Polizeistaat


 

 

 

 

Margot Honecker im Gespräch mit Jugendfunktionärinnen

 

 

 

 

 

Wer ist die Rote Hilfe?

Die Rote Hilfe ist eine Solidaritätsorganisation, die politisch Verfolgte aus dem linken Spektrum unterstützt. Sie konzentriert sich auf politisch Verfolgte aus der BRD, bezieht aber auch nach Kräften Verfolgte aus anderen Ländern ein. Unsere Unterstützung gilt allen, die als Linke wegen ihres politischen Handelns, z.B. wegen presserechtlicher Verantwortlichkeit für staatsverunglimpfende Schriften, wegen Teilnahme an spontanen Streiks, wegen Widerstand gegen polizeiliche Übergriffe oder wegen Unterstützung der Zusammenlegungsforderung für politische Gefangene ihren Arbeitsplatz verlieren, vor Gericht gestellt, verurteilt werden. Ebenso denen, die in einem anderen Staat verfolgt werden und denen hier politisches Asyl verweigert wird.

 

 

Bundesvorstand

 

Rote Hilfe e.V.

Bundesgeschäftsstelle

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37022 Göttingen

 

Tel.: +49 (05 51) 7 70 80 08

Fax: +49 (05 51) 7 70 80 09

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Pro Kontrolle: Ludwig Sago

 

 

Familienrechtler über Kindesmisshandlung

"Wir brauchen mehr Kontrollen"

Um Kindesmisshandlungen zu verhindern, muss es mehr und verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen geben, sagt der Familienrechtler Ludwig Salgo. Und weniger Fehler seitens der Jugendämter.

 

"Nicht alle Fälle sind so eindeutig wie bei Kevin oder Lea-Sophie". Foto: ap

taz: Herr Salgo, nach dem jüngsten Fall von Kindesmisshandlung in Schwerin wird gefordert, bisher freiwillige Vorsorgeuntersuchungen zur Pflicht zu machen. Ist das denn sinnvoll?

 

LUDWIG SALGO, Jahrgang 1946, lehrt Jura am Fachbereich soziale Arbeit und Gesundheit an der Fachhochschule Frankfurt/Main und an der juristischen Fakultät der Frankfurter Universität. Der Familienrechtler befasst sich vor allem mit den Rechten von Kindern. Mehr Informationen zum Thema und eine Publikationsliste des Autors finden sich bei der Arbeitsgemeinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie, www.agsp.de

 

Foto: uni frankfurt

 

Ludwig Salgo: So, wie die Untersuchungen U 1 bis U 9 derzeit aussehen, bringt eine Verpflichtung nicht viel. Den Kinderärzten fehlt die Zeit und die Kompetenz, um Kindeswohlgefährdungen zu erkennen. Nicht alle Fälle sind so eindeutig wie die Fälle Kevin oder Lea-Sophie. Die Untersuchungen müssten um psychosoziale Aspekte erweitert - und dann verpflichtend werden.

 

Welche Sanktionen für Eltern sind denkbar, die ihre Kinder den Untersuchungen entzögen?

Eltern sind verpflichtet, an der Aufklärung und Vermeidung von Gefährdungsrisiken mitzuwirken. Wenn sie das nicht tun, können sie dazu gezwungen werden. Hessen erarbeitet gerade ein entsprechendes Gesetz: Demnach müssen Ärzte alle durchgeführten Vorsorgeuntersuchungen melden. Eltern, die Untersuchungen unterlassen, werden zentral erfasst und an ihre Teilnahmepflicht erinnert. Reagieren sie nicht, wird das Jugendamt eingeschaltet. Führen auch dessen Aktivitäten zu nichts, wird das Familiengericht informiert; dieses kann die Eltern zur Teilnahme zwingen. Dann sind auch Beschränkungen im Sorgerecht möglich.

 

Die Jugendämter würden stark in Familien eingreifen. Wie verhindert man Missbrauch?

Wir brauchen in den Jugendämtern Mitarbeiter, die erfahren und gut ausgebildet sind, auch im Umgang mit schwierigen Klienten und im Umgang mit Zwangskontexten. Die Jugendämter brauchen Zeit, Gelassenheit, sie müssen externe Experten wie Psychologen und Psychiater hinzuziehen. Die Jugendämter müssen sich öffnen. In den Ämtern gibt es weniger ein Ressourcenproblem als eines der Haltungen und Einstellungen: mangelnder Mut, Opportunismus und ein nicht adäquates Methodenrepertoire. Auch fehlt es oft an einer rechtlichen Beratung der Fachkräfte.

