Vatermord
Vatermord steht für die reale oder symbolische Tötung (Mord) des Vaters durch das eigene Kind / die eigenen Kinder. Die klassische Geschichte eines Vatermordes ist die griechische Tragödie "König Ödipus" von Sophokles.
Aus den Zeitungsmeldungen, die von einer Tötung des Vaters durch den Sohn berichten, erfahren wir in der Regel nur wenig über die familiäre Dynamik. Insbesondere auch nichts darüber, in wie weit die Tötung des Vaters durch den Sohn ein nicht ausgesprochener "Auftragsmord" der Mutter am Vater ist, den der Sohn stellvertretend für die Mutter vollführt.
In den USA sollen fast 2/3 aller Morde, die von männlichen Jugendlichen unter 20 Jahre begangen werden, um Söhne handeln, die den Mann töten, der ihre Mutter misshandelt hat (zitiert nach Katja Klotz in: "Kinder als Opfer von Partnergewalt. Dokumentation der Fachtagung in Karlsruhe 14.9.00). Familiendynamisch könnte man den Vatermord durch den Sohn als "Liebesdienst" des Sohnes für die Mutter ansehen. In der systemischen Therapie bezeichnet man ein solches Verhalten, bei dem die Kinder in den Konflikt der Eltern einsteigen, für den sie nicht verantwortlich sind, als Triangulierung (nicht zu verwechseln mit dem psychoanalytischen Begriff der Triangulierung)..
Strafkammer 1 (als Schwurgericht):
01.03.2012 9.00 Uhr Saal 134 Az.: 12 Ks 17 Js 35304/11
Fortsetzungen: 07. und 09.03.2012, 9.00 Uhr, Saal 134
Tatort: Hildesheim
Tatzeitraum: November 2011
Zur Last gelegte Taten: versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung
Dem derzeit 60 Jahre alten Angeklagten wird vorgeworfen, seine Eltern unangekündigt in deren Wohnung aufgesucht zu haben. Dort soll der Angeklagte die Herausgabe eines Erinnerungsstückes verlangt haben. Als seine Eltern dem nicht nachkamen, soll der Angeklagte seinen betagten und gesundheitlich beeinträchtigten Vater mit dem mitgeführten Küchenmesser in Gesäß und linken Bauchbereich gestochen haben, wobei er mögliche tödliche Verletzungen billigend in Kauf genommen haben soll, indem ihm das Schicksal seines Vaters völlig gleichgültig gewesen sein soll. Der Vater des Angeklagten soll akut lebensbedrohliche Verletzungen davongetragen haben, die durch Notoperation und intensivmedizinische Behandlung versorgt werden mussten.
Prozesse : Frau wegen Mordversuchs am eigenen Vater in Essen vor Gericht
Gericht, 09.02.2011, Stefan Wette
Laut Anklage soll eine 33-Jährige aus Essen versucht haben, ihren eigenen Vater umzubringen.
Essen. Eine 33-jährige aus Essen soll mit Hilfe eines Freundes versucht haben, ihren Vater zu ermorden. Der hatte ihr die Versorgung seiner Enkelin - ihrer Tochter - streitig gemacht. Vor Gericht wird das Familiendrama nun ausgebreitet.
Braun gebrannt mit langen blonden Haaren sitzt die 33-Jährige aus Vogelheim auf der Anklagebank im Schwurgericht. Ihr gegenüber auf dem Zeugenstuhl der eigene Vater. Laut Anklage soll sie versucht haben, ihn umzubringen, ihn heimtückisch zu ermorden.
Ihr Mitangeklagter, ein 34-jähriger Bottroper, den sie im Internet kennenlernte, soll der Mann sein, der die Tat ausführte. Mit Seitenschneider und Nagelschere soll er am 21. September 2008 den Bremsschlauch am Renault Clio des 72-Jährigen durchtrennt haben. Als der Rentner am nächsten Morgen von zu Hause losfuhr und bremste, trat er ins Leere. Geistesgegenwärtig riss er an der Handbremse, stoppte den Wagen und verhinderte einen Auffahrunfall.
Vorwurf bestritten
Den Defekt am Auto bestreiten die beiden Angeklagten auch gar nicht. Aber sie seien dafür nicht verantwortlich, weisen sie die Vorwürfe der Anklage, die von einem versuchten Mord aus Heimtücke spricht und der 33-Jährigen Anstiftung dazu unterstellt, vehement zurück.
Ein Familiendrama wird ausgebreitet: Der Vater als Geschädigter spricht in seiner Zeugenaussage von der eigenen Tochter nur als „die Angeklagte“. Ob er der Vater der Angeklagten sei, hatte Richter Andreas Labentz ihn anfangs gefragt. „Ja, formal“, antwortete der 72-Jährige.
Es geht um seine Enkelin. 2002 hatte die Angeklagte ein Mädchen zur Welt gebracht. Der Vater, ein Tierarzt, hatte sich wohl nicht um das Kind gekümmert. Mehrere Jahre lang wuchs die Kleine beim Großvater in Vogelheim auf. 2008 soll die Angeklagte ihr Kind zurückgeholt haben. Der Großvater fürchtete um das Wohlergehen seiner Enkelin, glaubte, dass die Tochter das Kind oft bei einer drogensüchtigen Freundin unterbringe und als Hartz-IV-Empfängerin nur finanzielle Vorteile durch das Kind suche. Auch ihre vielen wechselnden Männerbeziehungen sah er als Problem. Er drohte damit, sie beim Jugendamt und beim Jobcenter anzuschwärzen. Erzählen wollte er dort, dass sie sich nur um ihre sechs Pferde kümmere, die sie 40 Kilometer entfernt von Essen untergestellt habe und oft besuche.
Aktion gegen Vater
Die Tochter soll darauf erbost reagiert haben. Sie soll ihren Ehemann und ihren jetzt mitangeklagten Freund aufgefordert haben, etwas gegen den Vater zu unternehmen. Der habe die Enkelin nämlich sexuell missbraucht. Ein späteres Verfahren gegen den Senior ergab keine Beweise für diese Behauptung.
Der Ehemann soll sich geweigert, der Freund die Tat dagegen ausgeführt haben. Das behauptet jedenfalls der mittlerweile von seiner Frau getrennt lebende Ehemann in einer detaillierten Aussage. Er erzählte auch, dass die Tochter kurz nach der Tat ausgerastet sei und ihn und ihren Freund beschimpft habe: „Der Alte lebt ja noch. Was seid ihr bloß für Schlappschwänze!“
Quelle:
8. Dezember 2009, 21:23 Uhr
Vierfachmord von Eislingen: Die Suche nach dem Warum
Aus Wut gegen den allzu dominanten Vater wollen die beiden geständigen Vierfachmörder von Eislingen die Famillie Häussler ausgelöscht haben. Vor Gericht schilderten Zeugen den Vater als Mann mit einigen Macken - aber nicht als gefühllosen Tyrannen.
Von Malte Arnsperger
"Warum??": Nach dem Mord im April hatten Nachbarn und Freunde Blumen und Karten vor dem Haus der Opfer abgelegt© Daniel Maurer/AP
Als Gustavo Politi seine Zeugenaussage beendet hat, sucht er Blickkontakt mit den beiden Angeklagten. Doch da kommt nichts zurück. Frederik Begenat starrt auf die Tischplatte, Andreas Häussler schreibt eifrig Notizen. Ein Justizbeamter geleitet Politi aus dem Gerichtssaal, in dem über den Mord an einer vierköpfigen Familie - seiner Freundin Ann Christin, deren Schwester und ihren Eltern - verhandelt wird. Rund zwei Stunden hatte der 27-jährige Politi über die Familie Häussler Auskunft gegeben. Richter, Staatsanwältin, Verteidiger und Gutachter hofften, mit seiner Hilfe Erklärungen für die Tat zu finden. Denn auch am siebten Verhandlungstag am Ulmer Landgericht war die Frage nach dem Warum immer noch ungeklärt. "Ich, ich kann nix… Ich finde einfach keinen Grund", sagte Gustavo Politi mit stockender Stimme.
