Oberlandesgericht Köln vom 11.03.2008 - 4 UF 119/07 - Beschwerde zu Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn vom 3.5.2007 - 40 F 219/06 AG Bonn
Oberlandesgericht Köln vom 11.03.2008, 4 UF 119/07
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/koeln/j2008/4_UF_119_07beschluss20080311.html
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts -
Familiengericht - Bonn vom 3.5.2007 - 40 F 219/06 AG Bonn - wird
zurückgewiesen.
Von Amts wegen wird gemäß §§ 1666, 1666 a BGB der vorgenannte
Sorgerechtsbeschluss des Familiengerichts Bonn bezüglich des Kindes P
dahin abgeändert, dass das elterliche Personensorgerecht zwecks
Durchführung sozialpädagogischer Maßnahmen im Rahmen der
sozialpädagogischen Familienhilfe (SPFH) und der psychotherapeutischen
Gesundheitsfürsorge den verfahrensbeteiligten Eltern entzogen wird.
Insoweit wird die elterliche Personensorge dem Jugendamt der Bundesstadt
C (JA C) als Ergänzungspfleger übertragen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer. Für die
I. Instanz verbleibt es bei der amtsgerichtlichen Kostenentscheidung.
G r ü n d e :
1
Die gemäß § 621 e ZPO zulässige – insbesondere frist- und formgerecht
eingelegte – befristete Beschwerde des Antragsstellers hat in der Sache
keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat es das Familiengericht
grundsätzlich bei der gemeinsamen Sorge der Kindeseltern belassen.
Allerdings war nach Auffassung des Senates von Amts wegen betreffend das
Kind P den Kindeseltern die Personensorge insoweit zu entziehen, als es
die Durchführung sozialpädagogischer Maßnahmen im Rahmen der
sozialpädagogischen Familienhilfe (SPFH) und die psychotherapeutische
Gesundheitsfürsorge betrifft.
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Entgegen der Auffassung des Antragsgegners kann es grundsätzlich bei der
gemeinsamen elterlichen Sorge für die beiden betroffenen Kinder P und T
verbleiben.
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Die geschiedenen Eltern streiten um die Aufteilung der Ausübung des
Sorge- bzw. des Aufenthaltsbestimmungsrechts untereinander. Aufgrund des
vom Familiengericht eingeholten Sachverständigengutachtens der
Sachverständigen Frau Dipl.-Psychologin U vom 6.1.2007 (siehe
Anlagenhefter zu dieser Akte) kann zur Überzeugung des Senates
zusammenfassend festgestellt werden, dass dem Kindeswohl am Besten
gedient ist, wenn die Kinder sich wechselweise bei den Elternteilen
aufhalten. Eingehend und für den Senat nachvollziehbar hat die
Sachverständige festgestellt, dass beide Elternteile ihre Kinder sehr
lieben und an ihrer Entwicklung stark interessiert sind. Dieser Eindruck
hat sich – trotz aller Defizite in der Erziehungsgeeignetheit der
Kindeseltern – auch für den Senat bei der Anhörung der Kindeseltern im
Termin am 29.1.2008 ergeben. Die Probleme der Kindeseltern liegen nicht
so sehr in der Wertschätzung ihrer Kinder als in der Aufarbeitung ihrer
gescheiterten Beziehung. Wechselseitig sprechen sie sich ihre
Erziehungsfähigkeit ab. Insbesondere der Kindesvater (Antragsteller)
meint, dass er alleine das Kindeswohl garantieren könne. Während sich
die Kindesmutter in der mündlichen Verhandlung durchaus kooperativ
gezeigt hat, neigte der Kindesvater dazu, seine Erziehungsfähigkeit
herauszustellen und sein Erziehungsverhalten als das allein Richtige
darzustellen. Andererseits wurde bei der mündlichen Anhörung der
Kindeseltern auch deutlich, dass die Kindesmutter vor allem wegen ihrer
sprachlichen Defizite nicht die gleichen schulischen Fördermöglichkeiten
bieten kann wie der Kindesvater. Dagegen scheint sie nach Auffassung des
Senates für die Belange des täglichen Lebens kompetenter zu sein als der
in starren Denkstrukturen verhaftete Kindesvater.
