Stiefkindadoption
Leitsätze
zum Beschluss des Ersten Senats vom 26. März
2019
- 1 BvR 673/17 -
Der Ausschluss der
Stiefkindadoption allein in nichtehelichen Familien verstößt gegen das
allgemeine Gleichbehandlungsgebot.
Gegen die Stiefkindadoption
vorgebrachte allgemeine Bedenken rechtfertigen nicht, sie nur in nichtehelichen
Familien auszuschließen.
Es ist ein legitimes gesetzliches Ziel, eine
Stiefkindadoption nur dann zuzulassen, wenn die Beziehung zwischen Elternteil
und Stiefelternteil Bestand verspricht (vgl. auch Art. 7 Abs. 2 Satz 2 des
Europäischen Übereinkommens vom 27. November 2008 über die Adoption von Kindern
(revidiert), BGBl II 2015 S. 2 <6>).
Der Gesetzgeber darf im
Adoptionsrecht die Ehelichkeit der Elternbeziehung als positiven
Stabilitätsindikator verwenden. Der Ausschluss der Adoption von Stiefkindern in
allen nichtehelichen Familien ist hingegen nicht zu rechtfertigen. Der Schutz
des Stiefkindes vor einer nachteiligen Adoption lässt sich auf andere Weise
hinreichend wirksam sichern.
Auch jenseits der Regelung von Vorgängen der
Massenverwaltung kommen gesetzliche Typisierungen in Betracht, etwa wenn eine
Regelung über ungewisse Umstände oder Geschehnisse zu treffen ist, die sich
selbst bei detaillierter Einzelfallbetrachtung nicht mit Sicherheit bestimmen
lassen. Die damit verbundene Ungleichbehandlung ist jedoch nur unter bestimmten
Voraussetzungen verfassungsrechtlich zu rechtfertigen.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 673/17 -
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
1.
der Frau
S…,
2.
des Herrn S…,
3.
des Minderjährigen S…,
vertreten durch seine Mutter S…,
4.
des Herrn D…,
-
Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. Koenig & Partner GbR,
Spiekerhof 36
/ 37, 48143 Münster -
1. unmittelbar gegen
a) den Beschluss des
Bundesgerichtshofs vom 8. Februar 2017 - XII ZB 586/15 -,
b) den
Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. November 2015 - II-3 UF 9/14 -,
c) den Beschluss des Amtsgerichts Ahaus vom 9. Dezember 2013 - 12 F 235/13
-,
2. mittelbar gegen
§ 1754 Absatz 1 und Absatz 2 und § 1755
Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in der
Fassung des Gesetzes zur Reform
des Kindschaftsrechts
(Kindschaftsrechtsreformgesetz) vom 16. Dezember 1997
(Bundesgesetzblatt
I Seite 2949)
hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat -
unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter
Vizepräsident Harbarth,
Masing,
Paulus,
Baer,
Britz,
Ott,
Christ,
Radtke
am 26. März 2019 beschlossen:
...
Vollständiger Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen
Familien verfassungswidrig
Pressemitteilung Nr. 33/2019 vom 2.
Mai 2019
Beschluss vom 26. März 2019
1 BvR 673/17
Der
vollständige Ausschluss der Stiefkindadoption allein in nichtehelichen Familien
verstößt gegen Artikel 3 Abs. 1 GG. Es ist mit dem allgemeinen
Gleichbehandlungsgebot nicht vereinbar, dass der Stiefelternteil in
nichtehelichen Stiefkindfamilien die Kinder des anderen Elternteils nicht
adoptieren kann, ohne dass die Verwandtschaft der Kinder zu diesem erlischt,
wohingegen in einer ehelichen Familie ein solches Kind gemeinschaftliches Kind
beider Eltern werden kann. Dies hat der Erste Senat mit heute veröffentlichtem
Beschluss entschieden und die zugrundeliegenden Vorschriften des Bürgerlichen
Gesetzbuches für verfassungswidrig erklärt sowie dem Gesetzgeber aufgegeben, bis
zum 31. März 2020 eine Neuregelung zu treffen. Zur Begründung hat der Senat
ausgeführt, dass gegen die Stiefkindadoption vorgebrachte allgemeine Bedenken
die Benachteiligung von Kindern in nichtehelichen Familien nicht rechtfertigen
und sich der Schutz des Stiefkindes vor einer nachteiligen Adoption auf andere
Weise als den vollständigen Adoptionsausschluss hinreichend wirksam sichern
lässt.
