Väternotruf informiert zum Thema
Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik
Ein Handbuch der Justiz der DDR mit den Namen und Dienstorten der in der DDR tätig gewesenen Richter/innen liegt dem Väternotruf nicht vor.
Sie können aber unter den bei uns eingestellten Rubriken Bezirksgericht und Kreisgericht recherchieren. Die Aufstellung ist unvollständig. Ausführliche Informationen können Sie bei den zuständigen Archiven anfordern.
Oberstes Gericht der DDR
Bezirksgericht Berlin - Stadtgericht Berlin
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Stadtbezirksgericht Hohenschönhausen
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Stadtbezirksgericht Prenzlauer Berg
Stadtbezirksgericht Treptow
Stadtbezirksgericht Weißensee
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Kreisgericht Finsterwalde
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Kreisgericht Guben
Kreisgericht Herzberg
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Kreisgericht Jessen
Kreisgericht Lübben
Kreisgericht Senftenberg
Kreisgericht Spremberg
Kreisgericht Weißwasser
...
...
Bezirksgericht Frankfurt (Oder)
...
...
Bezirksgericht Karl-Marx-Stadt
Kreisgericht Annaberg
Kreisgericht Aue
Kreisgericht Auerbach
Kreisgericht Brand-Erbisdorf
Kreisgericht Flöha
Kreisgericht Freiberg
Kreisgericht Glauchau
Kreisgericht Hainichen
Kreisgericht Hohenstein-Ernstthal
Kreisgericht Johanngeorgenstadt - bis zum 20.07.1957
Kreisgericht Karl-Marx-Stadt - Stadt / später umbenannt in Kreisgericht Chemnitz
Kreisgericht Karl-Marx-Stadt - Land
Kreisgericht Klingenthal
Kreisgericht Marienberg
Kreisgericht Plauen-Land
Kreisgericht Reichenbach
Kreisgericht Rochlitz
Kreisgericht Schneeberg - Stadt - bis zum 23.11.1958
Kreisgericht Schwarzenberg
Kreisgericht Stollberg
Kreisgericht Werdau
Kreisgericht Zschopau
Kreisgericht Zwickau-Land
Kreisgericht Borna
Kreisgericht Delitzsch
Kreisgericht Döbeln
Kreisgericht Eilenburg
Kreisgericht Grimma
Kreisgericht Oschatz
Kreisgericht Schmölln
Kreisgericht Torgau
Kreisgericht Wurzen
...
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Kreisgericht Luckenwalde
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Kreisgericht Lübz
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Kreisgericht Bad Salzungen
Kreisgericht Hildburghausen
Kreisgericht Ilmenau
Kreisgericht Neuhaus
Kreisgericht Schmalkalden
Kreisgericht Sonneberg
Kreisgericht Suhl
Oberstes Gericht der DDR in Berlin:
Anleitung der unteren Gerichtsinstanzen mit Richtlinien (mit Gesetzeskraft), internen Berichten, Thesen, Orientierungen und Standpunkten zur einheitlichen Rechtsanwendung in der Justiz, dies wurde den Richtern durch die Direktoren der Kreis- bzw. Bezirksgerichte in wöchentlichen Sitzungen vermittelt; jeder Senat wurden jeweils von einem Oberrichter geleitet
Präsidenten: Kurt Schumann (1949-60, NDPD)
Heinrich Toeplitz (1960-86, CDU)
Günter Sarge (1986-1989, SED) -
Günter Sarge (* 30. Dezember 1930 in Gutenfeld; auch Günther Sarge; † 5. März 2019 in Grünheide[1]) war ein deutscher Jurist, Präsident des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik und Generalmajor der Nationalen Volksarmee (NVA).
Leben
Der Sohn eines Arbeiters wuchs im samländischen Arnau auf. Er
besuchte bis 1945 die Volksschule. Nach der Vertreibung, bei der er von seiner
Familie getrennt wurde, wurde er in einem Kinderheim in Graal-Müritz
untergebracht. 1948 traf er seine Familie im mecklenburgischen Tutow wieder.
Sarge war zunächst Landarbeiter im Havelland. Am 17. März 1949 erfolgte sein
Eintritt in die Deutsche Volkspolizei (VP),[2] wo er eine Offiziersausbildung
absolvierte. Er war zuerst in Brandenburg-Görden in der 4. Polizeibereitschaft
des Landes Brandenburg tätig. Seine Einheit wurde im September 1949 nach Dessau
und im Frühjahr 1950 in das thüringische Apolda verlegt, wo die Einheit im
Dezember 1950 ohne Angabe von Gründen aufgelöst wurde.
Im September 1949
erfolgte die Beförderung Sarges zum Hauptwachtmeister, am 1. Mai 1950 zum
Polizeimeister, noch im selben Jahr zum Oberkommissar und 1951 zum
Volkspolizeirat. Im selben Jahr wurde er Politlehrer in Naumburg.
Ab dem
1. März 1953 besuchte Sarge in Dresden einen speziellen juristischen Lehrgang
für Volkspolizisten, der ihn auf eine Verwendung in der Militärjustiz
vorbereiten sollte. Nach Abschluss des Lehrgangs im Dezember 1953 wurde er der
Abteilung Gerichtsaufsicht in der Zentrale der Kasernierten Volkspolizei (KVP)
zugeteilt und mit den Vollmachten eines Staatsanwalts zur Haftanstalt der
Kasernierten Volkspolizei in Berlin-Köpenick delegiert. 1954 wurde er
Stellvertreter des Dienststellenleiters Fritz Strauch.[3] 1956 wurde er
stellvertretender Leiter der Abteilung Untersuchung bei der KVP und ab 30. April
1956 bei der NVA, zum Major ernannt, mit dem Aufbau militärischer
Ermittlungsgruppen und der Militärstaatsanwaltschaft befasst.[4] Zugleich hatte
er von 1955 bis 1958 ein Fernstudium an der Deutschen Akademie für Staats- und
Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ absolviert. Mit der Dissertation Die
Kriminalität in der Nationalen Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik:
Ihre Ursachen und Bedingungen und die Mittel und Methoden zu ihrer Überwindung
erfolgte 1961 die Promotion zum Doktor der Rechte (Dr. jur.) an der
Humboldt-Universität zu Berlin. Von 1966 bis 1971 absolvierte er ein Fernstudium
an der Parteihochschule Karl Marx der SED.
Im Juni 1962 endete Sarges
Tätigkeit als Staatsanwalt, da er zum Vorsitzenden des Militärkollegiums beim
Obersten Gericht der DDR berufen wurde.[5]
Sarge hatte seit den 1960er
Jahren beim Obersten Gericht der DDR verschiedene Posten inne. Zunächst war er
von 1962 bis 1977 unter Beibehaltung seines militärischen Dienstgrades
Vorsitzender des Militärkollegiums. Seit 1971 bekleidete er den Posten eines
Vizepräsidenten. 1974 wurde er zum Generalmajor ernannt.[6] Seit 1977 war Sarge
Erster Vizepräsident des Gerichts. 1977 schied er aus der NVA aus. Am 17. Juni
1986 wurde er in der Nachfolge von Heinrich Toeplitz Präsident des Gerichts.
Von 1985 bis 1990 war Sarge Präsident der Vereinigung der Juristen der DDR.
Am 18. Januar 1990 kam Sarge der Einleitung eines Disziplinarverfahrens
durch die noch von der SED dominierte Volkskammer mit dem Rücktritt von seinem
Amt zuvor. Sie hatte ihm Verfahrensverschleppung bei der Rehabilitierung von in
den 1950er und 1960er Jahren zu Unrecht Verurteilten und bei Ermittlungen gegen
frühere Funktionäre von Partei und Staat wegen Korruption und Amtsmissbrauch
vorgeworfen.[7] Nach 1990 war Sarge noch eine Zeitlang als Rechtsanwalt in
Berlin zugelassen. Im Jahr 1993 gehörte Sarge zu den Mitbegründern des Vereins
Gesellschaft zur rechtlichen und humanitären Unterstützung e.V. In seinen
Lebenserinnerungen schilderte Sarge im Jahr 2013 die Zeit in verschiedenen
juristischen und militärischen Funktionen der DDR aus seiner persönlichen
Sichtweise. In der FAZ wurde anschließend kritisiert, dass er in seinem Buch das
Ende der DDR auf ein Zusammenspiel von „verräterischen sowjetischen Führern“ mit
dem amerikanischen Präsidenten und der Kohl-Regierung, „jeweils flankiert von
ihren Geheimdiensten“, zurückführe.[8]
Sarge war von 1952 bis 2017 mit
Edeltraud Sarge (1931–2017)[9] verheiratet und lebte zuletzt als Rentner in
Kagel.[10]
https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnter_Sarge
Namensgleichheit mit: Uta Sarge (geb. zensiert durch Anordnung des "Berliner Beauftragten für Datenschutz" 1956) - Richterin am Amtsgericht Bad Freienwalde (ab 01.12.1993, ..., 2020) - im Handbuch der Justiz 1992 ohne Angabe Geburtsdatum und Dienstantritt als Richterin auf Probe am Kreisgericht Seelow aufgeführt. Im Handbuch der Justiz 2016 ab 01.12.1993 als Richterin am Bad Freienwalde aufgeführt. 2010: mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Direktors am Amtsgericht Bad Freienwalde beauftragt. 2011: stellvertretende Pressesprecherin am Amtsgericht Bad Freienwalde. Amtsgericht Bad Freienwalde - GVP 01.01.2020.
Vizepräsidenten: Hilde Benjamin (1949-1953)
Vizepräsident und Vorsitzender des Kollegiums für Strafrecht: Walter Ziegler
(neu 1. Vizepräsident) Günter Sarge (1977-1986)
Vorsitzender des Kollegiums für Zivil-, Familien- und Arbeitsrecht: Werner Strasberg
1. Militärstrafsenat
Nagel - Militäroberrichter Oberst als Vorsitzender Richter (ab , ..., 1981) - https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Urteil_Teske.pdf
Knoche - Militärrichter Oberst als beisitzender Richter (ab , ..., 1981) - https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Urteil_Teske.pdf
Benkenstein - Militärrichter Hauptmann als beisitzender Richter (ab , ..., 1981) - https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Urteil_Teske.pdf
Kadgien - Militärstaatsanwalt Oberst als Vertreter des Militär-Oberstaatsanwaltes (ab , ..., 1981) - https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Urteil_Teske.pdf
Rechtsanwalt Cheim, Berlin als Verteidiger
Fähnrich Pott als Protokollführer
... Der Angeklagte wird ... zum Tode verurteilt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Teske
Das vollständige Urteil hier aufrufen
Richter am Obersten Gericht der DDR:
Benkenstein - Militärrichter Hauptmann als beisitzender Richter (ab , ..., 1981) - https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Urteil_Teske.pdf
Knoche - Militärrichter Oberst als beisitzender Richter (ab , ..., 1981) - https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Urteil_Teske.pdf
Nagel - Militäroberrichter Oberst als Vorsitzender Richter (ab , ..., 1981) - https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Urteil_Teske.pdf
Hans Reinwarth – zuletzt Vizepräsident des Obersten Gerichts der DDR - siehe auch unten.
Kurt Schumann (* 29. April 1908 in Eisenach; † 14. Mai 1989 in
Berlin) war ein deutscher Jurist und Funktionär der DDR-Blockpartei
National-Demokratischen Partei Deutschlands (NDPD). Er war Präsident des
Obersten Gerichts der DDR.
Der Sohn eines Postbeamten
besuchte die Volksschule und die Oberrealschule in Neustadt an der Orla und
erwarb das Abitur. Von 1927 bis 1931 studierte er Rechtswissenschaften an den
Universitäten in Jena und Göttingen. Während seines Studiums wurde er 1927
Mitglied der Burschenschaft Germania Jena. Von 1931 bis 1935 war er Mitarbeiter
im thüringischen Justizdienst. 1935 trat er in den Heeresjustizdienst und am 1.
Mai 1937 in die NSDAP ein. Während des Zweiten Weltkrieges wurde er 1942 zur
Wehrmacht eingezogen und als Kriegsgerichtsrat eingesetzt. Er geriet im Januar
1943 bei Stalingrad in sowjetische Kriegsgefangenschaft, wurde Mitglied des NKFD
und Mitbegründer des Bundes Deutscher Offiziere. Er unterzeichnete den »Aufruf
an die deutschen Generale und Offiziere! An Volk und Wehrmacht!« vom 12.
September 1943 und war Mitarbeiter der Zeitung »Freies Deutschland«.
Schumann kehrte 1948 nach Deutschland in die SBZ zurück und wurde Mitbegründer
der NDPD in Altenburg. Von 1950 bis 1989 gehörte er dem Hauptausschuss der NDPD
an.
Er arbeitete zunächst als Landgerichtsrat, später als
Landgerichtsdirektor in Altenburg. 1949 wurde er Vorsitzender der Großen
Strafkammer am Landgericht Erfurt und war dann von 1949 bis April 1960 Präsident
des Obersten Gerichts der DDR. 1955 war er Vorsitzender beim RIAS-Prozess. Von
1960 bis 1963 wirkte er als Professor für Zivilrecht an der DASR in Potsdam und
von 1963 bis 1973 als Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin. 1973
wurde er emeritiert.