Es ist einer der mysteriösesten Mordfälle der jüngsten Vergangenheit. Andreas Häussler und Frederik Begenat, zwei mittlerweile 19-jährige Jungs aus gutem Hause, erschießen die Eltern und die Schwestern von Andreas Häussler. Sie haben die Tat inzwischen gestanden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, aus Habgier gehandelt zu haben. Sie hätten es auf das Vermögen der Eltern, rund 250.000 Euro auf einem Schweizer Konto der Häusslers, abgesehen. Die Verteidiger der Angeklagten dagegen meinen, dass das Motiv vor allem in der Persönlichkeit des Vaters Hans-Jürgen, einem Heilpraktiker und bekennenden Christen, zu suchen sei. Der Sohn ließ durchblicken, dass er das Leben unter seinem Dach als Hölle empfand. Doch wie dominant war dieser Vater Hans-Jürgen wirklich?
"Ich habe die Atmosphäre als warm empfunden"
Gustavo Politi ist ein besonnener junger Mann. Als Pflegeleiter in einer Station für demente und schizophrene alte Menschen hat er täglich mit schwierigen Schicksalen zu tun. Mit ruhiger Stimme schilderte er sein Bild der Familie Häussler. Seit 2002 ging er dort ein- und aus, war als zukünftiger Schwiegersohn Teil der Familie. Vater Hans-Jürgen habe zweifellos die Familie dominiert. Er habe eine Liebe zu Details gehabt, alles musste perfekt organisiert sein. So habe es stets pünktlich um sechs Uhr Abendessen gegeben, darauf habe der Vater Wert gelegt "Diese Genauigkeit und Struktur habe ich erst dort kennen gelernt", sagte der gebürtige Argentinier Politi fast bewundernd. "So etwas kenne ich aus meiner Familie nicht." Ähnliches hatte auch Arno Mild in seiner Zeugenvernehmung geschildert. Vater Hans-Jürgen sei ein dominanter, fast schon krankhaft perfektionistischer Mann gewesen, sagte der 23-jährige Industriekaufmann Mild, der seit vier Jahren mit der 22-jährigen Annemarie liiert war.
Die beiden Freunde der getöteten Schwestern sagten aus, dass es oft zu lautstarken Auseinandersetzungen zwischen Andreas und seinem Vater gekommen sei. "Sie waren beide ziemliche Sturköpfe", erinnerte sich Mild. Meistens sei es um Kleinigkeiten gegangen. Andreas sei wiederholt wütend auf sein Zimmer gestürmt. Aber, so sagte Gustavo Politi, "Andreas konnte sich wehren, er ist ja nicht auf den Kopf gefallen."
Der Vorsitzende Richter fragte Politi, ob seine Freundin jemals von schweren Problemen in der Familie berichtet habe. Politi schüttelte den Kopf: "Chrissi hat mir alles erzählt, aber so etwas nie." Der psychiatrische Gutachter Peter Winckler hakte nach und befragte die beiden Freunde intensiv nach ihren Eindrücken. "Wie haben Sie die Atmosphäre innerhalb der Familie empfunden?", erkundigte sich Winckler. "Die Familie hat zusammengehalten", sagte Politik. "Jeder hat nach dem anderen geschaut". Ähnliches hatte auch Arno Mild berichtet. "Meistens war es sehr harmonisch bei Häusslers. Ich habe die Atmosphäre als warm empfunden."
"Mein Onkel musste immer Recht haben"
Andreas Häusslers Verteidiger sieht das anders. Für ihn ist eine Winter-Wanderung vor rund einem Jahr bezeichnend für die rücksichtslose Art von Vater Häussler. Damals soll dieser seine Familie inklusive der Freunde Frederik Begenat und Arno Mild durch tiefen Schnee auf eine Berghütte im Allgäu getrieben haben. Durchnässt und total erschöpft hätte die ganze Wandertruppe auf den Vater geschimpft, sagt Anwalt Hans Steffan. Doch nur Sohn Andreas habe den Mut gehabt, den Vater anschließend zur Rede zu stellen, während sich seine Begleiter plötzlich auf die Seite des Vaters gestellt hätten. "Das hat ihn schwer getroffen", sagte Anwalt Steffan. Arno Mild erinnerte sich aber auch nach wiederholter Nachfrage nicht an diesen Streit zwischen dem Vater und Andreas.
Dass Hans-Jürgen Häussler ein strenges Regiment führte und zu einsamen Entscheidungen neigte, zeigten die Aussagen von Verwandten. Bis 2007 habe es eine enge Freundschaft zwischen den Familien gegeben, schilderten die beiden Frauen vor Gericht. Doch urplötzlich habe Hans-Jürgen Häussler den Kontakt unterbunden, offenbar, weil er eine Familien-Taufe nicht organisieren durfte. "Mein Onkel musste immer Recht haben und alles musste so gemacht werden, wie er es wollte", sagte Andreas Cousine Lucia R. "Sonst ist er völlig ausgetickt." Dennoch erkläre dies nicht die Tat, sagte ihre Mutter Nora R.: "Ich versteh es nicht. Wenn man mit seinen Eltern nicht klarkommt, ist das doch keine Lösung."
"Es tut mir leid, was ich dir angetan habe"
Ohne seine Tante und seine Cousine anzuschauen, verfolgte Andreas Häussler deren Aussagen. Mit gerunzelter Stirn schrieb er Notizen auf ein Blatt Papier. Sein Kumpel Frederik wirkte während der Verhandlung wie versteinert. Nur zwei Mal hob er kurz den Blick. Stockend, mit tränenerstickter Stimme, entschuldigte er sich bei Arno Mild. "Ich möchte sagen, dass es mir leid tut, was ich dir angetan habe". Auch Andreas richtete einige Worte an die Freunde seiner Schwestern. Leise und kaum verständlich sagte er zu Politi: "Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich zu entschuldigen." Langsam antwortete Politi: "Du musst es erst mal vor dir selber entschuldigen. Ich glaube nicht, dass du das schaffen wirst."
http://www.stern.de/panorama/vierfachmord-von-eislingen-die-suche-nach-dem-warum-1527919.html
Landgericht Cottbus
- Pressestelle -
Pressesprecherin:
Richterin am Landgericht Susanne Becker
Tel.: 03 55 / 63 71 - 281
stellv. Pressesprecher:
Vorsitzender Richter am Landgericht Merker
Tel.: 03 55 / 63 71 - 249
Pressemitteilung 01/2009
3. große Strafkammer
a)
23 Ks 8/08 - gegen
den Jugendlichen W. aus Lübbenau
- zur Zeit in Untersuchungshaft in der JVA Cottbus-Dissenchen -
wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung
Tatort: Märkische Heide
Tatzeit: 18.07.2008
Der zur Tatzeit 17-jährige Angeklagte soll am 18.07.2008 aufgrund eines vorgefassten Tatplanes versucht haben, seinen Vater zu töten, indem er von hinten kommend mit der spitzen Seite eines sogenannten Zimmermannshammers einen derart kräftigen Schlag auf den Kopf ausgeführt haben soll, dass das Werkzeug in der Schädeldecke stecken blieb. Der Geschädigte, welcher in einem Sessel seines Wohnzimmers gesessen haben soll und mit einem Angriff nicht rechnete, soll den Hammer aus der Wunde gezogen haben und auf den Hof des Anwesens geflüchtet sein, wo er laut um Hilfe gerufen habe. Der Angeklagte soll danach mit dem Pkw des Opfers versucht haben, das auf dem Boden liegende Opfer zu überfahren. Der Angeklagte soll die Flucht ergriffen haben, nachdem zwei Zeugen in das Geschehen eingegriffen.
