Renate Schmidt

Ex-Bundesfamilienministerin - SPD


 

 

 

 

 

 

Emanzipationsfalle Renate Schmidt

"Die große Mehrzahl der Frauen bevorzugt ein so genanntes adaptives Lebensmodell, in dem sie Familie und Beruf kombinieren wollen. Bei den allermeisten Männer sieht das noch anders aus. Warum hat die Emanzipation sie maximal rhetorisch erreicht? Die Distanz zum `feuchten Textil` besteht beharrlich fort und Frauen finden seltener Partner, die bereit sind mit ihnen Kinder zu bekommen."

 

behauptet in gewohnt altbacken-feministischen Duktus die scheidende Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD), die sich vier Jahre zu fein dafür war, dass an ihrem Ministerium auch eine gleichberechtigte Abteilung für Männerfragen eingerichtet wird. Von der Beseitigung der staatlichen Diskriminierung für nichtverheiratete Väter mal ganz zu schweigen. Die gute Frau hätte sich in ihrer Amtszeit auch einfach mal fragen können, ob und wenn ja welche Verantwortung Frauen für wünschenswerte Veränderung tragen, statt in altgewohnter Manier an der feministischen Klagemauer zu verweilen.

 

"Die Kinder-Aufschieber. Familienministerin Renate Schmidt über die `Emanzipationsfalle` von Susanne Gaschke", in "Der Tagesspiegel", 31.10.2005, S. 7

  

 

 

 


 

 

 

Ich halte eine gleichberechtigte Sorgerechtsregelung auch für nichtverheiratete Väter für notwendig.

Bundesfamilienministerin Renate Schmidt: "Da war ich auch enttäuscht (vom Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 29.01.03, Anm. vaeternotruf). Ich halte eine gleichberechtigte Sorgerechtsregelung auch für nichtverheiratete Väter für notwendig. ..."

Zeitschrift für Väterthemen "Paps", Juli 2003 (S. 9)

www.paps.de

 

 

Fragt sich nur, ob Frau Schmidt außer Enttäuschung zu äußern auch Politik für Väter und ihre Kinder macht. Offenbar hat sie in der Bundesregierung so wenig zu bestellen, dass sie es noch nicht einmal zu schaffen scheint, eine Gesetzesinitiative in Gang zu bringen, mit der die Diskriminierung nichtverheirateter Väter und ihrer Kinder in Deutschland endlich beseitigt wird. woran das liegen mag? Vielleicht an einer männerfeindlichen Sicht von Frau Schmidt.

 

 

 


 

 

 

Wenn Männer zu Verlierern im Geschlechterkampf werden

Klagen über Benachteiligung und Gewalt - Gleichstellungspolitik konzentriert sich bisher auf Frauen - Forderung nach Bewusstseinswandel in der Gesellschaft

von Marcel Pino

Berlin - Bislang gelten vor allem Frauen als Opfer von Gewalt. Doch für junge Männer um die 20 haben ist das Risiko, Gewalt zu erleben, deutlich größer als für Frauen im gleichen Alter. Das zeigen drei Studien zur Gewalt gegen Männer und Frauen, die gestern in Berlin vorgestellt wurden. Gewalt in jeder Form sei "ein abscheuliches Verbrechen", sagte Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) und kündigte der Gewalt den Kampf an. Den Schwerpunkt soll dabei bislang der Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen bilden.

Dass auch Männer Opfer von männlichen Gewalttätern werden, werde bislang weitgehend ignoriert, kritisierte der Geschlechterforscher Hans-Joachim Lenz. Männer bagatellisierten und verschwiegen Gewalterfahrungen. Lenz fand in seiner Studie heraus, dass sechs von sieben der befragten Männer in ihrem Leben schon einmal Erfahrung mit Gewalt gemacht haben. Lenz: "Wir haben die Spitze eines Eisberges entdeckt".

Aber auch Jungen und Männer hätten wie Frauen ein Recht auf Schutz und Unversehrtheit.

Lenz forderte einen Bewusstseinswandel in der Geschlechter- und Gleichstellungspolitik. Diese ist bis heute in erster Linie Frauenpolitik. Das Beispiel der Gewalt von Männern gegen Männer zeigt jedoch, dass eine moderne Gleichstellungspolitik auch die speziellen Probleme der Männer berücksichtigen muss.

