Münchhausen-Syndrom


 

 

 

 


AG Schwäbisch Hall, Beschluss vom 30.06.2021 - 2 F 318/19
Fundstelle
openJur 2021, 23180

Rkr: AmtlSlg: PM:

Rubrum
Tenor

1. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kindsmutter, die E...stiftung vertreten durch die Geschäftsführerin Frau ... L... und S... vertreten durch Sr. Dr. ... A... als Gesamtschuldner.

2. Der Verfahrenswert wird auf 30.000,00 € festgesetzt.
Gründe

I.

Am 17.06.2019 ist bei Gericht ein VKH-Antrag eingegangen mit einem Antragsentwurf, wonach die Kindsmutter u.a. den Sorgerechtsentzug des Kindsvaters für das gemeinsame minderjährige Kind T. angestrebt und dies mit einem sexuellen Missbrauch begründet hat. Mit gerichtlicher Verfügung vom 15.07.2019 wurde das hiesige Verfahren aufgrund der schwerwiegenden Vorwürfe als Kindeswohlgefährdungsverfahren fortgeführt.

Der erste Anhörungstermin in diesem Verfahren fand am 02.08.2019 statt.

Im Vorfeld hatte sich folgendes zugetragen:

1. Die Opferschutzorganisation S... hatte zuvor die Dipl. Psych. ... B... beauftragt, sich die auf Video aufgezeichnete kriminalpolizeilichen Vernehmung des Kindes in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Stuttgart Az.: 24 Js 110029/17 anzusehen und dazu eine private Stellungnahme abzugeben, nachdem das Verfahren gegen den Kindsvater (zum ersten Mal) nach § 170 StPO eingestellt worden war.

Nachdem die Staatsanwaltschaft Stuttgart der Einsichtnahme der Videoaufnahme der Dipl. Psych. ... B... auf der Geschäftsstelle zugestimmt hatte, fuhr die Zeugin H... (S...) die Zeugin B... zu diesem Zweck am 24.04.2019 dort hin. Auf dem Weg zur Staatsanwaltschaft Stuttgart teilte die Zeugin H... der Zeugin B... noch ein paar Stichpunkte mit.

In dem Dokument vom 27.04.2019 "Meine Einschätzung aus psychotraumatologischer Sicht" äußerte sich die Zeugin B... auf Seite 3 zu der Videovernehmung des Kindes T. wie folgt:

"Gerade diese Beschreibung steift die Beschreibung in einen eher wahrscheinlichen Kontext von erlebter Realität, bei dem alles aus kindlicher Sicht Gefährliche oder Verbotene ausgespart bleibt."

Auf Seite 4 heißt es:

"Die Aussage erscheint also, was den präsentierten Inhalt angeht eine altersgemäße Darstellung einer erlebten Realität - aber mit deutlicher Reduktion des inhaltlichen Geschehens."

Dabei setzte sich die Zeugin B... weder mit der Aussagegenese bzw. Aussageentwicklung noch der Aussagetüchtigkeit des Kindes auseinander.

Auf den Seiten 10 und 11 des Dokuments vom 27.04.019 befindet sich ein Anschreiben an Frau Rechtsanwältin B... (Kanzlei ...), die das Kind im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Stuttgart Az.: 24 Js 110029/17 gegen den Kindsvater anwaltlich vertreten hat. Dort heißt es:

"Sehr geehrte Frau B...,

dieser Teil der Stellungnahme ist nur für Sie (also nicht öffentlich im Verfahren zu nutzen) gedacht. Sonst würde man den Prozessgegner von einem Strategiewechsel in Kenntnis setzen.

(...)

Aus fachlicher Sicht wäre T(...) zu wünschen, dass das Kindeswohl möglichen Rechten aller Beteiligten vorangestellt wird.

Umgekehrt könnte man auch aus dem Umstand

∙ Verweigerung von Therapie (und fachgerechter neutralen Diagnostik)
∙ Erzwingen von Kontakten trotz Gesundheitsgefährdung

etc. schlussfolgern, dass es ihm um die Durchsetzung von Rechten geht, um jeden Preis, ungeachtet des Kindeswohls. Ich würde also versuchen wollen, ob auf diesem Weg Möglichkeiten bestehen, das Sorgerecht zu entziehen.

Dies würde ich nur dann anders bewerten, wenn es möglich würde, tatsächlich im Verfahren zu erreichen und zu beweisen, dass es ganz konkrete Vorwürfe gibt.

(...)

- Sie müssen davon ausgehen, dass meine fachliche Expertise aber durch Leute mit Rang und Namen leicht in Zweifel zu ziehen ist (ungeachtet ihrer Substanz). Sie wissen sicherlich selbst, wie viele Gutachter kleineren Kindern die Zeugnisfähigkeit absprechen und einfach konstatieren, ein Kind brauche beide Eltern. Selbst bei konkreten Missbrauchsvorwürfen, die beweisbar sind, lassen viele Gutachter keine andere Idee zu. Es wäre also gut, möglicherweise mit meiner Einlassung Zeit für das Sorgerechtsthema zu gewinnen. Dazu wäre aus meiner Sicht eines zwingend: eine Begutachtung bei Prof. Dr. ... B... aus München oder einer ähnlichen Koryphäe (ich würde keine weitere wissen).

Wenn man dies vorab erreichen könnte, wenigstens langfristig, dann könnte meine Stellungnahme evtl. bewirken, dass man Zeit gewinnt.

Das wollte ich gerne noch abschließend hinzufügen. (...)"

Die Seiten 10 und 11 dieses Dokuments wurden der Staatsanwaltschaft Stuttgart in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren Az.: 24 Js 110029/17 nicht vorgelegt. Demgegenüber wurden diese Seiten in dem hiesigen familiengerichtlichen Verfahren - offenkundig versehentlich - durch Frau Rechtsanwältin Dr. N... (Kanzlei ...) als seinerzeitige Verfahrensbevollmächtigte für die Kindsmutter vorgelegt. Anschließend legte Frau Rechtsanwältin Dr. N... das Mandat nieder und Frau Rechtsanwältin W... (....) vertrat fortan die Kindsmutter.

Den Auftrag stellte die Zeugin B... der Opferschutzorganisation S... mit einem Betrag in Höhe von 371,45 € in Rechnung.

2. Am 11.06.2019 erschien die Kindsmutter zu einem privaten Begutachtungstermin bei dem Zeugen Dr. S... (Facharzt für Innere Medizin, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Sportmedizin), um sich wegen des im Raum stehenden Münchhausen-by-proxy-Verdachts explorieren zu lassen. Im Rahmen dieser Begutachtung sah der Zeuge Dr. S... lediglich die Krankenunterlagen in Bezug auf die verstorbene Tochter M. ein, die ihm die Kindsmutter freiwillig mitgebracht hatte. Krankenunterlagen des betroffenen Kindes T. hat der Zeuge Dr. S... gar nicht erst geprüft.

Mit Privatgutachten vom 01.08.2019, das an Frau Rechtsanwältin ... E... adressiert war, die ebenfalls die Kindsmutter vertreten hat, bescheinigte der Zeuge Dr. S... der Kindsmutter, dass ein Münchhausen-by-Proxy-Syndrom nicht erkennbar sei.

Demgegenüber bescheinigte der Zeuge Dr. S... dem Kindsvater eine "Psychopathologie mit ausgeprägter emotionaler Gewaltbereitschaft, Manipulation, ökonomischer Ausbeutung und möglicherweise auch sexuelle Delinquenz", obwohl er den Kindsvater gar nicht persönlich exploriert hatte.

Weiter führte der Zeuge Dr. S... folgendes aus:

"Eine aktive Vorwärtsstrategie des Angriffs auf die Opfer passt gut in das Schema eines (zumindest latent) psychopatischen Täters. (...)

Aus Sicht des Unterzeichners besteht ein hochgradiger Verdacht der Kindeswohlgefährdung durch emotionalen, physischen und sexuellen Missbrauch durch Herrn B(...), möglicherweise an M(...), mit hoher Wahrscheinlichkeit an T(...)."

Für dieses Privatgutachten bezahlte die E...stiftung (für Überlebende ritueller Gewalt und organisierter Ausbeutung durch Zwangsprostitution bzw. Kinderpornografie) dem Zeugen Dr. S... den in Rechnung gestellten Betrag in Höhe von 1.200 €.

In dem hiesigen Verfahren wurde eine Abschrift des Privatgutachtens vom 01.08.2019 auf neutralem Papier vorlegt. Demgegenüber hat die seinerzeit anwaltlich durch Frau Rechtsanwältin W... vertretene Kindsmutter in dem Verfahren Az.: 2 F 384/19 eA eine Abschrift dieses Privatgutachten vorgelegt, das auf dem Briefkopf der Deutschen Rentenversicherung verfasst worden war.

3. Am 30.07.2019 schrieb Frau ... L... (E...stiftung) folgende E-Mail mit dem "Betreff: Sorgerechtsfall T(...)" an den zuständigen Jugendamtsmitarbeiter:

"Sehr geehrter Herr M..., sehr geehrte Damen und Herren vom Jugendamt in Schwäbisch Hall,

ich wende mich an Sie aus der Perspektive der Juristin und Traumafachberaterin mit langjähriger eigener und begleitender Erfahrung zum Thema sexueller Ausbeutung. Und zwar bin ich in großer Sorge um das Ergehen der kleinen T(...), mit deren Fall Sie bzw. Ihre Behörde nach meinem Kenntnisstand befasst sind.

Zum Hintergrund: Im November vergangenen Jahres kam ich als Leiterin einer für Gewaltopfer tätigen Stiftung in Kontakt mit Frau ... R(...) - jedoch nicht auf deren Initiative hin, sondern über Herrn Volker W..., den Leiter der ebenfalls in Bonn ansässigen H...-Stiftung für Opfer sexualisierter Gewalt, die dieser 2007 nach der Vergewaltigung und Ermordung seiner jüngsten Tochter gegründet hatte. Herr W... hatte Frau R(...) zuvor über eine Austauschplattform für verwaiste Eltern kennengelernt und war bei der Geschichte der Familie hellhörig geworden, weswegen er den Kontakt zu mir hergestellt hat

Dazu möchte ich kurz erklärend anfügen, dass ich selber in meiner Kindheit und Jugend - bis ins Erwachsenenalter - massive sexualisierte Gewalt erfahren habe, sowohl im familiären als auch im außerfamiliären Bereich, an welchen man immer wieder für entsprechende Zwecke "weitergereicht" wurde. Heute bin ich froh, nach etlichen Jahren der persönlichen Aufarbeitung anderen Betroffenen (und davon gibt es leider recht viele, häufig unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung) auch beruflich helfen zu können.

So berate ich u.a. am bundesweiten, anonymen Hilfetelefon (www.b...-telefon.de) im Auftrag des Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung mit einigen Kolleginnen zusammen seit Anfang Mai dieses Jahres Menschen mit Fragen zu organisierter sexualisierter Gewalt. In diesem drei Monaten haben sich bereits fast 900 Betroffene, Angehörige bzw. Fachleute an das Telefonangebot gewandt und Hilfe gesucht Dies lässt die Dimension des Problems zumindest erahnen. Nichtsdestotrotz bin ich - und das ist mir auch trotz einer gewissen, meiner jetzigen beruflichen Tätigkeit geschuldeten "Parteilichkeit" ganz wichtig - nicht zuletzt durch meine juristische Blickweise gewohnt, immer auch kritisch zu prüfen, ob die Dinge im Einzelfall nicht doch vielleicht anders liegen als gedacht, im Grunde ähnlich wie Sie, wenn auch in anderer Funktion.

Frau R(...) erlebte ich in der Folge auch bei einigen persönlichen Treffen, bei aller nachvollziehbaren Verzweiflung angesichts des in vielen Punkten ungeklärten Todes ihrer Tochter M(...) und des nach den Äußerungen der beiden Mädchen im Raum stehenden wiederholten sexuellen Missbrauchs sowohl von M(...) als auch von T(...) durch deren Vater als erstaunlich rational, abwägend und dabei absolut am Wohl ihrer kleinen Tochter orientiert. Einen Versuch, den Kindsvater gezielt negativ darzustellen, konnte ich in keiner Weise feststellen - insbesondere auch der Tochter gegenüber. Dies wiederum hat mich angesichts der emotionalen Belastung für alle Beteiligte positiv überrascht.

T(...) wiederum, die ich ebenfalls mehrfach persönlich erleben durfte, hinterließ bei mir den Eindruck eines sehr positiven und liebevoll auf die Mutter bezogenen Kindes. Da ich selbst Mutter dreier Töchter im Teenageralter bin und außerdem in meiner Arbeit immer wieder auch mit Kindern zu tun habe, traue ich mir ein gewisses Urteil zu, wenn auch natürlich in dieser Hinsicht kein pädagogisches oder medizinisches Fachurteil. Gleichzeitig verstärkten einzelne Äußerungen und Verhaltensweisen des Mädchens sowie das, was mir aus den Akten des Strafverfahrens über ihre Aussage vor der Polizei und die Stellungnahme der renommierten Psychotraumaexpertin ... B... dazu bekannt war, den Eindruck eines mit hoher Wahrscheinlichkeit durch den Vater und ggfs. auch weitere Personen schwer traumatisierten Kindes, das allerdings anders als ich offenbar auch einige der Kinder aus Lügde das "Glück im Unglück" hat, eine Mutter zu haben, die ihr das Unfassbare glaubt (!) und sich zumindest jetzt mit aller Kraft für sie einsetzt.

Was ich weiterhin aus diversen anderen Fällen kenne, ist eine häufig anzutreffende Fähigkeit von pädosexuellen Tätern, die Umwelt über ihr Verhalten und ihre Persönlichkeit in sehr einnehmender Weise zu täuschen und sich ggfs. höchst geschickt als zu Unrecht beschuldigtes Opfer eines angeblich maliziös agitierenden anderen Elternteils (meistens der Mutter, aber mir ist auch durchaus der umgekehrte Fall bekannt) zu präsentieren. Insbesondere der Versuch, dem anderen Elternteil eine Münchhausen-by-proxy-Erkrankung oder andere psychiatrische Störungsbilder zu unterstellen, um in Sorgerechtsstreitigkeiten den Zugriff auf das Kind zu behalten und insbesondere auch gezielte Schutz- und Therapiemaßnahmen zu verhindern, wird immer wieder mit Vorliebe vorangetrieben. Das ist wirklich eine in diesen Kreisen nur allzu beliebte "Masche" von der in zumindest befürchte (wenn auch natürlich nicht präjudizierenden kann und will), dass sie hier auch praktiziert worden sein könnte.

Nichtdestotrotz hat Frau R(...) wohl auch kein Problem damit offenbar, sich hinsichtlich ihrer eigenen psychischen Gesundheit begutachten zu lassen. Was ich als ausgesprochen hilfreich und wiederum der Einordnung ihrer Integrität und Erziehungsfähigkeit zuträglich ansehe, ebenso wie die Tatsache, dass die Meinung ihrer inzwischen erwachsenen, beruflich und privat voll im Leben stehenden Kinder zu diesem ganzen Thema auch sehr eindeutig zu sein scheint.

Angesichts dieser Tatsache mache ich mir, wie bereits gesagt, große Sorgen um das Wohlergehen von T(...), und halte es aus meiner professionellen Erfahrung mit ähnlich gelagerten Fällen heraus für absolut unabdingbar, dass das Kind effektiv geschützt und insbesondere ein gute Diagnostik nur von traumatherapeutisch wirklich spezialisierten Fachleuten durchgeführt wird. Dies setzt eine Expertise voraus, die leider in der Regel weder im ambulanten Bereich vorhanden ist, sondern nur in entsprechenden Spezialeinrichtungen wie etwa dem zuletzt von Frau R(...) mit T(...) bereits aufgesuchten ZfP Südwürttemberg. Alles andere trägt, das zeigen viele andere Fälle, die Gefahr einer erheblichen Retraumatisierung in sich.

Ich bitte Sie, diese Gedanken bei Ihren sicher nicht einfachen Abwägungen, um die ich Sie wahrlich nicht beneide, zu berücksichtigen. Für Rückfragen stehe ich selbstverständlich jederzeit zur Verfügung

Mit freundlichen Grüßen

Dr. ... L...
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Dr. jur. ... L...

Traumafachberaterin (DeGPT/BAG-TP)
Geschäftsführerin
E...stiftung
...
...
...
...
...

Diese E-Mail wurde zunächst an Rechtsanwältin ... E... weitergeleitet, die wiederum die E-Mail an die Kindsmutter weitergeleitet hat. Die Kindsmutter wiederum leitete am 31.01.2019 um 11.49 diese E-Mail an ihre damalige Rechtsanwältin N... mit folgender Nachricht weiter:

"Sehr geehrte Frau N...,

Die E-Mail von der wir gesprochen haben.
Bitte um Rückruf. Vielen Dank!

Mit freundlichen Grüßen

I... R(...)"

4. Am 31.07.2019 um 15:58 Uhr schrieb die Zeugin H... an die Verwaltungsleiterin des Gerichts Frau R... unter der allgemeinen E-Mail-Adresse der Poststelle des Gerichts und an die Jugendamtsmitarbeiter Frau H... und Herrn M... unter dem "Betreff: Freitag 2. August Aktenzeichen 2 F 318/19 T(...) DRINGENDE APELL" mit "Priorität: Hoch" folgende E-Mail:

"Sehr geehrte Frau R...,
sehr geehrte Frau H...,
sehr geehrter Herr M...,

am Freitag 2. August kommt es in im Landgericht Schwäbisch Hall zu einer Verhandlung mit dem Aktenzeichen 2 F 318/19 T(...).

Seit einigen Monaten begleiten und beobachten wir die Aktivitäten des Jugendamtes Schwäbisch Hall in o.g. Sache.

Um es gleich deutlich zu sagen: wir sind extrem besorgt und beunruhigt, deshalb wenden wir uns direkt an Sie. Zugegeben ein ungewöhnlicher Weg, auch die Verwaltung/Pressestelle des Gerichtes einzubeziehen, aber wir sehen keine andere Möglichkeit, hier auf etwas hinzuweisen, was aus unserer Sicht gefährlich, schädlich, um nicht zu sagen lebenszerstörend für ein 5jähriges Mädchen ist.

Es liegen Gutachten, Stellungnahmen, Empfehlungen und Diagnosen von Expertinnen und Experten vor, die eindeutig sind und bestätigen, dass das Mädchen T(...) spezielle Therapeutinnen braucht, die Expertinnen für sexualisierte Gewalt sind - ein deutlicher Unterschied zu sexuellem Kindesmissbrauch.

Es irritiert uns sehr, dass das Jugendamt Schwäbisch Hall diese Erkenntnisse ignoriert und stattdessen für eine örtliche Psychiatrie plädiert, die auch nicht nur annähernd die Voraussetzungen hat, die T(...) dringend braucht.

Spätestens seit Lügde und Staufen sollten wir alle ganz genau hinschauen und deutlich wachsamer sein als jemals zuvor! Wir sehen hier durchaus Parallelen, insbesondere bei der Rolle des Jugendamtes - das soll keine Anschuldigung sein! Es ist nur unsere deutliche Anmerkung, denn es gibt im Jugendamt Schwäbisch Hall keine Expertinnen oder Experten zum Thema "Missbrauch an Kindern" oder ein SMETeam (Sexueller Missbrauch - Experten Team). Wir haben im Ostalbkreis eine Fachberatungsstelle und haben ein SMET etabliert.

Deutschlandweit hat ... 19 Beratungsstellen. Wir sind mit den Kolleginnen in ständigem Austausch und wissen daher, wie überaus wichtig ein Expertinnennetz ist, insbesondere wenn der Verdacht des rituellen sexuellen Missbrauch vorliegt.

Alleine vor diesem Hintergrund ist es angezeigt, dass das Jugendamt, die vorliegenden Stellungnahmen, der Psychologin und ausgewiesenen Traumaexpertin (Spezialgebiet Kinder) G. B... von der ..., der Psychotherapeutin (Spezialgebiet Kinder) Frau Dr. med. C. K... und PD Dr. med. I. B..., genau liest.

Gemeinsam mit der Anwältin ... E... haben wir in den vergangen Wochen und Monaten viel bewegt und erlebt. Z.B. wie die Mutter alle Vorgaben des Jugendamtes erfüllt und darüber hinaus bei einer Spezialklinik vorstellig wurde (wohlwissend und vorausschauend, wie langwierig es ist, einen Termin zu bekommen) und jetzt auch einen Therapieplatz für T(...) hätte.

Wir sind an dem Punkt angelangt, dass wir jetzt auch direkt auf das Gericht zugehen. Das Jugendamt Schwäbisch Hall wendet sich entgegen aller genannten Expertisen, einer Klink zu, die der Kindesvater, der Mann, der sich bisher jeder Therapie des Kindes entgegengestellt hat, vorschlägt. Wir sind deutlich irritiert und stellen Fragen!