Der Geschädigte erlitt durch den Schlag mit dem Hammer eine akut lebensgefährliche Zertrümmerung des Schädeldaches mit Durchtrennung der harten Hirnhaut und einer Blutung im Hirngewebe.
Hauptverhandlungstermine (nicht öffentlich):
05.01.2009
13.00 Uhr
12.01.2009
13.00 Uhr (Fortsetzung)
21.01.2009
09.00 Uhr (Fortsetzung)
23.01.2009
08.00 Uhr (Fortsetzung)
29.01.2009
09.00 Uhr (Fortsetzung)
Urteil in der Strafsache gegen Mutter und Tochter wegen Tötung des Familienvaters rechtskräftig
Am 29.03.2005 hatte eine jetzt 43 Jahre alte Frau der Polizeiinspektion Bitburg mitgeteilt, sie habe ihren zuvor von der Mutter mit Medikamenten betäubten Vater mit einem Segeltau erdrosselt und die Leiche in einem Waldstück in Südfrankreich versteckt. Beweggründe für die Tat seien die Gewalttätigkeiten des Vaters gewesen.
Die Leiche des Vaters war bereits entdeckt worden, ohne dass die französischen Behörden sie hätten identifizieren können. In enger Zusammenarbeit mit französischen Stellen und in Anwesenheit von Beamten der Staatsanwaltschaft und der Polizeidirektion Trier konnte geklärt werden, dass es sich um das Tatopfer des hiesigen Verfahrens handelte.
Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Trier verurteilte am 17.04.2008 die Tochter wegen Totschlags usw. zu einer Freiheitsstrafe von 10, die Mutter zu einer solchen von 12 Jahren.
Durch Beschluss vom 19.11.2008 verwarf der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs die Revision der Ehefrau des Tatopfers als unbegründet. Die Tochter hatte, ebenso wie die Staatsanwaltschaft, deren Antrag die Schwurgerichtskammer vollumfänglich gefolgt war, auf eine Revisionseinlegung verzichtet. Damit ist das Urteil rechtskräftig.
gez. ( Roos )
Leitender Oberstaatsanwalt
Datum: 28.11.2008
Herausgeber: Staatsanwaltschaft Trier
Medieninformation zu dem Tötungsdelikt in Hildburghausen am 28.07.2008
Die Staatsanwaltschaft Meiningen hat gegen den Sohn des 54-jährigen Opfers das Sicherungsverfahren bei dem Landgericht Meiningen beantragt.
Ziel dieses Verfahrens ist es, die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus zu erreichen.
Aufgrund des vorliegenden psychiatrisch-psychologischen Gutachtens steht fest, dass der Beschuldigte an einer psychiatrischen Erkrankung leidet und daher nicht in der Lage war, das Unrecht seiner Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.
Infolge dieses Zustandes sind von ihm weitere erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten, durch die die Allgemeinheit gefährdet wird.
Der Beschuldigte ist daher weiterhin im Landesfachkrankenhaus in Hildburghausen vorläufig untergebracht.
In den Abendstunden des 28.07.2008 hatte er selbst bei der Polizei angezeigt, seinen Vater getötet zu haben. Dessen Leiche war daraufhin mit zahlreichen schweren Verletzungen und abgetrenntem Kopf in der Wohnung aufgefunden worden.
Der Beschuldigte hat sich, nach dem Grund für die Tat befragt, dahingehend geäußert, schon seit mehreren Jahren eine persönliche Auseinandersetzung mit seinem Vater geführt zu haben, an deren Ursache er sich jedoch nicht erinnern könne.
An diesem Abend sei die Situation eskaliert. Ein konkretes Tatmotiv konnte nicht festgestellt werden.
Seit mehreren Jahren befand sich der Beschuldigte aufgrund einer Psychose mehrfach auch in stationärer psychiatrischer Behandlung.
Ein Datum für die Hauptverhandlung ist hier noch nicht bekannt. Der Termin wird von der zuständigen Großen Strafkammer des Landgerichts Meiningen festgesetzt werden.
Meldung vom 29.01.2009 der Staatsanwaltschaft Meiningen
http://www.thueringen.de/thgsta/
Familiendrama in Obertshausen: Hat Sohn Vater erstochen?
17. Dezember 2008
Ein tödliches Ende nahm ein Familienstreit am frühen Dienstag, dem 16. Dezember 2008, in der Vogelsbergstraße für einen 39-Jährigen. Der Mann war nach derzeitigem Erkenntnisstand nach Mitternacht mit seinem Sohn in der von beiden gemeinsam genutzten Wohnung in Streit geraten.
In dessen Verlauf stach der 19-Jährige wohl mehrfach mit einem Messer auf den Vater ein. Anschließend informierte der Junior Rettungsdienste und die Polizei.
Die konnten beim Eintreffen am Tatort allerdings nur noch den Tod des Vaters feststellen. Die Kriminalbeamten nahmen den Sohn fest. Er schwieg sich bei der polizeilichen Vernehmung aus und wird im Laufe des Mittwochs einem Haftrichter vorgeführt.
Die Staatsanwaltschaft hat bereits die Ermittlungen übernommen und eine Obduktion des Leichnams angeordnet.
Politisches Buch
Ein Blick in die Schränke
Florian Havemann rechnet mit dem Vater ab – und den übrigen DDR-Dissidenten der „vorletzten Stunde“.
Der Übervater. Robert Havemann nach seiner Verurteilung 1979. - Foto: Ullstein
Von Wolfgang Templin
Florian Havemann, Künstler und Laien-Verfassungsrichter im Land Brandenburg legt eine Familiengeschichte der besonderen Art vor. Der 1952 in Ostberlin geborene Sohn des Physikers, antifaschistischen Widerstandskämpfers, DDR-Staatsfunktionärs, Stalinisten und späteren Oppositionellen Robert Havemann rätselt mehreren Generationen von Havemännern hinterher. Doch bald kommt er zu dem Auslöser seines Buches. Es ist der Vater, der ihn mit Liebesentzug bestrafte, in dessen Leben zahllose Geliebte, Geltungssucht und Alkohol eine wichtigere Rolle spielten als die eigenen Kinder, vor allem als der Sohn Florian.
Eine Familienabrechnung von über tausend Seiten, welcher Leser wird sich darauf einlassen, selbst wenn der Name Havemann den Buchumschlag ziert? Voyeure und Anekdotensammler erfahren jetzt endlich, warum der knapp zuvor in Ungnade gefallene Robert Havemann am geschichtsträchtigen 21. August 1968 unauffindbar blieb. Sie erfahren, in welchem Schrank sich der eigentlich feige Wolf Biermann am gleichen Tag versteckte, in welchem Jahr und an welchem Tag Margot Honecker zum vermutlich letzten Mal mit dem Liedermacher schlief.
