Ziehvater


 

 

 

Berliner Eisbär

Knut-Ziehvater Thomas Dörflein ist tot

Er wurde weltberühmt als der aufopferungsvolle Ziehvater des Berliner Eisbären Knut: Thomas Dörflein. Zu Hochzeiten des Bärenbooms wählten die Berliner ihn sogar zum beliebtesten Hauptstädter. Nun ist der 44-Jährige tot in einer Wohnung aufgefunden worden. Die Todesursache ist bislang unklar.

 

Die Mutter von Eisbär Knut wollte ihr Junges nicht, also kümmerte Tierpfleger Thomas Dörflein sich ab Dezember 2006 um den kleinen Bären. Nun verstarb Dörflein aus noch ungeklärter Ursache.

Wenn sich der kleine Eisbär Knut Schutz suchend an seinen Ziehvater Thomas Dörflein kuschelte, war die Welt in Ordnung. Umso heftiger traf am Montag die Schock-Nachricht den Berliner Zoo und die Tierfreunde: Die Polizei bestätigte, dass der 44-jährige Thomas Dörflein tot in einer Wohnung im Stadtteil Wilmersdorf gefunden wurde.

 

Der wohl bekannteste deutsche Tierpfleger soll seit längerem schwer krank gewesen sein. Hinweise auf Fremdverschulden oder Suizid gebe es nicht, sagte der Polizeisprecher, der einen Bericht der „Berliner Zeitung“ (Dienstag) bestätigte. Weitere Details wurden zunächst nicht bekanntgegeben. Die Polizei teilte auch nicht mit, ob es sich bei der Wilmersdorfer Wohnung um die Wohnung seiner Lebensgefährtin handelte, wo er mit ihr und ihrem Sohn lebte.

Der Zoologische Garten reagierte betroffen. Die Fördergemeinschaft teilte mit: „Mit Thomas Dörflein verliert der Zoo Berlin einen hoch engagierten Tierpfleger, der mit großer Leidenschaft seinem Beruf – seiner Berufung – nachging.“ Er habe ganz entscheidend dazu beigetragen, dass „Berlin mit dem Eisbär-Baby eine sensationelle Attraktion hat.“ Zoo-Biologe Heiner Klös sagte: „Ich bin schockiert vom Ableben eines meiner besten Pfleger, der alles für seine Tiere gegeben hat.“

Millionen von Besuchern im Zoologischen Garten hatte Dörflein erfreut, wenn er mit dem von seiner Mutter Tosca verstoßenen lebenshungrigen Winzling über das Gehege tollte. Viele bewunderten nicht nur den tapsigen kleinen Bären, sondern auch den gut aussehenden Tierpfleger für seinen monatelangen Dauereinsatz in der Bären-Kinderstube.

Dörflein und Knut, die beiden waren 2007 das Traumpaar des Jahres. Der Mann und das Tierkind hatten seit dem 5. Dezember 2006 eine ganz besondere Verbindung. 810 Gramm wog Knut, eine Handvoll Leben, die Dörflein mit der Flasche aufzog. Knuts Zwillingsbruder starb nach vier Tagen, aber dank Dörflein schaffte es Knut. „Da war die Hilflosigkeit der beiden. Das ist doch ganz klar, ein menschlicher Instinkt, dass man da unbedingt helfen will und muss“, so begründete Dörflein in einem dpa-Interview seine spontane Rettungstat. Ein zweiter magischer Moment war für den Pfleger, als Knut, nun schon ein kleiner strammer Kerl, zum ersten Mal die Augen öffnete und ihn ansah: „Wenn so ein Tier einen anguckt, das ist schon etwas anderes als vorher“, sagte der nach außen oft verschlossen wirkende Dörflein.

Dann folgte die beispiellose „Knut-Show“ mit zwei täglichen großen Auftritten im Zoo, zu denen die Massen aus Deutschland, Europa und der ganzen Welt strömten. Dörflein wurde wie Knut selbst zum Star, was ihm gar nicht lag. „Das befremdet mich sehr“, sagte er kurz angebunden über die waschkörbeweise eingehenden Heiratsanträge. Ihm ging es immer nur um das Wohlergehen von Knut und die Freude im Spiel mit ihm. Silvester und Weihnachten verbrachte er mit seinem Schützling in den Stallungen. Knut überstand 40-Grad-Fieberschübe und schlief sich gesund, während Dörflein bei ihm Gitarre spielte und Elvis-Presley-Lieder sang. Bei ihrer Knut-Show führten dann beide ihre Lebensfreude vor. Knut und die verfilzte grüne Decke, auf der Dörflein den weißen Knuddel über den Bärenfelsen zog, Knut und die Klo-Bürste, Knut und der WM-Fußball – die Bilder des Duos gingen um die Welt.

