Kostenvorschuss
6 WF 104/11
Beschluss vom 10.10.2011
Leitsatz:
1. Stellt ein Elternteil einen Antrag auf Regelung des Umgangsrechts, so darf das Gericht das Betreiben des Verfahrens nicht von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig machen.
2. Im Kindschaftsverfahren ist bei der Beurteilung, ob eine die Untätigkeitsbeschwerde rechtfertigende unzumutbare Verfahrensverzögerung vorliegt, auch der Vorrang- und Beschleunigungsgrundsatz des § 155 FamFG in den Blick zu nehmen.
6 WF 104/11
54 F 98/11 UG
AG Saarbrücken
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT
BESCHLUSS
In der Familiensache
betreffend das Umgangsrecht mit
, geboren am . August 2001,
weiter beteiligt:
1. Vater: ., , ,
Antragsteller und Beschwerdeführer,
2. Mutter: , , ,
Antragsgegnerin,
- Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin, -
hier: Untätigkeitsbeschwerde
hat der 6. Zivilsenat - Senat für Familiensachen I -
des Saarländischen Oberlandesgerichts
durch die Vizepräsidentin des Oberlandesgerichts ... und die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
am 10. Oktober 2011 beschlossen:
1. Das Amtsgericht - Familiengericht - in Saarbrücken wird angewiesen, das Verfahren 54 F 98/11 UG mit äußerster Beschleunigung weiterzuführen.
2. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten der zweiten Instanz werden nicht erstattet.
Gründe:
Die Untätigkeitsbeschwerde des Vaters ist zulässig und begründet.
Unbeschadet des Umstandes, dass bislang keine anfechtbare Endentscheidung des Familiengerichts vorliegt, ist die eingelegte Beschwerde als außerordentlicher Rechtsbehelf statthaft. Zwar ist eine solche Beschwerde, mit dem die Untätigkeit des Erstgerichts gerügt wird, gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Anerkanntermaßen ist es aber gleichwohl als statthaftes Rechtsmittel für den Fall der Verweigerung oder unzumutbaren Verzögerung einer Rechtsgewährung anzusehen. Es entspricht einem Gebot der Rechtsstaatlichkeit, in derartigen Fällen die Beschwerde zu eröffnen (vgl. BVerfG FamRZ 2005, 173, 174; Senatsbeschluss vom 16. Februar 1999 – 6 WF 4/99 –, NJW-RR 1999, 1290; Beschluss des 9. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 18. Januar 2011 – 9 WF 125/10 –, jeweils m.w.N.). Denn Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG begründet einen Anspruch des einzelnen Bürgers auf effektiven Rechtsschutz in bürgerlich-rechtlichen Rechtsstreitigkeiten, der gebietet, dass strittige Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit geklärt werden. Ob im Lichte dieses Justizgewährungsanspruchs eine Verfahrensdauer unangemessen lang ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Bestimmend sind vor allem die Natur des Verfahrens und die Auswirkungen einer langen Verfahrensdauer für die Beteiligten. In umgangsrechtlichen Verfahren ist bei der Beurteilung, welche Verfahrensdauer noch als angemessen erachtet werden kann, zu berücksichtigen, dass jede Verfahrensverzögerung wegen einer eintretenden Entfremdung häufig rein faktisch zu einer (Vor-)Entscheidung führen kann, zumal sich das kindliche Zeitempfinden vom objektiven Zeitempfinden eines Erwachsenen unterscheidet. Ebenso ist die mit dem gerichtlichen Verfahren einhergehende Belastung für die Betroffenen bei der Beurteilung der Angemessenheit einer Verfahrensdauer zu bedenken (vgl. BVerfG FamRZ 2004, 689; 2008, 2258). In seit dem 1. September 2009 eingeleiteten Kindschaftsverfahren ist auch der vom Gesetzgeber in § 155 Abs. 1 FamFG allgemein verbriefte und in § 155 Abs. 2 S. 2 FamFG besonders ausgestaltete Vorrang- und Beschleunigungsgrundsatz in den Blick zu nehmen (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 18. Januar 2011 – 10 WF 3/11 –, juris).
Solch unzumutbare Verzögerung erfährt die Behandlung des Antrags des Vaters vorliegend. Dieser hat das Hauptsacheverfahren am 21. März 2011 eingeleitet; eine Verfahrensförderung und insbesondere die Anberaumung eines Anhörungstermins ist indes bislang unterblieben. Denn das Familiengericht geht aktenersichtlich davon aus, dass es das Verfahren – in hier gegebener Abwesenheit eines Verfahrenskostenhilfegesuchs des Vaters – erst fortzubetreiben habe, wenn der Vater den vom Familiengericht angeforderten Kostenvorschuss eingezahlt haben wird.
