Kabarett und Vaterschaft
Überväter – CD von Tobias Bücklein. Bezug über: Tobias Bücklein, St. Gebhard-Platz 26, 78467 Konstanz.
DM 25,-
Seit mehreren Jahren steht Tobias Bücklein, Schauspieler, Musiker, Klein- und Großkünstler aus Konstanz, mit seinem Soloabend „ÜberVäter“ auf der Bühne. Ausschnitte aus dem Programm sind jetzt auf CD erhältlich. Wenn Sie – soviel Lorbeer von vornherein – noch nicht wissen, was Sie Ihrem besten Freund und Papa auf den Gabentisch legen sollen: Von Bückleins besonderen Interpretationen deutschen Liedguts, Schlagern, Eigenkompositionen und Darbietungen der Werke literarischer Größen wie Goethe und Brecht, nicht zu vergessen: Schlafliedern, wird er begeistert sein!
Wer ein Feuerwerk an leicht verdaulichen Gags im Comedy-Stil erwartet, wird enttäuscht. Bückleins Humor ist untergründig bis tiefsinnig, manchmal so bitter, dass man nicht lachen will, obwohl die Pointe absolut ins Schwarze trifft. Kleinkunst im besten Sinne wird geboten, mal sentimental, mal bissig, mal verträumt und liebevoll. Mein persönlicher Hit: Große Jungs weinen nicht. TicTacToe stürmten mit dieser Girlie-Nummer und ihrer Anklage an die werdenden Männer die Hitparaden. Bei Bücklein wird daraus ein Chanson, voll Verständnis für die Nöte der großen Jungs. Das kann einen, blöckflötenuntermalt, fast zum Weinen bringen.
In bester Kabarett-Tradition fordert Bücklein auf, das Wort „Papa“ endlich aus der deutschen Sprache zu verbannen, legt doch die Nähe zu eher eklig assoziierten Wörtern wie „Pipi“ und „Popo“ eine negative Konnotation nahe und führt langfristig zum Rückzug von Vätern aus der Familie. Was aus seiner Eingabe an die Gesellschaft für Deutsche Sprache wurde, ist unbekannt.
Bekannt hingegen sind die zynischen Gerichtsurteile, die Vätern nach einer Trennung oder dem plötzlichen Verschwinden von Frau und Kindern nur seltenen brieflichen Kontakt zu ihren Kindern erlauben. Bewegend schildert Bücklein die Gefühle eines derart verlassenen Vaters beim Betreten des nun leer geräumten Kinderzimmers, den Verlust von Lebenssinn und –perspektive, seine Liebe zu seinen Kindern.
Auch die Vaterbilder großer Literaten werden in eigensinniger Weise vorgestellt. Der Vater in Goethes „Erlkönig“ legt in Bückleins Interpretation Assoziationen nahe zu genervten Vätern, die auf langer Urlaubsfahrt ihren Kindern nur unwillig Antwort geben. Und Brechts „Lied der Rosen am Schipkapass“... nun ja, hören Sie am besten selbst.
Am Ende eines langen Tages freuen wir uns auf süßen Schlummer und am Ende eines langen Kleinkunstprogrammes haben wir uns den auch verdient. Bücklein schickt uns versöhnlich und wunderkerzenverdächtig mit „Lalelu“ ins Bett. Da bleibt mir nur noch, Ihnen angenehme Träume zu wünschen, mit – so der Untertitel der CD – Liedern und Texten über’s Vatersein und Vater Haben.