Schumann gehörte dem NDPD-Bezirksvorstand Berlin an,
war Mitglied des Zentralvorstandes des Verbandes der Juristen der DDR und seit
1977 Vizepräsident der Freundschaftsgesellschaft DDR – Indien.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Schumann_(Jurist)
Heinrich Toeplitz
Heinrich Toeplitz (1960)
Toeplitz (3.v.l.) eröffnet den 2. Verhandlungstag des Prozesses gegen Hans Globke, 9. Juli 1963
Heinrich Toeplitz (* 5. Juni 1914 in Berlin; † 22. November 1998 in Berlin) war Funktionär der CDU der DDR und Präsident des Obersten Gerichts der DDR.
Toeplitz wurde als Sohn eines Juristen geboren, besuchte das Gymnasium, legte 1932 das Abitur ab und studierte bis 1936 Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten Leipzig und Breslau. 1937 promovierte er zum Dr. jur., arbeitete in der Wirtschaft, zeitweise auch im Ausland und wurde aus rassistischen Gründen in Deutschland verfolgt. Er wurde zur Organisation Todt dienstverpflichtet, 1944 bis 1945 in Zwangsarbeitslagern in Frankreich und den Niederlanden festgehalten und kehrte nach Kriegsende nach Berlin zurück. 1945 bis 1947 war er Referendar und Hilfsrichter in Berlin, legte 1947 das zweite juristische Staatsexamen ab und war bis 1950 juristischer Hauptreferent beim Magistrat von Berlin. 1949 trat er der CDU bei, war 1950 stellvertretender Generalsekretär der CDU und 1950 bis 1960 Staatssekretär im Ministerium für Justiz der DDR. 1951 bis 1989 war er Abgeordneter der Volkskammer der DDR, 1952 bis 1989 Mitglied des Politischen Ausschusses und ab 1954 Mitglied des Präsidiums des CDU-Hauptvorstandes. 1966 bis 1989 war er stellvertretender Vorsitzender der CDU, 1955 bis 1987 Vorsitzender des Zentralen Untersuchungsausschusses der CDU und 1953 bis 1990 Mitbegründer und Präsidiumsmitglied der Zentralleitung des Komitees der Antifaschistischen Widerstandskämpfer der DDR sowie ab 1954 Mitglied im Zentralrat der Fédération Internationale des Résistants (FIR, Internationale Vereinigung der Widerstandskämpfer). 1960 bis 1986 war er Präsident des Obersten Gerichts der DDR, 1962 bis 1985 Präsident des Verbands der Juristen (VdJ) der DDR und 1975 bis 1990 Präsident der Freundschaftsgesellschaft DDR-Italien. Von Ende 1989 bis 1990 war er Vorsitzender des zeitweiligen Ausschusses der Volkskammer der DDR zur „Überprüfung von Fällen des Amtsmißbrauchs, der Korruption, der persönlichen Bereicherung und anderer Handlungen“.
Toeplitz im Prozess gegen Harry Seidel 1962 vor dem Obersten Gericht der DDR
Willy Brandt, damals Regierender Bürgermeister von Berlin, kommentierte 1962 den von Toeplitz geleiteten Schauprozess gegen den Fluchthelfer Harry Seidel: „Es gibt kein Wort, das genügen würde, um der Empörung über dieses Schandurteil der modernen Inquisition eines Unrechtsstaates Ausdruck zu verleihen.“[1]
Auszeichnungen [Bearbeiten]
1955 Vaterländischer Verdienstorden (VVO) in Bronze
1957 Vaterländischer Verdienstorden in Silber
1970 Vaterländischer Verdienstorden in Gold
Ehrenspange zum VVO in Gold
1964 Orden „Banner der Arbeit“
Verdienstmedaille der DDR
Stern der Völkerfreundschaft in Gold
Ernst-Moritz-Arndt-Medaille
Carl-von-Ossietzky-Medaille
Leninorden der UdSSR
Literatur [Bearbeiten]
Oberstes Gericht der DDR, höchstes Organ wahrhaftiger demokratischer Rechtsprechung, Berlin 1970
Aus Reden und Aufsätzen 1952-1973, Berlin 1974
Einzelnachweise [Bearbeiten]
↑ Gerhard Mauz: Sensibler Bereich. In: Spiegel special, 2/1990, S. 71.
http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Toeplitz
Walter Ziegler (Richter)
Walter Ziegler (* 5.
November 1912 in Berlin; † 20. Februar 1977 Ost-Berlin) war ein deutscher Jurist
und einer der führenden Richter in der frühen DDR. Er fällte in den 1950ern bis
in die frühen 1960er Jahre als Vorsitzender des 1. Strafsenats im Obersten
Gericht der DDR und als Bezirksrichter in Frankfurt (Oder) zahlreiche harte
Urteile in politischen Prozessen sowie gegen tatsächliche und vermeintliche
Spione.
Ziegler war der Sohn eines Sattlers und einer Lederstepperin und
wuchs in Berlin-Neukölln auf. 1932 legte er in der Karl-Marx-Schule in Neukölln
das Abitur ab. Von 1931 bis 1933 war er Mitglied der KPD. Er studierte
Nationalökonomie und Rechts- und Staatswissenschaften in Berlin, sammelte ab
1937 Erfahrungen als Referendar beim Oberlandesgericht Naumburg, dem Amtsgericht
Zörbig und dem Landgericht Halle (Saale). 1942 legte er das Staatsexamen ab.
Im Nationalsozialismus gehörte Walter Ziegler dem NS-Richterbund und bis
Ende des Zweiten Weltkriegs dem Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund an. In
der Wehrmacht diente er als Unteroffizier, wurde 1943 mit dem Eisernen Kreuz
ausgezeichnet. Von April bis Juni 1945 war Ziegler in US-amerikanischer
Lazarettgefangenschaft in Bad Lausick (Sachsen) und trat unmittelbar nach seiner
Entlassung im selben Jahr eine Stelle als Richter am Amtsgericht Bitterfeld an.
Karriere in der DDR
1946 trat Ziegler nicht wieder in die KPD, sondern in
die SPD ein. In einem Überprüfungsverfahren 1951 anlässlich einer
Parteisäuberung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) wurde ihm
das negativ angerechnet:
„Ziegler stammt aus der Arbeiterklasse, hat
jedoch noch kleinbürgerliche Tendenzen, die ihren Ausdruck fanden in der
schwankenden Haltung durch seinen Zutritt in die SPD, nachdem er 1931 Mitglied
der KPD gewesen war.“[1]
Aufgrund der Zwangsvereinigung mit der KPD war
er Mitglied der SED geworden. 1949 ging Ziegler zurück ans Landgericht Halle,
diesmal als Gerichtspräsident. Am 9. Februar 1950 wählte die Volkskammer auf
Vorschlag der Regierung Ziegler zusammen mit sieben anderen in den Obersten
Gerichtshof.[2] In seiner neuen Funktion als Oberrichter am Obersten Gericht der
DDR – das damals gerade im Aufbau war – arbeitete Ziegler in unmittelbarer Nähe
zur späteren DDR-Justiziministerin Hilde Benjamin. Er war einer ihrer Beisitzer
im 1. Strafsenat und folgte ihr zunächst als kommissarischer Vizepräsident und
Vorsitzender des 1. Strafsenats, 1954 als Vizepräsident des Obersten Gerichts
nach. Am 8. Februar 1953 wählte die Volkskammer Ziegler in den
Verfassungsausschuss der Volkskammer.[3]
Es war in der Regel der
Vizepräsident, der die Verfahren im höchsten Strafgericht der DDR leitete. In
dieser Funktion verhängte Ziegler politisch gefärbte harte Strafen, etwa
1953 gegen den Professor für Bergbau Otto Fleischer,[4]
1954 gegen den
ehemaligen KPD-Funktionär Fritz Sperling, der keinerlei Straftaten begangen
hatte,
1956 gegen den von der DDR-Staatssicherheit aus Westberlin entführten
Journalisten Karl Wilhelm Fricke,
1957 gegen die DDR-Intellektuellen Walter
Janka und Wolfgang Harich.
Er fällte Todesurteile unter anderem
1954 gegen den Oberleutnant des Ministeriums für Staatssicherheit Paul Rebstock,
1955 gegen Karl Laurenz und Elli Barczatis wegen Spionage.
1955 schrieb
Ziegler in der DDR-Juristenzeitung Neue Justiz, die „verbrecherische[n]
Angriffe“ auf die DDR (gemeint war die Unterstützung von Fluchten aus der DDR,
wofür Ziegler Max Held und Werner Rudert wegen „Abwerbung“ zum Tode verurteilt
hatte) stellten hohe Ansprüche an die Rechtsprechung:
„Gleichgültig,
gegen welchen Personenkreis sich die Abwerbung richtet, […] sie stellt immer
eine besonders in der jüngsten Zeit stärker hervorgetretene gefährliche Form des
Klassenkampfes dar. […] In der Abwerbung von Ingenieuren und sonstigen technisch
qualifizierten Facharbeitern liegt nicht nur eine Beeinträchtigung des
beschleunigten wirtschaftlichen Aufbaus in der Deutschen Demokratischen
Republik, vielmehr dient diese Form der Abwerbung auch der Förderung der
Rüstungsindustrie in Westdeutschland und damit der verstärkten
Kriegsvorbereitung.“[5]
Allein im Januar 1956 widmeten die DDR-Zeitungen
Ziegler anlässlich seiner harten Urteile mehrfach Leitartikel. Sie trugen Titel
wie „Todesstrafe für Held und Rudert“, „Vier Agenten erhielten ihre gerechte
Strafe“, „Gerechtes Urteil gegen Saboteure“. Später im selben Jahr schlug
Ziegler einmal kritische Töne an, als er in einem Brief an den
Generalstaatsanwalt Ernst Melsheimer zu lange Untersuchungshaftzeiten und den
Sinn von Nachtverhören von Verdächtigen in Frage stellte:
„Es kann
unmöglich geduldet werden, daß Häftlinge eine Woche lang jeweils die ganze Nacht
und dabei an 3 Tagen Tag und Nacht vernommen werden. Wenn solche Häftlinge ihre
in derartigen Vernehmungen gemachten Aussagen widerrufen, halte ich es für
unmöglich, unter solchen Umständen gemachte Aussagen als beweiskräftig
anzusehen.“
0:48
Ziegler kritisiert Walter Prädels Ansicht, in
Westdeutschland gäbe es freie Wahlen, in der DDR aber nicht.
Dieses
Schreiben versandete ohne weitere Beachtung, denn Ziegler hatte hier „nur“ die
allgemein übliche Vernehmungs-Praxis angesprochen. Möglicherweise war das
Schreiben jedoch Auslöser für die inzwischen zur Justizministerin aufgestiegene
Hilde Benjamin, Ziegler 1958 in die Provinz ans Bezirksgericht Frankfurt (Oder)
zu versetzen. Dort bewährte sich Ziegler mit außergewöhnlich harten, stets
politisch begründeten Urteilen. So verurteilte er etwa
1959 den aus
West-Berlin entführten Rechtsanwalt Erwin Neumann wegen seiner Mitarbeit im
Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen zu lebenslangem Zuchthaus;
Neumann starb nach neun Jahren in strenger Isolationshaft,
1961 den
Landarbeiter Walter Praedel,[6] weil er zwei Scheunen angezündet hatte, zum
Tode.
Selbst dem Obersten Gericht war Zieglers Walten in der Provinz
nicht mehr geheuer. In einem Schreiben vom 12. Februar 1962 an den
Generalstaatsanwalt und das Bezirksgericht Frankfurt/Oder heißt es:
„Die
Strafen des Bezirksgerichts sind fast durchweg überhöht, und zwar teilweise in
einem absolut unvertretbaren Maße. Es muß gleich vorweg bemerkt werden, daß das
OG augenblicklich nicht in der Lage ist, Korrekturen in dem Umfange vorzunehmen,
wie sie eigentlich notwendig wären. Es sollte deshalb hingewiesen werden, daß
Abänderungen im Strafausspruch bislang nur in den krassesten Fällen vorgenommen
wurden, die durch Beschlußverwerfung bestätigten Urteile aber keine
Bescheinigung dafür darstellen können, daß alle diese bestätigten Urteile als
richtig angesehen werden können.“[7]
Sammelband zum 20-jährigen Bestehen
des Obersten Gerichts der DDR mit einem Aufsatz von Walter Ziegler (1970)
Im März 1962 rief ihn die Ministerin zurück in die Stellung als
Vizepräsident des Obersten Gerichts in Berlin.[8] Am 17. Dezember 1962
überreichte ihm der Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht den Vaterländischen
Verdienstorden in Silber.
1963 arbeitete Walter Ziegler am
Rechtspflegeerlass des Staatsrats und am Gerichtsverfassungsgesetz der DDR mit
und war damit einer der führenden Staatsrechtler der DDR.[9] Walter Ziegler
starb 1977 in Ost-Berlin an einem Herzinfarkt. Die Einäscherung erfolgte im
Krematorium Baumschulenweg.
Literatur
Bernd-Rainer Barth, Helmut
Müller-Enbergs: Ziegler, Walter. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2.
Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
Karl Wilhelm Fricke:
Akten-Einsicht. Ch. Links Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-86153-099-6.
Rudi
Beckert: Die erste und letzte Instanz – Schau- und Geheimprozesse vor dem
obersten Gericht der DDR. Goldbach 1995, ISBN 3-8051-0243-7.
Falco Werkentin:
„Verdienstvoller Vertreter des sozialistischen Rechts“ Walter Ziegler –
Vizepräsident des Obersten Gerichts der DDR. In: Zeitschrift für
Geschichtswissenschaft 69 (2021), 4, S. 346–366.
Weblinks
Walter
Ziegler als Richter in
Maximilian Schönherr: Fallbeil für Gänseblümchen.
