Innerdeutsche Kindesentführungen

Kindesentführungen in Deutschland 


 

 

 

Jedes Jahr werden aus und nach Deutschland einige Hundert Kinder entführt. Meist sind es leibliche Elternteile, Mütter oder Väter, die das eigene Kind aus dem Herkunftsland in ein anderes Land entführen. Nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ) sind die entführten Kinder regelmäßig in das Herkunftsland zurückzuführen. Ausnahmen von dieser Regel sind nur bei Kindeswohlgefährdungen zulässig.

Die Zahl der innerdeutschen Entführungen, also die Mitnahme des Kindes durch einen Elternteil an dessen neuen Wohnort, gegen den Willen des anderen Elternteils, liegt wesentlich höher. Hier kann man von bis zu 10.000 Entführungen jährlich ausgehen. Der geringste Teil der innerdeutschen Entführungen wird zur Anzeige gebracht, geschweige denn strafrechtlich geahndet, denn innerdeutsche Kindesentführung durch Mütter werden von den Strafverfolgungsbehörden in der Regel als mütterliches Privileg betrachtet.  

Innerdeutsche Kindesentführungen sind nach bisher herrschender Rechtsprechung nicht strafbar, weil es fast immer Mütter sind die dies tun. Mütter sind aber nach herrschender Rechtsprechung Menschen, die außerhalb des Strafrechtes stehen und denen seitens der Staatsanwaltschaften Narrenfreiheit gewährt wird. Überdies hat der Gesetzgeber innerdeutsche Kindesentführungen durch "sorgeberechtigte" Mütter nicht ausdrücklich im Strafgesetzbuch sanktioniert. In seltenen Fällen wird dem entführenden Elternteil zivilrechtlich das Sorgerecht oder das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen, wenn andernfalls weitere Verstöße dieses Elternteils gegen die Wohlverhaltenspflicht und das Kindeswohl zu befürchten sind. Dass die Rechtspraxis wohl eine gewisse Nachlässigkeit gegenüber innerdeutschen Entführungen pflegt, wird zu Recht kritisch betrachtet, So z.B. bei Gutdeutsch, Werner,  Rieck, Jürgen: "Kindesentführung: Ins Ausland verboten - im Inland erlaubt?"; In: "FamRZ",  1998, Heft 23, S. 1488-1491

 

Die meisten innerdeutschen Entführungen werden von Müttern getätigt. Dies hat natürlich nicht damit zu tun, dass Mütter schlechtere Menschen als Väter wären, sondern damit, dass Mütter sich auf Grund individueller und gesellschaftlicher Geschlechtsrollenverteilungen häufig zeitlich umfangreicher als die Väter um das Kind kümmern, einen Besitzanspruch auf das Kind entwickelt haben und Kinder nach Trennung oder Scheidung daher überwiegend im Haushalt der Mutter leben. 

 

Professionelle Hilfe und Unterstützung bei der Suche nach Kindern, die vermutlich von einem Elternteil entführt worden sind, bzw. bei denen ein Elternteil mit dem Kind verschwunden ist. 

Hilfe auch in anderen Fällen von Kontaktabbruch zwischen Kind und Vater:

www.kind-vater.de

 

 

 

 


 

 

 

 

Sorgerechtsstreit beschäftigt Bremer Staatsanwaltschaft

- 13.11.2011

Ein Vater kämpft um seine Kinder

Von Arno Schupp

Bremen. Seit vier Jahren kämpft Jacek Zdrojewski um seine Kinder. 2007 sind sie ihm weggenommen worden, von einer eigenen Frau. Ein Jahr hat er die Kinder gar nicht gesehen, und auch danach nur unregelmäßig. Er leidet unter Depressionen, der Kampf hat ihn krank gemacht, und arm. Er hat sich Geld geliehen, um Anwälte zu bezahlen. Bisher ohne Erfolg. Jetzt hat sich die Bremer Staatsanwaltschaft eingeschaltet: Sie wirft der Mutter vor, ihre Fürsorgepflicht verletzt zu haben, indem sie dem Vater die Kinder entzogen hat.

Bremen·Hamburg. Die Tische sind klein, sie sind ganz an die Wand gerückt, zwischen Terrassentür und Fenster, die passenden kleinen Stühle eng darunter geschoben. Es sind die Tische der beiden Söhne von Jacek Zdrojewski. Tische, an denen sie saßen, als sie vier Jahre alt waren. Heute sind sie neun, die Tische zu klein, aber die Kinder kommen ohnehin nicht mehr her. Seine Frau hat die Zwillinge mitgenommen, erzählt er, einfach so. 2007 war das, und seitdem kämpft Jacek Zdrojewski um das Sorgerecht. Ein schwerer Kampf, vielleicht ein aussichtsloser.

