Meinungsfreiheit
Die Gedanken sind frei!"
Der Text stammt aus der Zeit um 1780 und wurde das erste Mal auf Flugblättern entdeckt.
1. Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten.
sie fliehen vorbei wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger sie schießen,
es bleibet dabei: die Gedanken sind frei!
2. Ich denke was ich will, und was mich beglücket,
doch alles in der Still, und wie es sich schicket.
Mein Wunsch und begehren kann niemand verwehren,
es bleibet dabei: die Gedanken sind frei!
3. Und sperrt man mich ein im finsteren Kerker,
daß alles sind rein vergebliche Werke.
Denn meine Gedanken zerreissen die Schranken
und Mauern entzwei; Die Gedanken sind frei!
4. Drum will ich auf immer den Sorgen entsagen,
und will mich nimmer mit Grillen mehr plagen.
Man kann ja im Herzen stets lachen und scherzen und
denken dabei: die Gedanken sind frei!
5. Ich liebe den Wein, mein Mädchen vor allem,
sie tut mir allein am besten gefallen.
Ich bin nicht alleine bei meinem Glas Weine:
mein Mädchen dabei, die Gedanken sind frei!
Daumenschrauben für die Informationsfreiheit am Landgericht Berlin
Am 06.11.2014 fand um 12 Uhr ein öffentlicher Gerichtstermin am Landgericht Berlin, Tegeler Weg 17-21 statt (Altbau I/143) - Geschäftszeichen 27 O 368/14 - in dem es u.a. darum ging, ob die als Gutachterin tätige Frau Birgit Heyer Tatsachenvorträge auf der Domain www.vaeternotruf.de unterbinden darf oder nicht. Vorsitzender Richter war Richter Mauck - Zivilkammer 27.
Auf Antrag von Birgit Heyer untersagte die Zivilkammer 27 am Landgericht Berlin unter den Richtern Mauck, Hagemeister und Ullerich mit Urteil vom 06.11.2014 die Veröffentlichung von Informationen über ein Verfahren bei der Staatsanwaltschaft X sowie über eine weitere brisante Information.
Eine Zensur findet nicht statt, so heißt es im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, wer`s glaubt wird selig, wird am Landgericht Berlin eines besseren belehrt oder kommt in die Gummizelle.
Zivilkammer 27
Michael Mauck (geb. zensiert durch Anordnung des "Berliner Beauftragten für Datenschutz" 1952) - Vorsitzender Richter am Landgericht Berlin / Zivilkammer 27 (ab 15.04.1991, ..., 2014) - 12.06.2001 - 27.O.82/01 - Böhse Onkelz ./. taz - http://www.althand.de/onkelzur.html. focus.de 16.12.2008: "SS-Auftritt - Heesters verliert vor Gericht.", sueddeutsche.de 29.05.2009 ("Freiheit oder Freiwild."). Landgericht Berlin - O 331/09 - 25.06.2009 - Veröffentlichung von e-Mails und eines Urteils http://buskeismus-lexikon.de/index.php?title=27_O_331/09_-_25.06.2009_-_Ver%C3%B6ffentlichung_von_e-Mails_und_eines_Urteils&oldid=6419. Zur Informationsfreiheit: BVerfG, 1 BvR 2477/08 vom 18.2.2010, Absatz-Nr. (1 - 30) - http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20100218_1bvr247708.html / http://www.fuesser.de/fileadmin/dateien/service/presse/Trompetter-Giesserei/00029-09__Urteil.pdf. Landgericht Berlin - 04.04. 2011 - 27 S 20/10: Fliegender Gerichtsstand. Landgericht Berlin - 27 O 595/12 - Kassabova ./. Bulinski - Urteil 08.01.2013: Meinungsfreiheit, Persönlichkeitsrecht, Schmähkritik, Sozialsphäre, Tatsachenbehauptung, Unterlassung. 31.07.2014: 27 O 368/14 - einstweilige Verfügung Birgit Heyer ./. vaeternotruf.de. Landgericht Berlin - 27. Zivilkammer - 27 O 368/14 (Richter Mauck, Richter Ullerich und Richter Hagemeister) verbietet mit Urteil vom 06.11.2014 über Tatsachen aus der sozialen Sphäre einer Gutachterin zu berichten, die in direktem Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Gutachterin stehen. Andernorts darf über vergleichbare Situationen berichtet werden, ohne dass die Richter der 27. Kammer deswegen eine Demonstration vor dem Bundesjustizministerium durchführen - 20.12.2011: "Kein Urteil gegen Ex-Bankchef Breuer. Verfahren wegen Prozessbetrugs wird gegen eine Geldauflage eingestellt." - http://www.badische-zeitung.de/wirtschaft-3/kein-urteil-gegen-ex-bankchef-breuer--53695649.html
Dr. Volker Hagemeister (geb. zensiert durch Anordnung des "Berliner Beauftragten für Datenschutz" 1974) - Richter am Landgericht Berlin (ab 01.07.2011, ..., 2014) - im Handbuch der Justiz 2010 ab 15.06.2008 als Richter auf Probe im Kammergerichtsbezirk Berlin aufgeführt. Im Handbuch der Justiz 2012 ab 01.07.2011 als Richter am Landgericht Berlin aufgeführt. 2010, 2011: Richter auf Probe im Kammergerichts-Bezirk Berlin ab 01.06.2010, 2011: abgeordnet als Richter auf Probe an das Landgericht Berlin - Zivilkammer 27. Ab 01.07.2011: Richter am Landgericht Berlin / Zivilkammer 27. Landgericht Berlin - GVP 23.04.2014: Beisitzer / Zivilkammer 27. 31.07.2014: 27 O 368/14 - einstweilige Verfügung Birgit Heyer ./. vaeternotruf.de. Landgericht Berlin - 27. Zivilkammer - 27 O 368/14 (Richter Mauck, Richter Ullerich und Richter Hagemeister) verbietet mit Urteil vom 06.11.2014 über Tatsachen aus der sozialen Sphäre einer Gutachterin zu berichten, die in direktem Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Gutachterin stehen. Andernorts darf über vergleichbare Situationen berichtet werden, ohne dass die Richter der 27. Kammer deswegen eine Demonstration vor dem Bundesjustizministerium durchführen - 20.12.2011: "Kein Urteil gegen Ex-Bankchef Breuer. Verfahren wegen Prozessbetrugs wird gegen eine Geldauflage eingestellt." - http://www.badische-zeitung.de/wirtschaft-3/kein-urteil-gegen-ex-bankchef-breuer--53695649.html
Dr. Robert Ullerich (geb. zensiert durch Anordnung des "Berliner Beauftragten für Datenschutz" 1979) - Richter am Landgericht Berlin (ab , ..., 2014) - im Handbuch der Justiz 2012 ab 31.12.2011 als Richter auf Probe im Bezirk des Sozialgerichts Berlin aufgeführt. Landgericht Berlin / Beisitzer - Zivilkammer 27 - 31.07.2014: 27 O 368/14 - einstweilige Verfügung Birgit Heyer ./. vaeternotruf.de. Landgericht Berlin - 27. Zivilkammer - 27 O 368/14 (Richter Mauck, Richter Ullerich und Richter Hagemeister) verbietet mit Urteil vom 06.11.2014 über Tatsachen aus der sozialen Sphäre einer Gutachterin zu berichten, die in direktem Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Gutachterin stehen. Andernorts darf über vergleichbare Situationen berichtet werden, ohne dass die Richter der 27. Kammer deswegen eine Demonstration vor dem Bundesjustizministerium durchführen - 20.12.2011: "Kein Urteil gegen Ex-Bankchef Breuer. Verfahren wegen Prozessbetrugs wird gegen eine Geldauflage eingestellt." - http://www.badische-zeitung.de/wirtschaft-3/kein-urteil-gegen-ex-bankchef-breuer--53695649.html
Birgit Ute Heyer
Diplom-Psychologin
Kaiserdamm 100
14057 Berlin
Internet: http://www.praxisheyer.de
Internet: http://www.birgitheyer.de - 2013 abgeschaltet
früher: 35578 Wetzlar
früher: 35578 Wetzlar, nur 20 Kilometer von Linden entfernt - http://de.wikipedia.org/wiki/Linden_%28Hessen%29
Lehramtsstudium an der Technischen Universität Berlin (1. Staatsexamen) und Diplomstudiengang der Psychologie an der Freien Universität Berlin.
Frau Heyer trug von sich vor:
"Psychotherapeutin (Institut für Gestalttherapie Berlin)"
Nun muss man allerdings wissen, dass das Institut für Gestalttherapie Berlin keine Psychotherapeuten ausbildet, sondern "Gestalttherapeuten". Psychotherapeut ist ein gesetzlich geschützter Begriff, eine missbräuchliche Benutzung dieser Berufsbezeichnung kann strafrechtlich verfolgt werden.
http://www.gesetze-im-internet.de/psychthg/__1.html
http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__132a.html
Frau Heyer hat zwischenzeitlich den geschützten Begriff "Psychotherapeutin" auf ihrer Webseite durch den Begriff "Therapeutin" ausgetauscht (Stand vom 05.11.2014).
Am 06.11.2014 findet um 12 Uhr ein öffentlicher Gerichtstermin am Landgericht Berlin statt (Altbau I/143), in dem es u.a. darum geht, ob Frau Heyer Tatsachenvorträge auf der Domain www.vaeternotruf.de unterbinden darf oder nicht. Vorsitzender Richter ist der allseits geschätzte und von uns hochverehrte Richter Mauck - Zivilkammer 27 - Geschäftszeichen 27 O 368/14. Eine Zensur findet nicht statt, so heißt es im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, wer`s glaubt wird selig oder kommt in die Gummizelle.
Beauftragung der Frau Heyer am Amtsgericht Brandenburg, Amtsgericht Braunschweig, Amtsgericht Goslar, Amtsgericht Helmstedt, Amtsgericht Pankow/Weißensee, Amtsgericht Potsdam, Amtsgericht Wernigerode
(ab , ..., 2010, ..., 2014)
Die Diplom-Psychologin Birgit Heyer wird vom Väternotruf nicht empfohlen!
Heyer-Betroffene Väter können sich an den Berliner Fachanwalt für Familienrecht Dirk Maschke - http://dirkmaschke.de - wenden, der mit der Vertretung von Heyer-Betroffenen vertraut ist.
Erfolgreicher Befangenheitsantrag gegen Birgit Ute Heyer am Oberlandesgericht Braunschweig - 1 WF 160/12 - Beschluss vom 09.01.2013. Voristanz Amtsgericht Goslar.
Frau Heyer ist möglicherweise tätig in Praxisgemeinschaft mit Herrn Diplom-Psychologen Fründt (der beim Verband alleinerziehender Mütter und Väter referierte. Namensgleichheit mit: Dagmar Colberg-Fründt (geb. zensiert durch Anordnung des "Berliner Beauftragten für Datenschutz" 1954) - Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Braunschweig / 2. Senat für Familiensachen (ab 19.05.2006, ..., 2014) - im Handbuch der Justiz 1984 ab 01.09.192 als Richterin auf Probe im OLG-Bezirk Braunschweig aufgeführt. Im Handbuch der Justiz 1992 ab 30.12.1985 als Richterin am Landgericht Braunschweig aufgeführt. Im Handbuch der Justiz 2002 ab 08.09.1993 als Richterin am Oberlandesgericht Braunschweig aufgeführt.
Pendelmodell
Die beste Umgangsform?!
19. Februar 2010 um 17 Uhr
Fachleute und Eltern können im Rahmen eines runden Tisches Erfahrungen über diese Umgangsform austauschen:
Was erfordert das Pendelmodell von den Eltern? Wie wirkt sich ein solches Modell auf den Unterhalt aus? Entspricht es dem Wohle der Kinder, eine Woche hier und eine Woche dort zu verbringen? In welchen Fällen ist das Pendelmodell ungeeignet?
Als „Fachleute“ kommen:
Herr Vitt (Fachanwalt für Familienrecht und Mediator)
Herr Fründt (Psychologe)
Frau Kaiser Mitarbeiterin des Jugendamtes Charlottenburg/Wilmersdorf
Mit Kinderbetreuung
Ein Imbiss wird gereicht
Anmeldungen bis zum 12.02.2010
Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Landesverband Berlin e.V.
Seelingstraße 13 14059 Berlin Tel.: 851 51 20 vamv-berlin@t-online.de
Erst der Fischer von Tempelhof-Kreuzberg, dann der Luther von Schöneberg. Entfremdung, Entfremdung, Entfremdung und keine Ende in Sicht.
Anfrage an den Sender Jerewan:
Wie ist es eigentlich mit den Fällen, wo eine für Familiengerichte als Gutachterin tätige Diplom-Psychologin gleichzeitig Mutter ist und mit dem Vater des gemeinsamen Kindes über das Umgangsrecht und den Auskunftsanspruch nach 1686 BGB streitet und die zuständige Rechtspflegerin des Amtsgerichts der Mutter auferlegt, dem Vater halbjährlich Auskunft über den Entwicklungsstand der Tochter durch einen schriftlichen Entwicklungsstand zu geben, sowie der Mutter die Kosten des Verfahrens bei einem Verfahrenswert von 3.000 € auferlegt?
Man könnte meinen, dies wäre so ähnlich, als wenn der Bundesverkehrsminister mit einem Fahrrad ohne Lenker und mit kaputten Schlauch durch die Straßen fährt.
Oder was meinen Sie?
Anton
10.06.2013
Ihre Meinung zum Thema senden Sie bitte an: info@vaeternotruf.de
Prozess um Schmäh-Banner: Freispruch für Much
21.03.2024
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So viel Medienaufmerksamkeit bekommt das Miesbacher Amtsgericht selten. Aber im Vorfeld war nunmal bundesweit über den Fall berichtet worden. Der Gmunder Unternehmer Michael Much (52) hatte auf seinem Grundstück Banner aufgestellt, auf denen die Grünen-Politik kritisiert wurde. Oder waren es doch strafbare Beleidigungen, die da standen? Die Antwort des Amtsgericht Miesbach lautete nun: Freispruch für Much. Bei der Abwägung von Meinungsfreiheit vs. persönliche Ehre kam das Gericht im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis: Das war eine zulässige Meinungsäußerung. Und, so Richter Walter Leitner: „Politiker müssen mehr hinnehmen als Normalbürger und Bundespolitiker mehr als Kommunalpolitiker.“
...
Staatsanwältin: Darstellung „entmenschlichend“
Insbesondere die
Darstellung Langs bewertete die Staatsanwältin als stark ehrverletzend, ja
„entmenschlichend“. Zumal die Grüne ohnehin „ständig wegen ihrer Leibesfülle
diffamiert und angegriffen wird“. Dies habe nichts damit zu tun, welche Politik
sie macht, sondern sei „reine Stimmungsmache“. Ab einem gewissen Punkt müsse die
Meinungsfreiheit zurückstehen hinter den Persönlichkeitsrechten der Betroffenen.
Die Grenze zur Beleidigung sah die Staatsanwältin überschritten und plädierte
für eine Verurteilung in Höhe des Strafbefehls – zumal Much die Banner
wohlüberlegt und öffentlichkeitswirksam an der Bundesstraße aufgestellt hat. Der
Fall war überhaupt erst vor Gericht gelandet, weil der Angeklagte gegen den
Strafbefehl über 6000 Euro Widerspruch eingelegt hatte.
...
Anti-Grünen-Plakat tatsächlich strafbar?
06.02.2024
...
Es geht um ein Anti-Grünen-Plakat, das der Gmunder Unternehmer
Michael Much 2023 an seinem Zaun befestigt hatte. Er soll 6000 Euro Strafe
zahlen und steht deshalb im März vor Gericht.
Gmund – Während Deutschland
in diesen Tagen von Demos, Protesten und Streiks überrollt wird und die
Teilnehmer und Initiatoren nicht mit harscher Kritik, teils unter der
Gürtellinie sparen, steht ein Gmunder vor Gericht. Wie sich jetzt herausstellt,
handelt es sich um Unternehmer Michael Much (52). Er soll 6000 Euro Strafe
zahlen, weil er im vergangenen Herbst, kurz vor der Landtagswahl in Bayern, auf
seinem Privatgrundstück an gut einsehbarer Stelle an der Bundesstraße 307, zwei
Plakate am Zaun befestigt hatte. Er soll damit Spitzenpolitiker der Grünen
verunglimpft haben. Und genau darin sehen bayerische Justizbehörden eine
strafbare Beleidigung.
Auf einem Plakat sind die Außenministerin Annalena
Baerbock, Wirtschaftsminister Robert Habeck, Landwirtschaftsminister Cem Özdemir
und Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang zu sehen. Letztere ist als Dampfwalze
abgebildet, darüber der Satz „Wir machen alles platt“. Und darunter der 2010
veröffentlichte Habeck-Satz „Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen“. Ein
weiteres Plakat zeigt Robert Habeck auf typisch partei-grünem Hintergrund, wie
er drei Finger hochhält. Das von Habeck in einer Talk-Show formulierte Zitat
„Unternehmen gehen nicht insolvent, sondern hören nur auf zu produzieren“ wird
mit der provokanten Frage ergänzt: „Kann er überhaupt bis 3 zählen?“
Die
Polizei ließ die Plakate damals entfernen und beschlagnahmen – und Michael Much
bekam es mit der Justiz zu tun. Anders als in Hessen: Dort sorgte ebendiese
Plakate lediglich für eine harsche Pressemitteilung der großen Parteien. Die
Staatsanwaltschaft München II verhängte in Muchs Fall jedoch einen Strafbefehl
über 6000 Euro wegen „strafbarer Beleidigung von Politikern“. Much legte
Widerspruch ein und steht deshalb vor Gericht. Am 21. März, wird am Amtsgericht
Miesbach öffentlich verhandelt, ob das Aufhängen dieser Plakate tatsächlich
strafbar ist.
...
Ob die Kritik an den Grünen nun tatsächlich strafbar ist und es sich wirklich
um strafbare Beleidigung oder Kritik an der Regierung handelt, muss sich zeigen.
Much wird selbst bei der Verhandlung anwesend sein. Sein Berliner Anwalt
Christoph Partsch werde ihn verteidigen, sagt Much.
...
Corona-Gedenkstein der „Freien Sachsen“ darf doch bleiben.
20.06.2023
...
Der sogenannte Gedenkstein der rechtsextremen Partei „Freie Sachsen“ in Zinnwald darf vorerst stehen bleiben. Die Aufschriften auf dem Stein seien vom Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützt, teilte das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) am Dienstag in Bautzen mit. Sie erfüllten keine Straftatbestände. Für ein polizeiliches Einschreiten fehle die „Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“. Die Entscheidung des OVG-Senats ist den Angaben zufolge bereits am 15. Juni gefallen (Az: 6 B 83/23). Der etwa zwei Meter hohe „Gedenkstein“ in Form eines Grabsteins steht laut OVG auf einem nicht umzäunten Grundstück der „Freien Sachsen“ und ist von einem vorbeiführenden Wanderweg zu sehen. Er trägt die Aufschrift „Zur Erinnerung an die Opfer des Corona-Impfexperiments und der Zwangsmaßnahmen des Kretschmer-Regimes“.
Der Stein war Ende April enthüllt worden und sorgte in den vergangenen Wochen
für Diskussionen. Das Verwaltungsgericht Dresden hatte entschieden, dass der
Stein zu entfernen sei. Es sah den Anfangsverdacht der Verunglimpfung des
Staates und seiner Symbole sowie der Beleidigung gegen Personen des politischen
Lebens. Das OVG folgte dieser Ansicht nicht.
Bei Meinungen komme es nicht
darauf an, ob „die Äußerung als wertvoll oder wertlos, richtig oder falsch,
gefährlich oder harmlos, abzulehnen oder billigenswert eingeschätzt wird“. Die
Angaben auf dem Stein etwa zu Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) seien
„zwar abwertend“, bezögen sich aber vorrangig auf den politischen Meinungskampf.
Im Vordergrund der Inschrift stehe eine politische Kritik.
Lehrer aus Querdenker-Umfeld verliert Prozess gegen Schüler
Ein Lehrer, der als Redner auf Querdenker-Demos aufgetreten ist, ist vor
Gericht gegen einen seiner ehemaligen Schüler gescheitert. Der mittlerweile
20-jährige Schüler hatte die Leitung des Berufskollegs in Ratingen im November
2020 über Äußerungen und Aktivitäten des Beamten informiert. Auch beim
zukünftigen Arbeitgeber – einem Essener Gymnasium – meldete er die Aussagen des
Lehrers. Daraufhin verklagte ihn der Lehrer auf Unterlassung der Verbreitung
einer Reihe von Aussagen.
Das Ratinger Amtsgericht wies die Klage des
Gymnasiallehrers in vollem Umfang ab, wie ein Gerichtssprecher am Montag
berichtete (Az.: 10 C 161/22). Das Nachrichtenportal „t-online“ hatte zuerst
berichtet.
Das Gericht gab dem ehemaligen Schüler recht: Dessen
Äußerungen seien vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Unwahre
Tatsachenbehauptungen oder Persönlichkeitsrechtsverletzungen konnte das Gericht
nicht feststellen.
Der Schüler hatte als Klassensprecher unter anderem
mitgeteilt, dass der Lehrer als Redner bei Querdenker-Demos aufgetreten war und
Unterstützer „einer antisemitischen und rechts-offenen Bewegung“ sei. Er
verbreite seine Ansichten auch unterschwellig im Unterricht. ...
...
07.11.2022
Kommentar Väternotruf:
Endlich mal ein Lehrer, der sich noch Haltung zeigt und sich nicht katzbuckelnd der staatlich vorgegebenen Paniklinie stromlinienförmig angepasst hat, auch wenn er seine Klage gegen den Denunzianten in erster Instanz verloren hat.
Der denunzierende Schüler hätte sicher gute Chancen Vorsitzender der SPD-Ratingen zu werden und das goldene SPD-Parteiabzeichen zu bekommen. Solche Denunzianten braucht die SPD.
Einfaches Denunzieren ist aber weder eine Straftat noch verletzt es im Regelfall zivil- oder persönlichkeitsrechtliche Anprüche. Erst die üble Nachrede kann strafrechtlich verfolgt werden, das könnte man bei diesem jungen Denunzianten mal ausprobieren. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf wird aber vermutlich wenig Lust habe, solchen Denunzianten auf die schmierigen Finger zu klopfen. Lieber verfolgt man Maskenverweigerer und Querdenker, das steigert die Karrierechancen.
Gericht erlaubt Warnung vor unwirksamen und gefährlichen
Impfstoffen Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung
VERÖFFENTLICHT AM 28. Jan 2023
Von Kai Rebmann
Zeitenwende in den deutschen Gerichten oder nur ein
leichtes Zucken des Rechtsstaats? Diese Frage stellt sich nach einem Urteil des
Landgerichts Passau, in dem die Warnung vor den unwirksamen und gefährlichen
Corona-„Impfstoffen“ zur zulässigen Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung
erklärt wurde. Nachdem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) von einem
Richter noch im November erlaubt worden war, seine offensichtlich und
nachweislich falschen Thesen von einer angeblich „nebenwirkungsfreien Impfung“
weiter zu verbreiten (wovon er inzwischen keinen Gebrauch mehr macht), erschien
dieses Urteil einerseits nur logisch. Andererseits gab es aber leider schon mehr
als einen Richter, der aufgrund eines „falschen“ – sprich nicht
regierungskonformen – Urteils aus dem Verkehr gezogen wurde.
Der Fall, der jetzt vor dem Landgericht Passau verhandelt wurde, liegt aber dennoch ganz anders als etwa das Sensationsurteil von Weimar. Wie wir noch sehen werden, kam das Gericht schon aus formaljuristischen Gründen gar nicht drumherum, die Klage der Bayerischen Landesärztekammer gegen die MWGFD (Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie) in Person von deren stellvertretendem Vorsitzenden Dr. Ronald Weikl als unbegründet abzuweisen. Der Verein hatte auf seiner Homepage einen Infobrief an Ärzte veröffentlicht, in dem er auf die unwirksamen und gefährlichen „Impfstoffe“ gegen Corona und insbesondere mögliche Haftungsrisiken zulasten impfender Ärzte hingewiesen hatte. Die Bayerische Landesärztekammer wollte die MWGFD deshalb abmahnen und forderte eine Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung des Schreibens.
Unangenehme Meinungen noch lange nicht rechtswidrig
Dr. Ronald Weikl
ließ sich bei dem Prozess nach dem Zivil- und Wettbewerbsrecht vor dem
Landgericht Passau von der Rechtsanwältin Beate Bahner vertreten. Die Bayerische
Landesärztekammer hatte zunächst noch versucht, einen außergerichtlichen
Vergleich mit ihrem „Zwangsmitglied“ (O-Ton Bahner) auszuhandeln, was jedoch
scheiterte, und zog daraufhin vor Gericht. Angestrebt wurde dabei die Löschung
bzw. Entfernung des Infobriefs von der Homepage sowie die Unterlassung jeder
weiteren Verbreitung des Schreibens. Und auch der Richter in Passau versuchte
zunächst noch einmal sein Glück und wollte Dr. Weikl zu einem Vergleich bewegen,
da es sich ja doch um etwas „unangenehme Inhalte“ handele. Beate Bahner stellt
dazu jedoch klar: „Auch wenn eine Meinung unangenehm ist, ist sie noch lange
nicht rechtswidrig oder wettbewerbswidrig und daher zu untersagen. Und erst
recht nicht, wenn damit Kosten verbunden sind.“ Deshalb habe man dem angebotenen
Vergleich nicht zugestimmt, wie die Rechtsanwältin in einem Kommentar zu dem
Urteil weiter ausführt.
Bahner zitiert daraufhin die Passagen aus dem
Infobrief an alle Interessierten, die die Klägerin so nicht akzeptieren wollte:
„Wir bitten Sie eindringlich, vor diesen gravierenden Tatsachen nicht länger die
Augen zu verschließen. Ziehen Sie jetzt die notwendigen Konsequenzen, warten Sie
nicht, bis die medizinische und politische Obrigkeit zur Besinnung kommt.“ Zu
diesen „gravierenden Tatsachen“ zählt die Anwältin insbesondere den Umstand,
dass die Covid-19-Impfstoffe alle unnötig, unwirksam und gefährlich sind und die
impfenden Ärzte im Falle von Impfschäden persönlich haftbar gemacht werden
können. Weiter heißt es in dem Schreiben: „Machen Sie sich nicht mitschuldig an
der sinnlosen Verlängerung dieser verantwortungslosen Impfkampagne, die schon so
viele Menschen ihre Gesundheit und nicht wenige ihr Leben gekostet hat.“
Untermauert wurden diese Ausführungen durch zahlreiche Verweise auf
entsprechende Publikationen und Studien, die die Unwirksamkeit und
Gefährlichkeit dieser „Impfstoffe“ belegen.
Klage war von Anfang an zum
Scheitern verurteilt
Die Klage der Bayerischen Landesärztekammer wurde
vom Landgericht Passau auch deshalb abgewiesen, „weil eine solche Information
schon keine geschäftliche Handlung ist. Und nur geschäftliche Handlungen dürfen
nach dem Wettbewerbsrecht – hier nach Ansprüchen aus dem Gesetz gegen unlauteren
Wettbewerb (UWG) abgemahnt und gerichtlich verfolgt werden.“ Viel wichtiger
aber: Das Gericht stellte darüber hinaus fest, dass es sich ausschließlich um
Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen zu den „Impfungen“ handelt, weshalb
das Schreiben dem Bereich der öffentlichen Kommunikation unterliegt und
ausdrücklich keine geschäftliche Handlung darstellt.
Damit ließ der
Richter auch das Argument des Anwalts der Gegenseite ins Leere laufen. Dieser
hatte die Meinung vertreten, die MWGFD handelten geschäftsmäßig, weil der Verein
unter anderem über seine Homepage zu Spenden aufruft und selbige auch annehme.