Wir bitten Sie an dieser Stelle, in Ihren Häusern nochmals den Apell weiterzuleiten, ganz genau hinzuschauen und Entscheidungen von solcher Tragweite mehrfach auf den Prüfstand zu stellen - ausschließlich zum Wohle dieses kleinen Mädchens.

Mit freundlichen Grüßen

... H... und ... K... (langjährige Leiterin AK sexueller Missbrauch von Kindern)

...
...
...
...
...

Die Zeugin H... leitete dann diese E-Mail am 01.08.2019 - also einen Tag vor dem ersten Anhörungstermin in dem hiesigen Verfahren - an die unzuständige Familienrichterin - Richterin am Amtsgericht J... - auf deren private E-Mail-Adresse mit folgenden ergänzenden Worten weiter:

Sehr geehrte Frau ...,

auf diesem Wege möchten wir die u.g. mail auch an Sie weiterleiten. Wir haben erfahren, dass Sie eine sehr engagierte Richterin und Politikerin sind und wir denken, es ist gut, wenn auch Sie als Außenstehende, aber engagierte Frau in Schwäbisch Hall, diese Informationen haben.

Mit freundlichen Grüßen

... H...

...
...
...
...
...

Im Übrigen wird auf das schriftliche Vorbringen der Beteiligten und die Feststellungen zu Protokoll Bezug genommen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG. Nach § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG hat das Familiengericht stets über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. In den Fällen des § 81 Abs. 2 FamFG soll das Gericht die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen.

1. Der Kindsmutter waren die Kosten des Verfahrens bereits deshalb aufzuerlegen, da sie zu wesentlichen Tatsachen schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat (§ 81 Abs. 2 Satz 3 FamFG). Insoweit wird inhaltlich vollumfänglich auf den 186-seitigen Beschluss des Gerichts vom 21.05.2021 in dem Verfahren Az.: 2 F 318/19 Bezug genommen. Eine andere Kostenfolge würde wahrheitswidrigen Missbrauchsvorwürfen in familiengerichtlichen Verfahren mangels Prozess- bzw. Kostenrisiko Vorschub leisten.

2. Daneben waren den Opferschutzorganisationen S... und der E...stiftung die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner aufzuerlegen. Denn S... und die E...stiftung haben durch ihre Mitglieder aktiv versucht, auf den Wahrheitsfindungsprozess des Gerichts bzw. die Sorgerechtsentscheidung des Gerichts Einfluss zu nehmen. Im Vorfeld haben diese Opferschutzorganisationen der Kindsmutter darin geholfen, das familiengerichtliche Verfahren strategisch vorzubereiten, um unabhängig der Beweis- und Faktenlage das alleinige Sorgerecht zu erhalten und den Kindsvater aus dem Leben des Kindes zu drängen. Durch ihre massive Einflussnahme auf das hiesige Verfahren haben die Opferschutzorganisationen kostenverursachende Tätigkeiten des Gerichts ausgelöst. Ohne das kollusive Zusammenwirken der Opferschutzorganisationen S... und E...stiftung mit der Kindsmutter hätte das Gericht keine derartig umfangreiche Beweisaufnahme - mit der Vernehmung zahlreicher Zeugen und Einholung mehrerer Sachverständigengutachten - durchführen müssen.

2.1 Einem Dritten können nach § 81 Abs. 4 FamFG Kosten des Verfahrens dann auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft. Diese Vorschrift gilt nicht nur für Antragsverfahren, sondern auch für Amtsverfahren (Schneider, in: Kemper/Schreiber, Familienverfahrensrecht, § 81 Rn. 68). Die Vorschrift erfasst alle Fällen, in denen z.B. Nachbarn, Verwandte, Altenheime, Behörden usw. unmittelbar oder mittelbar das Verfahren des Gerichts in Gang setzen oder innerhalb eines schon laufenden Verfahrens Kosten verursachende Tätigkeiten (z.B. eine Beweisaufnahme) auslösen (Weber, in: BeckOK, FamFG, § 81 Rn. 30; OLG München, Beschluss vom 07.05.2019 - Wx 194/19 Kost - FGPrax 2019, 144).

"Dritter" im Sinne § 81 Abs. 4 FamFG kann nur sein, wer nicht formal am Verfahren beteiligt ist. Diese Regelung ist Ausdruck des gesetzgeberischen Willens, eine allgemein gültige Regelung zu schaffen, unter welchen Voraussetzungen einem nicht formal Beteiligten Kosten auferlegt werden können (Schindler, in: Müko, § 81 Rn. 66, 68). Vorliegend sind die Opferschutzorganisationen S... und die E...stiftung "Dritte" i.S.d. § 81 Abs. 4 FamFG, da sie nicht formal in dem hiesigen Verfahren beteiligt sind.

Haben mehrere gemeinschaftlich - wie vorliegend - grob schuldhaft das Tätigwerden des Gerichts veranlasst, kommt eine gesamtschuldnerische Haftung für die Verfahrenskosten in Betracht (vgl. Schindler, in: Müko, § 81 Rn. 72).

Kosten können dem Dritten nur auferlegt werden, wenn er die Tätigkeit des Gerichts "veranlasst" hat. Zwischen seinem Verhalten und dem Tätigwerden des Gerichts muss also ein Kausalzusammenhang bestehen (Schindler, in: Müko, § 81 Rn. 69). Die Kostentragungspflicht des Dritten ist davon abhängig, dass diesen ein grobes Verschulden am Tätigwerden des Gerichts trifft. Es setzt entweder Vorsatz oder ein fahrlässiges Verhalten voraus, dass die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt in außergewöhnlich großem Maß außer Acht lässt und das nicht beachtet, was jedem einleuchtet. Solches liegt insbesondere vor, wenn der Dritte Verfahrenseinleitungen anregt und dabei leichtfertig falsche oder die wahren Tatschen entstellende Behauptungen aufstellt (Schindler, in: Müko, § 81 Rn. 71).

Vorliegend ist es den Opferschutzorganisationen S... und der E...stiftung nicht um die objektive Wahrheitsfindung gegangen, sondern diese "Opferschutzorganisationen" haben bereits im Vorfeld entschieden, wer Opfer und wer Täter ist. In diesem Sinne wollten sie auch Einfluss auf die gerichtliche Entscheidung nehmen bzw. sogar eine objektive Wahrheitsfindung durch das Gericht unterbinden. Allein aufgrund der Angaben der Kindsmutter haben sie einen sexuellen Missbrauch zugrunde gelegt, ohne die Angaben und die Motivlage der Kindsmutter zu hinterfragen. Aus den vergangenen Justizskandalen "Montessori Prozess" und den "Wormser Prozesses" haben diese Opferschutzorganisationen keine Lehren gezogen. Obwohl der Bundesgerichtshof nach diesen beiden Justizskandalen mit Urteil vom 30.07.1999 - 1 StR 61809 -, NJW 1999, 2764 Mindeststandards für Glaubhaftigkeitsgutachten formuliert hat, haben S... und die E...stiftung vielmehr sogar bewusst versucht, diese Vorgaben auszuhebeln.

Keinesfalls durfte das Gericht die Ergebnisse des Privatgutachtens des Zeugen Dr. S... und die Stellungnahme der Zeugin B... blindlings übernehmen, sondern musste zur Aufklärung der streitgegenständlichen Fragen eine umfangreiche Beweisaufnahme durchführen, die von S... und der E...stiftung letztendlich mitveranlasst wurde. Die Opferschutzorganisationen S... und die E...stiftung müssen sich das Verhalten ihrer Mitarbeiter bzw. Mitglieder zurechnen lassen.

2.2 Frau Dr. ... L... hat etwa bereits vor der ersten mündlichen Verhandlung den zuständigen Jugendamtsmitarbeiter per E-Mail angeschrieben. Auch Frau H... ist ebenfalls an den zuständigen Jugendamtsarbeiter und zusätzlich an die Verwaltungsleiterin des Gerichts und später noch an die unzuständige Familienrichterin J... per E-Mail herangetreten. Durch dieses Verhalten sollte Druck auf die Entscheidungsträger Jugendamt und Gericht ausgeübt werden.

2.3 Darüber hinaus haben S... und die E... ihre Netzwerke und finanziellen Mittel eingesetzt.

a) Die für die Kindsmutter tätige Rechtsanwältin E... ist zusammen mit der Zeugin B... zu dem Thema "Sexualisierte Gewalt in rituellen und organisierten Gewaltstrukturen" bei der Netzwerkkonferenz "Aktionsplan im Dialog" im November 2016 aufgetreten.

Obwohl der Zeugin B... die aufgestellten Standards des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 30.07.1999 - 1 StR 61809 -, NJW 1999, 2764 bekannt waren, hat sie - auf Veranlassung von S... - eine Stellungnahme verfasst, die diesen Anforderungen nicht entspricht. In der Zeugenvernehmung hat die Zeugin B... am 08.11.2019 selber erklärt, dass sie ihre Stellungnahme nicht gerichtsverwertend begründet hätte.

Dennoch wurde diese Stellungnahme der Zeugin B... vom 27.04.2019 sowohl der Staatsanwaltschaft Stuttgart, als auch dem hiesigen Gericht vorgelegt. Dass es nicht um eine objektive Wahrheitsfindung ging, sondern, um ein strategisches Vorgehen, um Zeit zu gewinnen, ergibt sich aus dem Zusatzteil der Stellungnahme auf Seite 10:

"Sehr geehrte Frau B...,

dieser Teil der Stellungnahme ist nur für Sie (also nicht öffentlich im Verfahren zu nutzen) gedacht. Sonst würde man den Prozessgegner von einem Strategiewechsel in Kenntnis setzen. (...)

Sie wissen sicherlich selbst, wie viele Gutachter kleineren Kindern die Zeugnisfähigkeit absprechen und einfach konstatieren, ein Kind brauche beide Eltern. (...)

Es wäre also gut, möglicherweise mit meiner Einlassung Zeit für das Sorgerechtsthema zu gewinnen. (...)"

Die Zeugin G... B... hat in ihrer Zeugenvernehmung am 08.11.2019 angegeben, dass sie von Frau H... von S... beauftragt worden war. Weiter berichtete die Zeugin B..., dass Frau H... damals so nett gewesen sei, sie zur Staatsanwaltschaft hinzufahren. Auf diesem Weg hätte sie ihr noch ein paar Stichpunkte gesagt.

Die Zeugin B... hat ausdrücklich in ihrer Zeugenvernehmung erklärt, dass sie kein Gutachten erstattet, sondern es sich hierbei um eine Stellungnahme gehandelt hätte und diese sei auch nicht im Auftrag der Kindsmutter gewesen. Auch in dem Schreiben der Zeugin B... vom 08.11.2019 (Betreff: Beratende Stellungnahme und Handlungsempfehlung - kein Gutachten) hat diese ausgeführt, dass ihr diese Unterscheidung wichtig sei. Ein Gutachten sei weit umfangreicher, erfordere den persönlichen Kontakt und sei vollkommen anders aufgebaut. Weiter erklärte die Zeugin B... im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung, dass sie nicht sagen könne, dass das was sie gesehen hätte, einen dezidierten Missbrauch beweisen würde.

Auf die Frage, wieso sie in ihrer Stellungnahme vom 27.04.2019 auf Seite 10 ausgeführt hätte, dass dieser Teil nicht für die Öffentlichkeit im Verfahren zu nutzen sei, erklärte die Zeugin B... in ihrer gerichtlichen Vernehmung, dass dies an die Anwältin gerichtet gewesen sei, da könne sie auch etwas "schlampert" schreiben.

Bewusst sollte also der sexuelle Missbrauchsvorwurf, trotz des zwischenzeitlich eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, in der Schwebe gehalten werden, letztendlich mit dem Ziel, eine Umgangswiederanbahnung des Kindes mit dem Kindsvater zu unterbinden und, um eine weitere Eltern-Kind-Entfremdung voranzutreiben.

Die Stellungnahme der Zeugin B... hat sich damit nicht an einer sachlichen und fachlichen Richtigkeit orientiert, sondern an den mutmaßlichen bzw. tatsächlichen Interessen der Auftraggeber.

Bereits 2006 hat der Strafverteidiger Thielmann (StV 1 /2006, Die Grenzen des Opferschutzes, Anmerkungen zur Tätigkeit der Opferschutzorganisation "S...", S. 41, (50)) kritisiert, dass S... - in Bezug auf Menschenhandel und Zwangsprostitution - Einfluss auf die Aussage der betreuten Zeuginnen nehmen und damit unmittelbar in die (straf-)gerichtliche Wahrheitsfindung eingreifen würde. Dieses Vorgehen würde rechtsstaatlichen Ansprüchen nicht genügen. Thielmann kritisierte, dass für S... ein Beschuldigter von Beginn an "Täter" und die vom Verein betraute Zeugin "Opfer" sei. Die Opferschutzorganisation würde nicht hinterfragen, ob dies der Realität entspreche (Thielmann, StV2/2006, S. 41, (45)). S... würde sich im Übrigen nicht damit begnügen, den betreuten Frauen beizustehen, sondern hätte darüber hinaus auch den Anspruch, den Beschuldigten durch aktive Unterstützung der Zeugin zu überführen (Thielmann, StV 1/2006, S. 41, (47)). Thielmann hat darauf hingewiesen, dass das Konzept von S... ausdrücklich den "positiven Einfluss der Betreuung auf die Aussagequalität" umfasse (Thielmann, StV 1/2006, S. 41, (47)). Weiter hat Thielmann darauf hingewiesen, dass sich aus dem Handbuch für die Praxis der Opferschutzorganisation S..., Grenzüberschreitende Verbrechen - Grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf den Seiten 133 f. ergibt, dass dem Verein die Regeln der Aussagepsychologie bekannt sind. Etwaige nur scheinbare und "ungewollte" Widersprüche einer Aussage, seien nach Auffassung der Opferschutzorganisation stets durch die Traumatisierung zu erklären. Ziel von S... sei daher, diese Widersprüche möglichst weitgehend aus der Aussage zu entfernen, da gerade solche Widersprüche die Glaubwürdigkeit der Zeugin erschüttern würde (Thielmann, StV 1/2006, S. 41, (47)).

Entsprechend heißt es im Handbuch von S..., Grenzüberschreitendes Verbrechen - Grenzüberschreitende Zusammenarbeit, auf Seite 170 für ein strafrechtliches Verfahren hinsichtlich der Nebenklagevertretung:

"Die Rechtsanwältin hat als Nebenklagevertreterin Akteneinsicht und kennt somit die Aussage der Angeklagten und anderer Zeugen. Auf dieser Grundlage kann sie im Gespräch mit der Mandantin die Widersprüche in deren Aussage beseitigen, Erinnerungslücken schließen und sie in diesem Zusammenhang auch auf die Verteidigungsstrategie vorzubereiten. (...)"

Damit legt S... offen, dass dem Verein an einem objektiven Wahrheitsfindungsprozess nicht gelegen ist, sondern Zeuginnen vor ihrer gerichtlichen Zeugenaussage "präpariert" werden.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat mit Einstellungsverfügung vom 16.01.2019 das strafrechtliche Ermittlungsverfahren Az.: 24 Js 10029/17 wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176 Abs. 4 StGB nach § 170 Abs. 2 StPO gegen den Kindsvater mit der Begründung eingestellt, dass die Aussage des Kindes keine näheren Anhaltspunkte dafür geliefert hätte, wie sich die einzelnen Vorfälle konkret abgespielt haben sollen. Darüber hinaus hätten sich einige Widersprüche der kindlichen Aussage zu den Angaben der Kindsmutter feststellen lassen.

Auffallend ist vorliegend, dass S... gerade kein aussagepsychologisches Gutachten, sondern eine traumatologische Stellungnahme in Auftrag gegeben hat, und sich die Zeugin B... nach eigenen Bekundungen sehr wohl bewusst war, dass ihre Stellungnahme den gutachterlichen Anforderungen an die Vorgaben des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 30.07.1999 - 1 StR 61809 -, NJW 1999, 2764 nicht entspricht.

b) Die Zeugin H... von S... hat in ihrer Zeugenvernehmung am 08.11.2019 angegeben, dass sie über die Rechtsanwältin E... kontaktiert wurde. Es sei darum gegangen, neue Beweise zu finden, damit die Akte nicht geschlossen werde. In Bezug auf die Sichtung der Videovernehmung angesprochen, erklärte die Zeugin es H..., dass es ihnen darum gegangen sei, besser vor den Behörden argumentieren zu können.

Später erklärte die Zeugin H..., dass es ihnen nicht darum gegangen sei, wer Recht hätte, sondern es sei ihnen um die Sorge um das Kind gegangen. Damit hat die Zeugin H... letztendlich eingeräumt, dass es ihnen nicht um eine objektive Wahrheitsfindung gegangen ist.

Auf Frage erklärte die Zeugin H..., dass sie zwar gewusst hätten, dass es zwischen Vater und Mutter Streitigkeiten geben würde, im Detail seien sie jedoch nicht involviert gewesen.

Damit wird deutlich, dass die Zeugin H... zu keinem Zeitpunkt die Angaben und die Motivlage der Kindsmutter hinterfragt hat.

Auf Frage, warum sie eine E-Mail an die unzuständige Richterin ... geschrieben hätte, erklärte die Zeugin H..., dass es ihr darum gegangen sei, Öffentlichkeit zu erzeugen. Auf Frage, warum sie Lügde und Staufen in ihrer E-Mail genannt hätte und nicht auch die Wormser-Prozesse und den Montessori-Prozess erklärte die Zeugin H..., dass sie da nicht subsumiert hätte. Die genannten Fälle seien in der Öffentlichkeit aktuell präsent gewesen und deshalb hätte sie diese Fälle genannt.

Damit wird deutlich, dass die Zeugin H... bzw. S... die Problematik, die sich in den Wormser-Prozessen und den Montessori-Prozess gezeigt hat, nämlich, dass Kleinkinder anfällig für Suggestionen durch die Befragungspersonen sind, bewusst ausgeblendet hat.

Auf Frage, ob sie auch mal mit dem Kind gesprochen hätte, erklärte die Zeugin H... zunächst, dass sie das Kind T. einmal erlebt hätte. Dann korrigierte sich die Zeugin H... und erklärte, dass sie das Kind zweimal erlebt hätte. Sie korrigierte sich ein weiteres Mal und erklärte, dass sie das Kind dreimal erlebt hätte.

Dass die Zeugin H... sich mit dem Kind noch vor Abschluss des familiengerichtlichen Verfahrens unterhalten hat, ist im Hinblick auf die Suggestibilität von Kleinkindern und einem induzierten Kinderwillen von Bedeutung. Denn die Problematik des suggestiven Einflusses liegt in der Regel nicht in bewussten Fehlinformationen, sondern in der Voreinstellung des Befragers. Das Hauptcharakteristikum suggestiver Interviews besteht in einer Voreinstellung des Interviewiers, einem sog. "Interviewer bias". Diese Voreinstellung ist gekennzeichnet durch Apriori-Annahmen darüber, dass bestimmte Ereignisse tatsächlich passiert sind (vgl. hierzu Volbert, in: Steller/Volbert, Psychologie im Strafverfahren, Suggestibilität kindlicher Zeugen, S. 43). Diese Voraussetzungen waren vorliegend auch bei der Zeugin H... erfüllt, denn sie ging von vornherein davon aus, dass ein sexueller Kindesmissbrauch tatsächlich stattgefunden hat.

Bei den Bemühungen, eine unterstützende Atmosphäre für das Kind zu schaffen, kommt es zur selektiven Verstärkung von Äußerungen, die konsistent mit der Interviewhypothese sind (z.B. durch Kopfnicken oder beispielsweise durch Lob dafür, dass das Kind so tapfer ist), während andere Äußerungen nicht weiter beachtet werden. Teilweise werden Personen- bzw. Verhaltensstereotype aktiviert, z.B. wird eine verdächtigte Person als jemand bezeichnet, der "etwas getan hat, was schlimm war" (vgl. hierzu Volbert, in: Steller/Volbert, Psychologie im Strafverfahren, Suggestibilität kindlicher Zeugen, S. 43; vgl. auch Regber, Glaubhaftigkeit und Suggestibilität kindlicher Zeugenaussagen unter Einbeziehung entwicklungspsychologischer Aspekte, S. 54).

Auffällig war bereits, dass die Zeugin H... auf Frage der Sachverständigen Dr. S..., was sie mit dem Kind besprochen habe, "gemauert" hat. Die Zeugenaussage fiel diesbezüglich pauschal aus, konkrete Gesprächsinhalt wurden nicht wiedergegeben. Die Zeugin H... hat lediglich erklärt, dass sie der Kindsmutter und dem Kind die Räumlichkeiten der Organisation gezeigt hätte. Das Kind hätte Kekse gegessen und sie hätten Kaffee getrunken. Sie hätte sich mit dem Kind darüber unterhalten, was sie in der Beratungsstelle machen würden.

