Väternotruf informiert zum Thema
Landesjugendamt Bayern
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Landesjugendhilfeausschuss Bayern
Wilfried Meißner
Hinter der Kirche 12 1/3
95448 Bayreuth
Bayreuth, 13.2.2005
Herrn
Dr. Sauter
Bayerisches Landesjugendamt
Richelstraße 11
80634 München
(Per Fax: 089 13062389)
"Trennung und Scheidung“ 2004 / GWG- Einfluß / Ihr Schreiben vom 16.9.2004
Sehr geehrter Herr Dr. Sauter,
mit Ihrem Schreiben vom 16.9.04 haben Sie meinen Beschwerden, wie Sie wissen, noch nicht abgeholfen.
Sie schrieben, dass Dr. Salzgeber nichts anderes getan habe als die anderen, nämlich bei der Vorbereitung der Broschüre mitgewirkt.
In Wahrheit hat er ja zumindest den Abschnit 8.4. „Zur Rolle der sachverständigen Gutachter“ verfasst, wie er selber auf einer Website mitteilt (über http://www.gwg-institut.com/navigation/hauptframes.htm).
Meine Untersuchung hat auch ergeben, dass der Abschnitt 8.3. „Zur Rolle der Rechtsanwälte“ inhaltlich erhebliche Fragen aufwirft und dass hier die Urheberschaft ebenfalls sehr problematisch zu sein scheint. Jedenfalls hat Frau Dr. Groß, Augsburg, ihre Autorschaft mir gegenüber in scharfer Form verneint. Auf der Liste der Helfer findet sich kein weiterer Anwalt.
So werden Sie mir zunächst die Frage erlauben, wer sonst sich vielleicht für befugt hält, im Namen „der Anwaltschaft“ einen solchen Text zu schreiben:
„Die Anwaltschaft befürwortet es, wenn die Sorgerechtsfragen (?? W. M.) fachkundig von Jugendämtern und Trägern der freien Jugendhilfe betreut werden.“
Wie es heißt, sind Fachkräfte oft überlastet. Vielleicht sind sie zu viel mit der Betreuung von Rechtsfragen befasst, was „die Anwaltschaft“ erfreuen mag: So wird Streit nicht möglichst entschärft, sondern Gewinn bringend vielleicht eher angeheizt.
„Für den Anwalt ist der Aufenthalt der Kinder der Schlüssel zu anderen Rechtsfragen (Unterhalt, Wohnung etc.) bei der ehelichen Auseinandersetzung, so dass sich eine enge Zusammenarbeit (mit entsprechender Ermächtigung des Mandanten wegen beiderseitiger Verschwiegenheit!) empfiehlt und vom Anwalt auch gerne akzeptiert wird.“
Wie bekannt und von einigen BGB- Kommentatoren schon kritisch bemerkt, wird die Ausinandersetzung um das Aufenthaltsbestimmungsrecht oft missbräuchlich begonnen und von vielen abgelehnt. Der Leser vermisst, dass die oberste Fachbehörde nicht zu erkennen gibt, als „Schlüssel“ ihrerseits vielleicht etwas zu suchen, was dem Kind bzw. dem in der Krise befindlichen Familiensystem in erster Linie gerecht wird.
Dass eine Fachkraft mit einem Anwalt redet, ist im SGB VIII gerade nicht vorgesehen und könnte bei dem ausgeschlossenen Elternteil berechtigte Kritik und nachvollziehbare Besorgnis des Mangels an Unbefangenheit der Person mit immerhin staatlicher Wächterfunktion für das Kind/ die Familie hervorrufen.
In dem zitierten Abschnitt wird vermischt, was eigentlich – bei erfolgreicher Beratungstätigkeit – gemäß KindRG (z.B. § 1727 BGB, § 17 SGB VIII, § 52 FGG ) auseinander gehalten werden soll: Für das Kind Relevantes soll eigentlich möglichst aus der ehelichen Auseinandersetzung herausgenommen oder – gehalten werden. Das sieht der Autor wohl anders.