Abgesehen davon, dass das gegenständliche Schreiben selbst keinen solchen Aufruf
enthielt, ist das Werben um Spenden nach Ansicht des Landgerichts Passau nicht
als geschäftliche Handlung einzustufen. Und auch eine etwaige Dienstleistung im
Sinne des Wettbewerbsrechts war für den Richter nicht erkennbar, da die MWGFD
nicht für die Impfung geworben hat – sondern explizit dagegen – und daraus
keinerlei finanzielle Vorteile ziehen.
Rechtsanwältin Beate Bahner konnte
sich abschließend einen kleinen Seitenhieb auf die Bayerische Landesärztekammer
nicht verkneifen. Ebenso wie ihr Mandant Dr. Ronald Weikl, sind alle Mediziner
zwangsweise Mitglied dieser Organisation, ob sie es wollen oder nicht. Diese
Mitgliedschaft ist selbstverständlich auch mit entsprechenden Pflichtbeiträgen
verbunden. Da die Klage schon aufgrund der handwerklichen Fehler wohl von Anfang
an zum Scheitern verurteilt war, stellt Bahner mit Blick auf die der Klägerin
zur Last fallenden Prozesskosten in Höhe von mehreren tausend Euro fest: „Das
geht zulasten der Ärzteschaft, die ja zu Zwangsmitgliedsbeiträgen verpflichtet
ist. So kann man die Mitgliedsbeiträge der Ärzte auch verprassen.“
https://reitschuster.de/post/gericht-erlaubt-warnung-vor-unwirksamen-und-gefaehrlichen-impfstoffen/
Landgericht erlaubt Lauterbach ganz offiziell Lügen zu
Impfnebenwirkungen… ...und bestätigt damit, dass es bei Impf-Diskussion um
Politik geht und nicht um Medizin
06.11.2022
Der heutige Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat noch als einfacher
Bundestagsabgeordneter öffentlich versichert, die Impfungen, in denen Kritiker
lediglich eine Gen-Therapie sehen, seien nebenwirkungsfrei. Er hatte nicht nur
auf Twitter gefragt, „weshalb eine Minderheit der Gesellschaft eine
nebenwirkungsfreie Impfung nicht will, obwohl sie gratis ist und ihr Leben und
das vieler anderer retten kann“. In der ARD bei „Anne Will“ hatte er noch
nachgelegt und vor einem Millionenpublikum gesagt, man müsse immer wieder
vermitteln: „Die Impfungen sind halt mehr oder weniger nebenwirkungsfrei. Das
muss immer wieder gesagt werden.“
Zahlreiche Mediziner haben diese
Aussagen scharf kritisiert. Kein einziges medizinisches Präparat sei
nebenwirkungsfrei, nicht einmal Aspirin, beteuerte etwa der Epidemiologe und
frühere Gesundheitsamts-Chef Friedrich Pürner im Interview mit mir. Alle Ärzte,
die ich dazu befragte, bestätigten dies: Die Aussagen von Lauterbach seien
hochgradig falsch, unseriös und kein Arzt könne guten Gewissens so etwas
behaupten.
Der Anwalt Markus Haintz, seit langem aktiv gegen die
Corona-Politik, hat nun vor dem Landgericht Ellwangen gegen die Aussagen des
Ministers einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung gestellt. Mit dem
Vorwurf, der jetzige Minister würde Fakenews verbreiten. Doch das Gericht
erkannte in der Behauptung des Gesundheitsministers, die Impfung gegen Corona
sei nebenwirkungsfrei, kein Vergehen, wie Haintz auf seiner Twitter-Seite
berichtet. Der Anwalt, der nun auf den Kosten des Verfahrens sitzenbleibt,
kommentiert die Entscheidung sarkastisch: „FakeNews können tödlich sein!“
Besonders brisant: Lauterbach und seine Claqueure in den großen Medien
werfen allen, die seine Angaben hinterfragen, regelmäßig “Fakenews” vor und
diffamieren sie als Verbreiter von „Desinformation“. Auffallend eifrig sind
damit auch Wikipedia oder staatlich alimentierte „Faktenchecker“. Eine
phänomenale Projektion: Sie werfen also das, was sie selbst tun, anderen vor,
ein bekannter psychischer Mechanismus.
Mit Sanktionen etwa durch Zensur
im Internet müssen Menschen rechnen, die das verbreiten, was der polit-mediale
Komplex als “Verschwörungstheorien” diffamiert, und was sich regelmäßig im
Nachhinein als richtig herausstellt, wie etwa mRNA in der Muttermilch,
Nutzlosigkeit der Kita-Schließungen, schwere Nebenwirkungen, Übersterblichkeit
nicht durch Corona. Das österreichische Portal „Exxpress“ schreibt: „Doch
während Äußerungen von Impf-Gegnern häufig in sozialen Netzwerken (und auch vor
Gerichten) geahndet und bestraft werden, decken die Richter nun die falsche
Behauptung Lauterbachs, die Impfung sei ohne Nebenwirkungen, unter dem Mantel
der freien Meinungsäußerung.“
Besonders pikant daran – Lauterbach hat
seine Lügen von damals inzwischen selbst als solche anerkannt. “In sehr seltenen
Fällen können nach der Corona-Impfung auch entsprechende Nebenwirkungen
vorkommen”, so der Minister kürzlich kleinlaut vor der Kamera. Bei der Aussage
ging es um das Post-Vac-Syndrom; und Lauterbach sagte selbst, dass dieses
ernstgenommen werden müsse.
Dennoch halten die Richter die Lüge durch das
Recht auf freie Meinungsäußerung für gedeckt. Sie schreiben (nachzulesen hier):
„Bei der angegriffenen Äußerung handelt es sich – entgegen der Auffassung der
Kläger – um eine Meinungsäußerung, die dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 1
GG unterfällt und die an den oben dargelegten Maßstäben zu politischen
Meinungskampf zu messen ist“ (Grammatik-Fehler aus dem Urteil übernommen).“
Weiter führen die Richter aus: „Meinungen sind im Unterschied zu (reinen)
Tatsachenbehauptungen durch das Element der Stellungnahme des Dafürhaltens oder
des Meinens geprägt.“ Und: „An die Wahrheitspflicht dürfen in einem Fall der
Vermengung von Tatsachenbehauptung und Werturteilen im Interesse der
Meinungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden“.
‘Meinungsäußerung im politischen Meinungskampf‘
Damit bestätigt das Landgericht genau das, was diejenigen sagen, die als
„Schwurbler“ diffamiert werden: Dass bei der Diskussion um die Impfung die
Politik maßgeblich ist und nicht die Medizin. Denn wenn die Versicherung, die
Impfung sei nebenwirkungsfrei, keine „Tatsachenbehauptung“ ist, die Haintz hätte
abmahnen dürfen, sondern eine „Meinungsäußerung im politischen Meinungskampf“,
dann steht eben nicht die Medizin im Vordergrund.
Es ist phänomenal: Nach
der Entscheidung des Landgerichts dürfen also Minister ungestraft nachweisliche
medizinische Falschinformationen verbreiten, weil sie Meinungsäußerungen sind,
während laut anderen Gerichten die sozialen Netzwerke wie Facebook oder Youtube
Normalsterbliche wie mich für vermeintliche, also anders als bei Lauterbach
nicht nachgewiesene „medizinische Falschinformationen“ zensieren und sperren
dürfen.
Bitter, wie Gerichte in Deutschland heute Gesinnungsjustiz üben
und willfährige Vollstrecker der Politik sind – auch um den Preis, sich selbst
und eben diese Politik wie in dem hier geschilderten Fall zu entlarven.
Beschluss vom 9. November 2022
Pressemitteilung - Nr. 5/2023 vom
13. Januar 2023
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 523/21 -
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
der (…)-GmbH,
vertreten durch die (…),
- Bevollmächtigte:
(…) -
gegen
den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom
22. Dezember 2020 - 16 W 83/20 -
hat die 1. Kammer des Ersten Senats des
Bundesverfassungsgerichts durch
den Präsidenten Harbarth
und die
Richterinnen Ott,
Härtel
am 9. November 2022 einstimmig
beschlossen:
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom
22. Dezember 2020 - 16 W 83/20 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihren
Grundrechten aus Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes.
Die Entscheidung
wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das
Oberlandesgericht Frankfurt am Main zurückverwiesen.
Das Land Hessen hat
der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Der Wert
des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren
wird auf 25.000 Euro (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
1
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet
sich die Beschwerdeführerin gegen eine einstweilige Verfügung, durch die es ihr
untersagt wurde, in Bezug auf den Antragsteller des Ausgangsverfahrens (im
Folgenden: Antragsteller) die Äußerung zu verbreiten oder verbreiten zu lassen,
„Den Staat lehne (…) […] ab“.
2
1. Die Beschwerdeführerin ist
Herausgeberin der Tageszeitung (…), in deren Onlineausgabe sie am 4. September
2020 einen Beitrag mit dem Titel „Aussteiger packen aus: So geht es in der
Guru-Gemeinschaft zu“ veröffentlichte. Der Bericht beleuchtet kritisch
inhaltliche Ausrichtung, Strukturen und Hierarchien innerhalb einer aus Sicht
ehemaliger Mitglieder sektenähnlichen Gemeinschaft, die der Antragsteller
unterhalte. Nach den in dem Artikel wörtlich wiedergegebenen Äußerungen der
„Aussteiger“ arbeite dieser mit einem „universellen, religiösen Erklärungsmodell
für alle Ereignisse des Lebens“. Es handele sich um eine geschlossene
Gemeinschaft, bei der die meisten „neuen Schüler“ über Freunde hinzukämen, die
bereits „in der Arbeit“ seien, und unverfängliche offene Seminare besuchten, die
zunächst wie Selbsterfahrungsseminare aussähen. Der Antragsteller sehe sich als
„Vertreter von Gott und der absoluten Wahrheit“. Innerhalb der Gemeinschaft gebe
es eine Petz- und Denunzierungskultur und Hierarchien. Ihm als „Meister“ folgten
seine Schüler, „Eingeweihte“ in mehreren „Einweihungsstufen“ und Schüler in
Ausbildungsgruppen. Außerdem gebe es sporadische Teilnehmer, Neuankömmlinge und
die „Sozialheimer“, das seien für den Antragsteller Schüler, die, durch ihr
Karma selbst verursacht, kein Geld hätten. Der Antragsteller bilde Schüler auch
zu Medien aus, die Botschaften aus dem Jenseits empfingen.
3
Was
das Verhältnis des Antragstellers zum Staat betrifft, berichtet der Beitrag
unter Bezugnahme auf die Aussage einer ehemaligen „Schülerin“:
„Den Staat
lehne (…) - der sich seine Seminargebühren auch in bar bezahlen lässt - ab, was
dieser auf Anfrage dieser Zeitung mit einem Bibelzitat zu relativieren versucht:
‚So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gott gehört.‘ Bestimmte
staatliche Regularien seien erforderlich, so (…) dazu, aber jeder müsse seine
Überzeugungen selbst verantworten. Nach Darstellung der Aussteigerin war
geplant, dass ‚die Sozialheimer‘ gemeinsam in ein Haus in einem Nachbarort von
(…) ziehen.“
4
Der Berichterstattung vorausgegangen war eine dem
Antragsteller übersandte E-Mail der Beschwerdeführerin, die unter anderem
folgende Frage enthielt:
„Welches Verhältnis haben Sie zum Staat und
seinen Institutionen? Lehnen Sie den Staat ab?“,
die der Antragsteller
wie folgt beantwortete:
„In der Bibel gibt es auch eine Stelle, die auf
das Verhältnis von persönlicher Überzeugung und Staat antwortet, die für mich
richtungsweisend ist: Mt 22, 15-22: Jesus erkannte die böse Absicht der
Pharisäer und antwortete: ‚Ihr Heuchler, warum stellt ihr mir eine Falle? Zeigt
mir die Münze, mit der ihr eure Steuern zahlt. Darauf ist des Kaisers Bild und
Aufschrift. So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gott gehört.‘
Das bedeutet: Jeder muss seine persönlichen Überzeugungen selbst verantworten.
Dennoch gibt es ganz bestimmte erforderliche staatliche Regularien, um das
Zusammenleben von Menschen zu regeln. Auch in dieser Antwort stelle ich mich
nicht auf eine Stufe mit Jesus, sondern nehme ihn mir nur zum Vorbild.“
5
2. Der Antragsteller beantragte am 6. Oktober 2020 beim Landgericht
Frankfurt am Main den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der der
Beschwerdeführerin unter anderem untersagt werden sollte, die Äußerung „Den
Staat lehne (…) […] ab“ zu verbreiten. Mit Beschluss vom 29. Oktober 2020 gab
das Landgericht dem Antrag teilweise statt, untersagte aber nicht die
Verbreitung der hier verfahrensgegenständlichen Passage.
6
3. Auf
die sofortige Beschwerde des Antragstellers änderte das Oberlandesgericht
Frankfurt am Main den erstinstanzlichen Beschluss mit angegriffenem Beschluss
vom 22. Dezember 2020 teilweise ab und untersagte der Beschwerdeführerin die
Verbreitung der angegriffenen Passage. Zwar handele es sich um eine
Meinungsäußerung. Gleichwohl ergebe die auch bei einer Meinungsäußerung
vorzunehmende Abwägung zwischen Meinungs- und Pressefreiheit einerseits und
allgemeinem Persönlichkeitsrecht andererseits, dass die Verbreitung dieser
Meinung in der geschehenen Form rechtswidrig sei. Es handele sich um eine
abschätzige Meinung, die geeignet sei, den Antragsteller in der öffentlichen
Wahrnehmung, insbesondere auch als Anbieter von Kursen herabzusetzen. Die
Eingriffsintensität werde in dem Beitrag noch erhöht, da mitgeteilt werde, der
Antragsteller lasse sich für seine Seminare in bar bezahlen, was die Annahme
nahelege, dass er die staatliche Besteuerung zu vermeiden suche. Trotz des
grundsätzlichen Vorrangs freier Meinungsäußerung sei die Äußerung einer
abschätzigen Meinung dann unzulässig, wenn gemessen an der Eingriffsintensität
kein Mindestbestand an tatsächlichen Anknüpfungstatsachen festzustellen sei.
7
Vorliegend fehle es an Anknüpfungstatsachen, die ansatzweise die
Meinung belegten, dass der Antragsteller tatsächlich in einem weiten Sinne den
Staat ablehne. Beispielsweise finde sich nichts dazu, ob er sich entsprechend in
seinen Seminaren geäußert habe. Auch würden keine Handlungen mitgeteilt, aus
denen dies ansatzweise geschlossen werden könne. Der Bericht teile nicht mit,
woraus der Aussteiger diese Einschätzung entnehme. Allein der nicht bestrittene
Umstand der Barzahlung sei dafür kein Anhaltspunkt, weil er die eventuelle
Steuerehrlichkeit, nicht aber die Haltung zum Staat insgesamt betreffe. Nach der
eidesstaatlichen Versicherung der Redakteurin habe der Informant lediglich
gesagt: „Den Staat und staatliche Sozialleistungen lehnt (…) ab“. Etwas anderes
ergebe sich auch dann nicht, wenn man davon ausgehe, die Beschwerdeführerin
nehme mit ihrer Reportage ein öffentliches Interesse im Sinne von § 193 StGB
wahr. Dies rechtfertigte nur dann die Verbreitung der geäußerten Wahrnehmung,
wenn sie davon habe ausgehen dürfen, über hinreichende Anknüpfungstatsachen zu
verfügen. Dafür hätte sie sich durch Nachfragen davon überzeugen müssen, dass
der Informant für seine Bewertung über tatsächliche Anhaltspunkte verfüge, dass
der Antragsteller tatsächlich die Haltung habe, „den Staat“ abzulehnen.
8
4. Gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts hat die Beschwerdeführerin
Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der sie eine Verletzung ihrer Meinungs- und
Pressefreiheit rügt. Soweit das Oberlandesgericht im Kern sage, dass die
angegriffene Äußerung zwar eine Meinungsäußerung sei, im Hinblick auf ihren
„Schweregrad“ aber nicht gut genug begründet, laufe dies darauf hinaus, dass
nicht hinreichend begründete Meinungsäußerungen unzulässig seien, was mit den
Grundrechten der Presse schlechterdings unvereinbar sei.
9
5. Dem
Hessischen Ministerium der Justiz wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen dem Bundesverfassungsgericht vor.
II.
10
Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b
BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte
der Beschwerdeführerin angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende
Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe
b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen Fragen im Bereich
des Äußerungsrechts und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bereits
entschieden (vgl. BVerfGE 85, 1; 99, 185; 114, 339). Dies gilt namentlich für
die notwendige, unter interpretationsleitender Berücksichtigung der Grundrechte
stattfindende Erfassung des Sinngehalts einer Äußerung (vgl. BVerfGE 82, 43
<52>; 85, 1 <13>; 93, 266 <295 f.>; 114, 339 <348>; 152, 152 <185 f. Rn. 78>),
für die Abgrenzung von Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen (vgl.
BVerfGE 85, 1 <14 ff.>; 90, 241 <247>; 93, 266 <295>), für das Gebot einer
Abwägung zwischen der Schwere der Persönlichkeitsbeeinträchtigung durch die
Äußerung einerseits und der Einbuße an Meinungs- und Pressefreiheit durch die
Untersagung der Äußerung andererseits (vgl. BVerfGE 85, 1 <14 ff.>; 93, 266 <293
ff.>; 99, 185 <196 ff.>; 114, 339 <348>; 152, 152 <201 Rn. 114>) sowie für die
bei Tatsachenbehauptungen an ihren Wahrheitsgehalt zu stellenden Anforderungen
(vgl. BVerfGE 90, 241 <247 f., 254>; 97, 391 <403 f.>; 99, 185 <196 ff.>; 114,
339 <353 f.>). Danach ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und im Sinne des
§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG offensichtlich begründet. Die angegriffene
Entscheidung verletzt die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten auf Meinungs-
und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG.
11
1. Hinsichtlich des
Inhalts der Berichterstattung ergeben sich Umfang und Grenzen des
grundrechtlichen Schutzes aus dem Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5
Abs. 1 Satz 1 GG, die die Verbreitung von Meinungen und Tatsachen ohne Rücksicht
auf Form und Kommunikationsmittel schützt (vgl. BVerfGE 152, 152 <193 Rn. 94>).
Allerdings gehört es gerade zu den Aufgaben der Presse, die Öffentlichkeit über
Angelegenheiten von öffentlichem Interesse zu informieren (vgl. BVerfGE 7, 198
<208>; 12, 113 <125>), was eine Verstärkung des durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG
gewährleisteten Schutzes begründen kann (vgl. BVerfGE 152, 152 <193 Rn. 94; 200
Rn. 111>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2020 -
1 BvR 1240/14 -, Rn. 12). Mit der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG
wird die Presse über die Meinungsäußerungsfreiheit hinaus in ihrer
institutionellen Eigenständigkeit geschützt. Sie reicht von der Beschaffung der
Informationen bis zu deren Verbreitung (vgl. BVerfGE 10, 118 <121>; 62, 230
<243>; stRspr) und gewährleistet insbesondere das Recht, ein Presseerzeugnis in
inhaltlicher und formaler Hinsicht nach eigenen Vorstellungen zu gestalten (vgl.
BVerfGE 95, 28 <35 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9.
Dezember 2020 - 1 BvR 704/18 -, Rn. 15). Die Gestaltungsfreiheit umfasst sowohl
die Bestimmung, welche Themen behandelt und welche Beiträge in eine Ausgabe
aufgenommen werden sollen, als auch die Entscheidung über die äußere Darbietung
der Beiträge sowie ihre Platzierung innerhalb einer Ausgabe (vgl. BVerfG,
Beschluss der 2. Kammer des Erstens Senats vom 9. Dezember 2020 - 1 BvR 704/18
-, Rn. 15).
12
2. Beide Grundrechte sind allerdings nicht
vorbehaltlos gewährleistet, sondern finden ihre Schranken unter anderem gemäß
Art. 5 Abs. 2 GG in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze und dem Recht der
persönlichen Ehre. Hierzu gehören auch die im Streitfall vom Oberlandesgericht
herangezogenen zivilrechtlichen Bestimmungen der § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB
analog, § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, die
dem von einer Berichterstattung Betroffenen im Fall der Verletzung seines
allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf Unterlassung der ihn
beeinträchtigenden Berichterstattung gewähren. Auch das allgemeine
Persönlichkeitsrecht ist indes nicht vorbehaltlos garantiert, sondern wird nach
Art. 2 Abs. 1 GG durch die verfassungsmäßige Ordnung einschließlich der Rechte
anderer beschränkt, zu denen auch die Meinungs- und Pressefreiheit aus Art. 5
Abs. 1 GG gehört. Die Zivilgerichte verstehen das allgemeine
Persönlichkeitsrecht daher in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise
als einen offenen Tatbestand, bei dem die Feststellung einer rechtswidrigen
Verletzung eine ordnungsgemäße Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich
geschützten Belange voraussetzt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 2022 - VI ZR
141/21 -, Rn. 35; BGHZ 222, 196 <204 Rn. 20>; 73, 120 <124>; 50, 133 <143 f.>;
45, 296 <307 f.>; BVerfGE 99, 185 <196>; 114, 339 <348>).
13
Das
einschlägige Fachrecht im Einzelfall auszulegen und anzuwenden ist dabei Aufgabe
der Fachgerichte, die die betroffenen Grundrechte hierbei jedoch
interpretationsleitend zu berücksichtigen haben, damit deren wertsetzender
Gehalt auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt (vgl. BVerfGE 7, 198
<205 ff.>; 85, 1 <13>; 114, 339 <348>; 152, 152 <185 Rn. 76 ff.>; stRspr). Ob
der Einfluss des Grundrechts auf die Auslegung der zivilrechtlichen Normen und
auf die Abwägung der kollidierenden Schutzgüter hinreichend beachtet ist, ist
dabei nicht schon deshalb zu verneinen, weil das Ergebnis auch anders hätte
ausfallen können (vgl. BVerfGE 120, 180 <200, 210>). Ein Verstoß gegen
Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, liegt
erst vor, wenn eine gerichtliche Entscheidung Auslegungsfehler erkennen lässt,
die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung und
Tragweite eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs,
beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>; 42, 143 <149>; 85, 1 <13>; 120, 180 <199
f.>).
14
3. In Fällen der vorliegenden Art ist eine Abwägung
zwischen der Schwere der Persönlichkeitsbeeinträchtigung durch die Äußerung
einerseits und der Einbuße an Meinungs- und Pressefreiheit durch die Untersagung
der Äußerung andererseits vorzunehmen. Im Zuge der Abwägung sind die
grundrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Maßgebend sind dabei eine Reihe
von Prüfungsgesichtspunkten und Vorzugsregeln, die in der Rechtsprechung
entwickelt worden sind, um eine größtmögliche Wahrung der beiderseitigen
grundrechtlichen Positionen und Interessen bei der Beurteilung und Entscheidung
über Fälle von Meinungsäußerungen zu ermöglichen. Das Ergebnis dieser Abwägung
lässt sich wegen der Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls nicht
generell und abstrakt vorausbestimmen (vgl. BVerfGE 61, 1 <8 ff.>; 85, 1 <14
ff.>; 93, 266 <293 ff.>; 99, 185 <196 ff.>; 114, 339 <348>).
15
a)
Weichenstellend für die Prüfung einer Grundrechtsverletzung ist die Erfassung
des Inhalts der beanstandeten Äußerung, insbesondere die Klärung, in welcher
Hinsicht sie ihrem objektiven Sinn nach das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen
beeinträchtigt. Ziel der Deutung ist die Ermittlung des objektiven Sinns einer
Äußerung. Maßgeblich ist daher weder die subjektive Absicht des sich Äußernden
noch das subjektive Verständnis des von der Äußerung Betroffenen, sondern der
Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen
Publikums hat. Dabei ist stets vom Wortlaut der Äußerung auszugehen. Dieser legt
ihren Sinn aber nicht abschließend fest. Er wird vielmehr auch von dem
sprachlichen Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und den
Begleitumständen, unter denen sie fällt, bestimmt, soweit diese für die
Rezipienten erkennbar waren (vgl. BVerfGE 82, 43 <52>; 93, 266 <295>).
Mehrdeutige Äußerungen sind auszuscheiden (vgl. BVerfGE 7, 198 <227>; 82, 43
<52>; 85, 1 <19>; 93, 266 <295 f.>). Die Anforderungen, die Art. 5 Abs. 1 GG an
die Sinnermittlung von Äußerungen richtet, unterliegen dabei der Nachprüfung
durch das Bundesverfassungsgericht, und zwar besonders dann, wenn es sich, wie
etwa bei Strafurteilen, um einen intensiven Grundrechtseingriff handelt (vgl.
BVerfGE 43, 130 <136 f.>; 54, 129 <136 ff.>; 61, 1 <6, 9 f.>; 82, 43 <50>; 82,
272 <280>; 85, 1 <13 f.>; 93, 266 <296>). Bereits bei unzutreffender Erfassung
oder Würdigung einer Äußerung kann daher ein Verstoß gegen Verfassungsrecht
vorliegen, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat (vgl. BVerfGE 18,
85 <93>; 42, 143 <149>; 85, 1 <13>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten
Senats vom 11. November 2021 - 1 BvR 11/20 -, Rn. 14).
16
b)
Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit sind verkannt, wenn die Gerichte
eine Äußerung unzutreffend als Tatsachenbehauptung, Formalbeleidigung oder
Schmähkritik im verfassungsrechtlichen Sinne einstufen mit der Folge, dass sie
dann nicht im selben Maß am Schutz des Grundrechts teilnimmt wie Äußerungen, die
als Werturteil ohne beleidigenden oder schmähenden Charakter anzusehen sind
(vgl. BVerfGE 85, 1 <13 f.>; 82, 272 <281>; 54, 208 <215>; 43, 130 <136 f.>).
Während Tatsachenbehauptungen durch die objektive Beziehung zwischen der
Äußerung und der Wirklichkeit geprägt werden und der Überprüfung mit Mitteln des
Beweises zugänglich sind (vgl. BVerfGE 90, 241 <247>; 94, 1 <8>), handelt es
sich bei einer Meinung um eine Äußerung, die durch Elemente der Stellungnahme
und des Dafürhaltens geprägt ist (vgl. BVerfGE 7, 198 <210>; 61, 1 <8>; 90, 241
<247>; 124, 300 <320>). In Fällen, in denen beide Äußerungsformen miteinander
verbunden werden und erst gemeinsam den Sinn einer Äußerung ausmachen, ist der
Begriff der Meinung im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes weit zu
verstehen: Sofern eine Äußerung, in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen,
durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt
sind, wird sie als Meinung von dem Grundrecht geschützt. Dies gilt insbesondere
dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn
der Äußerung aufhöbe oder verfälschte. Würde in einem solchen Fall das
tatsächliche Element als ausschlaggebend angesehen, so könnte der
grundrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit wesentlich verkürzt werden (vgl.
BVerfGE 61, 1 <8 f.>; 85, 1 <15 f.>; 90, 241 <248>).