Für Reiner Wanielik von der Fachstelle für Jungenarbeit des Paritätischen Bildungswerkes Rheinland-Pfalz/Saarland sind Männer unter den jetzigen gesellschaftlichen Bedingungen "längst nicht mehr die Gewinner im Geschlechterkampf." Lange wurde übersehen, dass das so genannte "starke Geschlecht" mit einem ganzen Bündel von Problemen konfrontiert wird, das seine ehedem so selbstverständliche Stellung in der Gesellschaft zusehends in Frage stellt. So sterben in Deutschland Männer durchschnittlich sieben Jahre früher als Frauen. Sie haben häufiger Herz-Kreislaufprobleme und sind sehr viel suchtanfälliger. Drei von vier Selbstmorden werden von Männern begangen. Und dass einem geschiedenen Vater vor Gericht das Sorgerecht für das Kind zugesprochen wird, ist immer noch die Ausnahme. Eines der Hauptprobleme bei der gesellschaftlichen Stellung der Männer besteht für Wanielik darin, dass sich das "Männliche heute noch zu sehr über die Arbeit definiert". In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit kann hieraus ein ernstes Identitätsproblem gerade für junge Männer erwachsen. Minderwertigkeitsgefühle und Verunsicherung können bei vielen männlichen Jugendlichen das Abrutschen in Gewalt und Kriminalität beschleunigen. Auch verträgt sich ein einseitig über Arbeit definiertes Männerbild nur schwer mit Erziehungsaufgaben. Die sind in den Köpfen der meisten Männer vor allem Frauensache.

Ähnlich problematisch wirkt sich ein überkommenes Männlichkeitsideal beim Umgang mit körperliche Krankheiten sowie seelische Probleme aus. Nach wie vor tendieren Männer dazu, Gebrechen aller Art zu verschleppen. Ein Mann klagt nicht und beißt die Zähne zusammen.

Nach Waniliks Worten wird der Grundstein für die verfehlten Entwicklungen schon in der frühen Kindheit gelegt. Im Kindergarten und der Grundschule werde eine falsche Weichenstellung vorgenommen. "Vieles in der Pädagogik ist mit weiblichen Zielsetzungen verbunden. Jungen kommen dabei nicht zum Zuge."

Die spezifischen Bedürfnisse von Jungen, wie Hunger nach Kräftemessen und Abenteuer werden dabei zu wenig berücksichtigt. Auch lernen sie nicht, über ihre Probleme zu sprechen. Ihnen fehlen schlichtweg die männlichen Ansprechpartner. Auf diesen Missstand weist auch Martin Grübel hin, der für die Unionsfraktion im Bundestagsausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sitzt. Es gebe kaum männliche Erzieher oder Grundschullehrer, bemängelt er. Dadurch würden den Jungen in den ersten wichtigen Jahren ihrer Entwicklung die männlichen Bezugspersonen und die Entwicklung prägende Vorbilder fehlen. So sei es kein Wunder, wenn der Beruf des Erziehers im Speziellen und Kindererziehung im Allgemeinen in erster Linie mit Frauen in Verbindung gebracht würden. "Hätten wir mehr Grundschullehrer und Erzieher, würden Kinder mit einem zeitgemäßen Frauen- und Männerbild aufwachsen", so Grübel.

Wie sich bei der Vorstellung der Gewalt-Studien zeigte, rücken männerspezifische Probleme nur sehr langsam in den Fokus der politischen Aufmerksamkeit. Das Thema Gleichstellung wird nach wie vor von frauenpolitischen Fragestellungen dominiert. Ein Pendant zu der "Männerpolitischen Grundsatzabteilung" des österreichischen Ministeriums für Soziales und Generationen sucht man im Bundesfamilienministerium vergeblich.

Dabei sei es höchste Zeit, endlich "Männer- und Jungenreferate in den Ministerien auf Länder- und auf Bundesebene zu etablieren", fordert Waniliek. "Belange von Jungen und Männern müssen von männlicher Seite vertreten werden." Ministerin Schmidt zeigte sich zumindest gestern noch optimistisch. Ihr werde schon noch etwas für die Männer einfallen, sagte sie und verließ den Saal.

 

Artikel erschienen am Mi, 22. September 2004

http://www.welt.de/data/2004/09/22/335787.html?s=1

 

 

 


 

 

"Countdown zur Chancengleichheit!

