Sadismus
Mordprozess gegen Eltern
Baby zu Tode misshandelt
Wegen Mordes an seiner acht Monate alten Tochter steht ein Ehepaar seit Freitag vor dem Landgericht Limburg. Die 35 Jahre alte Mutter und der 24 Jahre alte Vater sollen die kleine Siri schon wenige Wochen nach der Geburt immer wieder "gequält und roh misshandelt" haben, wie Staatsanwalt Frank Späth in seiner Anklage sagte. Dabei hätten sie den Tod des Säuglings "billigend in Kauf" genommen.
Siri starb im Mai 2008 im mittelhessischen Wetzlar an einer Hirnschwellung, nachdem ihr Schädel durch rohe Gewalt von außen zertrümmert worden war. Den Eltern wird versuchter und vollendeter Mord sowie Misshandlung von Schutzbefohlenen vorgeworfen. Der gelernten Friseurin aus Kanada, die aus zwei früheren Beziehungen bereits zwei Kinder hat, und ihrem Partner, der keinen Beruf gelernt hat, drohen lebenslange Haftstrafen.
Seit ihrer Verhaftung schweigen die Eltern zu den Vorwürfen und machten auch zum Prozessbeginn keine Aussagen. Deswegen könne weder etwas zum Motiv gesagt werden, noch stehe fest, welcher Elternteil aktiv, welcher passiv war, ob die Eltern gemeinsam handelten und warum keiner der beiden Schritte zur Rettung Siris veranlasste, sagte Späth. Anhaltspunkte für den Konsum von Drogen gebe es bei dem Elternpaar nicht.
Niemand spricht mit Siri
Videoaufnahmen der Eltern zeigten die schweren Verletzungen des Babys. Ausschnitte aus den Videos wurden am Freitag im Gerichtssaal gezeigt. Minutenlang wurde Siri gefilmt, während sie auf einem Bett lag und weinte. Immer wieder wurde sie hingesetzt und kippte um, weil sie sich wegen mehrerer Knochenbrüche nicht halten konnte. Niemand sprach mit ihr. In einer anderen Sequenz tauchte ihr blutverschmiertes Gesichtchen mit den großen Augen und der Stupsnase auf, aber ihre Eltern machten keine Anstalten, Siri sauberzumachen oder zu trösten. Regelmäßig sollen die Eltern den hilf- und wehrlosen Säugling geschlagen und malträtiert haben.
Siri sei neben den körperlichen Qualen auch einem "erheblichen seelischen Leid ausgesetzt gewesen", sagte Späth in seiner Anklage. Einmal sei sie aus dem Schlaf gerissen und mindestens 20 Mal in die Luft geworfen worden - auch das wird in einem Video der Eltern gezeigt. Das Baby habe extreme Ängste ausstehen müssen und bitterlich geweint, sagte Späth. Dadurch sei das "Urvertrauen zerstört" worden, sagte ein kinderärztlicher Gutachter.
Viele alte Verletzungen
Wie die Aufnahmen zeigten, sei das kleine Mädchen völlig verängstigt und gestresst gewesen. Am Abend vor ihrem Tod war Siri laut Staatsanwaltschaft von ihrer Mutter oder ihrem Vater an den Füßen gepackt und wuchtig mit dem Kopf auf den Boden oder gegen eine Wand geschleudert worden. Der Staatsanwalt spricht in einer Prozesspause vom "finalen Akt". Siris Vater verständigte am nächsten Morgen einen Notarzt, weil das Baby apathisch im Bett lag. Der Mediziner konnte nur noch den Tod des kleinen Mädchens feststellen.
Eine Obduktion von Siris kleinem Leichnam hatte neben dem Schädelbruch noch eine Vielzahl von anderen älteren Verletzungen zutage gebracht, darunter blaue Flecken und mehrere Knochenbrüche an Armen, Beinen und am Schlüsselbein - typische Folgen von Misshandlungen.
"Hier sind eine Reihe von Verletzungen dabei, die durch einen Unfall unmöglich entstehen können", sagte ein Arzt im Zeugenstand, den die Gerichtsmediziner für die Obduktion hinzugezogen hatten. Die meisten Brüche könnten nur auf Fremdeinwirkung zurückgeführt werden.
Die Ermittlungen wegen unterlassener Hilfeleistung in diesem Fall gegen eine Mitarbeiterin des Wetzlarer Jugendamts dauern nach Angaben der Staatsanwaltschaft noch an. Die Frau hatte die Familie zweimal in der Wohnung in Wetzlar besucht, nachdem Nachbarn das Jugendamt informiert hatten. Die Mitarbeiterin hatte aber keine Auffälligkeiten festgestellt. dpa
23.01.2009
http://www.fr-online.de/frankfurt_und_hessen/nachrichten/hessen/?em_cnt=1664290