Radiofeature mit vorwiegend Originalton aus dem Gerichtssaal. Die ursprünglich
für den WDR produzierte Sendung erhielt den Featurepreis 2012 der Stiftung Radio
Basel und das daraus resultierende Hörbuch (Christoph Merian, Basel 2012, 1 CD,
53 Min.) den Deutschen Hörbuchpreis 2014.
Gábor Paál, Maximilian Schönherr:
Der Schauprozess gegen Otto Fleischer. (mp3, 47 MB, 54:53 Minuten) SWR2 Wissen:
Archivradio, 16. Mai 2018.
Einzelnachweise
SAPMO, zit. n. Fricke:
Akten-Einsicht. 1996, S. 108.
Die anderen neuen Richter am Obersten Gericht
waren Helene Drechler, Elfriede Göldner, Heinrich Löwenthal, Wolfgang Melz, Kurt
Paschke, Hans Rothschild und Alfred Trapp. Quelle: Neue Zeit vom 10. Februar
1950
Neues Deutschland vom 9. Oktober 1953, S. 1
In diesem Strafprozess
unterlief Ziegler, der eine sehr präzise Ausdrucksweise pflegte, ein
bemerkenswerter Versprecher. In der Urteilsbegründung (15 Jahre Zuchthaus für
Fleischer) sagte er, vom Blatt ablesend: „Die von der Regierung der Deutschen
Demokratischen Republik, unter der maßgebenden Teilnahme der Partei der
Arbeiterklasse, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands betriebene
feindliche und aufbauende Politik - friedliche und aufbauende Politik…“ BStU
Tonbandmitschnitt, Signatur MfS HA IX Tb 2188
Zitiert aus dem Neuen
Deutschland vom 17. Dezember 1955, S. 3: „Für die Feinde des Volkes gibt es
keine Milde“. Anlass war die am selben Tag beginnende Konferenz hochrangiger
DDR-Richter und -Staatsanwälte in Leipzig. Davon existiert in der BStU auch ein
Tonbandprotokoll. Siehe SWR 2 Archivradio
Praedel schrieb sich auch Predel
und in Teilen der Prozessunterlagen versehentlich Predl. Prozess vom 20. bis 21.
Dezember 1961 am Bezirksgericht Frankfurt/Oder, Todesurteil wegen Brandstiftung,
Hinrichtung am 25. Januar 1962
SED, ZPA, IV 2/13/424 vom April 1962, zit. n.
Falco Werkentin: Politische Strafjustiz in der Ära Ulbricht. Ch. Links Verlag,
Berlin 1995, S. 320.
Volkskammerbeschluss vom 28. März 1962
Vgl.
Bernd-Rainer Barth, Helmut Müller-Enbergs: Ziegler, Walter. 2010.
https://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Ziegler_(Richter)
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Rechtspflege in der DDR
Aufgaben/Organisation
Errichtung, gesetzliche Grundlagen, Zuständigkeiten
Die gesetzliche Festschreibung der Errichtung zentraler Organe der Rechtspflege
in der DDR erfolgte erstmalig in der durch den Präsidenten der DDR am 7. Oktober
1949 verkündeten und im Gesetzblatt der DDR am 8. Oktober 1949 proklamierten
Verfassung der DDR (1). Demgemäss sollte die Ausübung der ordentlichen
Gerichtsbarkeit durch einen Obersten Gerichtshof der Republik sowie durch die
Gerichte der Länder erfolgen (vgl. Artikel 126). Mit der Verabschiedung des
Gesetzes über die Errichtung des Obersten Gerichtshofes und der Obersten
Staatanwaltschaft der DDR vom 8. Dezember 1949 (2) trug die Provisorische
Volkskammer der DDR dieser Aufgabe Rechnung (3). Der Dienstsitz des obersten
Organs der Rechtsprechung mit der Bezeichnung "Oberstes Gericht der DDR" lag in
der Berliner Scharnhorststrasse (4). An der Spitze fungierte der Präsident. Ihm
nachgeordnet waren ein Vizepräsident sowie Oberrichter und Richter. Das
Vorschlagsrecht für die Kandidaten zur Richterwahl lag entsprechend Art. 131
Abs.(1) der Verfassung der DDR bei der Regierung, die Wahl und Abberufung der
Mitglieder des Obersten Gerichts erfolgte allein durch die Volkskammer. Das
Procedere der Abberufung war für eventuelle Verstöße gegen die Verfassung und
Gesetze der DDR und für Fälle gröblicher Pflichtverletzungen vorgesehen (vgl.
Art. 132 Abs.2).
In der Gründungsphase wurden die Aufgaben wie folgt
definiert:
1. Durchführung erstinstanzlicher Strafverfahren, in denen der
Oberste Staatsanwalt der Republik wegen der überragenden Bedeutung Anklage vor
dem Obersten Gericht erhebt
2. Verhandlung und Entscheidung über Anträge auf
Kassation rechtskräftiger Urteile (5) auf den Gebieten des Straf- und
Zivilrechts
Nicht nur die den Oberlandesgerichten bis dahin obliegende
Kassationstätigkeit in Strafsachen (6) ging mit der Verabschiedung des Gesetzes
über die Schaffung des obersten Gerichtshofes der DDR auf diesen über, auch die
Kassationsrechtsprechung in Zivilsachen fiel nunmehr in dessen Kompetenzbereich
(7). Das Antragsrecht auf Kassation rechtskräftiger Entscheidungen lag beim
Generalstaatsanwalt. ...
...
Das Amt des Präsidenten übten aus:
Kurt Schumann 1949 bis 1960
Heinrich
Toeplitz 1960 bis 1986
Günter Sarge 1986 bis 1990
Gerhard Körner 1990
(amtierte ab Febr. 1990)
Die Ämter der Vizepräsidenten hatten inne:
Hilde
Benjamin 1949 bis 1953
Walter Ziegler 1953 bis 1958
Gustav Jahn 1958 bis
1962 Walter Ziegler 1962 bis 1977
Günter Sarge 1977 bis 1986
Gerhard
Körner 1986 bis Jan. 1990
Joachim Schlegel 1990 (amtierte ab Febr. 1990)
Hans Reinwarth 1966 bis 1969
Peter-Paul Siegert 1969 bis 1974
Werner
Strasberg 1974 bis 1990
Wilhelm Hurlbeck 1990 (amtierte ab Febr. 1990)
Günter Sarge 1971 bis 1977
Lothar Penndorf 1977 bis 1990
Organisation und
Geschäftsverteilung
Am 7. Dezember 1949 erfolgte analog des Artikels 131 Abs.
(1) der Verfassung der DDR die Wahl des Präsidenten Kurt Schumann, der
Vizepräsidentin Hilde Benjamin und der drei Oberrichter des Obersten Gerichts
Wilhelm Heinrich, Dr. Kurt Cohn, Maximilian Stegmann (34).
Auf Vorschlag des
Präsidenten beschloss die Regierung die vorläufige Bildung dreier Strafsenate
und eines Zivilsenates mit folgenden Zuständigkeiten (35):
1. Strafsenat
Bearbeitung und Entscheidung der erst- und letztinstanzlichen Strafsachen
2.
Strafsenat
Verhandlung und Entscheidung über Anträge der Obersten
Staatsanwaltschaft auf Kassation rechtskräftiger Entscheidungen in
Wirtschaftsstrafsachen
3. Strafsenat
Verhandlung und Entscheidung über
Anträge der Obersten Staatsanwaltschaft auf Kassation rechtskräftiger
Entscheidungen in Strafsachen des allgemeinen Strafrechts und nach Befehl 201
der SMAD (36)
1. Zivilsenat
Verhandlung und Entscheidung über Anträge auf
Kassation rechtskräftiger Entscheidungen in Zivilsachen.
Ausgangspunkt für
die Überlegungen zur vorgeschlagenen Zahl der Strafsenate war die bis dahin
durchgeführte Anzahl von durchschnittlich fünfhundert Kassationsverfahren pro
Jahr in den Ländern. Die voraussichtliche Belastung des Zivilsenats vermochte
man noch nicht einzuschätzen, da einschlägige Erfahrungen auf diesem Gebiet der
Rechtsprechung noch nicht vorlagen (37).
Am 9. Februar 1950 erfolgte die Wahl
weiterer acht Richter, die in der Zeit vom 16.02. - 01.03.1950 ihren Dienst in
folgender Besetzung der einzelnen Senate antraten:
Präsident [Kurt Schumann]
Struktur Juni 1950 (38) Sekretariat
Vizepräsidentin [Hilde Benjamin]
Sekretariat
Verwaltung
Abt. Personal und Schulung [Martha Koch]
Abt.
Allgemeine Verwaltung [Reinhold Bergemann]
1. Strafsenat
Vorsitzende:
Hilde Benjamin
Beisitzer: Dr. Hans Rothschild
Alfred Trapp
Geschäftsstelle: Werner Barfuß
2. Strafsenat
Vorsitzender: Maximilian
Stegmann
Beisitzer: Dr. Wolfgang Melz
Helene Drechsler
Geschäftsstelle:
Kurt Fürstenberg
3. Strafsenat
Vorsitzender: Dr. Kurt Cohn
Beisitzer:
Heinrich Löwenthal
Elfriede Göldner
Geschäftsstelle: Wolfgang Alband
1.
Zivilsenat
Vorsitzender: Wilhelm Heinrich
Beisitzer: Kurt Paschke
Walter Ziegler
Geschäftsstelle: Annemarie Kölpin (39)
Gemäß der eingangs
beschriebenen Entwicklung der Kompetenzerweiterungen bzw. -einschränkungen des
Obersten Gerichts gab es während des über vier Jahrzehnte dauernden Bestehens
mehrfache Strukturänderungen, nicht zuletzt auch mit der Zielstellung der
Optimierung und Vereinfachung der Arbeitsweise. Die wesentlichen Änderungen
werden nachfolgend dargestellt.
Die erste größere Modifikation erfolgte mit
der Verabschiedung des Gerichtsverfassungsgesetzes im Jahre 1952; unter anderem
erhöhte sich die Anzahl der Senate:
Präsident [Kurt Schumann] Struktur
November 1952 (40)
Sekretariat
Vizepräsident [Hilde Benjamin]
Sekretariat
Abt. Haushalt [Helmut Walter]
Abteilung Personal und Schulung
[Käte Koch]
1. Strafsenat
Verhandlung und Entscheidung erstinstanzlicher
Strafverfahren
Vorsitzende: Hilde Benjamin
Beisitzer: Hans Rothschild Max
Möbius
1a. Strafsenat
Rechtsmittel, Kassationen und alle Entscheidungen in
Strafsachen des Sachgebietes 1
Vorsitzender: Walter Ziegler
Beisitzer:
Hans Rothschild
Max Möbius
Helene Kleine
2. Strafsenat
Rechtsmittel,
Kassationen und alle Entscheidungen aus den Bezirken Leipzig, Gera, Erfurt,
Suhl, Halle, Magdeburg, Schwerin
Vorsitzender: Maximilian Stegmann
Beisitzer: Heinrich Löwenthal
Helene Kleine
3. Strafsenat
Rechtsmittel,
Kassationen und alle Entscheidungen aus den Bezirken Chemnitz, Dresden,
Frankfurt, Cottbus, Potsdam, Rostock, Neubrandenburg
Vorsitzender: Dr. Kurt
Cohn
Beisitzer: Heinrich Löwenthal
Fritz Etzold
1. Zivilsenat
Rechtsmittel, Kassationen und alle sonstigen Entscheidungen in Zivilsachen aus
den Bezirken Leipzig, Gera, Erfurt, Suhl, Halle, Magdeburg, Schwerin
Vorsitzender: Wilhelm Heinrich
Beisitzer: Kurt Paschke
Elfriede Göldner
2. Zivilsenat
Rechtsmittel, Kassationen und alle sonstigen Entscheidungen in
Zivilsachen aus den Bezirken Chemnitz, Dresden, Frankfurt, Cottbus, Potsdam,
Rostock, Neubrandenburg
Vorsitzender: Dr. Hans Rothschild
Beisitzer:
Karl-Heinz Hintze
Fritz Etzold
Hermann Ziegler
3. Zivilsenat
Kassationen in Arbeitsrechtssachen
Vorsitzende: Irmgard Eisermann
Beisitzer: Karl-Heinz Hintze
Hermann Ziegler
Allgemeine Verwaltung
[Reinhold Bergemann]
Bibliothek [Anna-Luise Tretsch]
Als Konsequenz aus
der Übertragung des Antragsrechts auf Kassation rechtskräftiger Entscheidungen
auf den Präsidenten im Jahre 1952 waren fortan zusätzlich Kassationsanregungen
der Bürger zu bearbeiten. 1953 lag die Zahl der zu überprüfenden Entscheidungen
bei über siebenhundert. Da jeder Überprüfungsfall auch die Beiziehung der
Gerichtsakten erforderte, blieben Kassationsgesuche monatelang unbearbeitet
liegen. Die Antragsflut war allein vom Präsidenten und seinem Stellvertreter
(41) personell nicht zu bewältigen (42). Die Strukturveränderungen im Mai 1954
sollten der neuen Aufgabenstellung Rechnung tragen: Es wurden zwei
Gruppenleiterstellen, je eine für Strafrecht und eine für Zivilrecht geschaffen.