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Dem Belassen der gemeinsamen elterlichen Sorge bei beiden Kindeseltern –
bis auf die vom Senat ausgenommenen Teilbereiche – steht nicht entgegen,
dass – wie oben bereits angedeutet – die Kindeseltern untereinander
heillos zerstritten sind. Die Zerstrittenheit der Eltern kann nämlich
nur dann zum Anlass der Aufhebung des gemeinsamen Sorgerechts gemacht
werden, wenn die begründete Annahme besteht, dass die Kindeseltern eine
dem Kindeswohl dienende gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge nicht
gewährleisten können (vgl. u.a. BGH NJW 2005, 2080 f.; OLG Hamm FamRZ
2005, 537 f.; OLG Köln FamRZ 2005, 2087; 2000, 499 f.). Danach reicht
allein die Tatsache der Zerstrittenheit der Eltern nicht aus, um eine
Sorgerechtsübertragung auf nur einen Elternteil rechtfertigen zu können.
Vielmehr muss auch nach der Auffassung des Senates (vgl. u.a.
Senatsbeschluss vom 29.3.2005, FamRZ 2005; 2087) im Rahmen einer
konkreten Einzelfallprüfung entschieden werden, ob die Zerstrittenheit
der Eltern sich negativ auf das Kindeswohl auswirkt. Ist dies nicht
erkennbar und ist auch nicht zu befürchten, dass sich zukünftig negative
Auswirkungen ergeben könnten, muss es trotz der
Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den Eltern bei der gemeinsamen
elterlichen Sorge verbleiben, da die in der gemeinsamen Sorge gesetzlich
ausgeprägte besondere gemeinschaftliche Verantwortung der Eltern für ihr
Kind auch in der Trennungssituation dem Kindeswohl am Besten entspricht,
wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen (so Senatsbeschluss vom
29.3.2005, FamRZ a.a.O.).
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Zwar ist nicht zu verkennen, dass sich die Konflikte der Kindeseltern
auch auf die hier betroffenen Kinder auswirken. Allerdings kann nicht
festgestellt werden, dass es gerade die Streitigkeiten in Betreuungs-
und Erziehungsfragen sind, die für die Kinder belastend und daher dem
Kindeswohl nicht förderlich sind. Vielmehr leiden – wie auch die
Sachverständige in ihrem Gutachten ausgeführt hat – die Kinder
insbesondere unter der Trennung der Parteien und der fehlenden
Bereitschaft, nach der Trennung wieder zumindest insoweit aufeinander
zuzugehen, um vernünftig miteinander sprechen zu können. Die Kinder
brauchen das Gefühl der Verantwortung beider Elternteile, um ihre
Wertschätzung – insbesondere auch gegenüber der Kindesmutter, die stark
unter der Einflussnahme des Kindesvaters gelitten hat – zu behalten bzw.
wieder aufzubauen. Hier ist insbesondere anzusprechen, dass der Sohn P –
wie die Sachverständige in ihrem Gutachten im Einzelnen belegt hat –
gerade unter dem Einfluss des Kindesvaters sich ein sehr negatives Bild
von der Antragsgegnerin (Kindesmutter) gebildet hat. Hier gilt es,
Einiges aufzuarbeiten. Insbesondere wird der Antragsteller gehalten
sein, seine persönlichen Feindseligkeiten gegenüber seiner früheren
Ehefrau hintan zu stellen, um einer (weiteren) Kindeswohlgefährdung zu
begegnen. Auch der Senat ist aufgrund der Anhörung der Parteien und
seines persönlichen Eindruckes von dem Kindesvater zu der Überzeugung
gelangt, dass es das sehr starre und einfach strukturierte
Erziehungsverhalten des Kindesvaters ist, welches die Kinder – und hier
insbesondere P – immer wieder in Konfliktsituationen auch zur
Kindesmutter bringt. Hier nutzt der Kindesvater seine starke Bindung zu
P, um ein negatives Persönlichkeitsbild P's von seiner Mutter zu
verfestigen. Diesem gilt es zu begegnen. Zeigen sich doch bereits in P's
Entwicklung recht negative Auswirkungen gerade auch in der Akzeptanz der
mütterlichen Autorität. Dem kann aber nicht dadurch entgegen getreten
werden, dass nunmehr dem Kindesvater allein die elterliche Sorge oder
auch nur Teilbereiche wie das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen
wären. Zutreffend weist die Sachverständige in ihrem Gutachten darauf
hin, dass es für das Kindeswohl von mitentscheidender Bedeutung ist,
dass die Kinder die gemeinsame Verantwortung ihrer Eltern für sie
positiv erfahren. Nur so kann ihre Wertschätzung der Mutter gegenüber
erhalten bzw. wieder neu aufgebaut werden.
