Väternotruf
Oktober 2010
05.12.09|
Weblog: Sex, Macht und Politik - Mainstream Report von Bettina Röhl
Das Sorgerecht für Väter muss Regelfall werden
Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof kippt, vollkommen zu Recht, das furchtbare „Leiturteil“ des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 2003 betreffs des väterlichen Sorgerechts. Jetzt sollte die Regierung konsequent sein und ein generelles Sorgerecht auch für ledige Väter beschließen.
Von Bettina Röhl
Im Januar 2003 urteilten die Karlsruher Richter, möglicherweise etwas sehr selbstherrlich, dass nicht verheiratete Väter, die in Deutschland fast 50 Prozent aller Väter ausmachen, ein Sorgerecht nur mit Zustimmung der Mutter bekommen könnten. (Siehe hierzu den Artikel der Autorin „Elternteil 2. Klasse, Ein Urteil stuft den Vater zum Elternteil zweiter Klasse herab.“ vom 8.2.2003 Magdeburger Volksstimme )
Ein väterliches Sorgerecht sui generis zum Wohle des Kindes, erkannte das Bundesverfassungsgericht, gäbe es nicht. Zeitgeistige matriarchalische, feministische Grundeinstellungen des Bundesverfassungsgerichtes überwogen offenbar.
So nicht!, sagt jetzt der europäische Menschenrechtsgerichtshof dem Bundesverfassungsgericht, und man ist geneigt hinzuzufügen, dass es gut ist dass das Bundesverfassungsgericht ein paar Niederlagen spürt. Und dies ist eine empfindliche Niederlage für das höchste deutsche Gericht.
Die Karlsruher Richter minimieren permanent das uralte Rechtsinstitut der Ehe, das die Menschheit seit 20 000 Jahren begleitet, und andererseits lässt das Bundesverfassungsgericht die geltende Rechtslage, die kaum dem Grundgesetz entsprechen dürfte, bestehen.
Die Mutter bekommt das Sorgerecht, der Vater die Unterhaltspflicht
Bekommt ein nicht verheiratetes Paar ein Kind, trägt das Kind den Namen der Mutter und die Mutter hat das alleinige Sorgerecht und das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht. Der Vater ist zwar ab sofort unterhaltsverpflichtet, aber frei von Vaterschaftsrechten: kein Sorgerecht, kein Aufenthaltsbestimmungsrecht, nichts. Und das hat die Justiz in Deutschland, man muss wohl zynisch sagen, genussvoll, zeitgeistig und gnadenlos, in diesem Sinne entschieden.
Das Kind, um dessen Wohl es angeblich allen geht, und dem das Gesetz seit eh und je zwecks Unterhalt auch notfalls fiktive Väter als Unterhaltszahler zuordnet, wird vom Gesetz in dem beschriebenen Fall, dass ein Paar zusammenlebend in eheähnlicher Gemeinschaft ein Kind bekommt, vaterlos gestellt, vom Unterhalt abgesehen.
Was Unterhalt angeht, ist der Staat schnell bei der Hand. Da wird notfalls ein „Vater“ aus einer Gruppe von Vätern zum Zahlvater gemacht, wenn er denn (nach Aussage der Mutter) der Frau im Empfängniszeitraum „beigewohnt“ hat.
Der Trauschein entscheidet also im Zeitpunkt der Geburt darüber, ob ein Kind einen wirklichen, einen sorgeberechtigten Vater hat. Und das wird mit allerlei Mutterbrimborium begründet: Das Kind hätte die engere Beziehung zur Mutter, zumindest am Anfang und so weiter und so sofort und die Mutter, und die Mutter und die Mutter!
Und die Mutter und die Mutter und die Mutter...
Ein Neugeborenes, so wird andererseits behauptet, wenn‘s um politische Ideologien geht, hätte überhaupt keine Bindung zu den leiblichen Eltern. Jeder neugeborene Mensch müsste seine Beziehung zu irgendwelchen Erwachsenen neu aufnehmen und das könnten dann auch, mehr oder weniger bedeutungslos, die leiblichen Eltern sein, zu denen die Beziehung aufgenommen wird. Ansonsten gibt’s ja das seit 68er-Tagen berühmt-berüchtigte Modell der Bezugsperson.
