Namensrecht
30. Juni 2009: Junge darf „Djehad“ heißen - Kindeswohl durch diesen
Namen nicht gefährdet
(1. Zivilsenat, Az.: 1 W 93/07)
Mit der Wahl des Vornamens „Djehad" für ihren Sohn gefährden Eltern nicht das Wohl ihres Kindes. Das hat der 1. Zivilsenat in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen entschieden.
Der Standesbeamte hatte die beantragte Beurkundung dieses Namens im Geburtenbuch mit der Begründung abgelehnt, das Kindeswohl sei bei Wahl dieses Vornamens erheblich gefährdet: Er bedeute „Heiliger Krieg" und habe in Deutschland seit dem 11. September 2001 eine stark negative Bedeutung erlangt.
Dem ist das Kammergericht nicht gefolgt und hat - wie zuvor das Amtsgericht und das Landgericht - die Namenswahl als unbedenklich angesehen. Bei dem Wort „Djehad“ handele es sich um eine im Arabischen auch als männlicher Vorname gebräuchliche Bezeichnung für die Verpflichtung des Muslim zu einem geistigen und gesellschaftlichen Einsatz für die Verbreitung des Glaubens. Keineswegs sei der Gebrauch des Wortes als Vorname verunglimpfend oder anstößig. Daran ändere nichts, dass radikale Islamisten in jüngster Zeit den Begriff im Sinne eines bewaffneten Kampfes gegen Ungläubige auch mit den Mitteln des Terrors verwendeten. Eine Einschränkung des Rechts der Eltern zur Namenswahl könne das nicht rechtfertigen.
Auf mögliche Motive der Eltern bei der Namenswahl komme es bei der Prüfung des Kindeswohls nicht an, sondern nur auf den konkret gewählten Namen.
http://www.berlin.de/imperia/md/content/senatsverwaltungen/justiz/kammergericht/taetigkeitsberichte/taetigkeitsbericht_2009.pdf?start&ts=1271748126&file=taetigkeitsbericht_2009.pdf
Namensänderung wird mit Volljährigkeit schwierig
Der Wunsch, den Nachnamen des leiblichen Vaters zu tragen, rechtfertigt eine Namensänderung ebenso wenig wie die Absicht, sich von einem Teil der Familie zu distanzieren. So urteilte das Verwaltungsgericht Koblenz am 6. Mai 2009 (Az: 5 K 279/09.KO).
Ein junger Mann hatte von Geburt an den Nachnamen seiner Mutter getragen, die verwitwet war und den Namen ihres verstorbenen Mannes trug. Der neue Partner der Mutter, mit dem sie nicht verheiratet war, war der leibliche Vater des Mannes. Als der junge Mann volljährig wurde, beabsichtigte er, seinen Namen zu ändern und den seines Vaters anzunehmen. Er argumentierte, es sei ihm nicht zuzumuten, den Namen eines ihm fremden Mannes zu tragen.
Für seinen Wunsch fand der junge Mann vor Gericht jedoch keine Zustimmung. Zwar konnten die Richter sein Anliegen, das Verwandtschaftsverhältnis zum leiblichen Vater deutlich zu machen, nachvollziehen. Doch grundsätzlich trage man seinen Namen ein Leben lang. Dem Familiennamen komme eine „Ordnungsfunktion“ zu. Unter seinem Namen erwerbe man zum Beispiel Abschlüsse und schließe Verträge. Bis zum 18. Lebensjahr wäre eine Namensänderung durch eine einfache Erklärung der Eltern beim Standesamt möglich gewesen. Mit der Volljährigkeit trete jedoch eine „gewisse Namensfestigkeit“ ein.
http://familienanwaelte-dav.de/namensaenderung-wird-mit-volljaehrigkeit-schwierig
Kommentar Väternotruf:
Man kann sich hier fragen, ob es den urteilenden Richter/innen nicht an psychologischer Sensibilität und Respekt vor dem nachvollziehbaren Anliegen des jungen Mann fehlt, der sich mit seinem leiblichen Vater mehr verbunden fühlt, als mit einem ihm persönlich völlig unbekannten Mann, der zufällig der Ehemann seiner Mutter war.
Womöglich deutet die von den Richter/innen postulierte "Namensfestigkeit" eher auf eine gewisse "Denkfestigkeit" der betreffenden Richter hin, eine Eigenschaft, die auch der damaligen alternden Führungsriege der DDR zugeschrieben wird.. Wohin solche "Denkfestigkeiten" führen, hat das Beispiel der DDR anschaulich gezeigt.
