In Sachen Kaminski


 

 

 

Martin und Petra Kaminski leben glücklich mit ihrer fünfjährigen Tochter Lona. Da die Eltern minderbegabt sind, rät ihr Kinderarzt zu einer ...

 

Mittwoch, 19.04.2006 um 00.00 Uhr in der ARD

 

 

 

In Sachen Kaminski

 

Fernsehfilm Deutschland 2005

Martin und Petra Kaminski leben glücklich mit ihrer fünfjährigen Tochter Lona. Da die Eltern minderbegabt sind, rät ihr Kinderarzt zu einer Fördermaßnahme, damit das Mädchen nicht in einen Entwicklungsrückstand gerät.

Was als Hilfe gemeint war, entwickelt sich zum Problem. Martin und Petra fühlen sich von der Familienhelferin kontrolliert und lehnen sie ab. In aller Unwissenheit treten sie damit eine Lawine los, denn nun wird ihnen vom Jugendamt das Recht entzogen, für Lona zu sorgen. Das Mädchen wird bei den Pflegeeltern Kai und Julia Gerber untergebracht, die sofort anfangen, sich intensiv um Lonas Förderung zu kümmern.

Doch Martin und Petra wollen ihre Tochter nicht aufgeben. Mit Hilfe der Anwältin Annett Fink gehen sie trotz ständiger Rückschläge und persönlicher Krisen durch alle Instanzen. Vergeblich. Als letzte Hoffnung bleibt nur der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.

 

 

Besetzung

Petra Kaminski Juliane Köhler

Martin Kaminski Matthias Brandt

Lona Kaminski Amber Bongard

Annett Fink Anneke Kim Sarnau

Kai Gerber Heikko Deutschmann

Julia Gerber Aglaia Szyszkowitz

Lena Stolze Gabriele Lohse

 

Regie: Stephan Wagner

Buch: Holger Karsten Schmidt

Kamera: Andreas Bein

Musik: Irmin Schmidt

 

 

Mittwoch, 19. April 2006 um 00.00 Uhr

 

 

http://www.daserste.de/filmmittwoch/sendung_dyn~film,1088~cm.asp

 

 


 

 

 

Das ARTE Magazin

In Sachen Kaminski

ARTE Film

Freitag • 15. Juli • 20.40

 

 

MUTTER COURAGE

Wer kann entscheiden, ob Eltern in der Lage sind, ihr Kind zu erziehen? Juliane Köhler spielt eine Mutter, der das Sorgerecht entzogen wird. Ein Gespräch über ein schwieriges Thema

 

Wer Juliane Köhler noch als mondäne Hitler-Geliebte Eva Braun aus „Der Untergang“ in Erinnerung hat, wird erstaunt sein: In dem ARTE-Fernsehfilm „In Sachen Kaminski“ stellt die Schauspielerin mit derselben Intensität Petra Kaminski dar, eine schüchterne Frau, die um ihre Tochter kämpft. Das unterdurchschnittlich intelligente Ehepaar Kaminski sorgt liebevoll für die fünfjährige Lona, doch im Kindergarten wird die Kleine gehänselt, weil sie nicht weiß, wie man richtig zählt und spricht. Eine Sozialpädagogin soll die Eltern bei der Erziehung unterstützen. Die Hilfe wird zum Albtraum: Den Kaminskis wird das Sorgerecht abgesprochen.

ARTE: Frau Köhler, der Regisseur Stephan Wagner wollte unbedingt, dass Sie Petra Kaminski spielen. Warum?

Juliane Köhler: Habe ich ihn auch gefragt. Er sagte, dass er meine Fähigkeit schätze, mich vollkommen zu verwandeln. Und eben auch vollkommen unscheinbar wirken zu können, so dass man mich kaum sieht. Das war ihm sehr wichtig für die Rolle der Petra Kaminski. Für mich als Schauspielerin ein tolles Kompliment.

ARTE: Wie sind Sie in die Psyche dieser Frau eingetaucht?

Juliane Köhler: Das war ziemlich schwierig. Ich hatte mich mit der Welt geistig zurückgebliebener Menschen nie zuvor auseinandergesetzt. Anfangs haben wir uns alle ganz intensiv vorbereitet und in verschiedenen Einrichtungen die Menschen beobachtet. Die tollste

Erkenntnis dabei war, dass dies alles beim Dreh überhaupt keine Bedeutung mehr hatte. Das Hauptthema war plötzlich nicht mehr der unterdurchschnittliche IQ dieser Eltern, sondern nur noch, wie ein Mensch damit umgeht, dass ihm die Kinder weggenommen werden. Und dann handeln alle Eltern gleich, egal wie hoch ihr IQ ist.

ARTE: Also war es für das Verständnis der Rolle wichtig, dass Sie selbst Mutter sind?