Knapp ein Jahr wusste er nicht, wo seine beiden Söhne sind. Er hat sie nicht gesehen, nichts gehört, er wusste nicht, dass seine Frau aus der gemeinsamen Wohnung in Hamburg nach Bremen gegangen ist, erst ins Frauenhaus, dann zu ihrer Schwester. Und als der Fall schließlich vor dem Bremer Familiengericht landet, wird ihm genau das zum Verhängnis: Die Kinder haben sich ihm in den Monaten der Trennung entfremdet, urteilen die Richter und sprechen seiner Ex-Frau das alleinige Sorgerecht zu.

Zdrojewski verliert den Sorgerechtsprozess vor dem Amtsgericht und im Oktober dieses Jahres auch den vor dem Oberlandesgericht. Die Mutter sei die Hauptbezugsperson, „sie stand für sie in der Vergangenheit ohne Unterbrechung kontinuierlich zur Verfügung“, heißt es in der Urteilsbegründung. „Der Senat verkennt nicht, dass die Kindesmutter diese Kontinuität ertrotzt hat...“ Dennoch sei zu berücksichtigen, dass sich die Kinder in den vergangenen Jahren in Bremen eingelebt haben. In der weiteren Begründung beurteilen die Richter das Verhalten der Mutter zwar als Fehlverhalten, doch auch das bleibt ohne Folgen.

Viele Väter betroffen

Zumindest bis jetzt, denn inzwischen ist die Bremer Staatsanwaltschaft auf den Fall aufmerksam geworden. Sie hat vor dem Amtsgericht einen Strafbefehl gegen die Mutter eingereicht. Der Vorwurf: Sie hat ihre Fürsorgepflicht verletzt, sie hätte dafür sorgen müssen, dass die Kinder ihren Vater sehen, Zeit mit ihm verbringen. Zdrojewski macht das Mut, er hat das Gefühl, dass sich endlich einmal jemand „aus dem System“ auf seine Seite stellt. Endlich einmal jemand, der sieht, was seine Frau gemacht hat, sagt er.

Dabei sind Fälle wie der von Jacek Zdrojewski bei Weitem keine Seltenheit, sagt Rainer Sonnenberger, Bundesvorsitzender des Vereins „Väteraufbruch für Kinder“, der sich bei Trennungen und Sorgerechtsfragen für die Rechte der Väter einsetzt. 3000 Mitglieder hat sein Verein, „zumeist Väter, die selbst betroffen sind“, sagt Sonnenberg. Vielen ging es ähnlich wie Zdrojewski, „denn die Masche, erst einmal mit illegalen Mitteln Fakten zu schaffen, die dann vor Gericht gegen die Väter verwendet werden, kommt häufig vor“, sagt der Bundesvorsitzende. „Das ist fast schon gängige Praxis.“

Der Tag, an dem Jacek Zdrojewskis Leben aus den Fugen gerät, ist der 11. September 2007. Der 57-Jährige arbeitet als Lkw-Fahrer, um seine Familie durchzubringen. Der Job ist hart, Zdrojewski will etwas anderes, und so lässt er sich bei der Dekra als Kranfahrer schulen. Die Familie lebt in einer kleinen Wohnung im Hamburger Stadtteil Langenhorn. 54 Quadratmeter, Erdgeschoss, eine kleine Terrasse, ein kleines Zuhause in Mehrfamilienblöcken aus rotem Backstein. Wenn sie in den Urlaub fahren, dann nach Polen, zu den Verwandten, zu seiner Schwiegermutter, die ihn allerdings nicht gerade ins Herz geschlossen hat, sagt Zdrojewski.

Von einer dieser Reisen stehen an diesem 11. September noch immer die Koffer im Wohnzimmer. Sie werde sie noch wegräumen, habe seine Frau ihm erzählt, sagt der 57-Jährige. Und tatsächlich sind die Koffer weg, als er abends von der Fortbildung kommt. Genau wie seine Frau und die beiden Söhne. Stattdessen liegt im Wohnzimmer ein Zettel auf dem Boden. „Darauf stand: Es ist besser so.“

Zdrojewski geht zur Polizei, meldet seine Kinder als entführt, von dort wird er zum Jugendamt geschickt – und landet schließlich in einer Sackgasse. Da seine Frau im Frauenhaus war, bevor sie zu ihrer in Bremen lebenden Schwester gezogen ist, will ihm niemand sagen, was los ist. Der unausgesprochene Vorwurf stand im Raum, er habe seine Frau geschlagen, sie aus dem Haus getrieben. Wie einen Verbrecher habe man ihn behandelt, sagt er.