Insoweit ist anzumerken, dass es sich bei S... um eine Opferschutzorganisation handelt, die sich ausschließlich gegenüber weiblichen Klientinnen solidarisch zeigt und Opfer von Menschenhandel, Zwangsprostitution und Beziehungsgewalt betreut und berät.

Die Zeugin H... erklärte weiter, dass sie darüber gesprochen hätten, dass Frauen zu ihnen kommen würden und manchmal auch Kinder und deswegen würde es auch Bilderbücher geben. Sie würden mit den Frauen über ihre Themen und den Kindern reden. Inhaltlich sei nichts über den sexuellen Missbrauch gesprochen worden.

Da Kleinkinder jedoch hochsuggestibel sind, reagieren sie auch auf nonverbale Reize. Mit einem derartigen Vorgehen wurde das Kind nicht nur von der Kindsmutter, sondern auch von S... darauf konditioniert, dass ihr Vater ein Täter und ihre Mutter das Opfer ist.

Auf Frage erklärte die Zeugin H..., dass das Kind über den Vater nichts gesagt hätte. Der Vater sei gar nicht existent in dem Gespräch gewesen. Damit wurde der Vater für das Kind von den Erwachsenen zum "Tabuthema" erklärt.

Auf Frage, ob eine Reportage geplant sei, erklärte die Zeugin H... am 08.11.2019, das wisse sie nicht. Demgegenüber wurde von polizeilicher Seite mit E-Mail vom 16.10.2019 gegenüber dem Gericht mitgeteilt, dass die Journalistin ... W... sich mit dem Fall "I..." befassen würde. Weiter wurde mitgeteilt, dass die Journalistin Kontakt zu S... und Frau Rechtsanwältin E... hätte, über die der Sachverhalt kommuniziert werde.

2.3.2 Zu dem Zeugen Dr. S... ist auszuführen, dass er zusammen mit Frau Rechtsanwältin ... E... und Frau Dr. ... L... an der Fachtagung "Sexualisierte Gewalt in organisierten und rituellen Strukturen" in Berlin, am 12.04.2018 referiert hat.

a) Mit Beschluss vom 21.05.2021 in dem Verfahren Az.: 2 F 318/19 wurde bereits dargelegt, dass die Diagnose eines Münchhausen-by-Proxy-Syndroms opfer- und nicht täterzentriert ist, sodass allein eine Exploration der Kindsmutter keinerlei Aufschluss zu dieser Frage geben kann. Der Zeuge Dr. S... hat keinerlei pädiatrische Konstellation- bzw. Misshandlungsdiagnose zu dem Kind T. erstellt, sondern ausschließlich die Kindsmutter (u.a. mit Testungen unter den Gesichtspunkten einer Depression, Angsterkrankung, Demenz und psychischer Erkrankungen) exploriert. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine valide, wissenschaftlich anerkannte Begutachtungsmethode zur Abklärung eines Münchhausen-by-Proxy-Verdachts. Dennoch hat der Zeuge Dr. S... der Kindsmutter bescheinigt, dass ein Münchhausen-by-Proxy-Syndrom nicht erkennbar sei. Ein solches Vorgehen widerspricht aber bereits den Besonderheiten dieses Störbildes. Denn MpbS-Täter streiten regelmäßig ab, Misshandlungen bei ihren Kindern ausgeführt zu haben, selbst wenn unbestreitbare Beweise vorliegen (Feldman, Wenn Menschen krank spielen, S. 171 f.).

In der Zeugenvernehmung am 10.02.2020 hat der Zeuge Dr. S... selber noch ausgeführt, dass bei Vorliegen eines Münchhausen-by-Proxy-Syndroms für die Täterin keine Krankeneinsicht besteht und dies zur Diagnose gehört. Obwohl das Münchhausen-by-proxy-Syndrom bei den Tätern mit einem pathologischen Lügen einhergeht, hat sich der Zeuge Dr. S... ausschließlich auf die Angaben der Kindsmutter gestützt, ohne diese Angaben anhand objektivierbarer Fakten zu überprüfen. Es kann aber nicht erwartet werden, dass ein Elternteil, der sein Kind misshandelt, an seiner eigenen Überführung mitwirkt. Nur vereinzelt hat der Zeuge Dr. S... Krankenunterlagen eingesehen, und zwar nur solche zu der Patientin M., die ihm die Kindsmutter freiwillig mitgebracht hatte. Zu dem betroffenen Kind T. hat er keinerlei Krankenunterlagen eingesehen. Im Rahmen der Zeugenvernehmung am 10.02.2020 hat der Zeuge Dr. S... eingeräumt, dass er auch nicht die Ärzte kontaktiert hätte, die 2012 erstmals den Verdacht eines Münchhausen-by-Proxy-Syndroms in Bezug auf die Patientin M. geäußert hatten, obwohl er selber noch ausgeführt hat, dass die meisten Fälle Wiederholungstäter sind.

Demgegenüber bescheinigte der Zeuge Dr. S... dem Kindsvater in seinem Privatgutachten vom 01.08.2019 eine "Psychopathologie mit ausgeprägter emotionaler Gewaltbereitschaft, Manipulation, ökonomischer Ausbeutung und möglicherweise auch sexuelle Delinquenz", obwohl er den Kindsvater nicht persönlich exploriert hatte. Dennoch führte der Zeuge Dr. S... in seinem Privatgutachten vom 01.08.2019 folgendes aus:

"Aus Sicht des Unterzeichners besteht ein hochgradiger Verdacht der Kindeswohlgefährdung durch emotionalen, physischen und sexuellen Missbrauch durch Herrn B(...), möglicherweise an M(...), mit hoher Wahrscheinlichkeit an T(...)."

Obwohl der Münchhausen-by-Proxy-Verdacht originär 2012 von der Abteilung der Kinderchirurgie und Kinderurologie des Klinikums Tübingen in Bezug auf die mittlerweile verstorbene Patientin M. (als Opfer und die Mutter als Täterin) geäußert worden war, erklärte der Zeuge Dr. S... aufs Geratewohl:

"Eine aktive Vorwärtsstrategie des Angriffs auf die Opfer passt gut in das Schema eines (zumindest latent) psychopatischen Täters. (...)

Das Privatgutachten des Zeugen Dr. S... hat sich damit ebenfalls nicht an einer sachlichen und fachlichen Richtigkeit orientiert, sondern an den mutmaßlichen bzw. tatsächlichen Interessen der Auftraggeber. Um dem Privatgutachten den "Schleier der Objektivität" zu verleihen, wurde von Seiten der Kindsmutter mit anwaltlichem Schriftsatz vom 26.08.2019 in dem Verfahren Az.: 2 F 384/19 eA das Privatgutachten vom 01.08.2019 als Anlage ASt 2 auf dem Briefbogen der Deutschen Rentenversicherung vorgelegt (Beweisangebot "Mehrfertigung des psychosomatisch-psychotherapeutischen Gutachtens der DRV Bund, Dr. S..., vom 01.08.2019, Anlage ASt 2"). Tatsächlich hatte jedoch nicht die Deutsche Rentenversicherung dieses Gutachten in Auftrag gegeben, sondern die E...Stiftung. Entsprechend hat der Zeuge Dr. S... auch der E...stiftung einen Betrag in Höhe von 1.200 € in Rechnung gestellt.

Auch das Verhalten der Frau Dr. ... L... ist mindestens als grob fahrlässig einzustufen. Mit dem Privatgutachten des Zeugen Dr. S... sollte gezielt eine "Expertise" eingeholt werden, die dem Gericht das bescheinigt, was die Geschäftsführerin der E...stiftung bereits mit E-Mail vom 30.07.2019 versucht hatte, dem Jugendamt zu vermitteln:

"(...) Was ich weiterhin aus diversen anderen Fällen kenne, ist eine häufig anzutreffende Fähigkeit von pädosexuellen Tätern, die Umwelt über ihr Verhalten und ihre Persönlichkeit in sehr einnehmender Weise zu täuschen und sich ggfs. höchst geschickt als zu Unrecht beschuldigtes Opfer eines angeblich maliziös agitierenden anderen Elternteils (meistens der Mutter, aber mir ist auch durchaus der umgekehrte Fall bekannt) zu präsentieren. Insbesondere der Versuch, dem anderen Elternteil eine Münchhausen-by-proxy-Erkrankung oder andere psychiatrische Störungsbilder zu unterstellen, um in Sorgerechtsstreitigkeiten den Zugriff auf das Kind zu behalten und insbesondere auch gezielte Schutz- und Therapiemaßnahmen zu verhindern, wird immer wieder mit Vorliebe vorangetrieben. Das ist wirklich eine in diesen Kreisen nur allzu beliebte "Masche" von der in zumindest befürchte (wenn auch natürlich nicht präjudizierenden kann und will), dass sie hier auch praktiziert worden sein könnte."

Ohne valide Prüfung sollte der Kindsmutter bescheinigt werden, dass bei ihr kein Münchhausen-by-proxy-Syndrom als Täterin vorliegt, während es sich bei dem Kindsvater um einen pädosexuellen Täter handelt, dessen "Masche" es ist, der Kindsmutter geschickt, ein Münchhausen-by-Proxy-Syndrom zu unterstellen. Dabei wurde bewusst ausgeblendet, dass dieser Verdacht originär nicht vom Kindsvater geäußert wurde, sondern erstmals 2012 von Kinderchirurgen aus dem Klinikum Tübingen in Bezug auf die mittlerweile verstorbene M. als Opfer.

b) Darüber hinaus hat die Kindsmutter am 28.11.2018 die Kindergärtnerinnen des Kindergartens ... gebeten, dass sich diese mit der E... Stiftung in Verbindung setzen sollten. Die Kindergärtnerinnen haben in der Folge telefonisch Kontakt zu der E... Stiftung aufgenommen. Beim Telefonat ging es allgemein um sexuellen Missbrauch und Frau Dr. ... L... erklärte den Kindergärtnerinnen - wie schon vorher von der Kindsmutter erwähnt -, dass das Kind T. Angst vor dunklen Räumen und Kellern hätte. Die Kindergärtnerinnen wurde von Frau Dr. ... L... angewiesen, dass sie solche Räume im Kindergarten vermeiden sollen, damit T. keine Angstzustände bekomme. Obwohl die Kindergärtnerinnen dies selber noch nicht beobachtet hatten, behauptete Frau Dr. ... L..., dass T. ab und zu wohl in Situationen erstarrt sei.

Die Kindergärtnerinnen sollten damit gezielt dahingehend beeinflusst werden, das Kind T. als sexuell missbrauchtes Kind wahrzunehmen und jedes Verhalten des Kindes unter diesem Blickwinkel zu würdigen.

c) Aus der E-Mail der Traumafachberaterin Frau Dr. ... L... vom 30.07.2019 geht hervor, dass sie sich mehrfach mit der Kindsmutter persönlich getroffen hat und das Kind T. während dieser Treffen anwesend war:

"T(...) wiederum, die ich ebenfalls mehrfach persönlich erleben durfte, hinterließ bei mir den Eindruck eines sehr positiven und liebevoll auf die Mutter bezogenen Kindes."

Was sie konkret mit dem Kind vor der aussagepsychologischen Begutachtung durch die gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. S... besprochen hat, wurde letztendlich nicht offengelegt. In der mündlichen Verhandlung am 08.11.2019 wurde die Kindsmutter gefragt, ob das Kind T. zwischenzeitlich mit einer Traumafachberaterin Kontakt gehabt hätte. Die Kindsmutter verneinte diese Frage und erklärte, dass sie mal Kontakt mit einer Traumafachberaterin gehabt hätte, aber nicht T.. Nach Vorhalt der E-Mail vom 30.07.2019 stritt Frau Rechtsanwältin ... E... ab, dass Frau Dr. ... L... eine Traumafachberaterin ist. Auf Vorhalt des Gerichts, dass sich dies aus der vorbenannten E-Mail ergeben würde, revidierte Frau Rechtsanwältin ... E... ihre Angabe. Die Kindsmutter erklärte in der Folge, dass T. Frau Dr. .... L... nicht als Traumafachberaterin kennengelernt hätte, sondern in einem familiären Kontext. Auf Frage des Gerichts, ob es von diesen Gesprächen Aufzeichnungen gibt, erklärte die Kindsmutter, wenn sie sich mit jemanden privat abends zum Essen treffen würde, würde sie auch keine Aufzeichnungen machen.

Ergänzend ist auszuführen, dass die Kindsmutter mit anwaltlichem Schriftsatz vom 01.08.2019 selber noch vortragen ließ, dass Frau Dr. .... L... Traumafachberaterin ist.

d) Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 08.11.2019 hat sich schließlich herausgestellt, dass Frau Dr. ... L... die Kindsmutter auch bei der ersten Exploration durch die Sachverständige Dr. S... am 21.10.2019 begleitet hat und sich dort lediglich als eine Bekannte vorgestellt hatte.

Zwar ist die Teilnahme einer Person des Vertrauens im Rahmen einer Exploration möglich. Sollte jedoch die begründete Gefahr bestehen, dass die Anwesenheit der dritten Person den Befragungszweck gefährdet, da der Elternteil Sachverhalte möglicherweise verzerrt, übertrieben oder anders darstellen könnte, kann das Gericht den Sachverständigen auf dessen Anfrage hin anweisen, die Anwesenheit eines Dritten auszuschließen (Salzgeber, Familienpsychologische Gutachten, Rn. 330; SG Mainz, Gerichtsbescheid vom 07.02.2017 - S 11 SB 204/15 -, BeckRS 2017, 102201 vgl. auch KG, Beschluss vom 18.02.2021 - 3 UF 1069/20 -, NZFam 2021, 416). Die Information, dass es sich bei der Begleitperson um die Vertreterin der E...stiftung (für Überlebende ritueller Gewalt und organisierter Ausbeutung durch Zwangsprostitution bzw. Kinderpornografie) und nicht lediglich um eine Bekannte gehandelt hat, ist der Sachverständigen Dr. S... bewusst verschwiegen worden. Damit wurde vereitelt, dass das Gericht überhaupt prüfen konnte, ob die Anwesenheit von Frau Dr. ... L... den Befragungszweck gefährdet und ihre Anwesenheit daher gerichtlich auszuschließen ist.

Auch wenn bislang eine eindeutige Rechtslage oder höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage, ob ein Begutachtender bei einer Exploration durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen einen Beistand mitnehmen darf, nicht existiert, so ist jedoch geklärt, dass diesem Beistand zumindest kein Äußerungs- bzw. Beteiligungsrecht zusteht. Nicht gestattet ist es der mitgebrachten Begleitperson, sei es dem anwaltlichen Bevollmächtigten oder einem Privatgutachter, eine Beteiligung an dem Untersuchungsgespräch durch Fragen, Vorhalte oder sonstige Äußerungen. Denn hierdurch wäre bei einer psychologischen Untersuchung eine erhebliche Störung der Untersuchung und auch Beeinflussung ihres Ergebnisses zu befürchten (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 03.02.2015 - 14 UF 135/14 -, NJW 2015, 1461 (1462)).

Aus den Aufnahmen zu der Exploration am 20.11.2019 geht hervor, dass Frau Dr. ... L... sich beim zweiten Explorationstermin gegen Ende in unzulässig Weise geäußert und beteiligt hat.

Die Kindsmutter hat während der Exploration mit der Sachverständigen Dr. S... fortwährend über den gerichtlichen Verfahrensgang, über die Fehlerhaftigkeit von Glaubhaftigkeitsgutachten, die BGH-Rechtsprechung und über den Stand der Wissenschaft diskutiert. Die Kindsmutter kritisierte, dass das Kind lediglich eine Reittherapie hätte machen dürfen und keine Trauma-Therapie. Weiter erklärte die Kindsmutter, dass sie den Missbrauch nicht beweisen müsse. Das gehöre ins Strafrecht. Im Familienrecht müsse sie das nicht nachweisen, sondern da gehe es um das Kindeswohl. Das Kind wolle den Vater nicht mehr sehen; es habe Angst vor ihm. Weiter erklärte die Kindsmutter, dass man vielleicht den Missbrauch nicht beweisen könne, die Sachverständige könne aber auch nicht beweisen, dass er nicht stattgefunden habe. Die Sachverständige wies darauf hin, dass es beim Kindeswohl mehrere Risiken gäbe und zwar - neben einem möglichen Missbrauch - auch eine Entfremdung von einer engen Bezugsperson. Weiter wies die Sachverständige darauf hin, dass sie eine Risikoeinschätzung treffen müsse. Die Kindsmutter warf der Sachverständigen vor, dass diese das Risiko gar nicht einschätzen könne. Die Sachverständige Dr. S... führte ins Feld, dass dazu die Einholung des aussagepsychologischen Gutachtens dienen würde. Die Kindsmutter erwiderte daraufhin:

"Und wie viele von denen sind falsch? Übernehmen Sie die persönliche Verantwortung dafür? Und sind bereit dazu, aufgrund dessen das Kind wieder zum Vater zu schicken. Und die sagt ihnen in 10 Jahren, dass sie weiter missbraucht worden ist. Dann schauen Sie diesem Menschen ins Gesicht. Dann übernehmen Sie die persönliche Verantwortung dafür. Ich würde mir das niemals anmaßen."

Im weiteren Verlauf fing auch Frau ... L... an, mit der Sachverständigen Dr. S... zu diskutieren. Frau Dr. ... L... äußerte sich unaufgefordert wie folgt:

"Ich bin erstaunt, dass die BGH-Rechtsprechung an dem Punkt so viel Beachtung findet, aber nicht bei der Frage zum Beispiel von Polygraphen. Das wundert mich. Das ist gar nicht die Frage an Sie."

Im weiteren Verlauf der Diskussion erklärte Frau Dr. ... L... gegenüber der Sachverständigen Dr. ...:

"Das war jetzt auch keine Kritik an Ihnen."

Im weiteren Verlauf zu dem Diskussionspunkt Polygraph erklärte Frau Dr. ... L...:

"Das ist einfach sehr ungewöhnlich. Weil das einfach von allen möglichen Stellen inklusive der amerikanischen APA und auch vom BGH ja eine klare Rechtsprechung zu der Sache gibt. Und es einfach so... Es ist einfach erstaunlich. Finde ich. Weil das fiel mir jetzt gerade auf, weil Sie diese BGH-Rechtsprechung zu der Aussagepsychologie-Rechtsprechung des BGH ansprachen. Und dass so, dass man sich ja danach richte müsse. Und das da auf der anderen Seite an dem Punkt so offenkundig abgewichen worden von dieser BGH-Rechtsprechung von Seiten der Richterin."

In der weiteren Diskussion erklärte Frau Dr. ... L...:

"Und im Grunde gibt - soweit ich mich da erkundigt oder auch weiß - gibt's die Frau K... und es gab da noch diesen Herrn U... Und diese beiden waren eigentlich die einzigen, die dies über viele Jahre (...) Das sind eigentlich die beiden einzigen, die sich - sagen wir mal - da als Koryphäen oder was anderes wohl. Und die Kritik ist ja ganz eindeutig. Seit vielen Jahren bekannt. Aber wie gesagt, ich will mich da nicht aufregen. Das finde ich jetzt auch erstaunlich, dass das jetzt so rübergekommen ist."

Weiter erklärte Frau Dr... L...:

"Aber es ist sowieso hier. Ich hatte so ein bisschen den Eindruck, dass durch diese massive Beweisaufnahme quasi im Grunde ein strafrechtliches Verfahren in das Familienrecht reingebracht wird."

Schließlich erklärte Frau Dr. ... L...:

"Und das ist eigentlich ein Problem. Denn das findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, das familiengerichtliche Verfahren. Im Strafrecht gibt es natürlich den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, also der Öffentlichkeit. Und das ist ja eigentlich schon mal in sich eine ganz problematische Kiste. Ich verstehe Ihren Ansatz. Ich habe das voll verstanden. Ich bin ja gar nicht dafür da, das zu diskutieren."

Diese Äußerungen hat Frau Dr. ... L... am 20.11.2019 getroffen. Zu diesem Zeitpunkt stand bereits das Konzept für das Projekt "S... H..." der volljährigen Tochter der Kindsmutter V.... fest. Für den 11.11.2019 - also 9 Tage vor dem zweiten Explorationstermin - findet sich bereits auf der Seite "Fotobuch Society" bei Facebook ein öffentliches Posting für das geplante Fotobuch "S... H...". Abgebildet werden auch zwei Bilder des vorliegend betroffenen minderjährigen Kindes (Rückansicht des Kindes mit geflochtenem Zopf und Körper des Kindes ohne Gesicht im braunen Wasser), wobei bereits ein Bild auf einem Buch abgedruckt ist. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Kindsmutter behauptet hatte, dass der Kindsvater das Kind im Rahmen des sexuellen Missbrauchs mit Kot beschmiert und auch gebadet hätte, so dass das Kind nunmehr nicht mehr gebadet werden wolle.

