Vaterschaftsanfechtung


 

 

 

Das Bundesjustizministerium kreißte und gebar eine Maus, noch dazu eine mit einem logischen Fehler und etlichen Ungereimtheiten

 

Zum 30.04.2004 ist das sogenannte "Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Anfechtung der Vaterschaft und das Umgangsrecht von Bezugspersonen des Kindes, zur Registrierung von Vorsorgeverfügungen und zur Einführung von Vordrucken für die Vergütung von Berufsbetreuer" in Kraft getreten.

Ein Wortungetüm von Gesetz. Da soll zusammenwachsen, was nicht zusammengehört, grad so als ob man im Restaurant Schwarzwälder Kirschtorte mit Senf und einem Mineralwasser bestellen würde.

 

§ 1600 BGB (Anfechtungsberechtigte)

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind folgende Personen

1. der Mann, dessen Vaterschaft nach §1592 Nr. 1 und 2, §1593 besteht

2. der Mann, der an Eides statt versichert, der Muter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,

3. die Mutter und

4. das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, das zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder im Zeitpunkt seines Todes getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat.

 

 

 

Was will uns das Bundesjustizministerium mit folgendem Satz sagen?

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, das zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

 

 

 

 

Das Festzustellende, der Mann wäre der leibliche Vater, wird zur Voraussetzung der Feststellung seiner Vaterschaft gemacht.

Woher soll der Mann mit fast 100prozentiger Sicherheit wissen, dass er der leibliche Vater ist. Dies kann er nur über einen Abstammungstest machen, den muss er bei fehlender Kooperationsbereitschaft der Mutter entweder heimlich machen. Das will Bundesjustizministerin Zypries (SPD, woher bezieht die SPD eigentlich ihre ständige sinkende Wählergunst, möglicherweise sollte Gerhard Schröder auch mal über eine personelle Umbesetzung im Bundesjustizministerium nachdenken) und das ihr zuarbeitende Bundesjustizministerium zukünftig ausschließen oder aber in dem der vermeintliche leibliche Vater die Vaterschaft des rechtlichen Vaters vor Gericht anficht. Dies kann er nach dem Gesetz aber nur, wenn er der leibliche Vater ist. Das wiederum weiß er mit Gewissheit nur, wenn er sich heimlich oder im Einvernehmen mit der Mutter vorgerichtlich einem Abstammungstest unterzieht. Da fragt man sich, ob im Bundesjustizministerium die richtigen Leute an der richtigen Stelle sitzen oder ob man die hochdotierten Stellen nicht auch mit Studenten des 3. Studienjahres besetzen könnte und ihnen ein Gehalt in Höhe des Mindestbedarfes eines Studierenden von 600 Euro zu kommen lässt.

Das ganze Gesetz erscheint wie so vieles Familienrechtliches aus dem Hause Zypries als auf wackligen Beinen stehend, man möchte gar nicht laut husten, sonst fällt die eigentümliche Konstruktion um und niemand weiß, wer dann eigentlich schadensersatzpflichtig wird. Immerhin, Helmut Kohl musste für einen Teil seiner Verfehlungen Buße tun, warum sollte das nicht auch mal einer Bundesjustizministerin widerfahren?

 

Frau Zypries deklamiert ja öfter das Recht von Kind und Mutter auf eine von rechtlichen Vätern ungestörte Mutter-Kind-Idylle. Der rechtliche Vater soll, so die Bundesjustizministerin, gegen den Willen der Mutter keinen Abstammungstest machen dürfen. Das wird dann informationelles Selbstbestimmungsrecht von Mutter und Kind genannt. Dem Mann und Vater wird dagegen nicht das uneingeschränkte Recht zugestanden über den Verbleib und die Wirkung seiner Spermien auf die Eizelle der Mutter Nachforschungen anzustellen. Sein Spermium, dass die Eizelle der Mutter befruchtet hat, ist gewissermaßen in das persönliche Eigentum der Mutter übergegangen. So einfach ist das - bei einer entsprechenden Weltsicht.

 

 

Väternotruf, 23.06.2004

 

 

 

 


 

 

§ 1600b BGB (Anfechtungsfristen)

(1) Die Vaterschaft kann binnen zwei Jahren gerichtlich angefochten werden. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen.

 

 

 

Es ist schon eigenartig, wieso es für die Vaterschaftsanfechtung eine zeitliche Frist gibt und wenn diese sinnvoll wäre, wieso gerade zwei Jahr und nicht ein, drei oder fünf?

Völlig verrückt wird es, wenn sich der Scheinvater, der biologische Vater und die Mutter einig sind, dass sie die Vaterschaft des Scheinvaters anfechten wollen, aber die Zweijahresfrist vorüber ist. Was machen sie notgedrungen, sie lügen vor Gericht, dass sie erst seit einem Jahr davon wüssten. Alle spielen mit, die Rechtsanwälte, die ohnehin dafür bezahlt werden, der Richter, der in der Regel kein Interesse hat aufzuklären, ob das was die Beteiligten einhellig vortragen wahr ist. Das Kind wird ohnehin nicht befragt und so ist alles in Butter. Der Gesetzgeber lügt sich in die Tasche - wie Politik oft halt so ist.

Nur der Ehrlich, ist immer der Dumme. Die Ehrlichen, die dummerweise dem Richter sagen, sie wüssten von den wirklichen Vaterschaftsverhältnissen schon seit der Geburt des Kindes, müssen nun alle mit der Lüge weiterleben. Wenn das Kind dann achtzehn Jahre ist, dann darf es selber anfechten, aber aufgepasst liebe Kinder, die Zweijahresfrist nicht versäumen.