 

Ein anderes Konzept setzt auf Hilfsangebote. In Dormagen oder Potsdam zum Beispiel besuchen Sozialarbeiter Familien mit Neugeborenen mit Einwilligung der Eltern. Eine gute Idee?

Alles, was mehr Vertrauen in Ämter und Hilfsstrukturen schafft, ist gut. In Deutschland wird die Verantwortung für Kinder nicht so selbstverständlich als eine gesellschaftliche verstanden wie in anderen Ländern. Da haben wir noch viel an den Schatten der Vergangenheit zu arbeiten.

 

Erreicht man mit solchen Beratungsangeboten die Kinder, die es brauchen?

Wenn durch sie ein Unterstützungsnetzwerk entstünde und Neugeborene in großer Zahl erreicht würden, wäre das gut. Bei einem Teil der Eltern, die etwa suchtmittelabhängig oder psychisch krank sind, werden wir ohne gerichtliche Auflagen oder sogar Sorgerechtsbeschränkungen nicht auskommen. Justiz, Jugendhilfe und Gesundheitsdienste müssen weit mehr als bisher kooperieren. Kontrollmaßnahmen sind unvermeidbar. Es gibt kein perfektes System, das alle Katastrophen verhindern kann. Derzeit begegnen wir indes leicht vermeidbaren Fehlern.

 

Sind Fälle wie Lea in Schwerin oder Kevin in Bremen Einzelfälle?

Nein, die Jugendämter leisten jährlich in über 600.000 Fällen die sogenannte Hilfe zur Erziehung. Etwa ein Drittel dieser Kinder kann als erheblich gefährdet gelten. Bei diesen Leistungen der Jugendämter schwingt schon das staatliche Wächteramt mit, obwohl die Eltern sie freiwillig in Anspruch nehmen. Die Jugendämter sind damit auch sehr erfolgreich. Doch müssen Hinweise auf Gefährdung des Kindeswohls in Zukunft noch sorgfältiger überprüft werden: Geschwisterkinder müssen mit angesehen werden, und wenn ein Kind bei Hausbesuchen wiederholt nicht da ist, ist dies ein Warnsignal. Die staatlichen Institutionen und die freien Träger müssen mehr zusammenarbeiten; Polizei, Justiz und Psychiatrie dürfen nicht dämonisiert werden. Wir werden künftig auch mehr Kinder sehen, die aufgrund einer richterlichen Anordnung in eine Kita oder andere Einrichtung gehen.

 

Gibt es also eine Bewegung weg von den Eltern hin zu mehr Kinderrechten?

Bei einer oberflächlichen Betrachtung könnte das so aussehen, die Wirklichkeit ist sehr widersprüchlich. Wir sehen eine paradoxe Entwicklung. Es gibt die Idee: Wir werten die Elternrechte weiter auf und machen sie somit stärker. Es fehlt die Einsicht, dass es eine ziemlich geringe Anzahl von Eltern gibt, die es nicht schaffen, auch wenn sie Hilfe bekommen.

 

Welche Verantwortung trägt das soziale Umfeld - Großeltern, Nachbarn - gegenüber verwahrlosten Kindern?

Bei Eltern, die mit ihren Kindern überfordert sind und sich Hilfen verschließen, sind auch Großeltern und Nachbarn hilflos. Ihnen bleibt nur übrig, sich mit ihren Sorgen ans nächste Jugendamt zu wenden. Dort könnten sie leider auf Mitarbeiter stoßen, die bei ihnen, den sogenannten Fremdmeldern, das Problem sehen und nicht bei den Eltern, die sie "denunzieren". Sicher wird es Fälle von Fehlalarm geben. Aber lieber einmal zu viel kontrolliert, als ein Kind zu übersehen. Die meisten Eltern werden dafür Verständnis haben.

 

INTERVIEW: HEIKE HOLDINGHAUSEN

 

http://www.taz.de/1/leben/alltag/artikel/1/wir-brauchen-mehr-kontrollen-der-eltern/?src=ST&cHash=071fa2423b

 

Posteingang 05.12.2007

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

So einfach ist das. Man braucht nur mehr Kontrollen einzurichten und schon wird es allen gut gehen. Aber das hatten wir doch schon mal in der DDR. Das da keine Kinder zu schaden gekommen wären, ist allerdings ein Irrglaube, dem womöglich auch der Frankfurter Ludwig Salgo anhängt. Es läßt sich ja auch gut verkaufen, das dumme Volk dürstet nach einfachen Lösungen und beschert sich hinterher auf infantile Art, dass sie von bösen Führern verführt worden wären. 