Dabei lässt es Florian Havemanns Demontagefuror aber nicht bewenden. Wem – Ost wie West – die Vorstellung einer wirklichen Opposition in der späten DDR schon immer auf die Nerven fiel, kann sich jetzt endgültig bestätigt, sehen. Was im Buch des Sohnes als „Dissidenten der vorletzten Stunde“ präsentiert wird und zu den Füßen des Gurus Robert Havemann kauerte, ist ein Haufen verkrachter Existenzen.
Subjektive Gründe für ein solches Buch lassen sich viele denken. 1968, noch nicht volljährig, protestiert Florian Havemann, gemeinsam mit den Kindern anderer DDR-Prominenter, gegen die Panzer in Prag und verschwindet danach für mehrere Monate in DDR-Zuchthäusern. Vorzeitig entlassen, steht Bewährung in der Produktion an; zu Hause umgibt ihn eine völlig zerrüttete Familie. Der Vater und dessen Freund Wolf Biermann quittieren seine anschließende Flucht in den Westen mit Unverständnis und Ablehnung. Biermann schickt ihm das Lied vom „verlorenen Sohn“ hinterher, das Florian zu Recht als Kainsmal empfinden muss. Die im Lied ebenso enthaltene Trauer erschließt sich vielleicht nur dem Unbeteiligten. Biermanns Ausbürgerung 1976 erfährt im Buch eine eigenwillige Ausdeutung und kann den Riss nicht mehr kitten. Im Jahre 1978 erscheint im „Spiegel“ die erste Generalabrechnung des Sohnes mit seinem Übervater. Erich Fried, eine der wenigen Personen, die Florian Havemann mit ungeteilter Hochachtung beschreibt und den er auch selbst zitiert, schrieb damals vom unerträglichen Versagen des Vaters, das einen mehr „selbstzerstörerischen als befreienden“ Text befördert habe. Man fragt sich , warum der damals „konfliktbesessene“ und „zwanghaft erbarmungslose Sohn“ knapp 30 Jahre später mit noch heftigerer Vehemenz loslegt, warum er neben seinem Vater und Wolf Biermann, der sich gut selbst verteidigen kann, eine ganze Folgegeneration von DDR-Oppositionellen in den Dreck zu ziehen sucht. In der knappen Mitte des Buches findet der Generalangriff statt: Nach seinem Weggang 1971 sieht Florian einen Vater zurückbleiben, der in seiner Sicht zunehmend vereinsamt, die meisten seiner Freunde verliert, immer mehr dem Alkohol verfällt, keine intellektuell ebenbürtigen Menschen mehr um sich hat. An deren Stelle treten das theologische Leichtgewicht Rainer Eppelmann und andere zweifelhafte Gestalten. Havemann „der früher mit Leuten wie Brecht, Johnny Heartfield, Wieland Herzfelde, Stefan Heym, Fritz Cremer und Ronald Paris Kontakt hatte, lernt dann nur noch so großartige Künstler wie die Malerin Bärbel Bohley kennen, den Möchtegern- Schriftsteller Jürgen Fuchs“. Alle in Florian Havemanns Abrechnung nicht namentlich aufgeführten Personen, die trotz Stasi-Blockade und Hausarrest zu Robert Havemann Kontakt hielten, können sich ausrechnen, zu welcher Kategorie von Versagern und gesellschaftlichem Bodensatz sie in diesem Bild geraten müssen. Katja Havemann, Ehefrau und politische Gefährtin der letzten Jahre, bleibt in Florians Buch eine Unperson.
Immer, wenn einem Florian Havemann auf seinen Endlosschleifen um die Familiengeschichte und das eigene Leben sympathisch werden könnte, wenn er seine privaten Sehnsüchte und Fantasien offenbart und den Künstler in sich zeigt, sorgt er mit dem nächsten Schwung der Abrechnungskeule für Ernüchterung. Was treibt den mittlerweile mehr als erwachsenen Sohn, nach der ersten Abrechnung vor 30 Jahren, nun zum potenzierten Vatermord? Sind es wirklich nur erhoffte Publizität und die neuen Freunde aus PDS-Kreisen, die als Kronzeugen von Behauptungen, Vermutungen und Gerüchten auftreten?
Robert Havemann passt auf kein Podest und ist sicher nicht allen seinen Kindern ein guter Vater gewesen. Fast alle, die sich in den beiden letzten Jahrzehnten der DDR mit ihm trafen, wussten das. Sie spürten aber, welche Kraft darin steckte, den „ich geh ja aufrecht aber leicht geduckt“-Gestus der kritischen Salon-Intellektuellen zu überwinden, ins Freie zu kommen und sich auf neue Menschen einzulassen. Die letzten Jahre seines Lebens, bis zu seinem Tod im Jahre 1982, waren Robert Havemanns produktivste und folgenreichste Zeit. Es hat seinen guten Grund, wenn das wichtigste Archiv der DDR-Bürgerbewegung mit den Namen Matthias Domaschk und Robert Havemann verbunden ist. Die Leute, die dort arbeiten und zu dieser Geschichte gehören – Florian Havemann kennt sie alle – stricken an keinen Heldenlegenden.
Gegen Intervention und Kritik an seinem erneuten Vatermord schirmt sich Florian Havemann mit schlagenden Argumenten ab: „Ich schreibe dies Buch Havemann für mich. Es ist dies ein egoistisches, ein vollkommen egozentrisches Buch, ein ungerechtes sicher und ein für viele verletzendes auch.“
Vielleicht hätte er es wirklich lieber nur für sich selbst schreiben sollen. Wer von uns hat nicht auch seine tausend Seiten privater Mordfantasien mindestens im Kopf, kennt aber auch die guten Gründe, sie dort zu lassen.
– Florian Havemann: Havemann. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 896 Seiten, 28 Euro.
(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 03.12.2007)
http://www.tagesspiegel.de/kultur/Literatur-Florian-Havemann-DDR-Dissidenten;art138,2431556
Mit Feuerlöscher erschlagen: Familie gesteht Mord
29.11.2007 | 13:27 | (DiePresse.com)
Frau, Schwiegermutter und Stiefsohn haben vor Gericht gestanden, einen 41-jährigen Wiener getötet zu haben. Der 17-jährige Stiefsohn erklärte, er hätte für seine Mutter alles getan.
Die Ehefrau, die Schwiegermutter und der Stiefsohn eines 41-jährigen Mannes hatten, laut Anklage, am 21. März 2007 ein Mordkomplott in Floridsdorf in die Tat umgesetzt. Nun legten sie am Straflandesgericht umfassende Geständnisse ab. Demnach musste der Familienvater sterben, weil seine Frau seine angebliche Vorliebe für außergewöhnliche Sexualpraktiken nicht mehr länger ertrug. Eine Scheidung konnte sie sich nicht vorstellen.
Frau beschloss ihr Mann müsse „weg“
Wochen vorher beschloss die 35-jährige Frühpensionistin mit ihrer Mutter, ihr Mann müsse "weg". Sie bekannte sich schuldig, ihren ältesten Sohn zu dem Mord angestiftet und sich an der Tat beteiligt zu haben. Ihr Mann soll seit Jahren "ekelhafte Sachen" von ihr verlangt haben. Es sei "immer schlimmer, immer ärger, immer öfter" geworden, hatte die Frau der Polizei erzählt. Zu weiteren Angaben war die Witwe nicht bereit.
