Einstweilige Anordnung


 

 

 

 

Einstweilige Anordnung - Umgangsrecht

 

 

 

Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen

Geschäftszeichen: 4 WF 124/07 = 61 F 2621/06 Amtsgericht Bremen

Beschluss

In der Familiensache betr. d. mdj.

O., geb. am xxxxxxxx,

O., geb. am xxxxxxx,

Kindesmutter;

xxxxxxxxxxxxxxxx Bremen,

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwältin Janina Oelgardt, Bennigsenstraße 2 - 6, 28207

Bremen,

Geschäftszeichen: D7/1644 O

 

Kindesvater:

Antonio O., ... ,

80011 Acerra

(Provinz Neapel),

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Behrendt Koch Rosse , Obemstr. 76, 28195 Bremen,

Geschäftszeichen: 1255/06 F-MX

 

Beteiligte:

Amt fùr Soziale Dienste SZ Mitte/Ostliche Vorstadt, Rembertiring 39, 28195 Bremen,

Geschäftszeichen: Frau Witte-Soppa

 

hat der 4. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen als Senat für Familiensachen durch die Richter Wever, Schumann und Schilling am 11.9.2007 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremen vom 9.7.2007 wird auf Kosten des Kindesvaters als unzulässig verworfen.

Der Kindesmutter wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von RA in Oelgardt, Bremen, bewilligt.

2

Der Antrag des Kindesvaters auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf € 500 festgesetzt.

 

Gründe:

Der Kindesvater wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde vom 20-7,2007 gegen den Beschluss des Familiengerichts vom 9.7.2007. Das Familiengericht hat in den Ziffern f - III im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 621 g ZPO Regelungen zum Umgangsrecht des Vater mit seinen Kindern getroffen. Unter Ziffer IV hat es die Einholung eines psychologischen Gutachtens angeordnet. Soweit es um das Umgangsrecht des Vaters geht, hat das Familiengericht dies - erneut - bis zum Jahresende ausgeschlossen. Ergänzend hat es dem Kindesvater gestattet, den Kinder alle 2 Wochen zu schreiben und es hat der Kindesmutter aufgegeben, dem Vater über die aktuelle Entwicklung der Kinder zu berichten. Diese Anordnung hat es durch Beschluss vom 17.8-2007 noch ergänzt. Wegen des Verfahrensgangs im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen auf die Darstellung im Beschluss des Senats vom 3.7.2007 (4 WF 97/07).

Der Kindesvater rügt insbesondere den Ansatz des Familiengerichts, die Kinder seien durch den Aufenthalt in Italien im Sommer letzten Jahres so traumatisiert, dass sie nunmehr jeglichen Kontakt mit dem Vater verweigerten. Den Kindern sei es, so der Kindesvater, bei ihrem Aufenthalt in Italien sehr gut gegangen. Sie hätten sich dort, wie den zahlreichen in den Akten befindlichen Stellungnahmen aus Italien zu entnehmen sei, wohl gefühlt und von sich aus nicht zur Mutter zurückgewollt. Nachdem die Mutter die Rückführung gegen den Willen der Kinder durchgesetzt habe, gäbe es keine im Kindeswohl begründeten Vorbehalte gegen einen Kontakt zwischen dem Vater und den Kindern. Wenn sich die Kinder bei ihrer Anhörung durch die Familienrichterin tatsächlich dagegen ausgesprochen haben sollten, Kontakt zum Vater haben zu wollen, dann sei dies das Ergebnis einer massiven Beeinflussung durch die Mutter, der die zuständige Sozialarbeiterin des Jugendamtes und auch die Familienrichterin Vorschub geleistet hätten. Die Anordnungen des Gerichts zur Berichtspflicht der Mutter seien im Übrigen so wenig konkret, dass die Kindesmutter meine, mit den dürren Berichten von Juli 2007 (Bl. 591, 592) ihrer Verpflichtung genügen zu können.

Die Kindesmutter tritt der Beschwerde des Kindesvaters entgegen.

Seite 2 von 5

3

Das Rechtsmittel des Kindesvaters ist, worauf dieser bereits mit Verfügung vom 20.8.2007 hingewiesen worden ist, nicht zulässig.

 

I.