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Das schließt aber eine weitere Einschränkung des Personensorgerechts der
Kindesmutter gegenüber dem Kindesvater aus. Dies würde nämlich nach
Auffassung des Senates die begründete Gefahr eröffnen, dass der
Kindesvater diese neue "Machtstellung" gegenüber der Kindesmutter zum
Nachteil des Kindeswohls ausnutzen würde. Der Senat sieht auch keine
zwingende Veranlassung dafür, das Aufenthaltsbestimmungsrecht als
Teilbereich der elterlichen Sorge allein auf den Kindesvater zu
übertragen. So haben sich die Kindeseltern angesichts der
familiengerichtlich getroffenen Regelung durchaus in der Lage gesehen,
im täglichen Leben den Umgang mit ihren Kindern praktikabel zu lösen.
Soweit der Kindesvater zur Begründung seiner Beschwerde im Wesentlichen
anführt, er fühle sich lediglich als Dienstleister, während die
Betreuungstätigkeit der Mutter sich vorwiegend darin erschöpfe, den
Kindern Wohnanschrift und Schlafstätte zu bieten, trifft dies erkennbar
nicht zu. Allerdings hat auch die mündliche Verhandlung vor dem Senat
ergeben, dass der Antragsteller bezüglich seiner Kinder erhebliche –
insbesondere sportliche – Aktivitäten wünscht und unterstützt und allein
dadurch zeitlich enorm eingebunden wird. Auch hier hat sich die
Kindesmutter durchaus kooperationsbereit gezeigt und ist dem Willen des
Antragstellers insoweit entgegengekommen, als sie die vom
Familiengericht festgelegte Umgangsrechtsregelung flexibel handhabt und
auf die zeitlichen Wünsche des Antragstellers eingeht. Dieses
Entgegenkommen kann ihr allerdings nunmehr nicht im Sorgerechtsverfahren
als negativ dahin angelastet werden, dass sich die Kindesmutter nicht um
eine liebevolle Betreuung ihrer Kinder kümmere. Auch dieser Vorwurf
zeigt wieder, dass der Kindesvater dazu neigt, die Kinder stark an sich
zu binden – auch durch die Einbindung in besondere Freizeitaktivitäten,
bei denen er sie begleitet – und die Kindesmutter in den Augen der
Kinder schlecht zu machen sucht; hierdurch durch den Vorwurf, sie
betreue die Kinder nicht ordentlich. Dies hat bereits zu einer gewissen
Entfremdung der Kinder von ihrer Mutter geführt. Der Kindesvater
vermittelt den Kindern, die sehr gern eine intakte Familie wieder
hätten, das Gefühl, dass die Kindesmutter an dem Zerbrechen der Familie
schuld ist. Dieses Gefühl wird dadurch verstärkt, dass die
Antragsgegnerin wieder eine neue Beziehung eingegangen ist, die von den
Kindern als Gefahr für den Bestand der Familie angesehen wird. Auch hier
gilt es, dass der Kindesvater den Kindern diese Ängste nimmt und nicht
noch schürt.