Deutsch-schwedischer Dialog zu Vätern, Familie und Gleichstellung"

 

Friedrich-Ebert-Stiftung und Schwedische Botschaft

 

18.6.03 in Berlin

 

Friedrich-Ebert-Stiftung

Dialog Ostdeutschland

Forum Politik und Gesellschaft

Tel: 030-269 35 831

Fax: 030-269 35 858

 

 

 

 

Tagungsimpressionen: 

Es ist ja schön, wenn sich überhaupt mal jemand Gedanken über Väter macht. Schon allein die Absicht ist lobenswert und so soll die Friedrich-Ebert Stiftung hier auch gelobt werden. Das die ganze Veranstaltung dann ein wenig in Richtung Müttertagung abrutschte, war sicher auch den ReferentInnen geschuldet. So z.B. Hans Bertram, seines Zeichens Soziologe und Vorzeigeprofessor der SPD in Sachen Familie. Nun, Professor Bertram gelang es tatsächlich zu zeigen, dass es noch echte Frauenversteher gibt. Von den Podiumsfrauen ab und an mal leicht getadelt, gab er zu verstehen, dass er darüber nachdenken wird und somit bei ihm Besserung in Sicht ist.

Bundesfamilienministerin Schmidt überraschte dann mit ihrer prinzipiellen Sicht, dass die Unterhaltspflicht zwischen Erwachsenen abgeschafft werden sollte. Wann das jedoch sein könnte, ließ sie offen. Das Ehegattensplitting will sie allerdings nicht abschaffen, das wäre doch nur ein symbolischer Akt, so die Ministerin. Bei einer anderen Meinung würde sie wahrscheinlich erheblichen Ärger mit ihren gutverdienenden SPD Männern bekommen.

Zur Anfrage eines Teilnehmers nach Abschaffung von §1671 BGB sagte Renate Schmidt, dass sie eine Befürworterin des gemeinsamen Sorgerechtes wäre, sie aber zur Zeit keinen Handlungsbedarf sehe und im übrigen gäbe es ja auch Väter, die sich nach einer Trennung nicht mehr um ihre Kinder kümmern würden.

Am Rande der Tagung teilte die Ministerin  mit, dass sie wegen der Diskriminierung nichtverheirateter Väter im Sorgerecht keinen Handlungsbedarf sähe, denn die Gesetzesänderung der letzten Reform (von 1998) wäre ja erst vor zwei Jahren passiert und man solle doch erst mal die Ergebnisse abwarten. Nun, wer richtig rechnen kann, hat sicher gemerkt, dass seit 1998 schon 5 Jahre vergangen sind. Man sollte aber einer Ministerin, noch dazu einer weiblichen, einen solchen Lapsus, nicht nachtragen. Und die von der staatlichen Diskriminierung betroffenen Väter sollten so viel Größe besitzen, der nächsten Reform noch 20 Jahre Zeit zu geben, da sind sie dann Großväter und können ihre männlichen Enkel und das Ende der deutschen Elternapartheid feiern. Alles will eben seine Weile haben, schließlich hat es in Südafrika auch sehr lange gedauert bis die rechtliche Gleichstellung zwischen Weißen und Schwarzen Wirklichkeit wurde.

Anton 18.6.03

 


 

 

Ich wollte nie ein Mann sein

Renate Schmidt eilt der Ruf voraus, sich auch für Männerförderung einsetzen zu wollen. Mit der doch recht glücklos und Diskriminierung tolerierenden ehemaligen Bundesfamilienministerin Christine Bergmann, blieb vieles nur halbgelungen, liegengeblieben oder durch alberne Pappväter auf die Komikerstrecke geschoben.

Wir wünschen Renate Schmidt eine glücklichere Hand, Kopf und Herz und dass in ihrer Amtzeit endlich die Schandparagrafen 1626a BGB und 1671 BGB ersatzlos gestrichen werden.

 

 

 

Männerministerin in spe Schmidt im Gespräch mit TAZ-Männerjournalistin in spe Oestreich

 

"Ich wollte nie ein Mann sein"

Interview HEIDE OESTREICH

taz: Frau Schmidt, das Amt von Familienministerinnen haben Sie mal als "unmöglich" bezeichnet: "Sie dürfen immer nur klagen, aber ändern können sie nichts - ein unmöglicher Zustand." Warum haben Sie sich in diesen Zustand begeben?

Renate Schmidt: Den Satz habe ich 1993 zu Frau Nolte gesagt. Inzwischen bewegt sich etwas in der Familienpolitik. Kanzler Schröder hat zu mir gesagt: Du hast zwar keine Gesetzgebungskompetenz, aber du kannst und musst nach allen Seiten kommunizieren. In meine Sprache übersetzt heißt das: Ich muss mich überall einmischen. Das organisiere ich gerade.

Sie haben einmal erklärt, man habe Sie als Politikerin immer ernst genommen - bis sie Frauenpolitik machten. Männer würden Frauen immer noch in "Normale" und "Emanzen" aufspalten und sich bemühen, Letztere lächerlich zu machen, um sich nicht mit deren Forderungen auseinander setzen zu müssen. Haben Sie Hoffnung, dieser Spaltung jetzt als Frauenministerin zu entkommen?