Die Verantwortungsbereiche erstreckten sich auf die bis dato mangelhaft erfolgte
Koordinierung der Rechtsprechung der Straf- bzw. Zivilsenate im Rechtsmittel-
und Kassationsverfahren. Hinzu kamen die Bearbeitung von Kassationsanregungen,
die Veröffentlichung von Urteilen sowie die Vorbereitung der Arbeitsberatungen
der Richter im Hinblick auf rechtliche und prozessuale Fragen (43). Mit der
Einrichtung der neuen Leitungsfunktionen wurde gleichzeitig die Anzahl der
Senate reduziert.
Präsident [Kurt Schumann] Struktur Mai 1954 (44)
Allgemeine Verwaltung
Bibliothek
Haushalt
Vizepräsident [Walter
Ziegler]
Personal und Schulung
Gruppe Strafrecht [Helene Kleine]:
1.
Strafsenat
Verhandlung und Entscheidung erstinstanzlicher Strafverfahren
Vorsitzender: Walter Ziegler
Beisitzer: Hans Rothschild
Max Möbius
Helene Kleine
Heinrich Löwenthal
1a. Strafsenat
Rechtsmittel- und
Kassationssenat für Strafsachen des Sachgebietes I (45) aus den Bezirken
Dresden, Frankfurt/Oder, Cottbus, Potsdam, Rostock, Brandenburg, Schwerin
Vorsitzender: Irmgard Eisermann
Beisitzer: Hans Reinwarth
Seidel
1b.
Strafsenat
Rechtsmittel- und Kassationssenat für Strafsachen aus dem
Sachgebiet I aus den Bezirken Magdeburg, Leipzig, Halle, Erfurt, Gera, Suhl,
Karl-Marx-Stadt
Vorsitzender: Max Möbius
Beisitzer: Friedrich Feistkorn
Hans Reinwarth
2. Strafsenat
Rechtsmittel- und Kassationssenat für
Strafsachen aus den Sachgebieten II und III aus den Bezirken Magdeburg, Halle,
Leipzig, Erfurt, Gera, Suhl, Karl-Marx-Stadt
Vorsitzender: Maximilian
Stegmann
Beisitzer: Fritz Etzold
Irene Rechner
3. Strafsenat
Rechtsmittel- und Kassationssenat für Strafsachen aus den Sachgebieten II und
III aus den Bezirken Dresden, Frankfurt, Cottbus, Potsdam, Rostock,
Neubrandenburg, Schwerin Vorsitzender: Heinrich Löwenthal
Beisitzer: Frau
Schellbach
Fritz Etzold
Gruppe Zivilrecht [Hans Rothschild]
1.
Zivilsenat
Rechtsmittel- und Kassationssenat für Zivilsachen aus den Bezirken
Magdeburg, Halle, Leipzig, Erfurt, Gera, Suhl, Karl-Marx-Stadt
Vorsitzender:
Wilhelm Heinrich
Beisitzer: Elfriede Göldner
Horst Schilde
2.
Zivilsenat
Rechtsmittel und Kassationssenat für Zivilsachen aus den Bezirken
Dresden, Frankfurt, Cottbus, Potsdam, Rostock, Neubrandenburg, Schwerin
Vorsitzender: Dr. Kurt Cohn Beisitzer
Karl-Heinz Hintze
Hermann Ziegler
Den Geschäftsstellen der Gruppenleiter Straf- und Zivilrecht wurden bis Dezember
1958 je eine Kassationsantragsabteilung und eine Grundsatzabteilung zugeordnet
(46). Aufgaben und Befugnisse regelten zwei separate Arbeitsanweisungen des
Präsidenten (47). Im Januar 1960 erfolgte in den vorgenannten Leitungsbereichen
erneute Umstrukturierungen. Jetzt existierten je eine Abteilung Strafrecht und
Zivilrecht mit den zugeordneten Grundsatz- und Kassationsantragsabteilungen in
Strafsachen sowie in Zivilsachen.
Der im Jahr 1963 verabschiedete
Rechtspflegerlass des Staatsrates sowie die in der DDR geltende neue
Gerichtsverfassung zogen Neuerungen in der Struktur und Geschäftsverteilung des
Obersten Gerichts nach sich. Dem neugebildeten Präsidium als Kollegialorgan
wurde eine Inspektionsgruppe für operative Aufgaben zur Seite gestellt.
Gleichzeitig erfolgte die Bildung der drei Kollegien für Strafsachen, für Zivil-
, Familien- und Arbeitsrechtssachen und für Militärstrafsachen:
Präsident
[Dr. Heinrich Toeplitz] Struktur Februar 1965 (48)
Persönlicher Referent
[Johannes Röthlich]
Vizepräsident [Walter Ziegler]
Wissenschaftlicher
Mitarbeiter [Elfriede Winkelbauer]
Kaderleiter [Köhler]
Inspektionsgruppe
[Hans Neumann]
Stellv. Leiter: Dr. Rudolf Biebl
Kollegium für Strafsachen
[Joachim Schlegel]
Kassationsantragsabteilung
Leiter der
Kassationsantragsabteilung: Heinz Blöcker
1. Strafsenat (49)
Rechtsmittel-
und Kassationssenat für die Entscheidungen des Sachgebietes I (Staatsverbrechen
und antidemokratische Delikte)
Vorsitzender: Friedrich Mühlberger
Stellv.
Vors.: Friedrich Feistkorn
Beisitzer: Eva-Maria Liebs
Joachim Ermisch
Horst Bürger
2. Strafsenat
Rechtsmittel- und Kassationssenat für die
Entscheidungen der Sachgebiete Industrie und Bauwesen
Vorsitzender: Fritz
Etzold
Stellv. Vors.: Dr. Siegfried Wittenbeck
Beisitzer: Ilse Holtzbecher
Helene Heymann
Dr. Herbert Pompoes
3. Strafsenat
Rechtsmittel- und
Kassationssenat für die Entscheidungen der Sachgebiete Landwirtschaft, Verkehr
und allgemeine Kriminalität
Vorsitzender: Johann Lischke
Stellv. Vors.:
Horst Schilde
Beisitzer: Anneliese Otto
Dr. Rolf Schröder
4. Strafsenat
Rechtsmittel- und Kassationssenat für die Entscheidungen des Sachgebietes Handel
Vorsitzender: Lucie von Ehrenwall
Stellv. Vors.: Horst Peckermann
Beisitzer: Hubert Lehmann
Eva Geister
5. Strafsenat
Rechtsmittel- und
Kassationssenat für Entscheidungen des Sachgebietes Gewaltdelikte Vorsitzender:
Herbert Klar
Stellv. Vors.: Heinz Gräf
Beisitzer: Dr. Ulrich Roehl
Kurt
Ziegler
Margot Ambohs
Kollegium für Zivil- , Familien- und
Arbeitsrechtssachen [Hans Reinwarth] Kassationsantragsabteilung
Leiter der
Kassationsantragsabteilung: Karl-Heinz Hintze
1. Zivilsenat
Rechtsmittel-
und Kassationssenat für Entscheidungen der Sachgebiete Familienrecht, LPG-Recht,
Boden- , Nachbar- , Wegerecht, Hypotheken und Zwangsversteigerungen
Vorsitzender: Elfriede Göldner
Stellv. Vors.: Helmut Latka
Beisitzer: Dr.
Ursula Rohde
Dr. Franz Thoms
2. Zivilsenat
Rechtsmittel- und
Kassationssenat für die Entscheidungen der Sachgebiete Patent- und
Erfindungswesen, Mietrecht, Kauf und alle übrigen
Vorsitzender: Dr. Kurt Cohn
Stellv. Vors.: Edgar Prüfer
Beisitzer: Dr. Helmut Grieger
Dr. Wilhelm
Hurlbeck
Senat für Arbeitsrechtssachen
Rechtsmittel- und Kassationssenat
für die Entscheidungen des Sachgebietes arbeitsrechtliche Verfahren
Vorsitzender: Walter Rudelt
Stellv. Vors.: Christoph Kaiser
Beisitzer:
Fritz Spangenberg
Kollegium für Militärstrafsachen [Dr. Günter Sarge]
Militärsenat
Rechtsmittel- und Kassationssenat für die Entscheidungen in
Militärstrafsachen
Vorsitzender: Alfred Hartmann
Stellv. Vors.: Gottfried
Ruf
Beisitzer: Lothar Baier
Rudolf Günther
Bereits fünf Monate später
reichte Präsident Töplitz im ZK der SED eine Vorlage zur Personalaufstockung ein
(50). Die im Rechtspflegeerlass des Staatsrates geforderte Erhöhung der
Wissenschaftlichkeit in der Leitungsfunktion des Obersten Gerichts machte die
Einrichtung der Stelle eines 2. Vizepräsidenten erforderlich. Diese zielte auf
die Entlastung des Präsidenten von der unmittelbaren Anleitung des Kollegiums
für Zivil- , Familien- und Arbeitsrechtssachen. Neben dem Einsatz zusätzlicher
wissenschaftlicher Mitarbeiter bei den Kollegien sollte eine Abteilung
Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit geschaffen werden. Deren Zuständigkeit
bezog sich auf die Erarbeitung wissenschaftlicher Dokumente sowie auf die
Information aller zentralen Rechtspflegeorgane hinsichtlich der Entwicklung der
Rechtsprechung (51). Bis zur Umsetzung in der Geschäftsverteilung des Obersten
Gerichts verging ein Jahr. In einer Hausverfügung legte der Präsident am
31.10.1966 folgende Aufgabenbereiche und Unterstellungsverhältnisse fest (52):
Präsident [Dr. Heinrich Toeplitz] Struktur November 1966 Leitung des Plenums und
des Präsidiums
Inspektionsgruppe
Abteilung Dokumentation und
Öffentlichkeitsarbeit
Internationale Verbindungen
Vizepräsident [Walter
Ziegler]
Anleitung des Kollegiums für Strafsachen
Koordinierung mit dem
Kollegium für Militärstrafsachen
Arbeitsgruppe Jugendkriminalität
Kaderabteilung
Vizepräsident [Hans Reinwarth]
Anleitung des Kollegiums für
Zivil- , Familien- und Arbeitsrechtssachen
Abteilung Verwaltung und Finanzen
Im Jahr 1974 erfolgte parallel mit der Verabschiedung des geänderten
Gerichtsverfassungsgesetzes die erneute Überarbeitung der Struktur und
Geschäftsverteilung. Die Abteilung Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit
stellte Ihre Tätigkeit zum 1. November 1974 ein. Die bisher wahrgenommenen
Aufgaben einer Leitstelle gingen in die ausschließliche Kompetenz des
Ministeriums der Justiz über (53).
Gleichfalls wurde die Inspektionsgruppe
abgeschafft. Zum Jahresende gestalteten sich Struktur und Geschäftsverteilung
folgendermaßen:
Präsident [Dr. Heinrich Toeplitz] Struktur Dezember 1974 (54)
Leitung des Plenums und Präsidiums
Büro des Präsidenten mit Pressereferat
Internationale Verbindungen
Archiv und Bibliothek
Vizepräsident und
Vorsitzender des Kollegiums für Strafsachen [Walter Ziegler]
Kassationsantragsabteilung (55)
Kaderabteilung
Rechtssatzkartei
1.
Strafsenat
Sachliche Zuständigkeit (56): Verbrechen gegen die DDR, den
Frieden, die Menschlichkeit und die Menschenrechte; Missbrauch von Waffen und
Sprengmitteln; Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung
1a
Strafsenat
Territoriale Zuständigkeit: Bezirke Berlin, Cottbus, Frankfurt,
Halle, Neubrandenburg, Potsdam, Schwerin
Vorsitzender: Dr. Friedrich
Mühlberger
Stellv. Vors.: Dr. Ernst Brunner
Beisitzer: Hubert Lehmann
1b Strafsenat
Bezirke Dresden, Erfurt, Gera, Karl-Marx-Stadt, Leipzig,
Magdeburg, Rostock, Suhl
Vorsitzender: Johann Lischke
Stellv. Vors.: Dr.
Johannes Schreiter
Beisitzer: Irmgard Klier
Hans Stodolka
2. Strafsenat
Sachliche Zuständigkeit: Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die
Volkswirtschaft; Straftaten gegen das persönliche und private Eigentum;
Brandstiftung und andere allgemeingefährliche Straftaten; Straftaten gegen den
Gesundheits- und Arbeitsschutz; Delikte gegen das Zoll- , Devisen - und
Edelmetallgesetz
2a Strafsenat
Territoriale Zuständigkeit: Bezirke Berlin,
Cottbus, Frankfurt, Neubrandenburg, Potsdam, Schwerin, Rostock
Vorsitzender:
Dr. Siegfried Wittenbeck
Stellv. Vors.: Dr. Fritz Etzold
Beisitzer: Jost
Minx
Josef Pasler
2b Strafsenat
Territoriale Zuständigkeit: Bezirke
Dresden, Erfurt, Gera, Halle, Karl-Marx-Stadt, Leipzig, Magdeburg, Suhl
Vorsitzender: Dr. Herbert Pompoes
Stellv. Vors.: Dr. Helmut Keil
Beisitzer: Rudi Beckert
Helene Heymann
3. Strafsenat
Straftaten gegen
die Freiheit und Würde des Menschen; Straftaten gegen Jugend und Familie;
Straftaten gegen die Sicherheit im Bahn- und Straßenverkehr, der Luftfahrt und
der Schifffahrt; Delikte gegen den Nachrichtenverkehr, Straftaten gegen die
Rechtspflege; Verletzung dienstlicher Pflichten; sonstige Straftaten gegen die
staatliche und öffentliche Ordnung, Tötungsdelikte, die von jugendlichen Tätern
begangen wurden oder sich gegen Kinder und Jugendliche richten
Vorsitzender:
Dr. Joachim Schlegel
Stellv. Vors.: Dr. Rolf Schröder
Beisitzer: Margot
Amboß
Ilse Holtzbecher
Heinz Helbig
5. Strafsenat
Straftaten gegen
Leben und Gesundheit des Menschen
Vorsitzender: Dr. Ulrich Roehl
Stellv.