17
c) Bei
Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Aussagen
müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den
Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (vgl. BVerfGE 97, 391 <403>). Für die
Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen gibt es in der Regel keinen
rechtfertigenden Grund. Außerhalb des Schutzbereichs von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG
liegen aber nur bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen und solche, deren
Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung unzweifelhaft feststeht. Alle
übrigen Tatsachenbehauptungen mit Meinungsbezug genießen den Grundrechtsschutz,
auch wenn sie sich später als unwahr herausstellen (vgl. BVerfGE 61, 1 <8>; 90,
1 <15>; 90, 241 <254>), der Wahrheitsgehalt fällt dann aber bei der Abwägung ins
Gewicht (vgl. BVerfGE 94, 1 <8>; 99, 185 <196 f.>). Tatsachenbehauptungen, deren
Wahrheitsgehalt ungeklärt ist und die eine die Öffentlichkeit wesentlich
berührende Angelegenheit betreffen, dürfen nach der Rechtsprechung der
Zivilgerichte demjenigen, der sie aufstellt oder verbreitet, solange nicht
untersagt werden, wie er sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für
erforderlich halten darf (Art. 5 GG, § 193 StGB), vorausgesetzt, dass zuvor
hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt wurden,
wobei für die Medien grundsätzlich strengere Pflichten gelten als für
Privatleute (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2022 - VI ZR 95/21 -, AfP 2022, S. 337
<339 Rn. 22>; BGHZ 222, 196 <221 f. Rn. 50>; 203, 239 <246 f. Rn. 15 f.>; 199,
237 <250 f. Rn. 26>, jeweils m.w.N.). Gegen die Entwicklung derartiger Pflichten
bestehen verfassungsrechtlich keine Einwände, sofern der Umfang dieser
Sorgfaltspflichten von den Fachgerichten im Einklang mit den grundgesetzlichen
Anforderungen bemessen wird (vgl. BVerfGE 99, 185 <198>). Die Fachgerichte
dürfen deshalb einerseits an die Wahrheitspflicht im Interesse der
Meinungsfreiheit keine Anforderungen stellen, die die Bereitschaft zum Gebrauch
des Grundrechts herabsetzen und so auf die Meinungsfreiheit insgesamt
einschnürend wirken können (vgl. BVerfGE 54, 208 <219 f.>; 85, 1 <17>). Sie
haben andererseits aber auch zu berücksichtigen, dass die Wahrheitspflicht
Ausdruck der Schutzpflicht ist, die aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht
folgt (vgl. BVerfGE 12, 113 <130>; 99, 185 <198>; 114, 339 <353>).
18
d) Von Bedeutung kann innerhalb der Abwägung auch sein, ob Äußerungen vom
Äußernden selbst getätigt werden oder er Äußerungen Dritter verbreitet (vgl.
BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. August 2019 - 1 BvR
811/17 -, Rn. 17). So darf bei überwiegendem Informationsinteresse auch über
eine unzweifelhaft rechtswidrige Äußerung eines Dritten berichtet werden, sofern
sich der Verbreiter die berichtete Äußerung nicht zu eigen gemacht hat (BVerfGK
10, 153 <156 f.>). Ein solches Zueigenmachen liegt insbesondere vor, wenn die
Äußerung eines Dritten in den eigenen Gedankengang so eingefügt wird, dass
dadurch die eigene Aussage unterstrichen werden soll (vgl. BVerfG, Beschluss der
1. Kammer des Ersten Senats vom 30. September 2003 - 1 BvR 865/00 -, Rn. 13).
Auch bei der Bemessung etwaiger im Rahmen der Abwägung insoweit maßgeblicher
Sorgfalts- oder Distanzierungspflichten haben die Fachgerichte allerdings die
Ausstrahlungswirkungen des Grundrechts der Meinungs- und Pressefreiheit gemäß
Art. 5 Abs. 1 GG zu berücksichtigen und hierbei ferner, dass die Verbürgungen
des Art. 10 Abs. 1 EMRK in ihrer Auslegung, die sie durch den Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte erfahren haben, einer generellen Obliegenheit der
Presse, sich von dem Inhalt einer wiedergegebenen Äußerung zu distanzieren,
möglicherweise entgegenstehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten
Senats vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, Rn. 69; EGMR, Thoma v. Luxembourg,
Urteil vom 29. März 2001, Nr. 38432/97, § 64; vgl. auch EGMR, Radio France v.
France, Urteil vom 30. März 2004, Nr. 53984/00, §§ 37 ff.; Verlagsgruppe News
GmbH v. Österreich, Urteil vom 14. Dezember 2006, Nr. 76918/01, §§ 33 ff.).
19
4. Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt die
angegriffene Entscheidung nicht. Bedeutung und Tragweite der betroffenen
Grundrechte werden verkannt.
20
a) Nicht sicher erkennen lässt das
Oberlandesgericht in seinem Ausgangspunkt, ob es die angegriffene Äußerung
rechtlich als eigene Äußerung der Beschwerdeführerin betrachtet oder ob es die
Verurteilung der Beschwerdeführerin auf die Verbreitung der Äußerung eines
Dritten stützt.
21
aa) Mit der angegriffenen, in indirekter Rede
gehaltenen Äußerung schildert die Beschwerdeführerin die für sich genommen
unstreitige Tatsache einer Meinungsäußerung ihrer Informantin, einer
„Aussteigerin“, mit der diese dem Antragsteller die innere Haltung zuschreibt,
er lehne „den Staat“ ab. Dem stellt die Beschwerdeführerin die Mitteilung zweier
weiterer, ebenfalls unstreitiger Tatsachen zur Seite, wonach sich der
Antragsteller „seine Seminargebühren auch in bar bezahlen lässt“, und er die
Frage der Beschwerdeführerin nach seiner Haltung zum Staat zum einen mit einem
Bibelzitat beantwortet habe, zum anderen damit, dass „bestimmte“ staatliche
Regularien erforderlich seien. Der Art und Weise, wie die Beschwerdeführerin
diese ergänzenden Umstände sprachlich in ihren Beitrag einbettet, entnimmt der
unvoreingenommene Leser zugleich, dass die Beschwerdeführerin selbst
Anhaltspunkte sieht, die für eine staatsablehnende Haltung des Antragstellers
sprechen. So folgert der Leser aus dem im Indikativ gehaltenen Einschub „– der
sich seine Seminargebühren auch in bar bezahlen lässt –“, dass die
Beschwerdeführerin jedenfalls die Steuerehrlichkeit des Antragstellers
hinterfragt, und aus dem Hinweis auf das Bibelzitat, dass sie die Antwort des
Antragstellers auf eine entsprechende Anfrage nicht als Verneinung wertet,
sondern als Versuch, die ihm zugeschriebene Haltung „zu relativieren“.
22
bb) Mit der Frage, ob die Äußerung, „Den Staat lehne (…) […] ab“, bei dieser
Sachlage nur als mitgeteilte Äußerung ihrer Informantin zu betrachten ist oder
auch als eigene Einschätzung der Beschwerdeführerin, setzt sich das
Oberlandesgericht in seinen Gründen nicht auseinander. Vielmehr stellt es der
wiederholten – jedoch in beiden Fällen zutreffenden – Formulierung, dass die
Meinung der Informantin verbreitet werde, auf einleitender Ebene voran, der
Antragsteller könne die Unterlassung der angegriffenen „Äußerung der
Antragsgegnerin“ beanspruchen. Nicht deutlich wird, ob das Oberlandesgericht
bedacht hat, dass es mit seiner Forderung nach einem „Mindestbestand an
tatsächlichen Anknüpfungstatsachen“ Sorgfaltspflichten formuliert hat, die die
Beschwerdeführerin nach dem Vorstehenden – auch als Presseunternehmen – in
unterschiedlichem Maße treffen können, je nachdem, ob sie sich die Äußerung
ihrer Informantin zu eigen gemacht hat oder lediglich deren Einschätzung
dokumentiert. Nicht erörtert hat das Oberlandesgericht die im Zuge der
Sinnermittlung hiermit einhergehende Frage, ob sich eine eigene Einschätzung der
Beschwerdeführerin auf eine Ablehnung des Staats „in einem weiten Sinne“ bezieht
oder ob sie sich anders als ihre Informantin darauf beschränkt, lediglich die
Steuerehrlichkeit des Antragstellers zu hinterfragen.
23
b) Soweit
das Oberlandesgericht die angegriffene Äußerung als Meinungsäußerung einstuft,
ist dies im Ergebnis nicht zu beanstanden, bietet für die nachfolgende Abwägung
jedoch einen unvollständigen Ausgangspunkt, soweit es dies damit begründet, dass
der Bericht der Beschwerdeführerin keine Tatsachen angebe, aus denen ihre
Informantin ihre Meinung herleite, der Antragsteller lehne den Staat ab.
24
aa) Ob jemand einen bestimmten Standpunkt vertritt, betrifft eine
innere und bei entsprechender – ausdrücklicher oder konkludenter – Kundgabe auch
äußere Tatsache. Wer einem anderen einen Standpunkt zuschreibt, behauptet daher
in Bezug auf diesen das Bestehen einer inneren Tatsache und gegebenenfalls deren
Kundgabe. Da jedoch innere Tatsachen anderen verschlossen bleiben, solange sie
nicht kundgetan werden, basiert ihre Behauptung zwangsläufig auf
Schlussfolgerungen aus dem Verhalten der betroffenen Person, die durch Elemente
der Stellungnahme und des Dafürhaltens des Äußernden geprägt sind. Wer
behauptet, ein anderer vertrete einen bestimmten Standpunkt, äußert deshalb
notwendig eine Einschätzung, in der tatsächliche und wertende Elemente
miteinander vermengt sind. Als solche wird sie vom Grundrecht der
Meinungsfreiheit insgesamt als Meinung gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt
(vgl. BVerfGE 61, 1 <8 f.>; 85, 1 <16>; 90, 241 <248>).
25
bb)
Meinungsäußerungen müssen grundsätzlich nicht begründet werden. Sie sind im
Unterschied zu Tatsachenbehauptungen durch die subjektive Einstellung des sich
Äußernden zum Gegenstand der Äußerung gekennzeichnet. Sie enthalten sein Urteil
über Sachverhalte, Ideen oder Personen. Auf diese persönliche Stellungnahme
bezieht sich der Grundrechtsschutz. Er besteht deswegen unabhängig davon, ob die
Äußerung rational oder emotional, begründet oder grundlos ist und ob sie von
anderen für nützlich oder schädlich, wertvoll oder wertlos gehalten wird
(BVerfGE 93, 266 <289>). Die Grenze zulässiger Meinungsäußerungen liegt nicht
schon da, wo eine polemische Zuspitzung für die Äußerung sachlicher Kritik nicht
erforderlich ist oder wo Gründe für die geäußerte kritische Bewertung nicht
gegeben werden (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. August
2020 - 1 BvR 2249/19 -, Rn. 15). Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die
Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im
Vordergrund steht, hat eine solche Äußerung als Schmähung im
verfassungsrechtlichen Sinne regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrecht des
Betroffenen zurückzutreten (vgl. BVerfGE 82, 272 <283 f.>; 85, 1 <16>).
26
cc) Dies zugrunde gelegt, kam es für die Qualifizierung der
angegriffenen Äußerung als Meinungsäußerung nicht darauf an, ob der Bericht der
Beschwerdeführerin auch äußere Tatsachen zur Begründung dieser Meinungsäußerung
schilderte. Mit seiner Verengung auf die Beweggründe der Informantin verstellt
sich das Oberlandesgericht den Blick dafür, dass die Berichterstattung mit der
das Bibelzitat enthaltenden Stellungnahme des Antragstellers eine äußere
Tatsache mitteilt, und dass es für die Tatsachenfundierung der von der
Beschwerdeführerin geäußerten beziehungsweise verbreiteten Meinungsäußerung
irrelevant ist, ob ihrer Informantin diese Stellungnahme bekannt war oder nicht.
In den Blick zu nehmen war auch die im Bericht genannte Barzahlungspraxis des
Antragstellers als weitere im Zusammenhang geäußerte Tatsache, bei der es zudem
nicht darauf ankam, ob das Oberlandesgericht die von der Beschwerdeführerin aus
dieser Praxis gezogenen Schlüsse teilt. Der in der Abwägung geäußerte Standpunkt
des Oberlandesgerichts, dass diese Praxis „allein die eventuelle
Steuerehrlichkeit, nicht aber die Haltung zum Staat insgesamt betrifft“, nähme
einem weiterreichenden Standpunkt der Beschwerdeführerin nicht den Charakter
einer Meinungsäußerung.
27
c) Verfassungsrechtlich nicht tragfähig
begründet ist die Verurteilung der Beschwerdeführerin auch, soweit das
Oberlandesgericht in seiner Abwägung davon ausgeht, die Äußerung „Den Staat
lehne (…) […] ab“ enthalte eine „abschätzige Meinung“, für die es gemessen an
ihrer erhöhten „Eingriffsintensität“ an einem „Mindestbestand an tatsächlichen
Anknüpfungstatsachen“ fehle, die ansatzweise belegten, dass der Antragsteller
tatsächlich in einem weiten Sinne den Staat ablehne.
28
aa)
Allerdings ist der Maßstab, den das Oberlandesgericht hier der Sache nach
zugrunde gelegt hat, im Ausgangspunkt grundsätzlich nicht zu beanstanden. Das
Bundesverfassungsgericht hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dessen Rechtsprechung auf der Ebene
des Verfassungsrechts als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und
Reichweite von Grundrechten dient (vgl. BVerfGE 120, 180 <200>), hierzu
festgestellt hat, dass eine Unterscheidung zwischen Tatsachenbehauptungen und
Werturteilen schwierig ist, wenn es sich um Behauptungen über Beweggründe für
das Verhalten eines Dritten handelt. Bei Schlussfolgerungen über Beweggründe
oder etwaige Absichten Dritter handele es sich eher um Werturteile als um dem
Beweis zugängliche Tatsachenbehauptungen, wobei es auch für eine einem
Werturteil gleichkommende Erklärung eine ausreichende Tatsachengrundlage geben
müsse (vgl. EGMR, Axel Springer AG v. Deutschland (Nr. 2), Urteil vom 10. Juli
2014, Nr. 48311/10, §§ 63-64; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats
vom 4. August 2016 - 1 BvR 2619/13 -, Rn. 13). Innerhalb der Abwägung macht es
daher einen Unterschied, ob es sich bei der Einschätzung von Beweggründen,
Absichten oder Standpunkten eines anderen um eine auf Tatsachen fußende
Schlussfolgerung handelt oder um eine willkürlich aus der Luft gegriffene
Wertung (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 4. August
2016 - 1 BvR 2619/13 -, Rn. 14; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9.
Dezember 2020 - 1 BvR 704/18 -, Rn. 23).
29
bb) Den hiernach zu
stellenden Anforderungen an eine ausreichende Tatsachengrundlage wird die
angegriffene Entscheidung für den Streitfall jedoch nicht in
verfassungsrechtlich hinlänglicher Weise gerecht.
30
(1) Wie
ausgeführt, ist bei Meinungsäußerungen, in denen sich wertende und tatsächliche
Elemente so vermengen, dass sie insgesamt als Werturteil anzusehen sind, im
Rahmen der Abwägung die Richtigkeit der tatsächlichen Bestandteile von Bedeutung
(vgl. BVerfGE 99, 185 <196 ff.>; auch EGMR, Axel Springer AG v. Deutschland (Nr.
2), Urteil vom 10. Juli 2014, Nr. 48311/10, § 63). Insoweit war zu
berücksichtigen, dass zwischen den Beteiligten des Ausgangsverfahrens weder die
Äußerung der Informantin als solche im Streit stand, noch die Barzahlungspraxis
des Antragstellers oder dessen Antwort auf die ihm übermittelte Frage der
Beschwerdeführerin, ob er den Staat ablehne.
31
(2) Das
Oberlandesgericht zieht die Wahrheit der vorgenannten Anknüpfungstatsachen zwar
nicht in Zweifel, misst ihnen jedoch im Rahmen der Abwägung mit Ausnahme der
Barzahlungspraxis – der es wie dargelegt einen von der Beschwerdeführerin
abweichenden Sinn beimisst – keine Bedeutung zu. Die Äußerung der Informantin,
wonach der Antragsteller den Staat „und staatliche Sozialleistungen“ ablehne,
nimmt es zwar zur Kenntnis, erachtet sie im Rahmen seiner Abwägung jedoch als
„schlichte Angabe“ für bedeutungslos. Das wird der Aussagekraft dieser
Anknüpfungstatsache schon deshalb nicht gerecht, weil mit der Ablehnung
‚staatlicher Sozialleistungen‘ nicht nur ein konkreter Bezugspunkt für die
behauptete staatsablehnende Haltung benannt war, sondern sich auch aufdrängte,
diese Einschätzung im Zusammenhang mit der im Bericht ferner angegebenen – vom
Antragsteller ebenfalls nicht in Abrede gestellten – Planung zu betrachten,
wonach „‚die Sozialheimer‘ gemeinsam in ein Haus in einem Nachbarort von (…)
ziehen“ sollten.
32
cc) Verkürzt wird der grundrechtliche Schutz
der Meinungsfreiheit auch, soweit das Oberlandesgericht der angegriffenen
Äußerung eine ‚erhöhte Eingriffsintensität‘ beimisst. Zwar zielt die Frage nach
einer ausreichenden Tatsachengrundlage darauf ab, ob die Zuschreibung von
Beweggründen, Absichten oder Standpunkten eines anderen im Einzelfall übermäßig
ist, womit auch das Gewicht der geäußerten Einschätzung von Bedeutung ist (vgl.
EGMR, Axel Springer AG v. Deutschland (Nr. 2), Urteil vom 10. Juli 2014, Nr.
48311/10, §§ 61, 65; EGMR, Annen v. Deutschland (Nr. 2), Urteil vom 20.
September 2018, Nr. 3682/10, § 34). Nicht nachvollziehbar begründet hat das
Oberlandesgericht jedoch, inwieweit die Einschätzung, der Antragsteller lehne
„den Staat“ ab, überhaupt „abschätzig“, also von Geringschätzung, Abwertung oder
Ablehnung zeugen oder geeignet sein soll, ihn „in der öffentlichen Wahrnehmung“
und „in seiner Rolle als Anbieter von Kursen“ herabzusetzen. Aus der Sicht eines
unvoreingenommenen und verständigen Publikums verliert sich der Aussagegehalt
der Mitteilung, „Den Staat lehne (…) […] ab“, weitgehend im Spekulativen und
bleibt deshalb über den Informationsgehalt der Berichterstattung hinaus, wonach
sich eine religiöse Splittergruppe von der Außenwelt abzugrenzen sucht und von
einer Person geführt wird, die absolute Wahrheit für sich in Anspruch nimmt,
substanzarm. Die mitgeteilte Barzahlungspraxis mag zwar die Steuerehrlichkeit
des Antragstellers in Frage stellen, wurde von diesem aber nicht in Abrede
gestellt und betrifft im Übrigen thematisch – wie sämtliche übrigen aufgeführten
Äußerungen beziehungsweise Verhaltensweisen – die Sozialsphäre des
Antragstellers. Hiervon ausgehende belastende Wirkungen – auch in seinem
privaten Umfeld – muss der Antragsteller aber weitergehend hinnehmen als
gegenüber Beiträgen über sein privates Verhalten (vgl. BVerfGE 152, 216 <268 Rn.
128>).
33
d) Verfassungsrechtlich keinen Bestand haben kann die
angegriffene Entscheidung schließlich aber auch insoweit, als das
Oberlandesgericht bei seinen Überlegungen nicht den Informationswert der
Berichterstattung für die Öffentlichkeit in den Blick nimmt, sondern hierzu im
Rahmen seiner Hilfserwägung meint, selbst die Wahrnehmung eines öffentlichen
Interesses im Sinne von § 193 StGB könne die Verbreitung der geäußerten
Wahrnehmung nur dann rechtfertigen, wenn die Beschwerdeführerin durch Nachfrage
bei ihrer Informantin davon habe ausgehen dürfen, über hinreichende
Anknüpfungstatsachen für die Haltung des Antragstellers zu verfügen, „den Staat“
abzulehnen. Einer Abwägung bedarf es zwar ausnahmsweise nicht bei herabsetzenden
Äußerungen, die sich als Angriffe auf die Menschenwürde, Formalbeleidigung oder
Schmähkritik im verfassungsrechtlichen Sinne darstellen, sowie bei erwiesen
unwahren Tatsachenbehauptungen (vgl. BVerfGE 99, 185 <196>; Beschluss der 2.
Kammer des Ersten Senats vom 19. Dezember 2021 - 1 BvR 1073/20 -, Rn. 29). Dass
eine dieser eng umgrenzten Ausnahmekonstellationen gegeben wäre, ist in der
angefochtenen Entscheidung allerdings weder dargelegt noch ersichtlich. Damit
entzieht sie in verfassungsrechtlich nicht tragbarer Weise den Informationswert
der angegriffenen Berichterstattung von vornherein jeder Abwägung und verkürzt
überdies Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit im öffentlichen
Meinungskampf, die bei öffentlich zur Diskussion gestellten, gesellschaftliches
Interesse erregenden Beiträgen selbst mit scharfen Äußerungen gebraucht werden
darf (vgl. BVerfGE 54, 129 <138>; 68, 226 <231 f.>; 82, 236 <260>; BVerfG,
Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. November 2021 - 1 BvR 11/20 -,
Rn. 18).
34
e) Die angegriffene Entscheidung beruht auf diesen
Fehlern. Es ist nicht auszuschließen, dass das Oberlandesgericht bei erneuter
Befassung zu einer anderen Entscheidung kommt.
III.
35
Die
Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die
Festsetzung des Gegenstandwerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit
§ 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).
36
Diese
Entscheidung ist unanfechtbar.
Harbarth Ott Härtel
European Case Law
Identifier (ECLI):
ECLI:DE:BVerfG:2022:rk20221109.1bvr052321
Zitiervorschlag:
BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 9.
November 2022 - 1 BvR 523/21 -, Rn. 1-36,
https://www.bverfg.de/e/rk20221109_1bvr052321
Ist Baden-Württembergs Antisemitismus-Beauftragter antisemitisch? Ja!
Zumindest darf das behauptet werden
VERÖFFENTLICHT AM 28. Okt
2022
Von Kai Rebmann
Man kann es sich nicht ausdenken. Dr. Michael Blume
ist seit März 2018 der offizielle Antisemitismus-Beauftragte der von
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) angeführten Landesregierung von
Baden-Württemberg. Problem: Der Religions- und Politikwissenschaftler aus dem
Ländle vertritt offenbar nur allzu oft selbst antisemitische Positionen. Das
behauptet zumindest der Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel. Und das darf er auch.
Sagt wiederum das Landgericht Hamburg. Doch was ist eigentlich passiert?
Blume und Steinhöfel liegen sich schon seit längerer Zeit in den Haaren, im
konkret vorliegenden Fall ging es jedoch um einen vergleichsweise aktuellen
Tweet vom 30. September 2022. Der Hamburger Jurist stellt darin fest:
„Baden-Württemberg leistet sich einen antisemitischen
Antisemitismusbeauftragten. Wir erinnern uns auch, dass der Ministerpräsident
ein Fan von Waschlappen ist.“ Darunter hat Steinhöfel eine Collage mit mehreren
Schlagzeilen zusammengestellt, in denen Blume mehr oder weniger direkt mit
Antisemitismus bzw. entsprechenden Äußerungen in Verbindung gebracht wird. Unter
den zitierten Medien befindet sich mit der „Tagesschau“ auch mindestens eine
Instanz, die jeder kritischen Berichterstattung über die Regierung und deren
Mitarbeiter absolut unverdächtig ist.
Twitter hat den Beitrag daraufhin
gelöscht, wodurch sich Steinhöfel um sein Recht auf Meinungsfreiheit gebracht
sah. Per einstweiliger Verfügung hat das Landgericht Hamburg jetzt entschieden,
dass der Tweet wiederhergestellt werden muss, da die Bezeichnung „antisemitisch“
in diesem Zusammenhang zulässig sei. Das Gericht gelangte zu der Überzeugung,
dass es sich bei diesem Text um eine „zwar scharfe, aber noch zulässige
Meinungsäußerung“ handele. Die Richter gehen in der Urteilsbegründung davon aus,
dass es „hinreichende Anknüpfungstatsachen“ gebe, die eine solche Behauptung
rechtfertigen. Im Klartext: Das Gericht hat nicht festgestellt oder gesagt, dass
Dr. Michael Blume „antisemitisch“ ist, aber es darf straffrei behauptet werden.
Vorwürfe gegen Blume sind nicht neu
Schon alleine die Tatsache, dass der
Antisemitismus-Beauftragte nach wie vor im Amt ist, ist ein Armutszeugnis für
die Landesregierung in Stuttgart. Die Liste der Vorwürfe gegen Blume ist lang,
so dass der Mann für dieses Amt in etwa dieselbe Eignung mitbringt wie Ferda
Ataman für jenes der Antidiskriminierungs-Beauftragten der Bundesregierung. Vom
Simon-Wiesenthal-Center in Los Angeles wurde Blume zum „Antisemiten des Jahres“
gekürt. Verdient hatte sich der Antisemitismus-Beauftragte von Baden-Württemberg
diesen „Titel“ unter anderem damit, dass er Zionisten mit Nazis verglichen hat,
wie die Tagesschau berichtete. Weiter verwies Steinhöfel in dem betreffenden
Tweet auf die „Jüdische Rundschau“, die Blume beschuldigte, in einem Interview
mit dem „Deutschlandfunk“ von „rechtsextremen Menschen in jüdischen Gemeinden“
gesprochen zu haben. Laut „Jerusalem Post“ soll Blume darüber hinaus den General
Orde Wingate, der in den 1930er-Jahren während des britischen Mandats in
Palästina gewirkt hat, als „Kriegsverbrecher“ bezeichnet haben.
Diese und
weitere Vorwürfe gegen Dr. Michael Blume wurden nicht von Joachim Steinhöfel
erhoben. Der Rechtsanwalt hat diese lediglich zitiert bzw. wiedergegeben. Und
wie Steinhöfel, so scheint auch das Gericht zu der Überzeugung gekommen zu sein,
dass diese Vorwürfe zutreffen oder zumindest nicht ausgeschlossen werden können.
Solche Aussagen dann als „antisemitisch“ zu bezeichnen, liegt in der Folge
praktisch auf der Hand. Oder wie sollte man so etwas sonst nennen? Nicht
einfacher wird es natürlich, wenn solche Aussagen und Vergleiche vom
Antisemitismus-Beauftragten einer deutschen Landesregierung getätigt werden. Der
Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, dass sich dieses Mal nicht Steinhöfel
und Blume vor Gericht gegenüberstanden. Der Antisemitismus-Beauftragte aus dem
Südwesten war nicht einmal Verfahrensbeteiligter, da sich die Klage Steinhöfels
gegen Twitter richtete, das seinen Tweet gelöscht hatte.
Ist ein
antisemitischer Antisemitismus-Beauftragter noch haltbar?
Blume selbst
kam vor Gericht überhaupt nicht zu Wort und konnte sich zu dem Richterspruch aus
Hamburg daher nur in den Medien äußern. In der „Welt“ hielt er die Entscheidung
„schon bei schneller Übersicht für sachlich falsch“. Weiter beklagte Blume, er
habe „als Beauftragter gegen Antisemitismus mit der bundesdeutschen Justiz
bisweilen durchwachsene Erfahrungen gemacht“. In der Tat ist dies nicht die
erste juristische Pleite, die der Politikwissenschaftler gegen Joachim
Steinhöfel kassierte. So wurde dem Antisemitismus-Beauftragten unter anderem
untersagt, Steinhöfel als „szenebekannten Rechts-Anwalt“ zu bezeichnen. Ebenso
wurde Blume verboten zu behaupten, die „Achse des Guten“, für die Steinhöfel
regelmäßig Gastbeiträge schreibt, bediene „rassistische und demokratiefeindliche
Positionen“.
Als Antisemitismus-Beauftragter ist Dr. Michael Blume direkt
dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann unterstellt. Der grüne
Waschlappen-Fetischist wird sich nun ernsthafte Gedanken über die Zukunft und
vor allem die Besetzung dieses Amtes machen müssen. Kein Geringerer als Blume
selbst wird auf der Homepage des Staatsministeriums wie folgt zitiert:
„Antisemitismus ist nicht irgendein Verschwörungsglauben, sondern er bedroht die
Grundlagen jeder friedlichen, freiheitlichen und rechtsstaatlichen Ordnung.“ Dem
ist nichts mehr hinzuzufügen. Jetzt liegt es nur noch an der Landesregierung
oder Blume selbst, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Namentlich
gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine.
Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche
Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Kai
Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen
eigenen Blog.
https://reitschuster.de/post/ist-baden-wuerttembergs-antisemitismus-beauftragter-antisemitisch-ja/
OLG Dresden, 28.04.2020 - 4 W 3/20
Leitsatz:
1. Ein hinreichender Bezug zu einem Gerichtsstand als dem
Erscheinungsort ist bei einer
Klage gegen die Veröffentlichung einer im
Internet abrufbaren lokalen Tageszeitung auch
dann gegeben, wenn sich der
Gegenstand der Äußerung erkennbar an en bundesweites
Publikum richtet.
2.
Bei einer Auseinandersetzung, die Züge einer Kampagne aufweist, kann Äußerung
nach
den Grundsätzen über das "Recht zum Gegenschlag" gerechtfertigt sein.
OLG Dresden, 4. Zivilsenat, Beschluss vom 28. April 2020, Az.: 4 W 3/20
2
Oberlandesgericht
Dresden
Zivilsenat
Aktenzeichen: 4 W 3/20
Landgericht Dresden, 1a O 2292/19 EV
BESCHLUSS
In Sachen
H......
M...... B......, ...
- Antragsteller und Beschwerdeführer -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte S......, ...
gegen
C......
R......, ...
- Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte E......, K......, S......, ...
wegen
Unterlassung
hier: Beschwerde
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts
Dresden durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S......,
Richterin
am Oberlandesgericht P...... und
Richterin am Oberlandesgericht Z......
ohne mündliche Verhandlung am 28.04.2020
beschlossen:
1. Die sofortige
Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts
Dresden
vom 03.12.2019 - Az.: 1a O 2292/19 EV - wird zurückgewiesen.
2. Der
Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Wert des
Beschwerdeverfahrens wird auf 10.000,00 € festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
3
Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin auf Unterlassung einer Äußerung
in Anspruch.
Der Antragsteller ist ein bundesweit bekannter Publizist und
Buchautor, die Antragsgegnerin
ist derzeit amtierende Vizepräsidentin des
XXX, dem sie seit 1998 als Mitglied der Partei
„YYY“ angehört. In einem
Interview, abgedruckt in der A...... Allgemeinen Zeitung vom
20.12.2019
äußerte sie sich wie folgt:
„Auch ich versuche immer wieder, gegen Drohungen
und Beleidigungen juristisch
vorzugehen. Oft können die Täter nicht ermittelt
werden, manchmal habe ich Erfolg.
Dann kostet der Aufruf, mich aufzuhängen,
gern am 4.800 Euro. Der juristische Weg
ist aber nur einer von vielen. Wir
dürfen nicht aufhören, das Thema in die breite
Öffentlichkeit zu tragen. Wir
müssen die Stichwortgeber benennen, all diese
neurechten Plattformen, deren
Geschäftsmodell auf Hetze und Falschbehauptungen
beruht - von R...... T......
über H...... M...... B...... bis hin zu eindeutig rechtsradikalen
Blogs. Und
die Brandbeschleuniger sitzen zum Teil auch in unseren Parlamenten.
Also:
dagegenhalten, laut und deutlich. Denn zuerst kommt das Sagbare, und dann
das
Machbare. Dem Angriff auf die Menschlichkeit folgt der Angriff auf die
Menschen.“
Die Zeitung ist auch über das Internet abrufbar. Der Antragsteller
hat die Antragsgegnerin
unter dem 25.10.2019 erfolglos abgemahnt. Die
Antragsgegnerin reichte bei der Zentralen
Schutzschriftenstelle des
Oberlandesgerichts Frankfurt am Main eine Schutzschrift vom
30.10.2019 ein.
Der Antragsteller begehrt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen
Verfügung aufzugeben, es zu unterlassen zu behaupten, das Geschäftsmodell des
Antragstellers beruhe auf Hetze und Falschbehauptungen. Er ist der Auffassung,
es handele
sich insoweit um eine Tatsachenbehauptung, die rechtswidrig in
sein allgemeines
Persönlichkeitsrecht eingreife und ihn massiv herabsetze.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag in einer bei der zentralen
Schutzschriftenstelle
hinterlegten Schutzschrift entgegen getreten.
Das
Landgericht hat mit dem hier angefochtenen Beschluss den Antrag auf Erlass der
einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil in Dresden kein Gerichtsstand
begründet sei.
Wegen der Begründung wird auf die Ausführungen unter II. der
angefochtenen Entscheidung
verwiesen. Der sofortigen Beschwerde des
Antragstellers hat es nicht abgeholfen.
II.
Die sofortige Beschwerde des
Antragstellers ist nach § 567, 569 ZPO form- und fristgerecht
eingelegt,
statthaft und damit zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg.
1.
Allerdings scheitert der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung nicht
bereits an der
fehlenden örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Dresden.
Gemäß § 32 ZPO ist für Klagen und Anträge aus unerlaubten Handlungen dasjenige
Gericht
zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Bei
Presseerzeugnissen ist dies
zum einen der Erscheinungsort des Druckwerks, zum
anderen aber auch der Verbreitungsort
(BGHZ 131, 335 m.w.N.). Wenn wie hier
ein Presseerzeugnis, in dem die
streitgegenständliche Äußerung enthalten ist,
auch über das Internet abrufbar ist, muss ein
„hinreichender“ Bezug zum
angerufenen Gerichtsbezirk hinzukommen, um einen ubiquitären
fliegenden
Gerichtsstand zu vermeiden (Zöller-Schultzky, ZPO, 33. Aufl., § 32 Rdnr. 20.10
4
m.w.N.). Für internationale Rechtsverletzungen gilt der Grundsatz, dass
deutsche Gerichte
dann zur Entscheidung über Klagen wegen
Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im
Internet abrufbare
Veröffentlichungen zuständig sind, wenn die als rechtsverletzend
beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne
aufweisen,
dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse
des Antragstellers an der
Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits -
Interesse des Antragsgegners an der
Gestaltung seines Internetauftrittes
andererseits - nach den Umständen des konkreten Falles
im Inland tatsächlich
eingetreten sein oder eintreten kann. Dies ist dann anzunehmen, wenn
eine
Kenntnisnahme von der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten
Falles im Inland erheblich näher liegt, als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit
des Angebots
der Fall wäre und die vom Antragsteller behauptete
Beeinträchtigung seines
Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme von der
Meldung auch im Inland eintreten würde
(BGH, Urteil vom 02.03.2010 - VI ZR
23/09; OLG Frankfurt, Beschluss vom 07.02.2011 - 25
W 41/10 Leitsatz 1,
jeweils m.w.N. - nach juris). Ob eine solche einschränkende Betrachtung
auch
bei Inlandsdelikten gelten muss, obwohl im Inland keine Gefahr der Kollision
unterschiedlicher Rechtsordnungen besteht, kann offenbleiben, denn vorliegend
wären
aufgrund der konkreten Umstände auch diese einschränkenden
Voraussetzungen erfüllt.
Dass die Öffentlichkeit auch außerhalb des
Verbreitungsgebietes der A...... Allgemeinen
Zeitung von der beanstandeten
Meldung Kenntnis nimmt, liegt aufgrund der nationalen
Prominenz beider
Parteien erheblich näher als es aufgrund des Verbreitungsgebiets der
A......
Allgemeinen für deren übrige Inhalte anzunehmen ist. Beide Parteien sind
Gegenstand
allgemeinen überörtlichen Interesses und haben bereits in der
Vergangenheit verschiedene
Auseinandersetzungen, wie sich aus der
Schutzschrift der Antragsgegnerin ergibt, auch über
überregionale
Tageszeitungen wie die W...... ausgetragen. Der Gegenstand der Äußerung
der
Antragstellerin bezieht sich überdies auf das nicht an einen lokalen Kontext
gebundene
Problem der Verbreitung sog. Hassbotschaften und die Frage, wer
hierfür als geistiger
Urheber verantwortlich ist und wie er mit Aussicht auf
Erfolg zur Verantwortung gezogen
werden kann. Dass die Antragsgegnerin für
sich in Anspruch nimmt, sich als bundesweit
bekannte Politikerin insofern
stellvertretend für andere Betroffene einzusetzen, begründet
ebenfalls ein
bundesweites Interesse, das über die Leserschaft der A...... Allgemeinen
Zeitung hinausgeht. Auch der Antragsteller wendet sich mit seiner Internetseite,
auf die in
dem Artikel Bezug genommen wird, an ein bundesweites Publikum. Die
konkreten Umstände
lassen es damit als naheliegend erscheinen, dass sich auch
Leser im Landgerichtsbezirk
Dresden für das streitgegenständliche Interview
interessieren werden, obwohl es in einer in
Dresden nicht regelmäßig
angebotenen Zeitung erschienen ist. Hat vor diesem Hintergrund
der
Antragsteller die Wahl zwischen mehreren Gerichtsständen, so steht es ihm
grundsätzlich offen, denjenigen Gerichtsstand zu wählen, von dem er sich die
größten
Chancen bei der Rechtsverfolgung erhofft (BGH, B. v. 12.09.2013, I ZB
39/13 juris Rz. 11
m.w.N.). Die Grenze zum Rechtsmissbrauch ist erst dann
überschritten, wenn die
Rechtswahl aus sachfremden Erwägungen erfolgt -
beispielsweise um den Gegner zu
schädigen (OLG Schleswig, B.v. 21.04.14 2 AR
4/14 juris Rz. 33 m.w.N.). Dafür ist hier
nichts ersichtlich.
2.
In der
Sache ist der Antrag aber unbegründet. Der Antragsteller hat keinen Anspruch
gegen
die Antragsgegnerin auf Unterlassung der Äußerung, sein Geschäftsmodell
beruhe auf
Hetze und Falschbehauptungen. Bei dieser Äußerung der
Antragsgegnerin im Interview vom
20.10.2019 gegenüber der A...... Allgemeinen
Zeitung handelt es sich um eine
Meinungsäußerung, der in Abwägung der
grundrechtlich geschützten Interessen der
Antragsgegnerin auf
Meinungsfreiheit gegenüber dem grundrechtlich geschützten
5
allgemeinen
Persönlichkeitsrecht des Antragstellers der Vorrang einzuräumen ist.
Die
Abgrenzung zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen erfolgt nach
den in Rechtsprechung und Literatur zu §§ 186, 187 StGB entwickelten Grundsätzen
(vgl.
hierzu etwa Löffler/Ricker Handbuch des Presserechts, 5. Aufl., § 44
Rn. 9 m.w.N.).
Tatsachenbehauptungen unterscheiden sich von Werturteilen
dadurch, dass bei diesen die
subjektive Beziehung zwischen der Äußerung und
der Wirklichkeit im Vordergrund steht,
während für jene die objektive
Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Äußerung
charakteristisch ist.
Maßgeblich ist insoweit das Verständnis eines unvoreingenommenen
und
verständigen Adressaten; auszugehen ist vom Wortlaut, der allerdings den Sinn
nicht
abschließend festlegen kann; bei der Deutung sind daher der sprachliche
Kontext, in dem
die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände,
unter denen sie fällt, zu
berücksichtigen, soweit diese für die Leser, Hörer
oder Zuschauer erkennbar sind
(Senatsurteil vom 27. November 2018 – 4 U
1282/18 –, Rn. 13, juris). Dabei dürfen
allerdings aus einer komplexen
Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem
Gehalt herausgegriffen
werden, wenn die Äußerung nach ihrem - zu würdigenden -
Gesamtzusammenhang in
den Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung
gemäß Art. 5
Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den
verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird. Der Schutzbereich des Art. 5
Abs. 1 GG
erstreckt sich auch auf Äußerungen, in denen sich Tatsachen und
Meinungen vermengen
und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme,
des Dafürhaltens oder Meinens
geprägt werden. Sofern eine Äußerung, in der
sich Tatsachen und Meinungen vermengen, in
entscheidender Weise durch die
Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder
Meinens geprägt ist, wird
sie als Werturteil und Meinungsäußerung in vollem Umfang vom
Grundrecht des
Art. 5 Abs. 1 GG geschützt (st. Rspr, vgl. nur BGH, Urteil vom 22.
September
2009 – VI ZR 19/08 –, juris m.w.N.; Senatsbeschlüsse vom 16. Januar 2018 – 4
W 1066/17 –, Rn. 3, juris m.w.N.; vom 19.11.2019 - 4 U 2088/19 m.w.N.; vom
26.03.2019 - 4
U 184/19 m.w.N. - alle nach juris).
Hiernach ist die
beanstandete Aussage als Meinungsäußerung einzustufen. Im Kontext der
gesamten Interviewäußerung wird der Antragsteller als einer der Verantwortlichen
und
„Stichwortgeber“ für die „Drohungen und Beleidigungen“ verantwortlich
gemacht, gegen die
sich die Antragsgegnerin „immer wieder“ zur Wehr setzen
muss. Damit verbunden ist der
Vorwurf, die Rolle als „Stichwortgeber“ sei dem
Antragsteller nicht gleichsam aus Versehen
oder nur in wenigen Einzelfällen
unterlaufen, sondern werde von ihm bewusst gesucht, weil
sein
„Geschäftsmodell auf Hetze und Falschbehauptungen“ beruhe. Zwar lässt sich
dieser
Äußerung nicht entnehmen, um welche Hetze und um welche
Falschbehauptungen es im
Einzelnen geht, die Äußerung zielt vielmehr im
Schwerpunkt auf den Vorwurf ab, der
Antragsteller verbreite sog. Fake-News
und diffamiere die Antragsgegnerin beharrlich und
vorsätzlich. Die Äußerung
enthält damit im Schwerpunkt eine Bewertung von Verhalten und
Persönlichkeit
des Antragstellers und ist folglich als Meinungsäußerung anzusehen. Als
solche ist sie unterhalb der Grenze zur Schmähkritik grundsätzlich einer
Abwägung mit dem
Persönlichkeitsrecht des Antragstellers entzogen. Dies gilt
allerdings nicht bei
Meinungsäußerungen, die auf einem unwahren Tatsachenkern
beruhen. Enthält die
Meinungsäußerung erwiesen falsche oder bewusst unwahre
Tatsachenbehauptungen, tritt
das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig
hinter dem durch das
grundrechtsbeschränkende Gesetz geschützten Rechtsgut
zurück (BVerfG, Beschluss vom
13. April 1994 – 1 BvR 23/94 –, BVerfGE 90,
241-254; Senat Urteil vom 08. September 2011
– 4 U 459/11 –, Rn. 28, juris;
Beschluss vom 19. November 2019 – 4 U 2088/19 –, Rn. 7,
juris). Vorliegend
hat die Antragsgegnerin indes einen wahren Tatsachenkern hinreichend
6
glaubhaft gemacht. Unstreitig ist im Anschluss an ihre Schutzschrift, dass der
Antragsteller
sie auf seiner Homepage als „Doppelzentner fleischgewordene
Dummheit, nah am Wasser
gebaut und voller Mitgefühl mit sich selbst“
bezeichnet hat, was unschwer als „Hetze“
eingestuft werden kann, auch wenn
der Antragsteller insoweit das Privileg einer lediglich
„farbenfrohen
Darstellung“ für sich in Anspruch nimmt. Unstreitig ist des Weiteren, dass die
vom Antragsteller erhobene Behauptung, die Antragsgegnerin habe sich am
Holocaust-Gedenktag in Teheran aufgehalten, unwahr ist. Diese Äußerung greift in
das
allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragsgegnerin ein, weil ihr damit
zugleich eine Nähe
zu der bekanntlich auf die Vernichtung des Staates Israel
abzielenden Position des
iranischen Regimes unterstellt wird, der sie durch
einen Besuch in Teheran ausgerechnet am
Holocaust-Gedenktag Ausdruck
verliehen haben soll. Dass der Antragsteller diese
Behauptung in satirischer
Absicht verbreitet haben will, ändert an dieser objektiven
Unwahrheit nichts.
Unstreitig ist schließlich, dass der Antragsteller wegen der Behauptungen
in
einem Kommentar vom 1.2.2011 über die Antragsgegnerin eine Richtigstellung
veröffentlichen musste und dass seine die Antragsgegnerin ebenfalls
beeinträchtigende
Behauptung, sie halte sich zu einem Studienaufenthalt über
den Klimawandel in der Südsee
auf, ebenfalls unwahr ist. In der Gesamtschau
ergibt sich damit ein Tatsachenkern, der die
streitgegenständliche
Meinungsäußerung der Antragsgegnerin hinreichend unterfüttert.
Diese
Meinungsäußerung beeinträchtigt den Antragsteller zudem unzweifelhaft lediglich
in
seinem beruflichen Geltungsanspruch und damit in seiner Sozialsphäre.
Etwaige Belange
des Antragstellers müssen schließlich auch deshalb hinter die
Meinungsäußerungsfreiheit
der Antragsgegnerin zurücktreten, weil diese sich
auf ein „Recht zum Gegenschlag“ berufen
kann. Wer sich mit harten, auf die
Person abzielenden Stellungnahmen in den öffentlichen
Diskurs einschaltet,
muss eine scharfe Reaktion auch dann hinnehmen, wenn sie sein
Ansehen mindert
(BVerfG, Beschluss vom 17.09.2012 - 1 BvR 2979/10). Wie die o.a.
Aussagen des
Antragstellers über die Antragsgegnerin dokumentieren, sucht auch der
Antragsteller gezielt die Öffentlichkeit, um die Antragsgegnerin in harter Form
zu attackieren.
Ungeachtet der Frage, ob die einzelnen Kommentare des
Antragstellers zur Antragsgegnerin
sich als Tatsachenbehauptungen - wahr oder
unwahr - oder als Meinungsäußerungen
darstellen, lässt ihre Zusammenstellung
in der Schutzschrift und in den Schriftsätzen des
Antragstellers erkennen,
dass die zahlreichen Äußerungen des Antragstellers über die
Antragsgegnerin
Züge einer Kampagne tragen und mitunter auch die Grenze zur
Schmähkritik
erreichen, wenn nicht gar überschreiten, wie dies beispielsweise bei der vom
Antragsteller zugestandenen Beschreibung der Antragsgegnerin als „Doppelzentner
fleischgewordene Dummheit“ der Fall ist. Gegenüber derartigen Angriffen wäre die
Antragsgegnerin sogar berechtigt, mit entsprechend grobschlächtigen
Gegenäußerungen in
der Presse zu reagieren und sich in vergleichbarer Weise
über den Antragsteller zu äußern.
Die streitgegenständliche Meinungsäußerung
bleibt deutlich hinter demjenigen zurück, was
der Antragsteller sich aufgrund
seiner vorausgegangenen Einlassungen selbst gefallen
lassen müsste.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung
beruht auf §
48 Abs. 2 GKG.
S...... P...... Z......
https://www.justiz.sachsen.de/esamosplus/pages/index.aspx
„Ich würde mich nicht einmal zu Merkel zurücksehnen, wenn Claudia
Roth Kanzlerin wäre“
Stand: 03.02.2022
Dauer 7 Min
WELT-Kolumnist Henryk M. Broder hat Olaf Scholz immer als zurückhaltenden und
uneitlen Politiker geschätzt. „Jetzt hat er es aber zu weit getrieben“, sagt
Broder. Scholz sei ein „Eisschrank im Tiefkühlmodus“.
Lobrede auf Baerbock
Claudia Roth versus die Realität
03.02.2022
Auf dem Parteitag der Grünen hat Claudia Roth eine vor Anspielungen nur so
strotzende Lobrede auf Annalena Baerbock gehalten. Wir haben ein Transkript der
Proben ergattert. Lesen Sie einen Dialog zwischen Roth und der Realität, der so
garantiert nicht stattgefunden hat.
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Weil man als Theaterkritiker den Kopf gewohnheitsmäßig in Spielplänen vergräbt,
kommt es vor, dass einem eine tolle Inszenierung durchrutscht, einfach, weil man
sie nicht auf dem Zettel hatte, weder am Wiener Burgtheater noch am Berliner
Ensemble noch am Bayerischen Staatsschauspiel. Die Rede ist vom Parteitag der
Grünen, genauer von der Rede der neuen Kulturstaatsministerin Claudia Roth,
gehalten am vergangenen Freitag im Berliner Velodrom.
...
Die Achse des Guten
...
Das Oberlandesgericht Dresden wies im Mai 2020 im einstweiligen Verfügungsverfahren eine Klage Broders gegen Claudia Roth ab, die ihm vorgeworfen hatte, sein Geschäftsmodell beruhe „auf Hetze und Falschbehauptungen“. Dies sei eine zulässige Meinungsäußerung und keine Tatsachenbehauptung. Die Aussage Roths in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen habe einen „wahren Tatsachenkern“.[17][18]
https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Achse_des_Guten
28. Mai 2020
Urteil vor Oberlandesgericht Karlsruhe:"Tichys Einblick" gewinnt vor Gericht gegen "Correctiv"
Im Streit ging es um einen Artikel zum Klimawandel. Die Faktenchecker von "Correctiv" hatten ihn mit einem Fehlerhinweis versehen.
Das Recherchekollektiv Correctiv hat vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe
gegen Roland Tichy verloren. Der Chefredakteur des Magazins Tichys Einblick
hatte geklagt, weil Correctiv einen Artikel von Tichy auf Facebook mit einem
Faktencheck-Hinweis versehen hat.
Das Oberlandesgericht urteilte am
Mittwoch nun, dass Correctiv im Auftrag von Facebook einen Beitrag von Tichys
Einblick aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht mit dem Stempel "teils falsch"
hätte versehen dürfen.
Das OLG revidiert mit seinem Urteil eine Entscheidung des Landgerichts Mannheim vom Januar, das den Vorgang für zulässig erklärt hatte.
...
https://www.sueddeutsche.de/medien/tichys-einblick-correctiv-verloren-gericht-1.4920764
"Überprüfbare Tatsachengrundlage"
Gericht entscheidet: Höcke darf „Faschist“ genannt werden
Daniel GeradtzvonDaniel Geradtz
Ein Gericht hat entschieden, dass Demonstranten Björn Höcke als „Faschist“
bezeichnen dürfen. Das Urteil stützt sich auf die Meinungsfreiheit.
Meiningen - Die Frage, wie weit Meinungsfreiheit gehen darf, beschäftigt die
Gesellschaft und die Justiz immer wieder. So auch in dieser Woche, als im
thüringischen Eisenach eine Demonstration unter dem Motto „Protest gegen die
rassistische AfD, insbesondere gegen den Faschisten Höcke“ angemeldet war.
...
https://www.spiegel.de/media/media-44935.pdf
Verwaltungsgericht Meiningen - 2 E 1194/19 ME - Beschluss vom 26.09.2019: "Beschluss. In dem Verwaltungsstreitverfahren ... gegen die Stadt Eisenach ... wegen Versammlungsrecht ... hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Meiningen durch den Richter am Verwaltungsgericht Viert Reder, die Richterin am Verwaltungsgericht Wimmer und den Richter Dr. Wilksch am 25.09.2019 beschlossen. ... Die Antragstellerin hat darauf hingewiesen, die Bezeichnung Faschist setze an realen Handlungen und Äußerungen Höckes an, die auch als gerichtsbekannt vorausgesetzt werden könnten. Er sei einer der Sprecher der AfD Thüringen ... ."
Rowan Atkinson über Humor
"...
Wie lautet denn Ihre Definition von Redefreiheit?
Das Recht auf Redefreiheit schließt für mich das Recht ein, jemanden beleidigen zu dürfen. Denn es liegt in der Natur der Redefreiheit, dass man mit seiner Meinung jemand anderem auf den Schlips treten könnte. Aber deshalb darf man doch nicht aufhören, seine Meinung zu sagen! Wenn sich jemand beleidigt fühlt, soll er sich beleidigt fühlen dürfen. ..."
Süddeutsche Zeitung 13./14.10.2018, Interwiew mit Rowan Atkinson den Darsteller von Mr. Bean.
28 O 10/16
Verkündet am 22.06.2016
Urteil
In dem Rechtsstreit
des
Kleiner Muck e.V., vertr. d. d. Vorstand, dieser vertr.d. Dr. Michael
Winterhoff,
Brigitte Mohn, Stephan Eisenbeis, Heinrich-Lübke-Straße 19, 53113
Bonn, Klägers,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte CBH Cornelius,
Bartenbach, Haesemann & Partner, Bismarckstr. 11-13, 50672 Köln,
g e g e n
Herrn Horst Weiberg, XXXXXXXXXXXX, Beklagten,
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Media Kanzlei, Friedrich-Ebert-Anlage 18, 60325 Frankfurt,
hat
die 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln
aufgrund mündlicher Verhandlung vom
11.05.2016 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Eßer da Silva, den
Richter am Landgericht Elsen und die Richterin Dr. End für Recht erkannt:
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
2
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen
Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
...
http://www.anstageslicht.de/fileadmin/user_upload/LG_Koeln_Urteil220616_anonymisiert.pdf
Jugendamt-Odyssee Der größte Fehler seines Lebens
Ein
Vater kämpft um seine Tochter. Gegen seine frühere Frau, die das Kind gegen ihn
aufhetzt, gegen das Jugendamt, das falsche Behauptungen verbreitet. Eine
Geschichte über die Allmacht der Ämter.
11.02.2015, von Katrin Hummel
...
Dies ist eine Geschichte über die Allmacht der Jugendämter und das
Ausgeliefertsein der Eltern. Eine wahre Geschichte, die zeigt, was passieren
kann, wenn ein Elternteil bei Mitarbeitern des Jugendamts in Ungnade fällt. Eine
Geschichte darüber, wie Jugendamtsmitarbeiter ihre Macht missbrauchen und ihren
ursprünglichen Auftrag aus dem Blick verlieren können, der lautet, Kinder zu
schützen und für sie da zu sein
...
Dass Mutter und Tochter nun dauerhaft gemeinsam in einem Zimmer bei
der Familie leben, obwohl beim Vater eine 45 Quadratmeter große Wohnung selbst
für zwei Übernachtungen im Monat inadäquat erschien, stört das Jugendamt nicht.
Warum nicht? Dazu möchte sich die Stadt Bonn auf Anfrage dieser Zeitung nicht
äußern.
...
Die Mutter beantragt unterdessen beim Amtsgericht das
alleinige Sorgerecht. Sie will, dass sie künftig alle Dinge, die ihre gemeinsame
Tochter betreffen, allein entscheiden kann. Das Jugendamt muss nun das Gericht
mit wichtigen Informationen über die Familie versorgen, auf die das Gericht sich
bei seiner Entscheidung stützen wird. Doch in dem Schreiben des Jugendamts ans
Gericht tauchen im Vorfeld dieser Sorgerechtsentscheidung mehrere falsche
Behauptungen auf, die zuvor die Mutter in ihrem Antrag auf alleiniges Sorgerecht
formuliert hat. Es scheint so, als habe Sachbearbeiterin W. diese falschen
Behauptungen ohne Überprüfung übernommen.
Zum Beispiel schreibt Frau W. dem Amtsgericht Bonn, dass Schmitt
unbekannt verzogen sei - eine von der Mutter in dem Schreiben ans Gericht in die
Welt gesetzte falsche Aussage, die das Jugendamt dann auf Betreiben Schmitts
allerdings noch vor der Sorgerechtsentscheidung korrigieren wird. Frau W.
behauptet in dem Schreiben aber auch, dass der Vater sich weigere, einer
psychologischen Behandlung seiner Tochter zuzustimmen. Das stimmt nicht, denn
ungeklärt ist zu diesem Zeitpunkt primär das „Wie“ und weniger das „Ob“ der
Behandlung - so steht es in einem Urteil des Amtsgerichts Bonn, das sich 2013,
also im Nachhinein, mit dem Fall beschäftigt hat.
...
Dann beginnt das
sogenannte Clearing, als Folge des unterschriebenen Erziehungshilfeantrags und
als weitere Vorbereitung für die Sorgerechtsentscheidung. Die Lebenssituation
der Tochter soll in diesem Clearing komplett erfasst werden. Es läuft drei
Monate lang, allerdings wird der Vater von dem privaten Verein „Kleiner Muck“,
der das Clearing im Auftrag des Jugendamts durchführt, während dieses Clearings
nicht persönlich angehört, obwohl man ihm dies zugesagt hatte. Das alles steht
in einem zweiten Urteil des Amtsgerichts Bonn aus dem Jahr 2014 zu dem Fall.
