Deutsche Wehrmacht


 

Wehrmachtsehrung im Landgericht Flensburg

 

 

Dem aufmerksamen Besucher des Landgerichts Flensburg fallen im Treppenaufgang des Gerichtes, wo ein Hauptstrom der Besucher entlang führt, vier Gedenktafeln auf, an denen Kränze der "Flensburger Justizbehörden" und des "Flensburger Anwaltsvereins" angebracht sind. 

Die Inschriften lauten: 

 

Von den Justizangehörigen und Rechtsanwälten des Landgerichtsbezirks Flensburg blieben im Kampf für ihr Volk 

1939 - 1945

 

und

 

Von den Justizbeamten, Rechtsanwälten aus dem abgetrennten Gebiet blieben auf dem Felde der Ehre

1914 -1918

 

 

Darunter jeweils ein stilisierter Stahlhelm und die Namen der im "Kampf für ihr Volk" im Krieg gefallenen.

Man fragt sich, was war das denn für ein Kampf ", den Justizangehörigen und Rechtsanwälten des Landgerichtsbezirks Flensburg" für ihr Volk geführt haben sollen? Nun, es war mit Sicherheit kein Befreiungskampf, sondern ein Angriffs- und Vernichtungskrieg.

 

 

 

Dass man in Schleswig-Holstein von offizieller Seite eine gewisse Sympathie für die Deutsche Wehrmacht zu haben scheint, liegt vielleicht auch an dem ehemaligen deutschen Großadmiral Karl Dönitz, der seit 1943 Oberbefehlshaber der Kriegsmarine war und von Hitler als Nachfolger zum Reichspräsidenten bestimmt wurde. Am 2. Mai 1945 war Dönitz in Schleswig-Holstein an der "Geschäftsführenden Reichsregierung" unter der Leitung von J. L. Schwerin von Krosigk beteiligt und mit dieser am 23. Mai 1945 verhaftet. 1946 wurde Dönitz vom Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt. Möglicherweise hat das die deutschnationale Kamarilla in Flensburg bewogen Dönitz und Konsorten wenigstens im Landgericht die Ehrehrbietung zu erweisen, die der Internationale Militärgerichtshof den nationalsozialistischen Verbrechern verweigert hat.

 

Wenn man bedenkt mit welcher Radikalität nach 1990 die Lenindenkmäler in Ostdeutschland geschliffen wurden, kann man über die hier praktizierte Verehrung von "Kriegshelden" und Mördern nur verwundert den Kopf schütteln. Bleibt zu hoffen, dass den beiden Tafeln, wenn sie schon nicht aus historischen Gründen demontiert werden, wenigstens noch eine Tafel für die Opfer der NS-Diktatur, z.B. den Deserteuren, den wirklichen Kriegshelden,  die noch am 5. Mai 1945 unter dem ersten Kommandanten der Marineschule Mürwik erschossen wurden, hinzugesellt wird. 

 

 

Vielleicht kann aber auch die Stadt Flensburg mal die Wehrmachtsausstellung der Philipp Reemtsma Stiftung nach Flensburg einladen, damit die anscheinend geschichtsunkundigen Richter/innen des Landgerichts Flensburg, mal über die Formulierungen "Kampf für ihr Volk" und  "blieben auf dem Felde der Ehre" ins Nachdenken kommen.

 

Wenn auch das alles nichts hilft, dann einfach mal ins Strafgesetzbuch gucken, das sollte am Landgericht Flensburg ja vorhanden sein und nachdenken:

 

§ 131 Gewaltdarstellung

(1) Wer Schriften (11 Abs. 3), die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt, 

1. verbreitet

2. öffentlich ausstellt, vorführt oder sonst zugänglich macht, 

 

3. ... 4. ...

wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

 

 

Nun wollen wir hoffen, dass nicht gleich alle Richter/innen am Landgericht, die jeden Tag unaufmerksam an der Kriegspropaganda vorbeilaufen für ein Jahr hinter Gitter kommen (weit hätten sie es ja nicht, der Knast ist ja gleich neben dem Landgericht) - oder was meinen Sie liebe Leserinnen und Leser? 

 

 

 

 

 

Dass man im Landgericht Flensburg große Sympathien mit den Tätern der Deutschen Wehrmacht, die angeblich "im Kampf für ihr Volk" ihr Leben ließen, zu haben scheint, passt gut damit zusammen, dass solche Verbrecher, die den Krieg und ihre Opfer überlebt hatten, im Nachkriegsdeutschland schon kurze Zeit später Karriere machen konnten, so wie z.B. der SS-Gruppenführers Heinz Reinefarth, der nach dem Krieg Bürgermeister von Westerland auf Sylt  wurde, wie Silke Lent in der "Zeit" vom 29.07.04 im Zusammenhang mit den Warschauer Aufstand berichtet.

 

 

"Der Überraschungseffekt misslang. Schon vor der »Stunde ›W‹« kam es zu einigen zufälligen Zusammenstößen, die deutsche Garnison wurde in Alarmbereitschaft versetzt. Um 17 Uhr griffen etwa 20000 Aufständische (ihre Zahl sollte sich später auf rund 45 000 erhöhen) eine gut gerüstete deutsche Truppe von 13000 bis 20000 Mann in befestigten Stellungen an. Es gelang zwar unter großen Verlusten, etwa die Hälfte der Stadt westlich der Weichsel zu befreien, nicht aber als zusammenhängendes Gebiet. Einzelne Gruppen erzielten beachtliche Erfolge, doch die Deutschen hielten weiterhin Brücken, Bahnhöfe, Flugplätze und das Weichselufer. In Praga, ausgerechnet dort, wo man die sowjetischen Panzerspitzen erwartete, musste man den Kampf wegen der geringen Mittel und der deutschen Übermacht bald aufgeben. Bereits am zweiten Tag des Aufstandes wurde klar, dass die Ziele nicht erreicht worden waren und ohne Hilfe von außen nicht erreicht werden konnten.