Vors.: Erwin Mörtl
Beisitzer: Lotti Oertel
Horst Peckermann
6.
Strafsenat
Alle Entschädigungsangelegenheiten einschließlich
Militärstrafsachen
Vorsitzender: Dr. Siegfrid Wittenbeck
Stellv. Vors.:
Gottfried Ruf
Beisitzer: Rudi Beckert
Hubert Lehmann
Margot Amboß
Lotti Oertel
Vizepräsident und Vorsitzender des Kollegiums für Zivil- ,
Familien- und Arbeitsrechtssachen [Dr. Werner Straßberg]
Kassationsantragsabteilung (57)
Abteilung Verwaltung und Haushalt
1.
Zivilsenat
Vorsitzender: Gottfried Hejhal
Stellv. Vors.: Helmut Latka
Beisitzer: Dr. Ursula Rohde
Dr. Franz Thoms
2. Zivilsenat
Vorsitzender:
Dr. Wilhelm Hurlbeck
Stellv. Vors. : Edgar Prüfer
Beisitzer: Günter
Hildebrandt
Ingrid Tauchnitz
Heinz Mai
Senat für Arbeitsrechtssachen
Vorsitzender: Walter Rudelt
Stellv. Vors.: Dr. Hans Neumann
Beisitzer:
Christoph Kaiser
Vizepräsident und Vorsitzender des Kollegiums für
Militärstrafsachen (58) [Dr. Günter Sarge]
Kaderangelegenheiten des
Kollegiums
Zivilverteidigung
1. Militärstrafsenat
Vorsitzender:
Oberstleutnant Fritz Nagel
Stellv. Vors.: Oberstleutnant Lothar Baier
Beisitzer: Major Karl-Heinz Knoche
2. Militärstrafsenat
Vorsitzender:
Oberst Lothar Penndorf
Stellv. Vors.: Oberst Gottfried Ruf
Beisitzer:
Oberstleutnant Hans-Joachim Arndt
...
Rudi Beckert. Die erste und letzte Instanz - Schau- und Geheimprozesse
vor dem Obersten Gericht der DDR. Goldbach 1995.
Günter Sarge, Jörg Arnold, Ursula Fieber, Wolfgang Rieger. Das Oberste Gericht der DDR - Rechtsprechung im Dienste des Volkes. Berlin 1989. S. 29.
Bundesgerichtshof pro Nazirichter
... Der prominenteste DDR-Richter, dem die BRD-Richter den Prozess machten, war Hans Reinwarth – zuletzt Vizepräsident des Obersten Gerichts der DDR (entsprach dem BGH). Das Landgericht (West-)Berlin verurteilte Reinwarth wegen Mitwirkung an drei Todesurteilen, von denen eines vollstreckt wurde, zu 3 Jahren und 9 Monaten Gefängnis – ein letzlich kollegial mildes Urteil.
Doch Reinwarth fand nicht einmal das gut. Denn die NS-Richter, die viel mehr Justiz-Morde begangen hatten als er, waren strafrechtlich überhaupt nicht verfolgt oder freigesprochen worden. Furore gemacht hatte der Freispruch des zweiten Freisler, des NS-Richters Hans-Joachim Rehse, den man getrost als Justiz-Massenmörder bezeichnen kann. Rehse war vom Landgericht (West-)Berlin zunächst verurteilt worden. Doch der Bundesgerichtshof saugte sich für Rehses Freispruch eine Ausrede aus den Fingern, nach der Richtern und Staatsanwälten ein Vorsatz praktisch nie nachzuweisen ist. Bei Delinquenten, die keine Justizangehörigen sind, reicht zum Nachweis des Vorsatzes Fahrlässigkeit, die als “bedingter Vorsatz” bezeichnet wird. Oder es reicht, wenn in der Anklageschrift / dem Strafbefehl steht: “Sie beabsichtigten damit …” oder “Sie wussten, dass …” und dergleichen. Bei Richtern und Staatsanwälten dagegen läuft die Ausrede des BGB darauf hinaus, dass die angezeigten Justizangehörigen gestehen müssten: “Ja, ich habe Recht gebeugt.” Das tun die natürlich nicht.
..."
http://bloegi.wordpress.com/2012/01/30/basdorfs-urteil/
Ernst Melsheimer
Ernst Melsheimer im Dessauer Schauprozess
Ernst Melsheimer (* 9. April 1897 in Neunkirchen; † 25. März 1960 in Berlin) war ein deutscher Jurist und der erste Generalstaatsanwalt der DDR. Er gilt – neben Hilde Benjamin – als der wichtigste Staatsrechtler der jungen DDR. Melsheimer trat insbesondere für eine Durchdringung der Gerichte durch die „Partei“ (SED) und gegen eine Trennung von Justiz und Staat ein.
Leben [Bearbeiten]
Nach dem Jura-Studium in Marburg und Bonn trat Melsheimer 1922 in den preußischen Justizdienst ein. 1924 wurde er Landgerichtsrat, 1933 Landgerichtsdirektor, 1940 Kammergerichtsrat in Berlin. 1944 schlug man ihn für das Reichsgericht vor. Von 1928 bis 1933 gehörte er der SPD und dem Reichsbanner an. 1933 trat er aus der SPD aus, möglicherweise, um seine Karriere nicht zu gefährden. Er engagierte sich stattdessen 1936 im Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund (NSRB), stieg 1937 zum Kreisrechtsberater in der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) auf, erhielt 1940 die „Treuemedaille des Führers 2. Klasse“, wurde aber nie Mitglied der NSDAP. Melsheimer gelang es, unter den Nationalsozialisten Karriere zu machen, ohne sich an politischen Strafprozessen „die Hände schmutzig zu machen“.[1]
Unmittelbar nach Ende des 2. Weltkriegs 1945 trat Melsheimer in die KPD ein und 1946 (durch die Zwangsvereinigung von SPD und KPD) in die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED). Er gehörte zu den ganz wenigen Ausnahmen von NS-vorbelasteten Juristen, die in der jungen DDR als Anwälte arbeiten durften[2]. Melsheimer war zunächst Staatsanwalt in Berlin, wo er unter anderem politisch motivierte Todesurteile beantragte, von 1946 bis 1949 zudem Vizepräsident der (Ost-)Deutschen Zentralverwaltung für Justiz DJV. Die DJV war eine von der Sowjetischen Militäradministration SMAD installierte Vorgängerorganisation des DDR-Justizministeriums.
Melsheimer profilierte sich innerhalb der Partei, als er am 14. August 1948 die entscheidende Unterschrift für eine Säuberungsaktion in der DJV leistete: Sein Chef, der ehemalige Weimarer Reichstagsabgeordnete Eugen Schiffer, Mitglied der LDPD, war in Urlaub, und als er zurückkehrte, war die Personalspitze der DJV im Sinne der SED verändert worden. Schiffer reichte umgehend seinen Rücktritt ein. Melsheimer rechnete sich die Nachfolge als neuer Leiter der DJV aus, wurde jedoch enttäuscht. Die SMAD ernannte am 2. Oktober per Befehl Nr. 158 nicht Melsheimer, sondern Max Fechner. Melsheimer wurde zudem eine zweite Stellvertreterin des Leiters zur Seite gestellt, Hilde Benjamin.[3]
Im Dezember 1949 nahm Ernst Melsheimer den Posten des ersten Generalstaatsanwalts und damit auch des Chefanklägers am Obersten Gericht der DDR an. In dieser Funktion war er unter anderem an den Schauprozessen gegen Wolfgang Harich, Walter Janka, Leo Herwegen und Leonhard Moog sowie an zahlreichen Geheimprozessen beteiligt.
Kurze Meldung in der New York Times über Melsheimers einstimmige Wiederwahl zum Generalstaatsanwalt der DDR (13. Januar 1955)
Bereits vor seinem Amtsantritt als Generalstaatsanwalt legte Melsheimer im Januar 1948 anlässlich der 3. Tagung des Ausschusses für Rechtsfragen beim ZK der SED sein Bekenntnis zu einem starken Staat, der auch die Gerichte dominiert, ab[4]:
„Man sollte beherzigen, daß es ein alter revolutionärer und demokratischer Grundsatz ist, daß man einen Staat dann umwandelt, wenn man zwei Dinge in der Hand hat: die Polizei und die Justiz. Die Polizei hat man in der Hand, die Justiz noch nicht. Daß wir sie in die Hand bekommen, sollte unser Ziel sein.“
Ernst Melsheimer blieb bis zu seinem Tod 1960 Generalstaatsanwalt. Sein Nachfolger war Josef Streit. Seine Urne wurde in der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin-Lichtenberg beigesetzt.
Einzelnachweise [Bearbeiten]
http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Melsheimer
Rudolf Bahro
Rudolf Bahro (* 18. November 1935 in Bad Flinsberg, Landkreis Löwenberg in Schlesien; † 5. Dezember 1997 in Berlin) war ein deutscher Philosoph, Politiker und Sozialökologe. Er gehörte zu den profiliertesten Dissidenten der DDR und wurde durch seine Kritik des real existierenden Sozialismus im Buch Die Alternative (1977) bekannt. 1979 verließ er die DDR, lebte bis 1989 in Westdeutschland, und ab 1990 wieder in Berlin.
...
Ein Buch wie Die Alternative zu schreiben und zu veröffentlichen, war an sich
in der DDR nicht strafbar. Daher konstruierte die Staatsanwaltschaft den
Tatbestand, Bahro habe aus „Geldgier“ Informationen (und frei erfundene
Falschinformationen) für den westdeutschen Verfassungsschutz zusammengetragen
und diesem durch die Veröffentlichung des Buches „übermittelt“. Der
Generalstaatsanwalt der DDR hatte eine Reihe von Sachverständigen bestellt, die
für ihr jeweiliges Fach stehend ein Gutachten zum Buch anfertigen sollten. So u.
a. der Philosoph Wolfgang Eichhorn, der Politikökonom Dieter Klein, der
Rechtsphilosoph Hermann Klenner, der Ökonom Harry Maier sowie der
Rechtswissenschaftler Karl-Heinz Röder. Die Betreffenden schickten ihre
Gutachten tatsächlich an den Generalstaatsanwalt, wobei sich die Originale nicht
zufällig in den MfS-Akten wiederfinden.[7] Am 30. Juni 1978 wurde Bahro unter
Ausschluss der Öffentlichkeit[8] wegen „landesverräterischer Sammlung von
Nachrichten“ und „Geheimnisverrats“ zu acht Jahren Freiheitsentzug verurteilt.
Aus den Akten geht hervor, dass das Strafmaß bereits im Vorfeld der Verhandlung
feststand, und auch die Bekanntgabe des Urteils für die Presse war schon vorab
fertig formuliert. Der Prozess, in dem Bahro von Gregor Gysi verteidigt wurde,
war demnach nur noch eine Formalität. Die daraufhin von Gysi vor dem Obersten
Gericht der DDR eingereichte Berufung wurde umgehend als „offensichtlich
unbegründet“ zurückgewiesen.
Nach seiner Verurteilung kam Bahro in die
Sonderhaftanstalt des MfS Bautzen II. Nachdem es ihm gelungen war, heimlich
Briefe aus dem Gefängnis in den Westen zu übermitteln, wurde im März 1979 neben
den bereits bestehenden Isolationsbereichen eigens für ihn ein streng
abgetrennter Flur eingerichtet. Das MfS erarbeitete ein Sicherheitskonzept, um
jegliche Kontakte zur Außenwelt zu unterbinden. Es veranlasste den Einbau
zusätzlicher Türen sowie von Milchglasfensterscheiben und Überwachungskameras
und legte Sonderregeln für den Hofgang und den Arbeitseinsatz auf dem Flur fest.
Nur ausgewähltes Personal erhielt Zutritt.[9]
Die Urteilsverkündung hatte
sofort heftige und anhaltende Proteste und Solidaritätsbekundungen im Westen
ausgelöst. Den Höhepunkt bildete der vom Komitee für die Freilassung Rudolf
Bahros veranstaltete „Internationale Kongress für und über Rudolf Bahro“, der
vom 16. bis 19. November 1978 in West-Berlin stattfand und von über 2000
Teilnehmern besucht wurde. Die Breite der Solidaritätsbewegung illustrierte ein
Appell an den Staatsrat der DDR in der Frankfurter Rundschau vom 11. Mai 1979,
der von Bahro-Komitees in 12 Ländern organisiert und von zahlreichen Prominenten
unterzeichnet worden war. Hinzu kamen Auszeichnungen: Bahro wurde mit der
„Carl-von-Ossietzky-Medaille“ der Internationalen Liga für Menschenrechte
ausgezeichnet[10] und die P.E.N.-Zentren Dänemarks und Schwedens ernannten ihn
zum Mitglied.
Am 11. Oktober 1979 amnestierte die DDR Bahro und auch Nico
Hübner anlässlich ihres 30. Jahrestages. Am 17. Oktober reiste Bahro auf eigenen
Wunsch zusammen mit seiner früheren Ehefrau, den beiden gemeinsamen Kindern und
seiner Lebensgefährtin Ursula Beneke aus der DDR in die Bundesrepublik
Deutschland aus. Er hatte bereits im Juli einen entsprechenden Ausreiseantrag
gestellt, weil er in der DDR nach dem Ende seiner Haft keine sinnvollen
Betätigungsmöglichkeiten mehr sah.