....
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/vater-kaempft-um-tochter-gegen-ex-frau-und-jugendamt-13415754.html
Rabauken-Affäre: Staatsanwaltschaft unter Druck
Uckermark-Kurier - 12.06.2015: "Rabauken-Affäre: Staatsanwaltschaft unter Druck. Selten hat ein harmloses Wortspiel in enier Überschrift so viel Wirbel ausgelöst: "Rabauken-Jäger". Im Zuge der immer schriller werdenden Affäre könnte sich nun sogar ein Generalstaatsanwalt strafbar gemacht haben. ... Schumacher hattte dem zuständigen Staatsanwalt am Amtsgericht Pasewalk in einem Meinungsbeitrag vorgeworfen, sich mit "Schaum vor dem Mund" über die Presse zu ereifern. Daraufhin leitete MV-Generalsstaatsanwalt Helmut Trost nach Angaben des Justizministeriums umgehend ein Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung gegen Schumacher ein. ... Die FAZ spekuliert zudem über die Hintergründe der "Rabauken-Jäger"-ASffäre und stellt einen Zusammenhang zu MV-Justizministerin Uta Maria Kunder (CDU) her. Die Ministerin hat die Aufsicht über den Generalsstaatsanwalt. ... . Jäger und Justizministerin sind beide CDU-Mitglieder im Landkreis Vorpommern-Greifswald."
Nordkurier-Redakteur vor Gericht
Zum Abschuss freigegeben
Pasewalk · 21.05.2015
Ein Nordkurier-Redakteur wurde in dieser Woche vom
Pasewalker Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Grund: Er hat sich
angeblich in der Wortwahl vergriffen, als er über den gefühllosen und ethisch
verwerflichen Umgang eines Jägers mit einem Tier berichtete.
...
Jetzt wurde nicht um die Wahrheit gestritten, sondern
mit den Mitteln des Strafrechts gegen unseren Reporter Thomas Krause und eine
einzige Formulierung vorgegangen. Es ging um den Begriff „Rabauken-Jäger“,
durch den sich der Wildschleifer angeblich aufs Höchste gekränkt fühlte. ...
...
Nun also der Prozess vorm Pasewalker Amtsgericht. Und
dort staunten die Prozessbeobachter nicht schlecht, als es auch hier nicht um
das Verhalten des Wildschleifers ging, sondern der Staatsanwalt in seinem Plädoyer
gegen die Medien allgemein und den Nordkurier speziell zu Felde zog. Da ging es
nicht mehr um den „Rabauken-Jäger“, sondern da gab es eine
Generalabrechnung mit dem ganzen modernen Medienbetrieb. Zu laut, zu schnell, zu
plakativ. Die wahren Rabauken, so klang das unterm Strich, sind die
Journalisten.
Die Richterin wollte ebenfalls nicht gelten lassen, dass
eine Zeitung die Dinge im Sinne der Meinungsfreiheit auch deutlich benennen
darf. Selbst wenn ein Reporter ein Verhalten als unangemessen charakterisieren
wolle, dürfe er dazu keine derartigen Formulierungen benutzen. Konkret führte
sie aus, dass man ein Kind noch als Rabauke betiteln könne, ein Erwachsener
sich eine solche Formulierung aber nicht gefallen lassen müsse. Der
Berichtsauftrag rechtfertige eine so „pfeffrige und scharfe“ Wortwahl nicht.
Reporter soll 1000 Euro zahlen.
...
http://www.nordkurier.de/mecklenburg-vorpommern/zum-abschuss-freigegeben-2115021505.html
Kommentar Väternotruf:
Was soll man zu dieser Provinzposse am Amtsgericht Pasewalk schon sagen. Da sind wohl einen oder anderen Richter und Staatsanwalt die Nerven durchgegangen. Das kann ja mal passieren, Juristen sind auch nur Menschen. Die Beschwerdeinstanz wird das verrückte Urteil sicher wieder an die rechte Stelle rücken und die heißt Pressefreiheit.
Was würde wohl der Honecker dazu sagen, der von Pressefreiheit nicht viel hielt, dafür ein großer Jäger vor dem Herrn war. Dass er allerdings seine kaptitalen Hirsche mit dem Auto über die Straße der Waldsiedlung Wandlitz geschleift hätte, ist nicht überliefert. Den Abtransport der toten Tiere überließ er seinem vortrefflichen Leibwächter, der darüber und über andere Skurrilitäten ein nettes Büchlein geschrieben hat.
Brosa ./. Deutschland
Denk ich an Deutschland und Karlsruhe in der Nacht, bin ich um meinen Schlaf gebracht
http://www.internet-law.de/2014/04/die-meinungsfreiheit-in-der-politischen-auseinandersetzung.html
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Ulrich Brosa [mailto:brosa-gmbh@t-online.de]
Gesendet: Dienstag, 22. April 2014 18:55
An: undisclosed-recipients:
Betreff: Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte über die Amöneburger Flugblatt-Affäre
2005 wollte ein gewisser Freddy Greib Amöneburger Bürgermeister werden.
Das wollte ich nicht. Ich fabrizierte ein Flugblatt und verteilte es. Es war anstrengend. Amöneburg besteht aus fünf Dörfern. Greib erhielt vom Amtsgericht Kirchhain flugs eine einstweilige Verfügung, mit der mir das Verteilen des Flugblatts verboten wurde. Und doch kam die Verfügung erst, als schon genug Exemplare im Umlauf waren. Greib, zunächst bei Weitem aussichtsreichster Kandidat, wurde nicht gewählt.
Die einstweilige Verfügung wurde durch diverse Urteile und Beschlüsse bestätigt - zuletzt durch das Landgericht Marburg.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am 17.4.2014 festgestellt, dass dieses Verbot die Europäische Menschenrechtskonvention, insbesondere Artikel 10, verletzt hat. Das Urteil bindet die Bundesrepublik Deutschland und enthält Kritik am Bundesverfassungsgericht.
Man kann das Urteil vom 17.4.2014 von der Site des EuGHMR holen - auf
Englisch: BROSA v. GERMANY (Application no. 5709/09):
http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng/pages/search.aspx?i=001-142422
Wer Englisch nicht mag, findet auf ein paar Juristen-Blogs deutsche Inhaltsangaben und Kommentierungen z.B.
http://www.internet-law.de/2014/04/die-meinungsfreiheit-in-der-politischen-auseinandersetzung.html
http://www.verfassungsblog.de/de/egmr-schuetzt-meinungsfreiheit-von-anti-neonazi-aktivisten/#.U1Vb5lLOlIB http://www.blog-rechtsanwael.de/europaischer-gerichtshof-stutzt-meinungsfreiheit-im-kampf-gegen-rechts/Ich habe das grundlegende Material auf
http://www.althand.de/flugblatt.html
zur Verfügung gestellt. Jede(r) kann von dort die Urteile und Beschlüsse
- vom Amtsgericht Kirchhain bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte - runterladen. Man kann außerdem die meisten anderen Schriftstücke erklicken, auf die der EuGHMR seine Entscheidung gestützt hat.
Derartige Urteile des EuGHMR sind sehr selten. Der EuGHMR ist für mehr als 800 Millionen Menschen zuständig, weil nicht nur die EU, sondern auch Russland, die Ukraine, die Türkei, die Balkan-Staaten, die Schweiz und Norwegen und sogar etliche Kaukasus-Staaten Mitglieder des Europa-Rats sind. Den über 800 Millionen Einwohnern stehen 47 Richterinnen und Richter gegenüber. Jedes Jahr gehen ca. fünfzigtausend Beschwerden ein. Vor ein paar Jahren wurde die Konvention insofern geändert, als der EuGHMR sogar offensichtlich berechtigte Beschwerden abweisen darf, wenn sie ihm nicht wichtig genug erscheinen.
Warum hat der EuGHMR die Flugblatt-Affäre wichtig genommen? Ich meine, weil dem EuGHMR das Umfeld der Affäre bekannt ist: Die Staatsanwaltschaft hat ungefähr vierzig Ermittlungs- und Strafverfahren gegen mich eingeleitet. Hinzu kamen zahlreiche zivilrechtliche Unterlassungsverfahren. Stets ging es darum, ob ich bestimmten Amtspersonen, besonders solchen bei Polizei und Justiz, Strafvereitlung zugunsten von Neonazis vorwerfen darf. Tags also die tägliche Anklageschrift und nachts die Randale hier am Haus: Haustür viermal eingeschlagen, Fenster zerschlagen, überall Löcher in der verschmierten Fassade. Anfangs auch Schlägereien, die allerdings aufhörten, als die "heimischen" Aktivisten mehr Blut verloren als ich. Es ging 1995 los und wurde ab 2000 virulent.
Freundliche Grüße Ulrich Brosa
P.S. Freddy Greib dreht jetzt bei der katholischen Kirche Amöneburgs ein ganz großes Rad. Er gibt sich als Heiliger Bonifatius aus und sagt: "Ich bin ein Werkzeug, durch das Christus wirkt“. (Tatsache!) http://bloegi.wordpress.com/2014/04/18/brosca-v-germany/
17 April 2014
EGMR schützt Meinungsfreiheit von Anti-Neonazi-Aktivisten
Wer Bürgermeister werden will, muss sich mehr an Kritik gefallen
lassen als andere Leute. Auch, als Unterstützer von Neonazis bezeichnet zu
werden. Jedenfalls aber darf seinem Kritiker nicht dadurch der Schutz der
Meinungsfreiheit entzogen werden, dass das Gericht sagt, eine Gruppe als
Neonazis zu bezeichnen, sei eine Faktenbehauptung, die man erst beweisen können
müsse, bevor man sie aufstellt.
So der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte in einer heute veröffentlichten Kammerentscheidung.
Der
Fall spielt in der hintersten nordhessischen Provinz. Dort lebt ein Mann namens
Ulrich Brosa – wenn man dem im Internet von und über ihn Veröffentlichten
glauben kann, kein einfacher Charakter, aber jedenfalls einer, der sich mit der
Neigung der Lokalpolitik, sich mit auch mit den übelriechenderen Ecken
regionaler Subkultur aufs Gemütlichste zu arrangieren, nicht leicht abfindet und
dabei keinem Konflikt aus dem Wege geht.
In seinem Heimatort Amöneburg
gibt es eine “Burschenschaft” mit dem Namen “Berger-88 e.V.”, den man sich nach
dem Material, das Brosa über ihn gesammelt hat, gar nicht widerwärtig genug
vorstellen kann. Als Brosa damit an die Öffentlichkeit ging, erregte er den Zorn
eines Lokalpolitikers, der ihn in der örtlichen Zeitung wütend attackierte. Als
dieser Politiker sich um den Bürgermeisterposten bewarb, begann Brosa
Flugblätter zu verteilen, in denen er den Mann als “Scharfmacher” bezeichnet,
der die “Neonazi-Organisation” Berger-88 “deckt”.
So nicht, oder
jedenfalls nicht in Nordhessen: Der Kandidat ließ Brosa flugs gerichtlich
verbieten, diese Flugblätter zu verteilen. Sowohl die Bezeichnung als
“Neonazi-Organisation” als auch die Behauptung, dass der Kandidat diese “deckt”,
seien Tatsachenbehauptungen, die Brosa nicht beweisen könne, so das Amtsgericht
Kirchhain. Dass die Zahl “88” als Code für “Heil Hitler” zum Bestand
neonazistischer Folklore gehört, zumal wenn sie wie in diesem Fall in
Frakturschrift gesetzt ist, beeindruckte das Gericht ebenso wenig wie
anschließend das Landgericht Marburg. Es gebe zwar allerhand Indizien dafür.
Aber keinen “zwingenden Beweis”.
So könne man mit der Meinungsfreiheit
nicht umgehen, so die EGMR-Kammer: Zum einen müsse sich ein Politiker, der sich
zur Wahl stellt, eine robustere Art der Auseinandersetzung mit seinen Positionen
gefallen lassen als ein Privatmann. Zum anderen kann man die Aussage “Berger-88
ist ein Neonazi-Verein” nicht einfach als Tatsachenbehauptung qualifizieren. Was
einen “Nazi” kennzeichnet, sei keine Frage der Wahrheit, sondern eine der
Wertung, und ob für diese genügend faktische Indizien vorliegen, eine Frage der
Verhältnismäßigkeit.
In diesem Fall hätten auch die Gerichte anerkannt,
dass es für die Qualifikation von “Berger-88” als Neonazi-Verein durchaus nicht
an Indizien fehlt. Einen “zwingenden Beweis” zu verlangen, sei jedenfalls
unverhältnismäßig.
DOWNLOAD PDF
LICENSED UNDER CC BY NC ND
SUGGESTED
CITATION Steinbeis, Maximilian: EGMR schützt Meinungsfreiheit von
Anti-Neonazi-Aktivisten, VerfBlog, 2014/4/17,
https://verfassungsblog.de/egmr-schuetzt-meinungsfreiheit-von-anti-neonazi-aktivisten/,
DOI: 10.17176/20170726-124023.
https://verfassungsblog.de/egmr-schuetzt-meinungsfreiheit-von-anti-neonazi-aktivisten/
Konflikt
Jugendamt zeigt Trennungsvater an
Die Behörde fühlte sich von Günter Mühlbauer öffentlich beleidigt. Das Verfahren wurde aber eingestellt.
Von Jürgen Scharf, MZ
28. April 2010 17:36 Uhr
REGENSBURG.Dem Regensburger Günter Mühlbauer ist vom Familiengericht der
persönliche Kontakt mit seinen Kindern verboten worden – zu Unrecht, wie er
sagt. Gegen das „Fehlurteil“, wie er es bezeichnet, protestiert er seit vielen
Jahren lautstark. Dem Regensburger Jugendamt ging das zu weit. Die Behörde
zeigte Mühlbauer wegen Beleidigung an.
Günter Tischler, Leiter des
Regensburger Jugendamts, weiß, dass es seine Behörde nicht jedem Recht machen
kann: „Natürlich. Und wir hören uns sowieso einiges an, weil wir auch die
schwierigen persönlichen Situationen anerkennen.“ Mühlbauer habe das Jugendamt
laut Tischler ebenfalls lange zugehört: „Wir haben seit vielen Jahren mit ihm zu
tun, aber jetzt wurde es einfach mal zu viel.“ Mühlbauer habe einer
Mitarbeiterin des Jugendamts öffentlich „diskriminierendes Verhalten“
unterstellt. Dabei habe er auch die E-Mail-Adresse der Frau ins Internet
gestellt, die Mitarbeiterin habe daraufhin etliche E-Mails erhalten. In einer –
die nicht von Mühlbauer kam – seien bösartige Drohungen zu lesen gewesen.
Tischler stellte wegen der E-Mail Anzeige gegen unbekannt und gegen Mühlbauer
wegen Beleidigung.
Das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft nun eingestellt. Begründung: Mühlbauer habe sich im Rahmen des Rechts auf freie Meinungsäußerung bewegt. Tischler ist enttäuscht: „Ich kann nicht verstehen, warum solche Fälle bei der Strafverfolgung nicht auf offene Ohren stoßen.“
Kommentar Väternotruf:
Das hätte Jugendamtsleiter Günter Tischer wissen müssen, dass Deutschland nicht die Türkei ist, wo man Bürger/innen wegen unliebsamer Äußerungen durch die Gerichte aburteilen lässt. Ein Blick in das Grundgesetz und die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht hätte dafür gereicht. Manche Leute haben aber leider nur eine Bibel im Regal stehen: Auge um Auge, Zahn um Zahn.
Nur leben wir nicht mehr zu Zeiten Jesus Christus, das sollte sich doch auch in Regensburg rumgesprochen haben.
Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -
Pressemitteilung Nr. 43/2010 vom 29. Juni 2010
Beschluss vom 8. Juni 2010 – 1 BvR 1745/06 –
Bundesverfassungsgericht hebt gerichtliche Untersagung einer Protestaktion gegen Schwangerschaftsabbrüche auf
Der Beschwerdeführer hält aus religiöser Überzeugung Abtreibungen für verwerflich. Er pflegt Protestaktionen gegen Frauenärzte zu veranstalten, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, indem er sich in der Nähe der jeweiligen Arztpraxis auf der Straße aufstellt, um durch Plakate und Flugblätter auf seine Haltung zur Abtreibungsfrage aufmerksam zu machen. Hierbei spricht er auch Passanten und Passantinnen, insbesondere solche, die er für mögliche Patientinnen des Frauenarztes hält, an und versucht sie zu einer Überprüfung ihrer Haltung zur Frage der Abtreibung zu bewegen. Mehrere dieser Aktionen waren bereits Gegenstand von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (vgl. nur BVerfGK 8, 89).
Im vorliegenden Fall hatte sich der Beschwerdeführer an zwei Tagen vor der Praxis eines Münchener Frauenarztes aufgestellt, der nach den Feststellungen der Gerichte seinerzeit im Rahmen seiner Berufsausübung Schwangerschaftsabbrüche vornahm und hierauf auch im Internet hinwies.
Dabei verteilte der Beschwerdeführer Flugblätter, auf denen angegeben war, der Arzt führe „rechtswidrige Abtreibungen durch, die aber der deutsche Gesetzgeber erlaubt und nicht unter Strafe stellt“. Auch im Internet machte der Beschwerdeführer auf einer von ihm betriebenen Homepage den Arzt als Abtreibungsmediziner namhaft.
Dieser nahm den Beschwerdeführer daraufhin zivilrechtlich auf Unterlassung in Anspruch. Das Landgericht München I gab der Klage statt und verurteilte den Beschwerdeführer, es zu unterlassen, öffentlich darauf hinzuweisen, dass der namentlich oder in anderer Weise identifizierbar bezeichnete Kläger Abtreibungen vornehme oder dass in seiner Praxis Abtreibungen vorgenommen würden, und des Weiteren es zu unterlassen, Patientinnen des Klägers oder Passanten in einem Umkreis von einem Kilometer zu dessen jeweiligen Praxisräumen anzusprechen und wörtlich oder sinngemäß auf in der Praxis vorgenommene Abtreibungen hinzuweisen. Mit seinen Demonstrationen habe der Beschwerdeführer rechtswidrig in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eingegriffen mit der Folge, dass diesem der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB zustehe. Das Oberlandesgericht München wies die hiergegen gerichtete Berufung des Beschwerdeführers zurück.
Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung angenommen und die Entscheidungen der Zivilgerichte aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Die dem Beschwerdeführer untersagten Äußerungen sind wahre Tatsachenbehauptungen, die den Kläger weder in seiner besonders geschützten Intim- noch in seiner Privatsphäre treffen, sondern lediglich Vorgänge aus seiner Sozialsphäre benennen. Derartige Äußerungen müssen grundsätzlich hingenommen werden und überschreiten regelmäßig erst dann die Schwelle zur Persönlichkeitsrechtsverletzung, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden befürchten lassen, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Eine derart schwerwiegende Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers zeigen die angegriffenen Entscheidungen aber nicht in verfassungsrechtlich tragfähiger Weise auf.
Namentlich lassen sie nicht erkennen, dass dem Kläger ein umfassender Verlust an sozialer Achtung drohe, wenn seine Bereitschaft zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen zum Gegenstand einer öffentlichen Erörterung gemacht wird. Hiergegen spricht, dass ihm nicht etwa eine strafrechtlich relevante oder auch nur überhaupt gesetzlich verbotene, sondern lediglich eine aus Sicht des Beschwerdeführers moralisch verwerfliche Tätigkeit vorgehalten wurde, auf die zudem der Kläger selbst ebenfalls öffentlich hinwies.
Darüber hinaus haben die Gerichte auch nicht hinreichend gewürdigt, dass der Beschwerdeführer mit dem Thema der Schwangerschaftsabbrüche einen Gegenstand von wesentlichem öffentlichem Interesse angesprochen hat, was das Gewicht seines in die Abwägung einzustellenden Äußerungsinteresses vergrößert.
Soweit die Gerichte ergänzend auf die Auswirkungen verwiesen haben, die die streitgegenständlichen Äußerungen auf das Arzt-Patienten-Verhältnis entfalten, können diese Erwägungen die angegriffenen Entscheidungen im vorliegenden Fall verfassungsrechtlich gleichfalls nicht tragen.
Allerdings ist die Erwägung, dass die Patientinnen, deren Weg in die Arztpraxis am Standort des Beschwerdeführers vorbeiführt, sich durch dessen Aktionen gleichsam einem Spießrutenlauf ausgesetzt sehen könnten, ein gewichtiger Gesichtspunkt. Vor dem Hintergrund, dass Art. 5 Abs. 1 GG zwar das Äußern von Meinungen schützt, nicht aber Tätigkeiten, mit denen anderen eine Meinung - mit nötigenden Mitteln - aufgedrängt werden soll, ist es nicht ausgeschlossen, auf diesen Gesichtspunkt und die damit verbundene Einmischung in die rechtlich besonders geschützte Vertrauensbeziehung zwischen Arzt und Patientin im Einzelfall ein verfassungsrechtlich tragfähiges Verbot von bestimmten Formen von Protestaktionen zu stützen. Dies rechtfertigt aber jedenfalls nicht ein so umfassendes Verbot, wie es hier in Frage steht. Auf mögliche, das Grundrecht des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 GG betreffende Belästigungen von Patientinnen lässt sich weder die Untersagung stützen, in einem Umkreis von einem Kilometer Luftlinie von der Praxis des Klägers - ohne Rücksicht darauf, ob es sich um einen Standort handelt, den Patientinnen des Klägers auf dem Weg zur Praxis passieren müssen oder nicht - auf die dort durchgeführten Schwangerschaftsabbrüche hinzuweisen noch gar dies in sonstiger Weise öffentlich zu tun.
http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg10-043.html
Komplette Entscheidung unter
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20100608_1bvr174506.html
Jürgen Grässlin
Jürgen Grässlin (* 18. September 1957 in Lörrach) ist
ein deutscher Pädagoge, Publizist und pazifistischer Friedensaktivist.[1]
Er gilt seit den 1990er Jahren als profiliertester deutscher Rüstungsgegner und veröffentlichte zahlreiche Sachbücher zur Automobil- und Rüstungsindustrie sowie zur Bundeswehr. Er ist Sprecher der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) und anderer rüstungskritischer Organisationen.
...
DaimlerChrysler versuchte erfolglos, auf das Erscheinen
von Grässlins Buch „Das Daimler-Desaster“ (2005) Einfluss zu nehmen. Das
Werk erreichte im Frühjahr 2006 den ersten Platz der deutschen Bestsellerlisten
für Wirtschaftssachbücher.
Schrempp und Daimler verklagten 2006 Grässlin auf
Unterlassung, da dieser Zetsche mit Rüstungsgeschäften auf dem grauen Markt in
Verbindung gebracht hatte. Die Klage wurde letztinstanzlich vom
Bundesgerichtshof abgewiesen.[10] Im Dezember 2006 erstattete Grässlin
seinerseits Strafanzeige gegen Schrempps Nachfolger Dieter Zetsche und andere
Daimler-Manager wegen des Verdachts der Falschaussage. Aufgrund der Anzeige
wurde gegen einen der Beschuldigten Anklage erhoben,[11] die in zweiter Instanz
mit einem Freispruch endete.[12]
...
http://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCrgen_Gr%C3%A4sslin
http://www.juergengraesslin.com/
Zum Schutz der Meinungsfreiheit bei kritischen Äußerungen
über ein Unternehmen und dessen Vorstandsvorsitzenden.
BGH, Urteil vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08 - OLG
Hamburg
LG Hamburg
Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.02.2009 – Az VI ZR 36/07
BGB §§ 823, 1004 Abs. 1; GG Art. 5 Abs. 1, Abs. 2
„1. Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, ist unter Ermittlung des vollständigen Aussagegehalts zu beurteilen.
Insbesondere muss jede Äußerung in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist und darf nicht aus dem betreffenden Kontext herausgelöst und einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden. Aus einer komplexen Äußerung dürfen nicht Sätze und Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen und als unrichtige Tatsachenbehauptungen untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem Gesamtzusammenhang in den Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird
(BGH, Urteil v. 25.03.1997 - Az. VI ZR 102/96; BGH, Urteil v. 16.11.2004 - VI ZR 298/03; BGH Urteil vom 02.12.2008 - VI ZR 219/06 = MIR 2009, Dok. 023).
2. Der Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf die Äußerungen von Tatsachen, soweit sie Dritten zu Meinungsbildung dienen können und auf solche Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens und Meinens geprägt werden (vgl. BGH, Urteil vom 05.12.2006 - Az. VI ZR 45/05 = MIR 2007, Dok. 022; BGH, Urteil vom 11.03.2008 - Az. VI ZR 189/06; BGH, Urteil vom 22.04.2008 - Az. VI ZR 83/07).
3. Ein Unternehmen, an dem und dessen Geschäftstätigkeit ein besonderes Interesse der Öffentlichkeit besteht (hier: aufgrund der Beteiligung staatlicher und kommunaler Stellen), muss auch eine möglicherweise polemische und überspitzte Kritik hinnehmen. Dies kann auch dann gelten, wenn die konkret beanstandeten Äußerungen grundsätzlich geeignet sind, das Unternehmen in seinem öffentlichen Ansehen erheblich zu beeinträchtigen und dessen geschäftliche Tätigkeit zu erschweren.“
Nach alledem ist die Klage abzuweisen
Rechtsanwalt Martin Ahrens
11.07.2011
In Sachen
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg ./. AZ 14 O 281/10
08.04.2010 10:56
heise online
Verfassungsgericht stärkt Meinungsfreiheit im Web
Im Streit um eine Veröffentlichung im Web hat das Bundesverfassungsgericht die Meinungsfreiheit gestärkt. Es erklärte die Verfassungsbeschwerde des Betreibers der Onlinezeitung nrhz.de (Neue Rheinische Zeitung) gegen ein Urteil des Landgerichts Berlin für zulässig (Az: 1 BvR 2477/08). Die Entscheidung des Landgerichts verletze den Kläger in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit, teilte das Gericht mit.
Das Berliner Urteil hatte dem Betreiber unter anderem untersagt, auf seiner Website ein Schreiben eines Anwalts zu zitieren. In dem Schreiben hatte der Anwalt auf Nachfrage untersagt, dass ein Foto von ihm in der Online-Zeitung erscheint. Außerdem hatte er mit rechtlichen Schritten gedroht, falls das Foto dennoch erscheint.
Die Landrichter sahen mit der Veröffentlichung dieses Schreibens das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Berliner Medienanwalts beeinträchtigt. Dem widersprachen die Karlsruher Verfassungsrichter vehement. Aus ihrer Sicht hat das Berliner Landgericht falsche Schwerpunkte gesetzt bei seiner Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Anwalts und der Meinungsfreiheit des Betreibers. Auf Grundlage des Beschlusses des höchsten deutschen Gerichts müssen sich die Berliner Richter nun nochmals mit dem Fall befassen. (hob)
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Verfassungsgericht-staerkt-Meinungsfreiheit-im-Web-972687.html
Lingens gegen Österreich
Urteil vom 8. Juli 1986 (Plenum)
Ausgefertigt in französischer und englischer Sprache, die gleichermaßen verbindlich
sind, veröffentlicht in Série A / Series A Nr. 103.
Beschwerde Nr. 9815/82, eingelegt am 19. April 1982; am 13. Dezember 1984 von
der Kommission und am 28. Januar 1985 von der österreichischen Regierung vor
den EGMR gebracht.
EMRK: Freiheit der Meinungsäußerung, hier: Pressefreiheit, Art. 10; gerechte
Entschädigung, Art. 50 (Art. 41 n.F., Text in EGMR-E 1, 654).
Innerstaatliches Recht: Art. 111 Abs. 3, 112 StGB, üble Nachrede und Exkulpierung
durch Wahrheitsbeweis.