Zdrojewski nimmt sich einen Anwalt und lässt über die polnische Botschaft prüfen, ob seine Kinder überhaupt noch im Lande sind. Sie sind. Nur wo? „Ich habe mir schon gedacht, dass sie vielleicht zu ihrer Bremer Verwandtschaft gefahren ist“, sagt der 57-Jährige. Doch eine Kontaktaufnahme will nicht gelingen. Und dann, nur durch einen Zufall, kann er bei einem seiner Besuche auf den Ämtern einen Blick in eine Akte werfen, die gar nicht für ihn bestimmt ist. So stößt er auf eine Bremer Adresse – die Adresse, unter der seine Frau und die Zwillinge leben.

Begegnung über das Jugendamt

„Wir haben dann erst einmal über das Jugendamt eine Begegnung mit den Kindern eingefädelt“, sagt Christian Rost vom „Polnischen Verband Eltern gegen Diskriminierung der Kinder“, den Zdrojewski zwischenzeitlich um Hilfe gebeten hat. Die Begegnung findet statt – in den Räumen des Jugendamtes und ganz anders, als sich der Vater das Zusammentreffen gewünscht hätte. Die Kinder reagieren verhalten, distanziert, und es braucht erst einmal Zeit, bis sie auftauen.

Für den Vater beginnt mit diesem Treffen die Annäherung an seine Kinder, aber auch ein Weg durch juristische Instanzen und Behördenzimmer. Ein Umgangsrecht wird ihm eingeräumt, es gibt feste Regelungen, wann er seine Kinder sehen darf, und doch findet längst nicht jedes dieser Treffen statt. Einige Termine hat seine Frau ihm kurzfristig abgesagt, bei anderen kam er mit der Bahn aus Hamburg angefahren, um dann in Bremen vor verschlossenen Türen zu stehen. Immer wieder werden Treffen vereitelt, erzählt er. Doch viel dagegen tun kann er nicht. Und auch Hilfe erhält Zdrojewski nicht so, wie er sich das vorstellt.

Nach Informationen des WESER-KURIER füllt die „Akte Zdrojewski“ beim Jugendamt bis jetzt vier dicke Bände. Einschätzungen zu den Kindern sind darin enthalten, Gutachtermeinungen, Vermerke zu den gegenseitigen Vorwürfen, die sich die Eltern in dem lange währenden Streit bereits gemacht haben. Unterlagen zu seiner Scheidung, Eintragungen über Zwangsgelder, mit denen Zdrojewskis Frau bereits gedroht worden ist, sollte sie die Treffen mit den Kindern erneut vereiteln, die dem 57-Jährigen vom Familiengericht zugestanden worden sind.

Viel genützt hat Jacek Zdrojewski all das nicht. Doch er will nicht aufgeben, er will weitermachen. Gerade jetzt, da er neuen Mut schöpft. Ein Strafbefehl gegen seine Ex-Frau, aufgesetzt von der Bremer Staatsanwaltschaft, unterzeichnet vom zuständigen Strafrichter des Amtsgerichts – das ist ein Schritt, sagt er. In diesen Tagen wird seine Ex-Frau den Brief im Postkasten haben, eine Geldstrafe, sie wird sie zahlen oder Einspruch einlegen. Beides jedoch ist nur ein Etappensieg, denn beides löst das Problem von Jacek Zdrojewski nicht. Er wird weiter um seine Kinder kämpfen, er will sie wieder bei sich haben, das Sorgerecht für die Zwillinge. Und wenn er es irgendwann bekommen sollte, wird er ihnen neue Tische kaufen.

www.weser-kurier.de/Artikel/Bremen/Vermischtes/481448/Ein-Vater-kaempft-um-seine-Kinder.html

 

 


 

 

 

Oberlandesgericht Hamm: „Das salomonische Urteil“ – OLG-Richter Prof. Dr. Jurgeleit hält Antrittsvorlesung

26.11.2009

Prof. Dr. Andreas Jurgeleit, Richter am Oberlandesgericht Hamm, hat am 25.11.2009 im Veranstaltungszentrum der Ruhr-Universität Bochum seine Antrittsvorlesung „Das salomonische Urteil“ gehalten.

Vor gut 200 interessierten Zuhörern beschäftigte sich Prof. Jurgeleit mit den Möglichkeiten, die Familiengerichte haben, um innerdeutschen Kindesentführungsfällen entgegen zu wirken. Die Veröffentlichung des Vortrags ist vorgesehen.