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Andererseits kann nicht verkannt werden, dass auch die Antragsgegnerin
zur Verunsicherung ihrer Kinder dadurch beiträgt, dass sie diesen
gegenüber zu Überreaktionen neigt und bei den Kindern ein ambivalentes
Gefühl hinterlässt, ob sie denn wirklich von der Mutter gewollt seien.
So hat sie die Kinder schon bei Auseinandersetzungen mit ihnen aus dem
Haus gewiesen und zum Vater geschickt. Auch hat sie sich im Verlaufe der
vielen Streitereien mit dem Kindesvater über das Sorgerecht dahin
geäußert, dass der Antragsteller es haben könne. Dann würden die Kinder
sie nicht mehr sehen. Das verängstigte die Kinder und eröffnete Zweifel,
gewollt zu sein. Insoweit muss die Antragstellerin ebenfalls lernen, die
Konflikte mit ihrem Ehemann nicht in ihr Erziehungsverhalten mit
einzubinden. Es mag sein, dass die Kinder versuchen, die
konfliktgeladene Beziehung der Kindeseltern dahin auszunutzen, diese
gegeneinander auszuspielen. Dem kann die Antragsgegnerin aber nicht
dadurch begegnen, dass sie "mit Liebesentzug" droht. Auch die
Antragsgegnerin ist gehalten, ihre Emotionen gegenüber ihren Kindern in
den Griff zu bekommen und am Kindeswohl orientiert zu handeln. Aufgrund
des persönlichen Eindruckes des Senates scheint bei ihr insoweit die
Einsichtsbereitschaft durchaus gegeben zu sein, indes mangelt es im
Einzelfall bei erhöhtem Druck durch den Antragsgegner an der Fähigkeit,
nach der grundsätzlich vorhandenen Einsicht zu handeln. Insbesondere
muss es die Antragsgegnerin vermeiden, in Konfliktsituationen mit ihren
Kindern diese als quasi "verlängerten Arm" des Antragstellers zu sehen
und zu behandeln.
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In Übereinstimmung mit dem Sachverständigengutachten ergibt sich, dass
beide Elternteile nur bedingt in der Lage sind, ihren Kindern Grenzen zu
setzen, was insbesondere zu Aufsässigkeiten gegenüber der Kindesmutter
führt. Um letzteren zu begegnen, fehlt im Übrigen auch die Unterstützung
des Antragstellers.
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Vor dieser Situation ist es schwerlich mit dem Kindeswohl vereinbar, die
sorgerechtliche Stellung des Kindesvaters noch zu stärken. Dieser
gestaltet – wie in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen geblieben
ist – nach dem Vortrag der Antragsgegnerin den Umgang mit seinen Kindern
entsprechend seinen jeweiligen Vorstellungen und den von ihm
festgelegten Bedürfnissen der Kinder. Um hier ein willkürliches
Verhalten des Kindesvaters für die Zukunft zu verhindern, muss es bei
der grundsätzlichen Regelung des Amtsgerichtes verbleiben.
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Auch der Kindeswille steht einer solchen Regelung nicht entgegen. Zwar
ist dieser nicht ganz eindeutig festzustellen. Emotional neigen die
Kinder derzeit wohl mehr zum Vater, sind aber einem Wechselmodell nicht
abgeneigt. Wie oben bereits festgestellt muss verhindert werden, dass
der Vater die Kinder der Mutter noch weiter entfremdet.
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Soweit der Kindesvater mit der Beschwerdebegründung den Eindruck
vermittelt hat, er fühle sich nur für die Schule und zur Regelung der
Freizeitaktivitäten der Kinder zuständig, muss dieses Gefühl aufgrund
des Eindruckes in der mündlichen Verhandlung von ihm durchaus
relativiert werden. Nach dem Eindruck des Senates ist es nämlich der
Kindesvater, der diese intensiven Freizeitaktivitäten veranlasst hat und
so seinen Kindern wenig Raum lässt für rein persönliche Unternehmungen
mit dem Vater. Gerade der Kindesvater ist es – wie sich in der
mündlichen Verhandlung ergeben hat -, der auch an den Wochenenden die
"gebundenen Aktivitäten" der Kinder fördert und so selbst verhindert,
dass bei ihm ein "ausgedehntes Familienleben" stattfinden kann. Auch
hier wird der Kindesvater in der Beschränkung eine Lösung zu suchen
haben. Zeigen sich doch gerade auch bei P – wie weiter unten auszuführen
sein wird – erhebliche Defizite im Sozialverhalten. Diese Defizite
können nicht durch ausgedehnte sportliche Aktivitäten "behandelt"
werden, zumal auch vermehrt Zeit aufgewendet werden muss, um die
schulischen Defizite aufzuarbeiten.
