziehbar - leider", sagte Landkreissprecher Josef Hecht. Klar ist aber: Der qualvolle Tod des kleinen Mädchens hätte möglicherweise verhindert werden können, wenn das Jugendamt dem Hinweis der Nachbarn nachgegangen wäre.
"Unsere Fachkräfte haben schon Vorgaben, wie sie auf derartige Hinweise reagieren müssen", sagte Hecht. "Und diese Hinweise wurden nicht als gravierend eingestuft." Das Jugendamt habe keinen Kontakt zu der Familie aufgenommen. "Das Jugendamt kannte die Familie nicht." Nach dem Tod des Mädchens wird das Umfeld der Familie jetzt genau unter die Lupe genommen. "Die Mutter ist nicht erwerbstätig", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Gerd Schäfer in Weiden. "Wir vernehmen weiter Zeugen". Auch der Vater des toten Mädchens werde befragt, der von der Mutter getrennt lebt. Er kümmert sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft jetzt um seinen kleinen Sohn, der unversehrt ist.
"Nach allem, was wir wissen, geht es ihm gut", sagte Schäfer und betonte: "Es gibt keine Erkenntnisse, dass der Vater sich nicht um das Kind kümmern wollte".
Der tragische Tod der kleinen Lea ist nicht der erste Fall dieser Art in Bayern. Vor einem Dreivierteljahr starb die dreijährige Sarah im mittelfränkischen Thalmässing. Sie war unter den Augen ihrer Eltern verhungert. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seitdem gegen die Eltern wegen gemeinschaftlichen Totschlags durch Unterlassung. Auch gegen das zuständige Jugendamt wurden Ermittlungen aufgenommen.
Gegen den Landkreis Tirschenreuth und das Jugendamt werde noch nicht ermittelt, sagte Schäfer. "Es gibt im Moment keine konkreten Ermittlungen, aber wir gehen allen Hinweisen nach." (dpa)
Erscheinungsdatum 30.03.2010
Familiendrama in Lünen
Mutter tötet Kinder und erhängt sich an Strommast
23. März 2010, 10:21 Uhr
Einen Tag nach dem Familiendrama in Lünen (NRW) mit zwei toten Kindern haben Spaziergänger eine Frauenleiche gefunden. Die Frau hat sich offensichtlich an einem Strommast erhängt. Es spreche einiges dafür, dass es die Mutter der getöteten sieben und zwölf Jahre alten Kinder ist.
Zwei tote Kinder in Lünen
Nach dem Familiendrama in Lünen mit zwei toten Kindern hat sich die Mutter offenbar selbst getötet.
Zweieinhalb Kilometer von der Wohnung der Familie entfernt fanden Spaziergänger die Leiche einer Frau. Sie stießen auf eine Frau, die sich an einem Strommast erhängt hatte, teilte eine Sprecherin der Dortmunder Staatsanwaltschaft mit
Es spreche einiges dafür, dass es die Mutter der getöteten sieben und zwölf Jahre alten Kinder ist, sagte Staatsanwältin Ina Holznagel. Die von ihrem Mann getrenntlebende 39-Jährige hatte die Kinder nach ersten Befunden erstickt. Genaueres soll eine Kohlenmonoxid-Untersuchung an den Kinderleichen ergeben.
Die Frau hatte in einem Abschiedsbrief über ihre verzweifelte Situation geklagt. Genauere Angaben zum Tatmotiv und zum Ablauf der Tat gab es zunächst nicht. Der Vater hatte die toten Kinder im Schlafzimmer der Mutter entdeckt. Nachbarn berichteten, sie hätten einen beißenden Geruch aus dem Zimmer wahrgenommen. Nach der Tat standen die Fenster zum Lüften stundenlang weit offen.
Die nach der Tat zunächst vermisste Frau soll sich an einem Seil von einem etwa 25 Meter hohen Strommast in den Tod gestürzt haben, wie auch die „Bild- Zeitung“ berichtete. Sie wurde noch am Vormittag geborgen und sollte obduziert werden.