Prof. Dr. Jurgeleit ist seit 1997 als Lehrbeauftragter an der Ruhr-Universität Bochum tätig, am 15.04.2009 wurde er zum Honorarprofessor ernannt. Sein Lehrauftrag erfasst das Familien- und Erbrecht sowie das Zivilverfahrensrecht einschließlich der internationalprivatrechtlichen Bezüge.

 

Für Fragen, Kommentare und Anregungen steht Ihnen zur Verfügung: pressestelle@olg-hamm.nrw.de

 

http://www.justiz.nrw.de/Presse/presse_weitere/PresseOLGs/26_11_20091/index.php

 

 

 


 

 

Staatsanwaltschaft Rottweil stößt an Kapazitätsgrenze

Rottweil - Die Staatsanwaltschaft Rottweil, zuständig für die Landkreise Tuttlingen, Rottweil und Freudenstadt, hat Jahr für Jahr immer mehr zu tun, bei fast gleichbleibender Personaldecke. Für über 22 000 Verfahren letztes Jahr standen 46 Mitarbeiter zur Verfügung. Durchschnittlich erledigte jeder Mitarbeiter cirka fünf Verfahren pro Tag. Das teilte der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Rottweil, Frank Grundke heute mit. Ein Videobericht von Florian Budnik und Alexander Gossweiler zeigt Bilder der Pressekonferenz und Interviews mit einem der Staatsanwälte:

Durch die steigende Zahl von Ermittlungsfällen ergäben sich auch längere Verfahrensdauern. Mit durchschnittlich 50 Tagen vom Eingang eines Verfahrens bis zum Abschluss belegt die Staatsanwaltschaft Rottweil eine Mittelposition im Land.

Mehr oder weniger Neuland für die Staatsanwaltschaft sind Straftaten im Bereich Internet-Kriminalität, Urheberrechtsverletzungen und Kinderpronographie. In diesen Bereichen würde die Zahl der Verfahren zunehmen und andauern, wurde heute auf einer Bilanzpressekonferenz mitgeteilt.

Im Fall des ermordeten Autohändlers Weinmann aus Zepfenhan seien die Ermittlungen in Gange. Zwei Beamte seien nach Ungarn und Rumänien gereist um zu ermitteln. Da aber mit Dolmetschern gearbeitet werden muss, gestalteten sich die Ermittlungen als schwierig. Zu konkreten Verdachtsmomenten wurde heute nichts mitgeteilt.

Auch im Fall des Rottweiler Spitalleiters, der 200 000 Euro einer Heimbewohnerin veruntreut haben soll, gestalten sich die Ermittlungen schwierig. Der PC des Verdächtigen würde ausgewertet, es läge aber kein Schuldeingeständnis vor, so die Staatsanwaltschaft heute. Man sei jedoch zuversichtlich, das Ermittlungsverfahren bis zum Sommer abschließen zu können. (agos)

07.06.2009

http://www.schwarzwaelder-bote.de/wm?catId=12215967&artId=12622177&rss=true

 

 

Kommentar Väternotruf:

Kein Wunder, wenn man bei der Staatsanwaltschaft Rottweil über die steigende Anzahl der Fälle klagt, denn in Deutschland besteht bei den etablierten Altparteien der politische Wille jeden Pup zu verfolgen, Bundesjustizministerin Zypries (SPD) hat sich gar stark gemacht, Väter, die die Abstammung ihres Kindes überprüfen wollen, zu kriminalisieren.

Wo es tatsächlich Not tut, so etwa bei den innerdeutschen Kindesentführungen durch Mütter, drückt man beide Augen fest zu, denn es gilt der ausgemachte politische und justizielle Wille, die deutsche Mutter steht über dem Strafrecht.

 

 

 


 

 

Klagen eines Vaters

Darry, 5.12.: Fünf Kinder werden tot gefunden. Eine Woche hat Michael Kitzmuller geschwiegen, jetzt erhebt er schwere Vorwürfe. Die Mutter habe diese Tat geplant – und die Behörden hätten seine Warnungen ignoriert

Es ist wieder eine Stunde vergangen. Man hört das, weil die elektronische Uhr, die Michael Kitzmuller am Handgelenk trägt, jede Stunde einen hellen Piepton von sich gibt. Der Ton ist eine Erinnerung daran, dass Zeit vergangen ist. Dass sich der Abstand vergrößert hat zu dem Moment, in dem seine Kinder starben. Michael Kitzmullers Frau hat sie in der vergangenen Woche umgebracht. Vielleicht ist Michael Kitzmuller einfach ein starker Mann, weil er es aushält, dass dieser Ton ihm regelmäßig sagt, dass das Leben seitdem weitergeht. Vielleicht ist der Ton auch eine Notwendigkeit, um überhaupt noch etwas anderes zu bemerken als den Schmerz. Wahrscheinlich ist beides wahr.