Aber für Dörflein gab es auch Rückschläge und schlechte Nachrichten. Über das aus seiner Sicht zu frühe Ende der Knut-Show durch eine Anordnung der Zoo-Direktion, die um die Sicherheit von Dörflein fürchtete, war der Tierpfleger lange Zeit verärgert und traurig. Gegen alle Anweisungen spielte er hinter den Kulissen lange Zeit weiter mit seinem Ziehkind. Im Frühsommer dieses Jahres war Dörflein dann eine Weile nicht präsent. Urlaub, hieß es offiziell. Medien fragten, wo ist Dörflein, es gab erste Hinweise auf eine Erkrankung.

Dörflein selbst hielt sich weiter öffentlich lieber bescheiden im Hintergrund. Er nahm aber eine Ehrung des Landes Berlin entgegen und ließ sich mit Partnerin bei einem Bürgerempfang von Bundespräsident Horst Köhler im Schloss Bellevue sehen. Hinter den Kulissen kümmerte er sich weiter um „seine“ Bären.

 

Nicht nur Knut galt seine Zuneigung. Besondere Leidenschaft empfand er auch für die Uralt-Oma Mäuschen, eine 40-jährige Kragenbärin, die seit acht Jahren mit der kleinen Katze Muschi zusammenlebt. Dörflein sagte im Sommer, nur wenig Zeit vor seinem Tod: „Mäuschen wird im Zoo Berlin ewig leben, sie kann gar nicht sterben.“

dpa/kami

 

22.09.2008

www.welt.de/berlin/article2478974/Knut-Ziehvater-Thomas-Doerflein-ist-tot.html

 

 

 

 

Thomas Dörflein

Abschied vom Bärenvater

Eisbär Knut und sein Ziehvater Thomas Dörflein waren im Sommer 2007 das Berliner Traumpaar. Jetzt wurde der Tierpfleger tot in einer Wilmersdorfer Wohnung gefunden. Die Polizei schließt ein Verbrechen und Selbstmord aus.

 

Diese Bilder gingen um die Welt. Thomas Dörflein und Knut. - Foto: dpa

Von Andreas Conrad

Es kommt nur sehr selten vor, dass Berliner Bärenpfleger auf dem Titel des US-Magazins "Vanity Fair" erscheinen, fotografiert von Annie Leibowitz. Auch Thomas Dörflein hat es nur teilweise geschafft. Zwar musste er wieder mal mit Knut im Arm posieren, dem das gar nicht gefiel und der dies mit heftigen Bissen auch kundtat. Dazu trug Dörflein Kleidung von Leonardo DiCaprio, der dann von der Fotografin anstelle des Pflegers in die Aufnahme hineinmontiert wurde - bis auf dessen rechten Arm. Scheinbar war es der des Hollywood-Stars, Dörflein aber wusste es besser: Es war seiner.

An diesem Dienstag wird der Pfleger mit seinem Bären sicher wieder unzählige Male abgebildet werden, nicht nur in den deutschen Medien. Überraschend wurde gestern am frühen Abend bekannt, dass der 44-jährige Thomas Dörflein gegen Mittag in der Durlacher Straße in Wilmersdorf, in der Wohnung einer Bekannten, tot aufgefunden worden war. Über die Umstände wurde noch nichts bekannt, es steht aber laut Polizei fest, dass Dörflein weder einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist noch sich das Leben genommen hat. Es soll im Frühsommer Hinweise auf eine Erkrankung gegeben haben, vielleicht nur eine Spekulation, wie sie in solchen Fällen leicht entstehen.

"Knut-Show" im Zoologischen Garten

Den Menschen, die Thomas Dörflein im vergangenen Jahr mit seiner täglichen "Knut-Show" im Zoologischen Garten begeistert hat, werden ohnehin weniger die traurigen Umstände seines Todes in Erinnerung bleiben als die heiteren Szenen mit seinem Eisbärenbaby, ihr Herumtollen, Spielen, die Zärtlichkeit zwischen den beiden. Am 5. Dezember 2006 war der winzige Eisbär mit einem zweiten Jungtier geboren worden, die Mutter nahm ihren Nachwuchs nicht an. Das zweite Baby starb bald, Knut wurde daraufhin der Mutter weggenommen und fortan von Thomas Dörflein aufgezogen.

Die ersten Monate teilte der Pfleger mit seinem wuscheligen Schützling den Käfig, schlief dort, säugte das Tierbaby mit der Flasche, spielte ihm sogar Elvis Presley auf der Gitarre vor - eine innige Beziehung zwischen Mensch und Tier, wie sie in dieser Intensität selten ist und an der dann auch, als Knut dafür groß genug war, die Zoobesucher als gerührte Beobachter teilnehmen konnten. Sie taten es mit beispielloser Begeisterung, Knut und sein Pfleger waren im Sommer 2007 Berlins Traumpaar, lösten ein weltweites Medienecho aus und wurden zum grandiosen Kassen- und Imageerfolg für den Zoo.