Die DDR ist tot, es lebe die DDR. Man könnte die neue Superjugendamtsüberwachungsbehörde in der Berliner Normannenstraße  einquartieren. Dort hatte früher die DDR-Staatssicherheit unter ihrem Minister Erich Mielke ihren Sitz. so käme der olle Bau wenigstens wieder zu allen Ehren.

Wenn Margot Honecker die Reise aus dem fernen Chile zu weit sein sollet, dann laden wir eben Ludwig Salgo aus Frankfurt am Main ein. Der kommt ja gewissermaßen auch aus dem Osten, aus Ungarn. Vielleicht stößt auch noch sein alter Vater mit dazu, der könnte dann man eben erzählen, wie er es früher mit dem Kinderschutz gehalten hat.

Dann installiere man noch in jedem Wohnhaus einen Jugendamtsblockwart. Wie sagte doch der Frankfurter Ludwig Salgo: "Sicher wird es Fälle von Fehlalarm geben. Aber lieber einmal zu viel kontrolliert, als ein Kind zu übersehen. Die meisten Eltern werden dafür Verständnis haben."

Zur Einweihung der neuen Überwachungsbehörde wird dann aus Chile DDR Ex-Bildungs- und Jugendministerin Margot Honecker eingeflogen, die dann gleich mal erzählen kann, wie gut das früher in der DDR funktioniert hat und wie dumm Helmut Kohl 1989 war, als er sie nicht gleich in seine CDU-Regierungsmannschaft aufgenommen hat. Das hätte manche Frustrationen im Osten erspart und wir müssten heute nicht darüber diskutieren, wie dringend wir mehr Überwachung von Eltern und Familien benötigen.

 

 

 


 

 

 

 

 

Pro Hilfe: Thomas Rauschenbach

 

 

 

Interviews 15.12.2007

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"Zahl der Kindstötungen seit 15 Jahren nicht gestiegen"

Von Jens Peter Dohmes

Osnabrück.

Das Interview, das der Direktor des Deutschen Jugendinstituts, Thomas Rauschenbach, unserer Zeitung gegeben hat, hat folgenden Wortlaut:

Herr Professor Rauschenbach, Fälle der Misshandlung und Vernachlässigung von Kindern scheinen sich zu häufen. Oder finden diese heute nur größere öffentliche Aufmerksamkeit?

Das ist schwer zu beantworten. Wir wissen zum Beispiel nicht, wie groß das Dunkelfeld ist - ob es früher viele Fälle gab, die nur nicht öffentlich wahrgenommen wurden. Aber: Auf der Basis der polizeilichen Kriminalstatistik hat die Zahl der Misshandlungen von Schutzbefohlenen leicht zugenommen, während die leichten, vorsätzlichen Körperverletzungen nicht gestiegen sind. Und, das ist meines Erachtens das Wichtigste: Die Zahl der Kindstötungen hat sich in den letzten 15 Jahren nicht erhöht.

Wie viele Kinder sind von Verwahrlosung und Misshandlungen betroffen?

Auch das ist sehr schwierig zu sagen. Wenn Sie die polizeilich registrierten Misshandlungen von unter Sechsjährigen betrachten, sind drei von 10000 Kindern betroffen, also lediglich 0,03 Prozent. Bei 135 von 10000 Kindern unter sechs Jahren gehen die Eltern zur Erziehungsberatung, das sind 1,35 Prozent. Die extremen Fälle, über die jetzt berichtet wird, liegen im Promillebereich. Das sind absolute Einzelfälle. Die Zahl der getöteten Kinder unter sechs Jahren liegt seit Jahren stabil bei rund 200. Ich will keinen einzigen Fall kleinreden, aber in einer Gesellschaft, die so kompliziert ist wie unsere, müssen wir mit solch dramatischen Fällen rechnen - auch in Zukunft. Dennoch müssen wir natürlich alles tun, um sie zu verhindern.

Es wird der Vorwurf erhoben, bei den Jugendämtern werde gekürzt, aber eigentlich müsste man das Personal aufstocken. Sehen Sie das auch so?

