Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Bundesjustizministerin (FDP)


 

 

 

03.12.2009

Pressemitteilung des Kanzlers

Kammerurteil 1

 

Zaunegger gegen Deutschland (Beschwerde-Nr. 22028/04)

AUSSCHLUSS EINER GERICHTLICHEN EINZELFALLPRÜFUNG DER SORGERECHTS-REGELUNG DISKRIMINIERT VATER EINES UNEHELICHEN KINDES

Verletzung von Artikel 14 (Diskriminierungsverbot) in Verbindung mit Artikel 8 (Recht auf Achtung des Familienlebens) der Europäischen Menschenrechtskonvention

Zusammenfassung des Sachverhalts

Der Beschwerdeführer, Horst Zaunegger, ist deutscher Staatsangehöriger, 1964 geboren, und lebt in Pulheim. Er hat eine uneheliche Tochter, die 1995 geboren wurde und bei beiden Eltern aufwuchs bis diese sich 1998 trennten. Danach lebte das Kind bis zum Januar 2001 beim Vater. Nach dem Umzug des Kindes in die Wohnung der Mutter trafen die Eltern unter Vermittlung des Jugendamtes eine Umgangsvereinbarung, die regelmäßigen Kontakt des Vaters mit dem Kind vorsah.

Gemäß § 1626 a Absatz 2 BGB hatte die Mutter das alleinige Sorgerecht für das Kind. Da sie nicht bereit war, einer gemeinsamen Sorgeerklärung zuzustimmen, beantragte der Beschwerdeführer die gerichtliche Zuweisung des gemeinsamen Sorgerechts. Das Amtsgericht Köln lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass nach deutschem Recht Eltern unehelicher Kinder die gemeinsame Sorge nur durch eine gemeinsame Erklärung, durch Heirat oder durch gerichtliche Übertragung mit Zustimmung der Mutter nach § 1672 Absatz 1 erlangen können. Das Oberlandesgericht Köln bestätigte die Entscheidung im Oktober 2003.

Beide Gerichte bezogen sich auf ein Leiturteil des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Januar 2003, das § 1626 a BGB im Wesentlichen für verfassungsgemäß erklärt hatte. Für Paare mit unehelichen Kindern, die sich nach dem Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 getrennt hatten, findet die Bestimmung Anwendung.

Am 15. Dezember 2003 wies das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zurück.

Beschwerde, Verfahren und Zusammensetzung des Gerichtshofs

Der Beschwerdeführer beklagte sich insbesondere unter Berufung auf Artikel 14 in Verbindung mit Artikel 8, dass die Anwendung von § 1626 a Absatz 2 BGB unverheiratete Väter wegen ihres Geschlechts und im Verhältnis zu geschiedenen Vätern diskriminiere.

Die Beschwerde wurde am 15. Juni 2004 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingelegt.

Das Urteil wurde von einer Kammer mit sieben Richtern gefällt, die sich wie folgt zusammensetzte:

Peer Lorenzen (Dänemark), Präsident,

Karel Jungwiert (Tschechien),

Rait Maruste (Estland),

Mark Villiger (Liechtenstein),

Isabelle Berro-Lefèvre (Monaco),

Mirjana Lazarova Trajkovska (“ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien”), Richter,

Bertram Schmitt (Deutschland), Richter ad hoc

und Stephen Phillips, Stellvertretender Sektionskanzler.

Entscheidung des Gerichtshofs

Der Gerichtshof stellte fest, dass der Beschwerdeführer mit der Ablehnung des Antrags auf gerichtliche Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts ohne weitere Prüfung, ob dadurch die Interessen des Kindes gefährdet würden, anders behandelt worden war als die Mutter und als verheiratete Väter. Um zu prüfen, ob es sich dabei um eine Diskriminierung im Sinne von Artikel 14 handelte, erwog der Gerichtshof zunächst, dass § 1626 a BGB, auf dessen Grundlage die deutschen Gerichte entschieden hatten, auf den Schutz des Kindeswohls abzielt. Die Regelung soll gewährleisten, dass das Kind ab seiner Geburt eine Person hat, die klar als gesetzlicher Vertreter handeln kann, und Konflikte zwischen den Eltern über Sorgerechtsfragen zum Nachteil des Kindes vermeiden. Die Gerichtsentscheidungen hatten demnach einen legitimen Zweck verfolgt.