Juliane Köhler: Ganz klar. Die Geschichte ist ja wirklich passiert, das ist kaum vorstellbar. Wenn das Jugendamt auf einmal vor meiner Tür stünde, um mir meine Kinder wegzunehmen, ginge es mir genauso wie den Kaminskis. Ich hätte keine Ahnung, wen ich zuerst anrufen müsste. Das eigentlich Schlimme aber ist, dass das Jugendamt diese ganze Misere verbrochen hat. Eine Institution, die eigentlich helfen sollte.

ARTE: In dem Film geht es auch um menschliches Versagen. Um den verletzten Stolz der Erziehungshelferin, um die offenbare Geldgier der Familienvermittlungsstelle, die für jedes untergebrachte Kind gut kassiert …

Juliane Köhler: Der Film will keinen eindeutigen Buhmann benennen. In dieser Gratwanderung bestand auch die Schwierigkeit beim Dreh. Einerseits versteht man, dass das Jugendamt in die Familienverhältnisse eingreifen musste, um eine gesunde geistige Entwick-lung Lonas zu garantieren. Aber andererseits wird deutlich, dass sie nicht einfach von den Eltern hätte getrennt werden dürfen, dass es eine andere Lösung gegeben hätte. Das wirkliche Problem sind inkompetente Menschen.

ARTE: Wann dürfte das Jugendamt Ihrer Meinung nach das Recht der Eltern, ihre Kinder zu erziehen, beschneiden?

Juliane Köhler: Das ist nicht leicht zu beantworten. Grundsätzlich bin ich dagegen, dass überhaupt eingegriffen wird. Zumindest nicht mit so rigiden Mitteln. Es gibt ja Familien, in denen Förderprogramme wirklich funktionieren. Da arbeiten die Erziehungshelfer mit den Eltern zusammen, teilweise entstehen richtige Freundschaften, das ist das Ideal. Natürlich ist es sinnvoll, die Kinder geistig unterentwickelter Eltern zu fördern und ihnen bessere Chancen zu bieten. Vielleicht kann das manchmal sogar schon die Schule leisten. Aber unsere Schulen sind ja auch so katastrophal.

ARTE: Also keine „neue Beelterung“, wie es im Fachjargon heißt, sondern lieber Erziehungshilfe?

Juliane Köhler: Neue Eltern, das ist für mich absolut indiskutabel. Egal, wie dumm die Eltern sind, man kann ihnen nicht einfach die Kinder wegnehmen.

ARTE: Dieser Film basiert auf einem authentischen Fall. Wie nah ist der Film an der Wahrheit?

Juliane Köhler: So nah wie möglich. Nur dass es in dem wahren Fall zwei Kinder waren und die sogar in zwei verschiedene Familien gesteckt wurden. Kinder erst von den Eltern zu trennen und dann auseinander zu zerren, wer macht so etwas? Das zeugt von mehr Dummheit als ein niedriger IQ.

ARTE: Haben Sie die Familie vor Drehbeginn kennen lernen und mit ihr sprechen können?

Juliane Köhler: Nein, das wollten wir nicht. Als wir mit den Dreharbeiten begonnen hatten, war die Familie gerade wieder zusammengeführt worden. Das war fünf Jahre nach der Trennung, auch das muss man sich einmal vor Augen führen. Die ältere Tochter war inzwischen zwölf Jahre alt.

ARTE: Will der Film aufklären?

Juliane Köhler: Ich denke schon. Was ich wirklich schlimm finde, ist, dass sich nichts geändert hat, nachdem diese Familie durch die gesamte deutsche Gerichtsbarkeit gegangen ist. Die Probleme, die sie hatten, gibt es nach wie vor, es spricht nur niemand darüber. Und im Jugendamt laufen noch immer dieselben inkompetenten Menschen herum. Ich würde mich wirklich freuen, wenn der Film etwas bewirken könnte.

 

Das Gespräch führte Corinna Daus

 

 

ARTE PLUS

DER WAHRE FALL HINTER DEM FILM:

Familie K. sucht 1994 auf Rat des Hausarztes Unterstützung für die Erziehung der beiden Töchter (3, 1). Das Jugendamt schickt eine Familienhelferin. Die befindet, dass die Eltern

intellektuell nicht in der Lage seien, eine gesunde Entwicklung ihrer Kinder zu ermöglichen. 1997 wird ihnen das Sorge-recht abgesprochen, die Kinder kommen in Pflegefamilien.

Das Ehepaar K. geht bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der ihnen 2002 das Sorgerecht wieder zuspricht. Das Urteil: Die Zweifel der deutschen Behörden

an der Erziehungsfähigkeit der Eltern waren begründet, aber keine Rechtfertigung dafür, ein Kind mit Gewalt von seinen biologischen Eltern zu trennen.

 

JULIANE KÖHLER

FILMOGRAFIE (Auswahl):

„In Sachen Kaminski“ (2004); „Der Untergang“ (2004)

„Nirgendwo in Afrika“ (2001); „Aimée und Jaguar“ (1998)

 

 

 

http://www.arte-tv.com/de/service/alles-ueber-ARTE/ARTE-Magazin/Archiv/Schwerpunkte_20Juli_202005/911108,CmC=911098.html

 

 

 


zurück