Ich habe einen Vorteil: Die Männer in der Politik finden, ich bin eine patente Frau. Sie haben den Eindruck, dass ich Männer mag. Sie haben sogar den Eindruck, dass ich sie manchmal nicht ganz ernst nehme, aber trotzdem mag.

Dass Sie keine "Emanze" sind, sondern zur Kategorie "normal" gehören?

So in etwa. Ich war zum Beispiel nie in der ASF, der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen, aktiv. Nicht weil ich gegen die ASF wäre, das bin ich nicht, sondern weil ich anderweitig engagiert war - im Ortsverein, als Gewerkschafterin - und dazu drei Kinder habe. Ich bin sicherlich nicht das, was man im Sinne von Alice Schwarzer eine Feministin nennt. Aber ich werde nicht zwischen mich und Feministinnen oder die ASF-Frauen einen Keil treiben lassen nach dem Motto: Das ist die vernünftige Schmidt, und das sind die überkandidelten Feministinnen. Wir müssen eine Einheit sein, bis wir erreicht haben, was wir wollen.

Und Sie landen in der Schublade, in die Sie nicht wollen.

Nein, es wird eher so sein: Die männlichen Mitmenschen, die bei dem Wort "Gender Mainstreaming" immer die Augenbrauen hochziehen und so komisch lächeln, könnten denken: Wenn die das sogar gut findet, dann ist vielleicht doch irgendetwas dran.

Wie definieren Sie denn den Unterschied zwischen Renate Schmidt und Feministinnen?

Den Unterschied definiere nicht ich. Den definieren andere, die teilweise Vorbehalte gegen mich haben, vielleicht weil ich freundlich zu den Männern bin.

Kein einziger sachlicher Grund?

Man nimmt mir natürlich auch übel, dass ich lebenspraktische Dinge über die Ideologie stelle. Dass ich etwa nicht auf Teufel komm raus das Ehegattensplitting abschaffe, wenn sich herausstellt, dass die kinderlose "Hausfrauenehe", die durch das Splitting begünstigt wird, was wir immer zu Recht kritisiert haben, nur noch in Spuren vorhanden ist. Die Menschen leben nicht von Systemen, sondern in ihren materiellen Lebensbedingungen. Und ich habe keinerlei Interesse, die Lebensbedingungen von Familien zu verschlechtern.

Also wird es keinerlei frauenpolitische Veränderungen bei der Steuer geben?

Doch. Ich will die Steuerklasse fünf reformieren. Das ist die Klasse, in der viele arbeitende Ehefrauen landen. Sie wird sehr hoch besteuert, sodass ein geringer Nettolohn übrig bleibt. Alle Lohnersatzleistungen richten sich aber nach dem Nettoeinkommen. Wenn man also in Mutterschutz geht oder arbeitslos wird, bleibt einem kaum etwas. Das werden wir ändern. Das nützt den Frauen wirklich und ist keine symbolische Aktion.

Vielleicht sind Frauenpolitikerinnen auch pikiert, wenn Sie verkünden, Frauen seien nun genug gefördert worden?

Das ist allerdings meine Meinung. Frauenförderung heißt ja, dass man Frauen qualifiziert und bildet. Das hat die Frauengeneration, die heute die Schulen, die Universitäten oder die betriebliche Ausbildung verlässt, beileibe nicht mehr nötig.

Frauenförderung heißt aber auch, dass man Barrieren abbaut, die das Fortkommen von Frauen behindern. Männliche Beförderungskartelle etwa gibt es auch in Ihrer Partei …

Die beste Art der Frauenförderung, füge ich ja deshalb auch immer an, ist die Emanzipation des Mannes. Und zwar dahin gehend, dass er sein Vatersein auch praktisch annimmt. Dies bezeichne ich aber nicht mehr als Frauenförderung, sondern mit dem schönen Begriff, für dessen gelungenste Übersetzung ich hiermit einen Preis auslobe: Gender Mainstreaming, also die gerechte Berücksichtigung von männlichen und weiblichen Interessen bei allen Vorhaben. Das ist wirkliche Gleichstellung. Ich möchte natürlich, dass mehr Frauen in leitende Positionen in Betriebe kommen, und vor allem dort muss Gleichstellung verankert werden.

Das hat ja Ihre Vorgängerin schon lange und vergeblich versucht. Wie lange geben Sie den Unternehmen, bis doch ein Gesetz kommt?