Die Bilder bei Facebook sind mit folgendem Text überschrieben:

"another work which will be part of our publication ‘further’ (check out our kickstarter for more information) by Fotobus member V...

S... H...

"Every second murder remains undiscovered." appears as a small article in a German daily newspaper, under the heading Miscellaneous. "If you want to kill a person in Germany, you don’t have too worry much. There is a good chance that the crime will go unpunished, even if it is committed clumsily." The German police magazine says. My sister died on the second of March 2018 at the age of 17. This is one of many cases that will probably remains unsolved forever. The diaries of my sister emerged after her death, that she had been sexually abused. Six month earlier, my little half-sister had also reported sexual acts her father had done with here. There was no investigation.”

Auf der Seite Kickstarter heißt es zu der Kampagne "S... H...":

"Mit 14.000 € können der Vertrieb und die Produktionskosten von S... H... gedeckt werden. Jeder weitere Beitrag kann dazu verwendet werden, in Zusammenarbeit mit a... e.V. und der e...stiftung für eine bessere Aufklärung von Missbrauch und Todesfällen zu kämpfen."

Im Mai 2020 postete V... noch bei Facebook zu ihrem Fotobuch "S... H...":

"An manchen Tagen bin ich einfach nur fassungslos, über die Vorkommnisse in meiner Familie und wie vonseiten der Behörden und Justiz damit umgegangen wird. Gestern erreichte mich die Nachricht, dass mein Buch S... H... eine Kindeswohlgefährdung für meine kleine Halbschwester darstellt. Ich berichte in meinem Buch anonym darüber was in unserer Familie vorgefallen ist und gebe wieder, was sich ereignet hat. Meine kleine Halbschwester hat vor bald drei Jahren zum ersten Mal von Dingen erzählt, die ihr Vater mit ihr macht und dass sie ihn nie wieder sehen will. Das hat sich bis heute nicht geändert. Das Verfahren des Missbrauchs wurde, wegen mangelnden Beweisen, eingestellt. Die Frage, ob ihr Vater wieder Umgang bekommt, konnte bis heute nicht geklärt werden. Seitdem lebt meine Schwester in der Angst vor ihrem Vater. Manchmal weiß ich nicht mehr, was ich tun soll. Ich habe schon meine Schwester verloren. Mein Buch ist der Versuch auf zu klären und meine Schwester zu schützen. Plötzlich bin ich die Gefahr. Mein Projekt findest du hier:

www.kickstarter.com (...)"

Das im Mai 2020 erschienen Fotobuch "S... H..." enthält eine Danksagung, in der unter anderem der E...Stiftung und Frau ... L... "ein großes Danke" ausgesprochen wird.

Die Äußerungen der Kindsmutter und Frau Dr. ... L... in der Exploration am 20.11.2019 sind demaskierend, da sie offenlegen, dass insoweit keinerlei Interesse an einer gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung bzw. einer objektiven Wahrheitsfindung bestand. Die Kindsmutter machte der Sachverständigen Dr. S... Vorhaltungen und führte mit dieser während ihrer Exploration fachliche Diskussionen. Unaufgefordert schaltete sich dann auch noch Frau Dr. ... L... ein. Aus der Diskussion wird deutlich, dass für die Kindsmutter und Frau Dr. ... L... nicht nur die polygraphische Begutachtung, sondern auch die aussagepsychologische Begutachtung unerwünscht war. Weiter maßte sich Frau ... L... - als nicht beteiligter Dritter - gegenüber der Sachverständigen ... in Anwesenheit der Kindsmutter Kritik an der gerichtlichen Beweisaufnahme an:

"(...) Ich hatte so ein bisschen den Eindruck, dass durch diese massive Beweisaufnahme quasi im Grunde ein strafrechtliches Verfahren in das Familienrecht reingebracht wird."

"Und das ist eigentlich ein Problem. Denn das findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, das familiengerichtliche Verfahren. Im Strafrecht gibt es natürlich den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, also der Öffentlichkeit. Und das ist ja eigentlich schon mal in sich eine ganz problematische Kiste. (...)."

Letztendlich wollte sowohl die Kindsmutter als auch Frau Dr. ... L... eine gerichtliche Beweisaufnahme unterbinden und drängten darauf, dass die strafrechtlichen Vorwürfe der Kindsmutter von Seiten des Familiengerichts ohne Beweisaufnahme als wahr unterstellt werden, obwohl es keine strafrechtliche Verurteilung gab. Dabei versuchte nicht nur die Kindsmutter, sondern auch Frau Dr. ... L... Gericht und Sachverständige gegeneinander auszuspielen.

Keinesfalls kann der Kindsmutter und Frau Dr. ... L... das Buchprojekt "S... H..." verborgen geblieben sein, das kritisiert, dass (angeblich) weder der sexuelle Missbrauchsverdacht, noch ein Mordverdacht von Seiten der Justiz aufgeklärt wurde ("There was no investigation.”). Dies steht im Widerspruch dazu, dass die Kindsmutter und Frau Dr. ... L... zeitgleich versucht haben, die Beweisaufnahme des Gerichts zu unterbinden.

Jemand, der aber tatsächlich um Aufklärung der Wahrheit bemüht ist, ernsthaft einen erfolgten Missbrauch seines Kindes befürchtet und deshalb um das Wohl des eigenen Kindes besorgt ist, verhält sich jedoch anders als die Kindsmutter, die durchgängig dafür gesorgt hat, jede hierzu verlässliche Aufklärung zu verhindern (vgl. hierzu OLG Braunschweig, Beschluss vom 17.08.2018 - 2 UF 57/18 -, NZFam 2018, 931 (938)). Das Verhalten der Kindsmutter unterstreicht, dass sie ausschließlich bestrebt ist, den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs strategisch einzusetzen und deshalb die von ihr gestreuten Verdachtsmomente in der Schwebe halten wollte, um so einen Umgang zwischen dem Kind und dem Kindsvater zu verhindern und das alleinige Sorgerecht zu erhalten.

Insoweit ist aber der verfassungsrechtliche Anspruch des Kindes aus Art. 6 GG betroffen. Nach Art. 6 Abs. 1 GG stehen Familien unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG). Das Kind hat damit einen verfassungsrechtlichen Anspruch davor geschützt zu werden, dass ihm weder die Mutter, noch der Vater als Familienmitglieder grundlos entzogen werden.

Nachdem die Kindsmutter in der Vergangenheit die Staatsanwaltschaft dafür kritisiert hatte, dass die Vorwürfe nicht hinreichend aufgeklärt worden seien, ist das Familiengericht dieser Forderung nachgekommen. Denn das Kind hat einen rechtlichen Anspruch darauf, dass von Seiten der Justiz aufgeklärt wird, ob der eigene Vater es und/oder die Halbschwester missbraucht hat. Auch hat das Kind einen rechtlichen Anspruch darauf, dass von Seiten der Justiz aufgeklärt wird, ob der Vater die Halbschwester ermordet hat, wie von Seiten der Familie in dem Raum gestellt wird. Denn da die Beziehung zu den eigenen Eltern essentiell für Kinder ist, kann von Seiten des Familiengerichts nicht prophylaktisch ein Elternteil aus dem Leben des Kindes entfernt werden.

Nicht nur die Mutter ist Teil der eigenen Identität, sondern auch der leibliche Vater. Für die eigene Identitätsfindung ist es aber essentiell, dass das Kind nicht im Unklaren darüber bleibt, ob der Vater ein Missbrauchstäter und/oder ein Mörder ist.

Auch um dem Kind die geeignete Therapie zukommen zu lassen, war zunächst zu klären, von welchem Elternteil die Gefährdung ausgeht. Eine Traumatherapie unter der Prämisse, dass das Kind Opfer eines sexuellen Missbrauchs durch den Vater ist, setzt aber voraus, dass im Vorfeld aufgeklärt wurde, ob tatsächlich ein sexueller Missbrauch stattgefunden hat. Genauso wenig würde ein Chirurg allein aufgrund eines vagen Verdachts hin, ein Organ entfernen oder Gliedmaßen amputieren, ohne im Vorfeld abgeklärt zu haben, ob dies überhaupt erforderlich ist.

Die Vorschrift des § 170 GVG [Nicht öffentliche Verhandlung in Familiensachen] trägt im Übrigen den schutzwürdigen typischen Interessen der Beteiligten Rechnung, Angelegenheiten aus den sensiblen Bereichen ihrer Privatsphäre in möglichst diskreter Form, das heißt unter weitestmöglichem Ausschluss unbeteiligter Dritter zu erörtern (Zimmermann, in: Müko zur ZPO, § 170 GVG Rn. 1). Vor diesem Hintergrund ist im Übrigen die Anwesenheit der Frau Dr. ... L... als Geschäftsführerin der E...stiftung während der Exploration der Kindsmutter, bei der auch sensible Bereiche der Privat- und Intimsphäre in Bezug auf den Kindsvater zur Sprache gekommen sind, keineswegs unproblematisch.

Hinsichtlich der Entstehungsgeschichte ist anzumerken, dass der Ausschluss der Öffentlichkeit in Familiensachen zunächst nur für Ehesachen galt. Maßgebend hierfür war, dass die Ehesachen nicht für eine Verhandlung vor der Öffentlichkeit geeignet sind, bei der jedermann Zutritt gewährt werden muss, auch dem, den nur Sensationslust, Neugierde und Klatschsucht treiben (Mayer, in: Kissel/Mayer, GVG, § 170 Rn. 1). Später wurde die Nichtöffentlichkeit bei allen Ehe- und Kindschaftssachen angeordnet, die für die Öffentlichkeit nicht geeignet sind; denn die Intimsphäre der Persönlichkeit werden bei einer öffentlichen Verhandlung nicht gewahrt. Ferner dient die Nichtöffentlichkeit dem Bestreben, dem Ruf und die gesellschaftliche Stellung der Kindseltern und des Kindes möglichst zu schützen (vgl. Mayer, in: Kissel/Mayer, GVG, § 170 Rn. 1).

Darüber hinaus dient § 170 GVG der Wahrheitsfindung, indem diese Vorschrift dem Risiko, dass die Betroffenen durch die Anwesenheit Dritter in ihrer Offen- und Unbefangenheit bei der Erörterung persönlicher Angelegenheiten beeinträchtigt werden, vorbeugt (Zimmermann, in: Müko zur ZPO, § 170 GVG Rn. 2).

Vom Ausschluss nicht erfasst, sind diejenigen Personen, die ihre subjektiven Rechte nur durch Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung wahren können. Dies gilt insbesondere für die Wahrung des Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Teilnahmeberechtigt sind daher stets die beteiligten Kindseltern in Familiensachen (vgl. Zimmermann, in: Müko zur ZPO, § 170 GVG Rn. 8 f.). Teilnahmeberechtigt sind auch bestimmte Drittbeteiligte, wie die Vertreter des Jugendamtes, der Verfahrensbeistand und die Verfahrensbevollmächtigten der Kindseltern.

Damit ist also das familiengerichtliche Verfahren besonders geeignet, entsprechende gegenseitige Vorwürfe der Kindseltern in einem objektiven Wahrheitsfindungsprozess aufzuklären und gleichzeitig die Interessen der Kindseltern sowie des Kindes auf Schutz ihrer Privatsphäre zu schützen.

Insoweit ist vorliegend zu bedenken, dass die Verdachtsmomente im Hinblick auf einen etwaigen Missbrauch noch nicht einmal zu einer entsprechenden Anklageerhebung ausgereicht haben. Die Behauptungen der Kindsmutter in Bezug auf einen etwaigen Mord haben noch nicht einmal dazu ausgereicht, dass die Staatsanwaltschaft einen entsprechenden Anfangsverdacht bejaht, um ein Ermittlungsverfahren gegen den Kindsvater einzuleiten. Würden derartige vage (strafrechtliche) Vorwürfe in einer öffentlichen familiengerichtlichen Sitzung verhandelt werden, würde die Justiz hochstrittigen Eltern eine "Bühne" geben, den anderen in der Öffentlichkeit zu diskreditieren.

Gerade sexuelle Missbrauchsvorwürfe werden in hochkonflikthaften familiengerichtlichen Verfahren aber regelmäßig erhoben, die von Seiten des Familiengerichts zum Schutze des Kindes aufgeklärt werden müssen. Das Kindeswohl hat oberste Priorität. Bei Kindschaftssachen handelt es sich um höchstpersönliche Bereiche, die das Kind betreffen, insbesondere, wenn ein sexueller Missbrauchsverdacht im Raum steht. Soweit es um die Privatsphäre von Kindern geht, kommt im Übrigen auch in Strafverfahren ein etwaiger Ausschluss der Öffentlichkeit in Betracht. Insoweit gilt es zu verhindern, dass das betroffene Kind der Öffentlichkeit preisgegeben und zum Objekt zur Befriedigung einer Sensationslust degradiert wird. Denn der Schritt, sich an die Öffentlichkeit zu wenden, um von eigenen Missbrauchserlebnissen zu berichteten, bleibt in erster Linie den Betroffenen vorbehalten.

3. Haben mehrere gemeinschaftlich - wie vorliegend - grob schuldhaft das Tätigwerden das Gericht veranlasst, kommt eine gesamtschuldnerische Haftung für die Verfahrenskosten in Betracht (vgl. Schindler, in: Müko, § 81 Rn. 72).

Die Kostenauferlegung auf den Dritten steht im Ermessen des Gerichts, wobei dieses Ermessen nicht frei ist, sondern gebunden an den Sinn und Zweck des § 81 Abs. 4 FamFG, den Dritten für seine schuldhaften falschen Angaben und Anregungen zu sanktionieren (Schindler, in: Müko, § 81 Rn. 74).

Bevor die Kostenentscheidung ergeht, ist dem Dritten aus verfassungsrechtlichen Gründen rechtliches Gehör zu gewähren. Den Beteiligten und den Opferschutzorganisationen S... und E...stiftung wurden zu der Kostenfolge und zum Verfahrenswert eine Stellungnahmefrist bis spätestens 28.06.2021 gewährt.

Mit Stellungnahme von S... (ohne Datum) hat die Opferschutzorganisation mitgeteilt, dass sich die Kindsmutter seinerzeit an die Beratungsstelle für Frauen und Kinder in Not gewandt habe. Die Kindsmutter sei besorgt um ihre Tochter T. gewesen und habe Unterstützung in ihrer Situation für sich und das Kind gewollt. S... habe dann in Rücksprache mit der Kindsmutter die Rechtsanwältin ... E... kontaktiert, Gutachten gelesen, mit Experten und mit dem Jugendamt gesprochen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass im Juli 2019 eine wichtige Verhandlung für die Familie angestanden habe. Weiter hat S... ausgeführt, dass sie die ihnen benannten Personen angesprochen und nochmals habe sensibilisieren wollen. Sie hätten alles getan, um den Sachverhalt für S... bestmöglichst aufklären.

Die Opferschutzorganisation S... hat verkannt, dass die Sachverhaltsaufklärung dem Familiengericht obliegt und nicht privaten Dritten. Die Vorschrift des § 26 FamFG verpflichtet das Familiengericht in Kindschaftsverfahren im Rahmen pflichtwidrigen Ermessens alle zur Aufklärung des Sachverhalts dienlichen Ermittlungen anzustellen. Die Gerichte müssen ihre Verfahren so gestalten, dass sie möglichst zuverlässig die Grundlage einer am Kindeswohl orientierten Entscheidung erkennen können (BGH, Beschluss vom 17.02.2010 - XII ZB 68/09 -, NJW 2010, 1351 (1353)).

Dabei hatte das Familiengericht zwei Kindeswohlaspekte zu berücksichtigen. Der erste Kindeswohlaspekt besteht darin, das Kind vor einem möglichen sexuellen Missbrauch zu schützen. Der zweite Kindeswohlaspekt ist der Schutz des Kindes vor deplatzierten familiengerichtlichen Interventionen - etwa eine nicht gerechtfertigte Umgangsaussetzung - mit ihren Folgen (Dettenborn/Walter, Familienrechtspsychologie, S. 364). Eine andere gerichtliche Herangehensweise würde dazu führen, in Sorge- und Umgangsverfahren leichtfertige oder sogar bewusst wahrheitswidrige sexuelle Missbrauchsvorwürfe - wie vorliegend - bei bindungsintoleranten Eltern, die eine Umgangsaussetzung und das alleinige Sorgerecht erwirken wollen, Vorschub zu leisten.

Wie bereits oben dargelegt, hat die Opferschutzorganisation S... nicht nur versucht, Beteiligten zu sensibilisieren, sondern hat aktiv in den gerichtlichen Wahrheitsfindungsprozess des Gerichts im Sinne der Kindsmutter eingegriffen. Aus dem Dokument der Zeugin B... vom 27.04.2019 ergibt sich auf den Seiten 10 und 11, dass es - unabhängig von einem etwaigen sexuellen Missbrauchsvorwurf - ausschließlich darum gegangen ist, dass die Kindsmutter das alleinige Sorgerecht erhält und dem Kindsvater der Umgang mit dem Kind verwehrt wird. Diese Stellungnahme wurde nicht nur von S... finanziert, sondern ist auch das Ergebnis eines Gespräches mit der Zeugin H... von S... und der Zeugin B... am 24.04.2019 auf dem Weg zur Staatsanwaltschaft Stuttgart vor der Einsichtnahme der Videoaufzeichnung. Dass es sich um eine Falschbezichtigung der Kindsmutter handeln und ein Münchhausen-by-Proxy-Syndrom vorliegen könnte, hat die Opferschutzorganisation S... gar nicht erst in Erwägung gezogen. Im Ergebnis ist die gemeinnützige (und damit steuerbefreite) Opferschutzorganisation S... zum Nachteil des Kindes für den Täterschutz aktiv geworden.

Mit Stellungnahme vom 15.06.2021 teilte Frau Dr. ... L... dem Gericht mit, dass die gerichtliche Verfügung vom 25.05.2021 die Opferschutzorganisation E...stiftung "über Umwege" erreicht hätte und dort nicht zugestellt worden sei. Daraufhin hat das Gericht verfügt, dass die gerichtliche Verfügung vom 25.05.2021 erneut an die E...stiftung zugestellt wird. Insoweit ist dem Gericht lediglich ein Postfach als "Zustelladresse" bekannt.

In der Stellungnahme vom 15.06.2021 hat Frau Dr. ... L... die Auffassung vertreten, dass sie das familiengerichtliche Verfahren weder veranlasst noch grob verschuldet hätten. Angesichts des zu diesem Zeitpunkt laufenden strafrechtlichen Verfahrens gegen den Kindsvater wegen des Verdachts des sexuellen Kindesmissbrauchs hätte die Kindsmutter aus Sorge um ihre Tochter Ende 2018 über Dritte den Kontakt zur E...stiftung hergestellt. Weiter führte Frau Dr. ... L... aus, dass sie im Sinne ihres Stiftungsauftrages in der Folge bemüht waren, zum Wohle des Kindes, insbesondere durch die Ermöglichung "zweier fachlicher Begutachtungen (der der Videovernehmung des Kindes bei der Polizei durch Frau Dipl.-Psych. ... B... sowie der zum psychischen Zustand von Frau R.(...) durch Herrn Dr. med ... S...) Licht in die verworrene Situation zu bringen" und mit einer einmaligen schriftlichen Intervention beim zuständigen Jugendamt für eine entsprechend psychologisch versierte und am Kindeswohl orientierte Haltung zu werben. Sie seien an einer Entscheidung über familiengerichtliche Schritte durch eine/n der Verfahrensbeteiligte zu keinem Zeitpunkt beteiligt gewesen.

Wie bereits dargelegt, können Dritten nach § 81 Abs. 4 FamFG Verfahrenskosten nicht nur in Antragsverfahren, sondern auch in Amtsverfahren auferlegt werden (vgl. Schneider, in: Kemper/Schreiber, Familienverfahrensrecht, § 81 Rn. 68). Das hiesige Verfahren wurde mit gerichtlicher Verfügung vom 15.07.2019 aufgrund der schwerwiegenden Vorwürfe als Kindeswohlgefährdungsverfahren und damit als Amtsverfahren fortgeführt. Der Dritte muss das familiengerichtliche Verfahren nicht unmittelbar in Gang gesetzt haben, sondern es reicht auch ein mittelbarer Beitrag aus. Auch ein Beitrag des Dritten innerhalb eines schon laufenden Verfahrens, welches eine kostenverursachende gerichtliche Tätigkeit auslöst, wie zum Beispiel eine umfangreiche Beweisaufnahme, kann dazu führen, dass diesem Dritten Verfahrenskosten auferlegt werden (vgl. Weber, in: BeckOK, FamFG, § 81 Rn. 30; OLG München, Beschluss vom 07.05.2019 - Wx 194/19 Kost - FGPrax 2019, 144).