Die Nachbarn im Lünener Wohnviertel trauerten um die Familie. Mitschüler und Bekannte steckten vor dem Doppelhaus Kerzen an und legten Blumen und Stofftiere ab. Der zwölf Jahre alte Luca hatte die sechste Klasse eines nahe gelegenen Gymnasiums besucht, die siebenjährige Zoe ging zur Grundschule.
Familiendrama in Lünen
Vater findet seine Kinder tot im Schlafzimmer
23. März 2010, 07:48 Uhr
Eine Mutter hat in Lünen bei Dortmund offenbar ihre zwei Kinder getötet und ist dann verschwunden. Die 39-Jährige lebt getrennt von ihrem Ehemann und hat einen Abschiedsbrief hinterlassen. Der Vater hatte den zwölfjährigen Sohn und die sieben Jahre alte Tochter tot im Schlafzimmer gefunden.
Eine verzweifelte Mutter hat in Lünen bei Dortmund vermutlich ihre zwei Kinder umgebracht.
Die 39- Jährige, von der zunächst jede Spur fehlte, hinterließ einen Abschiedsbrief. „Die getrennt von ihrem Mann lebende Frau hat darin ihre Verzweiflung ausgedrückt. Es ist aber in dem Brief nicht die Rede davon, dass sie ihre Kinder oder sich selbst umbringen wollte“, sagte die Dortmunder Staatsanwältin Ina Holznagel.
Der 40 Jahre alte Vater fand die Leichen des 12 Jahre alten Sohnes und der 7 Jahre alten Tochter in der Doppelhaushälfte im Schlafzimmer der Frau. Der Nachbar alarmierte die Rettungskräfte. Als die Feuerwehr eintraf, waren die Kinder schon mehrere Stunden tot.
Obwohl die Leichen äußerlich keine Anzeichen von Gewalt aufwiesen, gehen die Ermittler davon aus, dass sie getötet wurden.
Der Junge und das Mädchen sollen jetzt bei der Obduktion vor allem auf eine Vergiftung hin untersucht werden. Tabletten oder auch eine Gasvergiftung sind nicht auszuschließen. Dass die Geschwister mit einem Kissen erstickt wurden, nimmt die Polizei nicht an. Dazu sei der Junge vermutlich auch zu kräftig gewesen.
Die Polizei suchte stundenlang die Umgebung vergeblich nach der Mutter ab. Auch der Einsatz von Suchhunden brachte keinen Erfolg. Die Polizei hat eine Mordkommission eingerichtet.
http://www.welt.de/vermischtes/article6890348/Vater-findet-seine-Kinder-tot-im-Schlafzimmer.html
Archiv » 2010 » 06. März » Berlin
Textarchiv
STADTRAT
"Die Gerichte könnten häufiger einen Gentest anordnen"
Herr Liecke, Neukölln fährt eine harte Linie, wenn der Verdacht von so genannten Scheinvaterschaften bei Asylbewerbern besteht. Warum?
Bei den Scheinvaterschaften geht es um viel Geld. Ich habe das mal hochgerechnet. Seit Mitte 2008 dürfte dem Land Berlin ein Schaden von etwa fünf Millionen Euro entstanden sein.
Wie kommen Sie auf diese Zahl?
Mitte 2008 gab es in Berlin etwa 240 Verdachtsfälle von Scheinvaterschaften. Monatlich kommen allein in Neukölln vier bis fünf weitere Fälle hinzu, das könnten, vorsichtig gerechnet, berlinweit etwa 40 neue Fälle pro Monat sein. Wenn nur die Hälfte dieser Leute jeden Monat staatliche Leistungen in Höhe von 800 Euro erhält, kommen so im Laufe von 20 Monaten etwa fünf Millionen Euro zusammen.
Was macht Sie denn so sicher, dass von den Frauen angegeben Väter nicht die biologischen sind?