Ergebnis: Verletzung von Art. 10; gerechte Entschädigung i.S.v. Art. 50 für materiellen
Schaden und Erstattung der innerstaatlichen sowie der Straßburger Verfahrenskosten
in zum Teil reduzierter Höhe zugesprochen.
Sondervotum: Eins.
Zum Verfahren:
Die Europäische Menschenrechtskommission gelangt in ihrem abschließenden
Bericht (Art. 31 EMRK) vom 11. Oktober 1984 zu dem Ergebnis, dass
eine Verletzung von Art. 10 vorliegt, s.u. S. 228, Ziff. 32.
Die beim Gerichtshof ursprünglich gebildete Kammer hat am 25. September
1985 beschlossen, den Fall nachArt. 50VerfO-EGMRan das Plenum abzugeben.
Das Internationale Presse-Institut, als Drittintervenient zugelassen, hat am
1. Oktober 1985 eine schriftliche Stellungnahme vorgelegt.
Zu der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. November 1985 sind
vor dem Gerichtshof erschienen:
für die Regierung: H. Türk, Rechtsberater, Außenministerium, als Verfahrensbevollmächtigter,
unterstützt durch: W. Okresek, Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst,
G. Felsenstein, Justizministerium, als Berater;
für die Kommission: H.G. Schermers als Delegierter;
für den Beschwerdeführer: Rechtsanwalt W. Masser sowie der Bf. P.M. Lingens
selbst.
Sachverhalt: (Zusammenfassung)
[8.] Der Beschwerdeführer (Bf.) Peter Michael Lingens, ein 1931 geborener
österreichischer Staatsbürger, ist Journalist und Chefredakteur der Wochenzeitschrift
„Profil“.
...
41. In diesem Zusammenhang ruft der Gerichtshof in Erinnerung, dass die
Freiheit der Meinungsäußerung gemäß Art. 10 Abs. 1 einen der Grundpfeiler
einer demokratischen Gesellschaft darstellt, eine der Grundvoraussetzungen
für ihren Fortschritt und für die Entfaltung eines jeden Einzelnen. Unter den
Einschränkungen des Abs. 2 gilt dieses Grundrecht nicht nur für „Informationen“
oder „Ideen“, die ein positives Echo haben oder die als unschädlich oder
unwichtig angesehen werden, sondern auch für solche, die verletzen, schockieren
oder beunruhigen. Das ergibt sich aus den Erfordernissen des Pluralismus,
der Toleranz und der Aufgeschlossenheit, ohne die eine „demokratische
Gesellschaft“ nicht bestehen kann (vgl. das vorzitierte Urteil Handyside,
a.a.O., S. 23, Ziff. 49, EGMR-E 1, 223).
Diese Grundsätze sind von besonderer Bedeutung im Bereich der Presse.
Obwohl auch die Presse die Grenzen nicht überschreiten darf, die u.a. zum
„Schutz des guten Rufs anderer“ gezogen werden, ist es dennoch ihre Aufgabe,
Informationen und Ideen über politische Fragen sowie über andere Fragen
von öffentlichem Interesse zu verbreiten. Nicht nur hat die Presse die
Aufgabe der Verbreitung solcher Informationen und Ideen, zugleich hat die
Öffentlichkeit ein Recht, sie zu empfangen (s. sinngemäß Sunday Times, Série
A Nr. 30, S. 40, Ziff. 65, EGMR-E 1, 378). In diesem Zusammenhang kann
der Gerichtshof die vom Oberlandesgericht Wien zum Ausdruck gebrachte
Auffassung nicht teilen, wonach der Presse lediglich eine Informationsaufgabe
zukommt, während die Beurteilung und Wertung des mitgeteilten Sachverhalts
in erster Linie den Lesern überlassen ist (s.o. Ziff. 29).
42. Die Pressefreiheit stellt übrigens für die Öffentlichkeit eines der besten
Mittel dar, um die Ideen und Einstellungen der führenden Politiker zu erfahren
und sich darüber eine Meinung zu bilden. Allgemein gehört die Freiheit der politischen
Diskussion geradezu zum Kernbereich des Begriffs einer demokratischen
Gesellschaft, wie er in der Konvention durchgehend verstanden wird.
Die Grenzen der zulässigen Kritik sind bei Politikern daher weiter gezogen
als bei Privatpersonen. Anders als diese setzen sich die Politiker unvermeidlich
und wissentlich der eingehenden Kontrolle aller ihrer Worte und Taten
durch die Presse und die allgemeine Öffentlichkeit aus und müssen daher
ein größeres Maß an Toleranz zeigen. Zwar erlaubt Art. 10 Abs. 2 den Schutz
des guten Rufs anderer, d.h. aller Personen, und dieser Schutz erstreckt sich
auch auf Politiker, sogar wenn sie nicht in privater Eigenschaft auftreten. Jedoch
muss in solchen Fällen der Schutzzweck gegen das Interesse an einer
freien Diskussion politischer Fragen abgewogen werden.
43. Der Bf. wurde verurteilt, weil er in Bezug auf den damaligen Bundeskanzler
Dr. Kreisky in zwei Artikeln der Wiener Wochenzeitschrift „Profil“ vom 14.
und 21. Oktober 1975 bestimmte Formulierungen gebraucht hatte, nämlich
„übelster Opportunismus“, „unmoralisch“ und „würdelos“. Die Artikel behandelten
politische Fragen von öffentlichem Interesse in Österreich, die zu zahlreichen
Diskussionen über die Einstellung der Österreicher im Allgemeinen und
des Bundeskanzlers im Besonderen zum Nationalsozialismus und zur Teilnahme
früherer Nazis an der Regierungsmacht geführt hatten. Inhalt und Ton der Artikel
waren insgesamt verhältnismäßig ausgewogen. Dennoch waren vor allem die
erwähnten Formulierungen geeignet, dem guten Ruf Dr. Kreiskys zu schaden.
Da die Kritik jedoch Dr. Kreisky in seiner Eigenschaft als Politiker betraf,
müssen auch die Umstände berücksichtigt werden, unter denen diese Artikel
geschrieben wurden. Sie waren kurz nach den Parlamentswahlen vom Oktober
1975 erschienen. Viele Österreicher hatten vor diesen Wahlen geglaubt,
dass die Partei Dr. Kreiskys die absolute Mehrheit verlieren würde und zur
Erhaltung der Regierungsfähigkeit eine Koalition mit der Partei [FPÖ] des
Friedrich Peter bilden müsse. Als nach den Wahlen Simon Wiesenthal eine
Reihe von Enthüllungen über Peters nationalsozialistische Vergangenheit
machte, trat der Bundeskanzler für Friedrich Peter ein und attackierte seinerseits
den Angreifer, dessen Tätigkeiten er als „Mafia-Methoden“ beschrieb,
was wiederum die scharfe Reaktion des Bf. auslöste.
Die inkriminierten Formulierungen müssen daher vor dem Hintergrund einer
politischen Kontroverse nach den Wahlen gesehen werden. Wie das LandesgerichtWien
in seinemUrteil vom26.März 1979 (s.o. Ziff. 24) ausführte, verwendeten
in dieserAuseinandersetzung beide Seiten die ihnen zur Verfügung stehendenMittel,
die im hitzigen politischen Kampf keineswegs unüblich waren.
Bei der Beurteilung der dem Bf. auferlegten Strafe und der hierfür von den
nationalen Gerichten gegebenen Begründung im Lichte der Konvention dürfen
diese Umstände nicht übersehen werden.
44. Mit der letztinstanzlichen Entscheidung verurteilte das Oberlandesgericht
Wien den Bf. zu einer Geldstrafe und ordnete zugleich den Verfall
der betreffenden Ausgaben von „Profil“ sowie die Veröffentlichung des Urteils
an (s.o. Ziff. 21, 26, 27, 30).
Wie die Regierung ausführt, hatten die inkriminierten Artikel zu diesem
Zeitpunkt bereits eine weite Verbreitung erlangt, so dass die verhängte Strafe
den Bf. eigentlich nicht daran hinderte, seine Meinung zum Ausdruck zu bringen.
Dennoch stellte sie eine Art Zensur dar, die geeignet war, ihn von der
Äußerung ähnlicher Kritik in der Zukunft abzuhalten. Darauf hat der Delegierte
der Kommission zu Recht hingewiesen. Eine derartige Verurteilung
konnte Journalisten abschrecken, sich im Rahmen der politischen Diskussion
an der öffentlichen Erörterung von Fragen zu beteiligen, die das Leben der
Gemeinschaft betreffen. Gleichzeitig konnte eine derartige Sanktion die
Presse in ihren Aufgaben der Informationsvermittlung und Ausübung öffentlicher
Kontrolle („public watchdog“) behindern (s. sinngemäß Barthold, Série
A Nr. 90, S. 26, Ziff. 58, EGMR-E 3, 31 f.).
...
Ethik und Journalismus | 27.05.2009 23:00 Uhr
Journalistenfrust - Gerichtsurteile behindern Berichterstattung
Hamburg. Sehr attraktive Stadt: Schiffe, Hafen, Elbe. Aber nicht nur bei Touristen ist die Hansestadt beliebt, sondern auch bei Medienanwälten und ihren Promis. Die allerdings kommen weniger wegen des maritimen Flairs, als mehr wegen der Hamburger Richter. Anders als bei anderen Verfahren, kann man sich beim Presserecht den Gerichtsstandort nämlich ziemlich frei auswählen. Egal, ob der Kläger in München, Essen oder Leipzig sitzt, meistens kann er sein Recht geltend machen, wo er möchte. Naja, und wenn man gegen die Presse gewinnen will, versucht man es eben gerne in Hamburg. Oder – auch ein Geheimtipp Berlin.
Landgericht Hamburg - Sitzungssaal 335. Jede Woche, immer freitags, treffen sich hier Medienanwälte aus ganz Deutschland im Auftrag ihrer Mandanten. Auch Rolf Schälike ist jede Woche hier. Immer wieder stellt er fest, dass viele Kläger und Angeklagte überall wohnen, nur nicht in Hamburg. Rolf Schälike, Gerichtsbeobachter: „Der Klambt-Verlag sitzt nicht in Hamburg, die Kölnische Zeitung sitzt auch nicht in Hamburg, die Morgenpost ist wohl hier. Leipziger Verlags- und Druckereihaus sitzt auch in Dresden oder in Leipzig. Der Bayerische Rundfunk. Also sie sitzen alle nicht hier.“ Dass soviele ortsfremde Medien hier in Hamburg verklagt werden, ist kein Zufall. Die Kläger, häufig Prominente, erhoffen sich hier günstige Urteile. Und deshalb klagen sie gegen die Medien hier in Hamburg. Spyros Aroukatos, Anwalt für Medienrecht: „Ich kann sagen aus meiner Erfahrung: Die entscheiden pressefeindlicher und anspruchstellerfreundlicher als Gerichte am Sitz vieler Redaktionen, die ich vertrete. Das kann man so sagen.“ Stefan Niggemeier, Medienjournalist: „Es findet bei dieser Abwägung Meinungsfreiheit auf der einen Seite und Persönlichkeitsrechte auf der anderen, entscheiden die Hamburger Richter eigentlich fast immer zugunsten des Persönlichkeitsrechts und nicht der Meinungsfreiheit.“
Bessere Chancen?
Und deshalb haben auch sie Schutz vor den Medien bei der Hamburger Pressekammer gesucht. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder wehrte sich gegen die Nachrichtenagentur ddp. Die hatte berichtet, dass Schröder sich die Haare färben ließe. Weder Schröder noch ddp kommen aus Hamburg. Joschka Fischer verklagte die „Die Welt“. Die Zeitung hatte mit seinem Foto Werbung gemacht. Auch Joschka Fischer und die „Die Welt“ haben mit Hamburg nichts zu tun. Caroline von Monaco setzte sich gegen die „Bunte“ durch, weil das Blatt erfundene Geschichten über die Prinzessin gedruckt hatte. Und wieder: Kläger und Beklagte sind keine Hamburger. Jan Hegemann, Anwalt für Medienrecht: „Naja, Sie können zum Beispiel in Hamburg sehen, dass die gesamten Yellow-Press-Verfahren eines Unternehmens, das in Offenburg seinen Hauptsitz hat, mit Klägerinnen und Klägern, von denen allenfalls zufällig und eher selten jemand aus Hamburg kommt, trotzdem alles in Hamburg verhandelt wird.“ René Martens, Medienjournalist: „Da kann man natürlich schon vermuten, dass es diese Wahl des Gerichtsstandes damit zu tun hat, dass sie sich hier bessere Chancen erhoffen. Also wenn es gegen einen verlag aus dem süddeutschen Raum geht, warum klagt dann jemand, der in München lebt, z.B. hier in Hamburg. “
Das ist nur möglich wegen einer Sonderregelung: Dem sogenannten fliegenden Gerichtsstand. Er erlaubt den Klägern freie Auswahl des Gerichts, wenn sie sich gegen vermeintliche oder auch tatsächliche Persönlichkeitsverletzungen zur Wehr setzen wollen. Spyros Aroukatos, Anwalt für Medienrecht: „Durch den fliegenden Gerichtsstand kann der Kläger zu jedem Gericht gehen, wo theoretisch eine Sendung oder eine Zeitung erreichbar gewesen ist. ? Jan Hegemann, Anwalt für Medienrecht: „Das hat die Konsequenz, dass der Kläger sich aussuchen kann, den Richter, von dem er weiß oder aufgrund bekannter Rechsprechung annehmen darf, dass der seinem Begehren günstig gesinnt sein wird.“ Und deshalb strömen viele hierher, zum Hamburger Landgericht. Nur noch eine andere Pressekammer in Deutschland ist bei Klägern ebenso beliebt: das Landgericht in Berlin. Johannes Weberling, Professor für Medienrecht: „Ich denke, dass die Grundaussage, dass Hamburg und Berlin betroffenenfreundlicher entscheiden als andere Gerichte, sicherlich zutrifft.“ Spyros Aroukatos, Anwalt für Medienrecht: „Die Folge ist ganz klar eine Einschränkung der Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit. Also, das kann man meine ich auch so sagen, und deswegen muss hier entgegengewirkt werden.“
Bei Klägern beliebt
Beispiel: Burda-Verlag. Der produziert Titel wie „Focus“, „Bunte“ oder „Freundin“. Burdas Hauptsitz ist Offenburg. Trotzdem: In mehr als 80 Prozent aller Fälle wird der Verlag in Hamburg und Berlin verklagt. Dabei kommen fast alle der beklagten Titel aus Süddeutschland. Wie Burda geht es vielen Verlagen. Mit absurden Folgen. Spyros Aroukatos, Anwalt für Medienrecht: „Jetzt reisen auf beiden Seiten Zeugen, Anwälte und so weiter und so fort, beide in meinem Fall aus Dresden, beide reisen nach Hamburg und führen dort Prozesse. Es entscheidet ein Gericht 500 Kilometer weit weg, dem man erst mal erklären musste, wer ist der Anspruchsteller und wer ist die Zeitung?“ René Martens, Medienjournalist: „Man kann schon sagen, dass der fliegende Gerichtsstand missbraucht wird, oft genug. Von Anwälten, die sehr genau wissen, welche Gerichte Entscheidungen fällen, die in ihrem Sinne sind. Und das kann ja nicht im Sinne des Gesetzgebers sein.“ Doch die Zahlen sprechen für sich. Die Pressekammern in Hamburg und Berlin sind bei Klägern beliebt. Sie haben in den vergangenen Jahren jeweils mehr als 1000 Fälle verhandelt. 6 mal soviel wie die Pressekammern in den Medienmetropolen Köln oder München.
Absurde Situation
Auch sie zog es nach Hamburg. Maja von Hohenzollern. Sie liebt Kameras und den großen Auftritt. Mit Medien hat die Prinzessin also eigentlich kein Problem. Als sich aber die „Dresdner Morgenpost“ einer Strafanzeige ihres Ex-Mannes annahm, wurde die „Schöne Prinzessin“ („Dresdner Morgenpost“ vom 27.01.2007) ungehalten. Vor dem Dresdner Landgericht versuchte sie den Artikel über den Betrugsverdacht zu verhindern und scheiterte. Weil der identische Bericht gleichzeitig im Online-Angebot der „Dresdner Morgenpost“ zu lesen war, klagte Maja von Hohenzollern erneut. Dieses Mal vor dem Hamburger Landgericht. Und hier bekam sie Recht. Nicht nur für Medienrechtler eine absurde Situation. Spyros Aroukatos, Anwalt für Medienrecht: „Jetzt haben Sie zwei Entscheidungen von zwei Gerichten in derselben Sache. Einmal Print, einmal Online und gegenteilige Entscheidungen. Der Zeitungsbericht darf weiter verbreitet werden, der Onlinebericht darf nicht verbreitet werden. Was war jetzt recht? Was war Unrecht? Tja, drüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Aber das ist nicht das, was man Rechtssicherheit nennt.“
Im Zweifel gegen die Meinungsfreiheit
Auch viele Blogger werden häufig in Hamburg verklagt. So auch Stefan Niggemeier. Das Landgericht Hamburg hatte entschieden, dass er auch für die Leser-Kommentare auf seiner Homepage verantwortlich sei. Stefan Niggemeier Freier Medienjournalist: „Das Problem ist, dass die Hamburger Richter wirklich im Zweifelsfall gegen die Meinungsfreiheit entscheiden. Also, dass im Grunde die Richter anscheinend der Meinung sind, es ist viel schlimmer, wenn irgendwo für eine Stunde oder für ein paar Stunden etwas Unzulässiges stand. Und das muss man um jeden Preis verhindern, auch wenn das bedeutet, dass im Grunde eine öffentliche Debatte gar nicht stattfinden kann.“ Und deshalb stehen jetzt immer häufiger solche Sätze in seinem Blog: “Kurze Unterbrechung. Ich bin ein paar Tage unterwegs und kann die Kommentare nicht kontrollieren.“ Auch viele Zeitungen mussten nach dem Hamburger Urteil ihre Online-Angebote einschränken. Stefan Niggemeier, Medienjournalist: „Wenn jeder Kommentar erst freigeschaltet werden muss, was sich dann auch mal ein paar Stunden verzögert, weil jemand mal nicht am Rechner sitzt oder so, kommt, glaube ich, so eine Diskussion nicht zustande. Also, man schafft es vielleicht, heikle Äußerungen zu verhindern, aber im Zweifel verhindert man dadurch auch die ganze Diskussionen.“
Grottenfalsche Interpretationen
Stasi-Spitzel oder IM – inoffizieller Mitarbeiter: Dass jemand Gregor Gysi so nennt, dagegen wehrt sich der Linkspolitiker mit aller Macht. Auch vor Gericht. Natürlich in Hamburg. Jan Hegemann, Anwalt für Medienrecht: „An den Hamburger Gerichten, Land- und Oberlandesgericht, hat sich eine Auffassung zum Beweiswert der Unterlagen, die die Stasi hinterlassen hat, herausgebildet, die für diejenigen, die unter Stasiverdacht stehen, ziemlich günstig ist.“ Johannes Weberling, Professor für Medienrecht: „Fälle, die mit der Namensnennung von Stasi-Tätern oder SED-Tätern zu tun haben, werden gerne in Hamburg und Berlin verhandelt, weil diese Gerichte eine sehr, sehr eigenwillige, ich will nicht sagen, grottenfalsche Interpretationen der Beschlüsse, des Bundesverfassungsgerichts, zu diesem Thema haben.“
Pressespektakel
Der fliegende Gerichtsstand macht auch dies möglich: Wer klagefreudig ist, kann gleich mehrere Gerichte bemühen. Gleichzeitig. Dieses Erlebnis hatte auch die ARD-Sendung „Plusminus“. Der Finanzdienstleister AWD sowie zwei leitende Mitarbeiter hatten gegen einen Bericht geklagt und insgesamt 19 Unterlassungserklärungen eingefordert. An 8 Gerichten. Jan Hegemann, Anwalt für Medienrecht: „Der fliegende Gerichtsstand erlaubt es Ihnen, z.B. einstweilige Verfügungen an sechs oder sieben oder zehn Landgerichten gleichzeitig anhängig zu machen. In der Hoffnung irgendeine der Kammern wird schon die Auslegung finden, die im Sinne meines Antrages ist, und dann wird die Verfügung erlassen. Auch wenn sie an 5 anderen Kammern nicht erlassen wird.“ Eine absurde Situation. Und deshalb fordern jetzt manche Medienexperten und Politiker ein Ende dieser Sonderregelungen. Denn die Urteile aus Hamburg und Berlin zeigen Wirkung. Spyros Aroukatos, Anwalt für Medienrecht: „Es darf kein Journalist eine Hamburger Schere oder Berliner Schere im Hinterkopf haben und davon ausgehen müssen: Ja, bei Dir zu Hause darfst Du das sagen, darfst Du das schreiben, aber wenn auch nur ein Exemplar dieser Zeitung nach Hamburg geht, wenn auch nur ein einziger Internetleser das abruft in Hamburg, dann ist es verboten.“ Doch vorläufig geht das Pressespektakel weiter. Immer am Freitag. Beim Hamburger Landgericht. Im Zimmer 335.
Übrigens: Welch Überraschung – weder die Hamburger noch die Berliner Pressekammer wollten hierzu Stellung nehmen.
Autorin/Autor: Gita Datta und Josy Wübben
http://www3.ndr.de/sendungen/zapp/archiv/ethik_journalismus/gerichte100.html
07.12.2009
Körting kritisiert linksextreme Gewalt
"Rotlackierte Faschisten"
Innensenator Körting (SPD) wirft Teilen der linksextremen Szene faschistisches Verhalten vor. CDU und SPD fordern Distanz zum schwarzen Block.
VON GEREON ASMUTH
Auch brennende Autos haben die Debatte über linksextreme Gewalt entfacht. Foto: ap, Gero Breloer
Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat linksextreme Täter mit Faschisten verglichen. Er erinnerte an den ersten Nachkriegsvorsitzenden der SPD Kurt Schumacher, der Kommunisten "rotlackierte Faschisten" genannt hatte. "Das trifft auch auf Teile der linksextremen Szene zu", sagte Körting am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses mit Bezug auf jüngste Anschläge in Berlin und Hamburg.
In der Nacht zu Freitag waren nahezu zeitgleich ein Gebäude des Bundeskriminalamtes (BKA) in Treptow, sowie eine Polizeiwache in Hamburg angegriffen worden (taz berichtete). Das BKA war mit Molotow-Cocktails, Steinen und Farbflaschen beworfen worden. Obwohl die Brandsätze zündeten, entstand hier nur geringer Sachschaden. In Hamburg war ein Streifenwagen in Brand gesetzt worden. Beamte wurden offenbar durch Hilferufe auf die Straße gelockt und dort mit Steinen angegriffen. Trotz der zeitlichen Parallele gebe es keine Erkenntnisse, dass beide Anschläge gemeinsam geplant worden seien, so Körting. Es gebe keine bundesweite Kooperation linksextremistischer Gruppen. "Die gibt es nicht einmal in Berlin".
Der Ausschuss hatte auf Antrag der CDU über Auswirkungen der kürzlich vorgestellten Studie "Linke Gewalt in Berlin" diskutiert. "Der erste Tote wird nicht mehr lange auf sich warten lassen", meinte Andreas Gram (CDU). Deshalb müssten nun alle Demokraten zusammenstehen. Es sei weder akzeptabel, dass Grüne die Erstürmung des Tempelhofer Feldes als zivilen Ungehorsam bezeichnet hätten, noch dass Evrim Baba (Linke) die Silvio-Meier-Demonstration anmelde, die sich gegen Nazis, Staat und Kapital wende. Auch Tom Schreiber (SPD) forderte, es dürfe keine Demonstration aus der Zivilgesellschaft mit dem schwarzen Block geben. "Da muss es eine klare Trennung geben".
Körting selbst warnte zwar davor, "permanent den Teufel an die Wand zu malen." Er erneuerte jedoch seine Forderung, dass linksextreme genauso wie rechtsextreme Gewalt geächtet werden müsse. "Das wird bisher nicht ernst genug genommen", meinte der Senator, "auch ein Teil der Presse verniedlicht das". Benedikt Lux (Grüne) und Marion Seelig (Linke) hingegen kritisierten, die Studie werde missbraucht, um mit den Ängsten der Bevölkerung zu spielen.
Ein Vorfall, bei dem in der Nacht zu Sonntag in Friedrichshain ein Zivilpolizist einem Mann ins Bein geschossen hat, scheint indes nur indirekt mit linker Gewalt zu tun zu haben. Laut Polizeipräsident Dieter Glietsch hätten Beamte auf der Suche nach potenziellen Brandstiftern Verdächtige am Forckenbeckplatz gesehen. Zur Beobachtung sei ein Zivilbeamter in ein Gebüsch gegangen. Dort sei er von fünf jungen Männern in Raubabsicht angegriffen worden. Sie hätten weder gewusst, dass es sich bei ihrem Opfer um einen Polizisten handele, noch seien sie bisher mit politisch motivierten Straftaten aufgefallen.
http://www.taz.de/regional/berlin/aktuell/artikel/1/rotlackierte-faschisten/
Kommentar Väternotruf:
Der eine oder andere deutsche Richter mag es gar nicht, wenn jemand in guter Absicht einen anderen als Faschisten bezeichnet. Da hört die richterliche Pseudotoleranz auf und es beginnt der richterliche Totalitarismus, der vor einem Verbot der Meinungsfreiheit nicht zurückschreckt. Wer einen anderen mit Faschist bezeichnet, wird bestraft. Das trifft selbstredend nicht auf Herrn Körting zu, denn der ist Innsenator von Berlin und steht als solcher quasi außerhalb der üblichen Rechtsordnung. Deshalb darf Herr Körting auch von "Teilen der linksextremen Szene" als "rotlackierte Faschisten" sprechen. Nun, wir gestatten es ihm, fordern ihn aber auf, uns das gleiche Recht zuzugestehen und sich notfalls mit seiner ganzen Autorität dafür einzusetzen, dass die weit verbreitete Kriminalisierung Andersdenkender, die sich erlauben, ihre Meinung zu äußern, durch deutsche Gerichte endlich konsequent unterbunden wird.
03. Juli 2009 - Pressemitteilung 04/09
Gegen Menschenverachtung Widerstand geleistet
Vertreter der Bamberger Justizbehörden und der Rechtsanwaltschaft sowie zahlreiche Gäste fanden sich am Freitag, 03.07.2009, zu einer Feierstunde im Justizgebäude am Wilhelmsplatz ein, um des 65. Todestages des von den Nationalsozialisten ermordeten Rechtsanwalts Hans Wölfel zu gedenken. In seiner Begrüßung hob OLG-Präsident Michael Meisenberg hervor, wie wichtig es sei, angesichts zahlreicher sich in aller Welt breit machender Diktaturen immer wieder aufs Neue an mutige Persönlichkeiten zu erinnern, die gegen Diktatur und Menschenverachtung Widerstand geleistet haben.
Stellvertretend für die Bamberger Anwaltschaft ging der Vorsitzende des Anwaltsvereins Bamberg, Rechtsanwalt Hans-Jörg Lemke, in einer kurzen Ansprache auf das Schicksal von Hans Wölfel ein und würdigte dessen Lebensleistung.
Im Haupttreppenhaus des Justizgebäudes ist zu Ehren von Hans Wölfel eine Gedenktafel angebracht.
gez.