Ich werde mich akribisch an den Koalitionsvertrag halten. Da steht: Wir werden die EU-Richtlinie zur Gleichstellung bis 2005 umsetzen. Dort geht es auch um die Privatwirtschaft. Wir werden etwa eine nationale Gleichstellungsstelle einrichten, die die Unternehmen beobachtet und berät, bei der man sich aber auch beschweren kann. Österreich hat damit gute Erfahrungen gemacht.

Das Gleichstellungsgesetz von Frau Bergmann kommt also nicht?

Ich werde nicht das Rad neu erfinden, wo es schon erfunden ist. Wenn die Betriebsräte quotiert werden und der Arbeitgeber laut Betriebsverfassungsgesetz über seine Maßnahmen zur Gleichstellung Auskunft geben muss, warum soll ich dasselbe dann in einem Gesetz für die Privatwirtschaft noch einmal fordern?

Betriebsräte haben sich selten für die Belange der Frauen stark gemacht.

Das neue Betriebsverfassungsgesetz ist erst gut ein Jahr in Kraft, über die Wirkung kann man noch nichts sagen. Dort steht, der Betriebsrat soll die Gleichstellung vorantreiben. Da hat man doch die gesetzliche Grundlage. Ende 2003 wird außerdem die Vereinbarung mit der Privatwirtschaft dahin gehend überprüft, wieweit die Mühen der Arbeitgeber gefruchtet haben. Dann wird man klarer sehen - und die Umsetzung der EU-Richtlinie in nationale Gesetzgebung kommt gewiss.

Über die Hälfte aller Betriebe haben keinen Betriebsrat. Für die war eben ein Gleichstellungsgesetz vorgesehen.

Das Betriebsverfassungsgesetz erleichtert die Gründung eines Betriebsrats. Wenn eine Belegschaft das nicht auf die Reihe kriegt, wird sie auch Verstöße gegen irgendein Gesetz zur Gleichstellung nicht ahnden. Eine Beschwerde bei der Gleichstellungsstelle halte ich ohnehin für erfolgversprechender, denn dieser Weg ist kürzer und unbürokratischer als eine Klage.

Man kann die Einsicht von Unternehmen ja auch fördern, indem man öffentliche Aufträge nur an Betriebe mit Gleichstellungspolitik vergibt. So machen es die USA. Ist das ein Weg für Deutschland?

Durchaus. Auch das steht in der EU-Richtlinie, und wir werden diese Richtlinie umsetzen.

Die mangelnde Kinderbetreuung, das zweite große Hemmnis für Frauen, die erfolgreich arbeiten wollen, haben Sie damit aber nicht geregelt. Die Kommunen befürchten jetzt schon, dass das versprochene Geld für Krippen nicht zur Verfügung stehen wird.

Das Geld kommt aus der Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe nach dem Hartz-Konzept. 1,5 Milliarden Euro bleiben auch im allerschlechtesten Fall übrig. Das Geld wird ab Ende 2004 jährlich zur Verfügung stehen. Daran rüttelt niemand.

Wenn die Emanzipation der Männer die beste Frauenpolitik ist, wie Sie eben sagten: Wie sieht denn Ihre Männerpolitik aus?

Dass Kinder in den ersten 10 Jahren ihres Lebens fast ausschließlich mit Frauen zu tun haben, ist in der Tat grundverkehrt. Wir werden die Väterkampagne von Christine Bergmann fortsetzen und klar machen, dass das Leben mit Kindern keine Zumutung ist. Sondern bunter, vielfältiger, reicher als das von rein berufsorientierten Männern. Ich hätte keine Sekunde meines Lebens jemals ein Mann sein wollen.

Ist es also Zeit für einen Männerbeauftragten?

Nein, noch nicht. Ich sehe die Männergruppen mit Wohlgefallen, die sich nicht mehr nur beleidigt als Scheidungsopfer definieren, sondern andere Lebensvorstellungen für Männer propagieren. Aber einen Beauftragten brauchen wir noch nicht.

taz Nr. 6931 vom 16.12.2002, Seite 4, 297 Zeilen (Interview), HEIDE OESTREICH

 

http://www.taz.de/pt/2002/12/16/a0138.nf/text

 

 

 


 

 

Vital bis zur Erschöpfung

Ohne Vorwarnung hat sie der Kanzler aus ihrer Nürnberger Behaglichkeit ins Kabinett geholt. Auf einmal war sie Familienministerin. Sie hat nicht Nein sagen können. Jetzt muss Renate Schmidt wieder die unermüdliche Karrierefrau geben – und bezahlt dafür einen hohen Preis.