Oft gibt es Ungereimtheiten, wenn die Klienten zum Standesamt kommen, um die Geburtsurkunde des Kindes abzuholen. Die Männer kennen nicht den Namen des Kindes, ihnen fehlen wichtige Informationen über die Familie, die man als Vater eigentlich wissen müsste. Und oft passiert das bei Paaren, bei denen einer einen ungesicherten Aufenthaltsstatus hat.
Die Familiengerichte entscheiden trotzdem oft gegen die Klagen der Bezirke.
Ich akzeptiere diese Urteile. Doch merkwürdig ist doch schon, dass die Mutter später beim Meldeamt einen deutschen Pass für ihr Kind beantragt und nur sich als Erziehungsberechtigte angibt. Der Vater spielt dann keine Rolle mehr. Die Gerichte könnten viel häufiger einen Gentest anordnen, das würde absolute Klarheit schaffen.
Das Thema Scheinvaterschaften sehen nicht alle Bezirke so problematisch. Manche agieren sehr liberal, etwa Marzahn-Hellersdorf.
Es muss eine einheitliche Regelung geben. Wir haben vom Senat gefordert, eine Zentrale Ermittlungsstelle bei der Ausländerbehörde einzurichten. Doch der Senat duckt sich und ignoriert unsere Erkenntnisse.
Das Gespräch führte Stefan Strauß.
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/0306/berlin/0087/index.html
Kommentar Väternotruf:
Um die Abstammung zu klären, wird kein Gentest gemacht, sondern ein Abstammungstest, was aber die Journalisten offenbar nicht auseinander halten können.
Das Problem der Scheinvaterschaften ist hausgemacht von der Bundesregierung. Vater ist derjenige, der die Vaterschaft anerkennt, so steht es im Gesetz. Die Idee des Staates und seiner gesetzgebenden Staatsbeamten im Bundesjustizministerium, die dahinter steckt, ist es, Frauen zu ermöglichen, die wahre Herkunft des Kindes zu verschleiern. Denn der Vater ist womöglich ein verheirateter höherer Beamter aus dem Bundesjustizministerium, der kein Interesse daran hat, seine "intakte" Ehe und seinen Status als Saubermann zu gefährden, nur weil bei einer seiner außerehelichen Affäre ein Kind entstanden ist. Und so ist er froh, dass es eine gesetzliche Konstruktion gibt, mit der die Mutter jeden dahergelaufenen Trottel zum offiziellen Vater küren lassen kann. Oder auch gar keinen Mann als Vater angibt und das Kind nie erfährt, wer sein Vater ist.
Dazu passt dann auch auf der anderen Seite die staatliche Kriminalisierung von Männern, die offiziell als Vater gelten, aber zwischenzeitlich Zweifel daran hegen, ob sie es wirklich sind und ohne Wissen der Mutter einen Abstammungstest in Auftrag geben. Der Staat stürzt sich auf diese Männer mit der ganzen Wucht seines Kriminalisierungsbedürfnisses.
Was hier letztlich hilft, ist ein obligatorischer Abstammungstest für alle Kinder, unabhängig vom sozialen Status ihrer Eltern. Und damit das ganze kein Papiertiger wird, muss es auch möglich sein, Mütter die sich weigern, den Vater des Kindes zu benennen oder feststellen zu lassen, zu sanktionieren. Doch da stößt der Staat an seine ideologischen Grenzen. Während Sanktionen für Väter völlig normal sind, allein mehrere tausend Strafverfolgungen im Jahr wegen sogenannter Unterhaltspflichtverletzungen, werden Mütter auf Händen getragen und in Watte eingehüllt.
ZDF, Dienstag, 30.03.2010
Magazin/Dokumentation 22:15 - 22:45 Uhr
Väter wider Willen ... und trotzdem Ja zum Baby
Deutschland 2010
Geborgenheit, Orientierung, Stärke - das will jeder gute Vater seinem Kind mit auf den Weg ins Leben geben. Eine erfüllte Ehe mit der Kindesmutter ist dafür heutzutage schon längst keine Voraussetzung mehr, ganz im Gegenteil: Besuchszeitenregelung und Sorgerechtdiskussionen, so sieht der Alltag vieler Väter aus. Besonders hart trifft es dabei jene Männer, die wie aus heiterem Himmel mit einer Schwangerschaft konfrontiert werden.