Sachverhalt:
I. Nach derzeitiger Rechtslage ist eine zur
gemeinsamen Elternschaft führende Stiefkindadoption nur möglich, wenn der
Stiefelternteil mit dem rechtlichen Elternteil verheiratet ist, während der
Stiefelternteil in nichtehelichen Stiefkindfamilien die Kinder des rechtlichen
Elternteils nicht adoptieren kann, ohne dass die Verwandtschaft der Kinder zu
diesem erlischt (§ 1754 Abs. 1 und Abs. 2 und § 1755 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2
BGB). Das Kind hätte dann nur noch den Stiefelternteil als rechtlichen
Elternteil, was typischerweise nicht im Interesse der Beteiligten liegt. Die
Stiefkindadoption ist dadurch nach geltendem Recht in nichtehelichen Familien
faktisch ausgeschlossen. Zwischen dem nicht verheirateten Stiefelternteil und
dem Kind bestehen keine besonderen gesetzlichen Rechtsbeziehungen. Das gilt auch
dann, wenn der Stiefelternteil mit dem anderen Elternteil und dem Kind in
sozial-familiärer Beziehung lebt. Der nicht verheiratete Stiefelternteil ist
weder sorgeberechtigt noch -verpflichtet. Auch nach dem Tod des rechtlichen
Elternteils oder einer Trennung bestehen im Stiefeltern-Kind-Verhältnis,
abgesehen von der nach § 1685 Abs. 2 BGB möglichen Umgangsregelung, keine
besonderen gesetzlichen Rechtsbeziehungen.
II. Die Beschwerdeführerin zu
1) ist die leibliche Mutter der anzunehmenden Kinder, der Beschwerdeführer zu 2)
und 3). Der mit der Mutter verheiratete leibliche Vater der Kinder verstarb im
Jahr 2006. Seit 2007 leben die Beschwerdeführerin zu 1) und der Beschwerdeführer
zu 4) in nichtehelicher Lebensgemeinschaft. Sie haben davon abgesehen, die Ehe
zu schließen, weil die Beschwerdeführerin zu 1) eine Witwenrente bezieht, die
sie als einen wesentlichen Teil ihrer Existenzgrundlage betrachtet und die sie
durch die Wiederverheiratung verlöre. Die beiden haben einen gemeinsamen, im
Jahr 2009 geborenen Sohn. Das Amtsgericht wies den Antrag auf Ausspruch der
Annahme der Beschwerdeführer zu 2) und 3) als gemeinschaftliche Kinder zurück.
Die Beschwerde zum Oberlandesgericht und die Rechtsbeschwerde zum
Bundesgerichtshof blieben erfolglos.
Wesentliche Erwägungen des Senats:
Die derzeitige Rechtslage verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
I. Sie
führt zu einer Ungleichbehandlung von Kindern in nichtehelichen
Stiefkindfamilien, in denen der Stiefelternteil also nicht mit dem rechtlichen
Elternteil verheiratet ist, gegenüber Kindern in ehelichen Stiefkindfamilien.
Ihnen ist im Gegensatz zu Kindern in ehelichen Stiefkindfamilien jegliche
Möglichkeit verwehrt, vom Stiefelternteil unter Aufrechterhaltung des
Verwandtschaftsverhältnisses zum rechtlichen Elternteil adoptiert und damit
zugleich gemeinschaftliches Kind beider Elternteile zu werden, mit denen es in
nichtehelicher Stiefkindfamilie zusammenlebt.
II. Diese Benachteiligung
ist nicht gerechtfertigt.