Vorliegend hat Frau Dr. ... L... ausgeführt, dass die E...stiftung zwei fachliche "Begutachtungen" ermöglicht bzw. letztendlich mitfinanziert hat. Diese Einlassung von Frau Dr. ... L... erstaunt vor dem Hintergrund, dass die Zeugin B... in ihrer Zeugenvernehmung am 08.11.2019 und in ihrem Schreiben vom 08.11.2019 ausdrücklich erklärt hat, dass sie kein Gutachten erstattet, sondern es sich hierbei lediglich um eine Stellungnahme gehandelt hätte. Dies begründete die Zeugin B... damit, dass ein Gutachten weit umfangreicher sei, den persönlichen Kontakt erfordere und vollkommen anders aufgebaut sei. Weiter erklärte die Zeugin B... im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung, dass sie nicht sagen könne, dass das was sie gesehen hätte, einen dezidierten Missbrauch beweisen würde. Dass es bei der Stellungnahme der Zeugin B... vom 27.04.2019 nicht um sachliche und fachliche Richtigkeit ging, sondern um ein strategisches Vorgehen ergibt sich - wie bereits dargelegt - aus dem Zusatzteil der Stellungnahme auf den Seiten 10 und 11, der nur versehentlich dem Gericht vorgelegt wurde, wo von einem "Strategiewechsel" die Rede ist, der Kindsvater als "Prozessgegner" bezeichnet und ein Zeitgewinn für das "Sorgerechtsthema" avisiert wurde.

Bei dem Privatgutachten des Zeugen Dr. S... vom 01.08.2019 handelt es sich - wie bereits mit Beschluss vom 21.05.2021 ausgeführt - um eine nichtfachgerechte Begutachtung, da die Diagnosemethode fachlich nicht anerkannt ist. Von großer Bedeutung ist, dass es sich beim Münchhausen-by-Proxy-Syndrom nicht um eine psychiatrische Diagnose der Täterin handelt, sondern um eine pädiatrische Konstellation- bzw. Misshandlungsdiagnose. Die Diagnose ist primär auf die Gefährdung des Kindes als Opfer zentriert; ausschlaggebend sind also die aktiven, schädigenden Handlungen am Kind (Herrmann/Dettmeyer/Banaschah/Thyen, Kindesmisshandlung, S. 117). Dass der Privatgutachter Dr. S... ein Münchhausen-by-Proxy-Syndrom nicht erkennen konnte, ist letztendlich darauf zurückzuführen, dass er keinerlei pädiatrische Konstellations- bzw. Misshandlungsdiagnose zu dem Kind T. erstellt, sondern ausschließlich die Kindsmutter (u.a. mit Testungen unter den Gesichtspunkten einer Depression, Angsterkrankung, Demenz und psychischer Erkrankungen) exploriert hat. Ein solches Vorgehen widerspricht aber bereits den Besonderheiten dieses Störbildes. Denn MbpS-Täter streiten regelmäßig ab, Misshandlungen bei ihren Kindern ausgeführt zu haben, selbst wenn unbestreitbare Beweise vorliegen. Das Leugnen dieser Kindesmisshandler kann so überzeugend sein, dass die beteiligten Ärzte an den Indizien selbst zu zweifeln beginnen (Feldman, Wenn Menschen krank spielen, S. 171 f.).

Dass sich der Zeuge Dr. S... gar nicht an einer sachlichen und fachlichen Richtigkeit orientiert hat, sondern an den mutmaßlichen bzw. tatsächlichen Interessen der Auftraggeber, wird besonders daran deutlich, dass er dem Kindsvater eine "Psychopathologie mit ausgeprägter emotionaler Gewaltbereitschaft, Manipulation, ökonomischer Ausbeutung und möglicherweise auch sexuelle Delinquenz" attestiert hat, obwohl er diesen gar nicht persönlich exploriert hatte. Obwohl der Sachverständige Dr. S... kein Aussagepsychologe ist, hat er darüber hinaus aufs Geratewohl folgendes bescheinigt:

"Aus Sicht des Unterzeichners besteht ein hochgradiger Verdacht der Kindeswohlgefährdung durch emotionalen, physischen und sexuellen Missbrauch durch Herrn B(...), möglicherweise an M(...), mit hoher Wahrscheinlichkeit an T(...)."

Nachdem die Kindsmutter sich auf die Stellungnahme der Zeugin B... vom 27.04.2019 und das Privatgutachten vom 01.08.2019 in dem hiesigen Verfahren berufen hatte, wurde in der Folge die umfassende gerichtliche Beweisaufnahme ausgelöst, denn keinesfalls konnte sich das Gericht auf eine Stellungnahme oder ein Privatgutachten stützen, welches sich nicht an einer sachlichen und fachlichen Richtigkeit orientiert. Ebenso wenig konnte durch eine traumatologische Stellungnahme, die bewusst von den vom BGH vorgegebenen Mindeststandards abweicht, und ein nichtfachgerechtes Privatgutachten "Licht in die verworrene Situation" gebracht werden. Das Gegenteil war vielmehr der Fall, da sich das Gericht dennoch mit der Stellungnahme der Zeugin B... vom 27.04.2019 und dem Privatgutachten des Zeugen Dr. S... vom 01.08.2019 im Rahmen einer Beweisaufnahme auseinandersetzen musste und die Einholung von Gerichtsgutachten damit gerade nicht entbehrlich gemacht hat.

Im Übrigen obliegt die Sachverhaltsaufklärung im familiengerichtlichen Verfahren nach § 26 FamFG - wie bereits dargelegt - dem Familiengericht und nicht privaten Opferschutzorganisationen; zumal das strafrechtliche Ermittlungsverfahren erstmals mit Einstellungsverfügung vom 16.01.2019 mangels Tatnachweises eingestellt worden war und nach der erfolgreichen Beschwerde ein zweites Mal mit Einstellungsverfügung vom 19.12.2019.

Bereits in der Vergangenheit haben der Montessori-Prozess und die Wormser-Prozesse gezeigt, dass Opferschutzorganisationen nicht geeignet sind, einen sexuellen Missbrauchsverdacht aufzuklären und im Übrigen gesetzlich dazu auch nicht berufen sind.

Ausgehend von einer Kinderzählung, die von einer Vereinsmitarbeiterin interpretiert wurde, entstand unter maßgeblicher Mitwirkung vom Zartbitter Coesfeld e.V. der Missbrauchsvorwurf gegen den 35-jährigen Beschuldigten, der als Erzieher in zwei Kindergärten mit reformpädagogischem Konzept nach Maria Montessori tätig war. Nachdem die Vereinsmitarbeiterin mit ihrer "Aufdeckungsarbeit" fertig war, wurde dieser Erzieher in der Folge zu Unrecht beschuldigt, in Hunderten von Fällen insgesamt 55 Kinder sexuell missbraucht zu haben und kam daraufhin für 26 Monate in Untersuchungshaft. Insbesondere das suggestive Befragen der Kinder und die voreingenommene Haltung des Vereins den vermeintlichen kindlichen Opfern gegenüber verhinderte lange eine sachliche Aufklärung der Vorgänge durch die Justiz. Erst im Strafverfahren offenbarte ein Gutachterstreit den Zusammenhang von suggestiven Fragen, allgemeiner Angst vor sexuellem Missbrauch und der Beschuldigung Unschuldiger.

Auch in den Wormser Prozesses hat die Befragung der Kinder durch eine Wildwasser-Mitarbeiterin dazu geführt, dass 25 Personen zu Unrecht unter den Tatverdacht des sexuellen Missbrauchs gerieten und teilweise bis zu 21 Monaten unschuldig in Untersuchungshaft saßen. Sechs Kinder - jene, die im Kinderheim Spatzennest untergebracht worden waren - kehrten nie wieder zu ihren Eltern zurück, da sie von diesen völlig entfremdet worden waren. Jahre später stellte sich heraus, dass der Heimleiter dieses Kinderheims, der seinerzeit als Hauptbelastungszeuge in den Wormser Prozessen fungiert hatte, die untergebrachten Kinder tatsächlich sexuell missbraucht hatte.

Auch vorliegend hat die gerichtliche Beweisaufnahme letztendlich ein anderes Beweisergebnis zu Tage gebracht. Ebenso hat die Beteiligung der Opferschutzorganisationen S... und E...stiftung aufgrund ihrer vorverurteilenden Haltung lange Zeit eine sachliche gerichtliche Aufklärung der Vorgänge verhindert. Unterstützt durch die Opferschutzorganisationen hielt die Kindsmutter trotz der zahlreichen Gegenbeweise an ihr sexuellen Missbrauchs- und Mordvorwürfen fest und entzog dem Kind grundlos den Vater. Denn am 04.10.2017 - also zeitlich kurz nach Erhebung der sexuellen Missbrauchsvorwürfe durch die Kindsmutter - hatte das Kind T. gegenüber dem sachverständigen Zeugen Dr. S..., der für das Amtsgericht - Familiengericht - Backnang ein Sachverständigengutachten erstellen sollte, noch erklärt, dass es nichts gäbe, was ihr bei ihrem Papa nicht gefalle. Schließlich hatte das Kind T. dem sachverständigen Zeuge Dr. S... noch am 04.10.2017 gesagt, dass sie zu ihrem Vater wolle, auch dort übernachten, aber ihre Mutter erlaube es nicht.

Bezeichnend ist schließlich, dass weder bei der Kindsmutter noch den Opferschutzorganisationen eine Entlastung dadurch eingetreten ist, dass die gerichtliche Beweisaufnahme ergeben hat, dass das Kind T. nicht durch den Vater missbraucht worden ist. Eine um ein Kind tatsächlich besorgte Person ist erleichtert, wenn sich herausstellt, dass das Kind nicht Opfer eines sexuellen Kindesmissbrauchs geworden ist.

Die Kindsmutter hat letztendlich ohne sachlichen Grund über Jahre hinweg eine Entfremdung des Kindes zum Vater durch die faktische Umgangsaussetzung und dem Bild, welches sie vom Vater dem Kind gegenüber vermittelt hat, herbeigeführt. In diesem Vorhaben ist die Kindsmutter von den Opferschutzorganisationen unterstützt worden.

Entsprechend erklärte Frau H... vom Jugendamt am 23.07.2020 zu der Frage einer Umgangswiederanbahnung zwischen Vater und Tochter in einem Telefonat gegenüber dem Gericht, dass die Kindsmutter einfach den "größeren Machtapparat" hinter sich habe. Dies entspricht rechtsstaatlichen Ansprüchen nicht mehr, wenn Opferschutzorganisationen einem in Wirklichkeit nicht besorgten, sondern entfremdenden Elternteil einen "Machtapparat" zur Seite stellen, um den Ausgang eines familiengerichtlichen Verfahrens, losgelöst von der Fakten- und Beweislage zu beeinflussen bzw. um eine Eltern-Kind-Entfremdung zu forcieren.

Letztendlich ist auch die E...stiftung zulasten des Kindes für den Täterschutz aktiv geworden, da die Gefährdung nicht durch den Kindsvater ausgeht, sondern von der Kindsmutter.

Dass die meisten MbPS-Opfer kleine Kinder sind und der Täter die eigene Mutter widerspricht dem gesellschaftlichen Bild von Müttern, die eigentlich am Wohlergehen ihres Nachwuchses interessiert sein sollten. Der Gedanke, dass sie möglicherweise Krankheiten auslösen oder Kinder absichtlich iatrogenen Schäden aussetzen, wird von medizinischen Fachkräften (und dem Rest der Gesellschaft) nur ungern gesehen, was die Diagnose dieser Entität erschwert (Ribeiro Oliveira, Münchhausen-by-Proxy-Syndrom, Psychopathologische Merkmale und Persönlichkeit von Straftätern, S. 1).

Neben dem Vortäuschen von Krankheitssymptomen täuschen MbpS-Mütter in manchen Fällen auch einen sexuellen Missbrauch vor (Salzgeber, Familienpsychologische Gutachten S. 1056). In der Literatur (Heubrock, das Münchhausen-by-proxy-Syndrom: Probleme der familiengerichtlichen Begutachtung bei einer seltenen Form der Kindesmisshandlung, RPsych 2018, 337 (345)) wird darauf hingewiesen, dass im Rahmen der familienrechtlichen Auseinandersetzung MbpS-Mütter ihre Kinder wiederholt bei Beratungsstellen, bei (Trauma-)Therapeuten und in Kliniken mit dem Verdacht eines sexuellen Missbrauchs vorstellen, für den sich außer den von der Kindsmutter beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten kein Nachweis finden lässt.

Was alle Fälle des Münchhausen-by-proxy-Syndroms gemeinsam haben, ist die Sucht der Mütter nach Anerkennung. Indem sie sich selbst als absolute Idealmütter präsentieren, die sich vollkommen für das Kind aufopfern, erhalten sie Aufmerksamkeit, Bestätigung und Bewunderung (Mertens, NJOZ 2009, 1665 (1675)). Gerade durch die Opferschutzorganisationen S... und E...stiftung wurden die Bedürfnisse der Kindsmutter nach Aufmerksamkeit, Bestätigung und Bewunderung befriedigt.

Aufgrund des in der Gesellschaft herrschenden Stereotyps "Väter als Täter" und "Mütter als Opfer" ist es der Kindsmutter vorliegend gelungen, durch Diffamierung bzw. Kriminalisierung des Kindsvaters diese gesellschaftlichen Vorurteile zu bedienen und von ihrem eigenen kindeswohlschädigenden Verhalten abzulenken. Entsprechend ist es der Kindsmutter lange Zeit gelungen, die staatlichen Behörden, die Opferschutzorganisationen und auch die Gerichte in die Irre zu führen.

Zwanghaftes Lügen ist ein häufiger Befund bei MbPS-Tätern bzw. Täterinnen (Ribeiro Oliveira, Münchhausen-by-Proxy-Syndrom, Psychopathologische Merkmale und Persönlichkeit von Straftätern, S. 25). Nicht ohne Grund wurde das Münchhausen-by-proxy-Syndrom nach dem "Lügenbaron Münchhausen" benannt. Wesenselement des Münchhausen-by-proxy-Syndroms ist ein pathologisches Lügen mit dem Zweck im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Im Vordergrund steht die dramatische Selbstdarstellung gepaart mit einem gesteigerten Geltungsbedürfnis. Es werden Geschichten erzählt, die manchmal unwahrscheinlich klingen - jedoch häufig einen wahren Kern enthalten. Diese Geschichten werden immer weiter ausgestaltet und entwickeln dabei eine starke Eigendynamik.

Im Rahmen der Ermessensausübung war damit zu würdigen, dass die Opferschutzvereine S... und die E...stiftung versucht haben, auf die Entscheidungsträger - Jugendamt und Gericht - massiv Einfluss zu nehmen. Anstatt sich an der sachlichen und fachlichen Richtigkeit zu orientieren, habe sie die Kindsmutter darin unterstützt, den sexuellen Missbrauchsvorwurf strategisch im familiengerichtlichen Verfahren einzusetzen, um das alleinige Sorgerecht zu erhalten und eine dauerhafte Umgangsaussetzung zu erwirken.

Keinesfalls soll die wertvolle Arbeit, die die Opferschutzorganisationen in Fällen leisten, in denen tatsächlich ein sexueller Missbrauch stattgefunden hat, abgewertet werden. In dem vorliegenden Fall sind die Opferschutzorganisationen jedoch weit über das Ziel "hinausgeschossen". Das Vorgehen der Opferschutzorganisationen stellt einen Angriff auf den Rechtsstaat dar. Vor diesem Hintergrund stellt sich durchaus die Frage, ob die tatsächliche Geschäftsführung der Opferschutzvereine bzw. -stiftung noch ihren Satzungsbestimmungen i.S.d. § 59 AO entspricht oder, ob ein derartig gemeinnützigkeitsschädliches Verhalten vorliegt, welches den Verlust ihres Gemeinnützigkeitsstatus (einschließlich der damit einhergehenden Befreiung von der Steuerpflicht) zur Folge hat.

Im Attac-Urteil vom 10.01.2019 - V R 60/17 - (NJW 2019, 877) hat der Bundesfinanzhof bereits entschieden, dass ein Verein, der politische Zwecke durch Einflussnahme auf politische Willensbildung und Gestaltung öffentlicher Meinung verfolgt, keinen gemeinnützigen Zweck i.S.d. § 52 AO verfolgt. Eine gemeinnützige Körperschaft dürfe sich in dieser Weise nur betätigen, wenn dies der Verfolgung eines der in § 52 Abs. 2 AO ausdrückliche genannten Zweck dient.

Bei der Frage, ob ein Umgang auszusetzen ist, handelt es sich sogar um mehr, als eine politische Einflussnahme; nämlich um eine Rechtsfrage, bei der nach § 1684 Abs. 4 BGB wegen des empfindlichen Grundrechtseingriffs in die Elternrechte der Richtervorbehalt gilt. Denn das Umgangsrecht steht unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.06.2004 - 1 BvR 487/04 -, FPR 2004, 611; BVerfG, Beschluss vom 26.09.2006 - 1 BvR 1827/06 -, NJW 2007, 1266 (1267); BVerfG, Beschluss vom 18.01.2006 - 1 BvR 526/04 -, BeckRS 2006, 21820; BVerfG, Beschluss vom 29.11.2012 - 1 BvR 335/12 -, NJW 2013, 1867 (1867)). Einschränkungen des Umgangsrechts unter Hinweis auf das Kindeswohl bedürfen einer eingehenden Begründung (OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.12.2009 - 10 UF 150/09 -, BeckRS 2009, 26214). Nichts anderes gilt für den Entzug der elterlichen Sorge. Die rechtsprechende Gewalt ist nach Art. 92 GG den Richtern anvertraut.

Vorliegend haben sich die Opferschutzorganisationen S... und die E...stiftung nicht nur politisch betätigt, sondern sich vielmehr eine richterliche Entscheidungskompetenz angemaßt. Die steuerbefreiten Opferschutzorganisationen haben ihre Gelder dafür eingesetzt, um die richterliche Entscheidungsfindung im Sinne ihrer eigenen privaten Auffassung durchzusetzen. Dabei haben sie noch nicht einmal davor zurückgeschreckt, unlautere Mittel einzusetzen. Es dient jedoch nicht der Förderung der Allgemeinheit, wenn private Opferschutzorganisationen sich richterliche Entscheidungskompetenzen anmaßen und dafür sorgen, dass Kinder grundlos von einem Elternteil entfremdet werden.

Schließlich sieht die Satzung von S... in § 2 (1) 3. Spiegelstrich als Zweck und Aufgaben des steuerbegünstigten Vereins "die Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern" vor. Gleichberechtigung bedeutet jedoch entsprechend § 1684 Abs. 1 BGB auch, dass Väter bei der Kindererziehung ebenso in ihre Pflicht genommen werden und ihre Rechte als gleichberechtigtes Elternteil wahrnehmen können. Entsprechend der Wertung des Gesetzesgebers in § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB entspricht der Umgang mit beiden Elternteilen in der Regel dem Wohl des Kindes.

Ob das Verhalten von S... und der E...stiftung gemeinnützigkeitsschädlich im Sinne der Steuergesetze ist, haben letztendlich die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte nach entsprechender Kenntniserlangung der Vorgänge zu entscheiden.

Eine durchaus erstrebenswerte Erhellung des Dunkelfeldes in Bezug auf sexuellen Kindesmissbrauch - wie von den Opferschutzorganisationen propagiert - kann nicht dadurch erreicht werden, indem ein Kind zum sexuellen Missbrauchsopfer stilisiert und der Öffentlichkeit preisgeben wird, obwohl kein Missbrauch stattgefunden hat. Vielmehr liegt darin sogar eine Gefährdung des betroffenen Kindes. In der Psychologie und der Rechtsprechung wird insoweit die Auffassung vertreten, dass eine Gefährdung des Kindeswohls auch darin liegt, dass ein Kind in dem Glauben aufgezogen wird, es sei sexuell missbraucht worden, obwohl kein sexueller Missbrauch stattgefunden hat. Denn dies hat ähnliche belastende Auswirkungen, als hätte ein tatsächlicher Missbrauch stattgefunden (vgl. hierzu OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.12.2018 - 17 UF 96/18 -, BeckS 2018, 39645; ebenso hierzu Volbert, in: Steller/Volbert, Psychologie im Strafverfahren, Suggestibilität kindlicher Zeugen, S. 49).