Als Kind war Steve vom eigenen Vater misshandelt worden und als Erwachsener stets darauf bedacht, nie ein Kind zu zeugen. Zu groß war die Angst, den eigenen Ansprüchen nicht gerecht zu werden. Seine Ex-Freundin kannte seinen Standpunkt und versicherte ihm zu verhüten. Zwei Monate später erfuhr er, dass er Vater werden würde. Für ihn brach eine Welt zusammen, Suizidgedanken quälten ihn monatelang. Doch sein Verantwortungsgefühl überwog, der gebürtige Berliner kündigte seinen neuen, vielversprechenden Job in Großbritannien und zog in die Stadt der Kindesmutter, nach Köln. Diese merkte schnell, dass er keine Beziehung mit ihr, sondern nur seinen Vaterpflichten nachkommen wollte, und sie brach daraufhin den Kontakt ab. Das Kind gehöre nur ihr ganz allein, von Steve wolle sie nichts, kein Geld, keine Unterstützung.
Auch Phillip spielt lediglich die Rolle des Erzeugers. Vier Jahre lang hatte er die Frau schon nicht mehr gesehen, dann entdeckte er sie zufällig wieder im Internet. In der ersten gemeinsamen Nacht wurde die Tochter gezeugt. Philipp macht gerade eine Ausbildung, sein Geld reicht kaum, um den Unterhaltspflichten nachkommen zu können. Aber viel schwerer wiegt für ihn, dass die Kindesmutter ihm sein Kind vorenthalten möchte. Für Philipp kommt das einem persönlichen Versagen gleich.
Zwei Wochenenden im Monat darf Marc dagegen Zeit mit seinen beiden Kindern verbringen. Er hängt an seinen Kindern, auch wenn die Umstände ihrer Geburt tiefe Narben hinterlassen haben. Er hatte von diesen seltenen Fällen gehört, wo eine Frau trotz Pille schwanger werden kann. So konnte er beim ersten Kind den Schock überwinden, die Liebe zu seiner Freundin überwog, und schließlich wollte er als angehender Lehrer ja Kinder haben, es war nur schlicht zu früh. Von da an benutzte er nur noch Kondome, wäre dabei aber nie auf die Idee gekommen, dass er diese auch selbst entsorgen müsste. Das zweite Kind kam auf die Welt.
Eine ungewollte Vaterschaft ist ein tiefer Einschnitt im Leben eines Mannes; er muss sich nicht nur der Verantwortung stellen, sondern sich auch auseinandersetzen mit dem Vertrauensbruch, dem Gefühl, hereingelegt worden zu sein.
Öffentlich darüber zu sprechen, erscheint als Makel, als Kapitulation vor dem eigenen Lebensentwurf. Besonders schwer wiegt dabei der fehlende Kontakt zum eigenen Kind. Er löst in den Männern Konflikte aus, für die sie nur mühsam eine Lösung finden.
'37°' begleitet Steve, Phillip und Marc in ihrem Alltag. Sie erzählen vom ersten Schock, aber auch von der gleichzeitig aufkommenden Freude über ihre Vaterschaft. Und darüber, wie sie sich in ihre neue Rolle als Vater eingefunden haben und wie sie versuchen, ihre Zukunft ohne Gewissensbisse, Zweifel und Ängste zu gestalten.
http://www.tvinfo.de/exe.php3?target=popup&sidnr=105549642
Ansgar Röhrbein
Mit Lust und Liebe Vater sein
Gestalte die Rolle deines Lebens
Carl-Auer Verlag
Mit Illustrationen von Thomas Vogler
197 Seiten, Kt, 2010
€ 17,95
ISBN 978-3-89670-732-1
Inhaltsverzeichnis · Leseprobe
Väter sehen sich heutzutage einer Vielzahl von Erwartungen gegenüber – sie sollen einen liebevollen Umgang mit den Kindern pflegen, im Haushalt präsent sein, ihrer Partnerin gerecht werden und neben dem Beruf auch die freie Zeit sinnvoll nutzen. Wie schafft man(n) das alles, ohne dabei selbst auf der Strecke zu bleiben?
