Bonuseltern
Bonusmutter - Bonusvater - Bonusgrüne
Die politischen Schönfärbereien der grünen Familienministerin
27.01.2022
Von Rainer Haubrich
Stv. Ressortleiter Meinung
Kein Scherz: Die grüne Familienministerin Anne Spiegel möchte Stiefväter und
-mütter künftig „Bonusväter“ oder „Bonusmütter“ nennen. Nicht der einzige Fall
haarsträubender Wortakrobatik der neuen Ministerin. Aber auch manche
SPD-Kollegen sind Experten kreativer Kommunikation.
Die neue Familienministerin Anne Spiegel (Grüne) möchte, dass wir künftig nicht
mehr von Stiefeltern reden, sondern von „Bonuseltern“. Kein Scherz! In der
Talkshow von Markus Lanz erklärte sie jüngst, dass „Stiefvater“ oder
„Stiefmutter“ einen negativen Klang habe, während bei den Begriffen „Bonusvater“
oder „Bonusmutter“ der Mehrwert eines neuen Elternteils zum Ausdruck komme.
Die Idee ist keineswegs neu. Schon vor Jahren brachte der dänische
Familientherapeut Jesper Juul eine solche Umbenennung ins Spiel. Er wolle auf
die positiven Aspekte so einer Situation hinweisen und spreche daher von
„Bonuseltern“.
Außerdem erklärte Spiegel noch einen weiteren Begriff:
„Verantwortungsgemeinschaft“. Dabei ging es nicht um die Nato oder die EU, es
ging Spiegel um eine Bezeichnung für neue Familienmodelle, bei denen ein
Miteinander von Menschen die Verantwortung füreinander übernähmen. Dies könnten
zum Beispiel zwei Alleinerziehende mit Kindern sein, die zusammenzögen, oder ein
lesbisches Paar und zwei homosexuelle Männer, die die biologischen Väter der
Kinder dieser Frauen seien. Entscheidend sei, dass man füreinander einstehe.
Wir erleben einen neuen Höhepunkt in der seit Längerem zu beobachtenden
sprachlichen Schönfärberei in der Politik. Wenn es „Bonuspunkte“ und
„Bonusmeilen“ gibt, warum nicht auch „Bonuseltern“?
Die Verbalakrobatik steht dabei nicht selten in krassem Gegensatz zu dem, was
man politisch ganz konkret bewegen könnte. Wenn ein Stiefvater heute seinen
Stiefsohn adoptiert, dann muss der Junge zwingend den Nachnamen seines neuen
Vaters annehmen, da gibt es keinerlei Spielraum. Dafür kann der ihn künftig
„Bonussohn“ nennen.
Man versteht, warum das Bundesjustizministerium vor vielen Jahren einen
„Redaktionsstab Rechtssprache“ eingerichtet hat, der juristische Texte aller
Ministerien auf sprachliche Richtigkeit und Verständlichkeit prüft – schon
während des Gesetzgebungsverfahrens.
Bemerkenswert, dass dieses Gremium Anstoß nahm, als die damalige Ministerin
Franziska Giffey (SPD) das „Starke-Familien-Gesetz“ (StaFamG) auf den Weg
brachte: Es gehe um konkrete rechtliche Maßnahmen, weniger um „starke Familien“.
Aber bei den Sozialdemokraten sollte die politisch-moralische Bewertung eines
Vorhabens schon im Titel stehen, etwa beim „Gute-Kita-Gesetz“, ebenfalls aus dem
Hause Giffey, oder bei der „Respekt-Rente“ ihres Parteikollegen Hubertus Heil
vom Arbeits- und Sozialministerium.