Seit den Wormser Prozessen und dem Montessori Prozess ist allgemein bekannt, dass suggestive Einflüsse bei der Befragung von Kindern unbedingt zu vermeiden sind, um induzierte Falschaussagen zu verhindern (vgl. hierzu Regber, Glaubhaftigkeit und Suggestibilität kindlicher Zeugenaussagen unter Einbeziehung entwicklungspsychologischer Aspekte, S. 47). Denn Untersuchungen zu Suggestionen in Kinderaussagen haben ergeben, dass suggestive Fehlinformation Aussagen erheblich verändern können (vgl. hierzu Steller/Volbert, in: Steller/Volbert, Psychologie im Strafverfahren, Glaubwürdigkeitsbegutachtung, S. 27). Durch diese Justizskandale sind gerade Opferschutzorganisationen wie z.B. die Vereine "Wildwasser e.V." und "Zartbitter e.V." aufgrund ihrer fragwürdigen "Aufdeckungsarbeit" und einem falsch verstandenen Kinderschutz, der schwerwiegende Folgen für die betroffenen Kinder und deren Familien hatte, in die Kritik geraten.

Der vorliegende Fall zeigt, dass die beteiligten Opferschutzorganisationen lediglich eine "Pseudoakzeptanz" gegenüber den vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 30.07.1999 - 1 StR 618/98 - (NJW 1999, 2746) aufgestellten Standards für die aussagepsychologische Begutachtung zeigen. Denn vorliegend haben die Opferschutzorganisationen - unterstützt durch die Rechtsanwältin ... E... -, die im Übrigen als Anwältin ebenfalls Organ der Rechtspflege ist, versucht, diese höchstrichterlichen Vorgaben im familiengerichtlichen Verfahren, aber auch im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren "auszuhebeln". Dies sollte dadurch erreicht werden, dass durch eine traumatologische Argumentation die Erkenntnisse aus der Aussagepsychologie revidiert werden sollten.

Die Tragik des vorliegenden Falles ist, dass das betroffene Kind T. nichtsdestotrotz Opfer ist und zwar ein Münchhausen-by-proxy-Opfer. Anstatt die Interessen des kindlichen Opfers zu vertreten, haben sich die Opferschutzorganisationen ausschließlich zum "Sprachrohr" der schädigenden Kindsmutter gemacht und die Aufdeckung eines anderen Dunkelfeldes erschwert.

Offenbleiben kann, ob das Fotobuch "S... h..." persönlicher Trauerarbeit dient, denn spätestens mit der kommerziellen Vermarktung dieses Buches werden Grundrechte Dritter, nämlich insbesondere die des minderjährigen Kindes T., verletzt.

Im Rahmen der gerichtlichen Ermessensausübung war auch zu berücksichtigen, dass sich neben dem A... e.V. bei der Kampagne auf Kickstarter im Frühjahr 2020 aktiv auch die E...stiftung beteiligt und davon finanziell sowie als Marketingmaßnahme profitiert hat.

Auf der Seite Kickstarter heißt es zu der Kampagne "S... H...":

"Mit 14.000 € können der Vertrieb und die Produktionskosten von S... H... gedeckt werden. Jeder weitere Beitrag kann dazu verwendet werden, in Zusammenarbeit mit a... e.V. und der e...stiftung für eine bessere Aufklärung von Missbrauch und Todesfällen zu kämpfen."

Das Fotobuch bleibt ein Kunst- bzw. Phantasieprodukt ohne Wahrheitsgehalt. Indem die Zeugin V... subtil dem Leser das Vorliegen eines nicht aufgeklärten Mordes und des sexuellen Missbrauchs vermittelt, erspart sie sich gleichzeitig, ihre (implizit) aufgestellten Behauptungen mittels objektivierbarer Umstände beweisen zu müssen. Um ein fundiertes investigatives Buch handelt es sich gerade nicht.

Die Kunst- und die Meinungsfreiheit werden nicht schrankenlos gewährt. Grenzen werden unter anderem durch die Straftatbestände der Ehrdelikte gesetzt. Keinen Schutz durch Art. 5 GG (Meinungs- und Kunstfreiheit) genießen unwahre Tatsachenbehauptungen. Die Überprüfbarkeit der Tatsachenbehauptung auf ihre Richtigkeit führt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu einer Differenzierung zwischen durch die Meinungsfreiheit geschützte und ungeschützte Tatsachenbehauptungen (BVerfG, Lüth-Urteil vom 15.01.1985 - 1 BvR 400/51 -, juris Rn. 72). Denn für Tatsachenbehauptungen gilt der Schutz durch Art. 5 GG nicht in gleicher Weise wie für Werturteile. Die bewusste Behauptung unwahrer Tatsachen ist durch Art. 5 Abs. 1 GG nicht mehr geschützt. Konstitutiv für die Bestimmung dessen, was als Äußerung einer "Meinung" vom Schutz des Grundrechts umfasst wird, ist mithin das Element der Stellungnahme, des Darfürhaltens, des Meinens im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung. Die Mitteilung einer Tatsache ist im strengen Sinne keine Äußerung einer "Meinung", weil ihr jenes Element fehlt (BVerfG, Beschluss vom 22.06.1982 - 1 BvR 1376/79 -, juris Rn. 14 f.).

Ob jemand ein Kind missbraucht oder einen Menschen ermordet hat, ist dem Beweis zugänglich. Dabei ist die Würdigung der Beweismittel im Rahmen einer gerichtlichen Beweisaufnahme - sei es im Strafverfahren, im Zivilverfahren oder im familiengerichtlichen Verfahren - ureigenste Aufgabe des Tatrichters.

Objektiv unrichtige Informationen stellen unter dem Blickwinkel der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Gut dar, weil sie der verfassungsrechtlich vorausgesetzten Aufgabe zutreffende Meinungsbildung nicht dienen können (vgl. Grabenwarter, in: Maunz/Dürig, Grundgesetzkommentar, Art. 5 GG, Rn. 49).

Nachdem die Zeugin V.... das Fotobuch unter ihrem Vor- und Zunamen vermarktet hat, handelt es sich auch nicht um eine anonyme Veröffentlichung. Nach § 22 Abs. 1 Kunsturhebergesetz dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Fotos von minderjährigen Kindern dürfen nur mit Zustimmung der sorgeberechtigten Eltern veröffentlicht werden. Gerade bei der Veröffentlichung von Kinderbildern im Internet handelt es sich um einen hochsensiblen Bereich, denn das "Internet vergisst nie". Das Zurschaustellen von Kindern im Netz und in der Öffentlichkeit allgemein birgt tatsächliche Gefahren. Abgesehen davon, dass etwaige Fotos den Kindern im Erwachsenenalter peinlich sein könnten, besteht auch die Gefahr, dass Kinderfotos auf unseriösen Seiten hochgeladen werden und die Vervielfältigung der Bilder ihren unaufhaltsamen Lauf nimmt. Vorliegend ist unter dem Gesichtspunkt der Kindeswohlgefährdung zu bedenken, dass es für das betroffene Kind künftig belastend sein wird, in der Öffentlichkeit durch die eigene Halbschwester - zwecks Förderung der Karriere - in einem derartigen Kontext bloßgestellt worden zu sein. Hinzu kommt, dass in Bezug auf die Identitätsfindung des Kindes der eigene Vater in der Öffentlichkeit (zu Unrecht) als Kinderschänder und Mörder dargestellt wird.

Im Übrigen würde aber auch bei einem tatsächlich sexuell missbrauchten Kind ein verantwortungsbewusster, am Kindeswohl orientierter Fotograf, Elternteil oder auch Kinderschutzverein niemals auf die Idee kommen, nach den erlebten traumatischen Ereignissen dieses Kind in der Öffentlichkeit als Missbrauchsopfer kommerziell zu inszenieren. Denn Kinder, die betroffen sind, sind aufgrund der belastenden Straftaten, die an ihnen begangen wurden, besonders zu schützen und nicht noch medial zu vermarkten.

Der Bildnisbegriff setzt die Erkennbarkeit der abgebildeten Person voraus. In der Regel ergibt sich die Erkennbarkeit auch aus der Abbildung der Gesichtszüge. Merkmale, die gerade dem Abgebildeten eigen und für ihn typisch sind, wie Frisur, besondere Kleidungsstücke, Haltung oder Statur können eine Person erkennbar machen. Sämtliche in Betracht kommenden Identifizierungshilfen sind dabei zu berücksichtigen. Ist der Betroffene nicht namentlich bezeichnet oder aufgrund der körperlichen Merkmale zu erkennen, kommt es darauf an, ob sonstige Umstände seine Identifizierung zulassen. Die Erkennbarkeit kann dabei auch aus individualisierenden Merkmalen folgen, z.B. Einzelheiten des Lebenslaufs, insbesondere, wenn zusätzlich Vorname und Anfangsbuchstaben des Zunamens genannt werden. Ausreichend kann sein, dass zumindest ein Teil der Leser aufgrund konkreter Hinweise ausweisende Anspielungen zur "Entschlüsselung" in der Lage ist (Herrmann, in: BeckOK, Informations- und Medienrecht, Rn. 4, 5).

Das Fotobuch enthält unter anderem Fotos des vorliegend betroffenen minderjährigen Kindes (u.a. Rückansicht, Mundpartie, verschwommene Frontansicht, Teilausschnitte des Kindes im Wasser). Zwar nennt V... nicht den Vornamen des Kindes; dadurch, dass sie das Fotobuch jedoch unter ihrem vollständigen Vor- und Zunamen veröffentlicht hat, kann der Leser auf den Nachnamen des betroffenen minderjährigen Kindes rückschließen, da die Autorin bekanntgibt, dass es sich hierbei um ihre kleine Halbschwester handelt.

Des Weiteren werden die Bilder, die das Kind bei der kriminalpolizeilichen Vernehmung am 24.04.2018 gemalt hat, abgebildet, jedoch in abgeänderter Weise.

Schließlich enthält das Fotobuch eine kinderärztliche Bescheinigung, die das minderjährige Kind betrifft und das Geburtsdatum offenlegt. Auch insoweit sind höchstpersönliche Bereiche des Kindes betroffen, da Krankenunterlagen des Kindes mit folgendem Inhalt veröffentlicht wurden:

"Anamnese: Z.n. Enkopresis, regelmäßig Stuhl, keine Obstipationsanamnese

Befund: Blase mäßig gefüllt, Rektum langstreckig massiv stuhlgefüllt mit Ausweitung bis zu 4,3 cm (...)."

Eine entsprechende Einwilligungserklärung des Kindsvaters zur Veröffentlichung der Bilder des minderjährigen Kindes und weiteren Dokumenten in Bezug auf das Kind wurde zu keinem Zeitpunkt erteilt.

Letztendlich ist das Fotobuch Teil einer Diffamierungskampagne gegen den Kindsvater, nachdem im Umfeld des Kindes die Leser auf die Identitäten der Beteiligten rückschließen können. Nachdem die Zeugin V... bereits im Mai 2019 - also vor Anhängigkeit der hiesigen Kindschaftssache - einen Preis für ihre Fotoserie "Dunkelfeld" erhalten hatte, bestand auf Seiten der Familie auch kein Interesse, dass das Familiengericht einer objektiven Wahrheitsfindung nachgeht. Daraus erklärt sich auch, warum die Kindsmutter versucht hat, die Amtsermittlungen des Gerichts aktiv zu unterbinden. Denn die Fotoserie aus 2019 nahm das Beweisergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme, ebenso wie das im Sommer 2020 kommerziell vermarktete Fotobuch, bereits vorweg.

Wie mit Beschluss des Gerichts vom 21.05.2021 in dem Verfahren Az.: 2 F 318/19 ausgeführt, hat die Beweisaufnahme ergeben, dass es sich bei den sexuellen Missbrauchs- und Mordanschuldigungen um vorsätzliche Falschbeschuldigungen (zumindest durch die Kindsmutter) im Rahmen eines Komplotts handelt.

Der Sache der wirklichen sexuellen Missbrauchsopfer wurde damit ein "Bärendienst" erwiesen. Denn es sind gerade derartige Falschbeschuldigungen, die es wirklichen Missbrauchsopfern schwermachen, dass ihnen vor Gericht Glauben geschenkt wird.

Dass die umfangreiche gerichtliche Beweisermittlung erforderlich war, zeigt bereits der Umstand, dass die Kindsmutter bis heute - und offensichtlich auch die "Opferschutzorganisationen" - an den Mord- und Missbrauchsvorwürfen festhalten bzw. weiterhin in der Öffentlichkeit einen "rituellen Missbrauch" des Kindes durch den Kindsvater und einen Mord behaupten.

In der Stellungnahme des Landratsamtes - Jugendamt - Schwäbisch Hall vom 20.01.2020 in dem einstweiligen Kindeswohlgefährdungsverfahren vor dem OLG Stuttgart Az.: 15 UF 247/19 hat der zuständige Jugendamtsmitarbeiter ausgeführt, dass auch die "Drohungen" von Seiten der Beratungsstellen und der Mutter, mit dem Thema an die Öffentlichkeit zu gehen, nicht vermuten ließen, dass sich die Situation insgesamt alsbald entspannen wird. Ganz im Gegenteil, würden hier aktiv eine weitere Zuspitzung der Problematik betrieben, ohne auch nur im Geringsten auf die, oft zitierten Bedürfnisse des Kindes T. einzugehen.

Zu dem Zeitpunkt der Abgabe dieser Stellungnahme im Januar 2020 war das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Kindsvater aber bereits zum zweiten Mal eingestellt worden. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte ergänzend das aussagepsychologische Glaubhaftigkeitsgutachten vom 15.11.2019 eingeholt.

Zudem hatte das Familiengericht den Kindsvater im Oktober 2019 polygraphisch explorieren lassen.

Nachdem die Kindsmutter - und offenbar auch die Opferschutzorganisationen - die polygraphische Begutachtung nicht für zulässig erachtet haben, war in der Folge die Einholung eines (weiteren) aussagepsychologischen Gutachtens erforderlich.

Das Gericht hatte im Übrigen bereits ein rechtsmedizinisches Gutachten vom 29.11.2019 zu den beiden Todesfällen der Familie eingeholt.

Zur Abklärung des Münchhausen-by-Proxy-Verdachts war darüber hinaus die Einholung eines pädiatrischen Sachverständigengutachtens erforderlich.

Trotz der umfangreichen gerichtlichen Beweisaufnahme, in der zahlreiche Zeugen vernommen und mehrere Gerichtsgutachten eingeholt worden waren, hält die Kindsmutter bis heute an ihren Vorwürfen fest. Anstatt sich von ihren Vorwürfen zu distanzieren und eine Umgangswiederanbahnung zu ermöglichen, zieht sie es vor, dem Vater nunmehr das Kind gänzlich zu entziehen. Um ihre Vorwürfe weiter aufrechterhalten zu können, hat sie bei Frau Dr. C... eine forensische Stellungnahme zu dem familiengerichtlichen aussagepsychologischen Gutachten, eine forensische Stellungnahme vom 22.06.2020 zu dem familiengerichtlichen pädiatrischen Gutachten und eine kurze forensische Vorabstellungnahme zu dem nicht natürlichen Tod der Tochter M. eingeholt.

Auf der Internetseite www.nachrichtenspiegel.de sind seit dem 02.09.2020 unter dem Titel: "Schweigen der Lämmer (der Behörden): War der mysteriöse Suizid einer Minderjährigen doch Mord?" die drei Stellungnahmen der Frau Dr. ... C... ins Internet gestellt. Der blau unterlegte Link "Forensische-Expertise-Familiensache_II" enthält - für jedermann einsehbar - die teils entkleideten Leichenbilder der toten 17-jährigen M. aus der polizeilichen Leichensache Az.: 41 UJs 791/18 der Staatsanwaltschaft Heilbronn - Zweigstelle Schwäbisch Hall.

Insoweit besteht vorliegend ein Rehabilitationsinteresse des Kinds und des Kindsvaters, in dieser Weise nicht mehr in der Öffentlichkeit bloßgestellt zu werden, da eine Umgangswiederanbahnung unter diesen Umständen (offenbar genau mit dieser Intention) unmöglich gemacht wird.

Der Gesamtkomplex des hiesigen Falles hat die Ressourcen der Justiz, insbesondere des Amtsgerichts - Familiengericht - Schwäbisch Hall als Einzelrichter, über Gebühr beansprucht, wobei das Agieren der "Opferschutzorganisationen" mitursächlich für den enormen Ermittlungsaufwand, einschließlich der umfangreichen Beweisaufnahme, waren, indem sie - über ihre Satzungszwecke hinaus - sich aktiv daran beteiligt haben, Einfluss auf den objektiven Wahrheitsfindungsprozess und die gerichtliche Entscheidung zu nehmen. Vor diesem Hintergrund sind sie auch an den Verfahrenskosten zu beteiligen. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass auch die Opferschutzorganisation E...stiftung durch die Fotobuchveröffentlichung durch die Marketingmaßnahmen profitiert und sich um die Persönlichkeitsrechte des betroffenen Kindes keinerlei Gedanken gemacht hat.

Es widerspräche der Billigkeit, dem Kindsvater nunmehr auch noch an den Kosten des Verfahrens zu beteiligten, denn in einem Strafverfahren hätte er freigesprochen werden müssen, mit der Folge Kostentragung durch die Staatskasse nach § 467 Abs. 1 StPO. Vorliegend hat es aber bereits an einem hinreichenden Tatverdacht für eine Anklageerhebung durch die Strafverfolgungsbehörden gefehlt, so dass es in dem vorliegenden familiengerichtlichen Verfahren erst recht unbillig wäre, diesen an den Verfahrenskosten zu beteiligen.

Es wäre jedoch auch unbillig, dem Steuerzahler die Kosten des Verfahrens aufzubürden, nachdem die "Opferschutzorganisationen" die Grenzen des Opferschutzes überschritten und das Rechtsstaatsprinzip ignoriert haben.

Nachdem die Opferschutzorganisationen eng mit der Kindsmutter und auch eng untereinander zusammengearbeitet haben, hat das Gericht keine Aufteilung der Kosten im Außenverhältnis vorgenommen, sondern die Gesamtschuldnerschaft angeordnet. Es bleibt den Opferschutzorganisationen und der (mittellosen) Kindsmutter im Innenverhältnis unbenommen, eine Aufteilung der Verfahrenskosten vorzunehmen, nachdem es in der Sphäre der Komplotteure liegt, welche Absprachen untereinander getroffen wurden.

4. Der Verfahrenswert war auf 30.000 € festzusetzen. Die Entscheidung über den Verfahrenswert beruht auf § 45 Abs. 3 FamGKG. Nach dieser Vorschrift ist der Verfahrenswert höher als der Regelverfahrenswert i.S.d. § 45 Abs. 1 FamGKG festzusetzen, wenn dies aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles geboten erscheint. Eine Erhöhung kommt z.B. in Betracht, wenn das Verfahren überdurchschnittlich umfangreich und schwierig ist (Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, § 45 FamGKG, Rn. 3). Aufgrund des besonderen Einzelfalles wäre es unbillig den Verfahrenswert lediglich auf den Regelverfahrenswert festzusetzen. Denn das vorliegende Verfahren war überdurchschnittlich aufwendig und besonders zeit- und arbeitsintensiv.


Permalink: https://openjur.de/u/2347639.html

 (https://oj.is/2347639)

 

 

 

 

Kind mit Kotspritzen gequält

Wegen Misshandlung ihres damals eineinhalbjährigen Sohnes mit Kotspritzen hat das Landgericht Berlin am Dienstag eine Frau zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Die 30-Jährige wurde der Misshandlung Schutzbefohlener, der gefährlichen Körperverletzung sowie der Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht schuldig gesprochen.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Angeklagte im Herbst 2007 versucht hatte, ihren körperlich in der Entwicklung zurückgebliebenen Jungen während eines Krankenhausaufenthaltes durch verunreinigte Spritzen zu verletzen. Zwischen dem 6. Oktober und dem 7. November hatte sie dreimal eigene Exkremente mit Wasser verdünnt ihrem Sohn über einen Veneneingang am Hals injiziert.

Das Gericht folgte dem Gutachter, wonach die Angeklagte unter dem sogenannten «Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom» leidet und ihr Handeln durch die Krankheit bedingt ist. Mütter mit diesem Syndrom machen ihre Kinder absichtlich krank, um selbst Aufmerksamkeit zu erregen. Aufgrund dieser Erkrankung gingen die Richter von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit der Frau aus.

Vom ursprünglichen Vorwurf des Mordversuchs war bereits die Staatsanwaltschaft «wegen der vielen Zweifel» abgerückt. Die Mutter habe ihren Jungen mit den Spritzen «gequält» und «in die Gefahr des Todes gebracht», hieß es im Urteil. 13 Tage lang habe das Kind hohes Fieber gehabt und immer wieder in Lebensgefahr geschwebt. Die Frau habe den Tod ihres Sohnes aber nicht gewollt. «Sie brauchte das Kind, um ihre Krankheit auszuleben. Wenn sie ihn umbringt, geht das nicht», sagte der Richter. Die 30-Jährige habe als «aufopfernde Mutter dastehen und sich damit Anerkennung verschaffen wollen, die sie nie erfahren habe».