...
Am 16. Juni 1990 wurde der
vorbestrafte Bahro – wiederum vertreten durch Gysi – vom Obersten Gericht der
DDR vollständig rehabilitiert. Am 15. September, kurz vor dem Ende der DDR,
berief ihn der Minister für Bildung und Wissenschaft zum außerordentlichen
Professor für Sozialökologie an die Humboldt-Universität. Ab dem Wintersemester
1990/1991 hielt Bahro regelmäßig Vorlesungen zu Fragen der ökologischen Krise,
in denen er seine in der Logik der Rettung aufgeworfenen Thesen
weiterentwickelte.[18] Die Vorlesungen, zu denen er vielfach auch Gastredner
einlud, richteten sich an Studierende aller Semester (Studium generale) und
fanden auch reges Interesse bei außeruniversitären Hörern. In den ersten Jahren
war das Audimax der Universität durchweg voll besetzt. Die Vorlesungen, die
immer montags 18 Uhr stattfanden, waren öffentlich, und zogen so oft über 500
Zuhörer aus den verschiedensten Fakultäten und aus ganz Berlin an.
...
https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Bahro
Kommentar Väternotruf:
"Die daraufhin von Gysi vor dem Obersten Gericht der DDR eingereichte Berufung wurde umgehend als „offensichtlich unbegründet“ zurückgewiesen." Das kommt doch den jahrzehntelang sorgerechtlich diskriminierten Vätern in der Bundesrepublik Deutschlands merkwürdig bekannt vor. Nur dass es hier nicht das Oberste Gericht der DDR war, sondern das Bundesverfassungsgericht, das jahrzehntelang Verfassungsbeschwerden nichtverheiratete Väter wegen angeblicher Unbegründetheit abschmetterte. Erst als der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in der Entscheidung Zaunegger gegen Deutschland die Bundesrepublik wegen der sorgerechtlichen Diskriminierung nichtverheirateter Väter verurteilte, gab das Bundesverfassungsgericht - inzwischen glücklicherweise von den meisten der bis dato für die sorgerechtliche Diskriminierung mitverantwortlichen Richter einschließlich seines Präsidenten Hans-Jürgen Papier verlassen - seine rigide Diskriminierung nichtverheirateter Väter und ihrer Kinder auf.
Die jahrzehntelang in der Bundesrepublik Deutschland um ihre Menschenrechte betrogenen Väter warten bis heute auf eine Entschuldigung der Bundesregierung und angemessene Wiedergutmachungsleistungen.
Hans Reinwarth – zuletzt Vizepräsident des Obersten Gerichts der DDR
Mitwirkung an Todesurteilen
Todesurteile
vom 04.08.1955
Bruno Krüger und Susanne Krüger
am 14.09.1955 hingerichtet
Gegen die Todesstrafe und für lebenslange Freiheitsstrafe gestimmt
Todesurteile am Bezirksgericht Cottbus
Heinz Friedemann
Am 22.12.1955 hingerichtet
http://www.althand.de/basdorf951116
Karl-Albrecht Tiemann (* 1902 in Cottbus; † 26. Juli 1955 in Dresden) war ein deutscher Philologe, Geheimdienst-Mitarbeiter und Opfer der DDR-Justiz.
Nach Abschluss der Schulausbildung studierte Tiemann Philologie. Während des Zweiten Weltkriegs diente er in der Wehrmacht und unterhielt Verbindungen zur Widerstandsgruppe des Kreisauer Kreis um Helmuth James Graf von Moltke. Zum Kriegsende geriet Tiemann in Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Entlassung kehrte er in seine Geburtsstadt Cottbus in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone zurück und wurde Dozent an der dortigen Volkshochschule. 1948 trat Tiemann der SED bei, überwarf sich aber schnell mit der Partei, und erhielt zunächst Lehrverbot an der Volkshochschule, was später auch auf seinen Privatunterricht ausgeweitet wurde.
Da Tiemann in der DDR keine Lebensperspektive mehr sah und dem sozialistischen Regime zunehmend kritisch gegenüberstand, siedelte er mit seiner Familie ins damalige West-Berlin über und lebte hier im Ortsteil Zehlendorf. Hier arbeitete er zunächst für die Geheimdienste des Vereinigten Königreiches und Frankreichs, bevor er 1954 in den Dienst des Berliner Landesamtes für Verfassungsschutz trat. Hier soll er mit dem Aufbau eines Informantennetzes in der DDR beschäftigt gewesen sein. Wegen seiner Tätigkeiten in West-Berlin gegen die DDR geriet Tiemann schnell ins Visier des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR, zumal die DDR seine Übersiedlung nach West-Berlin als illegal ansah.
Am 1. August 1954 wurde er von einem Cousin seiner Ehefrau in eine Falle gelockt, von einer Operativgruppe des MfS der DDR über die Sektorengrenze nach Potsdam entführt und inhaftiert. Im April 1955 wurde Tiemann vor dem Bezirksgericht Cottbus der Prozess wegen „Verbindungen zu westlichen Geheimdiensten“ gemacht. In dem Geheimprozess wurde Tiemann schließlich zum Tode verurteilt. Die von seinem Pflichtverteidiger eingelegte Berufung wies das Oberste Gericht der DDR einen Monat später zurück, das Gnadengesuch an DDR-Präsident Wilhelm Pieck wurde abgelehnt. Am 26. Juli 1955 wurde Karl-Albrecht Tiemann im Zuchthaus Dresden mit dem Fallbeil enthauptet.
Seinen von der Staatssicherheit zurückgehaltenen Abschiedsbrief erhielt die Familie erst nach der deutschen Wiedervereinigung. Die Arbeitsgemeinschaft 13. August e.V. beantragte schließlich die Rehabilitation Tiemanns. Anfang Mai 2006 erklärte das Landgericht Cottbus das DDR-Todesurteil für rechtsstaatswidrig und hob es auf, da es “der politischen Verfolgung gedient” gedient habe.
Karl-Albrecht Tiemann war verheiratet und hatte zwei Kinder.
http://de.wikipedia.org/wiki/Karl-Albrecht_Tiemann
RIAS-Prozess
Der sogenannte RIAS-Prozess (offizielle
Bezeichnung Strafsache gegen Wiebach und andere)[1][2] war ein Schauprozess, der
1955 vor dem Obersten Gericht der DDR stattfand. In diesem Strafverfahren wurden
fünf Bürger aus Ost-Berlin und der DDR angeklagt, weil sie mit dem Rundfunk im
amerikanischen Sektor von Berlin (RIAS) in Kontakt standen und Informationen an
Mitarbeiter des Senders weitergaben. Auf Weisung von Walter Ulbricht wurde gegen
einen der Angeklagten ein Todesurteil verhängt.
Die näheren Umstände des
Prozesses und der Urteilsfindung gelangten erst nach der politischen Wende in
den 1990er Jahren an die Öffentlichkeit.[3]
...
Am 14. Juni 1955 erhielt Walter Ulbricht, der Erste Sekretär des
Zentralkomitees der SED, eine von Klaus Sorgenicht unterzeichnete und von Josef
Streit verfasste dreiseitige Hausmitteilung, die von der Abteilung Staatliche
Organe im ZK der SED angefertigt worden war. Der erste Satz der Mitteilung ist
eine Vorverurteilung der Angeklagten: „Die Beschuldigten sind Agenten des RIAS
und haben durch die Lieferung von Spionageinformationen politischen,
wirtschaftlichen und militärischen Charakters die Durchführung von Sabotage- und
Diversionsakten unterstützt und zur Vorbereitung eines neuen Krieges
beigetragen.“ Danach folgt eine stichwortartige Beschreibung der Anklagepunkte.
Das Schreiben endet mit dem Hinweis: „Folgende Strafen sind beabsichtigt:
Wiebach – lebenslängliches Zuchthaus, Baier – fünfzehn Jahre Zuchthaus, Krause –
lebenslängliches Zuchthaus, Gast – zwölf Jahre Zuchthaus, Vogt – acht Jahre
Zuchthaus.“[3]
Ulbricht strich bei Joachim Wiebach „lebenslängliches
Zuchthaus“ durch und schrieb „Vorschlag: Todesurteil“. Dann unterzeichnete er
die Mitteilung mit „Einverstanden/W. Ulbricht“.[3][7][8][9]
Der Prozess
Die Angeklagten Joachim Wiebach, Richard Baier, Günter Krause, Willi Gast und
Manfred Vogt in der 2. Reihe
Joachim Wiebach vor Gericht. In der Bildmitte
Kurt Schumann. Links von ihm vermutlich Helene Kleine und rechts Hans
Rothschild.
Der Prozess vor dem 1. Senat des Obersten Gerichts der DDR
fand an zwei Verhandlungstagen am 24. und 25. Juni 1955 vor erweiterter
Öffentlichkeit statt. Den Vorsitz hatte Kurt Schumann, der Präsident des
Obersten Gerichts. Als Beisitzer fungierten Helene Kleine und Hans Rothschild,
die beide Oberrichter am Obersten Gericht waren. Die Anklage wurde von
Generalstaatsanwalt Ernst Melsheimer und Staatsanwalt Walter Piehl vertreten.
Drei Rechtsanwälte aus Ost-Berlin, Halle/Saale und Löbau vertraten die
Angeklagten.[3]
In der Hauptverhandlung wurden 14 Zeugen verhört, die
ausschließlich Belastungszeugen waren. Am 27. Juni 1955 wurden die Urteile
verkündet. In der Urteilsbegründung wurde der RIAS als „Spionagezentrale“ und
„verbrecherische Organisation“ bezeichnet.[3]
„Die Hauptverhandlung vor
dem Obersten Gericht der Deutschen Demokratischen Republik hat die Richtigkeit
der Anklage des Generalstaatsanwalts bestätigt, dass die Sendungen des RIAS dem
alleinigen Zweck dienen, die Atmosphäre in den internationalen Beziehungen durch
die Verleumdung der Länder des Friedenslagers zu vergiften, Provokationen zu
inszenieren, das Gift des Chauvinismus und der Kriegshetze zu verbreiten und
jede nur mögliche Unruhe zu schaffen, um unter allen Umständen zu verhindern,
dass Deutsche aus Ost und West durch Verhandlungen alles Trennende beseitigen.“
– Aus der Urteilsbegründung[3]
Mit den verhängten Strafen folgte das
Gericht im Wesentlichen den Vorgaben aus dem ZK der SED. Joachim Wiebach wurde –
der Vorgabe Ulbrichts entsprechend – zum Tode verurteilt.[3] Richard Baier
erhielt für die Weitergabe von Informationen, die er der DDR-Presse entnahm,[10]
13 Jahre Zuchthaus, von denen er 6 Jahre und 9 Monate verbüßte.[11] Günter
Krause wurde zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt. Er hatte offen
zugängliche Informationen an den RIAS geliefert. Strafverschärfend war wohl,
dass er Daten über das Gebäude und den Personalstand des örtlichen
Volkspolizeikreisamts, die Verlegung einer Einheit der Kasernierten Volkspolizei
und die Auflösung und Verlegung sowjetischer Dienststellen weitergab. Willi Gast
erhielt eine Strafe von 15 Jahren Zuchthaus. Vor seiner Verhaftung arbeitete er
als Sachbearbeiter in Stralsund im staatlichen Kreiskontor für
landwirtschaftlichen Bedarf. Er war Mitglied in der SED. In der
Urteilsbegründung wurde ihm vorgeworfen, durch seine Informationen die
Bevölkerung der DDR bewusst verunsichert und das Vertrauen in die Regierung und
die örtlichen Staatsorgane damit angegriffen zu haben. Als besonders
schwerwiegende Vergehen wurden ihm dabei die „Gefährlichkeit seiner
Berichterstattung“, seine „Hartnäckigkeit“, sein freiwilliges Andienen seiner
Dienste beim RIAS und seine Tarnung als „Mitglied der Partei der Arbeiterklasse“
angerechnet.[10] Zu acht Jahren Zuchthaus wurde Manfred Vogt verurteilt. Bis zu
seiner Verhaftung arbeitete er im VEB Stahl- und Walzwerk Brandenburg. Laut dem
Vernehmungsprotokoll wurde Vogt in West-Berlin von Siegel auf der Straße
angesprochen. Vogt verweigerte zunächst die Mitarbeit, wurde aber von Siegel
zweimal massiv unter Druck gesetzt. Danach übergab er Siegel Informationen, die
ausschließlich seinen Betrieb betrafen. Die Weigerung Vogts zur Zusammenarbeit
mit Siegel wurde auch vom Gericht anerkannt: „[…] dem Angeklagten [ist] zugute
zu halten, daß er zweimal den Versuch unternommen hat, die Verbindung mit dem
RIAS zu lösen und durch Drohungen […] zur weiteren Spionage veranlasst
wurde.“[12]
https://de.wikipedia.org/wiki/RIAS-Prozess
André Herzberg
André Herzberg (* 28. Dezember 1955 in Ost-Berlin) ist ein deutscher Musiker,
Sänger und Schauspieler. Seine größten Erfolge feierte er mit der Band Pankow.
Inhaltsverzeichnis
Herzberg wurde als jüngster Sohn in einer streng
kommunistisch orientierten Familie jüdischer Herkunft geboren,[1] seine Mutter
war in der DDR Staatsanwältin, sein Vater Rundfunkjournalist. Der Autor und
Publizist Wolfgang Herzberg ist sein Bruder.
