Kinderlosigkeit
Kinderlos - Kinderlose
Der wichtigste Grund für Kinderlosigkeit: Es fehlt „der“ Partner
Das Fehlen eines geeigneten Partners, die Zufriedenheit mit einem Leben ohne Kinder, höhere Lebenshaltungskosten und die Sorge um den Arbeitsplatz sind die wichtigsten Motive, warum sich immer mehr Frauen und Männer in Deutschland gegen die Gründung einer Familie entscheiden. Fehlende Betreuungsmöglichkeiten spielen hingegen nur eine untergeordnete Rolle bei der Entscheidung, ohne Kinder zu leben.
Das ist das Ergebnis einer bundesweiten Umfrage und Fragebogenaktion unter 40.000 Männern und Frauen im Alter zwischen 18 und 49 Jahren, mit der die Zeitschriften „Eltern“ und „Eltern for family“ das Meinungsforschungsinstitut Forsa beauftragt hatten. Die Umfrage, die sich sowohl an Eltern als auch an Kinderlose richtete, wurde am 11.1.2005 in Berlin vor dem Hintergrund des dramatischen Rückgangs der Geburten in Deutschland vorgestellt. Nach jüngsten Angaben des Statistischen Bundesamtes hat sich die Zahl der Geburten in Deutschland in den vergangenen vierzig Jahren fast halbiert. Während 1964 noch 1.357.304 Kinder geboren wurden, kamen 2003 nur noch 706.721 Kinder zur Welt, etwa 60.000 weniger als noch im Jahr 2000. Zugleich ist der Anteil der Frauen des Jahrgangs 1965, der keine Kinder hat, auf fast ein Drittel gestiegen. Das Durchschnittsalter der Mütter bei der Geburt des ersten Kindes erhöhte sich stetig und lag 2002 bei 29,3 Jahren.
44 Prozent der befragten Kinderlosen verzichten demnach auf Nachwuchs, weil ihnen der geeignete Lebenspartner fehlt. Genauso viele wollen keine Familie gründen, weil sie auch ohne Kinder mit ihrem Leben zufrieden sind. Fast 40 Prozent der Kinderlosen und 45 Prozent der befragten Eltern verzichten auf (weitere) Kinder, „weil man heute nicht mehr wissen kann, ob man seinen Arbeitsplatz behält und sich (weitere) Kinder leisten kann“. Nur neun Prozent der Kinderlosen und 21 Prozent der Eltern wollen keine (weiteren) Kinder, weil es an Krippen- und Kindergartenplätzen fehlt.
Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12.1.2005
Mythos Kinderwunsch
Da hilft kein Elterngeld: Viele Männer können sich etwas anderes vorstellen, als Papa zu werden
von Michael Klein
Die Deutschen werden immer weniger. Das ist für unsere Politiker ein Problem, und die Quelle allen Übels haben sie auch schon ausgemacht: Da jeder Mensch Kinder in die Welt setzen wolle, sich nichts sehnlicher wünsche, als eine Familie zu gründen, müsse irgendetwas die Familiengründung verhindern. Sie haben gesucht und wurden fündig. In Deutschland gebe es ein Vereinbarkeitsproblem. Frauen wollten nämlich beides, arbeiten und Kinder bekommen. Hätten sie Letztere nicht, dann sei Ersteres, die Arbeit, schuld.
Um den fehlenden Nachwuchs zu bekommen, werden Mütter alimentiert, gesponsert und begünstigt, wird versucht, die Vereinbarkeit von Beruf und Kind mit allerlei Legislativem herzustellen. Der Erfolg ist gering: Die Reproduktionsrate ist, obwohl so viel wie noch nie zuvor in Deutschland für Kinder gezahlt wird, so gering wie noch nie zuvor in Deutschland. Zeit, einen schüchternen Einwurf zu machen: An der Reproduktion sind nicht nur Frauen beteiligt, sondern auch Männer - ja, wirklich, und auch nach der Geburt benötigt man sie, meist als "male breadwinner", wie Christian Schmitt schreibt.
Schmitt arbeitet beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und hat etwas Bemerkenswertes getan: Er hat eine Studie über Männer durchgeführt, die kinderlos sind oder bleiben. Noch bemerkenswerter - wenngleich vermutlich folgenlos - ist, dass die Studie als Expertise im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Frauen, Senioren und Jugend entstand. Kinderlose Männer, so hat Schmitt herausgefunden, gibt es eine ganze Menge, mehr noch als Frauen: 33,8 Prozent der über 20-jährigen Männer, aber nur 26 Prozent der entsprechenden Frauen in Schmitts Datensatz (mit immerhin 8639 Befragten) waren kinderlos.
Sollte die deutsche Reproduktionskrise gar nicht auf ein Vereinbarkeitsproblem von Frauen zurückzuführen sein, sondern unter anderem darauf, dass es Männer gibt, die es nicht mit sich vereinbaren können, der Alleinernährer zu sein, die sich die Frage stellen, warum sie der Alleinernährer sein sollten, und, mehr noch, sich fragen, warum sie Kinder haben und eine Frau für deren Erziehung bezahlen sollten? Und am Ende gibt es gar Männer, die keine Kinder wollen.