Die Warschauer reagierten zunächst mit Begeisterung, bauten Barrikaden, schlugen Durchgänge durch Keller, zeigten deutsche Positionen an und bekochten die Kämpfenden. Junge Pfadfinderinnen, die unter großen Verlusten die militärische Verbindung zwischen einzelnen »Freiheitsinseln« aufrechterhielten, haben seitdem ebenso ihren Sitz im polnischen Pantheon wie die Zivilisten, die im Stadtteil Wola von den Deutschen als menschliche Schutzschilde vor den Panzern gegen die Barrikaden der Aufständischen hergetrieben wurden.

Hitler tobte, als er vom Aufstand hörte, und befahl, die Stadt schleifen zu lassen. Heinrich Himmler präzisierte: Alle Aufständischen seien zu erschießen, die Zivilbevölkerung ohne Unterschied »niederzumachen«. Verstärkungstruppen unter Befehl des SS-Gruppenführers Heinz Reinefarth (er war nach dem Krieg Bürgermeister von Westerland auf Sylt), darunter auch einige »fremdvölkische« Einheiten, und vor allem die berüchtigte, bereits beim Holocaust »bewährte« SS-Brigade des promovierten Politologen Oskar Dirlewanger wüteten ungehemmt. Sie plünderten, vergewaltigten, mordeten und schonten niemanden – nicht einmal Ärzte, Schwestern, Patienten oder Säuglinge. Ganze Häuserblocks mitsamt ihren Bewohnern wurden gesprengt, Verletzte bei lebendigem Leibe verbrannt. In wenigen Tagen fielen mehr als 40000 Zivilisten dem Gemetzel zum Opfer."

Zweiter Weltkrieg

Die Stunde »W«

Von den westlichen Alliierten im Stich gelassen, von Stalin verraten, kämpften die polnischen Aufständischen vor 60 Jahren in Warschau einen aussichtslosen Kampf. Die Rache der Deutschen war schrecklich

Von Silke Lent

Die Autorin ist Historikerin und Journalistin und lebt in Köln

DIE ZEIT 29.07.2004 Nr.32

 

http://www.zeit.de/2004/32/A-Warschau_2f32

 

 

 

 

Passend zum Thema der Aufsatz:

"10 Jahre Mahnmal für die Opfer der NS-Justiz - sind wir gegen Wiederholungen gefeit?"

Prof. Dr. Heribert Ostendorf, Generalstaatsanwalt a.D.

in: "Schleswig-Holsteinischer Anzeiger", 4/2003

 

"sind wir gegen Wiederholungen gefeit?", fragt Ostendorf und wenn er mal die Treppe im Landgericht Flensburg hochgeht, dann kann er sich die Frage vielleicht selbst beantworten.

 

 

 

 

 

Interessantes zum Thema Landgericht Flensburg finden Sie auch hier.

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

Feindeskind - Mein Vater war ein deutscher Soldat

Erstausstrahlung

Anlässlich des Jahrestags des Kriegsendes zeigt PHOENIX exklusiv "Feindeskind" von Susanne Freitag und Claudia Döbber. Die Dokumentation greift ein Thema auf, das lange totgeschwiegen wurde: Das Schicksal von Kindern deutscher Wehrmachtssoldaten.

Allein in Frankreich sollen es über 200.000 sein. Sie wurden von der Gesellschaft und sogar den eigenen Familien verachtet. Sie galten als "deutsche Bastarde". Ihre Mütter wurden kahl geschoren, durch die Dörfer getrieben und als Nazi-Huren beschimpft. Viele von ihnen haben ihr Leben lang nach ihren Vätern gesucht. Nur wenige finden schließlich heraus, wer ihre Väter waren.

 

Die Mitarbeiter der Berliner Wehrmachts-Auskunftsstelle versuchen heute, den inzwischen selbst alt gewordenen „Kindern“ auf der Suche nach den eigenen Wurzeln zu helfen und sie mit ihren deutschen Familien in Kontakt zu bringen. Die Autorinnen begleiten Monique Badens und Francis Boulouart auf dem langen Weg zum ersten Treffen mit ihren Halbgeschwistern.

Jeanine Nivoix hat einen Verein gegründet, um all denen zu helfen, die in der gleichen Lage sind. Innerhalb kürzester Zeit ist die Zahl der Mitglieder explodiert.

Die "Kinder der Schande" schweigen nicht mehr. Eines der letzten Tabus des Zweiten Weltkrieges wird gebrochen. Eine bewegende Dokumentation, die die Leiden des Krieges von einer selten angesprochenen Seite her zeigt.

Film von Susanne Freitag und Claudia Döbber

 

 

www.phoenix.de/feindeskind_mein_vater_war_ein_deutscher_soldat/2007/05/09/0/130407.1.htm

 

Sendetermine

Di, 08.05.07, 20.15 Uhr

Mi, 09.05.07, 07.30 Uhr

Mi, 09.05.07, 13.45 Uhr

Do, 17.05.07, 18.00 Uhr

Fr, 18.05.07, 14.00 Uhr

 

 

 

 


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