Weiterhin nahm der Gerichtshof zur Kenntnis, dass es stichhaltige Gründe geben kann, dem Vater eines unehelichen Kindes die Teilhabe an der elterlichen Sorge abzusprechen, etwa wenn ein Mangel an Kommunikation zwischen den Eltern droht, dem Kindeswohl zu schaden. Diese Erwägungen ließen sich auf den vorliegenden Fall aber nicht anwenden, da der Beschwerdeführer sich weiterhin regelmäßig um sein Kind kümmert.

Der Gerichtshof teilte die Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts nicht, dass ein gemeinsames Sorgerecht gegen den Willen der Mutter grundsätzlich dem Kindeswohl zuwiderlaufe. Gerichtsverfahren zur Regelung der elterlichen Sorge könnten auf ein Kind zwar verstörend wirken, allerdings sieht das deutsche Recht eine gerichtliche Überprüfung der Sorgerechtsregelung in Trennungsfällen vor, in denen die Eltern verheiratet sind, oder waren, oder eine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben haben. Der Gerichtshof sah keine hinreichenden Gründe, warum die Situation im vorliegenden Fall weniger gerichtliche Prüfungsmöglichkeiten zulassen sollte.

Folglich war der generelle Ausschluss einer gerichtlichen Prüfung des alleinigen Sorgerechts der Mutter im Hinblick auf den verfolgten Zweck, nämlich den Schutz der Interessen des unehelichen Kindes, nicht verhältnismäßig. Der Gerichtshof kam daher mit sechs Stimmen zu einer Stimme zu dem Schluss, dass eine Verletzung von Artikel 14 in Verbindung mit Artikel 8 vorlag.

Richter Schmitt äußerte eine abweichende Meinung, die dem Urteil angefügt ist.

Der Gerichtshof vertrat außerdem einstimmig, dass die Feststellung einer Verletzung der Konvention eine ausreichende gerechte Entschädigung für den erlittenen immateriellen Schaden darstellt.

***

Das Urteil liegt nur auf Englisch vor. Diese Pressemitteilung ist von der Kanzlei erstellt und für den Gerichtshof nicht bindend. Die Urteile des Gerichtshofs stehen auf seiner Website zur Verfügung (http://www.echr.coe.int).

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1 Gemäß Artikel 43 der Konvention kann jede Partei innerhalb von drei Monaten nach dem Datum eines Urteils der Kammer in Ausnahmefällen die Verweisung der Rechtssache an die Große Kammer mit siebzehn Richtern beantragen. In diesem Fall berät ein Ausschuss von fünf Richtern, ob die Rechtssache eine schwerwiegende Frage der Auslegung oder Anwendung der Konvention oder ihrer Zusatzprotokolle, oder eine schwerwiegende Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft; in diesem Fall entscheidet die Große Kammer durch endgültiges Urteil. Wenn keine solche Frage aufgeworfen wird, lehnt der Ausschuss den Antrag ab, womit das Urteil rechtskräftig wird. Anderenfalls werden Kammerurteile entweder nach Ablauf der Drei-Monats-Frist rechtskräftig oder früher, sobald die Parteien erklären, dass sie die Verweisung der Rechtssache an die Große Kammer nicht beantragen werden.

 

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

Das muss man sich einmal vorstellen, in Deutschland fanden in der Vergangenheit staatlich betriebene Menschenrechtsverletzungen gegenüber nichtverheirateten Vätern und ihren Kindern mit Billigung des Bundesverfassungsgerichts und unter den Augen des von Brigitte Zypries (SPD) geleiteten Bundesjustizministeriums statt. Da hat man mit den 2003 urteilenden Richtern am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe offenbar den Bock zum Gärtner gemacht, grad so als wenn Erich Honecker Menschenrechtsbeauftragter der DDR bei den Vereinten Nationen gewesen wäre. Die 2005 bis 2009 herrschende SPD/CDU Regierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel hätte die peinliche Blamage der 2003 urteilenden Verfassungsrichter verhindern können, wenn sie die notwendigen Gesetzesänderung zur Beendigung der Diskriminierung nichtverheirateter Väter und ihrer Kinder auf den Weg gebracht hätte. Doch statt dessen war SPD/CDU Tiefschlaf unter Federführung von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) angesagt. Statt endlich seine Hausaufgaben zu machen, blies Frau Zypries lieber zur Jagd auf Väter, die heimlich - und völlig zu Recht - die Abstammung ihres Kindes klären wollen und widmete sich ihrem Steckenpferd dem Adoptionsrecht für die Partnerinnen lesbischer Mütter, die sogenannte Doppelmutter-ohne-Vater-Familie. 

