Verwirkung


 

 

 

 

Verwirkung (Deutschland)

Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde.

Die Verwirkung ist im deutschen Recht bis auf Ausnahmen in Spezialgesetzen (z. B. § 21 Markengesetz) nicht gesetzlich geregelt, sondern ihre Grundsätze wurden von der Rechtsprechung aus der Generalklausel des § 242 BGB (Treu und Glauben) entwickelt. Systematisch handelt es sich um einen Fall unzulässiger Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens, ein sogenanntes venire contra factum proprium.

Um die Verwirkung eines Rechts anzunehmen, bedarf es dreier Voraussetzungen:

Zeitmoment, das heißt seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen, muss ein längerer Zeitraum verstrichen sein. Was ein längerer Zeitraum" ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Mit anderen Worten, das Zeitmoment beginnt da keine sonderlich hohen Anforderungen diesbezüglich bestehen wenn der Berechtigte von den Umständen Kenntnis erlangt, die seinen Anspruch begründen.[1]

Untätigsein des Berechtigten bezüglich der Durchsetzung des Rechts.

Umstandsmoment, das heißt der Verpflichtete hat sich darauf eingestellt und durfte sich darauf einstellen, der Berechtigte werde aufgrund des geschaffenen Vertrauenstatbestandes sein Recht nicht mehr geltend machen. Mit anderen Worten, das Umstandsmoment liegt vor, wenn der Berechtigte unter solchen Umständen untätig geblieben ist, die den Eindruck erwecken, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wird.[1]

Ein möglicher Fall einer Verwirkung könnte vorliegen, wenn ein Mieter seinen Vermieter so schwer beleidigt, dass der Vermieter seinen Mieter sofort fristlos kündigen könnte. Jedoch spricht der Vermieter seine Kündigung erst nach sechs Monaten aus. Der Vermieter schafft folglich den Vertrauenstatbestand beim Mieter, dass keine Kündigung wegen der Beleidigung folgt und sich die Sache erledigt" hat. Der Vermieter kann sich also nicht mehr auf das verwirkte Recht wegen § 242 BGB berufen.[2]

Die Verwirkung ist eine rechtsvernichtende Einwendung und im Prozess von Amts wegen zu berücksichtigen.

Von der Verwirkung zu unterscheiden ist die Verjährung. Letztere ist von dem genannten Umstandsmoment unabhängig und wird im Prozess nur auf ausdrückliche Einrede hin berücksichtigt. Jedoch muss die Verwirkung restriktiv angewendet werden, ansonsten würden die Verjährungsregeln ihren eigentlichen Sinn verlieren.[3]

...

 

http://de.wikipedia.org/wiki/Verwirkung_%28Deutschland%29

27.06.2013

 

 

 


 

 

 

28.03.2012

Medieninformation Nr. 01/2012

Rückständiger Unterhalt muss nach einem Jahr geltend gemacht werden

Aus der Rechtsprechung der Familiensenate des Thüringer Oberlandesgerichts

Eine aktuelle Anfrage aus Journalistenkreisen gibt Anlass, die gefestigte Rechtsprechung des Thüringer Oberlandesgerichts zur Verwirkung von Unterhaltsansprüchen (erneut) darzustellen.

Die (drei) Familiensenate des Thüringer Oberlandesgerichts (THOLG) folgen der seit mehr als 25 Jahre bestehenden ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), wonach rückständige Unterhaltsforderungen der Verwirkung unterliegen und deshalb binnen Jahresfrist geltend gemacht werden müssen. Anderenfalls droht die Verwirkung; kann der rückständige Unterhalt also nicht mehr geltend gemacht (eingeklagt oder auch vollstreckt) werden.

Zuletzt hatte sich der 2. Familiensenat des THOLG mit der Beschwerde einer zwischenzeitlich 23 Jahre alten (noch zur Schule gehenden) Tochter zu befassen, die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus einem bereits 2001 gegen ihren Vater ergangenen Unterhaltstitel erst acht Jahre später, nämlich Ende 2009 ergriffen hat. Gegen die späte Vollstreckung rückständiger Unterhaltsforderungen für die Jahre 2000 bis 2008 in Gesamthöhe von rund 15.000 € hat sich der Vater erfolgreich zur Wehr gesetzt. Schon das Amtsgericht hatte die Zwangsvollstreckung auf seine Klage hin für unzulässig erklärt. Diese Entscheidung hat der 2. Familiensenat bestätigt und (zunächst) den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und (sodann) auch die Beschwerde der Tochter zurückgewiesen.

Zur Begründung heißt es in den Entscheidungen des 2. Familiensenats, Ansprüche auf rückständigen Unterhalt seien für die Zeit bis Mai 2008wegennicht zeitnaher Durchsetzung“ verwirkt(§ 242 BGB). Für Unterhaltsrückstände gelte nichts anderes als für andere in der Vergangenheit fällige Ansprüche; sie unterlägen daher der Verwirkung, wenn sich ihre Geltendmachung unter Berücksichtigung von Zeit- und Umstandmoment“ der (vorherigen) Nichtgeltendmachung als unzulässige Rechtsausübung“ darstelle. Mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei das Zeitmoment bereits nach etwas mehr als einem Jahr erfüllt; anderenfalls könnten Unterhaltsrückstände zu einer erdrückenden Schuldenlast anwachsen.“ Das Umstandsmoment frage danach, ob sich der Schuldner mit Rücksicht auf das Verhalten des Gläubigers darauf einrichten durfte und auch darauf eingerichtet habe, dass das Recht auch künftig nicht mehr geltend gemacht werde. Von einem Unterhaltsgläubiger müsse eher als von einem Gläubiger anderer Forderungen erwartet werden, dass er sich zeitnah um die Durchsetzung seines Anspruchs kümmere. Unterhalt solle nämlich der Befriedigung des aktuellen Lebensbedarfs dienen.“ Die Vollstreckung jahrelang aufgelaufener also nicht der Deckung des laufenden Bedarfs dienender Rückstände sei rechtsmissbräuchlich.“

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze so der 2. Familiensenat seien die Unterhaltsansprüche der Tochter bis einschließlich Mai 2008 verwirkt. Denn sie habe erstmals im November 2009 Aktivitäten zur Zwangsvollstreckung aller rückständigen Unterhaltsforderungen veranlasst. Zu diesem Zeitpunkt sei die jüngste Unterhaltsforderung (für Mai 2008) aber schon mehr als 1 Jahr alt gewesen.

Beschlüsse des Thüringer Oberlandesgerichts vom 06.12.2001 und 17.01.2012, Az.: 2 UF 385/11

(erste Instanz. AG Erfurt, Beschluss v. 10.05.2011, Az.: 33 F 611/10)

Die gleiche Thematik (Verwirkung von Unterhaltsansprüchen) ist bereits Gegenstand der Pressemitteilung Nr. 14/2009; nachzulesen auf der Homepage des THOLG

http://www.thueringen.de/de/olg/pressemitteilungen/data/62935/content.html

 

 


 

 

Verwirkung von rückständigen titulierten Kindesunterhalt

Oberlandesgericht Koblenz

11 WF 250/12 - Beschluss vom 07.03.2012

Veröffentlicht in Zeitschrift für das gesamte Familienrecht, 2013, Heft 12

 

 


 

 

Verwirkung von rückständigen Unterhalt für eine minderjähriges Kind nach Eintritt in die Volljährigkeit

Oberlandesgericht Celle - 17. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - Urteil vom 10.04.2008 - 17 UF 217/07 -

veröffentlicht in Zeitschrift für das gesamte Familienrecht, 2008, Heft 23

 

 

 


zurück