Von Constanze von Bullion

Sie kann ja durchaus ungemütlich werden, diese barocke Mutter Courage, die ungeduldig von einem Absatz auf den anderen tritt, minutenlang in den gläsernen Aufzugschacht starrt und plötzlich auf einen Saaldiener losgeht. „Wie komm’ ich hier raus?“, fragt Renate Schmidt, doch der junge Mann scheint nicht zu begreifen. „Ich will hier runter, genau hier“, sagt sie etwas lauter. Der Saaldiener ist ein höflicher Mensch und will jetzt diese wundersame Schaltung erklären, die Aufzüge im Bundestag heute nur nach oben fahren lässt.

„Unmöglich“, fällt Frau Schmidt ihm da ins Wort, sie will keinesfalls noch höher hinaus, hinunter und raus soll er sie bringen, vorbei an den Graugesichtern und weg von den Presseheinis, die von allen Seiten über sie herfallen. Nein, sie hat nicht damit gerechnet, Ministerin zu werden. Nein, sie wäre nicht böse gewesen, wenn Herr Schröder einer anderen den Job gegeben hätte. „Für meine Aufgabe habe ich kein Geld und keine Gesetzgebungskompetenz, deshalb wurde ich offenbar ausgesucht.“ Dann ist sie endlich draußen an der Luft. Atmet durch, schüttelt sich wie ein nasser Hund. Und braust im Dienstwagen davon.

Vielleicht fremdelt Renate Schmidt einfach noch ein wenig in diesen ersten Tagen im neuen Amt, jedenfalls gibt sie sich keine übermäßig große Mühe, ihre Laune zu verbergen. Eine gute Schauspielerin ist sie sowieso nie gewesen, diese impulsive Dame, die nach einer langen Politikerlaufbahn nun da angekommen ist, wo andere schon immer hinwollten. Der Kanzler hat die 58-jährige Fränkin an die Spitze des Familienministeriums gesetzt, das jetzt nicht mehr fürs Gedöns, sondern für Überlebensfragen der Nation zuständig sein soll. In Deutschland werden mit den Kindern die Rentenzahler knapp, jede dritte Frau geht lieber arbeiten, statt zu gebären, und wer sich doch auf Nachwuchs einlässt, riskiert einen Karriereknick, womöglich sogar Armut. Dass Familienfreundlichkeit zur Lebensversicherung vergreisender Industrienationen wird, das dämmert auch den Herren der rot-grünen Schöpfung, die ihren meist weiblichen Wählern jetzt die Vermehrung erleichtern wollen. Hilfe für Alleinerziehende und Milliarden für Ganztagsschulen wurden im Koalitionsvertrag zugesichert. Die Republik bricht in Riesenschritten auf in die Gegenwart. Oder doch nicht?

Renate Schmidt ist nicht der Typ, der lange herumredet um unangenehme Wahrheiten. Am Tag ihrer Vereidigung sitzt sie frisch onduliert auf der Besuchertribüne des Bundestags, wo sie ihre Verzweiflung auf den scheidenden Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin niederprasseln lässt. „Kein Geld und lauter verstreute Zuständigkeiten“, schimpft sie. „Jetzt hab’ ich wieder diesen ganzen Apparat, so was muss er mir doch vorher avisieren.“

Er, das ist der Kanzler, der Renate Schmidt ohne Vorwarnung aus der Beschaulichkeit ihres Nürnberger Wohnzimmers an den Kabinettstisch rief. Die einstige Bayern-Chefin der SPD, die nach einer Serie von Niederlagen bei Landtagswahlen schon auf dem Rückzug aus der Politik war und von Altmoderator Erich Böhme als „pensionierte Bayern-Last der SPD“ geschmäht wurde, trat an. „Weil es notwendig war“, sagt sie, weil sie sonst „politisch abgemeldet“ wäre. Sie könnte dann auch anderes nicht mehr machen, erklärt vorsichtig eine Mitarbeiterin. Johannes Rau beerben vielleicht?

Renate Schmidt sagt natürlich kein Wort zu dem Thema. Sähe ja auch blöd aus, so einen Ministerjob auf einer Pobacke abzusitzen, um in zwei Jahren ins höchste Amt der Republik zu rutschen. Mit Gottes Hilfe hat sie sich vereidigen lassen, und als sie am Tag danach etwas zerzaust in ihrem Ministerium die Geschäfte übernimmt, bemüht sie sich sichtlich um Tapferkeit. „Ich hatte eine andere Lebensplanung, und als ich es erfuhr, ging mir’s richtig schlecht“, erklärt sie den verdutzen Mitarbeitern. „Aber ich werde mich mit Feuereifer in diese Aufgabe stürzen.“