Aber zur Mutter, so das Bundesverfassungsgericht 2003, muss das Kind dann (plötzlich) keine interaktive Beziehung aufnehmen, sondern eine quasi native Beziehung nur noch fortführen.
Wenn im Beispielsfall das nicht verheiratete Paar zum Standesamt geht (nicht um zu heiraten, sondern nur zur Namensregelung) und sagt, das gemeinsame Kind soll den Namen des Vaters tragen, dann heißt dieses Kind nach dem Vater, auch das Erbrecht richtet sich nicht mehr nach dem Recht des nicht ehelichen Kindes, aber auch dieser Vater, nach dem das Kind inzwischen sogar heißt, ist nicht sorgeberechtigt, ist nicht aufenthaltsbestimmungsberechtigt, weil er nicht vor der Geburt des Kindes mit der Mutter des Kindes verheiratet war.
Der Vater kriegt das Sorgerecht nur, wenn die Mutter dies will
Erst wenn die Mutter sich bequemt gemeinsam mit dem Vater zum Jugendamt zu gehen, und ähnlich wie vor einem Notar gemeinsam mit dem Vater erklärt, dass man fortan ein gemeinsames Sorgerecht haben möchte, wird der nicht verheiratete Vater dem verheirateten Vater gleich gestellt und zum vollwertig sorgeberechtigten Vater, der auch mit über das Aufenthaltsrecht bestimmt.
Der Trauschein entscheidet in Deutschland trotz dem entwerteten Rechtsinstitut Ehe über die Rechtsstellung des Vaters. Das soll zum Wohle des Kindes, das am liebsten Vater und Mutter hätte, korrekt sein?
So wie man im Scheidungsfall über das Sorgerecht zu streiten hat, könnte es stattdessem auch bei der Geburt vonstatten gehen. Vater und Mutter wären dann unabhängig vom Trauschein gemeinsam sorgeberechtigt und jeder könnte, wenn die Umstände entsprechend sind, eine gerichtliche Sorgerechtsentscheidung beantragen.
Dem Kindeswohl dient allein die gesetzliche Regelung erst einmal Vater und Mutter als voll sorgeberechtigte Eltern zu haben, die sich gegebenenfalls unglücklicherweise dann über die Sorge streiten, anstatt umgekehrt, dass das nicht ehelich geborene Kind ohne sorgenberechtigten Vater geboren wird und mit einem Vater, dem das Bundesverfassungsgericht auch noch das Sorgerecht als abhängig von der Zustimmung der Mutter beschnitten hat.
Das Bundesverfassungsgericht machte einen Systemfehler
Rechtstechnisch gesehen ist eigentlich das Schlimme, dass das Bundesverfassungsgericht einen juristischen Systemfehler gemacht hat, in dem es nicht homogen einheitlich entschied. Wer die Ehe entwertet kann nicht gleichzeitig die Ehe, unabhängig ob gut oder schlecht, zu einer faktischen Gestaltungsgröße der Rechtslage des neugeborenen Kindes machen.
Natürlich schwingt beim Bundesverfassungsgericht mit, dass die Mutter irgendwie der bessere Elternteil sei. Das machen ja große Teile des Feminismus auch glauben und das setzt sich ja auch fort in einem herrschenden Gesellschaftsbild von der aus sich heraus moralisch besseren Frau gegenüber dem böseren Mann.
Bei genauerer Betrachtung ist die Straßburger Entscheidung ein gewaltiger Schlag ins Kontor des Bundesverfassungsgerichtes und entsprechend schnell hat die neue Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger postwendend auch angekündigt zu reagieren und die deutsche Gesetzeslage zu ändern, zu Gunsten der Väter.