Neuer Name für Scheidungskinder - Gerichte legen strengen Maßstab an
Von Paul Glauben
Nach einer Scheidung stellt sich häufig die Frage, welchen Familiennamen die gemeinsamen Kinder künftig tragen sollen. Ganz kompliziert wird es, wenn die Mutter wieder geheiratet und einen neuen Familiennamen angenommen hat. So lag dem Koblenzer Oberlandesgericht (OLG) der Fall eines zehnjährigen Mädchens vor, das in der Schule und bei Freunden nur unter dem neuen Familiennamen der Mutter bekannt war. Tatsächlich trug das Mädchen aber noch den Namen des leiblichen Vaters. Das Kind hatte Glück, denn die OLG-Richter befanden, ihm sei es nicht zuzumuten, in Zukunft seinen tatsächlichen Familiennamen weiterzuführen. Daher ersetzten die Richter kurzerhand die fehlende Zustimmung des leiblichen Vaters (Az.: 13 UF 414/99).
Doch nicht immer endet der Streit aus Sicht des Kindes so «glimpflich». Die Mutter habe eigenmächtig Fakten geschaffen und werde nun dafür vom Gericht auch noch belohnt, argumentierten Kritiker der Entscheidung. Die Koblenzer Richter hatten sich jedoch allein am Gesetzestext orientiert. Danach ist bei der so genannten Einbenennung des Kindes - so der juristische Ausdruck - allein das Wohl des Kindes maßgebend.
Die vage Formulierung des Gesetzgebers sorgt jedoch für Rechtsunsicherheit. Denn anders als das OLG Koblenz sind die meisten Gerichte nicht bereit, dem Kind ohne Zustimmung des anderen leiblichen Elternteils ohne weiteres einen neuen Namen zuzusprechen. Ihre Begründung: Das Ziel des vom Kind getrennt lebenden Elternteils, die Familienbande mit seinem leiblichen Kind nicht zerschnitten zu wissen, sei dem Kindeswohl gleichrangig. Die Zustimmung könne daher nur im Ausnahmefall gerichtlich ersetzt werden, urteilten übereinstimmend die Oberlandesgerichte München (Az.:16 UF 877/99) und Nürnberg (Az.: 11 UF 145/00).
Andere Gerichte sehen dies ebenso. Für eine Namensänderung ohne Zustimmung des leiblichen Elternteils reiche es nicht aus, dass sie für das Kind «dienlich» sei, befand etwa das OLG Köln (Az.: 14 UF 220/98). Vielmehr müssten triftige Gründe für die Namensänderung sprechen, urteilten die Oberlandesgerichte Rostock (Az.: 8 UF 402/99), Bremen (Az.: 4 UF 32/99), Oldenburg (Az.: 11 UF 26/99) und Celle (Az.: 18 UF 26/99) übereinstimmend.
Noch strenger formulierte das OLG Naumburg (Az.: 8 WF 300/99): Die Namensänderung müsse zum Wohl des Kindes unabdingbar sein. So lehnte etwa das OLG Rostock eine Namensänderung ab, die von der Mutter mit dem Argument beantragt worden war, das Kind fühle sich gegenüber ihrer Stiefschwester als «minderwertig». Dazu die Richter: Allgemeine Missempfindungen oder Befürchtungen reichten ebenso wenig aus wie das Argument, das Kind verliere andernfalls den Glauben an die Gerechtigkeit (Az.: 10 UF 217/00). Gleiches gilt bei gelegentlichen Hänseleien (OLG Hamm, Az.: 2 UF 43/99) oder bei «lästigen Nachfragen» aus dem Umfeld des Kindes (OLG Stuttgart, Az.: 16 UF 471/99).
Ebenso wertete das OLG Oldenburg die Absicht der Mutter, mit der Namensänderung des Kindes endlich alle Brücken zu ihrem früheren Partner abzubrechen, als rechtlich völlig unerheblich (Az.: 11 UF 26/99). Schlechte Karten hat der leibliche Elternteil dagegen, wenn er den Kontakt zu dem Kind abgebrochen hat. In diesem Fall dürfe seine Zustimmung zu der Namensänderung ersetzt werden, meinten die Oberlandesgerichte Hamm (Az.: 5 UF 360/99) und Bamberg (Az.: 7 UF 90/00). Dies gelte erst recht, so das OLG Oldenburg, wenn mit dem «Untertauchen» zugleich eine Verletzung von Unterhaltspflichten verbunden sei (Az.: 11 UF 121/99).
