Kindesunterhalt

Wie der Staat unterhaltspflichtige Eltern bestraft


 

 

 

Vater Müller hat zwei Kinder im Alter von 13 und 15 Jahren in Westdeutschland lebend. Er arbeitet als einfacher Arbeiter 40 Stunden die Woche auf dem Bau. Er verdient brutto 2500 DM. 

Ca. 20 Prozent Arbeitnehmeranteil Sozialversicherung = 500 DM werden ihm abgezogen. Noch einmal die gleiche Summe muss der Arbeitgeber an die Sozialversicherung abführen.

Die an die Sozialversicherungskassen abzuführenden Beiträge betragen insgesamt 1000 DM 

 

Die vom Arbeitgeber einzubehaltene und an den Staat abzuführende Lohnsteuer beträgt 169 DM 

Es verbleiben ihm vorerst 1831 DM netto.

 

Vater darf 1500 DM behalten (Selbstbehalt). Vater zahlt daher - vorbehaltlich einer Verurteilung zu einem höheren Betrag - vorerst nur 331 DM Kindesunterhalt 

Es verbleiben ihm letztlich 1500 DM für seinen eigenen Lebensunterhalt.

 

Von den Gesamtkosten seiner Stelle in Höhe von 3000 DM (die ja letztlich der Vater für den Arbeitgeber erwirtschaften muss, sonst kündigt ihm dieser, da er ja nicht das Sozialamt ist) gehen 1500 DM für Kindesunterhalt, Sozialversicherungsabgaben und Steuern weg. 1500 verbleiben beim Vater. Das heisst, jede zweite vom Vater erwirtschaftete Mark darf der Vater behalten.


 

Vater Müller beschliess, sich in seiner Firma um den freigewordenen Posten des Vorarbeiters zu bewerben. Die Stelle ist zwar ziemlich anstrengend, da er sich mit den ihn unterstellen Arbeitern auseinandersetzen muss und er, wenn etwas nicht klappt, Ärger mit dem Bauleiter kriegt. Zwei der vorigen Vorarbeiter sind auch schon wegen gesundheitlicher Schäden vorzeitig aus dem Berufsleben ausgeschieden. Aber schliesslich verdient er dort brutto 1000 DM mehr und er kann das Geld gut gebrauchen, wenn er alle vier Wochen ins 200 Kilometer entfernte Hannover fährt, um dort mit seinen beiden Kindern zusammen sein zu können.

 

Vater Müller verdient jetzt brutto 3500 DM.

Ca. 20 Prozent Arbeitnehmeranteil Sozialversicherung = 700 DM werden ihm abgezogen (Noch einmal die gleiche Summe muss der Arbeitgeber an die Sozialversicherung abführen).

Die an die Sozialversicherungskassen abzuführenden Beiträge betragen insgesamt 1400 DM 

 

Die vom Arbeitgeber einzubehaltene und an den Staat abzuführende Lohnsteuer beträgt  ca. 450 DM. 

 

Es verbleiben ihm  2350 DM netto. 

Der Regelunterhalt beträgt 2 x 554 DM = 1108 DM

Vater darf 1500 DM behalten (Selbstbehalt)

Der Vater zahlt daher "nur" 850 DM Kindesunterhalt

 

Kurze Zeit nach der Übernahme der Stelle meldet sich das Jugendamt bei ihm, dass die Interessen der Mutter, die mit beiden Kindern ohne Zustimmung des Vaters nach der Trennung ins 200 Kilometer entfernte Hannover gezogen ist, vertritt und fordert aktuelle Verdienstbescheinigungen an, die der Vater auch hinschickt. Bisher hatte der Vater einen Unterhaltstitel über 331 DM, da er ja nur in dieser Höhe über dem Selbstbehalt verdiente. 

Wenig später bekommt der Vater eine Zahlungsaufforderung des Jugendamtes über 1108 DM Kindesunterhalt. Sollte er seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachkommen, so droht ihm die "freundliche" Sachbarbeiterin an, wird Klage erhoben und er macht sich ausserdem strafbar.

Von den Gesamtkosten seiner Stelle in Höhe von 4200 DM (die ja letztlich der Vater erwirtschaften muss, sonst kündigt ihm sein Arbeitgeber, der ja nicht das Sozialamt ist) gehen 2700 DM für Kindesunterhalt, Sozialversicherungsabgaben und Steuern weg. 1500 verbleiben beim Vater. Das heisst, nur ca. jede dritte vom Vater erwirtschaftete Mark darf dieser auch behalten.

 

 

Herr Müller hat einen Kollegen, der heisst Meier. Herr  Meier hat keine Kinder. Herr Meier verdient ebenfalls 3500 DM brutto. Lohnsteuer zahlt er genau dieselbe wie Herr Müller. Herr Meier hat 2350 DM monatlich zur freien Verfügung. Seitdem Herr Meier sieht, wie gestresst sein Kollege Müller ist, kann er es nicht mehr verstehen, wieso manche Männer Kinder zeugen. Deswegen hat er sich schon von seiner Freundin getrennt, die wollte unbedingt ein Kind haben. Doch warum sollte sich Herr Meier dem Stress aussetzen, den er bei seinem Kollegen sieht.

 

Vater Müller hat glücklicherweise nur von allem geträumt. Da ihm im Traum aber alles klar geworden ist, und er keine Lust hat, sich für 0,00 DM Einkommenssteigerung dem stressigen Job eines Vorarbeiters auszusetzen und auch keine Lust hat, mit seiner dadurch fällig werdenden höheren Lohnsteuer, die Stellen der für die Unterhaltsgesetze zuständigen Abteilungsleiter/innen im Bundesjustizministerium zu finanzieren und die Diäten der FamilienpolitikerInnen im Deutschen Bundestag zu erwirtschaften, beschliesst er weiterhin ein einfacher Bauarbeiter zu bleiben. 

Und wenn er nicht gestorben ist, so lebt er auch noch heute.

Berechnungsstand 5/2001


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