1. Die Rechtfertigung bemisst sich nach
strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen. Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt dem
Gesetzgeber zwar nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch
stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der
Ungleichbehandlung angemessen sind. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen
Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus
dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und
Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber. Eine
strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen
Freiheitsrechten ergeben, daraus, dass die Merkmale, an die die gesetzliche
Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen nicht verfügbar sind oder dass sie
sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern. Danach ist hier ein strengerer
Prüfungsmaßstab anzuwenden, weil die Adoption für die Persönlichkeitsentfaltung
wesentliche Grundrechte des Kindes, nämlich dessen Recht auf Gewährleistung
elterlicher Pflege und Erziehung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs.
2 Satz 1 GG und das durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte familiäre Zusammenleben
des Kindes mit seinen Eltern betrifft und ihr Ausschluss insgesamt zu dessen
Nachteil ist. Überdies ist das nach derzeitiger Rechtslage maßgebliche
Differenzierungskriterium, die Ehe zwischen Elternteil und Stiefelternteil,
durch die Kinder weder beinflussbar noch ist den Kindern der Eheverzicht der
Eltern zuzurechnen.
2. Diesen strengeren Rechtfertigungsanforderungen
genügen die angegriffenen Regelungen nicht. Die Benachteiligung der betroffenen
Stiefkinder ist jedenfalls unverhältnismäßig im engeren Sinne.
a)
Generelle Bedenken gegen die Stiefkindadoption können die Benachteiligung von
Kindern in nichtehelichen Stiefkindfamilien von vornherein nicht rechtfertigen,
weil sie keine spezifischen Probleme der Stiefkindadoption in nichtehelichen
Familien betreffen, sondern für eheliche und nichteheliche Stiefkindfamilien
gleichermaßen gelten.
b) Hingegen ist der vom Gesetzgeber mit dem
Ausschluss der Stiefkindadoption verfolgte Zweck, zu verhindern, dass ein Kind
unter ungünstigen familiären Bedingungen aufwachsen muss, zwar legitim. Dieses
Ziel kann in der konkreten Situation des Stiefkindes durch den
Adoptionsausschluss jedoch schon deshalb nicht erreicht werden, weil das Kind in
aller Regel bereits mit dem Eltern- und dem Stiefelternteil in einer konkreten
Familie lebt. Sofern der rechtliche Elternteil des Kindes mit dem
Stiefelternteil nicht verheiratet ist, steht dem Kind die eheliche Familie
schlicht nicht zur Verfügung.
c) Legitim ist auch der mit dem Ausschluss
der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien verfolgte Zweck, die
Stiefkindadoption nur in Stabilität versprechenden Lebensgemeinschaften
zuzulassen. So lässt sich das Kind vor Nachteilen schützen, mit denen es gerade
infolge der Adoption belastet sein könnte, falls sich Elternteil und
Stiefelternteil wieder voneinander trennten, noch bevor sich eine nachhaltige
Beziehung zwischen dem Stiefelternteil und dem Kind bilden konnte, das Kind dann
aber wegen der Adoption an den Stiefelternteil über die Trennung der Eltern
hinaus gebunden bliebe. Indessen ist der vollständige Ausschluss der
Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien kein angemessenes Mittel zur
Erreichung dieses Zwecks.
Zwar ist verfassungsrechtlich nichts dagegen
einzuwenden, dass der Gesetzgeber im Adoptionsrecht die Ehelichkeit der
Elternbeziehung als Indikator für Stabilität verwendet. Sind die Eltern die Ehe
eingegangen, spricht dies für einen über einen kurzfristigen Beziehungswunsch
hinausgehenden Bindungswillen und damit für die Stabilität der Beziehung. Die
gesetzliche Regelung ist jedoch nicht geeignet, stabile nichteheliche
Stiefkindfamilien zu erfassen, weil sie die Ehelichkeit der Elternbeziehung als
notwendigen Stabilitätsindikator verwendet und nicht zulässt, eine
Stabilitätserwartung alternativ durch andere Indikatoren zu begründen.