Diese Handhabung verletzt den Vater bei den gegebenen Umständen in seinem Justizgewährungsanspruch.
Nach § 12 FamGKG darf die Tätigkeit des Familiengerichts von der Sicherstellung oder Zahlung der Kosten nicht in weiterem Umfang abhängig gemacht werden, als dies im FamFG, in der ZPO und im FamGKG vorgesehen ist. Das Familiengericht ist aktenersichtlich der Auffassung, der Vater sei im vorliegenden Verfahren Antragskostenschuldner nach §§ 14 Abs. 3, 21 FamGKG und habe auf dieser Grundlage Vorschuss zu leisten. Es hat aber verkannt, dass § 21 S. 1 FamGKG nicht einschlägig ist. Denn das vorliegende Umgangsverfahren ist kein Verfahren, das im Sinne dieser Vorschrift „nur durch Antrag eingeleitet werden“ kann. Die mögliche Art der Verfahrenseinleitung ist nach materiellem Recht zu bestimmen und ein Umgangsverfahren nach § 1684 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 BGB kann auch von Amts wegen eingeleitet werden (hierzu Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis, 4. Aufl. 2011, § 2, Rz. 163 m.w.N.; BT-Drucks. 16/6308, S. 237), so dass eine Vorschussanforderung, nachdem auch eine andere Rechtsgrundlage hierfür nicht ersichtlich ist, nicht in Betracht kommt (vgl. Schneider/Wolf/Wolpert, HK-FamGKG, § 14, Rz. 82; Volpert, FPR 2010, 327, jeweils m.z.w.N.).
Ist mit dieser Maßgabe der seit Antragseingang im Hauptsacheverfahren eingetretene Verfahrensstillstand nicht zu rechtfertigen, so hat der Senat dem Familiengericht die aus der Entscheidungsformel ersichtliche Anweisung zu erteilen, wobei dem Familiengericht die Auswahl der konkreten verfahrensfördernden Maßnahmen, insbesondere die Bestimmung des Termins für eine anzuberaumende mündliche Anhörung der Beteiligten, vorbehalten zu bleiben hat (Senatsbeschluss a.a.O.; Beschluss des 9. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts, a.a.O.; OLG Schleswig a.a.O., jeweils m.w.N.).
Der Kostenausspruch beruht auf §§ 81 FamFG, 20 FamGKG.
gez. ... ... ...
Ausgefertigt:
()
Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Richter, die für die Feststellung der gemeinsamen elterlichen Sorge eines nichtverheirateten Vaters Geld verlangen. Grad so als ob die Wahrnehmung des elterlichen Pflichtrechtes nach Artikel 6 Grundgesetz mit einer Gebühr verbunden wäre.
Ute Muck (geb. zensiert durch Anordnung des "Berliner Beauftragten für Datenschutz" 1955) - Richterin am Amtsgericht Dresden / Familiengericht - Abteilung 305 (ab 01.11.1994, ..., 2013) - 03.07.2013: Richterin Muck möchte von einem Vater eine Vorabzahlung einer Gebühr von 44,50 € haben, bevor sie seinen Antrag auf Feststellung der gemeinsamen elterlichen Sorge bearbeitet. Wo gibt`s denn so was, dass ein Elternteil Geld bezahlen soll, nur damit er sein Grundrecht aus Artikel 6 Grundgesetz wahrnehmen kann. Nächsten kassiert man in Dresden auch noch Geld von den Wählerinnen und Wählern, wenn diese ihr Wahlrecht wahrnehmen wollen. Da fühlt man sich doch gleich an die Dresdener Bezirksleitung der SED und deren merkwürdiges Demokratieverständnis erinnert. Na ja, im Bundesjustizministerium schläft man derweile, grad wie früher im Zentralkomitee der SED, irgendwie scheint sich die Zeit im Kreis zu drehen. Siehe hierzu auch: 6 WF 104/11 - Beschluss vom 10.10.2011 - Leitsatz: 1. Stellt ein Elternteil einen Antrag auf Regelung des Umgangsrechts, so darf das Gericht das Betreiben des Verfahrens nicht von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig machen. Saarländisches Oberlandesgericht.