Michael Kitzmuller ist der Ehemann von Steffi K., der psychisch kranken Mutter aus Darry in Schleswig-Holstein, die in der vergangenen Woche ihre fünf Kinder zuerst mit Medikamenten betäubt und dann erstickt haben soll: Aidan, 3, Ronan, 5, Liam, 6, Jonas, 8, und Justin, 9. Die beiden Ältesten stammen von einem anderen Mann. Trotzdem, sagt Kitzmuller, gehörten in dem Haus in Darry alle gleichermaßen zur Familie.

Michael Kitzmuller will etwas korrigieren. Es ist nicht wenig. Denn andere haben in den vergangenen Tagen viel geredet – über seine Kinder, über ihn und darüber, was angeblich geschehen ist, seitdem er sich am 15. August an den ärztlichen Bereitschaftsdienst des Landkreises Plön wandte und um Hilfe bat. Von dem, was in den vergangenen Tagen so gesagt wurde, war einiges falsch, und einiges – das ist ihm noch wichtiger – kam bisher gar nicht zur Sprache. Er will das ändern. Es könnte Leute in Schwierigkeiten bringen.

Es ist ein verregneter Abend in Berlin. Kitzmuller sitzt auf einem Sofa in einer kleinen Wohnung, irgendwo in Berlin-Mitte. Er hat bei Freunden Unterschlupf gefunden. Genaueres soll nicht bekannt werden. „Ich will keine Fernsehkameras“, sagt Kitzmuller. Er ist hier seit Mittwoch, dem 5. Dezember, dem Tag an dem Polizisten die Leichen seiner Kinder fanden. Kitzmuller spricht mit amerikanischem Akzent. Er wurde vor 34 Jahren in Kansas City geboren. Kennengelernt hat er Steffi K. über das Internet.

Meist spricht er so leise, dass man sich nach vorne beugen muss, wenn man ihn verstehen will. Und dann wieder schnell zurück, weil seine Stimme plötzlich ganz fest wird, wenn die Sprache auf „diese Frau“ kommt, mit der er seit mehr als sieben Jahren verheiratet ist, deren Namen er aber seit einer Woche nicht mehr in den Mund nimmt.

Kitzmuller sagt, dass er die Wahnvorstellungen „dieser Frau“ auf einer Mini-Kassette aufgenommen hat und sie im August der Leiterin des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Landkreises, Petra Ochel, gab. Er habe sich nicht anders zu helfen gewusst. Steffi K. habe sich ja schon seit einiger Zeit mit Kartenlegen und Pendeln beschäftigt, doch in diesem Jahr sei das, was die Behörden jetzt „religiöse Fantasien“ nennen, übermächtig geworden. „Sie sprach davon, dass sie ein Medium sei, dass sie mit Toten sprechen kann. Und mit Gott. Und sie hat gesagt, dass die Kinder von Dämonen besessen sind.“ Es machte ihm Sorgen, sagt er. „Sie hatte schon einmal gemeint, dass sie sich umbringen muss, weil Gott sonst die Kinder töten würde.“ Damals, so sagt Kitzmuller, läuft sie für den Selbstmord hinaus auf ein Feld. Er ruft die Polizei. Als Nachbarn Steffi K. zurückbringen, wirkt sie wieder völlig normal. „Sobald andere Leute dazu kamen, konnte sie blitzschnell umschalten.“

Und so, sagt Michael Kitzmuller, drückt er heimlich auf die Aufnahmetaste eines Diktiergeräts, als seine Frau von den Dämonen anfängt, die sich in den Kindern eingenistet haben sollen. Als Petra Ochel am 16. August das Haus in Darry besucht, gibt er ihr die Aufnahme, erzählt ihr von den Dämonen-Fantasien seiner Frau und flüstert: Sie solle die Kassette bitte Steffi K.s Psychiater, John L., im Krankenhaus Preetz geben. Eine Gefahr für die Kinder erkennt Ochel zu diesem Zeitpunkt nicht. Das Band hört sie allerdings nicht ab. Sie sei fest davon ausgegangen, „dass sie dieses Band nur als ,Botin’ an den aufzusuchenden Klinikarzt übergeben sollte“, wie es beim Landkreis Plön heißt.

Doch auch der Psychiater John L. hört sich das Band nicht an, wie sein Krankenhaus bestätigt. Der Grund laut Kliniksprecher: Er habe kein Wiedergabegerät, mit dem er die Mini-Kassette abhören kann. Petra Ochel habe dem Psychiater L. aber von den Fantasien Steffi K.s berichtet. Außerdem, so der Kliniksprecher, zähle für einen Therapeuten lediglich das direkte Gespräch, keine Aufnahmen aus der Vergangenheit.

