Erbrecht


 

 

 

  

Auch uneheliches Kind darf erben


Gericht für Menschenrechte rügt deutsche Rechtsprechung.

STRASSBURG (AFP). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Deutschland abermals wegen der Ungleichbehandlung von unehelich geborenen Kindern im Erbrecht verurteilt. Das Straßburger Gericht rügte am Donnerstag die im deutschen Erbrecht verankerte Stichtagsregelung: Demnach haben uneheliche Kinder, die vor dem 1. Juli 1949 – und damit vor Inkrafttreten des Grundgesetzes – geboren wurden, keinen Anspruch auf das Erbe des Vaters. Diese Regelung sei diskriminierend und verletze außerdem das Grundrecht auf Schutz des Familienlebens, stellten die Richter einstimmig fest.

Geklagt hatte eine 1940 geborene Frau aus Bayreuth, die aufgrund der Stichtagsregelung vom Erbe ihres 2009 verstorbenen Vaters ausgeschlossen wurde. Die Klägerin ist die einzige Tochter des Mannes, der die Vaterschaft 1951 anerkannt hatte. Sie hatte engen Kontakt zu ihrem Vater. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihrer Tochter besuchte die Klägerin ihn und dessen Frau regelmäßig. Nach den Tod des Vaters machte die Tochter Anspruch auf ihr Erbe geltend. Sie zog in Deutschland durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht, das ihre Beschwerde für unzulässig erklärte. Der Straßburger Gerichtshof rügte den vollkommenen Ausschluss der Klägerin vom Erbe hingegen als "unverhältnismäßig".

10.02.2017

http://www.badische-zeitung.de/nachrichten/panorama/auch-uneheliches-kind-darf-erben--133391760.html


 

 


Kommentar Väternotruf:


Unter den Talaren, Muff von Tausend Jahren.

Schon wieder eine Ohrfeige aus Straßburg für das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, eines der letzten deutschen Bollwerke zur Verteidigung des Heiligen Sakraments der Ehe.

Die Ohrfeige hat man sich in Karlsruhe - wie schon einige andere davor - redlich verdient.

Alle aktuellen Entwicklungen beim Kindschaftsrecht sind beim Bundesverfassungsgericht nicht nur jahrzehntelang verschlafen worden, sondern, wie bei der sorgerechtlichen Diskriminierung nichtverheirateter Väter und ihrer Kinder dort jahrzehntelang abgesegnet worden. Hunderttausende von nichtverheirateten Vätern und ihre Kinder haben dadurch den Kontakt zueinander verloren.

Das Bundesverfassungsgericht noch immer ein konservatives Bollwerk gegen die Moderne, das kann auch gar nicht anders sein, denn wer an diesem Gericht landet, der hat vorher ein Parteiprüfungsverfahren bestanden, denn die im Bundestag vertretenen Parteien, egal ob CDU oder Grüne, senden natürlich nur Richter an dieses Gericht, die den Parteien auch genehm sind, also keine Richter mit innovativem Geist, sondern Richter, die sich den Parteiideologien, wenn schon nicht offen, dann aber doch versteckt subordinieren.



 

 


 

 

 

Gleichstellung nichtehelicher Kinder vollenden - Ausnahmen im Erbrecht beseitigen

Berlin, 21. Juli 2010

Zu dem heute vom Bundeskabinett beschlossenen Regierungsentwurf, der die erbrechtliche Gleichstellung nichtehelicher Kinder vollendet, erklärt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:

Kein Kind darf schlechter stehen, nur weil seine Eltern unverheiratet sind. Nach wie vor gibt es nichteheliche Kinder, die ihre Väter nicht gesetzlich beerben. Die Ausnahmen auf Kosten nichtehelicher Kinder werden jetzt beseitigt. In Zukunft werden alle nichtehelichen Kinder gesetzliche Erben ihrer Väter, unabhängig vom Alter.

Für künftige Todesfälle kann sich niemand auf Vertrauensschutz berufen, der letztlich zu neuen Benachteiligungen führt. Ursprünglich war im Gespräch, nichteheliche Kinder erst nach hinterbliebenen Ehefrauen und Lebenspartnern erben zu lassen. Der heute beschlossene Regierungsentwurf verzichtet bewusst auf Einschränkungen. Die Gleichstellung nichtehelicher Kinder ist wichtiger als Vertrauensschutz.

Die Reform liegt auf der Linie der Kindschaftsrechtsreform, die ich vor über zehn Jahren auf den Weg gebracht habe. Die umfassende Gleichstellung nichtehelicher Kinder im Erbrecht vollendet einen langen Weg.

Zum Hintergrund:

1. Aktuelle Rechtslage

Im Erbrecht sind nichteheliche und eheliche Kinder grundsätzlich gleichgestellt. Nach wie vor hat jedoch eine Ausnahme Bestand, die das Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder vom 19. August 1969 vorsah. Diese Sonderregelung führt dazu, dass vor dem 1. Juli 1949 geborene nichteheliche Kinder bis heute mit ihren Vätern als nicht verwandt gelten und daher auch kein gesetzliches Erbrecht haben.

2. Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am 28. Mai 2009 in einem Individualbeschwerdeverfahren festgestellt, dass die bisher im deutschen Erbrecht vorgesehene Ungleichbehandlung von ehelichen und nichtehelichen Kindern, die vor dem 1. Juli 1949 geboren wurden, im Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention steht.

3. Geplante Regelung

Der Regierungsentwurf sieht vor, dass alle vor dem 1. Juli 1949 geborenen nichtehelichen Kinder künftig gesetzliche Erben ihrer Väter werden:

Für künftige Sterbefälle werden alle vor dem 1. Juli 1949 geborenen nichtehelichen Kinder ehelichen Kindern gleichgestellt. Sie beerben ihre Väter als gesetzliche Erben.

 

Der Regierungsentwurf verzichtet auf ursprünglich diskutierte Einschränkungen zu Gunsten von hinterbliebenen Ehefrauen und Lebenspartnern, weil der Grundsatz der Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder wichtiger ist als der Vertrauensschutz.

 

Besonderheiten gelten für Sterbefälle, die sich bereits vor der geplanten Neuregelung ereignet haben. Da das Vermögen des Verstorbenen bereits auf die nach alter Rechtslage berufenen Erben übergegangen ist, kann die Erbschaft nur in sehr engen verfassungsrechtlichen Grenzen wieder entzogen oder geschmälert werden:

 

Die Neuregelung kann auf Todesfälle erweitert werden, die sich erst nach der Entscheidung des EGMR am 28. Mai 2009 ereignet haben. Denn seit der Entscheidung können die nach altem Recht berufenen Erben nicht mehr auf ihr Erbe vertrauen.

 

Für nichteheliche Kinder, deren Väter bereits vor dem 29. Mai 2009 verstorben sind, muss es wegen des verfassungsrechtlich verankerten Rückwirkungsverbots grundsätzlich bei der früheren Rechtslage bleiben. Eine Ausnahme ist für Fälle geplant, bei denen der Staat selbst zum Erben geworden ist, zum Beispiel weil es weder Verwandte noch Ehegatten bzw. Lebenspartner gab oder weil die Erbschaft ausgeschlagen wurde. In solchen Konstellationen soll der Staat den Wert des von ihm ererbten Vermögens an die betroffenen nichtehelichen Kinder auszahlen.

 

Der heute vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf wird jetzt dem Deutschen Bundestag zur Beratung zugeleitet.

 

RegE_Gleichstellung_Kinder.pdf , 67 kb

 

http://www.bmj.de/files/-/4628/RegE_Gleichstellung_Kinder.pdf

 

 

 

 


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