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Die vom Antragsteller vor der Sachverständigen gezeigte totale
"Kindbezogenheit" erscheint in der täglich geäußerten Art und Weise
nicht gänzlich bedenkenfrei im Hinblick auf die seelisch-geistige
Entwicklung der Kinder. Auch seine Sicht, sich als "Dienstleister" zu
sehen, deckt sich nur bedingt mit seinem vehement vertretenen Anliegen,
die Entwicklung der Kinder entscheidend unter Hintanstellung aller
eigenen Belange zu fördern. Hier zeigt sich die Kindesmutter in ihrer
Rolle als betreuender Elternteil weniger fordernd. Ihre Rolle muss zum
Wohle der Kinder gestärkt werden, um eine weitere Entfremdung der Kinder
von ihr zu verhindern und die emotionale Entwicklung zu fördern. So hat
die Sachverständige überzeugend die diesbezüglichen Gefahren für die
seelisch-geistige Entwicklung der Kinder und schon eingetretene Schäden
aufgezeigt. Auch bekommen die Kinder durch die negativen Äußerungen des
Antragstellers über die Antragsgegnerin wohl ein recht verzerrtes
"Frauenbild" vermittelt. Auch dem muss begegnet werden.
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Die oben gezeigten Konflikte, denen die Kinder sich ausgesetzt sehen und
denen durch eine einseitige Überlassung der elterlichen Sorge nicht
begegnet werden kann, haben allerdings bei P bereits erhebliche, vor
allem psychische und soziale Entwicklungsstörungen verursacht. Da die
Kindeseltern – wie sich in der mündlichen Verhandlung ergeben hat –
nicht in der Lage sind, P dazu zu bringen, sich einer psychologischen
Therapie zu unterziehen, bedarf es hierzu Hilfe von außen in Form der
Ergänzungspflegschaft durch das Jugendamt. Die dementsprechende
Anordnung erfolgt gemäß §§ 1666, 1666 a ZPO. Dabei verkennt der Senat
nicht, dass wegen Artikel 6 Abs. 2 Satz 1 GG die Erziehung der Kinder
primär in die Verantwortung der Eltern gelegt ist, wobei dieses
"natürliche Recht" den Eltern nicht vom Staate verliehen worden ist,
sondern von diesem als vorgegebenes Recht anerkannt wird. Die Eltern
können grundsätzlich frei von staatlichen Einflüssen und Eingriffen nach
eigenen Vorstellungen darüber entscheiden, wie sie die Pflege und
Erziehung ihrer Kinder gestalten und damit ihrer Elternverantwortung
gerecht werden wollen. In der Beziehung zum Kind muss aber das
Kindeswohl die oberste Richtschnur der elterlichen Pflege und Erziehung
sein (vgl. BVerfG NJW 1982, 1375). Wenn Eltern ihrer Verantwortung nicht
gerecht werden, greift das Wächteramt des Staates nach Artikel 6 Abs. 2
Satz 2 GG ein; der Staat ist nicht nur berechtigt sondern auch
verpflichtet, die Pflege und Erziehung des Kindes sicher zu stellen.
