Kindschaftsrechtsreform 1998


 

 

 

Als Tiger gesprungen, als Teppichvorleger gelandet

so kann man die Reform des Kindschaftsrechtes vom 1.7.1998 bezeichnen. Die staatstragenden Parteien von Grün über Rot bis Schwarz. haben weiß Gott keine Heldentat begangen, um 16 Jahre nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes zur gemeinsamen Elterlichen Sorge, die notwendigsten Schritte aus einem Familienrecht der fünfziger Jahre wenigsten in die frühen 70er Jahre zu gehen. Die übelsten Bestimmungen mit dem familienpolitischen Niveau der 50er Jahre wurden gestrichen und auf den gesellschaftlichen Stand der 70-er Jahre angepasst. Was zu tun bleibt ist u.a. die ersatzlose Streichung sorgerechtsentziehender Maßnahmen unterhalb der Eingriffschwelle des § 1666 BGB und die Beendigung der Diskriminierung nichtverheirateter Väter nach §1626a BGB.

 

 

 


 

 

 

"§1711 BGB - Nachbetrachtungen zu einem kindschaftsrechtlichen Fossil"

RiLG Dr. Achim Brötel, Karlsruhe

 

in: "Zentralblatt für Jugendrecht", 1998, Heft 4, S. 141-146

 

Unser Prädikat: sehr gut

 

 

§ 1711 BGB beruhte auf dem Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder (Nichtehelichengesetz - NEG) vom 19.8.1969) und regelte zum ersten Mal ein sehr eingeschränktes und in der Praxis äußerst restriktiv gehandhabtes Umgangsrecht für den Vater des nichtehelichen Kindes. Bis dahin galten der Vater und das Kind noch nicht einmal als verwandt, der Vater war lediglich Zahlvater. Zehntausende nichteheliche Kinder und ihre Väter haben auch nach der Reform von 1969 auf Grund der menschenverachtenden rechtlichen und gesellschaftlichen Situation den Kontakt, nicht selten auch für immer verloren.

 


 

 

 

"Ta panta rei: Auf dem richtigen Weg zu einer Kindschaftsrechtsreform?"

 

Wassilios - E. Fthenakis

in "Familie, Partnerschaft und Recht",1998, Heft 2, S. 84-90

"... Juristische "Altlasten" bei der Regelung des Eltern-Kind-Verhältnisses werden zwar gemildert, nicht aber gänzlich beseitigt. Die Diskriminierung des nicht verheirateten Vater wie die Beibehaltung der "Bindungen" im Gesetzestext stellen Reminiszenzen einer Rechtsordnung dar, die es zu überwinden gilt. ...", S.90

Wassilios - E. Fthenakis, Prof. Dr. Dr., Staatsinstitut für Frühpädagogik München, Prinzregentenstraße 24, 80538 München

 

 

 

Kommentar vaeternotruf.de: 

Ein gut geschriebener Aufsatz, der u.a. das alte und überholte "Desorganisationsmodell" (mit dem in der Praxis leider noch immer Unwesen getrieben wird) mit dem "Reorganisationsmodell" vergleicht, was zumindest bei der Reformierung des Kindschaftsrechtes die notwendige Beachtung erfahren hat.

 

 


 

 

 

 

 

Deutscher Bundestag: Drucksache 13/4899 vom 13.06.1996 

Eine Garantie für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Texte von Bundestagsdrucksachen kann nicht übernommen werden. Maßgebend ist die Papierform der Drucksachen. Aus technischen Gründen sind Tabellen nicht formatgerecht und Grafiken gar nicht in den Texten enthalten. Teile der Drucksachen (Anlagen), die z. B. im Kopierverfahren hergestellt wurden, fehlen ebenfalls.

 

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz -- KindRG)

 

A. Zielsetzung

Die Rechte der Kinder sollen verbessert und das Kindeswohl soll auf bestmögliche Art und Weise gefördert werden. Auch Rechtspositionen der Eltern sollen -- soweit dies mit dem Kindeswohl vereinbar ist -- gestärkt und vor unnötigen staatlichen Eingriffen geschützt werden. 