Soweit das Familiengericht mit dem angefochtenen Beschluss das Umgangsrecht des Kindesvaters erneut ausgeschlossen hat, handelt es sich dabei um eine einstweilige Anordnung gemäß § 621g ZPO. Die Vorschrift des § 621g ZPO verweist im Übrigen, d.h. wegen des zu beachtenden Verfahrens, auf die Regelungen der §§ 620 a - 620 g ZPO. Ist die Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung getroffen worden - wovon hier auszugehen ist - ist ein Rechtsmittel nur in den in § 620 e ZPO geregelten Fällen zulässig. Einstweilige Regelungen zum Umgangsrecht sind daher nicht anfechtbar (h. M., vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.12.2004 - 1 BvR 2790/04, FamRZH 2005, 173-177 BGH FamRZ 2005, 1240; FamRZ 2003, 748; Motzer, FamRZ 2003, 793, 802; Gießler, FamRZ 2005, 815; GieBler/Soyka, Vorläufìger Rechtsschutz in Ehe-, Familien- und Kindschaftssachen, 4. Aufl., Rn 180; Zdller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 621g Rn. 6, § 620 Rn. 11; Musielak/Borth, ZPO, 4. Aufl., § 620c Rn. 10; Baumbach/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 620c Rn. 8-12).

Der Senat hält bei der vorliegenden Konstellation auch nicht ausnahmsweise eine außerordentliche sofortige Beschwerde wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit für zulässig (so aber OLG Hamm, FamRZ 2005, 533). Es ist zwar richtig, dass mit dem Ausschluss der sofortigen Beschwerde gemäß § 620 e ZPO Entscheidungen des Familiengerichts mit bisweilen weitreichenden Konsequenzen der Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht entzogen sind (so Motzer, FamRZ 2005, 802). Das gilt in besonderem Maße fùr die in § 620 e ZPO nicht genannten Umgangsregelungen. Im vorliegenden Fall hat das Familiengericht mit dem angefochtenen Beschluss bereits die dritte einstweilige Anordnung zum Umgangsrecht des Kindesvaters erlassen. Das Umgangsrecht ist mit den Beschlüssen vom 30.10.2006 (Bl. 9 d. Akte), 1.3.2007 (Bl. 227 d. Akte) und 9.7.2007 (Bl. 452 ff. d. Akte) für nunmehr insgesamt 14 Monate ausgeschlossen worden. Diese Maßnahmen kommen in ihrer Reichweite einer Endentscheidung schon nahe. Der Gesetzgeber hat jedoch den Zustand der Unanfechtbarkeit einstweiliger Anordnungen mit der Neuregelung des § 621 g ZPO einschränkungslos hingenommen, um einen Gleichklang mit den Regelungen der §§ 620 a - 620 e ZPO zu erreichen.

Für die Zulassung einer außerordentlichen Beschwerde wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit ist daher kein Raum (mehr) (vgl. BGH NJW 2004, 2224; 2002, 1577; Gießler, FamRZ 2005, 815; vgl. auch

Bundesverfassungsgericht, Plenarbeschluss vom 30.4.2003 (NJW2003,1924).

Seite 3 von 5

4

Der betroffene Elternteil wird durch den Ausschluss der sofortigen Beschwerde auch nicht rechtlos gestellt. Denn es bleibt ihm die Möglichkeit der sog. Untätigkeitsbeschwerde. Mit diesem Rechtsbehelf kann seitens des Beschwerdegerichts das erstinstanzliche Gericht angehalten werden, das Hauptsacheverfahren in der angesichts der Bedeutung des Umgangsrechts gebotenen Weise zügig zu fördern. Eine solche Untätigkeitsbeschwerde wird bei überlanger Verfahrensdauer allgemein für zulässig gehalten, damit nicht ein im Wege der einstweiligen Anordnung vorgenommener Ausschluss so bemessen bleibt, dass die Hauptsache damit de facto vorweggenommen wird (vgl, OLG Karlsruhe, - 2 WF 32/07- zitiert nach juris; OLG Frankfurt, NJW 2997, 852; KG FamRZ 2005, 729; KG -16 WFi 172/07 -, Beschluss vom 23.8.2007 - zitiert nach juris; Anm. Rixe, FamRZ 2007, 1453, 1454).