Ihr Sohn zeigte sich gesprächiger: Am Frühstückstisch wurde er von seiner Mutter und Großmutter gefragt, ob er sich "zutraue" seinen Steifvater "auf illegale Weise wegzubringen". Unter Kokain-Einfluss wäre dies möglich, meinte der damals 17-Jährige. Seine Oma steckte ihm Bargeld zu. Sie meinte: "Die Mama derblast es nimma." Die Großmutter kaufte bei einem Bekannten eine Pistole – bezahlt wurde diese mit der Kreditkarte des Opfers.
Die Großmutter erklärte in ihrer Zeugenaussage, sie hätte nicht mitansehen können, wie ihre Tochter leidet. Den Ehemann beschrieb sie als "Einsiedler", der "nirgends hingehen" habe wollen. Ihren Enkelsohn habe sie miteinbezogen, weil er ein Bub ist. Nachdem die Staatsanwältin Katja Wallenscheswki meinte, die Frau hätte doch eine Pistole bedienen können und den Burschen aus dem Spiel lassen können, erklärte sie: "Wenn ich jünger gewesen wäre, vielleicht!"
Opfer wurde zunächst nur ins Knie geschossen
Am 21. März meinte die Familie: "Heute muss es passieren". Bei der Heimkehr des Mannes trat ihm sein Stiefsohn im Vorzimmer mit der gezückten Pistole gegenüber. "Dann hab ich einfach zwei, drei Mal abgedrückt. Urschnell", berichtete der 18-Jährige dem Gericht. Er traf ihn aber nur ins Knie. Deshalb stürzte er sich auf ihn und schlug mit der Waffe und der Faust auf ihn ein.
"Hilfe! Der will mich umbringen! Hilf mir!", soll das Opfer seiner Ehefrau zugerufen haben, ehe diese ihrem Sohn einen Feuerlöscher brachte. Mit dem schweren Gegenstand schlug der 17-Jährige seinem Stiefvater den Schädel ein. "Er hat noch geröchelt. Da hab ich ihm die Klinge ganz in den Bauch gestochen. Dann war's aus."
Sohn wollte sich Zuneigung der Mutter erkaufen
Seiner Darstellung zufolge wollte sich der Sohn mit dem Mord die Zuneigung seiner Mutter erkaufen. Nach dem Scheitern ihrer ersten Ehe hatte sie das Sorgerecht für den Buben und seinen jüngeren Bruder zugesprochen bekommen, trat dieses später jedoch freiwillig ab.
"Ich hab sie zum Geburtstag gesehen und zu Weihnachten einen Anruf gekriegt", erzählte der Jugendliche. Anfang 2007 änderte sich dieser Zustand. In Folge seiner Drogen- und Spielsucht schmiss er seine Lehre hin und zog zu seiner Großmutter mütterlicherseits. Von da an sah er seine Mutter mehrmals wöchentlich.
"Ich hätte für meine Mutter alles gemacht"
Auf die Frage, weshalb er sich zum Mord bereit erklärt habe, meinte der Jugendliche: "Ich hätte für meine Mutter alles gemacht. Ich hab mich geborgen gefühlt."
Der Sohn gab an, er habe gehofft, er bzw. sein jüngere Bruder könnten das Zimmer des Stiefvater beziehen. Abschließend machte er klar, dass er sich "benutzt" fühle und daraus seine Lehren fürs spätere Leben ziehen werde: "Ich mach nix mehr für jemand anderen!"
Auch die Großmutter bereut die Tat: "Wenn ich könnte, würde ich es ungeschehen machen."
(APA/Red.)
http://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/346431/index.do
Eine verhängnisvolle Beziehung
Vater und Sohn stritten sich jahrelang - bis der Sohn zum Messer griff
Immer, wenn Robert Z. zum Friedhof geht, sind sie wieder da - die Gedanken, wie sehr er sich als Kind einen Vater gewünscht hat - einen, der ihm ein Vorbild ist. Einen, der zu ihm steht, aber auch streng zu ihm ist. Einen, der ihn liebt. Robert Z. hat seinen Vater geliebt, und er trauert, weil der Vater tot ist. Gestorben im Alter von 54 Jahren an den Folgen mehrerer Messerstiche. Es war Robert M. selbst, der am 1. Dezember 2002 mit einem Küchenmesser auf seinen Vater einstach.
Den Tod nicht verwunden
Seit Dienstag steht Robert Z. wegen Totschlags vor der 32. Großen Strafkammer des Landgerichts. Er ist 22 Jahre alt und sieht viel jünger aus mit dem blassen, fein geschnittenen Gesicht und dem aschblonden gewellten Haar. Sein Verteidiger verliest eine Erklärung, weil es Robert Z. schwer falle, im Zusammenhang zu reden. Der Anwalt sagt, sein Mandant habe den Tod des Vaters noch immer nicht verwunden.
Robert Z. war acht Jahre alt, als sich seine Eltern trennten. Die Mutter zog nach London zu ihrem neuen Freund. Den Sohn nahm sie mit. Robert Z. lebte ein paar Jahre lang in England, dann wollte er nach Deutschland zurück. Zu seinem Vater, nach dem er sich sehnte. Ende 1999, er war 18 Jahre alt, ohne Ausbildung und ohne Job, zog er bei seinem Vater in die Wilmersdorfer Eigentumswohnung ein.
Dort lebte er in den Tag hinein, stand um neun Uhr morgens auf, kaufte vom Geld des Vaters ein und kochte. Hatte der Vater einen guten Tag, stand er auf, aß mit und man konnte sich mit ihm unterhalten. Meist hatte der Vater aber keinen guten Tag. Auch er hatte keinen Job. Er war früher Beamter bei einer Senatsverwaltung. Es heißt, nach der Scheidung sei er nicht mehr zurechtgekommen, sei er mürrisch und streitsüchtig geworden. Er blieb öfter der Arbeit fern und wurde schließlich wegen psychischer Probleme frühpensioniert. Er habe jemanden gesucht, an dem er sich dafür rächen konnte, dass seine Frau ihn verließ, sagt ein Zeuge. "Die ganze Last lag auf dem Kind."
An den meisten Tagen lag der Vater schwer depressiv und grübelnd im Bett und stand erst auf, wenn es dunkel wurde. Das war der Zeitpunkt, an dem meist der Streit begann. Auslöser waren Kleinigkeiten. Mal war die Milch sauer geworden und Robert Z. hatte keine neue besorgt, mal wollte der Sohn vom Apparat des Vaters mit seiner Freundin telefonieren. Es folgten Vorwürfe, dass Robert Z. ein Taugenichts sei. Es knallten Türen, es gab Schläge.
Man weiß nicht, wer anfing, sie prügelten sich beide und konnten es nicht lassen. In der Wohnung gab es kaum ein Stück aus Glas oder Porzellan, das noch nicht zu Bruch gegangen war. Mal hatten der Vater, mal der Sohn nach so einem Streit Würgemale am Hals. "Jeder von beiden müsste sich im Klaren gewesen sein, dass eines Tages etwas noch Schlimmeres passiert", sagt ein Nachbar. Aber Robert Z. zog nicht aus, und sein Vater warf ihn nicht raus. Mit der Zeit wurde es üblich, dass sie zu Messern griffen.
"Ich hatte zu viel bekommen"
An jenem Abend im Dezember 2002 stritten sie, weil der Vater Robert Z.s Freundin Schlampe nannte. Sie rangelten, dann griff der Vater zum Küchenmesser und stieß es dem Sohn in den Arm. Dieser wehrte sich mit einem Fausthieb, holte sich dann auch ein Messer und stach damit auf den Vater ein - in den Bauch, in den Rücken, wo immer er ihn traf. Robert Z. sagt, "ich hatte einfach zu viel bekommen". Der Vater wurde lebensgefährlich verletzt ins Krankenhaus gebracht und in ein künstliches Koma versetzt. Er starb vergangenen April. Der Prozess wird fortgesetzt.