Rechtliche Unterschiede zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern, die in Teilbereichen noch bestehen, sollen so weit wie möglich abgebaut werden.

 

B. Lösung

Der Entwurf schlägt folgendes vor:

-- Erstmals sollen nicht miteinander verheiratete Eltern, sofern dies beide wollen, gemeinsame elterliche Sorge für ihre Kinder begründen können.

-- Eine Gleichbehandlung ehelicher und nichtehelicher Kinder ist für den Fall vorgesehen, daß Eltern sich trennen; in beiden Fällen soll eine gerichtliche Entscheidung über die elterliche Sorge nur stattfinden, wenn ein Elternteil dies beantragt.

-- Im Fall der gemeinsamen Sorge getrenntlebender oder geschiedener Eltern soll der Elternteil, in dessen Obhut das Kind sich befindet, eine Alleinentscheidungsbefugnis in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens haben.

-- Im Gesetz soll hervorgehoben werden, daß zum Kindeswohl auch der Umgang mit den für die Entwicklung des Kindes bedeutsamen Bezugspersonen gehört.

-- Der Elternteil, der mit dem Kind nicht zusammenlebt, soll ein Recht auf Umgang mit dem Kind haben, auch wenn er nicht mit dem anderen Elternteil verheiratet ist oder verheiratet war.

-- Auch Großeltern, Geschwister, Stiefelternteile und frühere Pflegeeltern sollen künftig ein begrenztes Umgangsrecht geltend machen können, wenn dies dem Wohl des Kindes dient. Bei der Herstellung von Kontakten zwischen den Umgangsberechtigten und dem Kind soll das Jugendamt auch auf Antrag des Kindes tätig werden.

-- Im Abstammungsrecht soll künftig nicht mehr vermutet werden, daß ein innerhalb einer bestimmten Frist nach der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung einer Ehe geborenes Kind noch vom früheren Ehemann der Mutter stammt.

-- Durch erweiterte Möglichkeiten der Vaterschaftsanfechtung durch das volljährige Kind soll dessen Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung Rechnung getragen werden.

-- Umfangreiche Änderungen sind im gerichtlichen Verfahren vorgesehen. So soll für das Kind in Fällen, in denen es besonders schutzbedürftig ist, künftig ein eigener Verfahrenspfleger bestellt werden können.

C. Alternativen

Keine

 

D. Kosten

Keine

 

Bundesrepublik Deutschland

Der Bundeskanzler

031 (121) -- 40007 -- Ki4/96

Bonn, den 13. Juni 1996

 

 

An die

Präsidentin des Deutschen Bundestages

Hiermit übersende ich den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz -- KindRG) mit Begründung (Anlage 1) und Vorblatt.

Ich bitte, die Beschlußfassung des Deutschen Bundestages herbeizuführen.

Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.

Der Bundesrat hat in seiner 696. Sitzung am 3. Mai 1996 gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes beschlossen, zu dem Gesetzentwurf, wie aus Anlage 2 ersichtlich, Stellung zu nehmen.

Die Auffassung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates ist in der als Anlage 3 beigefügten Stellungnahme dargelegt.

Dr. Helmut Kohl

Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz -- KindRG) *)

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz

beschlossen:

 

....

 

http://dip.bundestag.de/btd/13/048/1304899.asc

 

 

 


 

 

Umgangsvereitelung

"Die Durchsetzung von Umgangsrechten gehört zu den wichtigsten und schwierigsten Problemen der Kindschaftsrechtsreform. Die Vereitelung von Kontakt durch einen Elternteil wird vom anderen Elternteil oft als eine menschliche Katastrophe empfunden, viel schlimmer als der Verlust der gesetzlichen Vertretung"

Bundestagsdrucksache 11/5494

 

 

 


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