Mächtiger Schlag ins Kontor des Bundesverfassungsgerichtes
Die Ministerin will noch Gutachten abwarten, betreff die Praxis der Gerichte. Allerdings: es scheint kaum etwas problematischer zu sein als Gutachten über gerichtliche Praxis im Bereich ideologisch und zeitgeistig besetzter Themen.
Väter sind von der deutschen Rechtsprechung bemakelt und getriezt worden, von männlichen und weiblichen Richtern aus vielleicht unterschiedlichen Motivlagen heraus gleichermaßen: zahlen durften Väter immer, das ist demütigend in der Rechtspraxis. Immer zahlen, aber Kontakt zum Kind nur, wenn’s Mutter, Gericht und Jugendamt genehm ist. Das ist furchtbar. Und es ist eigenartig, dass das „Leiturteil“ des Bundesverfassungsgerichtes aus 2003 im Prinzip den Vater zum Elternteil 2. Klasse gemacht hat, das von der Mutter dominiert und domestiziert wird. So geht es nicht und deswegen ist es außerordentlich begrüßenswert, dass hier dem Bundesverfassungsgericht eine schallende Ohrfeige verpasst wurde.
Immerhin, es geht um das Kindeswohl und für das Kind sind – das weiß die Menschheit schon seit Jahrtausenden, ohne dass es Psychowissenschaften gab – Vater und Mutter gleichermaßen wichtig. Eine Präferenz zu Gunsten der Mutter gibt es aus Kindersicht schlechterdings nicht. Jede andere Behauptung ist pure Ideologie.
Väter werden bisher systematisch von ihren Kindern entfernt
Das es mehr gute Mütter und mehr schlechte Väter gäbe, ist ein großer Quatsch. Die Beweislast für eine derart absurde, aber im Zeitgeist liegende Tendenz liegt gewiss nicht bei denjenigen, die einem Kind nach Möglichkeit Mutter und Vater wünschen und ermöglichen möchten.
Das Urteil aus Strassburg ist auch eine schallende Ohrfeige ins Gesicht der Gutachtergilde und auch ins Gesicht der Jugendämter, wo man der bisherigen deutschen Rechtslage entsprechend eine Mutterpräferenz gnadenlos administrierte.
Statt einem Menschen, gerade zum Zeitpunkt seiner Geburt, von Seiten des Rechtssystems her alles zu schenken was dem Kind Mutter und Vater geben kann, werden Väter systematisch in Deutschland vom Kind entfernt. Und damit wird im Übrigen auch in der Empfindungslage der Kinder eine falsche Weichenstellung vorgenommen.
Eididei, willst Du auch zu Deinem Pappi? Oder willst Du lieber bei Deiner lieben, lieben Mami bleiben? Was soll ein Kind auf diese Frage antworten?
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2003 war eine hässliche Entscheidung. Immerhin hat jeder Mensch Mutter und Vater und alle anderen Ideen, die es dank neuerer Biotechnik gibt, sollten tunlichst in der Versenkung verschwinden.
Der bemakelte Vater
Wer das Thema ein bisschen sensibler betrachtet, kommt um die Feststellung nicht herum, dass Väterlichkeit, Vatersein, Männlichkeit, Virilität, Testosteron, Aggression einen „rechten“ Makel haben und die entsprechenden mütterlichen Merkmale einen politisch gleichsam „linken“ Touch haben, um es einmal so auszudrücken.
In Wahrheit steckt hinter der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgericht eine nicht unerhebliche Fehleinschätzung der rechtlichen Wirklichkeit. Sicher lag es dem Bundesverfassungsgericht fern Väter zu bemakeln. In der Rechtswirklichkeit wirkte sich die von Straßburg jetzt kassierte Entscheidung so aus. Die gesellschaftliche Wirklichkeit darf man nicht ignorieren.
Auch hier ist der Hinweis angebracht, dass die vom Bundesverfassungsgericht gestaltete mindere Rechtsstellung des Vaters überhaupt nichts mit der sonst gefahrenen Familienpolitik zu tun hat, die darauf gerichtet war und ist, dass Paaren das Kinderkriegen nahe gelegt wird.