Ansgar Röhrbein lädt Väter zu einer persönlichen Standortbestimmung ein. Dabei wird das Erbe der Vor-Väter genauso beleuchtet wie die eigene Partnerschaft, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Erziehung der Kinder. Der erfahrene Familientherapeut zeigt, wie sich die Vaterrolle über die verschiedenen Familienphasen verändert und wie man sie jeweils den eigenen Bedürfnissen und denen der Partnerin bzw. der Kinder anpasst.
Die eingestreuten Fragen und Übungen helfen Vätern, sich der eigenen Möglichkeiten bewusst zu werden und realistische Ziele zu setzen – sei es im Umgang mit den Kindern, in der Gestaltung der Paarbeziehung oder beim Meistern von Krisen. Beispiele aus der familientherapeutischen Praxis des Autors, Interviews mit Experten sowie Hinweise auf weiterführende Literatur in Büchern und im Internet bieten reichlich Anregungen, um der eigenen Vaterrolle ein neues Profil zu geben.
Rezension zu diesem Buch
Ansgar Röhrbein hat eine besondere Begabung dafür, nicht über, sondern für Eltern und Familien zu schreiben.
Tom Levold (systemagazin.de, 24.03.2010)
Ich kann es allen Vätern nur empfehlen, die bereits sind etwas Zeit zu investieren und sich selbstkritisch mit ihrer Rolle und ihrer eigenen Geschichte auseinanderzusetzen.
Winfried Stanzick (Amazon, ab 31.03.2010)
Bild - Autor
Ansgar Röhrbein
Ansgar Röhrbein, Dipl.-Päd., war zunächst pädagogischer Mitarbeiter der Katholischen Familienbildungsstätte in Essen, bevor er in Lüdenscheid geschäftsführender Einrichtungsleiter im "Haus St. Josef – für Kinder, Jugendliche und Eltern" wurde. 2008 wechselte er zum Märkischen Kinderschutzzentrum in Lüdenscheid und übernahm dort 2009 die stellvertretende Leitung. Daneben arbeitet er als Lehrtherapeut des Instituts für systemische Forschung, Therapie und Beratung (isft) in Magdeburg und als freiberuflicher Dozent für verschiedene Institutionen.
http://www.carl-auer.de/programm/978-3-89670-732-1
18.03.2010
Feierlicher Amtswechsel in der Residenz München / Justiz- und Verbraucherschutzministerin Dr. Beate Merk verabschiedet den bisherigen Amtschef Hans-Werner Klotz und begrüßt Dr. Walter Schön
Bayerns Justiz- und Verbraucherschutzministerin Dr. Beate Merk hat heute im feierlichen Rahmen in der Residenz in München den bisherigen Amtschef ihres Hauses, Ministerialdirektor Hans-Werner Klotz, in den Ruhestand verabschiedet. Gleichzeitig begrüßte sie Dr. Walter Schön, der nunmehr dem Justiz- und Verbraucherschutzministerium vorsteht.
Hans-Werner Klotz (60 Jahre), der zum 1. April 2010 in den Ruhestand tritt, war seit 2003 Amtschef im Münchner Justizpalast. 1976 im Finanzministerium in den Dienst des Freistaats Bayern getreten, war er vor seinem Wechsel in das Justizministerium in der Staatskanzlei tätig - als Persönlicher Referent des damaligen Staatssekretärs Dr. Edmund Stoiber, danach als dessen Büroleiter. Von 1987 bis 2003 prägte er als Leiter der Abteilung "Gesetzgebung und Recht" in der Staatskanzlei die Rechtslandschaft in Bayern und im Bund maßgeblich mit. Staatsministerin Merk: "Ich verliere mit Hans-Werner Klotz einen äußerst verlässlichen und überaus wertvollen Ratgeber, der mich seit meiner Ernennung zur Justizministerin im Jahr 2003 begleitet hat."