 

 


 

 

EGMR: Deutschland diskriminiert Väter nicht ehelicher Kinder beim Sorgerecht

In dem von Rechtsanwalt Georg Rixe geführten Verfahren Zaunegger/Deutschland - Nr. 22028/04 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR/EuGHMR) durch seine Grundsatzentscheidung vom 03.12.2009 das Recht außerehelicher Kinder auf beide Eltern gestärkt und die langjährige Diskriminierung von Vätern bei der elterlichen Sorge verurteilt.

Der Gerichtshof entschied, dass Väter außerehelich geborener Kinder beim Zugang zur gemeinsamen Sorge nicht gegenüber Vätern und Müttern ehelicher Kinder benachteiligt werden dürfen. Die deutsche Regelung des § 1626a BGB, der die Begründung einer gemeinsamen Sorge ausschließlich vom Willen der Mutter abhängig macht, ohne zumindest ein Gerichtsverfahren zur Verfügung zu stellen, in dem das Kindeswohl ausschlaggebend ist, verstößt gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.

Der betroffene Vater hatte das Kind gemeinsam mit der Mutter seit Geburt betreut und die Vaterschaft sogleich anerkannt. Nach Trennung einigten sich die Eltern auf ein umfangreiches Umgangsrecht. Die Mutter lehnte aber eine gemeinsame Sorge ab.

Das Urteil wird nach drei Monaten rechtskräftig, wenn keine der Parteien die Große Kammer des Gerichtshofs anruft. Dann ist Deutschland verpflichtet, unverzüglich eine gesetzliche Neuregelung zu schaffen, die die vom Gerichtshof beanstandete Diskriminierung beendet. Aus der Befolgungspflicht des Art. 46 EMRK ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass der verurteilte Staat auch weitere Verletzungen der Konvention in Parallelfällen verhindern muss.

Angesichts des auch vom BVerfG anerkannten Rechts aller Kinder auf Pflege und Erziehung durch ihre Eltern sollte sich der Gesetzgeber aber nicht auf die im politischen Raum bisher diskutierte Minnimalregelung der gerichtlichen Ersetzung der Zustimmung der Mutter beschränken, sondern sich am herrschenden Standard in Europa orientieren, nach dem die gemeinsame Sorge für außerehelich geborene Kinder automatisch ab Feststehen der Vaterschaft eintritt. Ansonsten wird Deutschland weiterhin das Schlusslicht der europäischen Rechtsentwicklung bilden.

•Urteil des EGMR vom 3.12.2009 (in Englisch)

http://cmiskp.echr.coe.int/tkp197/view.asp?action=html&documentId=859047&portal=hbkm&source=externalbydocnumber&tabl

 

 

•Pressemitteilung des EGMR vom 3.12.2009 (in Deutsch)

 

 

http://www.baltesundrixe.de/index.php?option=com_content&task=view&id=70&Itemid=67

 

 

 


 

 

 

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zur der von ihr avisierten weiteren sorgerechtlichen Diskriminierung nichtverheirateter Väter und ihrer Kinder durch die Bundesregierung

 

 

-------- Original-Nachricht --------

Datum: Mon, 21 Dec 2009 14:35:44 +0100

Von: Leutheusser-Schnarrenberger Sabine <sabine.leutheusser-schnarrenberger@bundestag.de>

An: "VAfK-SI@gmx.de" <VAfK-SI@gmx.de>

Betreff: AW: "Nichtehelichen"-Urteil des EGMR vom 3.12.2009, Anfrage des VAfK Siegen-Wittgenstein und der Selbsthilfegruppe "Trennungsopfer Kind - und Angehörige", Siegen

 

 

"Nichtehelichen"-Urteil des EGMR vom 3.12.2009, Anfrage des VAfK Siegen-Wittgenstein und der Selbsthilfegruppe "Trennungsopfer Kind - und Angehörige", Siegen

Sehr geehrte Damen und Herren von Väteraufbruch für Kinder e.V.,

vielen Dank für Ihr Schreiben.