...
https://de.wikipedia.org/wiki/Andr%C3%A9_Herzberg
Horst Fischer (Mediziner)
Horst Paul Silvester Fischer (* 31. Dezember
1912 in Dresden; † 8. Juli 1966 in Leipzig) war ein als Mediziner ausgebildeter
Deutscher und KZ-Arzt im KZ Auschwitz III Monowitz und Stellvertretender
Lagerarzt im gesamten Konzentrationslager Auschwitz, Mitglied der SS und der
NSDAP. Somit war er von 1942 bis 1945 an Morden von Gefangenen in tausendfacher
Zahl beteiligt. Aus Sicht der Medizinethik verbietet sich nachträglich der
Gebrauch der Worte Mediziner oder Arzt im Zusammenhang mit einer
Berufsbezeichnung Fischers.
Inhaltsverzeichnis
Horst Fischer wuchs
nach dem Tod seiner Eltern als Vollwaise bei seinem Onkel in Berlin auf, der ihn
völkisch-nationalistisch erzog. Er gehörte der Bündischen Jugend an. Im Jahr
1932 trat Fischer nach dem Ende seiner Schullaufbahn ein Medizinstudium an der
Universität Berlin an, das er 1937 mit dem Staatsexamen abschloss.
Am 1.
November 1933 trat er der SS (SS-Nummer 293.937) bei, am 18. Oktober 1937
beantragte er die Aufnahme in die NSDAP und wurde rückwirkend zum 1. Mai
desselben Jahres aufgenommen (Mitgliedsnummer 5.370.971).[1]
Nach Beginn
des Zweiten Weltkrieges war Fischer zunächst als Truppenarzt der Waffen-SS in
Oranienburg, Dachau und Stralsund eingesetzt. Er nahm am Überfall auf die
Sowjetunion teil. Die Erkrankung an einer Lungentuberkulose führte zu einer
Versetzung weg von der Fronttruppe. Im Erholungsheim machte Fischer die
Bekanntschaft mit Enno Lolling, dem Chef des Amtes D III des SS-Wirtschafts- und
Verwaltungshauptamtes (Sanitätswesen und Lagerhygiene), dem sämtliche Lagerärzte
unterstanden. Auf Lollings Angebot, in einem Konzentrationslager eingesetzt zu
werden, um seine chirurgischen Fachkenntnisse zu erweitern, willigte Fischer ein
und wenige Monate später erfolgte ein Einberufungsbefehl nach Auschwitz.
Lagerarzt in Monowitz
Horst Fischer trat seinen Dienst in dem KZ
Auschwitz am 6. November 1942 an. Hier war er dem Standortarzt Eduard Wirths,
einem persönlichen Freund, unmittelbar unterstellt. Zunächst Truppenarzt, wurde
er als Nachfolger von Friedrich Entress in dessen Funktion als Lagerarzt in dem
Arbeitslager und der Produktionsstätte der I.G. Farben auf dem Gelände der
Buna-Werke im KZ Auschwitz III Monowitz spätestens ab November 1943 eingesetzt.
In dieser Position oblag es Fischer, die Selektion von Häftlingstransporten
durchzuführen und über deren Arbeitsfähigkeit oder -unfähigkeit und damit ihre
Ermordung im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau zu entscheiden. Schließlich
avancierte Horst Fischer zum stellvertretenden Standortarzt von Auschwitz. Im
September 1944 folgte ihm auf seine Stelle als Lagerarzt in Monowitz Hans
Wilhelm König nach.
1943 stieg er zum SS-Hauptsturmführer auf. Nach der
Räumung des KZ Auschwitz war er ab Februar 1945 im SS-Wirtschafts- und
Verwaltungshauptamt tätig.[1]
Am 4. Januar 1945 rettete er dem Häftling
Tomáš Weiss sehr wahrscheinlich das Leben, durch eine von ihm bewusst
aufrechterhaltene Fehldiagnose, die er, trotz besseren Wissens, in dessen
Krankenakte dokumentierte.[2]
Nachkriegszeit
Nach Kriegsende praktizierte Fischer zunächst
unbehelligt unter seinem richtigen Namen in Golzow bei Brandenburg an der Havel
und später in Spreenhagen, Kreis Fürstenwalde, als Landarzt. Allerdings wurde
Horst Fischer aufgrund seiner Westkontakte und wegen „politischer
Unzuverlässigkeit“ gegenüber dem DDR-Regime vom Ministerium für Staatssicherheit
(MfS) über Jahre ständig observiert.
Im April 1964 wurde das Ministerium
für Staatssicherheit auf Fischers Tätigkeit als Lagerarzt in Auschwitz 1943/44
aufmerksam. Am 11. Juni 1965 wurde Horst Fischer in Untersuchungshaft genommen
und vom MfS über einen mehrmonatigen Zeitraum verhört.
Gerichtsverfahren und
Verurteilung
Horst Fischer (an der Tafel), am 11. März 1966
Das
Verfahren gegen Fischer fand im März 1966 vor dem Obersten Gericht der DDR unter
Vorsitz des Präsidenten Heinrich Toeplitz statt.
Fischer war der
Durchführung von Selektionen, der Beaufsichtigung von Morde in den Gaskammern
und der Anforderung von Zyklon B dazu beschuldigt.
Am 10. März 1966
begann das Hauptverfahren. Als Rechtsbeistand Horst Fischers fungierte Wolfgang
Vogel.
Am 25. März 1966 ergingen der Schuldspruch wegen „fortgesetzt
begangener Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und das Todesurteil. Nach der
Ablehnung des Gnadengesuches an den Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht wurde
Horst Fischer am 8. Juli 1966 durch die „Fallschwertmaschine“ (Guillotine) in
der Zentralen Hinrichtungsstätte der DDR in der Justizvollzugsanstalt Leipzig
getötet.
Schauprozess
Das Verfahren gegen Fischer vor dem Obersten
Gericht der DDR hatte von Anfang an auch einen deutlichen Charakter als
Schauprozess. So war der Prozessverlauf durch besondere Direktiven des MfS
vorgegeben. Trotzdem stand nicht Fischers individuelle Verurteilung im
Vordergrund, sondern die DDR-Justiz erhoffte sich, durch die Aufdeckung von
Fischers Tätigkeit im von der Industrie dafür errichteten Konzentrationslager
Monowitz eine Belastung der deutschen Industrie im Allgemeinen und des
ehemaligen I.G.-Farben-Konzerns im Besonderen aufzeigen zu können, da dieser
nach seiner Auflösung durch die Alliierten in Form verschiedener
Nachfolgeunternehmen in Westdeutschland weiter bestand.
Während der
zehntägigen Verhandlung brachte Horst Fischer praktisch keinerlei Verteidigung
vor, bejahte ohne Zögern alle Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft und
belastete sich mitunter selber, was den Schauprozesscharakter weiter verstärkte.
Sein Anwalt W. Vogel war als staatlicher Beauftragte für den Freikauf und
Austausch von politischen Häftlingen und für den zwischenstaatlichen Austausch
von Spionen bekannt.
Siehe auch
Liste von NS-Ärzten und Beteiligten an
NS-Medizinverbrechen
Liste von in der DDR hingerichteten Personen
Literatur
Christian Dirks: Die Verbrechen der Anderen. Auschwitz und der
Auschwitz-Prozess der DDR. Das Verfahren gegen den KZ-Arzt Dr. Horst Fischer.
Schöningh, Paderborn 2006, ISBN 3-506-71363-9.
Christian Dirks:
„Vergangenheitsbewältigung“ in der DDR: zur Rezeption des Prozesses gegen den
KZ-Arzt Dr. Horst Fischer 1966 in Ost-Berlin. In: Jörg Osterloh, Clemens
Vollnhals (Hrsg.): NS-Prozesse und deutsche Öffentlichkeit. Besatzungszeit,
frühe Bundesrepublik und DDR. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2011, ISBN
978-3-525-36921-0, S. 363–374.
Ernst Klee: Auschwitz. Täter, Gehilfen, Opfer
und was aus ihnen wurde. Ein Personenlexikon. S. Fischer, Frankfurt am Main
2013, ISBN 978-3-10-039333-3.
Hermann Langbein: Menschen in Auschwitz.
Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1980, ISBN 3-548-33014-2.
Henry
Leide: Auschwitz und Staatssicherheit – Strafverfolgung, Propaganda und
Geheimhaltung in der DDR. Bundesbeauftragte für die Unterlagen des
Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Berlin, 2019, S. 167–177. ISBN
978-3-946572-22-0.
Weblinks
Literatur von und über Horst Fischer
im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Der Prozess gegen Horst Fischer
1966 und weitere Informationen auf wollheim memorial bei der Goethe-Universität
Frankfurt
Einzelnachweise
Ernst Klee: Auschwitz. Täter, Gehilfen und
Opfer und was aus ihnen wurde. Ein Personenlexikon, Frankfurt am Main 2013, S.
117
Welt: Sie sind stark genug, um uns aus lauter Verzweiflung zu liquidieren
https://de.wikipedia.org/wiki/Horst_Fischer_(Mediziner)
UTOPIE kreativ, H. 153/154 (Juli/August 2003), S. 741-750 741
JÜRGEN JAHN
Geraubte Jahre. Der Lebensweg des Bernhard Steinberger
Vorbemerkung
Bernhard Steinberger (geboren am 17. September 1917 in München, gestorben am
16. Dezember 1990 in Berlin) wurde in der Öffentlich-keit der DDR kurzzeitig
bekannt als Mitangeklagter und -verurteilter im Harich-Prozeß (1957). Über sein
Leben vor und nach der Verurteilung war wenig oder fast gar nichts bekannt; er
selbst hat darüber nichts veröffentlicht. Sein Name taucht marginal in zwei
Publikationen der 70er Jahre1 auf, 1988 dann ausführlicher bei Hodos. Auch
Wolfgang Harich hat sich in seinen Büchern nicht immer die Mühe exakter und
stimmiger Angaben gemacht. Verläßliche Angaben enthält der Artikel von Wilfriede
Otto4. Für meine biographische Skizze konnte ich die in der Behörde der
Bundesbeauftragten für die Unter-
lagen des Staatssicherheitsdienstes der
ehemaligen DDR verwahrten Akten einsehen. Frau Ibolya Steinberger und ihr Sohn
Bernhard stellten mir freundlicherweise Familienpapiere zur Verfügung, für deren
Benutzung ich ihnen Dank schulde.
...
In der Vernehmung vom 8. Dezember 1956 und in der ihm abgezwungenen »Rechenschaftslegung...« legt Steinberger im übrigen auch seine Grundgedanken zur Reform der Planwirtschaft dar: Mit der Kritik am bürokratisch-administrativen Planungssystem, dem Konzept einer Selbstverwaltung der Betriebe und der Orientierung auf das Wertgesetz stimmen sie weitgehend mit den Theorien seines Chefs Fritz Behrens überein, der 1957 ihretwegen als »wirtschaftstheoretischer Revisionist« gemaßregelt und aller Ämter enthoben wird. Man könnte meinen, daß mit der Verurteilung des Schülers auch der Lehrer getroffen werden sollte.
Steinberger wird in das Strafarbeitslager Berlin-Hohenschönhausen übergeführt (4. 4. 1957). Sein Strafvollzugs-Überwachungsheft enthält die Verfügung des Staatsanwalts Jahnke vom gleichen Tage: »Strafe muß verbüßt werden.« Eine vorzeitige Entlassung auf Bewährung nach zwei Jahren, wie sonst bei Politischen üblich, wird also von vornherein ausgeschlossen.
...
Zum 1. Juni 1970 zum Hochschuldozenten für Sozialistische Volkswirtschaft berufen, konzentriert sich Steinberger in den Jahren bis zur Rente (1977) ganz auf die Lehrtätigkeit; dem Thema einer geplanten Habilschrift (1974) wird nicht zugestimmt. In der Zeit der politischen Wende unterstützt er als Berater das Neue Forum Berlin.
Am 15. Januar 1990 beantragt er beim Obersten Gericht der DDR die »Revision
der Urteile gegen Harich, Steinberger und Hertwig« und faßt noch einmal seine
Reformvorstellungen des Jahres 1956 zusammen, deren Ziel eine entstalinisierte
sozialistische Partei und ein demokratischer Staat waren. Das Oberste Gericht
der DDR kassiert am 28. März 1990 das Urteil von 1957. An der
Kassationsverhandlung kann Steinberger, schwer erkrankt, nicht mehr teilnehmen.
Die späte Wiedergutmachung ändert freilich nichts an den Verletzungen und
Leiden, die Bernhard und
Ibolya Steinberger im Laufe ihres Lebens erdulden
mußten.
https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Utopie_kreativ/153-4/153_154_jahn.pdf
Todesurteile 23. September 1955
Todesurteile gegen Laurenz und Barczatis,
1955
„Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik
1.
Strafsenat
1 Zst (I) 7/55
Im Namen des Volkes In der Strafsache gegen 1.
Laurenz, Karl [...], 2. Barczatis, Elli, Helene [...]
wegen Verbrechen gegen
Art. 6 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik durch den 1.
Strafsenat in der Sitzung vom 23. September 1955, an der teilgenommen haben:
Vizepräsident Ziegler als Vorsitzender, Oberrichter Dr. Löwenthal, Oberrichter
Frau Kleine als beisitzende Richter, Staatsanwalt Lindner als Vertreter des
Generalstaatsanwalts der Deutschen Demokratischen Republik, Hauptsachbearbeiter
Klenke als Protokollführer,
für Recht erkannt: Wegen Verbrechens gegen
Artikel 6 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik werden
verurteilt:
der Angeklagte L a u r e n z zum T o d e,
die Angeklagte B a r
c z a t i s zum T o d e .