Die berufliche Laufbahn des bisherigen Amtschefs der Bayerischen Staatskanzlei Dr. Walter Schön (61 Jahre) zeichnet sich durch eine Vielzahl von Verwendungen aus. Seine außergewöhnliche Karriere begann 1975 zunächst im Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit. In der Folgezeit sammelte Schön Erfahrungen im Wirtschaftsministerium, im Innenministerium und als Mitarbeiter der Rhein-Main-Donau AG. Vor seinem Wechsel an das Justiz- und Verbraucherschutzministerium leitete er seit 1999 die Bayerische Staatskanzlei. Zuvor war er vier Jahre lang Amtschef des Bayerischen Staatsministeriums für Bundesangelegenheiten; gleichzeitig leitete er den Planungsstab des Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber. Merk: "Dr. Schöns Lebenslauf beeindruckt über alle Maßen. Jedes Ministerium kann sich glücklich schätzen, einen Amtschef seiner Erfahrung und seines politischen Gespürs zu gewinnen."
http://www.justiz.bayern.de/presse-und-medien/pressemitteilungen/archiv/2010/42.php
Kommentar Väternotruf:
Der Chor der Schmeichler. Was früher die SED-Zeitung "Neues Deutschland" war, eine Lobespostille für den SED-Chef Erich Honecker, da braucht sich die Justiz- und Verbraucherschutzministerin Dr. Beate Merk wahrlich nicht zu verstecken. Mit ihren Kompetenzen hätte sie es in der DDR sicher auch in höhere Leitungspositionen geschafft, vorausgesetzt sie hätte das richtige Parteibuch der SED gehabt.
01. März 2010
Flensburg fördert Frauenprojekte und erstmals auch Männerprojekte!
Flensburg.
Wie bereits in den vergangenen Jahren stellt die Stadt Flensburg 8.100 Euro zur Förderung von Frauenprojekten zur Verfügung. Unterstützt werden damit Projekte und Maßnahmen, die der Frauenförderung dienen und die Gleichstellung von Frauen und Mädchen in Flensburg vorantreiben.
Erstmals hat der Gleichstellungsausschuss der Stadt Flensburg zusätzlich in diesem Jahr 1.200 Euro zur Förderung von Männerprojekten bereitgestellt.
Zu den förderfähigen Frauenprojekten können beispielsweise frauenspezifische Informations- und Beratungsgespräche oder Projekte, die zur Bildung und Stärkung von Netzwerken beitragen, gehören. Grundsätzlich förderungsfähig sind außerdem Projekte, die sich die Stärkung der Elternschaft und der Familie zum Ziel gesetzt haben.
Die Männerprojekte sollen Jungen und Männer bei der Findung eines neuen Rollenbildes unterstützen. Neben dem Erlernen einer anderen Vater- und Vorbildrolle gegenüber Kindern geht es hierbei unter anderem um die Bereiche Gewalt und Konfliktlösung.
Zusammen bieten beide Fördertöpfe einen finanziellen Rahmen für die Umsetzung tatsächlicher Gleichstellung von Frauen und Männern.
Antragsformulare und Richtlinien liegen im Frauenbüro im Rathaus, Zimmer H 50/51, zur Abholung bereit. Verena Balve und Linda Knies vom Frauenbüro bieten gern Beratung und Unterstützung unter den Telefonnummern: 85-2963 und 85-2806 an.
Ausgefüllte Anträge beider Fördertöpfe sind beim Frauenbüro im Rathaus bis spätestens 31. März 2010 einzureichen. Über die Vergabe der Mittel wird der Gleichstellungsausschuss in seiner Sitzung am 5. Mai 2010 entscheiden.
TH
Stadt Flensburg
Pressestelle des Rathauses
Tel. 04 61 / 85 - 25 42
Fax 04 61 / 85 - 21 71
E-Mail: pressestelle@flensburg.de
quelle:
http://www.presse-service.de/data.cfm/static/755713.html