Diese Verpflichtung des Staates ergibt sich in erster Linie daraus, dass
das Kind als Grundrechtsträger Anspruch auf den Schutz des Staates hat
(vgl. BverfGE 24, 119, 144 = NJW 1968, 2233 ff.). Dabei kann das Wohl
des Kindes gefährdet sein, ohne dass die Eltern ein Schuldvorwurf trifft
oder jedenfalls ihr Verschulden bewiesen werden kann. So können Eltern
trotz bestem Willen und persönlichem Einsatz der Erziehungsaufgabe nicht
gewachsen sein. Entscheidend ist die objektiv feststellbare
Kindeswohlgefährdung, die nicht hinnehmbar ist.
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Die Entziehung des Sorgerechtes bleibt daher gem. der §§ 1666, 1666 a
BGB das letzte Mittel. Die Gerichte haben hiernach zunächst zu
versuchen, etwa durch Ermahnungen, Verwarnungen, Gebote und Verbote die
Gefahr von dem Kinde abzuwehren. Nur wenn anzunehmen ist, dass diese
Mittel nicht ausreichen, darf das schärfste Mittel des teilweisen oder
vollständigen Entzugs der Personensorge angewandt werden (vgl. hierzu
BT-Dr 8/2788, Seite 59 f.). Danach hat der Gesetzgeber mit § 1666 Abs. 1
Satz 1 in Verbindung mit § 1666 a BGB eine Regelung geschaffen, die es
dem Familienrichter ermöglicht, bei Maßnahmen zum Schutze des Kindes
auch dem grundgesetzlich verbürgten Elternrecht hinreichend Rechnung zu
tragen.
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Unter Beachtung dieser Grundsätze erschien es geboten, für das Kind P
die Personensorge der Kindeseltern betreffend die Durchführung
sozialpädagogischer Maßnahmen im Rahmen der sozialpädagogischen
Familienhilfe (SPFH) und der Gesundheitsfürsorge zur Durchführung einer
Psychotherapie zu entziehen. Soweit erforderlich ist hiervon auch das
Aufenthaltsbestimmungsrecht der Kindeseltern betroffen.
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Im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens hat sich nämlich auch unter dem
Eindruck der Anhörung der Kindeseltern im Termin vom 29.1.2008 ergeben,
dass P dringend der psychologischen Behandlung bedarf, es den
Kindeseltern aber bisher nicht gelungen ist, P dazu zu bringen, sich
einer solchen Behandlung zu unterziehen. Der Senat hat den Eindruck
gewonnen, dass die Kindeseltern es nicht schaffen, ohne fremde Hilfe
eine psychotherapeutische Behandlung in die Wege zu leiten. So haben die
Kindeseltern selbst in der mündlichen Verhandlung am 29.1.2008
übereinstimmend erklärt, dass sie es bisher nicht geschafft hätten, P zu
veranlassen, sich entsprechend behandeln zu lassen. Auch hier zeigt sich
wieder das Defizit der Kindeseltern – insbesondere beim Sohn P –, ihre
elterliche Autorität dahin einzusetzen, das Kind von der Notwendigkeit
der Behandlung zu überzeugen und eine solche einzuleiten und auf eine
lückenlose Durchführung dieser Behandlung hinzuwirken. Vielmehr haben
sich die Kindeseltern dem Willen P's letztendlich gefügt und die
eingeleitete Behandlung abgebrochen, ohne dass nach Auffassung des
Senates die begründete Hoffnung bestünde, dass die Kindeseltern von
selbst die Durchführung der Behandlung erneut in Angriff nehmen werden.
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Eine solche Behandlung wäre dringend geboten. So lassen die Gründe für
die Ordnungsmaßnahme nach § 93 SchulG gegen P vom 14.11.2007 (Bl. 177
GA) bereits auf eine gewisse seelisch-geistige Verwahrlosung schließen.
Bei seinem Verhalten am 12.11.2007 machte P deutlich, dass er es bisher
nicht gelernt hat, auf Beleidigungen in adäquater Weise zu reagieren.
Vielmehr reagierte er völlig überzogen und sozial inakzeptabel.