Formal ist zu beachten, dass einer Namensänderung nicht nur der leibliche Vater, sondern auch das Kind selbst zustimmen muss, sobald es das fünfte Lebensjahr vollendet hat. Nach Meinung des OLG Köln genügt es nicht, wenn das Jugendamt erklärt, das Kind sei mit der Namensänderung einverstanden. Vielmehr müsse es diese Erklärung «höchstpersönlich» und in öffentlich beglaubigter Form abgeben (Az.: 14 UF 35/99). Außerdem könne auf eine persönliche Anhörung von Eltern und Kind nicht verzichtet werden, so dass eine Entscheidung «nach Aktenlage» unzulässig sei, heißt es in einem weiteren Beschluss des Gerichts (Az.: 14 UF 220/98).
yyrs ch 130132 Dez 2001
Vater kann auch ohne Sorgerecht Umbenennung verhindern
Mannheim. Eine geschiedene Mutter darf den Nachnamen ihres Kindes gegen den Willen des Vaters nur mit triftigem Grund ändern. Dies gilt nach einem gestern veröffentlichten Urteil des baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshofs selbst dann, wenn sie das alleinige Sorgerecht hat. Die Mannheimer Richter gaben damit auch in zweiter Instanz der Klage eines Karlsruhers statt.
Seine Frau hatte nach der Scheidung ihren Geburtsnamen wieder angenommen. Den sollte auch ihr fünfjähriger Sohn bekommen. Zur Begründung verwies die Mutter auf eine jüngere Halbschwester, die sie mittlerweile mit ihrem neuen Lebensgefährten gezeugt habe und die so wie dieser heiße. Drei unterschiedliche Nachnamen in der Familie seien verwirrend, ihr Sohn werde deswegen im Kindergarten gehänselt.
Das könne Kindern heutzutage zugemutet werden, befand der Gerichtshof. Eine Namensänderung sei dem Wohl des Sohnes zwar förderlich, aber nicht erforderlich. Schwerer wiege der Wunsch des Vaters, trotz des Verzichts auf sein Sorgerecht das "Namensband" mit dem Sohn zu erhalten. Daran würde selbst eine Heirat zwischen Mutter und neuem Lebensgefährten nichts ändern. sma
Urteil des VGH vom 22.2.2001, Az.: 1 S 929/00. Revision zugelassen.
18.10.2001
http://www.mamo.de/aktuell/politik/20011018_kind.html
Recht auf Kenntnis der eigenen Identität?
Sigrid Schiebweg ist ledig und kriegt ein Kind, ihre Susi. Kurz nach der
Geburt im Jahre 1959 gibt sie es in ein Kinderheim. Später wird Susi von
Pflegeeltern aufgezogen.
Als sie 30 Jahre alt ist, möchte sie aus persönlichen Gründen und im Hinblick
auf mögliche Erbansprüche wissen, wer ihr Vater ist. Die Mutter sagt es ihr
nicht und läßt durchblicken, sie habe während der Empfängniszeit mit
mehreren Männern verkehrt. Diese seien inzwischen verheiratet und lebten in
intakten Familien. Damit findet sich die Tochter nicht ab. Sie macht ihren
Anspruch auf Auskunft vor dem Amts- und darauf vor dem Landgericht geltend. Die
Richter gehen davon aus, die Mutter habe durch die Weggabe der Tochter die persönliche
Mutter-Kind-Beziehung beendet. Die Tochter schulde ihrer Mutter deshalb keine Rücksicht
mehr. Und so räumen sie dem Interesse der Tochter an der Kenntnis des Vaters
Vorrang ein vor dem Schutz der Intimsphäre der Mutter.
Das Landgericht verurteilt deshalb Sigrid Schiebweg in letzter Instanz dazu,
ihrer Tochter vollständig darüber Auskunft zu erteilen, wer als ihr Vater in
Betracht kommen kann. Sigrid Schiebweg fühlt sich durch ihre Verurteilung zur
Auskunft in ihrem vom Grundgesetz geschützten persönlichen Bereich verletzt.
Sie legt Beschwerde zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein.
Muß Sigrid Schiebweg ihrer Tochter darüber Auskunft geben, welche Männer als
ihr Vater in Betracht kommen, um die Vaterschaft feststellen lassen zu können?
Die acht Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts bemerken, daß
das Bürgerliche Gesetzbuch lediglich allgemein bestimmt: 'Eltern und Kinder
sind einander Beistand und Rücksicht schuldig'. Einen ausdrücklichen Anspruch
des nichtehelichen Kindes gegenüber seiner Mutter auf Benennung des Vaters
sieht das Gesetz nicht vor. Jedoch umfaßt das vom Grundgesetz in Artikel 2
geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht des Kindes auf
Kenntnis der eigenen Abstammung. Dieses Recht schützt nichteheliche Kinder
davor, daß ihnen die Behörden oder auch die Mutter Informationen bezüglich
ihrer Herkunft vorenthalten.