Anders kennt man die Schmidt auch gar nicht, diese Ikone sozialdemokratischer Familienpolitik, die sozusagen Fleisch gewordener Beweis ihrer eigenen Ideale ist: die dreifache Mutter, die Karriere gemacht hat. Die Großmutter, die sich nun der Pflege der Senioren widmet. Die lebenshungrige Frau, die gern kocht und isst und mal erzählte, sie brauche viel Sex, die mit 17 schwanger wurde, als Programmiererin schaffte, alleinerziehend und in WGs mit ihren Kindern lebte, nachdem ihr Mann plötzlich gestorben war. Er hatte ein Herzleiden nicht auskuriert, sie saß in Bonn, war auf dem Weg nach oben – und stürzte über Nacht in eine tiefe Krise. „Wie in der Mitte durchgeschnitten“ fühlte sie sich damals. Und machte trotzdem weiter.

„Ja, freilich“ sagt Renate Schmidt, macht Politik auch süchtig. „Ja, freilich“ war sie schon als Zehnjährige eine eitle Person, die sich mit der Zeitung auf den Coburger Marktplatz setzte, „um die Welt von meiner Wichtigkeit in Kenntnis zu setzen“. Sie lacht, wenn sie solche Geschichten erzählt, als würde ihr zum ersten Mal klar, was für eigenwillige Weibsbilder die Frauen ihrer Familie waren. Die Großmutter, die sich scheiden ließ und Zahnarzthelferin wurde. Die Mutter, die als Laufmaschenaufnehmerin die Familie ernährte. Sie selbst, die nicht lassen kann vom politischen Geschäft, obwohl es ihr manchmal zuwider ist.

„Es gibt nichts Grauenhafteres als diese Sitzungen, bei denen man den gleichen Sachverhalt sieben- bis achtmal hören muss“, sagt Renate Schmidt und schert sich nicht um das versteinerte Gesicht der Pressesprecherin, die neben ihr am Tisch sitzt. Es ist der erste Arbeitstag der Ministerin, und das Personal stellt sich noch auf die Neue ein. Es wird sich wohl an ein etwas höheres Tempo gewöhnen müssen, mit Geduld war Renate Schmidt noch nie gesegnet. „Eine sehr anspruchsvolle Chefin“, nennt sie eine Kollegin aus der SPD. „Ein Arbeitstier“, schwärmt der Abgeordnete Ludwig Stiegler, der um Worte und Bilder für die vitale Kollegin ringt, diese „Orgel mit unglaublich vielen Registern“. In Schmidts bayerischem Landtagsbüro packen sie jetzt Kisten und erzählen vom Wahlkampf, bei dem die Chefin bis zur Erschöpfung durch Deutschland jagte, obwohl sie gar nicht zur Wahl stand. „Bevor sie kapituliert, stampft sie eher mit dem Fuß auf.“

Ein paar Tage hat Renate Schmidt sich gegeben, um herauszufinden, wer bleiben soll in ihrem Berliner Ministerium. Dann will sie fertig sein „mit dem organisatorischen Kram“ und sich „bittschön der inhaltlichen Arbeit zuwenden“. Was ihr da bevorsteht, nennt sie „ein großes Kunststück“, kein Mensch weiß bisher, wer die versprochenen Wohltaten für Familien bezahlen soll. Die vier Milliarden für die Ganztagsschulen „schwirren freischwebend in der Finanzplanung herum“, sagt die Ministerin bei der Amtsübergabe. 1,5 Milliarden für Kinderkrippen sollen die Kommunen aus Einsparungen der Hartz-Reform zusammenkratzen. „Das sehe ich nirgends im Moment.“ Später, als ein Bandgerät vor ihr steht, hört sich das alles schon wieder ganz anders an. „Die Hartz-Gelder sind nicht wacklig“, behauptet sie jetzt. „Sie sind im Koalitionsvertrag fest zugesichert. Niemand stellt dieses wichtige Projekt in Frage.“ Sie hat plötzlich auch kein Problem mehr mit dem Ehegattensplitting, das sie ein halbes Leben lang bekämpfte, weil es ein Rollenmodell der 50-er repräsentiert. „Ich habe gedacht, dass man durch Abschmelzen des Ehegattensplittings eine erhebliche Summe einsparen kann“, sagt sie, „aber die Berechnungen des Finanzministeriums haben ergeben, dass gerade mal 100 Millionen dabei rauskommen. Das lohnt sich nicht.“ Gerechnet, verrechnet, so einfach ist das.

