Anhörung
Kindesanhörung
Anhörung im familiengerichtlichen Verfahren
§ 52 FGG (Hinwirken auf Einvernehmen. Aussetzung)
(1) In einem die Person eines Kindes betreffenden Verfahren soll das Gericht so früh wie möglich und in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken. Es soll die Beteiligten so früh wie möglich anhören und auf bestehende Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen und –dienste der Träger der Jugendhilfe insbesondere zur Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung hinweisen.
(2) Soweit dies nicht zu einer für das Kindeswohl nachteiligen Verzögerung führt, soll das Gericht das Verfahren aussetzen, wenn
1. die Beteiligten bereit sind, außergerichtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, oder
2. nach freier Überzeugung des Gerichts Aussicht auf ein Einvernehmen der Beteiligten besteht; in diesem Fall soll das Gericht den Beteiligten nahelegen, eine außergerichtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.
(3) ...
Qualitätssicherung in der familiengerichtlichen Anhörung
Die Qualität einer guten familiengerichtlichen Anhörung der Beteiligten fängt schon mit der Sitzposition an. Offenbar ist dies vielen Familienrichtern nicht bekannt. Wahrscheinlich haben sie dies in ihrem Jurastudium auch nicht gelernt und später waren sie der Meinung, schon alles zu können und nur noch die "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht" FamRZ lesen zu brauchen, um sich auf der Höhe der Zeit zu halten. Dies hat teilweise katastrophale Folgen für die Wirksamkeit der Familiengerichte. Das was Familienrichter den Eltern im Sorgerechtsstreit vorwerfen, nämlich nicht kommunizieren zu können, und was häufig zum Sorgerechtsentzug für einen Elternteil, meist dem Vater führt, praktizieren die Richter/innen selber ohne dabei rot zu werden oder vor Scham in den Boden zu versinken. Würde man den selben Maßstab an sie legen, den sie an Eltern legen, so müssten diese Richter gekündigt werden.
1. Fehler
An einigen Familiengerichten ist es üblich, dass der/die Richter/in über den geladen Beteiligten thront. Dies ist kommunikationspsychologisch kontraproduktiv, schützt aber Richter mit schwachen Selbstbewußtsein und fehlender kommunikativer Kompetenz. sich in die persönliche Begegnung mit den Beteiligten geben zu müssen. Die Beteiligten erleben dadurch den Richter als eine feindliche Instanz, vor der sie sich innerlich schützen müssen.
2. Fehler
Die geladenen Eltern sitzen sich nicht in direkten Augenkontakt gegenüber. Die Sprachlosigkeit der Eltern im täglichen Leben findet dadurch ihre Fortsetzung im Gerichtssaal. Schwarz-Weiß Denken und ausgiebige Projektionsbildung der Eltern sind die Folge.
3. Fehler
Statt die geladenen Eltern abzufragen, werden vom Richter ausschließlich deren Anwälte abgefragt, die naturgemäß gar nicht wissen können, was ihre Mandaten bezüglich des anderen Elternteils für Interessen haben und statt dessen stereotype Leerformeln zum besten geben. .
"Die Ermittlung des Kindeswohls im Gerichtstermin"
Ernst Spangenberg
in: "Zentralblatt für Jugendrecht", 3/2003, S. 100-101
Spangenberg zeigt an drei kurzen Fallbeispielen wie Richter auch arbeiten können. Nämlich nicht auf den erbittert vorgetragen Streitvortrag der Eltern zu bauen und auch nicht auf die Lektüre meterdicker Gerichtsakten und Gutachten, sondern auf kurze und prägnante Weise den unmittelbaren Kontakt aller wichtigen Beteiligten im Gericht herzustellen.
Dies schließt die katastrophale Unsitte von Familienrichtern und gelegentlich wohl auch Gutachtern aus, bei Umgangsabbruch zwischen Kind und einem Elternteil keinen Kontakt zwischen dem Kind und diesem Elternteil herzustellen und sich ein eigenes Bild zu machen.
Es ist zu merken, Spangenberg hat sich vertraut gemacht mit lösungsorientierten Verfahren wie Familientherapie und Mediation. Dies wäre auch anderen Familienrichter/innen dringend zu wünschen. Doch da steht wohl die Bundesjustizministerin davor, die jedem Familienrichter zugesteht, sich nicht weiterbilden zu müssen und statt dessen auf Kosten der Steuerzahler/innen das Recht auf Dummheit in Anspruch nehmen zu dürfen.
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"Anhörung von Kinder im Familiengericht"
Astrid Fricke
in: "Kind-Prax" 1999, Heft 6, S. 191-193
"... Die Kindesanhörung in familiengerichtlichen und vormundschaftsgerichtlichen Verfahren ist in §50b FGG geregelt.
...
<Eine klientenbezogene offene Gesprächsführung hat er (der Richter / die Richterin) nicht gelernt; ebenso ist er angesichts der ihm professionell abverlangten Objektivität unsicher, ob und wie er dem Kind Akzeptanz und Empathie entgegenbringen soll und wie er sich in der Gesprächssituation selbst kongruent verhalten kann.> ..."
"Zur Praxis der Jugendhilfe bei Trennung und Scheidung nach der Kindschaftsrechtsreform
Eine Fragebogenerhebung in Bayerischen Familiengerichten und Jugendämtern"
Prof. Dr. Wolfgang Buchholz-Graf, Regensburg
in: "Zentralblatt für Jugendrecht", 6/2001, S. 209-217
"... An der Umfrage haben sich alle 96 Jugendämter in Bayern beteiligt.
... 151 RichterInnen haben geantwortet. Das sind 60-70 % aller RichterInnen ...
... Über die Hälfte der Familienrichterinnen und der Jugendämter (56%) geben an, über keine geeigneten Räumlichkeiten (für die Befragung, bzw. Anhörung der Kinder) zu verfügen. ..."
Kommentar Väternotruf:
In einem Land, in dem sechsspurige Autobahnen das Land durchziehen, auf denen sich Millionen von zehntausende Euro teuren Autos bewegen, und ein glücklicher "Verteidigungsminister" milliardenschwere Rüstungsaufträge über den Tresen schiebt, mutet es schon seltsam an, dass Gerichte und Jugendämter noch nicht mal Geld für vernünftige Räume haben. Vielleicht sollte die Gewerkschaft mal lieber dafür streiten, anstatt für die öffentlich Bediensteten immer mehr Lohnprozente einzufordern, aus denen sich so vortrefflich der Zweitwagen der Beamtenfamilie finanzieren lässt.