Den ersten Aspekt sehe ich nicht so, den zweiten schon. Es gibt keine statistischen Hinweise darauf, dass wir einen massiven Abbau in der Kinder- und Jugendhilfe zu verzeichnen haben. Die Ausgaben stagnieren derzeit. Allerdings brauchen wir mehr und vor allen Dingen besser geschultes Personal; es muss in die Aus- und Weiterbildung investiert werden, damit die Fachkräfte den oftmals schwierigen Anforderungen, denen sie in der Praxis begegnen, auch gewachsen sind. Allerdings nimmt die Zahl zielgerichteter Maßnahmen des Kinderschutzes deutlich zu. Der oft vermittelte Eindruck, dass in der Jugendhilfe nichts getan werde, ist falsch. Nicht zuletzt die größere Sensibilität durch die Fälle der vergangenen Zeit hat dazu geführt, dass die Jugendämter inzwischen lieber einmal zu viel etwas machen als zu wenig. Man kann den Behörden pauschal keinen Vorwurf machen.

Wie passt dazu, dass Bundesjustizministerin Brigitte Zypries die Jugendämter jetzt aufgefordert hat, schneller die Familiengerichte einzuschalten, wenn sie Verdacht schöpfen?

Das ist eine Fachdebatte zwischen der Kinder- und Jugendhilfe und der Justiz. Mir sind viele Vorschläge die jetzt kommen viel zu ordnungspolitisch gedacht, viel zu sehr in Richtung Kontrolle und Zwang. Ich helfe nicht einer Familie, die in sozial oder psychisch dramatischer Not ist, indem ich sie zu irgendetwas zwinge. Wir werden auch nicht durch eine einzige Vorsorgeuntersuchung irgendjemanden daran hindern können, dass er drei Wochen später durchdreht und seinem Kind etwas antut. Wir müssen umgekehrt fragen: Sind die Familien in der heutigen Zeit genügend vorbereitet? Eltern haben laut Verfassung das Recht und die Pflicht, für ihre Kinder zu sorgen. Aber sind sie ohne weiteres dazu fähig? Da müssen wir ansetzen! Vom Kontrollieren wird das Erziehungsverhalten nicht besser. So können Sie vielleicht die schwarzen Schafe entdecken, aber deren Zahl ist gering. Ich kann doch nicht 100000 Familien prüfen, um vielleicht zehn problematische Fälle zu finden!

Eine Pflicht zu Vorsorgeuntersuchungen, wie sie jetzt vielfach gefordert wird, halten Sie für wirkungslos?

Es gibt - auch international - keine Anzeichen für eine positive Wirkung. Nirgends, wo eine solche Pflicht eingeführt wurde - etwa in Australien -, hat dies zum Rückgang der Kindstötungen geführt. Verbindliche Vorsorgeuntersuchungen - dieses Anliegen finde ich in Ordnung. Es macht Sinn, wenn das Jugendamt sagt: Wir gehen in die Familie, denn die haben sich zur Vorsorgeuntersuchung nicht gemeldet. Aber das müssen sie tun, um Hilfe zu leisten und nicht um zu kontrollieren! Allein durch Kontrolle kommen wir nicht weiter. Das wäre so, wie zu sagen: Wir schaffen Unfälle ab, indem wir an jeder Ecke einen Polizisten hinstellen! Wir können die Familien nicht mit Fußfesseln überprüfen. Alle Welt will derzeit etwas machen, das ist verständlich. Aber wir dürfen nicht in einen Aktionismus verfallen, der nicht mehr fragt, ob das jetzt gefühlte Hilfe oder reale Hilfe ist.

Was halten Sie davon, Kinderrechte als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern?

Das kann ich juristisch nicht genügend beurteilen. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass zwischen Elternrecht und Kindeswohl ein Spannungsverhältnis besteht. Wir haben in Deutschland stets unterstellt, dass Eltern für ihre Kinder immer das Beste wollen. Und im Moment erfahren wir schmerzlich, dass das eben nicht in allen Fällen gilt. Deshalb ist es wichtig, dass wir über verbesserte Kinderrechte nachdenken. Der Satz "Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung" muss daher an Bedeutung gewinnen. Deswegen brauchen wir die gesellschaftliche Diskussion darüber, wie wir uns als Bürgergesellschaft um das Aufwachsen unserer Kinder so kümmern können, dass Missbrauch, Verwahrlosung und Tötung von Kindern nach Möglichkeit nicht mehr passieren. Dann ist das keine Privatangelegenheit mehr. Die Eltern haben das Erstrecht zur Erziehung, aber sie müssen sich gegenüber der staatlichen Gemeinschaft dafür verantworten, wie sie ihre Kinder behandeln.

 

 

http://www.neue-oz.de/information/noz_print/interviews/18306219.html

 

 

Neue Osnabrücker Zeitung, 15.12.2007

 

 

 

 

 

 


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