Renate Schmidt hat ja nie behauptet, eine Rebellin zu sein, hat längst Frieden mit gewissen Konventionen geschlossen. Ein modernes Familienbild, ja, freilich, auch gegen Homo-Ehen hat sie nichts. Kinder aber sollten solche Paare nicht adoptieren, die seien „besser dran“, wenn sie mit beiden Geschlechtern aufwachsen. Dass Männer entscheiden und Frauen gelegentlich mitreden dürfen, das ist im Kabinett wie überall, erzählt Schmidt, die nicht gedenkt, ungebührlich aufzubegehren: „Ein paar Mal sollte man schon zuhören, bevor man sich mit Gegenrede zu Wort meldet.“

Da gibt es ganz andere Dinge, die sie ärgern, die Frage etwa, warum keine Jüngere Familienministerin geworden ist. Ute Vogt aus Stuttgart hätte es packen können, galt aber als ungeeignet fürs Ressort Familie, weil sie alleinstehend und kinderlos sei, heißt es in der SPD. Das ist ungefähr so, als müsste der Umweltminister ein Atomkraftwerk steuern und der Verteidigungsminister einen Tornado fliegen können. Renate Schmidt äußert sich nicht öffentlich zu Personalien, aber dass „ein bisschen persönliche Erfahrung“ nicht schaden kann in ihrem Job, das wird doch keiner bestreiten wollen.

Sie hat schon ein solides Ego, diese viel gerühmte „Powerfrau“, die nicht müde wird zu beteuern, dass Macht ihr „Null und Nichts“ bedeutet. „Ich bin süchtig nach Selbstbestätigung“, hat sie der Fotografin Herlinde Koelbl erklärt, die hinter der Fassade der immerstarken Renate Schmidt eine suchende, oft unglücklich Verliebte, manchmal verzagte Frau entdeckte, die für die Karriere mit Einsamkeit und Heimweh nach der Familie bezahlte.

Und jetzt? Hat sie wieder nicht Nein sagen können, ist der alten Sucht erlegen und wird schon jetzt von Entzugserscheinungen geschüttelt. Renate Schmidt hat endlich den Mann gefunden, bei dem sie bleiben will. Er ist Maler, lebt in Nürnberg und führt nun täglich Telefonate mit ihr, die „von einer gewissen Betrübnis gekennzeichnet sind“. Sie hat sich damit abgefunden, rund um die Uhr zu arbeiten – nicht aber, für die Familien anderer ihre eigene zu ruinieren. „Es wird einen Zeitpunkt geben, an dem ich nicht mehr in der Politik bin“, sagt sie, „da möchte ich noch auf ein paar Menschen zurückgreifen können, die sagen: Schön, dass du wieder da bist.“ Sie unterbricht sich, sieht plötzlich ein wenig ratlos und traurig aus. Die Menschen in der fernen Welt da draußen werden wohl noch eine Weile auf sie warten müssen.

 

http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/04.11.2002/286084.asp

 

 


 

PORTRAIT

Menschen hautnah:

Spuren der Macht

Die Verwandlung des Menschen durch das Amt:

Renate Schmidt

Seit gestern ist die 58jährige SPD-Politikerin neue Ministerin für Familie, Frauen und Senioren. Aus diesem Anlass zeigt das WDR Fernsehen aus der preisgekrönten Reihe "Spuren der Macht" das Einzelporträt von Renate Schmidt. Fast acht Jahre lang hatte Fotografin Herlinde Koelbl die Entwicklung im Leben von Männern und Frauen dokumentiert, die in Spitzenpositionen aufgestiegen sind. Renate Schmidt ist als neue Familienministerin für solche Verwandlungen ein auffälliges Beispiel. Mehr... http://www.wdr.de/tv/menschen-hautnah/

 

 

http://www.wdr.de/tv/

 

 

Links zur Sendung:

WDR ServiceZeit Familie über Renate Schmidt (16. 10. 2002)

Renate Schmidt im Porträt (tagesschau.de)

Spuren der Macht - Ausstellung im Deutschen Historischen Museum (mit Informationen zu Herlinde Koelbl und einer Kurzbiografie von Renate Schmidt)

Renate Schmidt zum Thema "Familie - ein Auslaufmodell?" (DeutschlandRadio Berlin, 19. 5. 2002)

Homepage der Bundesregierung

Buchtipps:

 

Renate Schmidt: S.O.S. Familie.

Ohne Kinder sehen wir alt aus.

Rowohlt 2002

ISBN 3-87134-444-3, Preis: 16,90 Euro

Herlinde Koelbl: Spuren der Macht.

Die Verwandlung des Menschen durch das Amt. Eine Langzeitstudie.

Knesebeck 2002

ISBN: 3-89660-135-0, Preis: 29,90 Euro

 


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