Bei der Frage, ob die Tochter ein Auskunftsrecht gegenüber der Mutter hat, ist
jedoch abzuwägen welches Interesse höher zu bewerten ist: Das Persönlichkeitsrecht
der Mutter und der Schutz ihrer Intimsphäre auf der einen Seite oder der aus
dem Persönlichkeitsrecht der Tochter folgende Auskunftsanspruch.
Die Richter des Bundesverfassungsgerichts weisen darauf hin, daß die Interessen
des Kindes nicht generell und ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls
höher zu bewerten sind als das Persönlichkeitsrecht der Mutter. Auch ist bei
der Entscheidung mitzuberücksichtigen, daß von der Auskunft mehrere Männer
mitbetroffen wären, von denen nur einer der Vater sein kann.
Dies hätten aber die Richter des Amts- wie des Landgerichts nicht beachtet. Sie
waren von einem Vorrang des Auskunftsrechts des unehelichen Kindes gegenüber
dem Schutz der Intimsphäre der Mutter ausgegangen. Und so hebt das
Bundesverfassungsgericht die Entscheidung des Landgerichts auf.
Das Gericht entscheidet zugunsten der Beschwerdeführerin Sigrid Schiebweg, die
also ihrer Tochter die erbetene Auskunft nicht erteilen muß.
Da ist also wieder die wichtigste Auslegungsmethode für Gesetze: Die Abwägung
der Rechtsgüter, die im konkreten Fall miteinander konkurrieren. Das
Verfassungsgericht dazu: Wo es um die Berücksichtigung widerstreitender
Grundrechte geht, gibt es Spielräume der Gestaltung - für den Gesetzgeber und
für die Auslegung. Zwar ist richtig, daß nichteheliche Kinder nicht schlechter
gestellt werden dürfen als eheliche. Es können sich aber rechtfertigende Gründe
für eine Ungleichbehandlung ergeben; für den Status von in einer Ehe geborenen
Kindern kommt es nicht darauf an, wer der leibliche Vater ist. Das Landgericht
hat seinen Gestaltungsspielraum verkannt, denn es hat den Auskunftsanspruch
nahezu verabsolutiert und gar nicht gesehen, daß das Persönlichkeitsrecht der
Mutter genauso in die Abwägung einfließen darf und muß.
Das Gericht muß damit rechnen, daß eine landesweite Boulevardzeitung nach
diesem Urteil in die Menge der Kioskpassanten schreit: "Wer ist mein
Vater?"
http://wwws.br-online.de/inhalt/ratgeber/fallauffall/buergerl_recht/9801_f2.htm
Vater setzte seinen Namen durch. Mutter und beide Kinder aus geschiedener Ehe scheiterten mit Antrag
München. (dpa/lby) Kinder aus einer geschiedenen Ehe dürfen ihren Familiennamen nur in Ausnahmefällen ändern. Ein neuer Name könne die Verbundenheit zum leiblichen Vater beeinträchtigen oder gar aufheben, entschied das Oberlandesgericht München. Im konkreten Fall dürfen zwei minderjährige Kinder einer geschiedenen Mutter nicht den Namen ihres Stiefvaters annehmen, obwohl sie das selbst wünschten und auch das Kreisjugendamt dafür war. Das Oberlandesgericht lehnte den Antrag der wieder verheirateten Mutter auf Übertragung ihres neuen Familiennamens auf die Kinder in letzter Instanz ab.
Die Frau hat das alleinige Sorgerecht für die beiden Kinder. Sie wollte, dass ihre Kinder denselben Nachnamen führen wie sie. Das Gericht erklärte demgegenüber, die Namensänderung sei nur durch das Kindeswohl zu rechtfertigen. Sie könne nämlich die Verbundenheit zum leiblichen Vater "beeinträchtigen oder gar aufheben". Die leiblichen Eltern hatten sich vor dem Amtsgericht geeinigt, das zeitweise unterbrochene Umgangsrecht des Vaters "in vorsichtiger Weise wieder aufzunehmen". Dies würde durch eine Namensänderung womöglich erneut erschwert. Das OLG geht davon aus, "dass ein regelmäßiger und langfristig ungestörter Kontakt zwischen den Kindern und ihrem Vater wichtiger ist als eine ihn ausschließende und durch Übernahme des neuen Namens dokumentierte Haltung der Kinder".
(Az.: 16 UF 1249/99)
http://www.oberpfalznetz.de/zeitung/ges/rechtgeschieden_k.0000405880.html