Sie beziehen sich in Ihrem Schreiben auf die Sorgerechtentscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser hat nicht die abstrakte Gesetzeslage beurteilt, sondern einen Einzelfall. Angesichts der Bandbreite von rechtspolitischen Möglichkeiten wird das Bundesjustizministerium die Debatte über gesetzgeberische Änderungen jetzt mit Hochdruck führen, dabei aber sehr sorgfältig vorgehen. Das Umgangsrecht für beide Elternteile ist bereits gesetzlich vorgesehen und von der Sorgerechtsfrage unabhängig.

Die Frage, wie die gemeinsame elterliche Sorge bei nicht miteinander verheirateten Eltern gestaltet werden soll, beschäftigt nicht erst seit der Entscheidung des Gerichtshofes die Rechtspolitik. Bereits bei der Kindschaftsrechtsreform 1998 wurden Änderungen vorgenommen. Nicht verheiratete Eltern erhielten erstmals die Möglichkeit, eine gemeinsame Sorge zu begründen.

Im Jahre 2003 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass diese geltende Rechtslage verfassungsgemäß ist. Bei dieser Entscheidung erteilte das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber die Aufgabe, die tatsächliche gesellschaftliche und soziale Entwicklung in dieser Sache zu beobachten und zu prüfen. Diesen Auftrag, ob die Annahmen des Gesetzgebers vor der Wirklichkeit Bestand haben, prüft auch die jetzige Bundesregierung.

Das Bundesministerium der Justiz führt daher derzeit ein wissenschaftliches Forschungsvorhaben durch. Das Deutsche Jugendinstitut untersucht in Zusammenarbeit mit der Ludwig-Maximilians-Universität München die tatsächliche Situation nichtehelicher Kinder, um eine verlässliche Grundlage für die Entscheidung über etwaigen gesetzlichen Änderungsbedarf zu liefern. Es geht unter anderem um die Frage, wie der Alltag in nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit gemeinsamen Kindern aussieht. Insbesondere wird beobachtet, wie sich nichteheliche Lebensgemeinschaften über längere Zeiträume entwickeln. Außerdem wird untersucht, wann und warum es trotz der Möglichkeit gemeinsamer Sorge beim alleinigen Sorgerecht der Mutter bleiben muss und wann nicht. Die Ergebnisse der Studie werden für November 2010 erwartet.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat bei seiner Entscheidung ausdrücklich anerkannt, dass es stichhaltige Gründe geben kann, dem Vater eines unehelichen Kindes die Teilhabe an der elterlichen Sorge abzusprechen. Dies gilt etwa in dem Fall, wenn ein Mangel an Kommunikation zwischen den Eltern droht und dies dem Kindeswohl zu schaden droht. Gerade diese stichhaltigen Gründe werden gerade erforscht. Daher müssen wir auch die Ergebnisse der Forschungsstudie einbeziehen. Das liegt vor allem im Sinne der betroffenen Kinder.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

 

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Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, MdB

Bundesministerin der Justiz

Landesvorsitzende der FDP-Bayern

 

 

Postanschrift: Platz der Republik 1, 11011 Berlin

Hausanschrift: Unter den Linden 50, Zi. 2.131-2.135, 10117 Berlin

 

Telefon: 030/ 227 75 162

Telefax: 030/ 227 76 402

www.leutheusser-schnarrenberger.de

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

Wenn Frau Leutheusser-Schnarrenberger ein Prüfverfahren für Väter einführen will, ob dies es wert sind, das Sorgerecht auszuüben, dann bitte für alle Väter, also auch für die verheirateten. Und wenn man dann schon mal bundesamtlich dabei ist zu prüfen, natürlich auch die verheirateten und nichtverheirateten Mütter, denn sonst wäre schon wieder eine Verletzung des Grundgesetzes diesmal nach Artikel 3 durch die Bundesregierung festzustellen und anzuprangern:

 

Grundgesetz

Artikel 3 (Gleichheit vor dem Gesetz)

Artikel 3 Satz 2 Männer und Frauen sind gleichberechtigt.