„Zusätzlich sind etwa zwei Drittel der Anwälte Mitglied im Deutschen Anwaltverein, einer privaten Einrichtung ...“ Für alle auftretenden Fragen gibt es ... einen Regionalbeauftragten, der ... Ansprechpartner ist. Die Namen der zuständigen Regionalbeauftragten können beim DAV erfragt werden.“
Es wird die Frage erlaubt sein, wozu eine Fachkraft mit einem Regionalbeauftragten telefonieren sollte. Dafür, dass tatsächlich solche Gespräche geführt werden, gibt es Anhaltspunkte. Mit pflichtgemäßer Tätigkeit einer Fachkraft (die sich z.B. in einem ordentlichen SGB VIII-Kommentar oder Lehrbuch belesen, an erfahrene Fachvertreter wenden könnte) hat das aber nichts zu tun. Es macht die Eltern zu Personen, über deren Köpfe hinweg verhandelt wird. Dass die Anwälte privat organisiert sind, sollte eine Fachkraft zu besonderer Besorgnis und Wachsamkeit im Wächteramt bringen, aber nicht zum Zusammenspiel mit möglicherweise problematischen Arrangements.
Der ganze Abschnitt 8.3. ist – hält man sich die gesetzlichen Aufgaben der Jugendämter und die objektiven finanziellen Interessen der Rechtsanwälte (die einer gütlichen Einigung der Eltern objektiv auch dann nicht förderlich sind, wenn Sie sie in Ihrer Broschüre gar nicht erst erwähnen) vor Augen - höchst problematisch, wie ich mir in Ausübung meines Rechtes auf freie Meinungsäußerung zu bemerken erlaube.
Der gesetzliche Auftrag für Fachkräfte fordert natürlich zu Einladungen und Gesprächen mit den Betroffenen auf, nicht zu Gesprächen mit deren Anwälten, und sei es nach Generalvollmacht zur Datenübermittlung.
Bitte teilen Sie mir mit, wer hier im Auftrag einer „Anwaltschaft“ spricht, die unsereiner sich nach der Lektüre nicht so vorstellt, wie sie z.B. im „Brockhaus“ beschrieben wird.
Ich kenne Beschreibungen wie die in Ihrer Broschüre eigentlich nur aus Zeiten totalitärer oder wenigstens in Teilen totalitärer Herrschaft von Leuten, welche die (bei uns im GG verankerten) Rechte des Individuums nicht besonders schätzten.
Sie, Herr Dr. Sauter, würden sich freuen - so schreiben Sie im Vorwort – wenn die Broschüre „die Fachkräfte bei der Erfüllung ihrer Beratungs- und Mitwirkungsaufgaben bei Trennung und Scheidung unterstützt und zu einer einheitlichen, fachlichen Jugendhilfepraxis in Bayern beiträgt.“
Nun sind Sie zusätzlich Sprecher einer Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter und beraten u.a. Bundes- und Bayerische Ministerien.
Was kommt denn da noch alles auf uns zu?
Mit freundlichen Grüßen
W. Meißner
PS: Auszug aus „Brockhaus“ (1992) zum Berufsbild der Rechtsanwälte:
„...Jurist, der aufgrund der Zulassung durch die Landesjustizverwaltung zur Wahrnehmung fremder Interessen tätig wird....Berufsbild: Der R. ist ein unabhängiges und selbständiges Organ der Rechtspflege, er übt einen freien Beruf, aber kein Gewerbe aus. ...In der Praxis überwiegt die vorsorgende, auf außergerichtliche Streitbeilegung gerichtete Tätigkeit.“ (Über die Organisation in privaten Vereinen berichtet der „Brockhaus“ sinnvollerweise nicht, da er den unabhängigen Anwalt beschreiben will, mit dem Ihre Fachkräfte eher nicht telefonieren werden, weil dieser das vermutlich nicht zuließe).