Geschlossene Unterbringung


 

 

 

Junge Serientäter

Kinder hinter Schloss und Riegel

Über geschlossene Heime für Täter unter 14 Jahre entbrennen regelmäßig Debatten.

 

Werner Kurzlechner

16.7.2007 17:41 Uhr

 

Seit 1990 bringt Berlin delinquente Kinder unter 14 Jahren nicht mehr in geschlossenen Heimen unter. Wegen des 13-jährigen Serientäter Adnan F. wird jetzt erneut eine politische Debatte darüber, ob es solche Einrichtungen wieder geben soll. Seit 20 Jahren kehrt die Auseinandersetzung darüber regelmäßig wieder. Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) wehrt sich zwar nicht mehr gegen die Diskussion, ist aber strikt gegen geschlossene Heime.

Im August 1996 schrieb der Tagesspiegel: „Immer öfter überfallen Kinder in Berlin Erwachsene, erpressen Klassenkameraden, stehlen Autos – und müssen dennoch keine Konsequenzen fürchten.“ Für Schlagzeilen sorgte damals ein dreizehnjähriger Junge aus Bosnien, dem mehr als 40 Straftaten zur Last gelegt wurden. Polizei, Bezirksämter und Jugendexperten forderten damals, geschlossene Heime wieder einzuführen. Die Grünen lehnten das ebenso ab wie die damalige Jugendsenatorin Ingrid Stahmer (SPD). Der Chefarzt der psychiatrischen Kinderklinik Wiesengrund klagte, seine Einrichtung sei auf Straftäter nicht eingestellt. Der auffällige 13 Jahre alte Bosnier war dort eingewiesen worden.

Derartige Diskussionen mit ähnlichen Fronten branden seitdem immer wieder auf. Stahmer lag in dieser Frage einst mit ihrem Parteigenossen und damaligen Justizsenator Ehrhart Körting über Kreuz, der geschlossene Anstalten verlangte. Zwei Jahre später machte der eine Kehrtwende und lobte die offene Heimpädagogik: „Wenn die bestehenden Projekte gut funktionieren, brauche ich über weitere Einrichtungen nicht nachzudenken“, sagte Körting. Die „taz“ jubelte: „Auch Politiker sind lernfähig.“

Zuletzt hatte die CDU im Abgeordnetenhaus Ende Februar dieses Jahres geschlossene Heime und die Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters auf zwölf Jahre gefordert. SPD, PDS und Grüne lehnten das kategorisch ab.

In den 1970er-Jahren prangerten Kritiker katastrophale Missstände wie Verwahrlosung und Gewalt in den Heimen an. Aufsehen erregte 1970 das Fernsehspiel „Bambule“, in dem autoritäre Auswüchse in einem Mädchenheim zum Aufstand der Insassinnen führen. Ulrike Meinhof produzierte den Film, kurz bevor sie als Mitglied der Roten Armee Fraktion in den Untergrund ging. Bald regte sich tatsächlich gewalttätiger Widerstand. Ende 1973 kam es im senatseigenen Hauptkinderheim in Kreuzberg zur sogenannten „Trebe–Bambule“. Jugendliche schlugen einen Erzieher und eine Reinigungsfrau zusammen.

In diesen Kämpfen um eine liberalere Heimpraxis gerieten die geschlossenen Einrichtungen immer mehr in Verruf. Berlin machte sie dicht, als 1990 ein neues Kinder- und Jugendhilfegesetz in Kraft trat. Kinder dürfen seither nur eingesperrt werden, wenn sie sich oder andere an Leib und Leben bedrohen. Die meisten Bundesländer schafften seinerzeit die geschlossenen Heime ab. Manche wechselten später ihren Kurs. Hamburg etwa führte sie unter Innensenator Ronald Schill wieder ein. 

Werner Kurzlechner

 

http://www.tagesspiegel.de/berlin/Adnan-F-Kriminalitaet;art270,2340719

 

 


 

 

 

Mädchengeschichten: Wenn ich wieder draußen bin

D 2007

 

2100

3SAT

Doku

am: 06.Dez | bis: 21:30

 

„Wenn ich wieder draußen bin“: Straßenkind Lisa aus München landete mit 17 im geschlossenen Mädchenheim, kommt aus sozial schwierigen Verhältnissen. Kirsten Esch begleitete sie bis zur Entlassung.

Achtung! Weitere Infos vom Sender:

Mit der Einweisung in das geschlossene Mädchenheim in Gauting bei München hatte ihr das Jugendamt als letzte Konsequenz immer wieder gedroht. Lisa hatte es nicht geglaubt – und doch: 'Auf einmal war ich da!' erzählt die 17-Jährige lakonisch. Bisher hatte das Mädchen auf der Straße gelebt und war immer abgehauen, sobald Probleme auftauchten. Nun muss sie lernen, in einer Gemeinschaft zu leben und sich zu stellen. Nach der Entlassung will sie in einer offenen Wohngruppe leben und den Hauptschulabschluss machen. Lisas Leben war von Kindheit an von Gewalt bestimmt – durch die Mutter, später in der Familie der Pflegeeltern und auf der Straße. Sie hat mehrere Selbstmordversuche und Aufenthalte in der Psychiatrie hinter sich und weiß, wie gefährdet sie weiterhin ist.. Die Münchner Dokumentaristin Kirsten Esch, die sich in ihren Filmen immer wieder mit frauenspezifischen Themen auseinander setzt, kennt das Mädchenheim in Gauting seit vielen Jahren. So hatte sie 1998 in der Dokumentation 'Wenn ich draußen bin' einen Einblick in das Leben von Insassinnen des Heims gegeben. Lisa lernte sie kennen, als diese bereits ein Jahr in dem Heim war. Beeindruckt von Lisas Persönlichkeit, begleitete die Autorin das ebenso starke wie verletzliche Mädchen ein halbes Jahr lang bis zu ihrer Entlassung mit der Kamera. Dabei entstand ein enger Kontakt. Der Film erzählt von Lisas Alltag in dem geschlossenen Heim, den Auseinandersetzungen mit den anderen Mädchen und ihren persönlichen Wünschen.

http://www.tvspielfilm.de/programm/tipps?sendungs_id=11752250

 

 

 

 


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