Liebesbriefe an den Pfleger

Dem zurückhaltenden Thomas Dörflein, der am 1. Oktober 2007 den Verdienstorden des Landes Berlin erhielt, hat diese Popularität nicht immer Vergnügen bereitet. "Es ist schon irre, was in den Gesichtern der Zuschauer vor sich geht", sagte er im Gespräch mit dem Tagesspiegel. "Die haben oft so einen Ausdruck, als sei ihnen der Heiland erschienen. Hier auf meinem Schreibtisch liegen Liebesbriefe aus der ganzen Welt, da werden Lieder und Gedichte verfasst."

Dörflein hatte aus einer früheren Beziehung zwei 17 und 21 Jahre alte Kinder und lebte mit seiner Freundin und ihrem kleinen Sohn zusammen. Sein überraschender Tod - am Sonntag hatte er noch gearbeitet - hat in der Stadt Betroffenheit ausgelöst. "Das ist ein schlimmer Verlust für uns", sagte Bernhard Blaszkiewitz, Direktor von Zoo und Tierpark, gegenüber ddp. Sein Mitgefühl gehöre all denen, die um Dörflein trauern, der "ein wahnsinniges Tiergefühl" gehabt habe. "Der Berliner Zoo habe einen Sympathieträger verloren", würdigte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit den Toten, der "eine sympathische, engagierte Persönlichkeit" gewesen sei. Auch Bundesumweltminister Gabriel, offiziell Pate von Knut, zeigte sich betroffen. Er habe Dörflein im vergangenen Jahr kennengelernt und bewundert, "wie intensiv und ausdauernd er sich um Knut und die anderen ihm anvertrauten Tiere kümmerte."

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 23.09.2008)

 

 

www.tagesspiegel.de/berlin/knut/Knut-Thomas-Doerflein;art1045,2620509

 

 

 

 

Leichnam von Knuts Ziehvater wird obduziert

 

Die Leiche des unerwartet verstorbenen Tierpflegers und Knut-Ziehvaters Thomas Dörflein soll untersucht werden. Sein

Diese Bilder gingen um die Welt. Thomas Dörflein und Knut. - Foto: dpa

Der Körper des 44-Jährigen werde voraussichtlich noch im Laufe des Tages untersucht, sagte ein Polizeisprecher am Dienstag. Erste Ergebnisse seien frühestens am Abend zu erwarten. Man verspreche sich davon Aufklärung über dessen plötzlichen Tod. Dörflein war am Montag leblos in der Wohnung einer Bekannten in Wilmersdorf aufgefunden worden. Hinweise auf Fremdverschulden oder Suizid gebe es nicht. Bisherigen Erkenntnissen zufolge sei der 44-jährige Tierpfleger "völlig überraschend zusammengebrochen und verstorben", erklärte der Sprecher der Behörde weiter.

Dörflein war als Ziehvater des Eisbären Knut weit über die Grenzen Berlins hinaus bekannt geworden. Er hatte das Bärenbaby im Berliner Zoo per Hand aufgezogen. Mit dem Eisbären wurde auch Dörflein populär.

"Wir werden ihm stets ein würdigendes Andenken bewahren"

Unterdessen trauern die Mitarbeiter des Berliner Zoos um ihren Kollegen, der sich 20 Jahre lang um die Bären gekümmert hat. Zoo- und Tierparkdirektor Bernhard Blaszkiewitz sagte, Dörflein sei ein kompetenter und erfahrener Tierpfleger gewesen. "Wir werden ihm stets ein würdigendes Andenken bewahren."

Dörflein habe durch sein einzigartiges Engagement während der Handaufzucht von Eisbär Knut maßgeblich zum Besuchererfolg des Zoologischen Gartens im Jahre 2007 beigetragen, sagte Blaszkiewitz. Gemeinsam mit Knut habe er die Herzen seiner Berliner und weltweiten Fans erobert. Zoo und Tierpark seien Dörflein hinsichtlich seiner Leistung und seines selbstlosen Einsatzes zu bleibendem Dank verpflichtet.

Blaskiewitz beschrieb Dörflein zudem als einen "eher zurückhaltenden und bescheidenen Menschen". Der 44-Jährige habe öffentliche Auftritte meist zurückgewiesen und auch Ehrungen wie den "Bambi" oder die "Goldene Henne" abgelehnt, sagte Blaskiewitz am Dienstag dem Fernsehsender N24. "Das zeigt schon, dass ihm daran gelegen war, dass seine Arbeit im Mittelpunkt stand und nicht er als Person." 

www.tagesspiegel.de/berlin/knut/Knut-Thomas-Doerflein;art1045,2620598

 

 


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