Aufgrund der gespritzten Darmbakterien hatte sich der Gesundheitszustand des Kindes lebensbedrohlich verschlechtert. Der Junge musste wiederholt wegen zunächst unerklärlichen Fieberschüben auf die Intensivstation verlegt werden. In der Waschtasche der Mutter, die im Krankenhaus mit übernachtet hatte, wurden schließlich fünf kotbehaftete Spritzen gefunden. Ein Familiengericht hatte der Angeklagten danach den «unbewachten Umgang» mit ihrem Sohn untersagt. Der Vater hat mittlerweile das Sorgerecht für den heute Dreijährigen.

na/ddp

21. Juli 2009

http://www.news-adhoc.com/kind-mit-kotspritzen-gequaelt-idna2009072141159/

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

Laut Pressemeldung hat die Mutter eine Krankheit. Diese Krankheit wird Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom und man weiß noch nicht, ob die Krankheit durch Bakterien oder durch Viren übertragen wird. Vermutlich hat sich die Mutter in der Krankenhaustoilette damit angesteckt und bei Ausbruch dieser Krankheit begonnen ihren Sohn zu misshandeln. 

Doch nun im Ernst. Erst wenn eine Mutter das eigene Kind quält und in Lebensgefahr bringt, erhält ein Vater in Deutschland das Sorgerecht für seine Kind . So wollen es jedenfalls noch die Mehrzahl der Abgeordneten des Deutschen Bundestages, die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries und das Bundesverfassungsgericht und andere an maßgeblichen Stellen, die nichts dafür tun oder getan haben, damit der männer- und väterfeindliche Diskriminierungsparagraph §1626a BGB abgeschafft wird. 

 

 


 

 

 

Prozess

Geständnis: Mutter spritzte Sohn Fäkalien

Für den kleinen Carlos wurde die eigene Mutter zur tödlichen Gefahr: Heike S. hat ihrem Kleinkind Fäkalien gespritzt. Am Dienstag legte die 30-Jährige ein Geständnis ab. Doch ihre Motive bleiben weiterhin rätselhaft.

Von Kerstin Gehrke

15.7.2009 0:00 Uhr

Berlin - Als ihr Kleinkind im Krankenhaus lag, griff die 30-jährige Heike S. zu verunreinigten Spritzen. Nach fast dreimonatigem Prozess hat Heike S. am Dienstag überraschend ein Geständnis abgelegt. „Ich habe im Oktober und November 2007 meinem Sohn sehr geschadet“, ließ sie über eine ihrer Verteidigerinnen erklären. Sie habe ihrem Sohn ihre eigenen Exkremente gespritzt. „Zweimal habe ich es gemacht.“ Sie könne aber nicht sagen, „warum und wie ich auf die Idee gekommen bin“. Sie sei „insgesamt sehr angespannt“ gewesen.

Heike S., eine sehr blasse und zierliche Frau, muss sich wegen versuchten Mordes vor dem Landgericht verantworten. Die Anklage geht davon aus, dass die Mutter unter dem „Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom“ litt. Um für sich selbst mehr Anteilnahme und Aufmerksamkeit zu erfahren, soll sie ihren 19 Monate alten Jungen grausam misshandelt haben. Der Staatsanwalt wirft ihr vor, mindestens 14 Mal ihre eigenen Fäkalien durch einen Venenkatheter ins Blut gespritzt zu haben. Mehrfach musste der Junge wegen lebensbedrohlicher Blutvergiftungen durch Darmbakterien auf der Intensivstation behandelt werden.

„Ich wollte mein Kind nicht töten“, hieß es nun in der Erklärung. Wenn es ihm schlecht ging, habe sie Hilfe geholt. Sie liebe ihren Sohn, er sei ein Wunschkind. „Ich quäle mich mit meinen Schuldgefühlen.“ Seit mehr als einem Jahr habe sie Carlos nicht mehr gesehen. „Das ist für mich die größte Strafe.“

Warum die Mutter ihr Kind so schwer misshandelt hat, bleibt rätselhaft. In ihrer Erklärung kam sie auch auf ihre Kindheit zu sprechen. „Ich bin missbraucht worden.“ Ein Onkel sei der Täter gewesen. Als sie ihm mit einer Anzeige drohte, habe er sich umgebracht. „Ich fühlte mich schuldig.“ Sie habe sich deshalb selbst verletzt. „Wenn ich mir selbst etwas antat, fühlte ich mich besser.“ Erst jetzt habe sie mit Hilfe einer Psychologin begriffen, „dass ich mit meinem Körper achtlos umgegangen bin“.

Carlos ist ihr einziges Kind. Die Frau aus Reinickendorf galt in ihrer Familie und bei Nachbarn als sehr liebevolle Mutter. Sie ließ ihr Baby nie aus den Augen. Auch nicht, als er im Herbst 2007 im Helios-Klinikum lag, weil er einen „chronisch kranken Eindruck“ machte, zu klein und zu schmächtig war. Sie betreute ihren Sohn, schlief mit ihm im selben Zimmer. Sollte er wegen eines Fieberschubes auf die Intensivstation verlegt werden, widersprach sie zunächst. Sie habe einen „Kontrollverlust“ verhindern wollen, hieß es in der Anklage.

Immer wieder kam es zu Fieberschüben. Die Ärzte standen zunächst vor einem Rätsel. „Die finden sowieso nicht raus, was Carlos hat“, soll Heike S. gegenüber einer Krankenschwester erklärt haben. Gefühlskalt und siegessicher habe die Mutter gewirkt, sagte die Zeugin. Als Carlos während einer lebensbedrohlichen Situation erneut auf die Intensivstation verlegt wurde und die geöffnete Tasche von Heike S. auf dem Boden stand, wurden schließlich Spritzen mit einer bräunlichen Flüssigkeit entdeckt. Der Prozess wird am Montag fortgesetzt.

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 15.07.2009)

http://www.tagesspiegel.de/berlin/Polizei-Justiz-Prozess-Faekalien-Kleinkind;art126,2847754

 

 


 

 

Eigenen Sohn mit verunreinigten Spitzen gequält?

Am Donnerstag beginnt der Prozess gegen eine 39-Jährige, die ihren Sohn angeblich mit Spritzen umbringen wollte. Die Mutter litt vermutlich unter dem "Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom".

21.4.2009

Berlin - Sie galt als fürsorglich und schlief im Krankenhaus, um sich um ihren kleinen Sohn zu kümmern. Der Zustand des Jungen aber blieb einfach nicht stabil. Mehrfach musst er wegen lebensbedrohlicher Blutvergiftungen durch Darmbakterien behandelt werden. Die Ursache schien rätselhaft. Bis eine Krankenschwester gebrauchte Einwegkanülen bei der Mutter sah. Heike S. soll versucht haben, ihren damals 19 Monate alten Sohn mit verunreinigten Spritzen zu ermorden. Sie litt vermutlich unter dem „Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom“. Ab Donnerstag steht sie vor Gericht.

Sie soll ihren Jungen zwischen dem 6. Oktober und dem 7. November 2007 in 14 Fällen Spritzen injiziert haben, die mit Fäkalien verseucht waren. Das war laut Anklage zu einem Zeitpunkt, als der Kleine aufgrund einer Virusinfektion und seines allgemein schlechten Gesundheitszustands in einer Kinderklinik lag. Heike S. betreute das Kind, schlief mit ihm im selben Zimmer. Musste er wegen eines Fieberschubes auf die Intensivstation verlegt werden, ging es ihm bald besser. Das hatte die Ärzte im Laufe der Wochen bereits stutzig gemacht.

Als das Kind im November während einer neuerlichen lebensbedrohlichen Situation wieder einmal auf die Intensivstation verlegt wurde und die Tasche von Heike S. geöffnet auf dem Boden stand, soll eine Krankenschwester gebrauchte Einwegspritzen entdeckt haben. Die Mutter injizierte ihrem Jungen den Ermittlungen zufolge ihre eigenen Exkremente in die Blutbahn. Sie habe aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch und grausam gehandelt. War es das „Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom“, das die Mutter trieb? Dabei handelt es sich um eine seltene psychische Krankheit, bei der die Patienten – zumeist Mütter – ihren Kindern absichtlich Schmerzen zufügen, sie heimlich krank machen, um ihnen dann helfen zu können und dadurch Anerkennung zu bekommen oder eine seelische Krise abzuwenden. 1977 wurde diese Erkrankung in England das erste Mal beschrieben.

Als der schreckliche Verdacht in der Welt war, informierte die Klinik umgehend die Behörden. Per richterlichen Beschluss wurde die Mutter von ihrem Sohn getrennt. Es hätten handfeste Indizien dafür vorgelegen, dass das Wohl des Kindes in Gefahr war, hieß es. Nachdem chemische und DNA-Analysen den Verdacht erhärteten, beantragte die Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen die Mutter. Ende Mai letzten Jahres wurde Heike S. festgenommen. Obwohl von einer Persönlichkeitsstörung ausgegangen wird, soll sie nicht schuldunfähig sein. K. G.

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 21.04.2009)

http://www.tagesspiegel.de/berlin/Prozess-Kindesmisshandlung;art270,2778339

 

 

 


 

 

 

¸¸Eine fatale Mischung aus medizinischer Wichtigtuerei, Sturheit und neuzeitlicher Hexenjagd" Chronik eines Albtraums

Warum die Bamberger Konzertsängerin Petra Heller seit mehr als vier Jahren ihren 14 Jahre alten Jungen nicht mehr sehen kann

Von Olaf Przybilla

Bamberg - Gerda Munz hat sich an diesem Morgen aus ihrem Heimatort in der Nähe von Tübingen auf den Weg nach Bamberg begeben, um dort für die Rehabilitierung einer Frau zu demonstrieren, der es noch schlimmer ergangen ist als ihr selbst. Für Frau Munz, 65, ist die Tagestour nach Franken eine Qual. Seit sie 1993 an Borreliose erkrankt ist, leidet sie unter Gelenkschmerzen. Manchmal ist es so schlimm, dass sie nicht nach Bamberg aufbrechen kann, wenn dort an das Schicksal von Petra Heller erinnert wird. Jeden zweiten Samstag findet man sich vor dem Alten Rathaus zusammen, seit inzwischen mehr als dreieinhalb Jahren. Hätte man ihr im Juni 2005 gesagt, im April 2009 werde sie noch immer für Petra Heller auf die Straße gehen müssen - sie hätte das für einen sehr schlechten Witz gehalten, sagt Frau Munz.

Vor viereinhalb Jahren wurde der an Borreliose erkrankten Petra Heller ihr damals neun Jahre alter Sohn entzogen. Am 3. August 2004 holten Mitarbeiter des Jugendamtes, flankiert von mehreren Polizisten, das Kind im Haus der Hellers in der Bamberger Greiffenbergstraße ab. Die Mutter, die damals 41 Jahre alte Konzertsängerin Petra Heller, wurde zwangsweise in die geschlossene Abteilung einer psychiatrischen Klinik eingeliefert. Nachdem Angehörige gegen die Einlieferung protestierten, durfte sie das Klinikum nach einem Tag wieder verlassen. Wie ein entsetzlicher Traum laste dieser eine Tag auf ihr, sagt Petra Heller - ein Albtraum, der seit mehr als vier Jahren nicht mehr enden will.

Der Vorwurf der Bamberger Behörden trägt einen schillernden Namen. In einer Stellungnahme des Landratsamtes heißt es im August 2004, Petra Hellers Erkrankung trage "Züge eines Münchhausen-Syndroms", in Bezug auf ihren Sohn eines "Münchhausen-by-proxy-Syndroms". Unterstellt wird damit, die Mutter bilde sich ihre Erkrankung lediglich ein - und misshandle zusätzlich ihren Sohn als Stellvertreter ("by proxy"), indem sie auch diesen ohne Not mit Antibiotika vollpumpe. Die Diagnose eines sogenannten Lügen-Stellvertreter-Syndroms gilt inzwischen grundsätzlich als höchst fragwürdig. Der britische Mediziner, der es 1977 beschrieben und anschließend auch mehrfach diagnostiziert hat, musste sich wegen beruflicher Verfehlungen vor Gericht verantworten. Mehrere Diagnosen wurden revidiert. Die australische Medizinsoziologin Helen Hayward-Brown, die weltweit über die Praktiken von Kindesentzug arbeitet, hat die Bamberger Causa Heller in einer eidesstattlichen Erklärung als einen der "schwersten Fälle einer fälschlichen Anschuldigung" des Syndroms bezeichnet, der ihr in ihrer zehnjährigen Forschungsarbeit begegnet sei.

Die Erklärung stammt aus dem Jahr 2006 - an der Situation von Petra Heller hat das bis heute gleichwohl nichts geändert. Noch am selben Tag, als ein Bamberger Medizinaldirektor das Syndrom attestierte, ließ das Amtsgericht Bamberg der Mutter das Sorgerecht entziehen. 15 Monate später - nach Beginn der öffentlichen Proteste gegen den fortwährenden Kindesentzug - wurde am Bamberger Amtsgericht zusätzlich ein Betreuungsverfahren für Petra Heller eingeleitet. Da die Mutter "in ihrer alles überlagernden Egozentrik letztlich gegen ihre eigenen Interessen" handle, solle vorsorglich geprüft werden, ob die Mutter womöglich selbst einen Vormund benötige. Am Tag, als das Schreiben bei ihr einging, packte Petra Heller ihre Sachen. Seither hält sie sich im Ausland auf. Seit jenem Albtraumtag im August 2004 sei ihr "Urvertrauen in den deutschen Rechtsstaat" irreparabel beschädigt, sagt sie.

Georg Hörmann, er ist Professor für Pädagogik an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg, hat den Demonstranten am Alten Rathaus lange Zeit kaum Beachtung geschenkt. Man sei schließlich geneigt, Menschen, die seit mehr als drei Jahren in einem Rhythmus von 14 Tagen auf die Straße gehen, für ein wenig verschroben zu halten, erklärt Hörmann. Der Hochschullehrer dachte das allerdings nur solange, bis ihn ein Bamberger Stadtrat gebeten hat, er als promovierter Mediziner, promovierter Psychologe und promovierter Pädagoge möge sich doch in den komplizierten Fall Heller einlesen. Nach der Lektüre der Akten hat Hörmann kürzlich an die bayerische Justizministerin Beate Merk einen Brief geschrieben, mit der Bitte, diese solle möglichst unverzüglich einschreiten - die Bamberger Justiz sei offenkundig mit dem Fall heillos überfordert. Hörmann sagt, wie "unbelehrbar, arrogant und zum Teil dilettantisch" sich Bamberger Behörden seit vier Jahren in der Sache Heller erwiesen, hätte er vor Lektüre der Akten nicht für möglich gehalten.

Die Umstände für das Schreiben, das einen vier Jahre andauernden Kindesentzug ausgelöst hat, wirken in der Tat dubios. In einer eidesstattlichen Versicherung hat ein ehemaliger Richter am Oberlandesgericht Bamberg geschildert, wie es zum Antrag auf Kindesentzug gekommen ist. Im Juli 2004 erhielt Petra Heller eine Vorladung zur "Abteilung Gesundheitswesen" des Landratsamtes. Da ihr Sohn öfters in der Schule gefehlt hatte, bat das Amt um ein klärendes Gespräch. Heller bat den Richter, sie zum Gespräch mit dem Amtsleiter zu begleiten. Den Behörden lagen zu diesem Zeitpunkt mehrere ärztliche Atteste über die Erkrankung des Kindes vor. Gleichwohl soll der Amtsarzt "erhebliche Bedenken" gegen eine weitere Behandlung mit Antibiotika geäußert haben. Zwei Wochen nach dem Gespräch - es hatte eine Stunde lang gedauert - legte der Amtsarzt einem Amtsrichter den Befund vor, mit dem er den Kindesentzug und die Unterbringung Hellers in eine geschlossene Heilanstalt anriet. Da Petra Heller weder zuvor noch danach von dem Amtsmann untersucht worden war, müsse man davon ausgehen, "dass dieses Gespräch die tragende Grundlage" für ein Gutachten gewesen sei, das den Freiheitsentzug in einer geschlossenen Heilanstalt zur Folge hatte, erklärt der ehemalige Richter. Als Zeuge des Gesprächs und als Jurist, der selbst in Unterbringungsverfahren tätig war, könne er dies nicht nachvollziehen.

Es existieren zwei gutachterliche Stellungnahmen über Petra Heller seit dem Jahr 2004. Die eine stammt vom besagten Bamberger Amtsleiter, sie umfasst drei lose bedruckte Seiten. Eine tragende Passage beschäftigt sich mit dem Namen des Kindes. Die Mutter habe einen "sehr seltenen Namen aus der griechisch-römischen Heldenmythologie" gewählt, attestiert der Medizinaldirektor. Da sich in der Mythologie die Geliebte des Helden gleichen Namens "suizidiert", solle "im Rahmen einer Beziehungsklärung bei Frau Heller nachgefragt werden, in wie weit sie sich konkret in die Mythologie vertieft" habe. Professor Hörmann sagt, er habe nicht recht gewusst, ob er bei der Lektüre dieser amtsärztlichen Bildungshuberei lachen oder weinen sollte. Hätte der Amtsmann einfach nachgefragt, so hätte er eine schlichte Antwort bekommen können: Es gibt eine Oper gleichen Namens - und der ausgebildeten Konzertsängerin Petra Heller gefällt diese Oper.

Das andere Gutachten stammt aus der Feder des Psychiaters und Hochschuldozenten Mario Gmür. Er hat es nach der Flucht Hellers in Zürich erstellt. Legt man beide Gutachten nebeneinander, so wirken die drei Seiten eines Bamberger Amtsleiters wie die Seminararbeit eines Erstsemesters. Gmür gilt als anerkannter forensischer Gutachter. Petra Heller leide an keiner psychischen Krankheit, attestiert er. Der Kampf einer Mutter um das Sorgerecht dürfe nicht als uneinsichtig oder gar fanatisch abqualifiziert werden. Vielmehr sei die Reaktion einer Frau - die offenkundig zum Opfer eines Medizinerstreits geworden sei - nur mehr als verständlich. Sollten Amtsangestellte trotz mehrerer Atteste verschiedener Ärzte zu der Auffassung gelangt sein, der neunjährige Sohn leide nicht an Borreliose, so sei eine Intervention möglicherweise angebracht gewesen. Die konkrete Vorgehensweise aber sei "unsensibel, plump und verunsichernd" gewesen. Das Vorgehen müsse als "sehr traumatisierend" bewertet werden. Der Vertrauensverlust von Petra Heller in deutsche Behörden - und die Flucht einer psychisch nicht erkrankten Frau vor einer drohenden Psychiatrisierung - sei daher schlicht nachvollziehbar. Gmür hat das Gutachten im Dezember 2005 erstellt. Dass die Mutter dreieinhalb Jahre danach ihren Sohn noch immer nicht wiedersehen konnte, mache ihn fassungslos, sagt der Schweizer. Es falle ihm überaus schwer zu realisieren, "dass sich dieser Fall in unserem Nachbarland abspielt".

Wie man sich das alles erklären kann? Für den Psychiater Gmür manifestiert sich im Fall Heller eine "fatale Mischung aus medizinischer Wichtigtuerei, Sturheit und Anflügen neuzeitlicher Hexenjagd". Wichtigtuerei deshalb, weil sich ein Amtsleiter in einem für einen Amtsrichter bestimmten Befund möglicherweise eine höhere Autorität versprechen konnte, wenn er ein "Münchhausen-by-proxy-Syndrom" attestierte. Sturheit, weil Behörden und Justiz einen jahrelang andauernden Kindesentzug schwerlich ohne Gesichtsverlust rückgängig machen können - vor allem dann nicht, wenn alle 14 Tage dagegen demonstriert wird. Und Anflüge einer Hexenjagd, weil man sich nur allzu gut vorstellen könne, wie Behörden auf eine Frau reagierten, der es gegeben ist, nahezu druckreif formulieren zu können - und die mit Vehemenz um das Sorgerecht für ihr einziges Kind kämpft. Wer sich dieser Tage mit Petra Heller unterhält - die sich momentan in der Schweiz aufhält - kann das Argument gut nachvollziehen. Nachdem die Konzertsängerin zwischenzeitlich an den Rollstuhl gefesselt war, leidet sie heute nicht mehr akut an den Folgen der Borreliose. Tag und Nacht, so schildert es die 46-Jährige, kämpfe sie nun dafür, ihren Sohn wieder in die Arme schließen zu dürfen. Er ist in einem Heim in Franken untergebracht, einmal pro Woche darf sie mit ihm telefonieren. "Momentan ist mein Leben eine Hölle", sagt Heller.