Die Angeklagten haben die Kosten des Verfahrens zu
tragen.
Gründe [...]“
– Quelle: BStU MfS AU 406/55, Band 3, S. 132.
Schreibmaschinen-Dokument, Fotokopie der Abschrift. Alle typografischen
Eigenheiten und Fehler sind aus dem Originaldokument übernommen.
Vollstreckungsprotokoll der Hinrichtung 23. November 1955
Protokoll der
Hinrichtung von Elli Barczatis
„Untersuchungshaftanstalt I Dresden,
George-Bähr-Str. 5
Dresden, den 23.11.1955
Vollstreckungsprotokoll
In
der Strafsache gegen B a r c z a t i s, Elli, geb. 7.1.1912, vom Obersten
Gericht der DDR, 1. Strafsenat, wegen Verbrechen gegen Artikel 6 der Verfassung
der DDR am 23.9.1955 zum Tode verurteilt, wurde am 22.11.1955 nach Feststellung
der Personengleichheit 22.00 Uhr die Verkündung durch
Gen. Staatsanwalt J a h
n k e als Vertreter des Generalstaatsanwaltes
im Beisein des Gen. VP.-Rat J o
n a k als Vertreter der Vollstreckungsbehörde vorgenommen.
Der Verurteilten
wurde mitgeteilt, daß ihr Gnadengesuch abgelehnt wurde und die Vollstreckung am
23.11.1955 in den Morgenstunden stattfindet.
Die Verurteilte nahm die
Verkündung gefaßt entgegen und erbat sich auf Befragen an ihre Angehörigen
Schreiben zu dürfen. Ebenso erbat sie Rauchware. Beide Wünsche wurden ihr
gewährt.
Die Verurteilte verbrachte die Nacht mit Rauchen und Schreiben. Sie
verhielt sich ruhig und bereitete keinerlei Schwierigkeiten.
Um 2.55 Uhr
wurde sie gefesselt und ihr die Nackenhaare kurz geschnitten. Anschließend wurde
sie gegen 3.00 Uhr in den Richtraum gebracht, wo ihr nochmals vom Anstaltsleiter
im Beisein des Gen. Hauptarztes Dr. Skrobeck das Urteil kurz verkündet wurde und
sie anschließend dem Scharfrichter übergeben.
Die Vollstreckung nahm ca. 3
Sek. in Anspruch.
Nach erfolgter Ausfertigung sämtlicher vorgeschriebener
Papiere wurde die Leiche im VP.-eigenen Kfz. mit der Freigabebescheinigung des
Bezirksstaatsanwaltes nach dem Krematorium Tolkewitz gebracht und die
Einäscherung im Beisein des Gen. VP.Hwm. Bachmann vollzogen.
als Vertreter
des Generalstaatsanwaltes [Unterschrift] Jahnke, Staatsanwalt
als Vertreter
der Vollstreckungsbehörde [Unterschrift] Jonak, VP.-Rat“
– Quelle: BStU
MfS AU 406/55, Band 3, S. 140. Schreibmaschinen-Dokument. Alle typografischen
Eigenheiten und Fehler sind aus dem Originalprotokoll übernommen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Elli_Barczatis
Kreisgerichte
Im Gesetz über die Verfassung der Gerichte der DDR
(Gerichtsverfassungsgesetz) vom 2. Oktober 1952 wurde festgelegt, dass
deckungsgleich zu den Kreisen Kreisgerichte einzurichten waren. Im Bezirk
Dresden gab es 15 Kreisgerichte als Nachfolger der Amtsgerichte in den Kreisen
und fünf Kreisgerichte in den Stadtbezirken der Stadt Dresden. Im Bezirk Leipzig
waren es zwölf Kreisgerichte und sieben in den Leipziger Stadtbezirken. Im
einwohnerstärksten Bezirk Karl-Marx-Stadt/Chemnitz bestanden in den Kreisen 21
Kreisgerichte und drei in den Stadtbezirken von Karl-Marx-Stadt/Chemnitz (bis
1961 sieben). In den Städten Plauen und Zwickau bestand je ein Kreisgericht (bis
1956 gab es in ihren Stadtbezirken drei bzw. vier Kreisgerichte). Bis 1957/58
existierte auch für die Stadtkreise Johanngeorgenstadt und Schneeberg jeweils
ein Kreisgericht.
Die Kreisgerichte waren verpflichtet, dem
Bezirksgericht regelmäßig Bericht über ihre Tätigkeit zu erstatten. Die Richter
und Direktoren der Kreisgerichte wurden zunächst vom Minister der Justiz für die
Dauer von drei Jahren ernannt. Ab 1959 erfolgte die Wahl der Richter durch die
Volksvertretungen jeweils auf drei Jahre. Die Direktoren wurden aus dem Kreis
der gewählten Richter vom Minister der Justiz ernannt. Von 1963 bis 1990 wurden
dann auch die Direktoren der Kreisgerichte für die Dauer von vier Jahren von den
Volksvertretungen gewählt.
Im Oktober 1952 wurden zunächst nur Straf- und
Zivilkammern gebildet. Zivilverfahren wurden bis zu einem Streitwert in Höhe von
3 000 Mark durchgeführt. Die 1948 auf die Amtsgerichte übertragene Zuständigkeit
für Familiensachen blieb erhalten. Zur Übernahme der bisher in die Zuständigkeit
der Amtsgerichte gehörigen Verfahren wurde am 4. Oktober 1952 eine entsprechende
Verordnung erlassen. Außerdem wurden bei den Kreisgerichten
Rechtsauskunftstellen für eine kostenlose rechtliche Beratung der Bürger
eingerichtet. Die bei den Kreisgerichten tätigen Gerichtsvollzieher waren für
die Durchführung der Vollstreckungen verantwortlich. Wesentliche Veränderungen
in den Aufgaben der Kreisgerichte ergaben sich aus dem Gerichtsverfassungsgesetz
vom 17. April 1963. Die bis dahin bestehenden Kreisarbeitsgerichte gingen in die
Kreisgerichte ein. Außerdem hatten die Kreisgerichte nun auch über Einsprüche
gegen Entscheidungen der Konflikt- und Schiedskommissionen sowie über
Beschwerden gegen die Entscheidungen der Staatlichen Notariate zu entscheiden.
Die Kreisgerichte übernahmen zum 3. Oktober 1990 die Aufgaben der freiwilligen
Gerichtsbarkeit der aufgelösten Staatlichen Notariate und bestanden bis zum 31.
Dezember 1992.
11460 Kreisarbeitsgericht DresdenLaufzeit: 1953 - 1963
13473 Kreisarbeitsgericht GörlitzLaufzeit: 1954 - 1955
13537
Kreisarbeitsgericht MeißenLaufzeit: 1953 - 1962
11461 Kreisarbeitsgericht
PirnaLaufzeit: 1953 - 1962
32887 Kreisarbeitsgericht PlauenLaufzeit: 1952 -
1963
32707 Kreisgericht AnnabergLaufzeit: 1945 - 1994
32708 Kreisgericht
AueLaufzeit: 1952 - 1992
30466 Kreisgericht Auerbach/V.Laufzeit: 1951 - 1996
13255 Kreisgericht BautzenLaufzeit: 1952 - 1992
12979 Kreisgericht
BischofswerdaLaufzeit: 1953 - 1994
20257 Kreisgericht BornaLaufzeit: 1949 -
1993
32709 Kreisgericht Brand-ErbisdorfLaufzeit: 1952 - 1992
22132
Kreisgericht DelitzschLaufzeit: 1954 - 1975, 1979 - 1992
13539 Kreisgericht
DippoldiswaldeLaufzeit: 1989 - 1992
20258 Kreisgericht DöbelnLaufzeit: 1952 -
1992
12955 Kreisgericht Dresden-LandLaufzeit: 1954 - 1992
11457
Kreisgericht Dresden-MitteLaufzeit: 1953 - 1992
12956 Kreisgericht
Dresden-NordLaufzeit: 1953 - 1990
12957 Kreisgericht Dresden-OstLaufzeit:
1971 - 1990
12958 Kreisgericht Dresden-SüdLaufzeit: 1965 - 1990
12959
Kreisgericht Dresden-WestLaufzeit: 1965 - 1990
20259 Kreisgericht
EilenburgLaufzeit: 1950 - 1990
32710 Kreisgericht FlöhaLaufzeit: 1946 - 1994
30467 Kreisgericht FreibergLaufzeit: 1945 - 1992
13766 Kreisgericht
FreitalLaufzeit: 1990 - 1994
20260 Kreisgericht GeithainLaufzeit: 1945 - 1992
30468 Kreisgericht GlauchauLaufzeit: 1947 - 1992
12980 Kreisgericht
GörlitzLaufzeit: 1959 - 1992
20261 Kreisgericht GrimmaLaufzeit: 1950 - 1987
12961 Kreisgericht GroßenhainLaufzeit: 1953 - 1991
32711 Kreisgericht
HainichenLaufzeit: 1951 - 1995
30469 Kreisgericht
Hohenstein-ErnstthalLaufzeit: 1926 - 1995
13446 Kreisgericht
HoyerswerdaLaufzeit: 1953 - 1993
12981 Kreisgericht KamenzLaufzeit: 1945 -
1991
30471 Kreisgericht Karl-Marx-Stadt, Stadtbezirk ILaufzeit: 1952 - 1961
30472 Kreisgericht Karl-Marx-Stadt, Stadtbezirk IILaufzeit: 1952 - 1961
30473
Kreisgericht Karl-Marx-Stadt, Stadtbezirk IIILaufzeit: 1950 - 1966
30474
Kreisgericht Karl-Marx-Stadt, Stadtbezirk IVLaufzeit: 1949 - 1962
30475
Kreisgericht Karl-Marx-Stadt, Stadtbezirk VLaufzeit: 1952 - 1964
30476
Kreisgericht Karl-Marx-Stadt, Stadtbezirk VILaufzeit: 1951 - 1963
30477
Kreisgericht Karl-Marx-Stadt, Stadtbezirk VIILaufzeit: 1951 - 1976
30478
Kreisgericht Karl-Marx-Stadt/Mitte-NordLaufzeit: 1952 - 2003
30479
Kreisgericht Karl-Marx-Stadt/SüdLaufzeit: (1949 - 1951) 1952 - 1998
30480
Kreisgericht Karl-Marx-Stadt/WestLaufzeit: 1948 - 1990
30470 Kreisgericht
Karl-Marx-Stadt-LandLaufzeit: 1952 - 2000
32712 Kreisgericht
KlingenthalLaufzeit: 1952 - 1997
20262 Kreisgericht LeipzigLaufzeit: 1952 -
1992
12960 Kreisgericht LöbauLaufzeit: 1957 - 1990
30481 Kreisgericht
MarienbergLaufzeit: 1952 - 1991
11456 Kreisgericht MeißenLaufzeit: 1952 -
1992
13609 Kreisgericht NieskyLaufzeit: 1951 - 1992
30482 Kreisgericht
Oelsnitz/V.Laufzeit: 1950 - 1986
20263 Kreisgericht OschatzLaufzeit: 1949 -
1992
12982 Kreisgericht PirnaLaufzeit: 1953 - 1992
30486 Kreisgericht
PlauenLaufzeit: 1946 - 2001
30483 Kreisgericht Plauen-LandLaufzeit: 1933 -
1990
30484 Kreisgericht Plauen-NordLaufzeit: 1951 - 1956
30485
Kreisgericht Plauen-Süd-OstLaufzeit: 1951 - 1954
30487 Kreisgericht
Plauen-WestLaufzeit: 1940 - 1970
32713 Kreisgericht ReichenbachLaufzeit: 1947
- 1993
12962 Kreisgericht RiesaLaufzeit: 1952 - 1992
32714 Kreisgericht
RochlitzLaufzeit: 1960 - 1999
33457 Kreisgericht SchneebergLaufzeit: 1955 -
1956
32715 Kreisgericht SchwarzenbergLaufzeit: 1932 - 1994
12983
Kreisgericht SebnitzLaufzeit: 1953 - 2003
30488 Kreisgericht
StollbergLaufzeit: 1947 - 1999
20264 Kreisgericht TorgauLaufzeit: 1950 - 1992
13610 Kreisgericht WeißwasserLaufzeit: 1953 - 1992
30489 Kreisgericht
WerdauLaufzeit: 1935 - 1995
20265 Kreisgericht WurzenLaufzeit: 1965 - 1990
13060 Kreisgericht ZittauLaufzeit: 1957 - 1992
30490 Kreisgericht
ZschopauLaufzeit: 1947 - 2000
30496 Kreisgericht ZwickauLaufzeit: 1945 - 1996
30492 Kreisgericht Zwickau, Stadtbezirk MitteLaufzeit: 1952 - 1959
30493
Kreisgericht Zwickau, Stadtbezirk NordLaufzeit: 1952 - 1957
30494
Kreisgericht Zwickau, Stadtbezirk SüdLaufzeit: 1952 - 1957
30495 Kreisgericht
Zwickau, Stadtbezirk WestLaufzeit: 1952 - 1958
30491 Kreisgericht
Zwickau-LandLaufzeit: 1947 - 1995
https://archiv.sachsen.de/archiv/bestand.jsp?oid=04.02.04.02
Stand 08.01.2024