Am nächsten Tag, dem 17. August, trifft der Psychiater Steffi K. persönlich, dann sagt auch er: keine Gefahr. „Die haben die Aufnahme meiner Frau einfach zurückgegeben – und das war’s“, sagt Kitzmuller. Auch nach dem Tod der Kinder scheinen sowohl der Psychiater L. als auch Ochel von der Unwichtigkeit von Michael Kitzmullers Band überzeugt. Der Verwaltungsleitung sei die Existenz des Tonbands erst durch die Anfrage des Tagesspiegels bekannt geworden, teilt ein Sprecher des Landkreises mit.

Im Wohnzimmer in Berlin piept die Uhr. Eine weitere Stunde ist vergangen. Michael Kitzmuller sitzt immer noch auf dem Sofa. Er trägt einen blauen Baumwollpullover, Jeans und schwarze Schuhe mit tiefem Profil. Er trägt die Sachen schon seit ein paar Tagen. Denn für seinen Besuch in Berlin hatte er nur Wäsche für drei Tage mitgebracht: noch einen schwarzen Pulli, zwei Paar Socken, ein bisschen Unterwäsche. Er wollte nur kurz fort sein, als er sich am Dienstag letzter Woche nach Berlin aufmachte. „Ich bin nicht ausgezogen“, sagt er.

Allerdings nähren nun die Umstände seiner Abfahrt nach Berlin in ihm einen Verdacht. Sollte er sich bewahrheiten würde es das ohnehin Schreckliche noch schrecklicher machen. Es ist der Verdacht, dass Steffi K. schon seit einiger Zeit plante, die Kinder zu töten. Michael Kitzmuller hat Hinweise darauf.

Einer liegt in der Schrankwand der Freunde, bei denen Kitzmuller in Berlin untergekommen ist. Es ist das Bahnticket für die Fahrt nach Berlin. Steffi K. hat es ihm gekauft. „Ich hatte ihr schon vor einiger Zeit gesagt, dass ich ausgepowert bin, dass ich ein bisschen Zeit für mich brauche. Damit ich wieder volltanken kann, damit ich wieder Kraft habe – für meine Kinder“, sagt er. Immerhin habe er sich wegen ihrer psychischen Probleme über Monate allein um den Haushalt kümmern müssen.

Michael Kitzmuller denkt allerdings gar nicht sofort an einen Urlaub in Berlin, sagt er. Eher daran, dass er jeden Tag ein paar Stunden für sich hat, einen Kaffee mit Kumpels trinken kann. Doch Steffi K. drängt, er solle wegfahren. So schildern er und seine Berliner Freunde es. Demnach ruft Steffi K. – auch ohne das Wissen ihres Mannes – regelmäßig in Berlin an. In den letzten Wochen kommen die Anrufe manchmal im Zehn-Minuten-Takt. Es gibt Streit, doch schließlich einigen sich alle darauf, dass Michael in den nächsten Tagen vorbeikommen könne.

Am 4. Dezember geht Steffi K. eine Fahrkarte kaufen, während er sich um die Kinder kümmert. Gegen 17 Uhr ist sie zurück. „Was ich nicht wusste, war, dass sie mir eine Fahrkarte für einen Zug kaufte, der in einer Stunde ging“, sagt Kitzmuller. Er will sie nicht mit den Kindern allein lassen. Sie aber behauptet, dass zwei Freundinnen aus ihrer Heimatstadt Halle zu Besuch kämen, um sie zu unterstützen. „Sie sagte: Die Freundinnen seien schon unterwegs.“ Dann gibt sie ihm 200 Euro. Die habe sie gespart. Das alles sollte eine Überraschung sein. Kitzmuller glaubte es. In der Tat hatten sie schon früher einmal darüber gesprochen, dass Freundinnen Steffi K. unterstützen könnten, wenn er einmal wegfahren wollte. Warum sollte sie diesmal lügen?

Der Zug geht kurz nach 18 Uhr. Als er in Eutin ist, ruft sie zum ersten Mal an. Sie will wissen, wo er ist. Als er in Lübeck ist, ruft sie wieder an. Dann in Hamburg. Er fragt, ob alles in Ordnung ist. Sie sagt: „Ja.“ Das letzte Mal, sagt Kitzmuller, spricht er mit ihr an diesem Tag gegen 22 Uhr. Da sitzt er gerade im Zug von Hamburg nach Berlin. „Sie hat gesagt: Die Kinder sind alle oben eingeschlafen.“ Michael Kitzmuller hat keinen Grund zur Sorge.