Die Behörden geben sich wortkarg in der Sache Heller. Man habe schlechte Erfahrungen mit Medien gemacht, deswegen wolle man zu dem Fall lediglich sagen, es gehe allen beteiligten Ämtern "in erster Linie um das Wohlergehen des Kindes", erklärt ein Stadtsprecher. Solange der Streit um das Sorgerecht in zweiter Instanz beim Oberlandesgericht in Bamberg anhängig sei, in nicht-öffentlicher Sitzung, werde man zur Causa Heller nichts sagen, erklärt ein Justizsprecher. Und auch der Verfahrenspfleger für das Kind, ein Rechtsanwalt aus Bamberg, erklärt, er mache keinerlei Angaben, solange das Verfahren nicht beendet sei.

Nach dem Stand der Dinge könnte das noch sehr lange dauern. Der Anwalt von Petra Heller kündigt an, er werde notfalls das Bundesverfassungsgericht anrufen - und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Den Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments beschäftigt der Fall bereits. Georg Hörmann hat in seinem Bittschreiben an die Justizministerin die Dringlichkeit eines Eingreifens angemahnt - zumal bei dem Jungen "infolge systematischer Eltern-Entfernung inzwischen die Folgen eines elterlichen Entfremdungssyndroms nicht auszuschließen" seien. In der Antwort des Ministeriums heißt es, da der Professor "kein Verfahrensbeteiligter" sei, könne man auf Einzelheiten nicht eingehen. Zudem sei es dem Justizministerium "selbstverständlich nicht möglich, in laufende Verfahren einzugreifen".

 

18.04.2009

http://www.sueddeutsche.de/156380/136/2849698/Chronik-eines-Albtraums.html

 

 


 

 

 

Gewalttätige Mutter darf sich bewähren.

 

5. Nachehelicher Unterhalt

 

Nr. 143 OLG Hamm - BGB § 1579 Nr.2

(6. FamS, Urteil v. 14. 2. 2001 - 6 UF 42/00)

Straftaten zu Lasten des eigenen ehelichen Kindes (hier: gefährliche Körperverletzung eines Säuglings) lassen einen nachehelichen Unterhaltsanspruch auch dann vollständig entfallen, wenn sie im Zustand verminderter Schuldfähigkeit begangen wurden.

(Leitsatz der Redaktion, "FamRZ", 4/2002)

 

Die Parteien streiten darum, ob ein Anspruch der geschiedenen Ehefrau auf nachehel. Unterhalt aufgrund von Straftaten verwirkt ist.

Am 6. 8. 1996 schlossen die Parteien die Ehe. Am 10. 2. 1997 wurde die gemeinsame Tochter J. geboren. Diese wurde am Morgen des 6. 5. 1997 tot im Kinderbett gefunden. Die Todesursache konnte später nicht mehr aufgeklärt werden.

Am 3.2.1998 wurde der Sohn L. geboren. In der Folgezeit wurde der Säugling häufig wegen Atemstillstandes klinisch behandelt.

Wie im Rahmen des später gegen die AGg. gerichteteten Strafverfahrens festgestellt wurde, leidet sie unter einer Persönlichkeitstörung in Form des sog. Münchhausen-by-proxy-Syndroms. Dabei manipulieren und erzeugen fürsorglich erscheinende Mütter (seltener Väter) bei ihren Kindern Krankheitssymptome. Das Schwurgericht traf später folgende Feststellungen, die die AGg. nach ihrer Verurteilung nicht mehr in Abrede gestellt hat:

Am Abend des 11. 8. 1998 nutzte die AGg. die Abwesenheit des ASt., der ein Medikament für den Sohn aus der Apotheke holen wollte, um die Atemwege des Säuglings zu blockieren, bis er blau anlief. Sie beabsichtigte, sich als Mutter eines lebensbedrohlich erkrankten Säuglings mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Als der ASt. zurückkehrte, ließ sie von dem Kind ab und erklärte dem ASt., ihr Kind habe solange geschrien, bis es blau angelaufen sei. Blutergüsse waren an dem Kind nicht feststellbar, so daß die behandelnden Arzte später eine andere Form des Sauerstoffentzuges annahmen, etwa durch ein Kissen.

Am 18. 9. 1998 nutzte die AGg. erneut die Abwesenheit ihres Mannes, um dem Säugling die Atemwege zu blockieren, bis dieser ohnmächtig wurde. Sie selbst schrie laut, bis ihr Schwiegervater erschien. um das Kind zu beatmen. Die AGg. war enttäuscht, daß ihr Schwieger vater sich nur uns das Kind kümmerte. Sie entschloß sich deshalb, ihrem Kind nochmals die Atemwege zu blockieren, als ihr Schwiegervater das Kinderzimmer wieder verließ. Es gelang ihr, diesen Entschluß in die Tat umzusetzen, bis der Säugling abermals ohnmächtig wurde. Als ihr Schwiegervater zurückkehrte, verständigte dieser den Notarzt.

Wie das Schwurgericht später feststellte. verübte die AGg. die Straftaten aufgrund ihres Münchhausen-by-proxy-Syndroms im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB).

Durch Beschluß v. 29.10.1998 ordnete das AmtsG die einstweilige Unterbringung der AGg. in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Seitdem leben die Parteien getrennt.

Aufgrund der oben beschriebenen Vorfälle beantragte der ASt. im November 1998 die Scheidung.

Durch Urteil vom 2.12.1999, rechtskräftig seit dem 10.12.1999, verurteilte das Schwurgericht die AGg. wegen der Taten v. 11.8.1998 und 18.9.1998 wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zum Nachteil ihres Sohnes L. zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Ferner ordnete das Schwurgericht die Unterbringung der AGg. in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Die Vollstreckung der Maßregel wurde ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt. Vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge zum Nachteil ihrer Tochter J. wurde die AGg. freigesprochen.

Durch Urteil v. 3. 2. 2000 hat das FamG die Ehe der Parteien geschieden. Die elterl. Sorge für L. wurde auf den ASt. übertragen. Das FamG begründete Versorgungsanwartschaften zugunsten der AGg. i. H. von 62.68 DM monatlich. Das Urteil ist inssoweit rechtskräftig seit dem 14.6.2000.

Am 4.8.2000 heiratete der ASt. erneut. Am 26.9.2000 wurde sein Sohn N. geboren.

In erster Instanz hat die AGg. monatlich 1.500 DM Unterhalt ab Rechtskraft der Scheidung verlangt. Das AmtsG hat den Anspruch als verwirkt angesehen.

Mit der hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die AGg. einen Anspruch auf nachehel. Unterhalt i. H. von 300 DM monatlich.

Entscheidungsgründe: Die Berufung ist unbegründet.

 

 

Kommentar Väternotruf:

Es ist schon erstaunlich, dass die Vollstreckung der Maßregel für die Mutter zur Bewährung ausgesetzt wurde. Man stelle sich mal einen männlichen Sexualstraftäter vor, bei dem ein Schwurgericht nach einer lebensbedrohlichen Tat an einen Kind den Maßregelvollzug zur Bewährung aussetzt. Aber der Tod durch die Hand einer Mutter scheint anscheinend so verlockend zu sein, dass man da einfach nicht nein sagen kann. Mal sehen, wie lange die Mutter bis zur nächsten "Münchhausenattacke" durchhält

 

 

 

 


 

 

Das erweiterte Münchhausen-Syndrom

Das sogenannte erweiterte Münchhausen-Syndrom (engl.: Munchausen by proxy-syndrome) ist eine seltene Erkrankung, die insbesondere im englischsprachigen Raum (GB, USA) von Kinderärzten beschrieben wurde. Bisher wurde über etwa 130 Fälle berichtet.

Es handelt sich hierbei um eine schwere Störung, bei der Mütter an ihren Kindern Krankheitssymptome vortäuschen, künstlich erzeugen oder aber vorhandene Krankheitssymptome aggravieren (verstärken), das heißt sehr viel schlimmer darstellen, als sie eigentlich sind. Ihr Ziel ist es, die Krankenhausaufnahme der Kinder zu erreichen und in der Folge zahllose komplizierte medizinische Eingriffe, Operationen eingeschlossen, herbeizuführen. Die eigentlichen Patientinnen sind also die Mütter, wenngleich sie ihre Kinder zu Patienten machen.

Die «Methoden», deren sich diese Frauen bedienen, sind im Grunde die gleichen, wie sie schon bei den Münchhausen-Patienten selbst und bei den anderen Patientinnen mit heimlichen Selbstschädigungen beschrieben wurden. Die Mütter geben zum Beispiel falsche Daten und Informationen über die Krankheitszustände ihrer Kinder an und fälschen auch manchmal die Krankenakten.

Die häufigsten Erkrankungen, mit denen diese Kinder in Kliniken vorgestellt wurden, sind neurologische Erkrankungen (Neurologie:

Nervenheilkunde), darunter besonders oft hirnorganische Krampfanfälle (epileptische Anfälle). Vorgetäuschte oder erzeugte Erkrankungen anderer Bereiche waren am häufigsten immer wiederkehrende Durchfälle, Erbrechen, unklare Fieberzustände, Hautausschläge, Abszesse und anderes. Die Mütter geben den Kindern Medikamente wie Abführmittel und Brechmittel und erzeugen so bei den Kindern chronische Durchfälle und chronisches Erbrechen. Sie geben dem Urin ihrer Kinder ihr eigenes Blut oder Kot bei, manchmal fügen sie dem Urin auch Speichel, Salz oder Zucker zu und täuschen somit verschiedene Erkrankungen wie Entzündungen oder Stoffwechselerkrankungen vor.

Eine andere verbreitete Methode ist das Aufbringen von ätzenden Lösungen auf die Haut der Kinder, die wissentliche Gabe von Medikamenten oder Stoffen, auf die die Kinder allergisch (Allergie: Überempfindlichkeitsreaktion) reagieren, sowie die Manipulation von Fieberthermometern. Epileptische Anfälle werden erzeugt, indem die Mütter den Kindern die Luft mit der Hand abdrücken oder ihnen eine Plastiktüte überstülpen und Ähnliches.

Von allen bisher bekannt gewordenen Fällen waren die Krankheitssymptome der Kinder in 25 Prozent vorgetäuscht und in 75 Prozent aktiv erzeugt. Im Grunde handelt es sich um eine Sonderform der schweren Kindesmißhandlung, die in hohem Maße schädigend für die Kinder ist und die nicht selten sogar zu tödlichen Komplikationen führt.

Wie bei erwachsenen Menschen mit Münchhausen-Syndrom wird die eigentliche Ursache der Erkrankung meistens erst nach einem langwierigen Krankheitsverlauf erkannt. Häufig haben die Kinder dann bereits Schäden davongetragen.

Die Mütter sind nach außen hin auffällig unauffällig. Sie lassen sich fast in allen Fällen mit in die Klinik aufnehmen, was heute in Kinderkliniken üblich geworden ist und eigentlich ja dem Wohle der Kinder dient. Beim Pflegepersonal fallen diese Mütter als besonders nett, besorgt und bemüht auf. Sie verstehen sich oft sehr gut mit dem Pflegepersonal und schließen nicht selten Freundschaften mit den Schwestern. Auffallend ist auch bei ihnen ein ausgeprägtes medizinisches Wissen.

Im weiteren Krankheitsverlauf fällt dann allerdings eine Diskrepanz zwischen der Schwere der Krankheitssymptome der Kinder und der Besorgtheit der Mütter auf. Die Behandlungen helfen nicht, und es entwickeln sich immer wieder neue Symptome. Irgendwann bemerkt das Pflegepersonal, daß die Symptome der Kinder sich bessern, wenn die Mütter nicht anwesend sind, im nachhinein wurde festgestellt, daß die Mütter ihren Kindern oft während des Klinikaufenthalts Schäden zufügen, zum Beispiel, indem sie in unbeobachteten Momenten den Kindern irgendwelche Lösungen oder Medikamente in die Infusionsschläuche einspritzen oder ihnen die Luft abdrücken, um damit epileptische Anfälle zu provozieren und Ähnliches.

Wenn man die Mütter mit dem Verdacht der Manipulation konfrontiert, verleugnen sie dies und streiten es vehement ab. Meistens brechen sie die Beziehung sofort ab, nehmen das Kind aus der Klinik, um sich in Kürze in einer anderen Klinik erneut aufnehmen zu lassen. Die Väter reagieren in gleicher Weise.

Immer wieder wurden Fälle beschrieben, in denen Kinder auch nach Konfrontation der Eltern und nach dem Versuch, den Vater zum Schutz des Kindes aktiv einzubeziehen, in der weiteren Folge starben. Daher plädieren die meisten Kinderärzte, die diese Erkrankung beschreiben, dafür, die Kinder unbedingt aus diesen Familien herauszunehmen und Entsprechendes auch für vorhandene Geschwister, die als hochgefährdet angesehen werden müssen, zu überlegen. In einigen Fällen wurden Familien beschrieben, bei denen mehrere Kinder gleichzeitig betroffen waren.

Auch dem erweiterten Münchhausen-Syndrom liegt eine komplizierte seelische Erkrankung zugrunde: Die Mütter, die daran leiden, sind nach außen hin zunächst einmal sehr unauffällig. Zu einem Drittel gehören sie medizinischen oder paramedizinischen Berufen an, das heißt, sie sind Krankenschwestern, medizinisch-technische Assistentinnen oder Röntgenassistentinnen. Sie erscheinen zunächst völlig normal und fallen durch ihre besondere Fürsorge und Freundlichkeit auf.

Sie haben eine Tendenz, bestimmte Gefühle völlig zu verneinen und abzuspalten, das heißt, diese Gefühle werden so behandelt, als ob sie überhaupt nicht vorhanden wären. Nur so kann man sich erklären, daß diese Mütter an ihren Kindern derart aggressive, beschädigende Handlungen vornehmen und gleichzeitig überaus fürsorglich und freundlich mit ihnen umgehen; so als ob zwei seelische Zustände nebeneinander existieren würden, ohne miteinander in Bezug zu treten und zu stehen.

Diese Tatsache macht die Erkrankung so schwerwiegend, weil den Müttern, ähnlich wie den Münchhausen-Patienten, nicht bewußt ist, wie krank sie sind, und sie dementsprechend kaum für eine psychotherapeutische Behandlung zugänglich sind. Wenngleich diese Frauen ihre Kinder zwar bewußt mißhandeln, muß man davon ausgehen, daß sie ihr Tun im Anschluß völlig verleugnen und verdrängen und selber glauben, daß sie diese Handlungen eigentlich nicht durchgeführt haben. Es ist, als ob sie zu einem bestimmten Bereich ihrer Seele keinen Zugang hätten.

Zehn Prozent dieser Frauen leiden selbst an einer heimlichen Selbstbeschädigung. In ihrer Vorgeschichte haben sie häufig selber körperliche oder seelische Mißhandlungen erlitten, und in Einzelfällen kommen auch in ihren Ehen körperliche Mißhandlungen durch den Ehepartner vor.

Mütter, die am erweiterten Münchhausen-Syndrom leiden, scheinen über die Erzeugung von Krankheitssymptomen an ihren Kindern eigene Bedürfnisse nach Zuwendung und Geborgenheit auszudrücken. Durch die Mitaufnahme in den Kliniken kommen sie ja ebenfalls in den Genuß ärztlicher und pflegerischer Zuwendung und Hilfe, also in den Genuß einer Art mütterlicher Atmosphäre des Krankenhauses. Gleichzeitig können sie sich als besonders fürsorgliche Mütter präsentieren, was ihnen möglicherweise eine Bestätigung ihres Selbstwertgefühls einbringt. Ähnlich wie bei Münchhausen-Patienten beschrieben, nimmt man eine Störung des Selbstwertgefühls im

Sinne eines minderwertigen Selbstwertgefühls für diese Frauen an.

Häufig wird dieses erweiterte Münchhausen-Verhalten durch Verlassenheitssituationen ausgelöst. Man nimmt an, daß durch solche Situationen frühe aggressive Impulse, die im Zusammenhang mit Zurückweisung oder Mißhandlungen der eigenen Eltern erlebt wurden, erneut aktiv und am Kind ausgelebt werden. Mit anderen Worten: Die betroffenen Frauen konnten und durften Reaktionen von intensiver Wut, die durch Mißhandlungs- und Verlassenheitssituationen ausgelöst wurden, nicht zeigen und ausleben. Dadurch sind ihre Möglichkeiten, aggressive Gefühle und Impulse auszudrücken, gestört. Wenn es nun im Erwachsenenalter zu ähnlichen Situationen kommt, können solche ehemals verdrängten Gefühle wieder aktiv werden. Aber auch jetzt werden sie nicht direkt, sondern über die Mißhandlungen an den Kindern ausgeführt. Dadurch werden unbewußt diese frühen traumatischen Erlebnisse inszeniert, das heißt, wie eine Art Theaterstück dargestellt, was als ein Bewältigungsversuch dieser Erlebnisse angesehen werden kann. Die Mütter fügen ihren Kindern das zu, was ihnen selbst geschehen ist, und drücken damit unbewußt ihre eigenen traumatischen Erlebnisse aus.

Häufig besteht zwischen diesen Frauen und ihren Kindern eine sehr enge Beziehung. Die Mütter können es nicht ertragen, wenn sich ihre Kinder aus dieser engen Beziehung lösen wollen. Umgekehrt erzählen die Kinder den Ärzten in den meisten Fällen nicht, daß die Mütter an ihnen beschädigende Handlungen vornehmen. Selbst ältere Kinder, denen schmerzhafte (!) Verletzungen zugefügt werden, verheimlichen dieses Verhalten ihrer Mütter und decken es.

Man nimmt an, daß es sich hier um eine krankhaft enge Beziehung zwischen Mutter und Kind handelt. Die Mütter erleben ihr Kind so, als wenn es Teil ihres Selbst wäre und nicht als eigenständigen, von

ihnen getrennten Menschen. Das Kind wird, obwohl es ein Eigenleben hat, wie eine Art Ding benutzt. Sie gebrauchen das Kind um ihr eigenes psychisches Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Das erklärt auch, daß die Mütter, wenn sie mit ihrem Verhalten konfrontiert werden und nicht mehr mit Beziehungsabbruch reagieren können, nicht selten mit einem schweren seelischen Zusammenbruch, mit Depressionen und mit akuten Selbstmordimpulsen reagieren.

Die Väter der mißhandelten Kinder bzw. die Männer der mißhandelnden Frauen sind oft abwesend, zum Beispiel durch berufliche Reisen etc. Nur in Einzelfällen sind sie aktiv an der Mißhandlung des Kindes beteiligt. In den meisten Fällen bleiben sie im Hintergrund, unterstützen ihre Frauen aber passiv in ihrem Verhalten durch ein auffallendes «Nicht-Merken».

Deshalb setzt sich das erweiterte Münchhausen-Verhalten in diesen Familien auch fort, wenn die Väter eindringlich von den Ärzten über das Verhalten ihrer Ehefrauen und die damit verbundene ernsthafte Gefahr für ihre Kinder aufgeklärt worden sind. Die Väter sind also an der krankhaften Dynamik, an dem krankhaften Verleugnen beteiligt. Genaue psychologische Untersuchungen dieser Familien fehlen bislang.

 

Folgen für die Kinder

Zahlreiche seelische Störungen wurden bei derart mißhandelten Kindern beschrieben. Häufig leiden sie an Eßstörungen, an Niedergeschlagenheit, depressivem Rückzug, auch an einer Art Hyperaktivität oder an vielfältigen körperlichen Beschwerden.

Direkte Folgen sind natürlich zunächst die körperlichen Schäden, die durch die Beschädigungen entstehen und die durch die eigentlich ja nicht notwendigen ärztlichen Maßnahmen verursacht werden. Die Kinder können in zehn Prozent an den körperlichen Schäden sterben.

Außerdem haben diese Kinder aufgrund ihrer langen Krankenhausaufenthalte entsprechende Fehlzeiten in der Schule mit Folgeproblemen und sind von einem normalen sozialen Leben häufig isoliert. Im weiteren Verlauf kommt es zu Störungen des Körpererlebens und des Körperbildes. Die Kinder haben nur mangelndes Vertrauen in ihre körperlichen Funktionen, später lehnen sie ihren eigenen Körper oft ab, ähnlich wie man das auch bei anderweitig mißhandelten Kindern beobachten kann. Nicht selten treten später Störungen im Bereich des Sexuallebens auf.

Die Kinder erleben ihren Körper so, als ob er ihnen selbst eigentlich nicht wirklich gehört, sondern als ob er Eigentum der Mutter, der Erwachsenen und der Ärzte ist, von denen er in aggressiver Weise manipuliert werden kann.

 

 

aus: "Im Krieg mit dem Körper", S. 72-78

Annegret Eckardt

Rowohlt 1994

 

 

Kommentar Väternotruf:

Das wie auch immer motivierte und zu bewertende Verhalten eines Elternteils gegenüber seinem Kind als Krankheit zu bezeichnen, das klingt schon fast nationalsozialistisch. Fehlt nur noch die Ausmerzung der solcherart "kranken" Eltern aus dem "gesunden Volkskörper" - euphemistisch auch Euthanasie genannt. 

 

 

 


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