"Die Situation ließ sich nicht lösen, es sei denn, einer von beiden wäre ausgezogen. " Ein Nachbar
Berliner Zeitung
14.01.2004
Ressort: Lokales
Autor: Sabine Deckwerth
Seite: 22
Verdächtiger gesteht Mord an Anna Lindh
Anwalt: Attentat auf Schwedens Außenministerin war nicht politisch
Stockholm. Fast vier Monate nach dem Mord an Schwedens damaliger Außenministerin Anna Lindh hat der Hauptverdächtige, der 25-jährige Mijailo Mijailovic, die Tat gestanden. Sein Anwalt, Peter Althin, erklärte am Dienstag, sein Mandant habe kein politisches Motiv für das Attentat am 10. September gehabt. Er wollte aber keine Einzelheiten zu den Beweggründen des Mannes nennen. „Mein Mandant hat die Tat gestanden, aber wie sie vor Gericht behandelt wird, müssen wir noch klären“, sagte Althin. Der in Schweden sehr bekannte Jurist ließ offen, ob er auf verminderte Schuldfähigkeit plädieren wird, da sein Mandant mehrfach in psychiatrischer Behandlung gewesen ist.
Die beliebte Außenministerin war vier Tage vor dem Euro-Referendum beim Einkaufen in einem Stockholmer Kaufhaus von einem Mann mit einem Messer angegriffen worden. Sie erlag einen Tag später ihren Verletzungen. Mijailovic, Sohn serbischer Einwanderer, war zwei Wochen später festgenommen worden. Er hat die Tat bislang bestritten. Staatsanwaltschaft und Stockholmer Polizei gaben sich jedoch schon bald zuversichtlich, den richtigen Täter ergriffen zu haben. Am Tatort sichergestellte DNA-Spuren sollen mit dem genetischen Fingerabdruck des Verdächtigen übereinstimmen.
Mit seinem Geständnis begann der erste richtige Arbeitstag nach den schwedischen Weihnachts- und Neujahrsferien mit einer Erleichterung für das ganze Land. Zu tief sitzt auch heute noch der unaufgeklärte Mord an dem früheren schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme im Jahr 1986. Nach dem monatelangen Leugnen der Tat durch den Verdächtigen begannen viele Menschen in Schweden auch an einer erfolgreichen Aufklärung des Lindh-Mordes zu zweifeln. Dementsprechend groß war die Erleichterung bei vielen Menschen, die von Radio und Fernsehen befragt wurden. Auch Schwedens Regierungschef Göran Persson zeigte sich über das Geständnis erleichtert. „Es ist immer leichter, die Trauer zu bewältigen, wenn man weiß, wie es passiert ist und wer es getan hat.“
Mijailovic ist mehrfach vorbestraft. 1997 verletzte er bei einer Messerattacke seinen Vater lebensgefährlich. Er verbrachte einen Teil seiner Jugend im ehemaligen Jugoslawien und hatte nach seiner Rückkehr nach Schweden laut Aussagen verschiedener Jugendämter große Integrationsschwierigkeiten. Sollte er für den Mord verurteilt werden, muss er mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe rechnen. Die Anklageerhebung wird voraussichtlich am 12. Januar erfolgen. Nach schwedischem Recht muss der Prozess spätestens eine Woche später beginnen. Verzögerungen kann es aber geben, wenn der Verteidiger eine medizinisch-psychologische Untersuchung fordert.
Helmut Steuer
Tagesspiegel 8.1.2004
Sohn erstach Vater im Streit um Musik
22-Jähriger sprach vor Gericht von fehlender Liebe
Es war ein banaler Streit. Der Sohn sollte die Musik leiser stellen. Mitten im Streit zog Philipp M. plötzlich ein Messer. Immer wieder stach er auf seinen Vater ein. „Was haben Sie dabei gefühlt?“, fragte gestern die Richterin. Der 22-Jährige zögerte. „Eigentlich nichts, vielleicht ein bisschen Wut.“ Der Sohn blieb zu Beginn des Mordprozesses einsilbig. Scheu blickte er sich um. Seine beiden 17 und 20 Jahre alten Brüder waren auch im Gerichtssaal. Sie weinten. Er nicht.
Ja, es sei immer wieder zum Streit gekommen, sagte der angeklagte Sohn. Um Kleinigkeiten. „Ich hatte das Gefühl, Vater liebt mich nicht.“ Am 8. Juni dieses Jahres sei der Vater in sein Zimmer gekommen, weil ihm die Musik zu laut war. Der Vater sei „ein bisschen aggressiv“ gewesen, habe ihn „beleidigt und provoziert“, sagte der Angeklagte.
Als der 63-jährige Ingenieur Hans-Jürgen M. die Lautsprecherboxen abbauen wollte, zog Philipp ein Messer. Er stach 23 Mal auf seinen Vater ein. Danach ging er mit 200 Euro aus dem Arbeitszimmer des Getöteten ins Bordell. „Das war doch mein letzter Tag in Freiheit“, erklärte er. Gegenüber der Polizei hatte er seine Tat als „Befreiung“ dargestellt: „Ich habe einfach meiner Seele freien Lauf gelassen, ich wollte endlich wieder lachen.“ Es habe nach den jahrelangen Reibereien bei ihm „Klick“ gemacht.
Für den Verteidiger aber ist Philipp kein Mörder. Der junge Mann habe in einer „affektiven Situation“ das Messer gezogen. Der älteste Sohn sei das schwarze Schaf in der Steglitzer Familie gewesen. Philipp hatte die Lehre abgebrochen. Der Vater besorgte ihm einen Platz in der Abendschule, doch Philipp ging nicht hin. „Vater und Sohn hatten ein ausgesprochen gestörtes Verhältnis, es war ein echtes Familiendrama“, sagte der Verteidiger am Rande des Prozesses. Doch der Anwalt eines der Brüder, der als Nebenkläger auftritt, widersprach. Philipp sei nie verstoßen worden, „egal, was er machte“.
Die Krönung sei aber, dass der Sohn nun auch noch von dem toten Vater etwas erben wolle. Der Prozess wird am Montag fortgesetzt. Kerstin Gehrke
http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/07.12.2002/339002.asp
Prozess: Sohn erstach Vater
22-Jähriger fühlte sich nicht geliebt
Der Vater wollte nur, dass Hans-Philipp M. das Radio leiser stellt. Es war ein Sonnabend im Juni gegen 22.30 Uhr. Der 22-jährige Hans-Philipp saß in seinem Zimmer unter dem Dach eines Mehrfamilienhauses in Steglitz, als der Vater die Tür öffnete, über die laute Musik schimpfte und die beiden Boxen mitnehmen wollte. Da holte Hans-Philipp M. ein Taschenmesser aus der Hosentasche und stach auf den Vater ein. Seit Freitag steht der 22-Jährige wegen Mordes vor der 40. Großen Strafkammer des Berliner Landgerichts. In der Anklage heißt es, Hans-Philipp M. habe seinen 63-jährigen Vater mit 23 Messerstichen getötet. Nach der Tat war der Sohn zunächst mit dem Auto des Vaters geflohen, hatte sich aber zwei Tage nach der Tat der Polizei gestellt.
Hans-Philipp M. gestand die Tat. Beim Streit mit dem Vater sei es zwar "um Kleinigkeiten" gegangen, aber der Vater habe ihn provoziert, habe ihm vorgeworfen, er könne nicht lesen und habe keine Freunde. Da habe es bei ihm "einfach klick gemacht".