Artikel 3 Satz 3: Niemand darf wegen seines Geschlechts, ... benachteiligt oder bevorzugt werden.

 

 


 

 

 

Mehr Rechte für ledige Väter

Urteil in Straßburg

03.12.2009, 15:55

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die deutsche Praxis gekippt, wonach unverheiratete Väter ihre Kinder nur mit Zustimmung der Mütter sehen dürfen.

Vater und Kind Sorgerecht; dpaGrossbild

Ein Mann mit seinem Kind: Die Rechte von ledigen Vätern werden nun gestärkt. (Foto: dpa)

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat unverheirateten Vätern in Deutschland den Rücken gestärkt. In einem wegweisenden Urteil gaben die Straßburger Richter an diesem Donnerstag einem ledigen Vater im Streit um die Sorgeberechtigung für seine 14-jährige Tochter Recht.

Der 45-jährige sieht die Bevorzugung von Müttern in Deutschland beim Sorgerecht als Diskriminierung an. Die Bundesregierung prüft nun, ob das Sorgerecht geändert werden muss.

Nach derzeitiger Rechtslage können nicht verheiratete Väter nur mit Zustimmung der Mutter ein gemeinsames Sorgerecht erhalten. Bei ehelich geborenen Kindern gilt hingegen in der Regel ein gemeinsames Sorgerecht. Der Verein "Väteraufbruch“ schätzt, dass von dem Urteil 1,5 Millionen Väter von 1,6 Millionen Kindern betroffen sind.

In der Urteilsbegründung hieß es, der Vater sei von deutschen Gerichten, die gegen ein gemeinsames Sorgerecht entschieden hätten, anders behandelt worden als die Mutter oder in anderen Fällen verheiratete Väter. Dies verstoße gegen das Diskriminierungsverbot und das Recht auf Achtung des Familienlebens der Europäischen Menschenrechtskonvention. Der Anwalt des Klägers, Georg Rixe, sagte, der Gesetzgeber müsse nun unverzüglich eine Neuregelung schaffen.

"Es ist für mich eine große Genugtuung, dass dieses große Leid und die Ohnmacht, die ich jahrelang empfunden habe, nun hinter mir liegen", sagte Kläger Horst Zaunegger der Deutschen Presse-Agentur dpa. Er sei auch für die "vielen betroffenen Väter froh", dass zu diesem Thema endlich eine Debatte neu geführt werde.

"Guter Tag für Väter"

"Der Gesetzgeber muss die gerichtliche Möglichkeit schaffen, das Kindeswohl zu prüfen, wenn ein unverheirateter Vater ein gemeinsames Sorgerecht anstrebt“, sagte Anwalt Rixe.

Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) begrüßte die Entscheidung des Gerichtshofes als "guten Tag für Väter". Die Richter hätten die Rechte der Väter gestärkt. Das Gericht gebe mit der Entscheidung "unehelichen Vätern die Möglichkeit, mehr Verantwortung für ihre Kinder zu übernehmen und stärkt auch das Recht der Kinder auf beide Eltern".

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) erklärte, angesichts der Bandbreite rechtspolitischer Möglichkeiten werde das Ministerium die Debatte über gesetzgeberische Änderungen jetzt "sorgfältig und mit Hochdruck führen“. Die Ministerin verwies darauf, dass der Gerichtshof nicht die abstrakte Gesetzeslage, sondern einen Einzelfall beurteilt habe.

Der Europäische Gerichtshof entscheidet immer nur über Einzelfälle. Grundsätzlich gilt jedoch, dass der Staat, dem eine Grundrechtsverletzung nachgewiesen wird, dafür Sorge tragen muss, dass sich ein derartiger Fall nicht wiederholt. Die betroffenen Parteien können das Urteil der kleinen Kammer des Straßburger Gerichtshofes anfechten und innerhalb von drei Monaten den Fall vor die große Kammer des Gerichtshofes bringen. Gegen die Entscheidung der großen Kammer wäre dann keine Berufung mehr möglich.

http://www.sueddeutsche.de/politik/123/496438/text/

 

 

 


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