Das ändert sich erst am nächsten Morgen. Auf Steffi K.s Handy meldet sich niemand. Gegen elf ruft der Vater der beiden älteren Söhne – Justin und Jonas – bei Kitzmuller an. In Darry mache niemand die Tür auf. Kitzmuller schlägt Alarm, schickt den anderen Mann an alle Plätze, wo die Kinder und Steffi K. zu dieser Zeit sein könnten. Vergebens. Gegen 19 Uhr dann stehen zwei Polizisten und eine Seelsorgerin vor der Tür der Berliner Freunde. Es dauert, so sagen sie, mindestens 30 Minuten, bis die Polizisten den Amerikaner soweit beruhigen können, dass er nicht mehr „What about my babies? What about my angels?“ ruft.

Jetzt, eine gute Woche später, piept bei Michael Kitzmuller wieder die Uhr. Noch eine Stunde mehr vorbei, seit dem Moment, an dem er das Wichtigste in seinem Leben verloren hat. Und noch mehr – so scheint es zumindest an diesem verregneten Abend in Berlin. Denn Steffi K. hat nicht nur seine Kinder um-, sondern auch ihn, den fürsorglichen Vater Michael, um einen Lebensinhalt gebracht. „Ich war ein Papa“, sagt Kitzmuller, „und jetzt? Jetzt bin ich nichts mehr. Sie. Hat. Alles. Kaputt. Gemacht.“ Die letzten Worte spricht er einzeln. Sein rechter Fuß beginnt zu wippen, in den Kopf schießt Blut.

Michael Kitzmuller hat gehört, dass die Staatsanwälte Steffi K. wegen ihrer Schizophrenie für „absolut schuldunfähig“ halten. Das würde eine Einweisung in die Psychiatrie bedeuten, aber keine Haft. Es ist möglich, dass Kitzmuller auch deshalb betont, dass Steffi K. den Tod der Kinder geplant habe. Kann ein Mensch unzurechnungsfähig sein, wenn er einen solchen Plan fasst?

Der Hass, das mag Michael Kitzmuller ahnen, wird ihm seine Kinder nicht zurückgeben. Die Wut auf die anderen aber, das spürt er, hilft ihm auch. Denn auf manche Fragen, die er sich stellt, gibt es keine befriedigende Antwort. Eine davon ist: Warum hat er nicht schon vor Monaten mit den Kindern seine Frau verlassen?

Gründe, zumindest Seltsames, hätte es ja gegeben. Über mehrere Jahre hatte Steffi K. behauptet, dass sie früher einen Bruder gehabt habe, der Michael zum Verwechseln ähnlich sehe – der Bruder allerdings hatte nie existiert. Und dann gab es da diese Telefonrechnung über mehrere tausend Euro, aufgelaufen in Gesprächen mit Astrologen-Hotlines. Es sind alles keine Vorzeichen für einen Mord. Die Frage nach der eigenen Schuld nagt trotzdem an ihm. Denn es gibt da auch eine Episode. Ein Freund, Wolfgang, habe ihm vor ein paar Wochen gesagt: „Komm, nimm die Kinder, hau ab. Ich helfe dir.“ Kitzmuller kann dem Gedanken etwas abgewinnen. Doch als er nach Hause kommt, scheint seine Frau etwas zu ahnen. „Sie hat gesagt: Wenn du die Kinder mitnimmst, verklage ich dich wegen Entführung“, sagt er. Kitzmuller, ausgelaugt von den Belastungen monatelanger Familienarbeit, kommt nicht auf den Gedanken, dass eine psychisch Kranke kaum das Sorgerecht bekäme.

Manchmal nun werden die Schuldgefühle übermächtig. „Dann denke ich: Hätte ich damals nur die Kinder geschnappt – und weg. Hätte ich mich doch nicht auf die Fahrt eingelassen. Hätte, hätte, hätte …“, sagt er. Er weiß, dass er keine Schuld hat. Sein Fuß wippt trotzdem wieder, er nimmt die Brille ab, das Gesicht glüht. Dann sieht Michael Kitzmuller auf die Uhr.

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 14.12.2007)

 

http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Die-Dritte-Seite;art705,2438955

 

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

Wäre Vater Michael Kitzmuller mit den fünf Kinder aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen, dann hätte das Familiengericht in Plön sicher dafür gesorgt, dass die Kinder wieder in den rechtmäßigen Besitz ihrer Mutter zurückgekommen wären und sie so ihren Wahnideen hätte weiter nachgehen können.

Innerdeutsche Kindesentführung werden gerichtlich nur dann geduldet, wenn sie von Müttern ausgeübt werden. Das Mütter ihre Kinder entführen kommt in Deutschland jährlich einige Tausend Mal vor, ohne dass ein einziger deutscher Strafrichter darauf je mit einer Verurteilung reagiert hätte. Verurteilt werden in Deutschland nur Väter. 