Soweit der durch vollständigen Adoptionsausschluss in nichtehelichen
Stiefkindfamilien erzielbare Schutz der Kinder wirksamer ist als der Schutz, der
sich mit einer auf konkretere Stabilitätsprognosen im Einzelfall abstellenden
Adoptionsregelung erzielen lässt, wiegt dies die Nachteile nicht auf, die
Kindern in nichtehelichen Stiefkindfamilien dadurch entstehen können, dass ihnen
die Adoption auch dann versperrt bleibt, wenn die Beziehung der Eltern stabil
ist und die Adoption insgesamt ihrem Wohl diente. Der Schutz des Stiefkindes vor
einer nachteiligen Adoption lässt sich hinreichend wirksam mit einer auf
konkretere Stabilitätsprognosen abstellenden Adoptionsregelung sichern, in deren
Rahmen der Gesetzgeber nicht gehindert ist, an nichteheliche
Lebensgemeinschaften solche Stabilitätserwartungen zu stellen, wie sie Ehen
berechtigterweise entgegengebracht werden dürfen.
Dass die mittelbar
angegriffenen Regelungen eine Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien
vollständig ausschließen und sie damit auch stabilen nichtehelichen
Stiefkindfamilien verwehren, ist auch nicht durch Vereinfachungs- und
Typisierungsbefugnisse des Gesetzgebers gerechtfertigt. Der Gesetzgeber darf
typisierende Regelungen zwar auch jenseits der Regelung von Vorgängen der
Massenverwaltung, zu denen die Prüfung der Adoptionsvoraussetzungen
offensichtlich nicht zählt, verwenden, ohne allein schon wegen der damit
unvermeidlich verbundenen Benachteiligung Einzelner gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz zu verstoßen. Ist eine Regelung über ungewisse Umstände oder
Geschehnisse zu treffen, die sich - wie hier die Bestandsfestigkeit einer
Paarbeziehung - selbst bei detaillierter Einzelfallbetrachtung nicht mit
Sicherheit bestimmen lassen, kann es zur Rechtssicherheit beitragen, wenn der
Gesetzgeber Rechtsfolgen typisierend an klarer zu fassende
Tatbestandsvoraussetzungen knüpft, die - als Stellvertretermerkmale - die
ungewissen Umstände oder Geschehnisse möglichst genau erfassen. Die mit einer
Typisierung verbundene Ungleichbehandlung ist allerdings nur unter bestimmten
Voraussetzungen verfassungsrechtlich zu rechtfertigen, die hier nicht erfüllt
sind. So liegt dem strikten Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen
Stiefkindfamilien nicht realitätsgerecht der typische Fall als Maßstab zugrunde.
Die nichteheliche Familie hat sich mehr und mehr als weitere Familienform neben
der ehelichen Familie etabliert. Es gibt keine Erkenntnisse, die heute die
Annahme rechtfertigten, dass die Paarbeziehung innerhalb einer nichtehelichen
Stiefkindfamilie typischerweise besonders fragil und nur in einer kleinen Zahl
von Fällen stabil wäre. Die Regelung trifft damit nicht nur zu einem
verhältnismäßig geringen Teil die Falschen, sondern wird immer wieder
Stiefkindfamilien betreffen, die länger Bestand haben, so dass ein tragfähiges
Eltern-Kind-Verhältnis entsteht und die Annahme des Kindes durch den
Stiefelternteil dem Kindeswohl dienlich wäre. Das Ausmaß der Ungleichbehandlung
ist zudem intensiv. Für die Kinder entscheidet sich anhand des Familienstands
ihrer Eltern, ob sie ihren sozialen Elternteil als rechtlichen Elternteil
erhalten können oder nicht. Die Härte ließe sich schließlich ohne übermäßige
Schwierigkeiten vermeiden. Es wäre möglich, die Kindeswohldienlichkeit auch in
dieser Konstellation im Einzelfall zu prüfen und dabei statt oder neben dem
Ehekriterium alternative Stabilitätsindikatoren wie etwa die bisherige
Beziehungsdauer zu verwenden.
d) Die unterschiedliche Behandlung von
Stiefkindern in ehelichen und nichtehelichen Familien ist im Ergebnis auch nicht
durch die in Art. 6 Abs. 1 GG zugunsten der Ehe enthaltene Wertentscheidung
gerechtfertigt.