Truppei
Richter am Oberlandesgericht
Leiter der Justizpressestelle
http://www.justiz.bayern.de/gericht/olg/ba/presse/archiv/2009/02115/index.php
Kommentar Väternotruf:
Wozu in die Ferne schweifen, sieh, das üble liegt so nah. Schwere Menschenrechtsverletzung gibt es nicht nur in fernen Diktaturen, sondern auch in Deutschland, verübt von der Bundesregierung, dem deutschen Bundestag und diversen deutschen Gerichten, die wir hier nicht nennen, da wir sonst Strafverfolgungen seitens der ach so demokratischen Staatsgewalt befürchten müssen. Ja wir dürfen in diesem Land noch nicht einmal sagen, dass Richterinnen und Richter am Bundesgerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht mit ihrer "Rechtsprechung" die Menschenrechte verletzen, wollen wir nicht riskieren, dass uns übereifrige deutsche Staatsanwälte in der Tradition der Nationalsozialisten die freie Rede verbieten,
Konkret geht es um die seit 1949 bis heute anhaltende sorgerechtliche Diskriminierung nichtverheirateter Väter und ihrer Kinder nach dem verfassungswidrigen BGB Schandparagraphen 1626a, bis 1998 konnten den nichtverheirateten Vätern in Deutschland sogar die eigenen Kinder wegadoptiert werden. Hunderttausende Väter haben seit 1949 bis heute auf Grund der staatlichen Unrechtspraxis den Kontakt zu ihren Kinder verloren. Pfui Deibel Deutschland.
"Junge Freiheit" unterliegt mit Anträgen auf einstweilige Verfügung
Der in Berlin ansässige Verlag "Junge Freiheit" ist damit gescheitert, gegen die Veröffentlichung einer Äußerung eines Staatssekretärs im Bundesjustizministerium vorzugehen. Dieser hatte in einer Rede während einer Preisverleihung an die Gewinner eines von der Bundesregierung ausgeschriebenen Wettbewerbs "Aktive Demokratie und Toleranz 2007" erklärt: "Die Junge Freiheit werde von der Jungendorganisation der NPD gelenkt".
Die Antragsgegnerin - ein christlicher Verlag - hatte diese Äußerung im April 2008 im Rahmen einer Meldung über die Preisverleihung zitiert. Wegen dieser Veröffentlichung beantragte die "Junge Freiheit" in zwei einstweiligen Verfügungsverfahren die Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie den Abdruck einer Gegendarstellung. Vor dem Landgericht Frankfurt am Main erhielt sie hinsichtlich der Gegendarstellung Recht, verlor aber bezüglich der geltend gemachten Unterlassungserklärung.
Mit zwei Urteilen vom heutigen Tage wies das Oberlandesgericht die Anträge der "Jungen Freiheit" insgesamt zurück und änderte damit die Entscheidungen des Landgerichts teilweise ab.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts besteht weder ein Anspruch auf Gegendarstellung noch auf Abgabe einer Unterlassungserklärung. Bei der Äußerung des Staatssekretärs handele es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine Meinungsäußerung, die durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützt sei und gegen die deshalb grundsätzlich kein Rechtsschutz bestehe.
Die beiden Entscheidungen sind rechtskräftig und können in Kürze im Volltext unter www.rechtsprechung.hessen.de abgerufen werden.
OLG Frankfurt am Main, Urteile vom 26.2.2009, Aktenzeichen 16 U 152/08 und 16 U 170/08
Pressesprecher RiOLG Ingo Nöhre
26.02.2009
OLG Hamm - Meinungsfreiheit kontra Forenhaftung
Das Oberlandesgericht Hamm zeigt sich in einem aktuellen Urteil tolerant bei der Frage, inwieweit der Forenbetreiber für Inhalte seines Forums haftet, von denen die anspruchstellende Partei meinte, es handele sich um eine Aufforderung, Straftaten zu begehen (Urteil vom 03.05.2009, Az.: 3 U 9/09).
Klägerin ist eine Modefirma, die unter anderem Artikel vertreibt, in denen Pelze verarbeitet sind. Der Beklagte betreibt ein Forum der Tierrechtsbewegung, in dem er über die diversen Aktionen in der gesamten Szene der Tierrechtsbewegung berichtet und sich grundsätzlich zum Kampf für Tierrechte bekennt. Thema im Forum war auch die Klägerin, die in einer Anti-Pelz-Kampagne angegangen wird. Der Beklagte veröffentlichte zumindest in der Vergangenheit im Forum Termine zu teilweise strafrechtlich relevanten Aktionen; er unterstützt auch so genannte autonome Tierrechtler, etwa durch die Übernahme von Rechtshilfekosten. Die Anspruchstellerin meinte, letztendlich fordere der Forumsbetreiber zu Straftaten auf. Mit einer einstweiligen Verfügung gegen den Forumsbetreiber hatte die Klägerin zunächst vollumfänglich Erfolg.
Im Widerspruchsverfahren schränkte das Landgericht Münster (Urteil vom 26.11.2008, Az.: 11 O 405/07) die Verfügung etwas ein, untersagte dem Forenbetreiber aber nichtsdestotrotz die Berichterstattung. Der Forenbetreiber ging in Berufung.
Das zuständige OLG Hamm hob die einstweilige Verfügung vom 18. 12.2007 des LG Münster insgesamt auf und wies den Antrag auf ihren Erlass gänzlich ab (Urteil vom 03.05.2009, Az.: 3 U 9/09).
Zunächst sei der Tenor der Entscheidung des LG Münster nicht hinreichend konkret, da nicht erkennbar sei, was der Forenbetreiber im Rahmen seiner Meinungsfreiheit nun berichten dürfe und was nicht. Aber auch der Antrag der Klägerin sei in der vorliegenden Form nicht zulässig. Aber auch Inhaltlich war das OLG Hamm mit der Vorentscheidung nicht einverstanden: Das OLG Hamm konnte wie das LG Münster dem Gesamtkontext der Berichterstattung keine rechtlich erhebliche öffentliche Aufforderung zu Straftaten entnehmen. Der Beklagte missbillige das Vorgehen der Klägerin und sympathisiere mit Tierschützern und deren teilweise strafrelevanten Handeln, dies aber sei kein unmittelbarer Aufruf zu einer konkret eingrenzbaren Straftat. Auch eine rechtlich relevante mittelbare Aufforderung zum Boykott ergab sich aus Sicht des Gerichts nicht, da der Beklagte keine wirtschaftlichen Eigeninteressen verfolge. Das OLG Hamm nahm eine umfassende Abwägung der Interessen beider Parteien vor und kam zu dem Ergebnis, dass die Meinungsfreiheit des Beklagten als Tierschützer Vorrang habe, da lediglich ein bloßer Aufruf zum Boykott mit legalen Mitteln in Rede stehe; irgendwelchen Druck auf die Besucher der Internetpräsenz, sich an den Boykottmaßnahmen zu beteiligen, übe der Beklagte nicht aus. Auch die Berichterstattung und sonstige Darstellung seitens des Beklagten, die sich gerade nicht einer konkreten und speziell angreifbaren Aufforderung zu bestimmten Taten bedient, stelle sich nicht als so massiv und nachhaltig gegen die Belange der Verfügungsklägerin gerichtet dar, als dass dies eine Einschränkung der Meinungsfreiheit rechtfertigte.
Oberlandesgericht Hamm, 3 U 9/09
Datum: 13.05.2009
Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper: 3. Zivilsenat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 3 U 9/09
Vorinstanz: Landgericht Münster, 11 O 405/07
Das Urteil des OLG Hamm findet man auch unter:
http://www.domain-recht.de/verweis/159
Oberlandesgericht Hamm, 3 U 9/09
Datum: 13.05.2009
Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper: 3. Zivilsenat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 3 U 9/09
Vorinstanz: Landgericht Münster, 11 O 405/07
Tenor:
Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das am 26.11.2008 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.
Die einstweilige Verfügung vom 18.12.2007 wird insgesamt aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlass gänzlich abgewiesen.
Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e
1
I.
2
Die Verfügungsklägerin ist eine Modefirma, die unter verschiedenen Markenbezeichnungen ihre Artikel vertreibt und u. a. auch echte Tierpelze dabei benutzt. Seit dem Jahre 2007 steht die Verfügungsklägerin im Mittelpunkt einer sogenannten Kampagne von Tierschützern und Tierrechtsorganisationen, wobei von radikalen Aktivisten auch strafbare Übergriffe und Gewaltanwendungen gegen Einrichtungen der Verfügungsklägerin ausgehen. Ziel aller dieser Maßnahmen ist die Herbeiführung eines völligen Verzichts auf die Verwendung von Pelzen durch die Firma F. Entsprechende "Kampagnen" sind bereits gegenüber anderen Firmen der Modebranche durchgeführt worden.
3
Der Verfügungsbeklagte ist ein Forum der Tierrechtsbewegung und gibt neben seinem Internetauftritt (www.tierbefreier.de) auch eine Zeitung in diesem Bereich heraus. Der Verfügungsbeklagte berichtet über die diversen Aktionen in der gesamten Szene der Tierrechtsbewegung und bekennt sich grundsätzlich zum Kampf für Tierrechte. Neben den Berichten über Maßnahmen wurden zumindest in der Vergangenheit auch sogenannte Bekennerschreiben seitens des Beklagten in seinem Internet-Auftritt ohne Kommentar veröffentlicht und eine Vielzahl von Terminen verbreitet. Die sogenannten autonomen Tierrechtler, die auch nach der Darstellung des Verfügungsbeklagten teilweise strafrechtlich relevante Aktionen vornehmen, werden von Seiten des Beklagten unterstützt, etwa durch die Übernahme von Rechtshilfekosten.
4
Im vorliegenden Verfahren hat die Verfügungsklägerin den Verfügungsbeklagten zunächst mit Antrag vom 13.12.2007 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Ziel eines völligen Berichtsverbots des Beklagten über rechtswidrige Handlungen und Straftaten im Rahmen einer gegen die Klägerin gerichteten Anti-Pelz-Kampagne in Anspruch genommen. Eine entsprechende einstweilige Verfügung wurde vom Landgericht unter dem 18.12.2007 erlassen (vgl. Bl. 77,78 GA).
5
Wegen einer Pressemitteilung des Verfügungsbeklagten vom 31.12.2007 (Bl. 92 GA) erfolgte ein Bestrafungsantrag und am 09.05.2008 ein Ordnungsgeldbeschluss. Im Juni 2008 hat der Verfügungsbeklagte Widerspruch eingelegt und einen Antrag gem. § 926 ZPO gestellt. Die Hauptsacheklage ist inzwischen bei der 2. Zivilkammer des LG Münster anhängig (2 O 447/08).
6
Das Landgericht hat die ursprüngliche einstweilige Verfügung in der angefochtenen Entscheidung vom 26.11.2008 teilweise aufgehoben – soweit es um die Untersagung jeglicher Berichterstattung ging – und teilweise mit einem abgeänderten Unterlassungsausspruch als sogen. Minus gegenüber dem geltend gemachten Antrag insofern aufrechterhalten, als dem Verfügungsbeklagten aufgegeben wurde, es zu unterlassen, öffentlich, insbesondere auf seiner Webseite unmittelbar oder konkludent zu rechtswidrigen Handlungen und/oder Straftaten aufzufordern, die im Rahmen einer gegen die Antragstellerin gerichteten Anti-Pelz-Kampagne erfolgen.
7
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil – insbesondere die dort umfangreich zitierten Internet-Auszüge – Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
8
Mit der gegen die Entscheidung des Landgerichts vom 26.11.2008 gerichteten Berufung, gerichtet auf eine vollständige Beseitigung der einstweiligen Verfügung, macht der Verfügungsbeklagte – der den zurückweisenden Teil der landgerichtlichen Entscheidung im Hinblick auf Art. 5 GG für zutreffend und richtig hält – geltend, dass seine Verurteilung wegen angeblich konkludenter Aufforderungen zu rechtswidrigen Handlungen und/oder Straftaten unberechtigt sei. Denn eine konkrete Aufforderung zu Straftaten gegenüber der Verfügungsklägerin sei nicht erfolgt und werde auch zukünftig nicht erfolgen. Ohnehin sei der angefochtene Unterlassungstenor viel zu unbestimmt. Für die Annahme einer konkludenten Aufforderung sei es erforderlich, dass dies anhand eines konkreten Textes festgemacht würde, nicht aber an dem gesamten Internet-Auftritt des Verfügungsbeklagten und einer darauf basierenden subjektiven Bewertung. Die bloße Berichterstattung über etwaige Aktionen sowie die aus Sympathie und Solidarität wegen der gleichen Zielsetzung erfolgende Unterstützung von Maßnahmen als Teil der Tierrechtsbewegung reiche als Begründung für eine Unterlassungsverfügung der vorliegenden Art nicht aus. Auch ein eventueller Boykottaufruf sei nach den Grundsätzen der Meinungs- und Pressefreiheit zulässig, da es nicht um wirtschaftliche Interessen beim Verfügungsbeklagten gehe, sondern um die T2 in einer allgemein bedeutsamen Frage des Tierschutzes. Insoweit bestehe das Recht zur kritischen Darstellung und Auseinandersetzung mit dem Verhalten der Verfügungsklägerin. Ergänzend beruft sich der Verfügungsbeklagte unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung darauf, dass isolierte Bekennerschreiben nicht mehr abrufbar seien und seit Oktober 2008 eingehende Bekennerschreiben nicht mehr ohne Einbindung in einen redaktionellen Text veröffentlicht würden. Der vom Landgericht in der Urteilsbegründung besonders herangezogene Link "heißer Herbst.tk" sei nicht mehr über die Internet-Seiten des Verfügungsbeklagten erreichbar und auch nicht bewusst von dem Verein gesetzt worden, sondern offensichtlich in einem veröffentlichten Artikel enthalten gewesen. In der mündlichen Senatsverhandlung hat das angehörte Vorstandsmitglied Kroemmer hierzu angegeben, dass durch eine Überprüfung von Artikeln auf etwaige Links für die Zukunft sichergestellt würde, dass dieser Link auch nicht mehr über den Verfügungsbeklagten erreichbar wäre.
9
Der Verfügungsbeklagte beantragt,
10
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Münster vom 26.11.2008 die einstweilige Verfügung des Landgerichts Münster v om 18.12.2007 aufzuheben und den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung gänzlich zurückzuweisen.
11
Die Verfügungsklägerin beantragt,
12
die Berufung zurückzuweisen.
13
Die Verfügungsklägerin verteidigt das angefochtene Urteil mit weitergehendem Vorbringen zum Internet-Auftritt des Verfügungsbeklagten sowie dem Verhalten der Vorstandsmitglieder hinsichtlich der Firma F und auch im Übrigen. Hierbei wird insbesondere darauf verwiesen, dass die Vorstandsmitglieder des Verfügungsbeklagten bereits in zahlreiche strafrechtliche Ermittlungsverfahren involviert gewesen seien und es mit anderen Beteiligten schon zu diversen zivilrechtlichen Verfahren gekommen sei. Die allgemeine Einstellung des Beklagten und seiner Verantwortlichen in dem Internet-Auftritt des Vereins, das grundsätzliche Selbstverständnis des Vereins zum Tierschutz und das in vielen Artikeln und Berichten zum Ausdruck kommende Verhältnis zur Frage der Gewalt und strafbarer Handlungen könne insgesamt nur als konkludente Aufforderung verstanden werden, die gegen die Verfügungsklägerin gerichteten Aktionen im Rahmen der Anti-Pelz-Kampagne nachzuahmen und mit zu begehen. Daher sei es erforderlich, dass der Verfügungsbeklagte letztlich gar nicht mehr über irgendwelche gegen die Verfügungsklägerin gerichteten Aktionen und Maßnahmen im Rahmen dieser Kampagne berichten dürfe.
14
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
15
II.
16
Die Berufung des Verfügungsbeklagten gegen die einstweilige Verfügung des Landgerichts auf Unterlassung von unmittelbaren oder konkludenten Aufforderungen zu rechtswidrigen Handlungen und/oder Straftaten im Rahmen einer gegen die Firma F gerichteten Anti-Pelz-Kampagne ist im Ergebnis begründet. Danach ist die in der angefochtenen Entscheidung enthaltene einstweilige Verfügung aufzuheben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Verfügungsbeklagten gänzlich abzuweisen.
17
Nachdem das Landgericht die ursprünglich auf eine Untersagung einer Berichterstattung gerichtete einstweilige Verfügung in dem Urteil vom 18.11.2008 abgeändert und als Minus in der Form der angefochtenen Entscheidung als Unterlassungsverfügung zu der genannten Aufforderung aufrechterhalten hat, richtet sich das Berufungsverfahren allein gegen die ergangene Verurteilung. Allerdings hält die Verfügungsklägerin nach ihren Ausführungen – speziell im Senatstermin – weiterhin im Ergebnis ein vollständiges Berichtsverbot über Aktionen gegen die Firma F im Rahmen der Anti-Pelz-Kampagne für notwendig und wegen der allgemeinen Einstellungen und Ziele des Verfügungsbeklagten und seiner Beteiligung an der Kampagne für berechtigt. Die nach Auffassung der Verfügungsklägerin aus dem Gesamteindruck und Gesamtzusammenhang der Berichterstattung folgende konkludente Aufforderung zur Nachahmung entsprechender Handlungen erfordere letztlich ein allgemeines Berichtsverbot.
18
1.
19
Die Unterlassungsverfügung in Form des Tenors der angefochtenen Entscheidung ist bereits deshalb aufzuheben und der Antrag auf Erlass einer solchen Verfügung abzuweisen, da es sich um keinen ausreichend konkreten Antrag im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO handelt. Voraussetzung für einen zulässigen Unterlassungsantrag und eine darauf basierende Verurteilung ist, dass der Verfügungsbeklagte konkret wissen und erkennen kann, durch welche Punkte er gegen ein Unterlassungsverbot verstoßen hat und was er daher zukünftig unterlassen muss. Für die Rechtsverteidigung und Vollstreckung muss klar sein, worauf sich das ausgesprochene Verbot erstreckt. Auch wenn ein Unterlassungsgebot eine gewisse Generalisierung der zu unterlassenden Verhaltensweisen erlaubt, muss die Untersagung so präzise sein, dass im Rahmen der Vollstreckung ausreichende Klarheit besteht. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Bei einem Unterlassungsantrag, wonach es dem anderen untersagt sein soll, unmittelbar oder konkludent zu rechtswidrigen Handlungen und/oder Straftaten aufzufordern und einer daraufhin ergangenen Unterlassungsverfügung mit der hier vorliegenden Begründung des Landgerichts mit einem Gesamteindruck und einer Gesamtbetrachtung unter Verwendung allgemeiner Begriffe wie Straftat oder rechtswidriger Handlung bleibt unklar, was der Verfügungsbeklagte im Rahmen seiner grundgesetzlich gewährleisteten Meinungsfreiheit noch berichten und an eigener Meinung äußern darf und was nicht.
20
Bei der angefochtenen, derart stark generalisierenden Unterlassungsverfügung würde da sowohl nach den Gründen der angefochtenen Entscheidung wie auch den Angaben der Verfügungsklägerin keine unmittelbare und konkrete Aufforderung vorliegt – für jedes Vollstreckungsverfahren systemwidrig erforderlich, ein erneutes Erkenntnisverfahren mit einer umfassenden – subjektiven – Gesamtabwägung aller Umstände unter Berücksichtigung der kollidierenden Grundrechtspositionen durchzuführen. Daher ist der im vorliegenden Berufungsverfahren noch im Streit befindliche Unterlassungsantrag in vorliegender Form nicht zulässig.
21
Dieser Mangel des Antrages ist auch nicht durch eine Ergänzung oder Konkretisierung zu beheben. Nach der Erörterung im Senatstermin reicht es selbst aus Sicht der Verfügungsklägerin nicht aus, einzelne Stellen des Internet-Auftritts des Beklagten in einem überschaubaren Umfang zur Antragskonkretisierung aufzunehmen, da der – aus Sicht der Verfügungsklägerin vorhandene – konkludente Aufforderungscharakter zur Nachahmung nicht aus einer einzelnen oder wenigen Aussagen, sondern aus dem Gesamtzusammenhang und der Gesamtbewertung des Internet-Auftritts und der dort enthaltenen Aussagen und Darstellungen abzuleiten ist. Vor diesem Hintergrund ist eine geeignete Antragskonkretisierung nicht möglich und seitens der Verfügungsklägerin auch nicht vorgebracht.
22
2.
23
Neben diesem Bedenken gegen die Zulässigkeit der Antragstellung in der tenorierten Fassung ist der Ausspruch des Landgerichts aber auch inhaltlich in der Sache nicht begründet.
24
a)
25
Eine rechtlich erhebliche öffentliche Aufforderung zu Straftaten ist vorliegend nicht gegeben. § 111 StGB enthält eine Vorschrift darüber, wann eine solche Aufforderung anzunehmen ist. Nach dem Gebot der Einheitlichkeit der Rechtsordnung ist die insoweit auf dem Gebiet des StGB geltende Auslegung und Bewertung über das Vorliegen einer relevanten Tathandlung auch für die zivilrechtliche Unterlassungsproblematik maßgeblich, da es keine vom Strafrecht abweichende zivilrechtliche Aufforderung zu Straftaten geben kann. Danach ist eine bestimmte, über eine bloße Befürwortung hinausgehende Aufforderung zu einem bestimmten Tun erforderlich (Fischer, StGB, 56. Aufl. (2009); § 111 Rdnr. 2 – 4 b; BGH st 32, 310). Das bloße Gutheißen von Straftaten ist noch kein Auffordern. Eine befürwortende Erklärung, in der die Begehung einer Straftat als begrüßenswert, notwendig oder unvermeidbar bejaht wird, schafft zwar u. U. ein psychisches Klima, in dem Straftaten gedeihen können, es fehlt jedoch das der Aufforderung wesenseigene Element einer offenen Einflussnahme auf die Willensentschließung Dritter. Ein Anreiz zum Handeln durch psychologisch berechnete Stimmungsmache kann grundsätzlich nicht genügen (Fischer, a.a.O., Rdn. 2 bis 4 b); Bosch in MK, § 111 StGB Rdn. 6 bis 10; Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 52. Kap. Rdn. 2 bis 5; OLG Stuttgart NStZ 2008, 36 ff.).
26
Gemessen an diesen Anforderungen ist vorliegend eine Aufforderung des Verfügungsbeklagten zu bestimmten Straftaten nicht gegeben und nach dem Vorbringen des Beklagten auch nicht konkret für die Zukunft zu erwarten. Auch das Landgericht, das in dem Gesamtkontext von Berichterstattung und sonstigen Aussagen bereits eine über die bloße moralische Rechtfertigung hinausgehende Motivation zu nicht näher spezifizierten Taten gesehen hat, hat einen unmittelbaren Aufruf zu einer konkret eingrenzbaren Straftat nicht feststellen können.
27
Die Ausführungen zum Selbstverständnis und zur Zielsetzung des Verfügungsbeklagten und auch die in einzelnen Passagen zum Ausdruck gebrachte Sympathie sowie der Hinweis auf mögliche Solidarität stellen jedenfalls keine Aufforderung zu einem bestimmten strafbaren Tun zum Nachteil der Verfügungsklägerin dar. Die im Internet-Auftritt des Beklagten möglicherweise zu erkennende Billigung gewisser strafrelevanter Verhaltensweisen, etwa in Bezug auf Tierversuchslabore, Hochsitze u. a. sowie der allgemeine Hinweis, wonach es unumgänglich sei, dass engagierte Menschen hin und wieder über legale Grenzen hinaus Zeichen setzen, beziehen sich jedenfalls nicht auf konkrete Maßnahmen gegenüber der Verfügungsklägerin und lassen sich nicht als offene Einflussnahme auf die Willensentschließung der möglichen Leser bewerten.
28
b)
29
Auch eine – mittelbare/konkludente – Aufforderung zu sonstigen rechtswidrigen Handlungen sieht der Senat nicht als gegeben an.
30
Es kann allerdings in den Aussagen auf den Internet-Seiten des Beklagten zumindest mittelbar der Aufruf an die Leser zum Boykott des Kaufs von Pelzkleidung bei der Verfügungsklägerin gesehen werden, wobei im Rahmen des im angefochtenen Urteil wiedergegebenen Links "heißer Herbst" sogar ausdrücklich davon die Rede war, an möglichst vielen Orten den Kundinnen von einem Einkauf bei F-Todesprofiten abzuraten. Die Aussagen in Bezug auf die Verfügungsklägerin sind eindeutig dahin zu verstehen, dass nicht nur der eigene Kauf von Pelzprodukten seitens der Leser unterlassen, sondern auch der Einkauf durch potenzielle Drittkunden behindert und möglichst gestoppt und vereitelt werden soll. Der Boykott sämtlicher Pelzprodukte der Verfügungsklägerin bis zu deren vollständigen Verzicht entspricht dem Ziel und dem Selbstverständnis des beklagten Vereins,ohne dass dieser ein wirtschaftliches Eigentinteresse an dem Boykott der Klägerin hätte.
31
Ein Boykott-Aufruf, der nicht aus eigenen wirtschaftlichen Interessen erfolgt, sondern aus Sorge und unter Bezugnahme auf Belange der Allgemeinheit, ist jedoch nicht ohne Weiteres unzulässig. Vielmehr ist eine umfassende Abwägung der wechselseitigen Interessen und Grundrechtspositionen erforderlich, wobei die Meinungsfreiheit des Verfügungsbeklagten von erheblichem Gewicht im öffentlichen Meinungskampf im Rahmen der Sorge um politische, wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Belange der Allgemeinheit ist (vgl. BVerfG NJW-RR 2008, 200 ff.; BGH VI ZR 36/07, Urteil vom 03.02.2009).
32
Danach ist grundsätzlich von einem Vorrang der Meinungsfreiheit der Tierschützer und Tierrechtsaktivisten auszugehen, soweit lediglich ein bloßer Aufruf zum Boykott von Tierpelzen aus Tierschutzgesichtspunkten mit legalen Mitteln in Rede steht. Selbst ein Aufruf zu "kreativen Maßnahmen" bezüglicher potenzieller Kunden ist nicht ohne weiteres als rechtswidrig zu bewerten, soweit im Rahmen legaler Aktionen auf die Einstellung und Meinung solcher Kunden Einfluß genommen und bei ihnen ein Nachdenken über die Anliegen des Tierschutzes herbeigeführt und aktiviert werden soll.
33
Die Grenze eines aus Art. 5 GG noch zulässigen Boykottaufrufes ist erst dann überschritten, wenn nach den konkreten Umständen nicht mehr von einer berechtigten Vorgehensweise im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung gesprochen werden kann. Die Grenze für die Verfolgung grundsätzlich berechtigter Ziele sind dabei unangemessene Mittel zur Durchsetzung des Boykottaufrufes sowie unangemessene Einwirkungen auf die Gegenseite.
34
Um eine unangemessene und von Verfassungs wegen nicht mehr zu billigende Einwirkung auf die Besucher und Leser des Internetauftritts des Verfügungsbeklagten geht es vorliegend nicht. Auf sie wird keinerlei Form von Druck ausgeübt, da ihnen keine Sanktionen oder sonstige Nachteile in Aussicht gestellt werden und mangels Identifikation auch gar nicht in Aussicht gestellt werden können, sofern sie sich nicht an den Boykottmaßnahmen beteiligen.
35
Ein unangemessenes Mittel zur Durchsetzung ihres Boykottaufrufes im Verhältnis zur Verfügungsklägerin kann auch nicht in der allgemeinen Darstellung des Selbstverständnisses des Verfügungsbeklagten gesehen werden, wenngleich dort eine gewisse Billigung von Gewalt und Straftaten gegeben ist. Diese allgemeinen Ausführungen zum Selbstverständnis des Vereins die Tierbefreier und die vom Verein grundsätzlich verfolge Zielsetzung können im Verhältnis zur Firma der Verfügungsklägerin noch nicht als Überschreitung zulässiger Grenzen einer geistigen Auseinandersetzung gesehen werden. Das wiedergegebene Selbstverständnis stellt zunächst lediglich die allgemeine Einstellung und Plattform des Vereins ohne Bezug zu konkreten Dritten oder Geschehnissen dar. Erst im Rahmen von etwaigen Konkretisierungen vermag der allgemeinen Selbstdarstellung eine konkrete Relevanz zuzukommen.