Hans-Philipp M. hat die Hauptschule besucht. Danach begann er eine Lehre als Tischler, die er aber abbrach. Seitdem ist er arbeitslos und verbringt die meiste Zeit tatenlos zu Hause. An dem Abend, als er seinen Vater erstach, hatte er Bier getrunken und einen Joint geraucht.
Nach einem Gutachten hat Hans-Philipp M. einen Intelligenzquotienten von 81 - ein Wert von mindestens 84 spricht für normale Intelligenz. Seine Tat nannte Hans-Philipp M. "eine Art Befreiung für meine Familie und für mich". Er habe sich von seinem Vater zurückgesetzt und nicht geliebt gefühlt, sagte er. Jetzt täte ihm die Tat aber Leid.
Sein jüngerer Bruder Ralf M. sagte vor Gericht, es habe vor der Tat öfter Streit gegeben, weil der Vater wollte, dass Hans-Philipp arbeiten gehe oder auf der Abendschule weiterlerne. Hans-Philipp M. habe aber monatelang nur in seinem Zimmer gehockt, Joints geraucht und Musik gehört. Ein anderer, 20-jähriger Bruder ist Nebenkläger in dem Prozess. Er sitzt Hans-Philipp M. im Gerichtssaal genau gegenüber. Angesehen hat er ihn aber kein einziges Mal.
Der Prozess wird fortgesetzt.
Zitat: "Ich wollte endlich wieder lachen können." Hans-Philipp M.
Berliner Zeitung 7./8.12.2002
Palastrevolution
Da der Vater symbolisch u.a. für die Autorität steht, ist die Ablösung von einer Autorität auch immer ein symbolischer Vatermord.
Palastrevolutionen sind üblicherweise immer mit einem "Vatermord" verbunden, da die politischen Ziehsöhne den Patriarchen aus dem Weg räumen müssen, um selber die Macht übernehmen zu können. Im Folgenden ein Beispiel aus der jüngsten Geschichte, den Sturz Erich Honeckers 1989, geschildert in "Das Politbüro" von Günther Schabowski", Rowohlt 1990
"... Es blieb in dieser Situation noch manches halbgar auf der Herdplatte stehen. Alle hatten begriffen, daß meine Stellungnahme (Günther Schabowski) eine Desavouierung von Honecker gewesen war. Doch niemand sprach mich darauf besonders an. Egon (Krenz) war zufrieden, weil er es nicht hatte sagen müssen. Für Honecker hatte sich eine zweite Niederlage abgezeichnet.
Ich weiß nicht mehr, mit wem Honecker dann weggegangen ist nach dieser Sitzung. Auf jeden Fall nicht mit (Günther) Mittag. Das wurde schon vermieden in einer Situation, in der sich die Auffassungen so deutlich zu differenzieren begannen. Da konnte er nicht mehr so offensichtlich sagen: «Günter, komm doch mal mit mir», und alle wissen, sie sitzen wieder zusammen. Nein, nein. Er ist wohl allein und unbewegt rausgegangen. Ich weiß aus der Erzählung der Sekretärin, daß er in diesen Tagen schon ganz unnahbar war. Viele Dinge sind unerledigt geblieben. Er hat nur noch die notwendigsten Vorgänge abgezeichnet. Da sind schon Prozesse in ihm vorgegangen, die sehr existentieller Natur waren: Er war in einer schlechteren Verfassung als je zuvor, und die DDR war in einer schlechteren Verfassung als je zuvor. Wenn er dazwischen ein Gleichheitszeichen setzte, mußte ihn das schon sehr beschäftigen.
...
Inzwischen war schon das Ende der Woche erreicht, und am folgenden Dienstag sollte die entscheidende Sitzung zur Absetzung Honeckers stattfinden. Die eigentliche Entscheidung dazu reifte am Wochenende. Das konnte ich natürlich nicht mitteilen, weit ich nicht wußte, Wie die Kollegen darauf reagieren würden. Noch heute meinen manche, wie das häufig in solchen Krisenzeiten der Fall ist, Honecker sei in Ordnung gewesen, aber die um ihn herum waren Schweinehunde. Ich konnte also nicht darauf bauen, daß es eine direkte Anti-Honecker-Haltung gab. Daß er alt und krank war und deshalb besser abtreten sollte, diese Einschätzung war sicherlich weit verbreitet. Aber das war immer noch mit einer grundsätzlichen Anerkennung verbunden, weil er stets als bescheidener Mann gesehen wurde.
Es hat in diesen Tagen noch eine letzte kurze telefonische Begegnung zwischen Honecker und mir gegeben. Er fragte mich, ob ich es für zweckmäßig hielte, daß er in einen Betrieb gehe, ich sei doch bei Bergmann-Borsig gewesen. Ich war verblüfft. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Ich habe ihm geantwortet: «Erich, ich glaube, es ist nicht zweckmäßig. Die Stimmung ist nicht sehr gut.» Das war der letzte direkte Kontakt, den ich zu ihm hatte, bevor er abgesetzt wurde. Die Art, wie er ohne einen Kommentar, ohne Schärfe, gleichsam resigniert den Telefonhörer auflegte, schien mir bezeichnend für den Zustand, in dem er sich befand. Normalerweise hätte er mich gar nicht gefragt, sondern er hätte den Besuch über Mittag angezettelt. Wir hätten dann Bescheid gekriegt: Der Generalsekretär will zu Bergmann-Borsig. Ich nehme an, er hätte von mir lieber gehört: «Na klar, Erich, geh dort hin.» Dann hätte er hoffen können, daß wir mit Hilfe des Apparates eine Pseudoatmosphäre geschaffen hätten, in der die Arbeiter ihre Verbundenheit mit ihm deutlich gemacht hätten. Damit wäre noch einmal ein propagandistisches Gegenstück geschaffen worden zu der Kluft, die sich überall auftat.
Am Freitag ist Krenz nach Leipzig gefahren, um Vorkehrungen für einen friedlichen Verlauf der zu erwartenden Montagsdemo zu treffen. Zuvor hatte Honecker ihn gebeten, an einer Beratung mit den Blockvorsitzenden teilzunehmen, zu der auch Mittag geladen war. Das war wiederum sehr ungewöhnlich, denn eine solche Veranstaltung fand nie mit Mittag statt. Daran war deutlich zu erkennen, daß er Mittag zu seinem ersten Paladin erhoben hatte. Aber er war noch nicht soweit, daß er ganz auf Krenz verzichten wollte. Er holte also Mittag. Und dann muß man ja auch noch den Krenz dazu nehmen. Er war immer noch bemüht, nach außen die Form zu wahren. Krenz hat sich dann aber mit der Bemerkung abgesetzt, daß wieder eine große Demonstration in Leipzig angekündigt sei und daß es besser sei, wenn er sich dort umsehe. Das hat Honecker nicht verweigern können. Er hat ihn sausen lassen. Die Inkonsequenz in seinem Verhalten trat immer deutlicher hervor. Er war zu dieser Zeit schon sehr introvertiert. Er hat auch kaum noch mit seiner Sekretärin gesprochen. Er ahnte wohl auch schon, daß er von mehr und mehr Leuten seiner Umgebung politisch und geistig verlassen worden war. Aber er hoffte noch immer, durch entschiedenes Handeln jemanden umstimmen zu können. Es war eine ganz ungewohnte Situation, mit der er nicht fertig wurde, bei alledem ahnungslos über den Grad der Verschwörung, die sich gegen ihn zusammenbraute.