 

 

 

Gesetzgeberisch ist die ersatzlose Streichung der Zweijahresfrist zu verlangen. Damit das passiert, muss endlich mal einer der Betroffen bis zum Bundesgerichtshof, bzw. zum Bundesverfassungsgericht klagen. Außerdem empfiehlt es sich, eine Petition zu diesem Thema an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages zu senden. 

Einen vorformulierten Petitionstext können Sie bei Bedarf bei uns erhalten.

 

 


 

 

"Das neue Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Anfechtung der Vaterschaft und das Umgangsrecht von Bezugspersonen des Kindes"

Elke Höfelmann in: "FamRZ", 10/2004, S. 745-751

Dr. Elke Höfelmann - Richterin am Landgericht Berlin

Elke Höfelmann ist außerdem Referentin im Bundesjustizministerium, Referat Kindschaftsrecht

 

 

 


 

 

 

Bundesministerium der Justiz

Postanschrift:

Bundesministerium der Justiz, 11015 Berlin

Hausanschrift: Mohrenstraße 37,10117 Berlin

Lieferanschrift: Kronenstraße 41, 10117 Berlin

Telefon: 018 88 5 80 - 0

 

Berlin, den 04. November 2003

 

Geschäftszeichen:

(bei Antwort bitte angeben)

 

Sehr geehrter Herr XXXX,

vielen Dank für Ihr per E-Mail übersandtes Schreiben vom 22. Oktober 2003, in dem Sie Zweifel an Ihrer vor 20 Jahren gerichtlich festgestellten Vaterschaft zu Ihrem Sohn äußern und kritisieren, dass Sie Mutter und Kind nicht zu einem DNA-Test zwingen können.

 

Ich habe Ihre Ausführungen mit Interesse gelesen und kann durchaus nachvollziehen, dass Sie an der Gerechtigkeit der geltenden Gesetze zweifeln. Ich bitte Sie jedoch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung gesetzlicher Vorschriften nicht nur dem Aspekt der materiellen Gerechtigkeit, also der inhaltlichen Richtigkeit von gerichtlichen Entscheidungen, sondern auch den Aspekten der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens Rechnung zu tragen hat. Die gesetzliche Regelung, die den Parteien eine Klagemöglichkeit und Rechtsmittel gewährt und dann durch die Rechtskraft den Bestand der Urteile sichert, ist ein Kompromiss zwischen dem Streben nach materieller Gerechtigkeit einerseits und baldiger Wiederherstellung des Rechtsfriedens andererseits. Nach Eintritt der Rechtskraft ist es den Verfahrensbeteiligten grundsätzlich nicht mehr möglich, eine Überprüfung des Urteils zu verlangen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die engen Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen. 

Das Gesetz unterscheidet bei der Wiederaufnahme des Verfahrens zwischen der Nichtigkeitsklage und der Restitutionsklage (§ 578 Abs. 1 der Zivilprozessordnung - ZPO). Die Nichtigkeitsklage findet bei schweren Verfahrensmängeln statt, etwa wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war (§ 579 ZPO). Mit der Restitutionsklage können schwere und zudem offensichtliche Mängel der Urteilsgrundlagen geltend gemacht werden (§580 ZPO). Ein solcher Mangel ist z.B. gegeben, wenn das Urteil auf der Falschaussage eines Zeugen beruht und der Zeuge deswegen von einem Strafgericht verurteilt worden ist (§§ 580 Nr. 3, 581 Abs. 1 ZPO). Darüber hinaus findet die Restitutionsklage gegenüber Urteilen statt, in denen über die Vaterschaft entschieden worden ist, wenn eine Partei ein neues Gutachten über die Vaterschaft vorlegt, das allein oder in Verbindung mit den in dem früheren Verfahren erhobenen Beweisen eine andere Entscheidung herbeigeführt haben würde (§ 641 i ZPO). Voraussetzung der Restitutionsklage ist, dass das neue Gutachten bei der Klageerhebung bereits vorliegt. Würde man die bloße Behauptung ausreichen lassen, dass ein im Verfahren einzuholendes neues Gutachten zur einer anderen Entscheidung führen würde, wäre den Aspekten der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens nicht hinreichend Rechnung getragen. Vaterschaftsurteile könnten dann fast beliebig erneut einer gerichtlichen Prüfung unterzogen werden.

 

Nach überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur besteht auch keine Möglichkeit für denjenigen, der zur Vorbereitung einer Restitutionsklage ein Gutachten erstellen lassen will, den Gegner oder einen Dritten dazu zu zwingen, sich untersuchen zu lassen. Insbesondere hat es die Rechtsprechung mit Blick auf das Ziel der Rechtskraft, Rechtssicherheit zu schaffen, abgelehnt, die Mitwirkung der Kindesmutter an der Erstellung eines Gutachtens zur Vorbereitung einer Restitutionsklage mittels eines selbständigen- Beweisverfahrens gemäß §485 Abs. 2 ZPO zu erzwingen (vgl. u.a. OLG Köln, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 1995, S. 369).

 

Die vorstehenden Hinweise dienen lediglich Ihrer allgemeinen Information; sie können und sollen eine auf den Einzelfall abgestimmte rechtliche Beratung nicht ersetzen. Insoweit kann ich nur anregen, dass Sie sich an Ihren Rechtsanwalt oder eine andere zu individueller Rechtsberatung befugte Person oder Stelle wenden.

 

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

(Radloff)

 

 

 

Dieses Schreiben wurde dem Väternotruf von dem betreffenden Mann am 20.11.03 zugeschickt

 


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