Schmitt interpretiert seine Ergebnisse anders: Männer, so meint er, schöben ihren Kinderwunsch so lange hinaus, bis sie es sich leisten könnten, Frau und Kind(er) zu finanzieren. Doch wie erklärt man vor diesem Hintergrund, dass bereits jetzt 16 Prozent seiner über 45-jährigen Männer keine Kinder haben? Hat es bei denen zu lange gedauert, bis sie sich ihren Kinderwunsch ökonomisch erfüllen konnten - und als sie ihn sich dann erfüllen konnten, war der (biologische) Zug halt schon abgefahren?
Die Erklärung, die sich aufdrängt, ist eine andere: Lebensentwürfe lautet das Stichwort. Kinderlosigkeit korreliert bei Männern wie bei Frauen mit Bildung: Je höher die Bildung, desto seltener Kinder. Auswanderungsstatistiken belegen, dass Deutschland insbesondere hoch gebildete junge (!) Männer den Rücken kehren. Sie gehen ins Ausland, um dort ihren Berufswunsch ausleben zu können. Manche Männer denken tatsächlich, sie seien mehr als designierte Familienväter, deren Lebensaufgabe darin besteht, Geld anzubringen und für den Unterhalt der Kleinfamilie im netten Reihenhaus zu sorgen. Entsprechend mehr wollen sie von ihrem Leben. Und seit es die Pille gibt, ist auch die Zahl der Frauen, die nicht für Nachwuchs sorgen und nicht unterhalten werden, sondern mehr von ihrem Leben wollen, wieder größer geworden.
http://www.welt.de/data/2004/09/25/337308.html?search=Mythos+Kinderwunsch&searchHILI=1
Anteil der Kinderlosen in Deutschland am größten
In keinem anderen Land der Welt gibt es so viele kinderlose Menschen wie in Deutschland. „Jede dritte Frau in der Bundesrepublik bleibt kinderlos, bei Akademikerinnen sind es sogar 40 Prozent“, sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Demographie, Herwig Birg, am 3. März in Bielefeld. In Frankreich liege der Anteil im Vergleich bei rund 15 Prozent, in den USA bei 15 bis 20 Prozent.
Quelle: Der Tagesspiegel vom 4.3.2004
Kommentar Väternotruf:
Man könnte auch einmal darüber nachdenken, warum offensichtlich sehr viele Männer, es sind prozentual sogar mehr als Frauen, kinderlos bleiben und was das mit der in der bundesdeutschen Gesellschaft anzutreffenden Männer- und Väterdiskriminierung zu tun hat.
Viele jetzt erwachsene Männer sind Scheidungskinder und haben in den 50-70er Jahren auch auf staatliches Betreiben ihren Vater verloren. Wer wollte es ihnen verdenken, dass sie nicht das gleiche Schicksal erleiden wollen wie ihre Väter und darum schlichtweg die Zeugung von Nachkommenschaft verweigern.
Wiesbaden, 31.08.2004
Lautenschläger: Rot-Grün drückt sich vor Reform der Pflegeversicherung
Kritik an Strafsteuer für Kinderlose Demenzkranke berücksichtigen, ambulante Hilfen stärken
Sozialministerin Silke Lautenschläger hat der Bundesregierung vorgeworfen, sich vor einer Reform der Pflegeversicherung zu drücken und mit der geplanten Erhöhung des Pflegeversicherungsbeitrages für Kinderlose das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht angemessen umzusetzen. "Das Gericht hat gefordert, Familien bei den Pflegebeiträgen zu entlasten, nicht aber für Kinderlose eine Straf-Steuer einzuführen. Statt einer Erleichterung für Eltern soll es nun zusätzliche Belastungen für Kinderlose geben, um die Löcher zu stopfen", erklärte sie heute in Wiesbaden. Rot-Grün missbrauche das Urteil als Deckmantel für Beitragserhöhungen, habe aber nicht den Mut zu einer grundlegenden Reform der Pflegeversicherung, um diese auf ein solides Zukunftsfundament zu stellen. Von den Grünen würden zu Recht Strukturveränderungen gefordert.
Bundeskanzler Schröder habe aus wahltaktischen Gründen die dringend notwendige Reformdiskussion gestoppt und die Bundesgesundheitsministerin angewiesen, nur das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. "Hier wird Flickschusterei betrieben und sehenden Auges ein wichtiger Pfeiler der sozialen Sicherung ausgehöhlt. Wenn nicht bald etwas passiert, ist die Pflegekasse spätestens 2006 leer und eine Beitragserhöhung für alle unumgänglich", warnte Silke Lautenschläger. Die Ministerin forderte eine angemessene Berücksichtigung der Demenzkranken in der Pflegeversicherung.
"Bisher fehlt bei der Bundesregierung hier jeder Ansatz." Zudem müsse die Finanzierung von ambulanten bzw. häuslichen Hilfen gestärkt werden. "31 Prozent der Pflegebedürftigen befinden sich in stationärer Pflege, erhalten aber 59 Prozent der Leistungen. Die Mehrheit, nämlich 69 Prozent der Pflegebedürftigen, wird zu Hause von den Angehörigen betreut, erhält aber nur 41 Prozent der Leistungsausgaben", beschrieb sie das Ungleichgewicht. In einem weiteren Reformschritt müsse die Umstellung vom umlagefinanzierten System auf ein kapitalgedecktes erfolgen.
Pressemeldung vom 31.08.2004 verantwortlich i.S.d.P.: Petra Müller-Klepper, Hessisches Sozialministerium, Pressestelle, Dostojewskistaße 4, 65187 Wiesbaden. Telefon: (0611) 8 17 - 34 08 , Fax: (0611) 8 90 84 - 66. E-mail: presse@hsm.hessen.de