36
Bedenklich könnte es eventuell bewertet werden, dass der Verfügungsbeklagte in der Vergangenheit auch unkommentierte Einstellungen sogenannter Bekennerschreiben veröffentlicht hat, insbesondere in solchen Fällen, in denen ohne jede Kommentierung eine Ankündigung von weiteren Taten enthalten war. Durch eine solche unkommentierte Einstellung eines Bekennerschreibens konnte bei flüchtigem Betrachten u. U. der Eindruck entstehen, dass der Inhalt dieser Schreiben die Ansicht des Vereins darstellt und damit zu weiteren (Straf-) Taten aufgefordert werden sollte. Der Verfügungsbeklagte hat die Problematik einer derartigen Veröffentlichung von Bekennerschreiben selbst erkannt und sein Vorgehen insoweit bereits vor Erlass des angefochtenen Urteils geändert. Durch die eidesstattliche Versicherung ist glaubhaft gemacht, dass seit Oktober 2008 keine isolierten Bekennerschreiben mehr veröffentlicht werden und dies auch für die Zukunft sichergestellt wird.
37
Eine redaktionelle Wiedergabe von Bekennerschreiben oder Auszügen aus solchen im Rahmen eines Artikels oder einer Pressemitteilung kann dem Verfügungsbeklagten jedoch nicht ohne weiteres untersagt oder als unzulässige Maßnahme angelastet werden. Etwas anderes würde allenfalls dann gelten, wenn es sich um erfundene Bekennerschreiben handeln würde oder wenn der Beklagte sich den Inhalt solcher Schreiben in dem redaktionellen Kontext erkennbar zu eigen machen würde. Dies kann bislang jedoch nicht festgestellt werden. Selbst wenn man die ursprüngliche Verfahrensweise als bedenklich bewerten wollte, so wäre nach der geänderten Praxis des Beklagten jedenfalls kein Anhalt für eine Wiederholungsgefahr mehr gegeben.
38
Auch der vom Landgericht von Amts wegen im Urteil eingeführte Link "heißer Herbst", den das Landgericht offensichtlich als besonders bedenklich angesehen hat, da der Inhalt jenes Links ein nachhaltiges Anheizen eines aggressiven Klimas gegenüber der Klägerin darstellen könnte, lässt sich nicht als unangemessenes Mittel zur Boykottdurchsetzung bewerten. Nach den eigenen Angaben der Prozessbevollmächtigten der Verfügungsklägerin im Senatstermin handelte es sich bei den in jenem Link angeprochenen Maßnahmen aber gerade nicht um strafrechtlich relevante Veranstaltungen und Aktionen, sondern um normale und verfassungsrechtlich gewährleistete Demonstrationen, die selbst aus Sicht der Verfügungsklägerin nicht verhindert werden sollten.
39
Da es sich bei den Formulierungen dieses Links, der nach den glaubhaft gemachten Angaben des Verfügungsbeklagten ohnehin nicht mehr unter den Internet-Auftritt des Vereins erreichbar ist und auch nicht bewusst von dem Verein gesetzt worden war, um eine recht drastische und sogar martialische Sprache vor dem Hintergund der Berichte über bereits erfolgte Straftaten gegenüber der Verfügungsklägerin handelte, hätte man ein Beharren des Beklagten auf der Wiedergabe dieses Links ggfls. bereits als unzulässiges und missverständliches Mittel im Rahmen der Durchsetzung des Boykottaufrufes ansehen können.
40
Da dieser – aus der Sicht sogar der Verfügungsklägerin ohnehin nicht so maßgebliche – Link aus dem Internet-Auftritt des Beklagten entfernt ist, lässt sich eine Unterlassungsverfügung auch nicht auf diesen Punkt stützen.
41
Neben dem aus dem Selbstverständnis des Verfügungsbeklagten und dem generellen Vereinsziel folgenden Aufruf zum allgemeinen Boykott von Pelzprodukten, der als Ausfluss der grundsätzlichen Meinungsfreiheit nicht zu verbieten ist, fehlt es an konkreten Aufforderungen zu rechtswidrigen Handlungen oder Maßnahmen gegenüber der Firma F. Die grundsätzlich unterschiedliche Positionierung der Parteien in der Frage einer Zulässigkeit der Verwendung von echten Tierfellen zu Modezwecken rechtfertigt für sich keine Unterlassungsverfügung gegen den Verfügungsbeklagten.
42
Die – auch durchaus deutliche – Äußerung seiner Meinung in einer Frage des Umgangs mit Tieren und zum generellen Umfang von Tierrechten steht unter dem Schutz des Art. 5 GG und genießt grundsätzlich den Vorrang vor den wirtschaftlichen Interessen der betroffenen Verfügungsklägerin.
43
3.
44
Eine andere Bewertung im Rahmen der Abwägung der widerstreitenden Rechtspositionen und eine eventuelle Untersagung womöglich der gesamten Berichterstattung zu einem bestimmten Bereich – hier den Aktionen in der Anti-Pelz-Kampagne gegen die Verfügungsklägerin, wie mit dem ursprünglichen Hauptantrag begehrt – könnte lediglich dann in Betracht kommen, wenn die Berichterstattung und sonstige Darstellung seitens des Beklagten auch ohne Äußerung einer konkreten und speziell angreifbaren Aufforderung zu bestimmten Taten so massiv und nachhaltig gegen die Belange der Verfügungsklägerin gerichtet wäre, dass der hochrangige Gesichtspunkt des Meinungskampfes das Verhalten nicht mehr rechtfertigen würde und die innere Freiheit der Meinungsbildung bedroht wäre. Eine derartige, dem verfassungsrechtlich verankerten und für eine freie und demokratische Gesellschaft wesentlichen Aspekt der Meinungsfreiheit zuwiderlaufende Entwicklung wäre möglicherweise dann anzunehmen, wenn die Darstellung des Verfügungsbeklagten lediglich als Schaffung eines solchen psychischen Klimas verstanden werden könnte und müsste, in dem die Begehung von Straftaten gedeihen könnte und die Schaffung eines solchen Klimas den Zweck der Darstellung ausmachen würde.
45
Diese Anforderungen sind jedoch hier noch nicht gegeben durch den bisherigen Inhalt des Internet-Auftritts des Verfügungsbeklagten. Die Darstellung des Selbstverständnisses des Vereins, der Solidarität und Sympathie auch mit teilweise strafbaren Verhaltensweisen im Rahmen der Tierrechtsbewegung sowie die Wiedergabe der Richtlinien der TBF sowie von Aussagen, wonach es "unumgänglich sei, dass engagierte Menschen hin und wieder über legale Grenzen hinaus Zeichen setzen", sind zwar durchaus Äußerungen, die im Zusammenhang mit dem Begriff der sogenannten Anti-Pelz-Kampagne gegen die Verfügungsklägerin nicht mehr als lediglich harmlos oder/und zeitgemäß angesehen werden können. Angesichts des erheblich breiteren Internet-Auftritts des Verfügungsbeklagten kann jedoch die Aussage des Verfügungsbeklagten nicht allein auf die Anheizung eines Gewaltklimas reduziert werden.
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Im Mittelpunkt der Darstellung und des Verhaltens des Vereins steht eine Verbreitung des Tierrechts- und Tierschutzgedankens sowie die Sensibilisierung der Interessenten des Vereins für die vielfältigen Problematiken des Tierschutzes im Rahmen einer modernen Gesellschaft. Eine nachhaltige Schaffung eines solchen Klimas, in dem Straftaten besonders gedeihen können, ist kein vorrangig erkennbares Ziel des Vereins.
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Gerade der – von der Verfügungsklägerin - im Berufungsverfahren vorgelegte und mit Schriftsatz vom 11.05.2009 kommentierte Internet-Auszug zur Frage "direkte Aktionen – richtig oder falsch?" von Y2, der sich durchaus in kritischer Weise zu den verschiedenen Formen des Protestes verhält und ein differenziertes Bild aufzeigt, belegt, dass es dem Verein nicht um eine bloß einseitige Schaffung eines Klimas der Gewaltbereitschaft geht. Wegen des Beitrags von Y2 wird auf Bl. 368 ff. d. A. Bezug genommen.
48
Auch das Verhalten des Beklagten im Umgang mit den Bekennerschreiben spricht dafür, dass es dem Verein nicht um die Schaffung eines gewaltbereiten Grundklimas geht, sondern die Sache des Tierschutzes gefördert werden soll und die geistige Auseinandersetzung mit dieser Problematik im Vordergrund steht.
49
Da unter Berücksichtigung aller Umstände ein erhebliches oder gar prägend im Vordergrund stehendes Maß an Nachhaltigkeit und Förderung eines konkreten Klimas von Gewaltbereitschaft nicht erkennbar ist, ist vor dem Hintergrund der hohen Wertigkeit des Rechts auf Meinungsfreiheit eine vorsorgliche generelle Einschränkung der Berichterstattung im letztlich wirtschaftlichen Interesse der Verfügungsklägerin statt eines Vorgehens gegen einzelne und konkrete Vorgänge rechtlich nicht möglich und nicht veranlasst.
50
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 542 Abs. 2 ZPO.
51
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2009/3_U_9_09urteil20090513.html
SS-Auftritt Heesters verliert vor Gericht
Dienstag 16.12.2008, 11:31
Johannes Heesters (r.) 1941 als Besucher im KZ Dachau
Der Historiker Volker Kühn darf weiter von einem „SS-Auftritt“ von Johannes Heesters sprechen. Ein Gericht wies die Klage der Bühnenlegende gegen diese Behauptung ab.
Das Berliner Landgericht wies am Dienstag eine Klage von Heesters auf Widerruf und Unterlassung ab. In dem Rechtsstreit sei nicht zu klären gewesen, ob der 105 Jahre alte Heesters tatsächlich 1941 vor SS-Wachmannschaften im KZ Dachau auftrat, hieß es in der Urteilsbegründung. Kühn dürfe dies aufgrund der Faktenlage jedoch behaupten. Man könne ihm keinen Vorwurf machen, dass er die Indizien für einen Auftritt Heesters in dieser Weise bewerte.
Kühn hatte unter Berufung auf Zeitzeugenaussagen behauptet, Heesters habe das Konzentrationslager Dachau im Mai 1941 nicht nur besucht, sondern sei auch „zur Ertüchtigung und zum Vergnügen“ vor der SS aufgetreten. Der Vorsitzende Richter Michael Mauck sagte, dass es „gewisse Anhaltspunkte für einen Auftritt“ gebe. Somit sei eine Unterlassungsklage unzulässig.
Heesters hatte zuletzt mit Äußerungen über Adolf Hitler für Aufsehen gesorgt. In einem Interview mit dem holländischen Sender Vara nannte er den Diktator einen „guten Kerl“. In der „Wetten, dass..?“-Ausgabe am vergangenen Samstag entschuldigte er sich für seine Äußerung. „Ich habe vor ein paar Tagen etwas Dummes, etwas Blödes, etwas Furchtbares gesagt, und dafür bitte ich euch um Verzeihung“, sagte Heesters.
http://www.focus.de/kultur/kunst/ss-auftritt-heesters-verliert-vor-gericht_aid_356238.html
Ist der bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber schäbig und perfide?
Ja, könnte man meinen, wenn man die Meinungsäußerung von Bundesfinanzminister Eichel über Stoiber zur Kenntnis nimmt.
Dabei hat Eichel nach Angaben der Financial Times Deutschland lediglich "die Äußerungen des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber als schäbig und perfide" bezeichnet.
Hier stellt sich die Frage, ob Äußerungen eines Menschen von dem betreffenden Menschen zu trennen sind oder nicht.
Kann jeder in Deutschland ungestraft sagen, die Äußerungen des Bundeskanzlers, der Bundesjustizministerin oder der Toilettenfrau Klothilde Wassermann wären "schäbig und perfide", nur weil diese Personen vielleicht gesagt haben: "aber ich will den jetzt nicht streitig stellen, solange ich nicht weiß, wie der Bundeskanzler den finanzieren will in den nächsten Jahren."
Zum Glück gilt in Deutschland Meinungsfreiheit. Und so darf jeder sagen, was er will, solange er nicht die Gesetze übertritt. Wann diese als übertreten gelten, dazu fragen Sie besser nicht Ihre Klofrau und auch nicht den Bundeskanzler, die wissen das nämlich auch nicht. Falls Sie krankenversichert sind, fragen Sie vielleicht besser Ihren Arzt oder Apotheker, die haben doch immer einen guten Rat parat. Bis auf die Praxisgebühr und die Zuzahlung muss eh die Krankenkasse alles bezahlen. Und wozu zahlen Sie denn sonst so viele Krankenkassenbeiträge, obwohl Sie schon seit Jahrzehnten nicht mehr beim Arzt waren?
Aus der FTD vom 10.1.2005
Schröder weist Kritik der Opposition an Fluthilfe zurück
Von Timm Krägenow, Berlin
Bundeskanzler Gerhard Schröder hat vor einem Streit der Parteien über die 500 Mio. Euro umfassende deutsche Fluthilfe für Asien gewarnt. Aus der Opposition kamen Forderungen zum Einsatz von Arbeitslosen in den betroffenen Gebieten.
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Die Debatte, ob sich Deutschland eine solch großzügige Unterstützung des Wiederaufbaus leisten könne, sei "reichlich kleinlich", sagte Schröder am Sonntag im ZDF. Er wies darauf hin, dass angesichts der 251 Mrd. Euro, die der Bundeshaushalt umfasse, die angebotene Hilfe nur "0,04 Prozent des Etats bezogen auf fünf Jahre" ausmache. Zuvor hatte schon Bundesfinanzminister Hans Eichel die Kritik der Opposition zurückgewiesen. Er bezeichnete die Äußerungen des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber als schäbig und perfide: "Die Aufgabe können wir leicht schultern, da muss sich Herr Stoiber keine Sorgen machen."
Stoiber hatte gesagt, 500 Mio. Euro seien ein großer Betrag, "aber ich will den jetzt nicht streitig stellen, solange ich nicht weiß, wie der Bundeskanzler den finanzieren will in den nächsten Jahren." Je schwächer Deutschland volkswirtschaftlich sei, desto weniger könne es helfen.
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Damit ist der innenpolitische Streit über die Fluthilfe für Asien endgültig eröffnet. Die Bundesregierung kann mit dem selbstlosen Einsatz für Indonesien und Sri Lanka Handlungsfähigkeit beweisen. Die Opposition will verhindern, dass allzu sehr von der schlechten Wirtschaftslage im Inland abgelenkt wird. Politiker von Union und FDP schlugen am Wochenende vor, Arbeitslose aus Deutschland zum Wiederaufbau in den Flutgebieten einzusetzen. Die Bundesregierung solle zusammen mit den Hilfsorganisationen qualifizierten Arbeitslosen gezielt Zeitverträge anbieten, forderte der FDP-Vize Rainer Brüderle.
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http://www.ftd.de/pw/de/1105178044213.html?nv=7dm
Kardinale Predigt entsetzt
In seiner Dreikönigtags-Predigt vergleicht Kölns Erzbischof Meisner Abtreibung mit biblischem Kindermord und Holocaust. Zentralratspräsident fordert Distanzierung
KÖLN taz Als "eine Beleidigung der Millionen Opfer des Holocaust" und "im höchsten Maße empörend" hat der Präsident des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, Äußerungen des Kölner Erzbischofs Joachim Meisner bezeichnet. Meisner hatte in einer Predigt am Dreikönigstag in Köln Abtreibung mit dem biblischen Kindermord und den Verbrechen Hitlers und Stalins verglichen. "Als Würdenträger und Respektperson kann und darf Meisner sich so etwas nicht leisten", sagte Spiegel zur taz.
Wörtlich hatte Meisner gesagt: "Zuerst Herodes, der die Kinder von Bethlehem umbringen lässt, dann unter anderem Hitler und Stalin, die Millionen Menschen vernichten ließen, und heute, in unserer Zeit, werden ungeborene Kinder millionenfach umgebracht." Er erwarte vom 71-jährigen Kardinal "eine eindeutige und unmissverständliche Distanzierung", sagte Spiegel der taz. Es habe schon Personen des öffentlichen Lebens gegeben, "die haben auf Grund solcher Äußerungen von ihren Ämtern zurücktreten müssen", so der Zentralratspräsident. "Was soll man von der Jugend erwarten, wenn ein katholischer Würdenträger auf diese Weise und ungestraft den millionenfachen Mord an Juden relativieren kann?"
Erzbistumssprecher Manfred Becker-Huberti wies Spiegels Kritik zurück. Meisner habe "nicht die Juden verunglimpft, sondern die Verbrechen von Hitler und Stalin angeprangert". Er habe zwar "das Verbrechen der Abtreibung in Zusammenhang gebracht mit den großen historischen Verbrechen", jedoch nur, weil sie alle "Folgen eines Aufbegehrens gegen Gott" seien. Damit habe er aber nicht die Einzigartigkeit des Genozids an den Juden unter Hitler relativiert. Allerdings war Meisner bei seiner Silvesterpredigt noch über den jetzigen Vergleich hinausgegangen: Er hatte Abtreibung als einen "Tatbestand" bezeichnet, "der wohl alle bisherigen Verbrechen der Menschheit in den Schatten stellt".
Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, nannte dies eine "Ungeheuerlichkeit": Wer so etwas äußere, "dem sind die moralischen Kategorien völlig durcheinander geraten", sagte er zur taz. Mit solchen Entgleisungen, die leider keine Einzelfälle wären, verspiele die Kirche "ihr moralisches Kapital, das so dringend gebraucht" würde bei Themen wie Fortpflanzungsmedizin oder Einsatz der Gentechnik in der Humanmedizin. Auch Beck forderte von Meisner eine Distanzierung: "Für diesen Kardinal steht schon länger ein Schuldbekenntnis aus."
taz Nr. 7559 vom 8.1.2005, Seite 6, 84 Zeilen (TAZ-Bericht), PASCAL BEUCKER
http://www.taz.de/pt/2005/01/08/a0054.nf/text
(08.01.2005 )
Zentralrat der Juden: Meisner beleidigt Opfer
Köln - Kölns Erzbischof Kardinal Joachim Meisner ist wegen seines Vergleichs zwischen Abtreibungen und den Massenmorden Hitlers und Stalins in die Kritik geraten. In seiner Predigt zum Dreikönigstag hatte Meisner im Kölner Dom gesagt: „Wo der Mensch sich nicht relativieren und eingrenzen lässt, dort verfehlt er sich immer am Leben: zuerst Herodes, der die Kinder von Bethlehem umbringen lässt, dann unter anderem Hitler und Stalin, die Millionen Menschen vernichten ließen, und heute, in unserer Zeit, werden ungeborene Kinder millionenfach umgebracht.“ Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, nannte den Vergleich unzulässig und eine Beleidigung von Millionen Holocaust-Opfern. Grünen-Chefin Claudia Roth schloss sich Spiegels Kritik an. Der Sprecher des Kölner Erzbistums, Manfred Becker-Huberti, sagte, Meisner habe „nicht die Juden verunglimpft, sondern die Verbrechen von Hitler und Stalin angeprangert“. ddp/dpa
Kommentar Väternotruf:
Wenn der Erzbischof Kardinal Joachim Meisner die Abtreibungen in Deutschland in einem Zusammenhang mit dem Massenmord unter Hitler und Stalin bringen darf, ohne, dass er deswegen staatliche Repressalien befürchten muss, so darf sicher in Deutschland auch öffentlich die Frage gestellt werden, ob die derzeitige Praxis der sorgerechtlichen Ausgrenzung nichtverheirateter Väter in Deutschland, nicht so etwas ähnliches ist, wie die unter der der DDR-Volksbildungsministerin Margot Honecker betriebenen Zwangsadoptionen von Kindern, deren Eltern in den Westen geflüchtet waren oder dem Staat in anderer Weise missliebig waren. Herrscht in der Bundesrepublik Deutschland gegenüber nichtverheirateten Vätern und ihren Kindern etwa das Honeckersche Demokratieverständnis? Und wenn ja, wer hätte das zu verantworten? Der Bundeskanzler, die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, die den Vätern bisher nur durch ihre peinliche Verbotskampagne sogenannter Vaterschaftstests aufgefallen ist. Oder sind es subalterne Beamte im Bundesjustizministerium, graue und innovationsunfähige Beamte, die die seit Jahren längst überfällige Reformen zur Beendigung der Diskriminierung von Vätern und ihren Kindern blockieren? Und wenn ja, wäre es dann im Rechtsstaat gestattet von diesen Leuten, die die Grundrechte von Tausenden Männern und ihren Kindern missachten, als Schreibtischtäter zu sprechen oder dürfen als Schreibtischtäter nur die willfährigen Beamten im NS-Staat bezeichnet werden?
Ist es im Rechtsstaat gestattet, öffentlich zu fragen, wann die für die jahrzehntelangen Diskriminierungen verantwortlichen Leute endlich aus ihrer Stellung entlassen werden und ob es nicht gut wäre, sie, wie 1989 den Mitarbeitern der DDR Staatsicherheit geschehen, in die Produktion zu schicken, so z.B. als Verkäufer bei Aldi oder als Komiker in den Zirkus?
So viele Fragen, doch der deutsche Wald steht schwarz und schweiget, und aus den Wiesen steiget, der deutsche Mief von Schreibtischtätern hoch - wunderbar.
Schwein sein ist schön
"... Mit den Majestäten sind die Majestätsbeleidigungen geschwunden. Gerichtlich verhandelt wird die politische Satire gleichwohl in kaum nachlassender Frequenz. Nach wie vor nimmt sie sich - als Schriftwerk, Kabarett oder Karikatur - des Personals der Politik an. Exemplarisch für die politische Satire sei hier der Fall `Strauß-Karikaturen` herausgegriffen. Das BVerG hat 1987, etwa ein Jahr vor dem Tod des damaligen bayerischen Ministerpräsidenten, mehrere Karikaturen des Zeichners Hachfeld für das Magazin `Konkret` verboten, in welchen Strauß als Schwein dargestellt war, das mit anderen, teilweise in Justiztracht gezeichneten Schweinen, kopulierte. ..."
Bernhard von Becker, Rechtsanwalt in München
"Rechtsfragen der Satire"
in: "GRUR - Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht", 2004, Heft 11, S. 908-913
"Außer Frage steht, daß sich die Justiz der Kritik wegen ihrer Urteile stellen muß. Auch scharfer Protest und überzogene Kritik sind durch die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit gedeckt. ... "
Präsident des Oberlandesgerichts a. D.
Rudolf Wassermann, in: NJW 1998, 730, 731
Soldaten sind Mörder,
dieses Tucholskyzitat löste in den neunziger Jahren eine heftige politische Debatte aus.
Darf man so etwas bezugnehmend auf Soldaten der Bundeswehr sagen?
Was ist eigentlich ein Mord. In Meyers Grosses Taschenlexikon in 24 Bänden 1981 steht dazu nichts drin. wir erfahren nur was über die Mörderbiene: volkstümliche Bezeichnung für die Adonsonbiene, an deren Stichen mehr als 150 Menschen gestorben sein sollen.
Oder Mörderwal: svw. Großer Schwertwal
Sind Soldaten Mörderbienen oder Mörderwale? Darf man so etwas sagen? Oder muss man bei der Frage gleich mit einer Abmahnung eines mimosenhaften oder geldgierigen Rechtsanwaltes rechnen, wenn dieser davon im Internet liest und als Sohn eines ehemaligen Wehrmachtsoffiziers sich persönlich beleidigt sieht, frei nach dem in Mark und Bein übergegangenen Spruch - Unsre Ehre heißt Treu.
Die Fahne hoch, die Reihen fest geschlossen - ein Schelm, wer solches dabei denkt.
In einer namentlich benannten gynäkologischen Praxis würden "rechtswidrige Abtreibungen" durchgeführt -
darf man dieses auf Handzetteln verbreitet öffentlich äußern?
Der Bundesgerichtshof meint nein (Beschluss des BGH, vom 1.4.2003 - VI ZR 366/02)
Kritische Besprechung in "Juristische Rundschau", 11/2003, S. 472-474 von Christian Burkiczak, Köln
mit Verweis auf die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts, der offenbar, so Burkiczak, eine andere Rechtsauffassung als der Bundesgerichtshof vertritt, sehr verwunderlich, wenn man bedenkt, dass die beiden Gerichte nur 10 Minuten Fußweg auseinander entfernt liegen, vielleicht sollten die Herren und Damen der beiden Gerichte sich mal in der Mitte dieses Weges treffen um zu überlegen, ob sie nicht zukünftig vor Entscheidungen miteinander sprechen, anstatt sich hinterher zu wundern, wie man auf so kurze Distanz zu so unterschiedlichen Urteilen kommen kann.
Eigenartig auch, dass der BGH offenbar von seiner eigenen Rechtsauffassung abgerückt ist:
"Die vorstehende Entscheidung des BGH überrascht, weil sie kaum in einklang zu bringen ist mit einem nur drei Jahre alten Urteil desselben Senats, in dem dieser die Verbreitung eines Flugblatts, auf dem unter anderem `damals Holocaust - heute: Babycaust` formuliert wurde, gebilligt hat. (BGH, NJW 2000, 3421 ff; ebenso bei ähnlichem Sachverhalt OLG Karlsruhe, NJW 2003, 2029)" (Burkiczak, S. 472)
Familienfaschist
Darf man einen juristischen Autor der sechziger Jahre, dem folgende Zeilen aus der Feder entflossen sind,
"Die soziologische Situation der Teilfamilie jedoch, in der sich das ae. Kind befindet, kann nicht dadurch verändert werden, daß dem Erzeuger Vaterrechte übertragen werden. Das Vatersein ereignet sich — wie hier dargelegt wurde — weder aufgrund eines biologischen Tatbestandes noch einer Rechtsstellung. Der Vater bedarf der Familie, um Vater zu sein. Wo eine Vollfamilie fehlt, vermag auch kein Gesetz familienähnliche personale Beziehungen zwischen Mutter, Kind und Vater zu schaffen. Als Vater kommt für das ae. Kind nur eine Person in Frage, die auch als Vater erlebt werden kann."
als Familienfaschist bezeichnen, weil bei einem Leser der das folgende Zitat von Adolf Hitler liest, der Eindruck entstehen könnte, beide hingen in der Frage der nichtehelichen Vaterschaft ähnlichen Gedanken an?
Dabei "betonte der Führer (Adolf Hitler) mit aller Entschiedenheit, daß nicht die Sorge für das Wohl des Kindes in erster Linie ausschlaggebend sei, sondern das ethische Recht der Mutter auf das Kind"
zitiert nach Schubert, Das Familien- und Erbrecht unter dem Nationalsozialismus, 1993, 703,704
SED-Bonzensiedlung
Darf man vom ehemaligen Wohnort der der DDR Partei- und Staatsführung in Wandlitz schreiben: "In der einstigen SED-Bonzensiedlung ..." (Der Spiegel, 17.11.03, S. 22)?
Wenn ja, darf man auch schreiben: "In der einstigen CDU-Bonzensiedlung Bad Honnef starb am 19. April 1967 Konrad Adenauer"?
Wahrscheinlich nicht. Warum? Weil Konrad Adenauer ein guter Mensch ist und Walter Ulbricht ein schlechter, so will es der Zeitgeist und der ist schließlich entscheidend dafür, was als eine Beleidigung gilt und was nicht.
Villa Kunterbunt
darf man in einem Werbeposter die alberne Inschrift am Deutschen Reichstag in Berlin "Dem Deutschen Volk" durch die Inschrift "Villa Kunterbunt" ersetzen, so wie das gerade aktuell (11/2003) in der IKEA Werbung in Berlin geschieht?
Immerhin in der Villa Kunterbunt wohnt ja nicht nur Pippi Langstrumpf, sondern auch ein Affe und ein Pferd. Soll das etwa heißen, im Bundestag sitzen Affen und Pferde und kleine Mädchen, deren Mutter gestorben ist und deren Vater ein Negerhäuptling ist.
Man könnt dann ja vielleicht auch den Reichtag mit Pferdestall bezeichnen, was wir höchst unpassend finden würden, denn Pferde organisieren sich bekanntlich nicht in Parteien.
Wehret den Anfängen und schickt Abmahnungen.