An dem folgenden Wochenende gab es in Wandlitz weitere Absprachen, ein bruchstückhaftes Vordenken. Krenz und ich entschieden uns, Harry Tisch voll in die Konspiration einzuweihen. In der Dämmerung sind wir in unseren Trainingsanzügen auf Schleichpfaden zu Tisch gestiefelt, damit uns nicht doch Honecker unverhofft über den Weg läuft. Das wäre nicht sehr angenehm gewesen. Vielleicht hätte ihn eine solche Begegnung zu einer Kurzschlußhandlung veranlaßt, weil es nicht üblich war, daß Krenz und Schabowski gemeinsam durch die Wälder trabten. Wir kamen zu Tisch. Ich kannte nur das Haus von Herrmann; dies war jetzt das zweite Mal, daß ich ein Wandlitz-Haus von innen sah. Mein Eindruck war nicht gerade überwältigend. Es war ein durchschnittliches Interieur. Das einzige, was mir auffiel, war, daß der Mann eine enorme Sammlung von Biergläsern besaß. Tisch war auch dafür, in der Führung etwas zu ändern. Ich muß gestehen, daß ich zu dem Zeitpunkt nicht wußte, und das trifft auch für Krenz zu, daß Tisch ein beachtliches Jagdrefugium hatte. Allerdings war mir der überdimensionale Gewerkschaftsbau, der in Berlin unter ihm entstanden war, schon etwas suspekt gewesen. Aber in den Beratungen des Politbüros war Tisch immer sachlich gewesen und hat auch, was mit der Natur seiner Arbeit zu tun hatte, die eine oder andere Schwierigkeit aus den Betrieben offen zur Sprache gebracht. Es war also nicht jemand, der nur geglättete Darstellungen der Wirklichkeit lieferte. Doch auch Tisch stand sehr unter der Knute von Mittag.
..."
Schneller als der Tod
29.09.1998
Verleih: Columbia TriStar
Darsteller: Sharon Stone, Gene Hackman, Russell Crowe, Leonardo DiCaprio, Tobin Bell, Gary Sinise, Roberts Blossom, Kevin Conway, Keith David, Lance Henriksen, Pat Hingle
Regisseur: Sam Raimi
Genre: Western, Gangster & Revolverhelden
Bildformat: 16:9
Sprachen: Deutsch/Englisch DD 5.1
Ellen sinnt auf Rache: Als Kind wurde sie von dem Schurken Herod dazu gezwungen, ihren Vater zu erschießen. Jetzt ist Herod der unumschränkte Herrscher in dem kleinen Städtchen Redemption, wo er jährlich einen hochdotierten Schießwettbewerb veranstaltet. Ellen will Herod im direkten Duell töten, doch um Herod herauszufordern zu können, muß sie sich erst durch seinen "Wettkampf" schlagen. In dem ehemaligen Revolverhelden Cort findet sie jedoch einen erfahrenen Verbündeten.
Sam Raimi, bestens bekannt für technisch versierte Genre-Parodien wie die "Tanz der Teufel"- Trilogie mit dem krönenden Abschluß "Armee der Finsternis", spielt der Videospielgeneration das Lied vom Tod. Mit seinem Neo-Western "Die Schnellen und die Toten" wandelt der Regisseur überdeutlich auf den verwehten Spuren des großen Sergio Leone. Als originellste Neuerung wurde die Rolle des rächerischen Revolverhelden im Geiste Clint Eastwoods mit Superstar Sharon Stone besetzt, die zudem als Coproduzentin bei dem 34-Mio.-Dollar-Projekt fungierte. Dabei pflastern nicht nur Leichen, sondern auch Genreklischees die giftige Parodie, die zugleich eine im Detail hingebungsvolle Hommage an das Genre des Spaghetti-Westerns ist. Die Parallelen zu den legendären Vorbildern aus den 60er Jahren werden gleich bei der mit Morricone-artigen Panflötenklängen untermalten Anfangssequenz offenbar: Eine einsame Reiterin nähert sich in der staubigen Prärie langsam einer dubiosen Gestalt, die damit beschäftigt ist, einen Friedhof zu durchwühlen. Bei der folgenden Konfrontation liefert sie den ersten Beweis, daß sie Italowestern-Recken wie Giuliano Gemma oder Franco Nero trotz fehlender Bartstoppeln in punkto Abgebrühtheit nicht nachsteht. Anschließend galoppiert sie in das heruntergekommene Nest Redemption, gerade rechtzeitig für den alljährlich stattfindenden Schießwettbewerb. Ungeschlagener Champion ist der Schurke Herod (ein gewohnt grandioser Gene Hackman), der mit seinen Schergen die gesamte Stadt tyrannisiert. Zu dem kuriosen Sammelsurium an Teilnehmern gehören außerdem Australo-Star Russell Crowe als religiöser Ex-Ganove, Teenagerschwarm Leonardo DiCaprio als Herods aufmüpfiger Sohn Kid, Haudegen Lance Henriksen als gelackter Angeber und Keith David als gekaufter Killer. Raimi macht kein großes Geheimnis daraus, wer siegreich aus den jeweiligen Duellen hervorgehen wird. Und daß die Lady ohne Namen mit dem Bösewicht ein persönliches Hühnchen zu rupfen hat, läßt sich auch ohne sepiagefärbte Rückblenden leicht erahnen. So einfalls- und temporeich Raimi die Actionsequenzen gefilmt hat, so widersprüchlich legte Drehbuchautor Simon Moore die Rolle der Heldin an: Einmal zeigt er sie abgebrüht, whiskeytrinkend, zigarillopaffend und keiner handfesten Rauferei abgeneigt, dann wieder verschreckt schlotternd der Schießerei mit Herod entgegenblickend. Konsequente Coolness wäre zwar eindimensionaler, aber allemal effektiver gewesen. So bleiben Clint Eastwoods Stiefel Sharon Stone trotz zahlloser Großaufnahmen ihrer zusammengekniffenen Augen ein paar Nummern zu groß. Was "Die Schnellen und die Toten" von seinen mit vielen Zitaten gewürdigten Vorbildern unterscheidet, sind die rasenden Zoomaufnahmen, superschneller Schnitt, ein gotisch-okkultes Innendesign und abgefahrene Spezialeffekte. Wenn Hackman beispielsweise durch das klaffende Loch, das er seinem Gegner gerade in den Schädel geblasen hat, gefilmt wird, dann kommen Raimi-Fans voll auf ihre Kosten. Ob das breite Publikum ähnlich viel Spaß an diesem schwarzhumorigen Genrezwitter haben wird, hängt letztlich von der Zugkraft seiner Starbesetzung ab. ara.
Anmerkung Väternotruf:
Der Fim vereinigt drei Mal das Thema Väter. Zum einen als handlungstragenden Gedanken die Rache von Ellen an Herod, der sie als Mädchen dazu missbraucht hat, ihren eigenen Vater zu töten. Herod ist ein Sadist ersten Ranges. Sein Vater war Richter und ebenfalls Sadist. Er zwang seinen kleinen Sohn sich die Exekutionen anzusehen, die er anordnete. Der Vater starb vor den Augen des Sohnes, als er sich aus Versehen eine Kugel in den Kopf schoss.
Schließlich ist da noch Kid. Er meint, er wäre ein unehelicher Sohn von Herod, was dieser bestreitet. Die Bundesregierung in ihrer jetzigen traurigen und väterfeindlichen Verfasstheit würde heute Kid keine Chance geben wollen, zu klären, ob Herod Kids Vater ist.