Allerdings liegen die Voraussetzungen für eine erfolgversprechende Untätigkeitsbeschwerde hier nicht vor. Das Familiengericht hat die für notwendig erachtete Begutachtung mit dem angefochtenen Beschluss angeordnet, der Sachverständige ist auch bereits tätig. Wie er dem Gericht mitgeteilt hat, rechnet er mit der Fertigstellung des Gutachtens etwa Ende Oktober 2007. Weitere Maßnahmen sind zurzeit nicht zu treffen. Soweit der Kindesvater mit seiner Beschwerde zum Ausdruck bringen wollte, er wolle sich, evtl. für eine Übergangszeit der Durchführung des von ihm zunächst abgelehnten begleiteten Umgangs nunmehr stellen, mag er, soweit nicht ohnehin im laufenden Begutachtungsverfahren eine Kontaktanbahnung von Vater und Kindern in Betracht gezogen wird, einen entsprechenden Abänderungsantrag stellen.

Ein solcher Antrag ist bei einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ohne weiteres möglich Gewichtige Gründe, die etwa gegen einen begleiteten Umgang sprechen, sieht der Senat auch angesichts der Zusage der Kindesmutter bei ihrer Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft beim Jugendgericht Neapel vom 19.10.2006 (Bl. 538 d. Akte), sie wolle dem Kindesvater jederzeit Umgang mit den Kindern gewähren, nicht.

Soweit der Kindesvater in seiner Beschwerde rügt, dass das Familiengericht bisher keine Hauptsacheentscheidung zur elterlichen Sorge für P. getroffen habe, obwohl es bereits am 30.102006 eine einstweilige Anordnung erlassen und der Kindesmutter die elterliche Sorge übertragen habe, ist dieser Hinweis in der Sache zutreffend. Das Familiengericht wird auch insoweit noch entscheiden müssen. Jedoch ist die elterliche Sorge für P. nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens.

 

II.

Seite 4 von 5

5

Die Regelung des Familiengerichts zu Ziffer IV des angefochtenen Beschlusses ist mit der sofortigen Beschwerde ebenfalls nicht angreifbar. Es handelt sich dabei um eine Beweisanordnung im Hauptsacheverfahren. Solche die Entscheidung lediglich vorbereitende Verfügungen sind, soweit sie nicht ausnahmsweise bereits in Rechte Beteiligter eingreifen, was hier nicht der Fall ist, nicht anfechtbar (Keidel/Kuntze/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 19 Rn. 9 m.w.N).

 

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG. Da die Rechtsverfolgung des Kindesvaters keine Aussicht auf Erfolg i.S.d. § 114 ZPO bietet, war sein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Kindesmutter beruht auf § 119 ZPO.

 

Wever Schumann Schilling

 

Für die Ausfertigung

Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen

 

 


 

 

 

 

Vorläufige Anordnung bezüglich Umgangsrecht

 

Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 23.01.2001 – 17 UF 9988/00, 

ausführlich in: „FamRZ“, Heft 1, S. 49-50

 

 

 


 

 

 

 

Umgangsrecht - Vorläufige Anordnung wegen Gefahr der  Entfremdung

Gewährung eines Umgangsrechts gegen den Willen des Elternteils, bei dem das Kind lebt; Erforderlichkeit der schnellstmöglichen Gewährleistung des Umgangs zur Vermeidung einer Entfremdung durch zu lange Trennung

§ 1684 BGB

Das Umgangsrecht umfasst die Pflicht der Eltern, einerseits diesen Umgang auszuüben und andererseits, ihn nicht zu behindern.

Die Gefahr einer Entfremdung aufgrund zu langer Verweigerung des Umgangs durch einen Elternteil kann es erforderlich machen, im Verfahren der vorläufigen Anordnung ein Umgangsrecht einzuräumen, ohne vorher alle Beweismittel ausgeschöpft zu haben. (Ls. d. Red.)

KG Berlin, Beschl. vom 23.01.2001 - 17 UF 9988/00

ausführlich veröffentlicht in: "Das Jugendamt", Heft 4 April 2001, S. 204-205

 

 

 


zurück