Die Verböserung der Hälfte der Menschheit, der Männer, durch die Verböserung der Väter ist jetzt vom Straßburger Menschenrechtsgerichtshof korrigiert worden und das ist gut so. Und das korrigiert auch ein selbstüberzogenes Mutterbewußtsein, das in modernen Zeiten eigentlich ganz deplaziert bei vielen Müttern zu beobachten ist.
Mit der Degradierung der Väter zu Elternteilen zweiter Klasse hatte das Bundesverfassungsgericht im Zweifel Streitigkeiten zwischen den Eltern geschürt. Es hat das Entstehen eingebildeter Mütter und gequälter Väter befördert. Und das kann nicht zum Wohl des Kindes sein.
Das Entstehen eingebildeter Mütter und gequälter Väter
Das Ganze ist kein Ruhmesblatt der Justiz, auch nicht der früheren Justizministerin Brigitte Zypries. Auch die inzwischen etwas geänderte Regelung und Handhabung von Vaterschaftstests muss in diesem Zusammenhang gesehen werden. Väter, die nicht die Väter sind und dementsprechend auch nicht Unterhalt zahlen möchten, wurden benachteiligt und auch hier dem Wohl und Weh einer Mutter ausgesetzt.
Heimliche Vaterschaftstests, die die Wahrheit ans Licht gefördert hatten, wurden auf verfahrensrechtlicher Ebene abgebügelt. Mütter verweigerten den gehörnten Nicht-Vätern den Klarheit bringenden Test. Und den Kindern wurde zugemutet mit Vater und fiktivem Vater und ist eh alles wurscht zu leben. Hauptsache irgendein Unterhalt kommt rein. Da ist jahrelang eine ganze Rechtspraxis gnadenlos durchgezogen worden, mit immer obskureren Folgen für Väter und Nicht-Väter und für die Kinder und mit immer allmächtiger werdenden Müttern. Und mit immer mächtiger werdenden „Helfern“ und Helferorganisationen drum herum.
Von Gleichberechtigung, die das GG vorschreibt, war in diesem Lebensbereich kaum noch etwas übrig geblieben. Ein Wunder wie leidensfähig sich die Männer erwiesen haben, die sich die Köpfe eingerannt haben und die für erine neue Beziehung und neue oder wirkliche Vaterschaften weder Geld noch den Kopf frei hatten. Ein Wunder, dass bei einem solchen System einige wenige Väter immer wieder jahrelange Instanzengänge mit erheblichen Kosten auf sich genommen haben.
Väter sollten das volle Sorgerecht von Geburt ihres Kindes an bekommen, wie die Mutter
Es klingt fast klein, was jetzt der europäische Menschenrechtsgerichtshof der deutschen Justiz und dem deutschen Rechtssystem an Schularbeiten aufgegeben hat, aber es ist für die betroffenen Schicksale vieler wahrscheinlich in die Millionen gehenden Väter und Kinder und Mütter von erheblicher Bedeutung. Leutheusser-Schnarrenberger scheint dies erkannt zu haben.
Man fragt sich, warum es für diese Erkenntnis einer Entscheidung aus Straßburg bedurfte. Das Problem lag auf der Hand. Die Autorin hat hierzu schon in Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes das Zutreffende gesagt ( siehe oben der Link) das jetzt die Straßburger Richter entschieden haben.
Frau Leutheusser-Schnarrenberger sollte sich für eine Regelung einsetzen, dass der nicht eheliche Vater erst einmal das volle Sorgerecht von Gesetzes wegen bekommt, egal, auch ob er mit der Mutter zusammenlebt oder nicht. Das muss der Regelfall werden. Und dann führen die Eltern die gemeinsame Sorge oder sie gehen wie im Scheidungsfall zum Familiengericht und lassen eine neue Regelung, hoffentlich zum wirklichen Wohle des Kindes, treffen.