Wenn man bedenkt, dass die vom Bundesverfassungsgericht befürwortete diskriminierende Sorgerechtsregelung in §1626a BGB in der Praxis jährlich in Tausenden Fällen dazu führt, dass die Gerichte Kinder lieber bei psychisch kranken Müttern belassen, statt den in vielen Fällen besser sorgebefähigten Vater, dann kann man sich nur an den Kopf fassen, bei so viel höchstrichterlich abgesegneter Dummheit und ideologischen Verblendung des Gesetzgebers. Pfui Deibel kann man da nur sagen.

 

 


 

 

"Der Vater bedrohte ihre Mutter. Die Mutter flüchtete nach Berlin. Und jetzt ...

`Hilfe, keine Schule nimmt mich!`"

 

titelt das Berliner Boulevardblatt B.Z. am 24.08.2006, S. 16

 

 

Mutter Pia B. (37) wäre mit der 15-jährigen Tochter Kim in den Ferien aus Niedersachsen nach Berlin bezogen. "Mein Ex-Mann verfolgte und bedrohte mich, so nahm ich meine Tochter und floh. Eine Freundin besorgte mir die Wohnung in Steglitz."

Nach ihrem "Umzug" am 1. August erhielt das Mädchen erst keinen Schulplatz in Berlin. Der Sprecher von Schulsenator Klaus Böger: "Ein bedauerliches Missverständnis, ihr hätte von Anfang an ein Schulplatz zugestanden."

Der Vater wird selbstredend nicht um seine Meinung gefragt. Der Gewaltvorwurf durch die Zeitung nicht abgeprüft. Innerdeutsche Kindesentführungen durch Mütter gehören zum traurigen Alltag in Deutschland. Die Politik und die Justiz drücken in der Regel alle Augen fest zu, so lange es nur die Mütter sind, die das gemeinsame Kind ohne die Zustimmung des Vaters an einen neuen Wohnort verbringen. Und die Behörden leisten, so wie offenbar auch in Berlin geschehen, tatkräftige Hilfe, damit das Kind möglichst nicht an den Ort zurückkehrt, an dem es bisher gelebt hat.

Die B.Z. setzt dem ganzen noch eins drauf und fotografiert das 15-jährige Mädchen von oben, so dass der Betrachter einen tiefen Blick auf den Busen der Heranwachsenden hat. Schließlich muss nicht nur das Klischee von der bedrohten Mutter bedient werden, sondern auch die richtige Mischung aus Sex an Crime getroffen werden.

Mutter und Tochter haben offenbar den Busenblick der B.Z. akzeptiert. Das mag einiges über die beiden zu denken geben.

 

Väternotruf, 05.10.2006

 

 


 

 

 

"Kindesentführung: Ins Ausland verboten - im Inland erlaubt?"

 

Werner Gutdeutsch, Richter am OLG München und Rechtsanwalt Jürgen Rieck, München

in: "FamRZ" H 23 / 1998, S. 1488-1491

 

Zitat: "Wenn ein Sorgeberechtigter unter Beeinträchtigung des Sorgerechts des Partners das Kind mitnimmt, fehlt es am Strafrechtstatbestand. Der Frau wird deshalb meist geraten, im Fall eines Auszugs aus der Ehewohnung die Kinder mitzunehmen. ..."

Die Autoren schlagen eine Neuregelung vor: "Das Kindesentführungsabkommen ist über §1532 I  BGB auch auf entsprechende Sorgerechtsverletzungen im Inland anzuwenden, insbesondere in dem Fall, daß ein Elternteil ohne Zustimmung des anderen bei der Trennung die Kinder mitnimmt, obgleich die Betreuung der Kinder auch in der Wohnung möglich ist, und wenn ein Mitsorgeberechtigter sein Kind nach Ablauf des vereinbarten Umgangsrechts nicht zurückgibt."

 

 

 


 

 

 

 

Steffen Sohr wieder bei der Mutter

Berlin (ND). Überglücklich konnte in den Vormittagsstunden des Donnerstags Frau Erika Sohr in Berlin ihr 5jähriges Söhnchen Steffen in die Arme schließen. Vier Jahre lang hatte diese Mutter einen verzweifelten Kampf um ihr Kind geführt. Es war Anfang August 1960 von dem später geschiedenen Kindesvater ohne Wissen der Mutter nach Tailfingen (Baden-Württemberg) entführt worden ...

Neues Deutschland, Ausgabe vom 14.08.1964

http://www.nd-archiv.de/ausgabe/1964-08-14

 

 

 

 

 

 


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