Dementsprechend musste P gemäß der vorgenannten Maßnahme für 5 Schultage
vom Unterricht ausgeschlossen werden. Auch weitere Berichte der
Realschule O aus Oktober und November 2007 (Bl. 174 – 176 GA) belegen,
dass P in seinem Arbeits- und Sozialverhalten bereits deutlich gefährdet
und dem Einfluss seiner Eltern entglitten ist. Auch die Sachverständige
hat in ihrem Gutachten unter Ziffer 4.5 erhebliche soziale Defizite bei
P festgestellt. Dies führte zu der Empfehlung, dass P eine
Kinderpsychotherapie besuchen solle, um die Trennung seiner Eltern zu
verarbeiten. Hierbei ist es wichtig, dass P lernt, die einseitige
Zuschreibung für das Scheitern der Ehe seiner Eltern zu überwinden.
Aufgrund seines Entwicklungsstandes und der Einflussnahme des
Antragstellers ist P bislang nicht ausreichend in der Lage zu erkennen,
dass an dem Scheitern von Partnerschaftsbeziehungen – hier der Beziehung
seiner Eltern zueinander – stets zwei Personen beteiligt sind.
Infolgedessen schreibt er das Scheitern der Ehe und damit auch das
Zerbrechen der Familie einseitig dem Verhalten seiner Mutter zu. Dies
belastet nicht nur die Beziehungen zwischen P und seiner Mutter, sondern
führt auch zu einer Fehlentwicklung seiner Persönlichkeit im allgemeinen
sozialen Verhalten, wie die in den Akten dokumentierten auch
außerfamiliären Verhaltensweisen P's zeigen (vgl. hierzu auch Ziffer 6.
"Empfehlung" des Sachverständigengutachtens). Auch die Durchführung
sozialpädagogischer Hilfen, denen sich P ebenfalls zu entziehen
versucht, ist demnach in die Hände Dritter zu legen.
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Dagegen bedarf es bezüglich des Sohnes T keiner weiteren Maßnahmen nach
§§ 1666, 1666 a BGB, da die Kindeseltern es geschafft haben, T zur
Teilnahme an therapeutischen Maßnahmen zu bewegen. Eine Verfestigung
sozialwidrigen Verhaltens, dem die Kindeseltern nicht adäquat begegnen
können, ist bei T gerade nicht festzustellen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.
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Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt 6.000,-- € (§ 30 Abs. 3,
2 KostO).
Kommentar Väternotruf:
"Danach reicht allein die Tatsache der Zerstrittenheit der Eltern nicht aus, um eine Sorgerechtsübertragung auf nur einen Elternteil rechtfertigen zu können.", heißt es in dem Beschluss des 4. Zivilsenat - Familiensenat des Oberlandesgericht Köln.
Die verwendete Formulierung "Sorgerechtsübertragung auf nur einen Elternteil" ist eine übler Euphemismus. Tatsächlich wird keinem Elternteil das Sorgerecht "übertragen", denn der Elternteil hat das Sorgerecht ja schon, was man aber schon hat, kann einem nicht noch "übertragen" werden. Tatsächlich ist es so, dass einem Elternteil das Sorgerecht entzogen wird, ob nun nach wegen einer Kindeswohlgefährdung nach §1666 BGB oder in einer einem demokratischen Land unwürdigen und üblen Weise nach §1671 BGB.
4. Zivilsenat - Senat für Familiensachen
Berufungen und Beschwerden gegen die Entscheidungen der Amtsgerichte / Familiengerichte Bonn, Brühl und Eschweiler
Dr. Michael Schrübbers (Jg. 1944) - Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Köln / 4. Zivilsenat - Senat für Familiensachen (ab 21.01.1999, ..., 2008)
Klaus-Peter Blank (Jg. 1947) - Stellvertretender Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Köln / 4. Zivilsenat - Senat für Familiensachen (ab 18.02.1998, ..., ZKJ 4/2007; FamRZ 16/2007, FamRZ 15/2008, FamRZ 23/2008)
Angelika Bourmer-Schwellenbach (Jg. 1946) - Richterin am Oberlandesgericht Köln / 4. Zivilsenat - Senat für Familiensachen (ab 28.08.1995, ..., 2008)