III. Ob die adoptionsrechtliche Benachteiligung
nichtehelicher Lebensgemeinschaften gegenüber verheirateten Paaren trotz der
Möglichkeit, die angestrebte Adoption nach Eheschließung zu realisieren, einen
eigenständigen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG begründet, kann hier offenbleiben,
weil die Verhinderung der Stiefkindadoption jedenfalls die betroffenen Kinder in
nicht gerechtfertigter Weise benachteiligt und damit bereits aus diesem Grunde
verfassungswidrig ist.
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2019/bvg19-033.html
Politik
Dienstag, 25. August 2009
Karlsruhe sieht keinen "Vorrang"
Homosexuelle dürfen adoptieren
Schwule und Lesben dürfen auch weiterhin das leibliche Kind ihres Lebenspartners adoptieren. Das geht aus einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts hervor.
Noch dürfen Homosexuelle nur fast richtig heiraten und nur fast richtig adoptieren.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die Karlsruher Richter verwarfen eine Vorlage des Amtsgerichts Schweinfurt, das das Adoptionsverfahren angezweifelt und ausgesetzt hatte. Sie äußerten sich allerdings nicht abschließend zur Verfassungsmäßigkeit der vor mehr als vier Jahren beschlossenen gesetzlichen Stiefkind-Adoption. Diese stößt vor allem auf den Widerstand von CDU und CSU.
Im Ausgangsverfahren will eine Frau das heute dreijährige Kind ihrer Lebenspartnerin adoptieren. Das Jugendamt unterstützt die beabsichtigte Adoption, weil auch der leibliche Vater zugestimmt hatte. Dagegen hält das Amtsgericht die gesetzliche Regelung zur Stiefkindadoption für verfassungswidrig, weil es dem im Grundgesetz verankerten Elternrecht widerspreche. Der annehmende Lebenspartner werde dem leiblichen Elternteil des Kindes gleichgestellt. Das Amtsgericht legte die Frage zur verfassungsrechtlichen Prüfung vor.
Die Schweinfurter Richtervorlage wurde zum einen aus formalen und inhaltlichen Gründen verworfen. Allerdings verwies das Verfassungsgericht auch auf seine eigene Rechtsprechung. Nach dieser nehme die leibliche Elternschaft gegenüber der rechtlichen und sozial-familiären "keine Vorrangstellung" ein. Stiefkind-Adoption erneut gestärkt
Durch den Beschluss wird die Stiefkind-Adoption erneut gestärkt. Vor wenigen Wochen erst hatte das Land Bayern überraschend seine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zurückgezogen.
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßte die Karlsruher Entscheidung als "eine eindeutig positive Stellungnahme zu den Debatten um das Adoptionsrecht für Lesben und Schwule". Nach Ansicht von Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, setzt der Karlsruher Beschluss ein klares Signal gegen jede Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Familien. Er forderte, eingetragenen Lebenspartnerschaften nun auch das gemeinschaftliche Adoptionsrecht zu ermöglichen. "Das wollen wir in der nächsten Wahlperiode durchsetzen", kündigte er an. Ein pauschaler Ausschluss gleichgeschlechtlicher Paare vom gemeinschaftlichen Adoptionsrecht sei diskriminierend.
Auch die Vize-Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, forderte die Union auf, ihren Widerstand gegen ein volles Adoptionsrecht von Lebenspartnern aufzugeben. "Das gemeinsame Adoptionsrecht ist Ausdruck der Lebensrealität in unserer Gesellschaft", sagte die rechtspolitische Sprecherin der Liberalen. "Der Wandel im Rechtsverständnis von Elternschaft zeigt sich daran, dass Kinder, die mit zwei Bezugspersonen aufwachsen, die dem gleichen Geschlecht angehören, in Deutschland heute keine Seltenheit mehr sind."
dpa
http://www.n-tv.de/politik/Homosexuelle-duerfen-adoptieren-article475761.html
Kommentar Väternotruf:
Was sind das für seltsame Zustände in diesem Land, wo Väter mit dem Segen der Verfassungsrichter aus Karlsruhe ihr eigenes Kind per Adoption quasi an andere Leute verschenken können und damit alle verwandtschaftlichen Bindungen zum eigenen Kind kappen dürfen.